Rudolf Carnap

Rudolf Carnap (* 18. Mai 1891 in Ronsdorf bei Barmen, heute Wuppertal, † 14. September 1970 in Santa Monica, Kalifornien) war ein deutscher Philosoph und einer der Hauptvertreter des logischen Empirismus.

Für Carnap bestand die Aufgabe der Philosophie in der logischen Analyse der (Wissenschafts-)Sprache, wobei er als einer der ersten Theoretiker versuchte, die bahnbrechenden logischen Arbeiten von Gottlob Frege, Bertrand Russell und Alfred North Whitehead für erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Fragestellungen nutzbar zu machen.

Leben

Nach Abschluss des Gymnasiums in Barmen studierte Carnap Mathematik, Physik und Philosophie in Jena (u. a. bei Gottlob Frege) und Freiburg. 1921 promovierte er mit der Arbeit Der Raum bei dem Neukantianer Bruno Bauch. 1926 folgte die Habilitation mit seinem ersten Hauptwerk Der logische Aufbau der Welt an der Wiener Universität, an der er anschließend bis 1931 als Privatdozent tätig war und als führendes Mitglied maßgeblichen Anteil an den Diskussionen des Wiener Kreises hatte. Von 1931 bis 1935 hatte Carnap eine außerordentliche Professur für Naturphilosophie an der Deutschen Universität in Prag inne. 1936 emigrierte er auf Vermittlung von Charles Morris und Quine in die USA, wo er zunächst an der University of Chicago unterrichtete. 1941 wurde er Staatsbürger der Vereinigten Staaten. Von 1952 bis 1954 war er Professor in Princeton, bevor er 1954 einem Ruf an die University of California in Los Angeles folgte, wo er bis zu seiner Emeritierung 1961 lehrte.

Werk

In seinem Werk Der logische Aufbau der Welt (1928) setzte Carnap sich für eine empiristische Rekonstruktion des wissenschaftlichen Wissens ein. Er versuchte dabei zu zeigen, dass sich alle Begriffe, die sich auf die physische Außenwelt, die mentalen Zustände Anderer oder auf kulturell-soziale Vorgänge beziehen, letztlich auf eine eigenpsychische Basis zurückführen lassen, d.h. auf Begriffe, die den jeweiligen subjektiven Erlebnisstrom eines Beobachters betreffen.

In Scheinprobleme in der Philosophie. Das Fremdpsychische und der Realismusstreit (1928) und dem Aufsatz Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache (1932) erhob er auf der Grundlage einer verifikationistischen Semantik den Vorwurf der Sinnlosigkeit gegen die traditionellen Probleme der Metaphysik. 1930 begründete er mit Hans Reichenbach die philosophische Zeitschrift Erkenntnis.

Unter dem Einfluss von Otto Neurath distanzierte sich Carnap in den frühen Dreißigerjahren zunehmend von der Idee eines Konstitutionssystems mit eigenpsychischer Basis und entwickelte u.a. in seinem Aufsatz Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft (1931) eine physikalistische Sprachauffassung, innerhalb derer nicht mehr eigenpsychische Phänomene, sondern intersubjektiv zugängliche physische Gegenstände die primären Bezugsobjekte sind.

In seinem Werk Logische Syntax der Sprache (1934) plädierte Carnap dafür, Philosophie durch Wissenschaftslogik – d. h. durch die logische Analyse der Wissenschaftssprache – zu ersetzen. Sein Werk Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic (1947) befasste sich mit den modallogischen Grundlagen der Sprachphilosophie. In der Philosophie des Geistes stand Carnap dem Behaviorismus nahe.

Carnaps besonderes Interesse galt dem Aufbau formaler Logiksysteme. Mit seinem Toleranzprinzip und dem Prinzip der Konventionalität der Sprachformen betonte er jedoch stets die Vielzahl alternativer Sprachkalküle. Bedeutsames leistete er auch im Bereich der Wahrscheinlichkeitstheorie. In seinem Werk Logical Foundations of Probability (1950) befasste er sich mit Fragen der induktiven Wahrscheinlichkeiten und unterschied zwischen statistischer und logischer Wahrscheinlichkeit.

Gegen Ende seines Schaffens anerkannte er auch, dass die philosophischen Grundfragen des Leib-Seele-Problems, des Universalienproblems und der Begründung einer Ethik eine eigenständige Berechtigung haben.

Werke

  • Der Raum. Ein Beitrag zur Wissenschaftslehre, Berlin 1922.
  • Physikalische Begriffsbildung, Karlsruhe 1926.
  • Scheinprobleme in der Philosophie. Das fremdpsychische und der Realismusstreit, Berlin-Schlachtensee 1928.
  • Der logische Aufbau der Welt, Berlin-Schlachtensee 1928.
  • Logische Syntax der Sprache, Wien 1934.
  • Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic Chicago 1947.
  • Induktive Logik und Wahrscheinlichkeit, Wien 1959.
  • Mein Weg in die Philosophie, Stuttgart 1993.

Online-Texte

Literatur

  • Thomas Mormann: Rudolf Carnap. Beck, München 2000
  • Lothar Krauth: Die Philosophie Carnaps. Wien/New York 1997

Weblinks