Philosophie Wörterbuch

Bivalenz

Bivalenzprinzip, Prinzip der Zweiwertigkeit

Prinzip der Zweiwertigkeit bzw. Bivalenzprinzip (von lat. bi-valeo, sich auf zwei beziehen) nennt sich das semantische Prinzip, wonach jeder Satz entweder wahr oder falsch sein muss, unabhängig von unserer Fähigkeit, seinen Wahrheitswert festzustellen.

Das schon bei Aristoteles diskutierte Prinzip wird in der klassischen Aussagenlogik durch Bewertungen umgesetzt, die Abbildungen der Aussagenvariablen in die zweielementige Boolesche Algebra sind.

Aus dem Prinzip der Zweiwertigkeit folgen zwei Prinzipien:

  1. das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch, (auch: Satz vom Widerspruch, Prinzip vom Widerspruch, Kontradiktionsprinzip) das besagt: Keine Aussage ist zugleich wahr und falsch, und
  2. das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten, welches auch tertium non datur (lat.: ein Drittes gib es nicht) genannt wird, das besagt: Jede Aussage ist wahr oder falsch.

Als erster formulierte Aristoteles die logischen Grundgesetze des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten und wendete sie auf Aussageverbindungen an.

Das Prinzip der Zweiwertigkeit wird für nichtklassische Logiken, zurückgewiesen oder verändert, indem auf das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten verzichtet wird und angenommen wird, dass Aussagen mehr als zwei Aussagen Wahrheitswerte (mehrwertige Logiken) oder keine Wahrheitswerte haben können. Auch die intuitionistische Logik, verzichtet auf das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten.

Parakonsistente Logiken verzichten auf das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch und akzeptieren, dass Aussagen mehrere Wahrheitswerte haben können. Ähnlich die imaginäre Logik von N. A. Wassiljew.

In Dummetts Sprachphilosophie ist die Zustimmung zum Prinzip der Zweiwertigkeit charakteristisch für den bedeutungstheoretischen Realisten.

Bkontrad

Kontradiktorische Begriffe

Kontradiktorische Begriffe (lat.: notiones contradictoriae) heißen unvereinbare Begriffe, die einander ausschließen und zu denen es keine Zwischenbegriffe gibt. Die Begriffe weiß und nicht-weiß negieren einander z. B. völlig. Man kann sie nicht gleichzeitig in ein und derselben Beziehung auf ein und denselben Gegenstand anwenden. Welche Farbe wir auch wählen, z. B. rot oder blau, keine kann zum Zwischenbegriff werden, weil sie in den Umfang des Begriffes nicht-weiß eingehen. Von kontradiktorischen Begriffen sind konträre Begriffe zu unterscheiden.

Beduerf

Bedürfnis

Der Begriff Bedürfnis wird in der Philosophie nicht einheitlich verwendet.

Häufig wird Bedürfnis durch den Mangelzustand eines biologischen Organismus bestimmt.

Die Bedürfnisse werden häufig aus anthropologischen Annahmen abgeleitet.

Diese Annahmen variieren, so dass für die einen Hunger, Durst und Sexualität die Grundbedürfnisse des Menschen sind, für die anderen (z. B. Hobbes) Selbsterhaltungs- und Machtstreben.

Den Kynikern, dem Demokritos und den Stoiker galt im Anschluß an eine Lehre des Sokrates [Xenophon, Memor. I 6, 10] die Autarkie (Selbstgenügsamkeit, Bedürfnislosigkeit) als Ziel des Weisen.

Für Sokrates ist Autarkie die Bedingung der Verwirklichung von Freiheit.

Bei Platon ist Autarkie die Unabhängigkeit von äußeren Dingen und anderen Menschen.

Bei Aristoteles gründet das Gute in der Autarkie.

In der Theologie ist die Autarkie diejenige Eigenschaft Gottes, durch die er keines andern zu seiner Existenz bedarf.

Man nennt eine Volkswirtschaft autark, wenn sie die Selbstversorgung eines Landes garantiert, durch sie alles erzeugt wird, was die Bevölkerung braucht, so dass weder Einfuhr noch Ausfuhr nötig sind. Autarkie in diesem Sinne hat z. B. Fichte für seinen geschlossenen Handelsstaat gefordert.

Im ethischen Kontext wird er Unterschied von höheren und niederen Bedürfnissen thematisiert, wobei zumindest im Utilitarismus der Unterschied zumeist aus dem Gegensatz zwischen sinnlicher Lust und geistigem Interesse abgeleitet wird.

Die sinnlich-vitalen Bedürfnisse, die unmittelbar mit der Lebenserhaltung in Beziehung stehen, hat der Mensch mit den Tieren gemeinsam. Bereits hier gibt es jedoch beim Menschen einige Besonderheit, z. B. die Aufschiebbarkeit der Bedürfnisbefriedigung, die gesellschaftliche Überformung (Vorlieben für Speisen, Mode, Tischsitten, Sexualnormen) und die willentliche Beherrschung.

Mit Hegel [Rechtsphilosophie, &;&; 189-208] kommt eine sozialphilosophische Perspektive ins Spiel. Hegel weist darauf hin, dass der Mensch sich erst durch die Bearbeitung der Natur die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung verschaffen muss. Die Bearbeitung der Natur geschieht in der Form der Arbeitsteilung. Spezifisch für die bürgerliche Gesellschaft ein System der Bedürfnisse und damit ein System gegenseitiger Abhängigkeit.

Da jeder über seine Bedürfnisse hinaus Güter produziert, arbeitet jeder für die Bedürfnisse des anderen. Hegel nennt die Bedürfnisse, die erst in der Gesellschaft über den Austausch der Produkte befriedigt werden können, als gesellschaftliche Bedürfnisse.

Da der Mensch den unmittelbaren Genuß der Natur in einem gesellschaftlich vermittelten Austausch überwindet – so Marx, hat der Mensch die tierische Ebene verlassen. Durch die Produktion von Gütern befriedigt er nicht nur seine Bedürfnisse, sondern produziert auch neue Bedürfnisse und damit seine zweite Natur. Da die Bedürfnisse immer gesellschaftlich produziert und in kulturellen Prozessen geformt sind, erweist sich die Annahme von rein biologischen Bedürfnissen als nicht haltbar.

Gehlen stellt den biologischen Bedürfnissen das sachliche Interesse an der Ausbildung von Handlungsmöglichkeiten gegenüber.

Bei Fromm finden sich neben den biologischen Bedürfnissen auch psychische Bedürfnisse der emotionalen Bezogenheit und Verbundenheit.

Marcuse verbindet die Emanzipation des Menschen mit der Unterscheidung zwischen wahren und falschen Bedürfnissen und dem Recht des Menschen zu entscheiden, welche Bedürfnisse entwickelt und befriedigt werden sollen.


Begleit

Methode der begleitenden Veränderungen

Die Methode der begleitenden Veränderungen ist eine der Methoden zur Untersuchung kausaler Zusammenhänge. Diese Methode geht davon aus, dass eine Erscheinung, die sich mit einer anderen Erscheinung auf bestimmte Weise ändert, entweder Ursache oder Folge dieser Erscheinung oder mit ihr durch irgend einen kausalen Zusammenhang verbunden ist.

Wie die anderen Methoden zur Untersuchung kausaler Zusammenhänge, handelt es sich auch bei dieser Methode um einen Wahrscheinlichkeitsschluß. Sie ist eine Variante der ausscheidenden Induktion.

Begrbest

Begriffsbestimmung

Im weitesten Sinne ist die Begriffsbestimmung eine logische Operation, durch die der Inhalt eines Begriffes erklärt wird.

Um einen Begriff zu definieren, ist die Grenze zu finden, die die von dem jeweiligen Begriff erfaßten Gegenstände von allen ihm ähnlichen Gegenständen trennt.

Einen Begriff zu definieren bedeutet, die (möglichst wesentlichen) Eigenschaften eines Gegenstandes festzustellen. Aus dieser Einsicht erhebt sich die Frage nach Definitionsverfahren, mit deren Kenntnis man schneller und exakter die wirklich wesentlichen Eigenschaften eines Gegenstandes finden kann.

Um einen Begriff richtig zu definieren, muss man die Regeln zur Begriffsbestimmung kennen. Das Hauptverfahren zur Definition ist die Definition über die nächste Gattung und den Artunterschied (definitio fit per genus proximum et differentiam).

Außerdem existiert noch das Verfahren der genetischen Begriffsbestimmung. Je nach dem, was zu definieren ist, ein Gegenstand oder die Bedeutung eines Terminus werden die Definitionen in Realdefinition und Nominaldefinition eingeteilt.

Bereits Demokrit begann in seinem Traktat "Über die Logik" und im "Kanon" die Such nach Verfahren der Begriffsbestimmung. Sokrates erarbeitete Definitionverfahren gestützt auf die Induktion. Die Richtigkeit einer Definition überprüfte er an der Analyse von Einzelfällen. Als Platon später die sokratische Induktion weiterentwickelte, gelangte er zu der Erkenntnis, dass der Begriff das Wesentliche in den Dingen ist, das Allgemeine, das auf die Zugehörigkeit zu einer Gattung hinweist. Eine Definition muss nach Platon auf die Zugehörigkeit zum Allgemeinen, die Gattung, und auf den spezifischen Unterschied hinweisen, der das jeweilige Ding von allen anderen Dingen der Gattung unterscheidet. Das war schon das Verfahren zur Begriffsbestimmung über die nächste Gattung und den Artunterschied.

Aristoteles gab nicht nur eine wissenschaftliche Formulierung für das Verfahren zur Begriffsbestimmung, über die nächste Gattung und den Artunterschied, sondern erarbeitete bereits Definitionsregeln, z. B.: Eine Definition muss angemessen sein, d. h. sie darf weder zu eng noch zu weit sein; eine Definition muss klar sein, eine Definition darf nicht negativ sein u. a.

Aristoteles sagt in seinem Traktat Über die Seele [Zweites Buch, Kap. 2]: "Denn nicht bloß das Dass muss die Definition dartun, wie das bei den meisten Definitionen der Fall ist, sondern es muss auch die Ursache darin enthalten sein und zutage treten."

Die Begriffsbestimmung war auch Gegenstand der Betrachtung der Stoiker in der Antike. Sie erklärten, dass eine Definition nur aus einer Aufzählung von Merkmalen bestehen solle, die einem Ding zukommen.

In der Neuzeit befaßte sich Hobbes mit der logischen Operation der Begriffsbestimmung. Nach ihm ist eine Definition ein Urteil, dessen Prädikat das Subjekt aufgliedert oder, wenn dies nicht möglich ist, es erläutert. Besondere Aufmerksamkeit schenkte er der Nominaldefinition. Eine Definition so erklärte er, kann nichts anderes sein als eine Erläuterung des Namens. Er selbst benutzte in seinen Forschungen nicht nur die Realdefinition und die Nominaldefinition, sondern auch die genetischen Definitionen.

Häufige Fehler in der Begriffsbestimmung sind die Inadäquatheit, die Zirkularität, die Definition des Unbekannten durch Unbekanntes, die Widersprüchlichkeit der Definition und die Unklarheit der Definition.

Begrgen

Genetische Begriffsbestimmung

Eine genetische Begriffsbestimmung ist eine Definition, in der auf die Herkunft des Gegenstandes verwiesen wird, dessen Begriff definiert wird, auf die Art und Weise, in der dieser Gegenstand geschaffen wird. In der Geometrie wird z. B. der Begriff Kreis genetisch definiert durch Ein Kreis ist eine Kurve, die durch die Bewegung eines Punktes in einer Ebene mit gleichem Abstand um ein Zentrum gebildet wird. Für die genetische Definition bleiben die Regeln der definitio fit per genus proximum et differentiam specificam gültig. Im genetisch erhaltenen Begriff ist der Hinweis auf die nächste Gattung und den Artunterschied zu anderen Gegenständen dieser Gattung enthalten. Aus der Geschichte der Logik ist bekannt, dass Eukleides von Alexandreia genetische Definitionen umfassend verwendete.

Die lateinische Bezeichnung für die genetische Definition ist: definitio genetica sive causalis.

Die genetischen Definitionen werden den substantiellen Definitionen gegenübergestellt.

Begriff

Begriff

Begriffe sind eine komplexe Gesamtheit von Gedanken über Unterscheidungsmerkmale eines untersuchten Objektes, die in Urteilen ausgesprochen werden und allgemeine und gleichzeitig möglichst wesentliche Eigenschaften des Objektes angeben sollen.

Für jeden Begriff existiert ein sprachlicher Ausdruck

Zur Bestimmung eines Begriffes kann ein Definition notwendig sein, um ihn durch Angabe des Rahmens, der Grenzen, in denen er gilt, von anderen Begriffen zu unterscheiden. Die Definition hebt in diesem Falle Merkmale im Begriff hervor und isoliert sie zeitweilig von den übrigen.

Jeder Begriff hat einen Inhalt, das ist die Gesamtheit der in ihm fixierten Unterscheidungsmerkmale, und einen Umfang, das ist die Gesamtheit der durch den jeweiligen Begriff bezeichneten Gegenstände. Das Verhältnis zwischen Inhalt und Umfang eines Begriffes wird durch den Satz der reziproken Relation zwischen Begriffsumfang und Begriffsinhalt bestimmt.

Die Begriffe werden in eine Reihe von Klassen eingeteilt:

1. nach der widergespiegelten Art oder Gattung der Gegenstände in Artbegriffe und Gattungsbegriffe;

2. nach der Anzahl der widergespiegelten Gegenstände in Individualbegriffe und Allgemeinbegriffe,

3. nach der Widerspiegelung eines Gegenstandes oder einer vom Gegenstand abstrahierten Eigenschaft in konkrete und abstrakte Begriffe.

Die Beziehungen zwischen Begriffen, die die am häufigsten in der Praxis der Menschen anzutreffenden Beziehungen zwischen Dingen fixieren, werden in der Logik untersucht. Das sind solche Beziehungen wie Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit, Identität, Subordination usw.

In der mathematischen Logik identifiziert man meistens den Begriff mit dem Begriffsumfang und versteht unter einem Begriff ein Prädikat, das sich auf einen bestimmten Bereich von Gegenständen bezieht, über die die Diskussion geht und dessen Elemente nicht genauer fixiert sind. Der Begriff Himmelskörper wird z. B. durch das Prädikat "x ist ein Himmelskörper" beschrieben, dessen freie Variable x mit einer beliebigen Art von Gegenständen belegt werden kann und das genau auf jene Gegenstände zutrifft, die Himmelskörper sind.

Kant nannte den Begriff die allgemeinste Vorstellung oder die Vorstellung davon, was für viele Gegenstände gemeinsam ist.

Ueberweg identifizierte den Begriff mit der Vorstellung, die die Gesamtheit von wesentlichen Merkmalen eines entsprechenden Gegenstandes beinhaltet.

Sigwart sah im Begriff eine Vorstellung mit bestimmter, klarer, konstanter, allgemein festgestellter Bedeutung. Natorp betrachtete den Begriff betrachtete er als eine ausschließlich apriorische logische Kategorie, die außerhalb einer Abhängigkeit von der äußeren Welt entsteht.


Begrinh

Begriffsinhalt

Begriffsinhalt heißt die Gesamtheit der bewussten Eigenschaften und Beziehungen von Gegenständen, deren Kern die unterscheidenden Eigenschaften und Beziehungen sind, die zur Begriffsbildung dienen. Zum Inhalt des Begriffes Zootechnik gehören z. B. alle als Merkmale widergespiegelten Eigenschaften dieser Wissenschaft. Ändert sich das Wissen über ein Ding, muss sich sein Begriff ändern.

Begrumf

Begriffsumfang

Klasse aller Gegenstände, die durch einen gegebenen Begriff widergespiegelt werden, d. h. auf die jene Eigenschaften und Beziehungen zutreffen, die den Begriffsinhalt ausmachen. Z. B. ist der Begriffsumfang des Begriffes "weiß" die Klasse aller weißen Gegenstände.

Statt der Bezeichnung Begriffsumfang wird auch die Bezeichnung Extension verwendet.

Begriffe, die denselben Begriffsumfang haben, heißen äquipollent, umfangsgleich oder extensional gleich und werden bei logischen Untersuchungen häufig miteinander identifiziert.

Das Verhältnis zwischen Inhalt und Umfang eines Begriffes wird durch den Satz der reziproken Relation zwischen Begriffsumfang und Begriffsinhalt bestimmt.

Behaupt

Behauptung

Das Behaupten ist in der Sprechakttheorie ein zentraler Gegenstand der Analyse und wird dort zu den assertiven Äußerungen gezählt.

Bei Searle und Vanderveken wird die Erfüllungsbedingung von Behauptungen und Festlegungen als Wahrheitsbedingung bezeichnet. Die Behauptung ist erfüllt, wenn der propositionale Gehalt dem Weltzustand entspricht [1], d. h. wenn die ausgedrückte Proposition, das Behauptete, der Inhalt der Behauptung wahr ist.

Im Unterschied zur Erfüllungsbedingung einer Behauptung ist deren Erfolgsbedingung erfüllt, wenn die Behauptung vom Hörer für wahr gehalten wird.

Eine Behauptung kann gelingen, ohne erfüllt zu sein, nämlich dann, wenn sich das Behauptete als falsch erweist [2].

Ein Behauptung kann gelingen und erfüllt (wahr) sein, ohne erfolgreich zu sein, wenn der mit ihr erhobene Wahrheitsanspruch von seiten des Hörers anerkannt wird, der Sprecher sich jedoch irrt [3].

Eine Behauptung, die sich auf die Zukunft bezieht, ist eine Vorhersage oder eine Prognose.


[1] Rolf, E.: Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen 1997, 16
[2] Rolf, E.: Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen 1997, 21
[3] Rolf, E.: Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen 1997, 21