Camerar

Joachim Camerarius (1500 – 1574)

Der deutsche Universalgelehrte und Dichter Joachim Camerarius (eigentlich Joachim Kammermeister) studierte ab 1513 in Leipzig.

Er erlangte 1514 das Baacalauret und widmete sich in den folgenden Jahren besonders der griechischen Sprache. 1518 setzte er sein Studium in Erfurt fort und gesellte sich dort zum Erfurter Humanistenkreis um C. Mutianus Rufus.

1521 wurde Camerarius Magister und begann, Griechisch zu unterrichten.

Noch 1521 ging er nach Wittenberg und war dort mit Melanchthon befreundet. 1526 übernahm er die Leitung des Gymnasiums in Nürnberg. 1535 folgte er einem Ruf als Gräzist an die Tübinger Universität. Von 1541 bis zu seinem Tode wirkte er als Professor der lateinischen Sprachein Leipzig.

Camerarius editierte Werke von antiken Autoren, wie z. B. Äsop, Herodot, Homer, Quintilian, Sophokles, Theokrit, Theophrast und Thukydides. Zu zahlreichen Schriften, u. a. von Cäsar und Cicero, verfasste er Kommentare.

Seine Übersetzungen von Demosthenes, Euklid, Herodot, Homer, Xenophon u. a. sind für ihre Originaltreue und sprachliche Gewandtheit bekannt.

Neben Lehrbüchern der antiken Sprache schrieb er historische, theologische, pädagogische, mathematische und astronomische Abhandlungen.


Campanel

Tommaso Campanella (1568 – 1639)

Der italienische Philosoph und Sozialutopist Tommaso Campanella (auch: Thomas Campanella) wurde von der spanischen Herrschaft in großen Teilen Süditaliens beeinflußt. Mit 15 Jahren trat er dem Dominikanerordern bei und studierte Theologie sowie Philosophie.

Den Ausschlag für seine Verurteilung zu lebenslänglischer Haft gab wohl die Anklage wegen seiner führenden Rolle bei der Verschwörung gegen die spanische Fremdherrschaft während des Kalabresischen Aufstandes 1598/1599. Ab 1603 verbrachte Campanella viele Jahre im Kerker. Erst 1634 konnte der inzwischen 60jährige auf Verwendung von dem mit Frankreich gegen Spanien paktierenden Papst Urban VIII. die Freiheit erlangen und ging nach Paris ins Asyl.

Schon in seiner Jugend entstanden Texte, in denen Campanella an die senualistische Erkenntnistheorie von Telesio anknüpfte.

Alles Denken, logische Schließen, Vorstellen und Erinnern ist lediglich variiertes Empfinden. Nur aus der unmittelbaren Erfahrung, aus der Befindlichkeit des Subjektes, bestimmt sich die fundamentale Wahrheit, die Selbstgewißheit.

Camapanella unterscheidet drei Wesenskräfte (Primalitäten) bzw. Verhaltensstrukturen: Können, Wissen und Wollen. Diesen entsprechen Macht, Weisheit und Liebe.

Solange die Primalitäten im Endlichen befangen sind, wird ihr jeweiliges Gegenteil (Ohnmacht, Torheit, Haß) ebenfalls wirksam.

In der gewöhnlich und begrenzt erfahrenen Wirklichkeit wohnt demnach dem Seienden das Nichtseiende bei. Erst bei ihrem Vordringen ins Unendliche schwinden die negativen Seiten von Können, Wissen und Liebe. Der elementare Dualismus wird aufgehoben.

Auf höherer Bestimmungsebene entsprechen den drei Primalitäten die drei Kategorien Kausalität (necessitas), die den Vorgängen in der Welt notwendig zugrunde liegt, das gute Geschick (fatum), das zur Liebe führt, und die gefügte Ordnung (harmonia), die aus der Liebe entsteht.

Den Kausalitäten wird der Zufall (contingentia) gegenübergestellt, dem Geschick der Einzelfall (casus) und der Ordnung der unverdiente Glücksfall (fortuna). All dies sind Einwirkungen des Nichts.

Die unbedingt auf Empfindung gründende Erkenntnis steigt in fünf Stufen auf. Zuerst erfährt der Mensch den mundus situalis, d. h. die Welt in ihren unmittelbaren Situationsbedingungen. Dann erfährt er den mundus temporalis et corporalis, d. h. die Welt in den Koordinaten von Raum und Zeit.

Es folgt der mundus sempiternus, die ewiggütige Welt der Mathematik und Geometrie. Dann folgt der mundus mentalis, die Welt der Kategorien. Und schließlich kommt der mundus archetypus, die Welt der Urbilder, die zugleich die Späre der unendlichen Vielfalt möglicher Welten und der Ursprung der Offenbarung ist.

Symbol für das Ein-und-Alles, für Gott-und-Welt ist die Sonne.

In seinem Werk Civitas solis entwirft Campanella ein Gesellschaftssystem, das Abglanz einer solargöttlichen Ordnung sein soll und Züge einer aktuellen Vorstellung von einer Universalmonarchie nach spanischem Herkunftsmuster trägt.

Campanelas Sonnenstaat ist ein Gemeinwesen ohne Privateigentum. Es gilt die Arbeitspflicht für alle.Das Gemeinwesen soll der vollen Entfaltung menschlicher Fähigkeiten insbesondere zum Zwecke neuer Erfindungen und Anwendungen auf technischem Gebiet dienen. Er will mit der aus Platons Staat entlehnten Weibergemeinschaft ernst machen, die sich gegen die Besitzideologie richtet, Geschlechtsbeziehungen und den Zeitpunkt von Zeugung und Geburt nach astronomischen Berechnungen regelt.

Das Prinzip für alle Vorgänge ist die Ordnung (harmonia). Das Leben wird nach Maßgabe der drei Primalitäten geregelt. Es gibt zahlreiche Einrichtungen zur Vermeidung von Zufall, Ausnahmefall und Glücksfall, um die Anmaßund und die Privilegien abzuwehren.

Die störenden Einflüsse des Nichts sollen im Sonnenstaat keinen Platz mehr haben.

Cantor

Georg Cantor (1845 – 1918)

Der deutsche Mathematiker Georg Cantor gilt als Begründer der Mengenlehre. Er war von 1879 bis 1913 Professor in Halle.

Cantor formulierte wichtige Begriffe der Mengenlehre (Äquivalenz, Mächtigkeit von Mengen), auf die sich die von ihm geschaffene Theorie der Kardinalzahlen stützt.

Cantor bewies, dass die Menge der algebraischen Zahlen abzählbar ist, dagegen die Menge der reellen Zahlen nicht.

Zum Beweis, dass diese Menge überabzählbar ist, verwendete er das heute nach ihm benannte Diagonalverfahren, das inzwischen zu einem wichtigen Beweisprinzip in vielen Gebieten der Mathematik geworden ist.

Eine 1895 von Cantor entdeckte und 1897 von Burali-Forti, veröffentlichte Antinomie, heute Burali-Forti’s Antinomie genannt, führte zur axiomatischen Begründung der Mengenlehre.

Seine Theorie bezeichnete Cantor selbst als philosophische, d. h. als eine metaphysische Theorie über aktual unendliche Größen.


Cardano

Geronimo Cardano (1434 – 1517)

Der italienische Mathematikerr, Arzt und Philosoph Geronimo Cardano (lat.: Hieronymus Cardanus) studierte in Pavia und Padua.

Er wirkte zuerst als Arzt, zudem ab 1524 als Mathematiklehrer, von 1543 bis 1560 als Universitätsprofessor für Medizin in Pavia und von 1562 bis 1570 in Bologna.

Berühmt geworden ist er vor allem durch seine Arbeiten zur Algebra.

In der Philosophie vertrat Cardano eine hylozoistische, empedokleische, pythagoreische und pantheistische Position.

Als Determinist wollte er alles kausal begründen.

Die Dinge entstehen aus der passiven und qualitativ unbestimmten Urmaterie (Hyle) durch Hinzutreten der aktiven Weltseele. Die Weltseele ist Prinzip der Bewegtheit und Veränderung.

Durch die Weltseele ist alles belebt und von Sympathie sowie Antipathie durchzogen. Wärme und Licht sind die Erscheinungsformen der Weltseele. Gott hat sein Werk dem Gesetz der Zahlen unterworfen.

Im irdischen Bereicht existieren die Elemente Erde, Wasser und Luft. Das Feuer ist nicht voraussetzungslos, da es nicht ohne Nahrung auskommt.

Die Weltseele lässt die Metalle, Pflanzen und Tiere entstehen. Der Mensch unterscheidet sich von ihnen durch eine unsterbliche Seele, die ihm ermöglicht Gott zu erkennen.

Der Mensch ist zur Gemeinschaft geboren. Alle größeren Gemeinschaft bedürfen des Staates und strenger Gesetze. Staat und Gesetze sind von der Religion zu untermauern.

Da die Staatslehre und die Politik sich aus der Natur des Menschen ableiten lassen, lehnt Cardano Utopien ab.

Dem Volk muss die Wissenschaft vorenthalten werden. Die Wissenschaftler müssen frei forschen und denken dürfen.


Carnap

Rudolf Carnap

Rudolf Carnap (* 18. Mai 1891 in Ronsdorf bei Barmen, heute Wuppertal, † 14. September 1970 in Santa Monica, Kalifornien) war ein deutscher Philosoph und einer der Hauptvertreter des logischen Empirismus.

Für Carnap bestand die Aufgabe der Philosophie in der logischen Analyse der (Wissenschafts-)Sprache, wobei er als einer der ersten Theoretiker versuchte, die bahnbrechenden logischen Arbeiten von Gottlob Frege, Bertrand Russell und Alfred North Whitehead für erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Fragestellungen nutzbar zu machen.

Leben

Nach Abschluss des Gymnasiums in Barmen studierte Carnap Mathematik, Physik und Philosophie in Jena (u. a. bei Gottlob Frege) und Freiburg. 1921 promovierte er mit der Arbeit Der Raum bei dem Neukantianer Bruno Bauch. 1926 folgte die Habilitation mit seinem ersten Hauptwerk Der logische Aufbau der Welt an der Wiener Universität, an der er anschließend bis 1931 als Privatdozent tätig war und als führendes Mitglied maßgeblichen Anteil an den Diskussionen des Wiener Kreises hatte. Von 1931 bis 1935 hatte Carnap eine außerordentliche Professur für Naturphilosophie an der Deutschen Universität in Prag inne. 1936 emigrierte er auf Vermittlung von Charles Morris und Quine in die USA, wo er zunächst an der University of Chicago unterrichtete. 1941 wurde er Staatsbürger der Vereinigten Staaten. Von 1952 bis 1954 war er Professor in Princeton, bevor er 1954 einem Ruf an die University of California in Los Angeles folgte, wo er bis zu seiner Emeritierung 1961 lehrte.

Werk

In seinem Werk Der logische Aufbau der Welt (1928) setzte Carnap sich für eine empiristische Rekonstruktion des wissenschaftlichen Wissens ein. Er versuchte dabei zu zeigen, dass sich alle Begriffe, die sich auf die physische Außenwelt, die mentalen Zustände Anderer oder auf kulturell-soziale Vorgänge beziehen, letztlich auf eine eigenpsychische Basis zurückführen lassen, d.h. auf Begriffe, die den jeweiligen subjektiven Erlebnisstrom eines Beobachters betreffen.

In Scheinprobleme in der Philosophie. Das Fremdpsychische und der Realismusstreit (1928) und dem Aufsatz Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache (1932) erhob er auf der Grundlage einer verifikationistischen Semantik den Vorwurf der Sinnlosigkeit gegen die traditionellen Probleme der Metaphysik. 1930 begründete er mit Hans Reichenbach die philosophische Zeitschrift Erkenntnis.

Unter dem Einfluss von Otto Neurath distanzierte sich Carnap in den frühen Dreißigerjahren zunehmend von der Idee eines Konstitutionssystems mit eigenpsychischer Basis und entwickelte u.a. in seinem Aufsatz Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft (1931) eine physikalistische Sprachauffassung, innerhalb derer nicht mehr eigenpsychische Phänomene, sondern intersubjektiv zugängliche physische Gegenstände die primären Bezugsobjekte sind.

In seinem Werk Logische Syntax der Sprache (1934) plädierte Carnap dafür, Philosophie durch Wissenschaftslogik – d. h. durch die logische Analyse der Wissenschaftssprache – zu ersetzen. Sein Werk Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic (1947) befasste sich mit den modallogischen Grundlagen der Sprachphilosophie. In der Philosophie des Geistes stand Carnap dem Behaviorismus nahe.

Carnaps besonderes Interesse galt dem Aufbau formaler Logiksysteme. Mit seinem Toleranzprinzip und dem Prinzip der Konventionalität der Sprachformen betonte er jedoch stets die Vielzahl alternativer Sprachkalküle. Bedeutsames leistete er auch im Bereich der Wahrscheinlichkeitstheorie. In seinem Werk Logical Foundations of Probability (1950) befasste er sich mit Fragen der induktiven Wahrscheinlichkeiten und unterschied zwischen statistischer und logischer Wahrscheinlichkeit.

Gegen Ende seines Schaffens anerkannte er auch, dass die philosophischen Grundfragen des Leib-Seele-Problems, des Universalienproblems und der Begründung einer Ethik eine eigenständige Berechtigung haben.

Werke

  • Der Raum. Ein Beitrag zur Wissenschaftslehre, Berlin 1922.
  • Physikalische Begriffsbildung, Karlsruhe 1926.
  • Scheinprobleme in der Philosophie. Das fremdpsychische und der Realismusstreit, Berlin-Schlachtensee 1928.
  • Der logische Aufbau der Welt, Berlin-Schlachtensee 1928.
  • Logische Syntax der Sprache, Wien 1934.
  • Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic Chicago 1947.
  • Induktive Logik und Wahrscheinlichkeit, Wien 1959.
  • Mein Weg in die Philosophie, Stuttgart 1993.

Online-Texte

Literatur

  • Thomas Mormann: Rudolf Carnap. Beck, München 2000
  • Lothar Krauth: Die Philosophie Carnaps. Wien/New York 1997

Weblinks


Carus Fa

Friedrich August Carus (1770 – 1807)

Friedrich August Carus, geboren in Bautzen, war Professor in Leipzig.

Er ist ein von Kant und Jacobi beeinflußter Psychologe.


Carus Kg

Karl Gustav Carus (1789 – 1869)

Karl Gustav Carus, geboren in Leipzig, war Arzt und Professor der Medizin in Dresden.

Carus ist ein von Schelling beeinflußter Pantheist. Er hat vergleichende Psychologie betrieben.

Bradward

Thomas Bradwardine (gest. 1349)

Thomas Bradwardine ist ein Anhänger von Thomas von Aquin.


Burke

Edmund Burke (1729 – 1797)

Der englische Philosoph Edmund Burke hat mit seinen Reflections on the Revolution in France (1790) eine ausführliche Rechtfertigung konservativer politischer Philosophie geliefert.

Burke begründete eine psychologische Ästhetik, die zwischen dem Schönen und Erhabenen genauer unterscheidet.

Online-Texte


Brentano

Franz Brentano (1838 – 1917)

Seine Erziehung und Ausbildung erhielt der Philosoph und Psychologe Franz Brentano in einer streng katholischen Atmosphäre in Aschaffenburg. Später studierte er in einem Lyzeum sowie in München, Würzburg, Berlin, Münster und Mainz Philosophie.

Sehr früh befasste er sich mit Aristoteles und studierte unter anderem auch ein Semester in Berlin beim Aristoteles-Kenner Trendelenburg.

In Münster wollte er bei dem Neuthomisten Franz Jakob Clemens über Francisco Suárez promovieren. Nach dem Tod von F. J. Clemens reichte Brentano 1862 seine Dissertation Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles in Tübingen ein und promovierte dort in absentia. In der Dissertation bemüht sich Brentano die aristotelische Kategorientafel abzuleiten und ihre Vollständigkeit zu erweisen. Dabei vertritt er unter Rückgriff auf Thomas von Aquin einen ontologischen Ansatz.

Brentano wurde 1864 katholischer Priester und habilitiert 1867 in Würzburg mit der Schrift Die Psychologie des Aristoteles insbesondere seine Lehre vom nous poietikos.

Gegen Eduard Zeller argumentierend, kommt Brentano in einer an Thomas von Aquin anknüpfenden Argumentation, zu dem Ergebnis, dass Aristoteles die Unsterblichkeit der menschlichen Seele angenommen hat und nicht widersprüchlich ist.

In Brentanos Schrift A. Comte und die positive Philosophie (1869) wird deutlich, dass Brentano unter dem Einfluss der Lektüre von Comte beginnt, an der Akt-Potenz-Lehre des Aristoteles zu zweifeln.

1872 wurde Brentano außerordentlicher Professor in Würzburg. 1873 legte er sein Amt als Priester nieder, aus Protest gegen das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes.

Zu seinen Würzburger Schülern gehören Carl Stumpf, Anton Marty, Hermann Schell und sein Neffe Georg Hertling.

1874 wurde Brentano orendlicher Professor für Philosophie in Wien. Er musste die Stellung aber schon 1880 aufgeben. Danach lehrte er in Wien als Privatdozent (1880-95).

Brentano beeinflußte Meinong, Husserl, Twardowski, T. Masaryk, C. Ehrenfels und F. Hillebrand.

Sein Begriff der beschreibenden (im Gegensatz zur experimentellen) Psychologie ähnelt bereits dem Phänomenologie-Begriff des frühen Husserl.

In seiner Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874, verb. Fassung 1911) unterscheidet Brentano zwischen physischen und psychischen Phänomenen (vgl. 1. Bd., 2. Buch, 1. Kap.). Die psychischen Phänomene zeichnen sich durch Intentionalität aus, d. h. ihr Gerichtetsein auf einen Gegenstand. Dieser Gegenstand muss nicht zwangsläufig außerhalb des Bewußtseins existieren.

Nach den verschiedenen Formen von Intentionalität lassen sich die psychischen Phänomene in drei Gruppen einteilen:

  1. Vorstellungen, wor unter sowohl Akustisches und Optisches als auch Ideen und Gedanken zu rechnen sind. Gegenstand ist in diesen Fällen etwas rein Bewußtseinsimmanentes.
  2. Urteile, die eine intellektuelle Stellungnahme zum Gegenstand des Bewußtseins beinhalten.
  3. Gemütstätigkeiten, also Liebe und Haß im weiten Sinn. Sie stellen ein gefühlsmäßiges Verhältnis zum Bewußtseinsobjekt her.

Auf den Gegensatz von Liebe und Haß sucht Brentano die Moralphilosophie zu gründen. Die Äußerung A ist gut bedeutet: Es ist unmöglich, A auf unrichtige Weise zu lieben.

Die Vorstellungen sind die fundamentalen psychischen Phänomene; denn man kann sich nicht urteilend oder gefühlsmäßig zu etwas verhalten, wenn es nicht im Bewußtsein gegeben, also vorgestellt ist.

In dem posthum erschienenen Werk Wahrheit und Evidenz (1930) unterscheidet Brentano zwischen unmittelbar und mittelbar evidenten Urteilen. Es gibt zwei Arten unmittelbarer Evidenz:

  1. Urteile der inneren Wahrnehmung, also darüber, wie ich selbst etwas erlebe (z. B. Jetzt sehe ich etwas Rotes);
  2. Verstandeserkenntnisse (z. B. Zwei Dinge sind mehr als eins).

Alle evidenten Urteile sind wahr, aber nicht alle wahren Urteile sind evident. Allerdings enthält Wahrheit einen Hinweis auf Evidenz; denn ein wahres Urteil behauptet genau das, was eine Person mit Evidenz behaupten würde.

Werke

  • Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles, 1862 (Repr. 1962)
  • Psychologie vom empirischen Standpunkt, 1874 (21955)
  • Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis, 1889 (41955)
  • Grundlegung und Aufbau der Ethik, 1952
  • Religion und Philosophie, 1954
  • Die Lehre vom richtigen Urteil, 1956
  • Grundzüge der Ästhetik, 1959
  • Wahrheit und Evidenz 1964
  • Philosophische Untersuchungen zu Raum, Zeit und Kontinuum, 1976

Online-Texte

Literatur

  • E. Campos: Die Kantkritik Brentanos, 1979
  • R. M. Chisholm/R. Haller: Die Philosophie Franz Brentanos, 1978
  • D. Münch: Brentano, Franz. In: Metzler Philosophen Lexikon. 1995, 142 – 146
  • W. Stegmüller: Philosophie der Evidenz: Franz Brentano. In: Ders.: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, 61976

Weitere Informationen

Weblinks