Philosophie Wörterbuch

Aufford

Aufforderung

Das Auffordern ist in der gegenwärtigen Kommunikationstheorie ein zentraler Gegenstand der Analyse. So unterscheiden Grice, Meggle u. a. Informationshandlungen von Aufforderungshandlungen.

Auch die Sprechakttheorie hat dem Auffordern Aufmerksamkeit geschenkt und sie zu den direktiven Akten gezählt.

Die Erfüllungsbedingung einer Aufforderung – so die Sprechakttheoretiker – besteht in derjenigen Handlung, die der Adressat der Aufforderung zufolge ausführen soll [1], d. h. eine Aufforderung ist nur dann erfüllt (befolgt), wenn ihr propositionaler Gehalt, durch die Ausführung derjenigen Handlung, die Gegenstand der Aufforderung ist, wahr gemacht wird.

Eine Aufforderung kann gelingen und erfolgreich sein, ohne erfüllt zu sein. E. Rolf bringt dafür ein Beispiel:

Angenommen ich befehle Ihnen, das Zimmerzu verlassen, und Sie sagen daraufhin ‚Ich werde gehen, aber nicht, weil Sie mir das befohlen haben; ich war ohnehin im Begriff zu gehen. Nur Ihres Befehles wegen wäre ich nicht gegangen.‘ Daraufhin verlassen Sie das Zimmer.

In diesem Beispiel tut der Adressat von sich aus, was er der Aufforderung zufolge tun soll; die Aufforderung ist nicht der handlungsbestimmende Grund dafür, dass er tut, was er tut.

Im Sinne der Kommunikationstheorien von Grice oder Meggle würde man hier nicht von einem erfolgreichen Kommunikationsversuch sprechen, da der Adressat nicht aufgrund der Aufforderung tut, was er tut.

Literatur

[1] Rolf, E.: Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen 1997, 15
[1] Rolf, E.: Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen 1997, 21

Aufzaehl

Aufzählende Induktion

Man unterscheidet bei der Analyse von Induktionen aufzählende Induktionen (auch: Induktion durch einfache Aufzählung, unvollendete Induktion, lat.: inductio per enumerationem simplicem) von ausscheidenden Induktionen.

Die aufzählende Induktion wurde von Aristoteles entdeckt.

Bei der aufzählenden Induktion werden möglichst viele Einzeltatsachen angesammelt, um einen allgemeinen Satz, aus dem die diesen einzelnen Tatsachen entsprechenden Einzelaussagen folgen, einleuchtender zu gestalten.

Das traditionelle Beispiel für diese Form der Induktion ist die Hypothese, dass alle Schwäne weiß seien. Es hat sich gezeigt, dass diese These durch zahllose Einzelbeobachtungen gestützt wird. Es hat sich aber auch gezeigt, dass diese Form der Induktion besonders anfechtbar ist, da eine einzelne Tatsache sie bereits widerlegen kann.

Als in Australien schwarze Schäne beobachtet wurden, waren die zahllosen Einzelfakten, die für die weiße Farbe aller Schwäne sprachen, wertlos.

Trotz dieses Mangels hat die aufzählende Induktion für die Erkenntnis heuristischen Wert.

Ist die Aufzählung vollständig geht die aufzählende Induktion in eine Deduktionsform über, die sog. Induktion durch vollständige Aufzählung.

Bereits im Novum Organum bezeichnete F. Bacon die Induktion durch einfache Aufzählung als unzuverlässig.

Eine Sonderform der aufzählenden Induktion ist die enumerative Induktion.

Ausdr

Sprachliche Ausdrücke

Unter einem ’sprachlichen Ausdruck‘ versteht man sowohl einzelne Wörter (‚Gewinn‘, ‚Glück‘) als auch Wortverbindungen (‚die Moral der Politiker‘, ‚die Geschichte Japans‘).

Ausschl

Induktion durch Ausschließen

F. Bacon schlug eine Form der Induktion, die Induktion durch Ausschließen, vor, in deren Verlauf Hinweise auf Eigenschaften beseitigt werden, die nicht die Ursache der untersuchten Tatsachen sein können, da diese Tatsachen existieren, nicht aber jene Eigenschaften. Um das zu erreichen, schlug Bacon vor, möglichst vollständige Tatsachentabellen zusammenzustellen und dabei insbesondere negative Beispiele auszusondern.


Autonom

Autonomie

Als philosophischer Begriff ist Autonomie (von griech. autos, selbst, und nomos, Gesetz) wesentlich von Kant geprägt. Kant verwendet den Begriff mit einem aufklärerischen Anspruch: der Mensch soll sich seiner eigenen Vernunft bedienen, statt sich von fremden Autoritäten und der Tradition bestimmen zu lassen.

Moralische Autonomie nennt man die Selbstbestimmung des Menschen als Vernunftwesen, die Fähigkeit eine Wahl zu treffen, moralische Entscheidungen zu fällen. Vernunftbegabte und selbstbewusste Wesen haben vermutlich diese Fähigkeit.

In Erweiterung des Begriffs moralischer Autonomie ist die Autonomie der Vernunft die Unabhängigkeit der Vernunft von äußeren (u. a. religiösen) Autoritäten.

Bei Fichte ist die absolute Existenz und Autonomie des Ich der erste und unbestimmte Grundsatz, in dem die allem Bewußtsein zugrunde liegende Tathandlung zum Ausdruck kommt. Sie bedeutet:

  1. eine ununterbrochene Gesetzgebung des vernünftigen Wesens an sich selbst;
  2. absolute Unbestimmbarkeit durch irgendetwas außer dem Ich;
  3. absolute Reflexion auf sich.

In einem allgemeinen Sinn kann Autonomie heißen, dass ein Bereich oder eine Tätigkeit sich aus sich heraus bildet und aus sich selbst heraus verständlich ist (z. B. Autonomie der Kunst, Autonomie der Wissenschaft). Ähnlich ist der Begriff der Autonomie des Staates.


Averism

Averroismus

Als Averroismus bezeichnet man eine auf Ibn Rushd (Averroës) zurückgehende Auslegung des Aristoteles.

Der Averroismus geht vom Vorrang der philosophischen Wahrheit gegenüber der Religion aus. Er vertrat die These von der Unsterblichkeit der kollektiven, allgemeinen Menschlichen Seele. Die Unsterblichkeit der individuelle menschlichen Seele lehnte er ab. Wichtige Vertreter sind Siger von Brabant, Boëtius de Dacias, Petrus Hispanus und William Shyreswood.

Der Averoismus hat umfangreich auf den Aristotelismus der Renaissance, insbesondere auf die Paduaner Schule nachgewirkt.

Axiom

Axiom, Grundsatz

Als Axiom oder Grundsatz bezeichnet man einen ursprünglichen, unbeweisbaren Satz. Das Axiom ist die Grundlage der Beweise eines Gebietes.

Bereits Platon sieht in reinen, dem Denken entstammenden Grundsätzen, Grundurteilen die Quelle aller Erkenntnis. Von dem relativen Grundsatz (hypothesis) muss zu einem zulänglichen, ersten Satz, zum voraussetzungslosen Prinzip zurückgegangen werden.

Bei Aristoteles ist das Axiom ein Satz, der keinen Beweis braucht und die Grundlage eines Beweises bildet. Aristoteles bezeichnet auch einen praktischen Grundsatz als Axiom.

Die Stoiker verstehen unter Axiom einen durch sich selbst klaren Satz.

Die Scholastiker betrachten die Axiome als uns angeborene ewige Wahrheiten.

Descartes behauptet die Vernunftnotwendigkeit der Axiome.

Nach Galilei haben die Axiome ursprüngliche Evidenz.

Nach Locke gehören alle aus unmittelbarer Erfahrung entspringenden Sätze zu den Axiomen. Beispiel für ein solches Axiom ist der Satz der Identität. Die Axiome beruhen auf der unterscheidend-vergleichenden Funktion der Seele. Die Klarheit der Axiome beruht auf der Festigkeit, die sie im Bewußtsein erlangen.

Leibniz betrachtet die Axiome als angeboren, insofern sie, potentiell, im Bewußtsein angelegt sind und man sie im Denken finden kann, ohne von der Erfahrung auszugehen.

Hume betont, dass die Axiome durch das reine Denken entdeckt werden können, ohne von irgend einem empirischen Dasein abhängig zu sein.

Nach Reid sind die Axiome oder Prinzipien durch Intuition bewusst werdende ursprüngliche Wahrheiten (self-evident truths). Sie sind von strenger Notwendigkeit und Allgemeinheit.

Kant begründet die Notwendigkeit der Axiome aus der Apriorität der Anschauungs- und Denkformen. Geometrische Sätze sind apodiktisch, daher können sie weder Erfahrungsurteile sein, noch aus ihnen geschlossen werden. Die Quelle aller Grundsätze ist der reine Verstand.

Kant unterscheidet mathematische und dynamische Grundsätze.

Die mathematischen Grundsätze gehen nur auf die Anschauung. Sie sind unmittelbar. Die mathematischen Grundsätze gliedern sich in Axiome der Anschauung und Antizipationen der Wahrnehmung.

Die dynamischen Grundsätze gehen auf das Dasein einer Erscheinung überhaupt und sind nur mittelbar evident. Kant unterscheidet bei den dynamischen Grundsätzen die Analogien der Erfahrung und die Postulate des empirischen Denkens.

Nach Fries beruht die Notwendigkeit der Axiome auf der dauernden Tätigkeit der Vernunft. Die Axiome werden dadurch bewiesen (demonstriert), dass wir die Anschauung nachweisen, die in ihnen ausgesprochen wird.

Nach Windelband sind die Axiome für die genetische Methode tatsächliche Auffassungsweisen, welche sich in der Entwicklung der menschlichen Vorstellungen, Willensentscheidungen und Gefühle herausgebildet haben. Für die kritische Methode sind die Axiome Normen, welche unter der Voraussetzung gelten sollen, dass das Denken den Zweck hat, wahr zu sein, das Wollen den Zweck hat, gut zu sein bzw. das Fühlen den Zweck hat, Schönheit zu erfassen.

Für Mill sind die Axiome experimentelle Wahrheiten. Sie werden durch Verallgemeinerung aus der Beobachtung gewonnen und sind das Ergebnis der Induktion. Vorausgesetzt wird die Gleichmäßigkeit des Naturgeschehens.

Nach Maimon sind die mathematischen Axiome nicht a priori, da sie der Erkenntnis des Gegenstandes nicht vorhergehen. Die Notwendigkeit der Axiome ist bloß subjektiv.

Wundt betont, dass sich apodiktische Sätze nicht aus Anschauungen sondern aus zwingenden Schlussfolgerungen ergeben. Die Notwendigkeit der geometrischen Sätze beruht auf deren ausnahmsloser Gültigkeit. Die Axiome der Zeit können nur aus der Erfahrung stammen, weil sie, abgesehen von der Aufeinanderfolge unserer Vorstellungen, völlig gegenstandslos sind. Die mathematischen Axiome sind Anwendungen des Satzes vom Grunde auf mathematische Grundbegriffe. A priori sind sie nur, insofern Raum und Zeit begrifflich unabhängig von jeder speziellen Erfahrung bestimmt werden können. Die mathematischen Axiome haben den Charakter allgemeinster Erfahrungsgesetze. Sie beruhen auf ursprünglichen Induktionen und sind gleichzeitig Gesetze des Denkens und der Denkobjekte. Das Prinzip der Konstanz mathematischer Gesetze und das Prinzip der Permanenz der mathematischen Operationen bringen die Allgemeingültigkeit der mathematischen Begriffe zum Ausdruck.

Schuppe sieht den Grund der Evidenz der mathematischen Axiome in deren Anschaulichkeit.

Nach Schubert-Soldern beruht die Evidenz der mathematischen Axiome auf der Undenkbarkeit des Gegenteils.

Ähnlich bestimmt Sigwart die Axiome als Sätze, deren Wahrheit und Gewißheit unmittelbar einleuchtet und deren Gegenteil nicht gedacht werden kann.

Die Axiome der Mathematik haben nach Drobisch unmittelbare Evidenz als Tatsachen der Anschauung von assertorischer Geltung.

Die Axiome der Geometrie sind nach Erdmann empirischen Ursprungs. Nur sofern die Raumvorstellung durch psychische Vorgänge erzeugt wird, ist sie a priorisch.

Nach Poincaré sind geometrische Axiome weder synthetische Wahrheiten a priori noch experimentelle Wahrheiten, sondern Konventionen.

B Gruppe

Berliner Gruppe

Die Gesellschaft für empirische Philosophie in Berlin war eine Gruppe von logischen Positivisten die sich in Berlin um Reichenbach bildete. Sie wird häufig als Berliner Gruppe bezeichnet. Zur Berliner Gruppe gehörte u. a. Grelling, Dubislav und Hempel.

Die Berliner Gruppe übte wie der Wiener Kreises zwischen den beiden Weltkriegen auf Philosophen, Naturwissenschaftler und Mathematiker in Europa und den USA großen Einfluß aus.


B Schule

Berliner Schule

Die wichtigsten Vertreter der Berliner Schule der Gestaltpsychologie suchte anders als die Grazer Schule und die Leipziger Schule in den Gestaltgesetzen des phänomenalen Feldes die Ursache für psychische Phänomene wie die optische Wahrnehmung.

Die wichtigsten Vertreter dieser Schule waren M. Wertheimer, K. Koffka, K. Lewin und W. Köhler.

Assertiv

Assertive Äußerungen

Assertive Äußerungen (auch: repräsentionale) bilden in der Sprechakttheorie eine der Klassen performativer Äußerungen. Entsprechend den performativen Verben spricht man auch von assertiven Verben.

Beispiele für assertive Äußerungen sind:

Eine saubere Unterscheidung der assertiven Äußerungen von den konstativen steht noch aus.