Urteil

Als Urteil (engl. judgment, statement; franz. jugement; lat. judicium) bezeichnet man sowohl den sprachlichen Ausdruck des Aussagesatzes wie Prag liegt an der Moldau – auch Proposition oder Aussage genannt – als auch den Aussageinhalt selbst, der mit einem Aussagesatz ausgedrückt wird.

Frege Frege nennt nur das erste ein Urteil und das zweite einen Gedanken.

Urteile werden in Sprechakten erzeugt.

Zwei verschiedene Propositionen können den gleichen Gedanken ausdrücken, z. B. Paul liebt Paula und Paula wird von Paul geliebt. Dieselbe Proposition kann in Abhängigkeit vom Kontext einen unterschiedlichen Gedanken ausdrücken.

In einem Urteil wird immer ein Sachverhalt zum Ausdruck gebracht. Daher sind Urteile entweder wahr oder falsch.

In der Logik werden verschiedene Urteilsformen unterschieden.

Kategorisch wird ein Urteil genannt, wenn es keine weiteren Urteile enthält und lediglich darin besteht, dass ein Prädikat von einem Subjekt ausgesagt wird.

Als Umfangsinterpretation eines kategorischen Urteils bezeichnet man seine Formulierung in Termini der Klassenlogik.

Kategorische Urteile teilt man in singuläre Urteile und generelle Urteile.

Singuläre Urteile oder Individualurteile nennt man kategorische Urteile in denen der Subjektausdruck ein Name oder eine bestimmte Beschreibung eines Einzeldings enthält, z. B. Seiffen ist ein Dorf im Erzgebirge und Chemnitz ist eine Universitätsstadt.

Generelle Urteile sind kategorische Urteile, die quantifizierende Ausdrücke wie alle, keine oder einige enthalten.

Innerhalb der generellen Urteile werden universale Urteile und partikuläre Urteile unterschieden.

Universale Urteile (oder auch allgemeine Urteile) sind generelle Urteile die mit Hilfe von Quantoren wie alle oder keine formuliert werden.

Partikuläre Urteile sind solche die den Quantor einige enthalten.

Partikuläre Urteile werden in zwei Klassen unterteilt, die definit partikulären und die unbestimmt partikulären Urteile.

Definit partikulär heißen partikuläre Urteile, in denen nur von einem bestimmten Teil von Gegenständen einer Klasse etwas behauptet oder verneint wird. Die Standardform solcher Urteile ist:

nur einige S sind (oder sind nicht) P

Unbestimmt partikulär sind dagegen Urteile, in denen von einem Teil einer Klasse etwas behauptet oder verneint wird, von den anderen Gegenständen dieser Klasse aber nichts behauptet oder verneint wird. Solche Urteile haben die Standardform

mindestens einige – aber vielleicht auch alle – S sind (oder sind nicht) P.

Lomonossow betrachtet die partikulären Urteile als vielleicht allgemeine, da in unserer Erfahrung kein widersprechender Fall aufgetreten ist (ansonsten könnte das partikuläre Urteil nicht den Fall und vielleicht auch alle einschließen). Seine Begründung zielt damit auf die unbestimmt partikulären Urteile.

Den kategorischen Urteilen stehen Urteile gegenüber, die ein oder mehrere Urteile in Verbindung mit einer oder mehreren logischen Konstanten enthalten. Hier unterscheidet man u. a. zwischen Negationen (Es regnet nicht), Konjunktionen (Es regnet, und die Straße ist naß), Disjunktionen (Es regnet, oder es schneit), bedingten Urteilen und Bi-Konditionalen (Die Straße ist genau dann naß, wenn es regnet).

Statt von Negationen redet man auch von negierenden oder verneinenden Urteilen. Urteile die nicht verneinend sind heißen affirmativ oder bejahend.

Affirmative und negierende Urteile darf man nicht mit bejahten und negierten Urteilen verwechseln. Das Wesen der verneinten oder negierten Urteile wird nicht durch die affirmative oder negierende Form bestimmt, sondern durch den Charakter der Wechselbeziehung zwischen den jeweiligen Urteilen. Als verneinendes Urteil bezeichnet man ein Urteil, das auf die Falschheit eines anderen Urteils hinweist, das dann verneint heißt.

Für das bejahende Urteil entwickelte Ploucquet eine Identitätstheorie des Umfangs von Subjekt und Prädikat.

Bedingt bzw. hypothetisch man also ein Urteil, in dem die Abhängigkeit einer Erscheinung von irgendwelchen Voraussetzungen, Bedingungen widergespiegelt wird, wobei Begründung und Folge meist durch die logische Kopula wenn …, so … verknüpft werden, z. B. Wenn es regnet, so wird die Strraße naß. Die Kopula zeugt von einem Zusammenhang zwischen Begründung und Folge.

Ein bedingtes Urteil ist falsch, wenn die Begründung wahr ist, aber die Folge falsch. Es ist wahr, wenn sowohl Begrüdung als auch Folge wahr ist.

Je nach dem Charakter der Beziehung zwischen dem Inhalt der Folge und dem Inhalt der Begründung können die bedingten Urteile in eliminierende und nichteliminierende Urteile eingeteilt werden.

Ein bedingtes Urteil heißt eliminierendes bedingtes Urteil, wenn es eine Tatsache wiedergibt, dass ein Merkmal ganz bestimmten Gegenständen einer gewissen Klasse zukommt.

Das eliminierende Urteil ist die Konjunktion von zwei bedingten Urteilen. Das erste gibt an, welche Gegenstände das Merkmal besitzen und das zweite schließt aus, dass andere Gegenstände das Merkmal haben.

Ein bedingtes Urteil heißt nichteliminierendes bedingtes Urteil, wenn in ihm behauptet wird, dass das, worüber in der Begründung gesprochen wird, für das hinreicht, von dem in der Folge gesprochen wird, aber zum Bestehen dessen nicht unbedingt notwendig ist, also dass das, worüber inder Folge gesprochen wird, für die Begründung nicht unbedingt hinreicht.

In dem Beispiel Wenn in einem Viereck alle Seite gleich lang sind, so stehen die Diagonalen senkrecht aufeinander ist die angegebene Bedingung seine Diagonalen stehen senkrecht aufeinander hinreichend, da in einem Viereck mit gleichlangen Seiten die Diagonalen stets senkrecht aufeinander stehen. Jedoch ist die Bedingung nicht notwendig, da auch in allen Drachenvierecken die Diagonalen senkrecht aufeinander stehen.

Durch die Vereinigung der Urteile in affirmative und negierende bzw. in partikuläre und allgemeine lassen sich die vier Urteilsarten allgemein bejahendes Urteil, partikulaer bejahendes Urteil, partikulär bejahendes Urteil und partikulär verneinendes Urteil untrscheiden.

Der Kürze wegen bezeichnet man jede dieser vier Urteilsarten mit einem Buchstaben:

  • a – allgemein bejahendes Urteil
  • i – partikulär bejahendes Urteil
  • e – allgemein verneinendes Urteil
  • o – partikulär verneinendes Urteil

Das Verhältnis dieser Urteilsarten wird im logischen Quadrat veranschaulicht.

Nach dem modalen Charakter unterscheidet man problematische, assertorische und apodiktische Urteile. Ist das Prädikat für den Gegenstand möglich spricht man von problematischen Urteilen, ist sie wirklich spricht man von assertorischen Urteilen, ist sie notwendig spricht man von apodiktischen bzw. notwendigen Urteilen. Diese Unterscheidung findet sich u. a. bei Kant.

Synthetisch apriorisch nennt man Urteile, die etwas über die Wirklichkeit aussagen und von der Erfahrung logisch unabhängig sind.

Wassiljew unterteilte die Urteile in Tatsachen und Begriffsurteile.

Die Einordnungstheorie, eine spezielle Theorie der Urteile, geht auf B. Erdmann zurück.

Ein spezielle Form des Urteils ist das Werturteil.