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An diesem Schicksalstage schien es für die alte, vornehme Firma Maber & Maber keinen Ausweg mehr zu geben. Die blendendweiße Marmorfassade des Hauses Atterman Brothers schaute schon triumphierend auf das gegenüberliegende Konkurrenzgeschäft, als ob sie in prahlenden Goldbuchstaben die Aufschrift trüge: »Dich stecke ich jetzt in die Tasche!«

 

Leider hatte Mr. Maber an diesem verhängnisvollen Tage keine Zeit, sich um sein Geschäft zu kümmern, denn er wollte der Bootsmannschaft von Cambridge ein Essen geben.

 

Und um das Unglück vollzumachen, stieg Barbara Storr an demselben Morgen mit dem falschen Fuß aus dem Bett. Ihr Mädchen sah beim Frühstück die gerunzelte Stirne der Herrin und dachte schon, der gebratene Schinken sei zu salzig gewesen.

 

»Myrtle, ich bin unbeliebt!« erklärte Barbara plötzlich mit düsterer Stimme.

 

»Aber Miß Storr!« rief Myrtle erschrocken.

 

»Ganz verdammt unbeliebt!« sagte Barbara finster, als sie sich bückte, um ihre Schuhe zuzumachen. »Wenn mich Mr. Maber nicht hielte, könnten wir heute abend im Armenhaus schlafen — hoffentlich schnarchen Sie nicht –«

 

»Ich dachte, Sie hätten selbst Geld! Sonst wäre ich doch nicht nach London mitgekommen. Ich war auch ganz erstaunt, daß Sie in diese entsetzlich große Stadt gezogen sind. In Ilchester sieht man doch auch allerhand vom Leben! Denken Sie bloß an die Markttage! Und hier kenne ich außer dem Polizisten in unserer Straße keinen einzigen Menschen.«

 

»Als anständiges Mädchen dürften Sie nicht einmal den kennen!«

 

Myrtle wurde rot bis über die Ohren. Sie war noch nicht neunzehn Jahre alt, und sie hielt Londoner Polizisten für Götter.

 

»Schauen Sie einmal hinaus, ob der junge Mann da unten schon fort ist«, sagte Barbara etwas sprunghaft.

 

Myrtle lugte durch die Vorhänge auf die düstere Doughty Street hinaus.

 

»Er ist noch da.«

 

»Sehen Sie genau hin!«

 

»Er ist wirklich noch da. Dort an der Ecke steht er. Er hat elegante, graue Hosen an –«

 

»Das interessiert mich nicht. Er ist also noch da?«

 

»Ja.«

 

»Dann jagen Sie ihn zum Teufel!«

 

Myrtle wußte nicht, wie sie diesen Auftrag ausführen sollte, und sah ihre Herrin verstört an. Sie hatte sie schon immer schön gefunden, wenn ihr auch nicht klar zum Bewußtsein kam, worin diese Schönheit eigentlich lag. Vielleicht in der zarten Haut und dem wundervollen Haar, vielleicht aber auch in den großen, grauen Augen oder in dem feingeschnittenen Profil.

 

Myrtle wußte aus Zeitungsannoncen, die Seifen, Cremes und andere Schönheitsmittel anpriesen, daß reiner Teint und gepflegtes Haar zu einer schönen Frau gehörten und die jungen Herren am meisten fesselten.

 

»Wartet der Herr draußen auf Sie, Miß Storr?« fragte sie ein wenig boshaft.

 

»Natürlich wartet er auf mich. Tun Sie doch nicht so«, erwiderte Barbara etwas von oben herab. »Sie wissen ganz genau, daß es Mr. Stewart ist, der Reklamefachmann.«

 

»Ich weiß nicht, was ein Reklamefachmann ist«, entgegnete Myrtle, die Unschuld vom Lande. »Aber warum wartet er denn an der Straßenecke — kennt er unsere Hausnummer nicht?« fragte sie verschmitzt.

 

Barbara sah sie aber so vernichtend an, daß sie entsetzt schwieg.

 

Miß Storr schlüpfte in den Mantel, nahm Handtasche und Schirm und verließ das Haus. Es schlug gerade neun.

 

Als der junge Mann ihre Schritte hörte, drehte er sich schnell um und zog den Hut.

 

»Ich dachte schon, Sie wären –«

 

Barbaras unwillige Handbewegung ließ ihn sofort wieder verstummen.

 

»Wissen Sie auch, daß Sie mich bei Myrtle in ein ganz falsches Licht gebracht haben?« sagte sie ungnädig, als er sich entschuldigen wollte. »Myrtle hat eine Tante in meiner Heimatstadt Ilchester, und die ist die größte Klatschbase im ganzen Nest. Wenn die etwas weiß, ist es gerade so gut, als ob es durch Radio verbreitet würde! Ich selbst kümmere mich um die Ansichten der Leute in Ilchester nicht im mindesten, aber bedenken Sie, daß Mr. Maber dort Kirchenältester ist. Er hat mich nach London gebracht, und ich darf seinem Namen keine Schande machen.«

 

»Es tut mir wirklich aufrichtig leid«, erwiderte Alan Stewart geknickt, »aber wir sind doch Nachbarn, und es kommt mir tatsächlich komisch vor, daß jeder von uns allein zum Büro gehen soll.«

 

»Können Sie denn nicht mit dem Autobus in die Stadt fahren?« fragte sie ungerührt. »Ich muß ja zugeben, Mr. Stewart, daß Ihnen das Wohl meines Chefs sehr am Herzen liegt, aber es wäre mir viel lieber, wenn Sie dann mit ihm in die Stadt gingen und ihm alles direkt sagten. Wenn Sie übrigens darauf angewiesen sind, daß Mr. Maber in Ihren Zeitungen Annoncen aufgibt, können Sie getrost mit Ihren Hoffnungen einpacken und sich begraben lassen.«

 

Mr. Stewart wollte gerade antworten, daß ihn die Annoncenaufträge Mr. Mabers herzlich wenig interessierten, aber er besann sich eines Besseren.

 

»Ich fürchte, daß ich Ihnen sehr auf die Nerven gefallen bin. Aber wer ist denn eigentlich Myrtle — Ihre Schwester?«

 

»Nein.«

 

Barbara schaute ihn kühl an.

 

»Ach so, Ihr Mädchen?« verbesserte er sich schnell. »Entschuldigen Sie bitte vielmals!«

 

Sie rümpfte die Nase.

 

Er entschloß sich, nun doch zu sprechen.

 

»Ich habe es übrigens jetzt aufgegeben, mich um Mr. Maber zu kümmern«, begann er etwas anmaßend und hochmütig, denn schließlich war er der Vertreter dreier großer Zeitungen. »Wenn jemand sein Firmenschild an das Dach der Arche Noah aufpinseln läßt und glaubt, damit für alle Zeiten genügend Reklame gemacht zu haben, zählt er für mich eben nicht länger zu den Lebenden. Wenn ich an dem Geschäftshaus Ihres Mr. Maber vorbeikomme, ziehe ich ehrfürchtig den Hut und zerdrücke eine Träne im Auge für den Frühverstorbenen.«

 

»Hat der Firmenname tatsächlich auf dem Dach der Arche Noah gestanden?« fragte sie interessiert.

 

»Aber nein, das habe ich doch bildlich gemeint, um Ihnen zu zeigen, wie vorsintflutlich und altertümlich Ihre Firma ist. Mr. Maber annonciert ja auch, das stimmt. Ab und zu eine halbe Seite in den vornehmen Zeitschriften. Aber reklametechnisch kommt das doch gar nicht in Frage. Ich nenne das eher Mitteilungen ans Publikum, daß er noch nicht ganz verschieden ist. Und während die Firma Maber & Maber auf der einen Seite der Straße immer mehr zurückgeht, wächst, blüht und gedeiht auf der anderen Seite Atterman, obwohl das Geschäft erst vor acht Jahren gegründet worden ist. Das Haus Maber & Maber kann allerdings auf das beträchtliche Alter von hundertfünfzig Jahren zurückschauen, aber es ist augenblicklich das größte Verkehrshindernis auf dem Weg moderner Geschäftsentwicklung. Mehr möchte ich über diese Angelegenheit nicht mehr sagen.«

 

»Ach, bitte sprechen Sie doch weiter«, bat sie. »Sie gefallen mir, wenn Sie sich so bilderreich ausdrücken. Wenn ich sage, Sie gefallen mir«, fügte sie schnell hinzu, »dann soll das heißen, daß ich Sie nicht ganz so unausstehlich finde wie sonst. Wir haben es nicht nötig, zu annoncieren. Der Name Maber allein garantiert eben schon für beste Qualität bei unseren Waren.«

 

»Das wäre ja ganz gut und schön, wenn die Leute nur Ihre Waren kauften!«

 

»Wir sind ebenso groß wie Atterman.« Sie blieb herausfordernd stehen, runzelte die Stirne und sah ihn kampflustig an.

 

»Oberflächlich gesehen, haben Sie recht. Ihr Haus ist ebenso groß wie das andere, aber Atterman ist eben ein viel tüchtigerer Geschäftsmann. Die Leute setzen zehnmal soviel um wie Ihre Firma. Als Mensch mag ich Mr. Maber ja sehr gern. Er stammt aus einer guten, alten Familie, und zu Atterman verhält er sich ungefähr wie eine Orchidee zu Blumenkohl.«

 

Barbara nickte. Sie hielt es nicht für unbedingt notwendig, ihm mitzuteilen, daß Mr. Maber ihr Pate war. Ebensowenig brauchte er zu wissen, wie sehr sie den armen Mann gequält hatte, ihr eine Stellung in London zu besorgen. Nur widerstrebend hatte ihr Mr. Maber den Posten einer Privatsekretärin in seiner eigenen Firma gegeben, aber sie hatte sich schon nach kurzer Zeit durch ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten unentbehrlich gemacht.

 

»Mr. Julius Colesberg, der Juniorpartner, ist für Ihre Firma genau so nutzlos wie ein elektrischer Glühofen für die Sahara.«

 

Barbara mußte ihm darin recht geben. Sie sah ihn jetzt etwas freundlicher von der Seite an. Er war gut gewachsen und hatte auch eine tadellose Haltung.

 

»Warum sind Sie eigentlich ein Reklamefachmann? Sie sehen viel mehr wie ein Offizier aus.«

 

»Ich habe diesen Beruf nun einmal gewählt. Im Krieg war ich ja auch Soldat«, fügte er diplomatisch hinzu. »Schließlich muß man doch seinen Lebensunterhalt auf die eine oder andere Weise verdienen.«

 

»Aber ist Ihnen denn noch nie der Gedanke gekommen, in die weite Welt hinauszugehen, in Länder, wo ein Mann noch seine vollen Kräfte entfalten kann, wo sich der Energie und Tatkraft noch weite Betätigungsfelder bieten?«

 

Er nickte.

 

»Ja. Erst gestern habe ich mit der Siedlungsgesellschaft ›Goldner Westen‹ in Kanada drei ganzseitige Annoncen abgeschlossen. Und dann habe ich mir natürlich ebenso viele Filme angesehen wie Sie. Daraus lernt man die Welt ja auch einigermaßen kennen. Was ich Ihnen noch sagen wollte«, fuhr er plötzlich in ernstem Ton fort, »Atterman hat heute morgen eine Besprechung mit Mr. Maber.«

 

»Woher wissen Sie denn das?« fragte sie erstaunt.

 

»Ich weiß alles. Mir bleibt nichts verborgen«, erwiderte er und lächelte geheimnisvoll.

 

An der Ecke der Marlborough Avenue trennte er sich von ihr. Sie ging an den großen, vornehmen Schaufenstern der Firma Maber & Maber vorüber. Die prachtvollen Auslagen waren so herrlich anzusehen, aber so schwer zu verkaufen. An dem großen Haupteingang mit den Schwingtüren blieb sie stehen und sah nach der strahlendweißen Fassade von Atterman hinüber. Auf dem fünf Stockwerke hohen Gebäude wehten die verschiedensten Flaggen, um anzudeuten, daß es nicht darauf ankam, welcher Nationalität der Käufer angehörte. Mr. Atterman hatte einen gut trainierten Stab von Leuten, die fremde Sprachen beherrschten, und das Geld der Ausländer wurde ebenso gerne genommen wie das der Einheimischen.

 

Drüben wurden gerade einige Schaufenster neu dekoriert. Die Firma Atterman hatte sich schon mehrfach vor dem Gericht verantworten müssen, weil ihre Ausstellungen Verkehrsstockungen hervorriefen. Und beinahe jeder Autobus, der vorüberfuhr, trug in großen Buchstaben die Reklameaufschrift: »Wer bei Atterman kauft, ist stets vergnügt.«

 

»Verdammte Konkurrenz!« sagte Barbara wütend, trat durch die Schwingtür und ging zum Büro hinauf.

 

Mr. Lark, der Chef der Einkaufsabteilung und der Kasse, beobachtete sie, machte eine Pause in der Arbeit und sah ihr mit bissigen, feindseligen Blicken nach.

 

»Sie kommt schon wieder zehn Minuten zu spät«, sagte er gehässig. »Wenn’s nach mir ginge, würde ich diese Person glatt auf die Straße setzen! ›Miß Storr‹, würde ich sagen, ›hier ist Ihr Geld, und nun. machen Sie, daß Sie fortkommen. Ich kann nicht dulden, daß Sie hier herumlaufen und alle Leute mit gnädiger Herablassung behandeln! Suchen Sie sich gefälligst eine andere Stellung.‹«

 

Seine Stenotypistin, die ihm aufmerksam zugehört hatte, nickte beifällig, um ihre Anerkennung für seinen Mut und seine Energie auszudrücken.

 

»Ich würde ihr ganz einfach erklären: ›Sie sind entlassen!‹ Was ist denn schon eine Privatsekretärin? Doch weiter nichts als ein Dienstmädchen, das für alle Leute zu laufen und zu springen hat!«

 

»Ja, es ist wirklich entsetzlich mit ihr«, pflichtete seine Stenotypistin bei.

 

»Entsetzlich? Das ist noch gar kein Ausdruck für ihr Benehmen. Denken Sie doch nur einmal daran, wie sie mit Mr. Colesberg umgeht. Wie einen Hund behandelt sie den armen Mann! Den Teilhaber der Firma! Aber ich sage es ja immer, die Sozialdemokraten haben überhaupt keine Achtung vor anderen Leuten.«

 

»Ist sie denn eine Sozialdemokratin?« fragte Miß Leverby interessiert.

 

»Ich weiß nichts von ihren Privatverhältnissen«, erwiderte er abweisend. »Mit derartigen Menschen komme ich gesellschaftlich nicht zusammen. Wenn ich ihr auf der Straße begegnete, würde ich sie überhaupt nicht grüßen. In der Beziehung ist mit mir nicht zu spaßen. Ich behandle die Leute genau so, wie sie es verdienen.«

 

Miß Leverbys Hochachtung für diesen tüchtigen Mann stieg mehr und mehr.

 

»Immer liegt sie dem Chef in den Ohren, daß er mehr annoncieren soll. Sie läßt ihm keine Ruhe. Ich habe selbst gehört, wie sie ihm zugesetzt hat. Glauben Sie vielleicht, der bekommt überhaupt noch ein Bein auf die Erde? Alles weiß sie besser. Und ständig fragt sie, warum wir diesen und jenen Artikel nicht führen. ›Miß Storr‹, habe ich neulich noch zu ihr gesagt, ›wenn die Leute eben nicht kaufen wollen, was wir haben, dann können sie ja in ein anderes Geschäft gehen. ‹Das tun sie auch‹, gibt mir die unverschämte Person zur Antwort. ›Sie gehen zum Beispiel zu Atterman, da bekommen sie alles — von einer Stecknadel bis zu einer komplett ausgestatteten Villa.‹ ›Aber Miß Storr, wir sind eine gediegene Firma‹, erkläre ich ihr. ›Unser Haus besteht seit hundertfünfzig Jahren, und alle Leute kennen uns! Wir haben es weder nötig, zu vulgären Geschäftspraktiken zu greifen, noch irgendwelchen billigen Plunder zu verkaufen!‹ ›Nötig haben Sie es schon‹, sagte sie darauf ganz frech, ›Sie wissen nur nicht, wie Sie es anfangen sollen!‹ Mein Gott, dieses Frauenzimmer tut wirklich, als ob ihr die ganze Firma gehörte, und als ob sie allein alles zu sagen hätte!«

 

»Ja, das stimmt tatsächlich«, bestätigte die Stenotypistin eifrig.

 

»Sie muß den Chef irgendwie in der Tasche haben, passen Sie nur auf. Sie werden noch an meine Worte denken. Neulich stand ein ähnlicher Fall in der Sonntagszeitung. Vielleicht haben Sie die Überschrift gelesen: ›Junges Mädchen hat alten Millionär in der Gewalt.‹ Genau so eine ist die auch!«

 

*

 

Eine Verkettung von merkwürdigen Umständen brachte an diesem Morgen Barbaras Abneigung gegen den Juniorpartner zum Siedepunkt.

 

Mr. Colesbergs Sekretärin hatte sich erkältet und war nicht im Geschäft erschienen. Barbara mußte deshalb zu Mr. Julius gehen, um sein Diktat aufzunehmen.

 

Vom ersten Augenblick an hatte sie einen instinktiven Widerwillen gegen diesen Menschen gefühlt. Besonders mißfiel ihr sein aalglattes Wesen. Er stand in den Dreißigern, sah aber noch jugendlich aus, ging stets elegant gekleidet und parfümierte sich. Barbara haßte Männer, die Parfüm gebrauchten und Diamantringe trugen, aber es war zwischen ihr und Mr. Julius Colesberg bisher noch nicht zu einem offenen Zusammenstoß gekommen.

 

»Guten Morgen.«

 

»Guten Morgen, Miß Storr«, sagte er nachlässig, als sie eintrat. Er saß an seinem luxuriösen Empireschreibtisch und sah mit müdem Ausdruck zu ihr auf. »Ist der Alte schon im Geschäft?«

 

»Mr. Maber ist noch nicht da.«

 

Er fuhr mit einem kostbaren Spitzentaschentuch nachdenklich über die Lippen.

 

»Die entscheidende Konferenz findet heute vormittag statt. Die Firma Atterman macht uns ein sehr — sehr günstiges Angebot. Mr. Maber wird alt — es wäre eine Torheit von ihm, wenn er nicht darauf einginge.«

 

Julius hatte kurze Zeit vorher in Mr. Attermans Villa in Regent’s Park gefrühstückt und verschiedene Vereinbarungen mit ihm getroffen. Zwar hatte Mr. Colesberg nur ein fünfundzwanzigstel Anteil an der Firma und mit der Geschäftsleitung direkt nichts zu tun, aber Mr. Atterman hatte ihm einen größeren Anteil und einen Sitz in der Direktion versprochen, falls der Verkauf zu seinen Bedingungen zustande käme.

 

Barbara schlug ihren Stenogrammblock auf und zückte den Bleistift, um Mr. Julius an den Zweck ihres Kommens zu erinnern.

 

»Also, hören Sie, mein liebes Kind.« Der väterliche Ton, in dem er sprach, machte sie ganz krank. »Sie nehmen heute auch an der Konferenz teil, und Sie erweisen sich und allen anderen einen guten Dienst, wenn Sie Ihren zweifellos großen Einfluß auf Mr. Maber in der richtigen Weise geltend machen.«

 

»Wozu soll ich ihn denn beeinflussen?«

 

»Er muß das Geschäft verkaufen. Die Firma kommt immer mehr und mehr herunter. Wir brauchen einen viel tätigeren Chef. Vor allem muß ordentlich Reklame gemacht werden. In den Zeitungen müssen große Annoncen erscheinen — aber ein so altmodischer Mann wie Mr. Maber versteht das eben nicht!«

 

Sie kräuselte verächtlich die Lippen.

 

»Und dabei haben Sie dem Chef immer erklärt, daß eine Firma wie Maber & Maber unmöglich vulgäre Reklamemethoden anwenden könnte!«

 

»Unter den damaligen Umständen hatte ich auch vollkommen recht«, erwiderte er hastig. »Maber konnte das nicht tun, wohl aber Atterman. Begreifen Sie denn den Unterschied nicht, meine liebe Kleine?«

 

»Ich bin nicht Ihre liebe Kleine. Aber sagen Sie mir eins: Wenn Atterman die Firma übernimmt, engagiert er wohl eine Damenkapelle, die hier im Kaufhaus konzertieren soll?«

 

Das war eine anscheinend harmlose Bemerkung, aber sie hatte eine ganz bedenkliche Spitze gegen Mr. Atterman, und zwar wegen der Affäre mit der schönen, blonden Solotrompeterin.

 

Mr. Julius war sehr ärgerlich, daß Barbara Mr. Atterman durch eine solche Anspielung anzugreifen wagte.

 

»Die Geschworenen haben Mr. Atterman freigesprochen, und das Mädchen hätte sich überhaupt schämen sollen, einen so großen Geschäftsmann wegen Bruchs des Heiratsversprechens zu verklagen!«

 

»Aber Maudie hat ihn doch so geliebt«, entgegnete sie heftig. »Sie wohnt in meiner Nähe — ich gehe oft mit ihr zusammen nach Hause. Die Geschichte hat sie derartig mitgenommen, daß sie nur noch Choräle spielen kann!«

 

»Ich finde es etwas eigenartig, daß sie überhaupt Trompete spielt. Das ist kein Instrument für eine anständige junge Dame.«

 

»Sie wird noch Harfe spielen und Klagelieder dazu singen, wenn nicht bald etwas geschieht«, prophezeite Barbara düster. »Aber wollten Sie mir nicht Briefe diktieren?«

 

Als sie zwei Stenogramme aufgenommen hatte und auf ein neues Diktat wartete, legte er plötzlich wie geistesabwesend seine lange, knochige Hand auf die ihre.

 

Barbara erhob sich langsam.

 

»Ist das alles, Mr. Colesberg?«

 

»Das ist alles.«

 

Er ging zur Tür, und als er zur Seite trat, um ihr Platz zu machen, murmelte er etwas von »zum Diner einladen und ins Theater gehen«.

 

»Ach, eine Einladung von Mrs. Colesberg?« fragte sie interessiert.

 

»Ich bin nicht verheiratet«, erwiderte Julius ein wenig verlegen. »Eine Ehe könnte ich nicht ertragen. Sie verstehen doch … immer an dieselbe Frau gebunden … einfach schrecklich! Also, ich erwarte Sie heute abend an der Ecke von Haymarket. Sagen wir um acht — ich liebe die Hetze beim Ankleiden nicht. Und tragen Sie ein gediegenes, einfaches Kleid. Am besten sieht eine junge Dame immer in Schwarz aus. In einem farbigen Kleid fällt sie auf und kompromittiert ihren Begleiter …«

 

»An welchem Ende von Haymarket?«

 

»An der Ecke der Jermyn Street. Sie werden mich doch hoffentlich erkennen?«

 

»Vielleicht könnte ich Sie mit einem Regenwurm verwechseln«, entgegnete sie verbindlich. »Ich mache Ihnen deshalb den Vorschlag, sich Ihren Namen in elektrischen Leuchtbuchstaben um Ihren Zylinder montieren zu lassen. Oder noch besser, kommen Sie mit einer großen Fahne — blau ist meine Lieblingsfarbe. Oder Sie könnten einen rosa Golfanzug tragen. Ich wäre untröstlich, wenn ich Sie verfehlte.«

 

Colesberg wurde dunkelrot vor Wut.

 

»Unerhört, sich mir gegenüber eine derartige Sprache zu erlauben«, brauste er auf. »Sie — Sie — aber warten Sie nur, ich werde schon dafür sorgen, daß Sie noch heute fliegen! Ich habe dieses gnädige Benehmen und dieses Getue satt! Tut immer, als ob sie eine Herzogin wäre! Das ist doch die Höhe! Ich werde mit Mr. Maber sprechen, sobald er kommt …«

 

»Ich werde Sie telefonisch von seinem Eintreffen benachrichtigen«, sagte sie mit vollendeter Höflichkeit.

 

Kaum war sie in ihrem Zimmer angekommen, als Mr. Maber schon nach ihr klingelte. Schnell griff sie wieder zu Stenogrammblock und Bleistift und ging in sein Büro.

 

Wer Mr. Maber in seiner vollen, stattlichen Breite und Größe sah, konnte kaum glauben, daß dieser Mann einmal in seiner Jugend dem Cambridger Achter mit zum Siege über Oxford verholfen hatte.

 

Er selbst hielt sich für altmodisch, aber in Wirklichkeit war er nur bequem und schrak deshalb vor modernen Geschäftsmethoden zurück. Als Privatmann beschäftigte er sich gern mit Kirchenmusik, saß im Kirchenvorstand von Ilchester und nahm es mit seinen Pflichten durchaus ernst.

 

Sein Leben war wie ein offenes Buch, und er hatte nichts zu verheimlichen. Das erklärte er manchmal halb stolz, manchmal auch mit leiser Wehmut. Ein paar Seiten mußte man allerdings rasch überblättern, wenn man nicht doch eine Schattenseite entdecken wollte. Einmal hatte er nämlich am Abend des berühmten Bootsrennens den Rudermannschaften ein Essen gegeben. Es war an dem Sonnabend, bevor Markus Elbury, sein alter Schulfreund, nach den Vereinigten Staaten reiste. Nach dem Essen waren die beiden noch ins Empire-Theater gegangen, das damals noch ein Variété war. Um neun Uhr fünfundvierzig waren sie in heiterster Stimmung, laut und fröhlich singend, in das Lokal hineinmarschiert, aber um neun Uhr fünfzig kamen sie schon wieder heraus, und zwar unter Bedeckung von vier Logenschließern, drei Polizisten und einem Garderobier. Auch eine Frau spielte eine Rolle dabei, aber was dann folgte, wollen wir lieber mit dem Mantel der christlichen Nächstenliebe zudecken.

 

Mr. Maber war in jenen Tagen ein vermögender junger Mann gewesen, und es war ihm nicht schwer gefallen, zehn Pfund Strafe zu zahlen, weil er die Uniform der Polizisten etwas zerrissen und ihnen auch sonst übel mitgespielt hatte. Aber er dachte nur mit größtem Unbehagen an die andere Seite der Geschichte.

 

Und nun war Markus von Amerika zurückgekommen, und Mr. Maber hatte wieder einmal die Cambridger Rudermannschaft eingeladen. Er war gespannt, ob der Wein von 1911 heute abend gut schmecken würde.

 

Auf dem Weg zur Marlborough Avenue wurde er in seinen angenehmen Gedanken häufig durch die Erinnerung an das Geschäft gestört. Am liebsten hätte er mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun gehabt. Die Nachbarschaft dieses vulgären Atterman genügte schon, um ihn krank und elend zu machen. Im Innersten hatte er allerdings doch den geheimen Wunsch, mit der Zeit zu gehen, und die Firma Maber & Maber, die seit fünf Generationen bestand, auf der Höhe zu halten. Er seufzte. Obwohl er ein reicher Mann war, konnte er es doch nicht über sich gewinnen, seine guten Papiere an der Börse zu verkaufen und das Kapital in die Firma zu stecken.

 

In düsterer Stimmung betrat er sein Büro, hing Hut und Schirm auf und ließ sich von Barbara aus dem Mantel helfen. Dabei schüttelte er traurig den Kopf.

 

»Lange sind wir nun nicht mehr hier, Barbara«, sagte er melancholisch. »Dann geht’s wieder zurück nach Ilchester. Ist ja auch wirklich ein nettes, altes Städtchen, nicht wahr?«

 

Sein Gesichtsausdruck verriet allerdings, daß ihn der Gedanke an diese Rückkehr wenig zu beglücken schien.

 

»Du bleibst natürlich auch nicht hier, wenn das Geschäft verkauft wird. Ich werde dir dann dort eine andere Stellung verschaffen.«

 

»Lieber tot, als nach Ilchester zurück!« erklärte sie ruhig.

 

Er sah sie bestürzt an.

 

»Aber liebes Kind, Ilchester ist eine große, alte Stadt«, sagte er leise, »eine große, alte Stadt. Denke doch nur an das herrliche Glockenspiel vom Dom.«

 

»Ja, und an die entsetzlichen Moskitos hinten in der Pferdeschwemme, und an die vielen alten Klatschbasen, die nichts anderes zu tun haben als andere Leute durch die Zähne zu ziehen und sich zu erkundigen, warum sie manchmal eilig heiraten müssen…«

 

»Aber Barbara!« erwiderte er vorwurfsvoll.

 

Sie faßte sich und reichte ihm die Post.

 

»Wann ist die Konferenz angesetzt?« fragte er.

 

»In zwanzig Minuten.«

 

Er biß sich auf die Unterlippe.

 

»Ich halte es für richtig, Mr. Lark zu der Besprechung zuzuziehen. Er kennt das Geschäft genau, denn er ist darin groß geworden. Und natürlich müssen wir auch Mr. Colesberg bitten. Atterman bringt seinen Direktor mit.«

 

»Diesen Monkey?«

 

»Minkey.«

 

»Mr. Maber, warum wollen Sie denn eigentlich die Firma verkaufen?« fragte sie ihn geradeheraus. »Ich bin davon überzeugt, daß man viel Geld mit diesem Geschäft verdienen könnte, wenn die Sache nur richtig angepackt würde. Was können denn Leute wie Mr. Lark dem Hause nützen? Er soll ja seinen Lebensunterhalt nicht verlieren, aber ich würde ihm an Ihrer Stelle eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent geben unter der Bedingung, daß er sich nicht wieder hier blicken läßt! Der Mann ist als Einkäufer einfach unmöglich! Den halte ich nicht für fähig, auch nur eine Mausefalle einzukaufen, geschweige denn etwas anderes!«

 

»Wir verkaufen keine Mausefallen«, entgegnete Mr. Maber verstimmt.

 

»Warum verkaufen Sie denn nicht, was verlangt wird, wenn die Leute die Artikel nicht kaufen, die Sie führen?« Ihre lebhaften Augen blitzten ihn unternehmungslustig an. »Ich würde Mr. Lark durch irgendeinen fähigen Menschen ersetzen, der das Geschäft wieder einmal richtig in Schwung bringt, der ordentlich Reklame macht! Das zahlt sich auf alle Fälle …«

 

Sie machte eine Pause, weil sie Atem holen mußte.

 

Mr. Maber betrachtete sie halb bewundernd, halb mitleidig.

 

»Ich bin zu alt, um mich noch einmal auf moderne Methoden umzustellen«, meinte er traurig, aber eine Sekunde später leuchteten seine Augen wieder auf. »Ach, läute doch einmal das Trocadero an und sage den Leuten, es soll Knallbonbons und andere Scherzartikel zum Nachtisch geben. Heute wollen wir lustig sein … und dann, damit die jungen Leute sich nach dem harten Training einmal gründlich erholen können, soll nur Sekt getrunken werden, den ganzen Abend hindurch …«

 

Er dachte an seinen Freund Markus, der aus Amerika zurückgekommen war, und lächelte vergnügt. Vor dreißig Jahren schon hatten sie sich gestritten, wer von ihnen damals zuerst auf der Straße lag, und der Streitfall war bis zum heutigen Tage noch nicht endgültig geklärt, obgleich sie einen lebhaften Briefwechsel darüber geführt hatten.

 

»Bitte, sieh doch einmal nach«, wandte er sich wieder an Barbara, »ob die Leute schon im Konferenzzimmer sind. Mr. Atterman muß einen schönen, weichen Sessel bekommen, hörst du?«

 

Die letzten Worte sagte er in so elegischem Ton, wie ein zum Tode Verurteilter sich erkundigen würde, ob der Henker gut geschlafen habe.

 

*

 

Mr. Atterman war eine etwas hagere Erscheinung und ging leicht nach vornüber gebeugt. Er war gut gekleidet und trug eine Hornbrille. Sein höchster Stolz bestand darin, für einen Amerikaner gehalten zu werden. Innerlich und äußerlich war er das Gegenteil von Mr. Maber.

 

»Ich freue mich außerordentlich, Sie wiederzusehen, Mr. Maber«, sagte er verbindlich. »Darf ich Ihnen meinen Direktor, Mr. Hercules Minkey, vorstellen?«

 

Der Name Hercules paßte ganz und gar nicht zu dem schmächtigen Herrn mit den runden Schultern und dem gewöhnlichen Gesicht. Er hatte eine kurze, breite Nase, und seine kleinen, dunklen Augen lagen tief in den Höhlen. Aber auf jeden Fall war dies ein Mann nach dem Herzen Mr. Attermans, lebendig wie Quecksilber, dabei großzügig und geschäftstüchtig.

 

»Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Miß Storr. Wirklich, ich beneide Sie um Ihre Privatsekretärin, Mr. Maber. Ich möchte direkt die Bedingung stellen, daß die junge Dame in der Firma bleibt, wenn ich Ihr Geschäft übernehme. Hoffentlich gelingt es mir, sie dazu zu überreden.«

 

Auch Mr. Julius war bereits zugegen und kaute nachlässig an seinem Bleistift. Gleich darauf erschien Mr. Lark, der sich sehr wichtig vorkam. Er lächelte Mr. Atterman an, verneigte sich korrekt vor Mr. Maber, nickte Mr. Minkey vertraulich zu und warf Mr. Julius einen respektvollen Blick zu. Nur von Barbara nahm er nicht die geringste Notiz.

 

»Nun wären wir ja alle versammelt«, sagte Mr. Atterman. »Ich möchte also meinen Vorschlag in aller Kürze wiederholen. Nein, schreiben Sie noch nicht mit, Miß Storr, ich werde Sie aufmerksam machen, wenn die eigentlichen Verhandlungen beginnen.«

 

Er sprach sachlich und geschäftsmäßig. Als er die Kaufsumme nannte, begann Barbara zu protokollieren. Aber schon im nächsten Augenblick legte sie den Bleistift wieder hin und sah Mr. Maber entsetzt an. Er saß aber ruhig mit gefalteten Händen und gerunzelter Stirne da und rührte sich nicht.

 

»Hunderttausend Pfund!« rief sie erregt. »Diese Summe sind ja allein schon das Grundstück und das Gebäude wert!«

 

Mr. Atterman sah scharf zu ihr hinüber. In diesem Moment war er höchst unzufrieden mit ihr und dachte nicht mehr daran, sie zu übernehmen.

 

Mr. Julius machte ein düsteres Gesicht, und Mr. Lark zeigte seine ungeheure Entrüstung durch eine entsprechende Haltung.

 

»Gestatten Sie, Miß Storr, daß ich erst einmal zu Ende spreche«, erwiderte Mr. Atterman schließlich nach der kleinen, peinlichen Pause.

 

Dann sprach er weiter. Mr. Maber hörte ihm mit geschlossenen Augen zu, und Mr. Lark folgte seinem Beispiel. Wahrscheinlich war das die letzte loyale Handlung seinem alten Chef gegenüber.

 

»Das Angebot ist allerdings sehr niedrig — wirklich äußerst bescheiden«, meinte Mr. Maber leise, als Atterman seine Rede beendet hatte.

 

Mr. Atterman holte tief Atem, neigte den Kopf auf eine Seite, schaute auf die Tischplatte vor sich hin und legte die Stirne in Falten. Durch diese Mienen und Gebärden wollte er ausdrücken, daß es ihm sehr leid täte.

 

»Persönlich dachte ich an eine Summe von –« begann Mr. Maber und sah zu Barbara hinüber.

 

»Einer halben Million«, warf sie sofort dazwischen.

 

»Aber Mr. Maber — das ist denn doch ein zu starkes Stück«, sagte Mr. Julius heftig und warf den Bleistift wild auf den Tisch.

 

Mr. Lark drehte die Augen himmelwärts. Er hätte im Moment kein Wort finden können, das seine Empörung richtig wiedergegeben hätte, und beschränkte sich daher auf diesen Ausdruck stummer Verzweiflung.

 

»Vielleicht wäre es doch besser, wenn du dich damit begnügtest, die Verhandlung zu protokollieren«, wandte sich Mr. Maber an Barbara, fügte aber sofort energischer hinzu: »Miß Storr ist meine Privatsekretärin und nimmt als solche eine Vertrauensstellung ein. Bitte, beachten Sie das, meine Herren.«

 

Er schaute sich ein wenig ängstlich um, als erwarte er, daß ihn jemand wegen dieser kühnen Äußerung angreifen wolle. Aber mit Ausnahme von Barbara und Mr. Lark zuckten die Anwesenden nur leicht die Schultern. Der Chef der Einkaufsabteilung hätte seine Meinung wahrscheinlich auch auf diese Weise kundgetan, wenn er rechtzeitig bemerkt hätte, daß es die anderen taten. Aber als er endlich damit anfing, lächelten diese schon wieder verbindlich. Es war wirklich schwer, mit solchen Leuten Schritt zu halten.

 

»Darf ich einmal etwas sagen«, begann Direktor Hercules Minkey. »Sie gestatten ja hoffentlich, daß ich hier ein offenes Wort rede. Ihr Geschäft ist eben absoluter Humbug.«

 

»Bitte, wie schreiben Sie dieses Wort?« erkundigte sich Barbara höflich.

 

Der Quecksilbermann warf ihr einen vernichtenden Blick zu.

 

»Also, Ihr Geschäft ist einfach wertlos, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. Um diesen Betrieb rentabel zu gestalten –«

 

»Rentabel zu gestalten«, wiederholte Barbara.

 

»Müßten Sie mindestens hunderttausend Pfund hineinstecken. Nehmen Sie doch zum Beispiel nur einmal unsere eigene Firma …«

 

Und nun folgte ein langer Vortrag darüber, wie man ein Geschäft führen sollte.

 

Barbara schloß die Augen, denn die monotone Stimme dieses Mannes wirkte einschläfernd auf sie und hatte ungefähr die gleiche Wirkung wie Veronal. Sie hörte nur dann und wann eine der Phrasen und kam erst wieder zu vollem Bewußtsein zurück, als Mr. Maber sie anrief.

 

Mr. Atterman war gerade dabei, sich von ihm zu verabschieden.

 

»Nun, die Sache ist noch nicht gerade so weit gediehen, daß wir schon zum Notar gehen könnten«, meinte er. »Aber immerhin haben wir doch entschieden Fortschritte gemacht. Mir soll es schließlich bei der Kaufsumme auf zwanzigtausend Pfund mehr oder weniger nicht ankommen.«

 

Beim Verlassen des Sitzungszimmers warf er Mr. Colesberg einen vielsagenden Blick zu, und Julius folgte ihm in den Gang hinaus.

 

»Sie können Ihrem Seniorpartner sagen«, erklärte Mr. Atterman ärgerlich, »daß ich mir unter keinen Umständen von einem so frechen Geschöpf wie dieser kessen Stenotypistin ins Geschäft pfuschen lasse!«

 

»Ich bin auch noch ganz außer mir«, erwiderte Julius niedergeschlagen. »Aber das werde ich schon in Ordnung bringen, verlassen Sie sich darauf.«

 

»Ich bin bereit, den Kaufpreis für das Geschäftshaus auf hundertzwanzigtausend Pfund zu erhöhen und die Bestände zum Tagespreis zu übernehmen. Die Firma selbst ist keinen Cent wert. Für Montag lasse ich den Vertrag fertigstellen. Setzen Sie die Konferenz fest und bringen Sie Ihren Rechtsanwalt mit.«

 

Er bot Julius eine Zigarre an. Mr. Colesberg rauchte zwar niemals, aber er machte trotzdem ein vergnügtes Gesicht und bedankte sich.

 

»Ah, eine Henry Clay«, sagte er strahlend. »Meine Lieblingsmarke!«

 

Gleich nach der Sitzung ging Mr. Maber zu Tisch. Er hatte ein schlechtes Gewissen und konnte Barbara kaum ansehen. Sie war sehr traurig, daß der Verkauf nun doch Zustandekommen sollte.

 

Später erschien Mr. Maber mit dem umfangreichen Katalog einer bekannten Gartenbaufirma und unterhielt sich mit Barbara über den neuen Rosengarten, den er bei seiner Villa anlegen wollte.

 

Sie seufzte.

 

»Barbara, ich brauche wirklich Ruhe und Frieden«, erklärte er. »Warum soll ich mich denn mit diesem Geschäft abplagen? Ich habe ja schon ein großes Vermögen, und ich möchte deshalb auch die Hälfte des Kaufpreises unter die Angestellten der Firma verteilen. Soll ich mich vielleicht als Sklave in einem Beruf abarbeiten, der mir gar nicht liegt? Was verstehe ich denn von Damenkleidern? Was interessieren mich Wollstoffe oder all die anderen Dinge, die wir verkaufen? Warum soll ich mich über Preisschwankungen auf dem Seidenmarkt aufregen? Dauernd kommen neue Gewebe auf den Markt, die den Damen viel Freude machen, aber ich kann die Namen kaum behalten, und mich langweilt dieser ganze Kram entsetzlich. Nein, das ist nichts für mich. Du mußt doch wirklich einsehen, daß das keine Beschäftigung für einen Mann ist, der in Cambridge studiert hat. Wenn ich meinen eigenen Wünschen hätte folgen können, wäre ich ein Jurist geworden. Klingle doch übrigens noch einmal das Trocadero an, Barbara, und sage, daß ich nur hellblaue Blumen als Tafeldekoration wünsche. Willst du dir das Bootsrennen nicht auch ansehen? Die beste Gelegenheit dazu hast du an Bord meiner Jacht Leander. Dann könntest du auch gleich meinen Freund Markus kennenlernen. Achtundneunzig-neunundneunzig waren wir zusammen auf der Universität. Ja, das ist nun schon eine ganze Weile her!«

 

»Kann Sie denn nichts dazu bewegen, das Geschäft zu behalten?« fragte sie verzweifelt.

 

Mr. Maber machte ein skeptisches Gesicht.

 

»Wir arbeiten dauernd mit steigenden Verlusten. Gewiß, Julius Colesberg ist ein tüchtiger junger Mann, energisch und tatkräftig, aber er allein kann schließlich auch nichts tun. Es muß einmal frisches Blut herein — das ist die Sache.«

 

Er seufzte schwer.

 

»Julius Colesberg!« rief sie verächtlich.

 

Mr. Maber sah sie unruhig an. Er konnte seinen Partner auch nicht leiden, aber er hatte ihn unter sehr günstigen Bedingungen ins Geschäft aufgenommen. Im stillen hatte er gehofft, daß dieser junge Mann die Stoßkraft und den Unternehmungsgeist besäße, die ihm als älterem Manne fehlten. Außerdem wirkte Julius bis zu einem gewissen Grade dekorativ. Seine Maniküre zum Beispiel erklärte ihm, daß er die schönsten Hände hätte, die ihr jemals vor Augen gekommen wären. Ihre anderen Kunden, denen sie dasselbe sagte, waren angenehm berührt, aber Julius war seitdem noch mehr von sich selbst begeistert als früher und kam sich noch viel wichtiger vor.

 

»Glaube mir doch, Barbara. Es ist besser, daß ich mich vom Geschäft zurückziehe. Ich hasse dieses ewige Hetzen und Jagen und diesen dauernden Kampf ums Geld!«

 

Er ging früh nach Hause, und Barbara blieb äußerst deprimiert zurück. Um sich abzulenken, machte sie einen Rundgang durch die einzelnen Abteilungen. Die Nachricht von dem bevorstehenden Verkauf hatte sich schon wie ein Lauffeuer von den Spitzen zu der Seide, von den Bändern zu den Strümpfen verbreitet. Junge Verkäuferinnen, die in ihren schwarzen Kleidern schön wie Göttinnen aussahen, beobachteten Barbara, die in düsterer Stimmung durch die Geschäftsräume schritt. Dann öffneten sie ihre kleinen Handtaschen und zogen die Augenbrauen nach. Die Abteilungschefs und die Aufsichtsherren in ihren tadellosen, dunklen Anzügen begegneten ihr mit gemessener Höflichkeit. Alle wußten ja von dem geheimen Kampf, der von Colesberg-Lark gegen Barbara Storr geführt wurde. Diese junge Dame war für sie eine interessante Persönlichkeit, weil sie einen entscheidenden Einfluß auf den Chef hatte. Aber da sie nicht ahnten, wie die Sache ausgehen, und ob es überhaupt zu einem Verkauf kommen würde, verhielten sie sich möglichst neutral, um es mit keiner Seite zu verderben.

 

Mr. Lark gab währenddessen in seinem Büro Miß Leverby eine eindrucksvolle Schilderung der Rolle, die er bei der wichtigen Konferenz gespielt hatte.

 

»So etwas ist mir doch noch nie vorgekommen! Wie die sich wieder aufgeführt hat! Was ist sie denn schon Besonderes? Doch nur eine gewöhnliche Stenotypistin, die mechanisch nachzuschreiben hat, was ihr diktiert wird!«

 

»Und sie hat tatsächlich gewagt, einfach mitzureden?« fragte Miß Leverby vor Entsetzen ganz leise.

 

Mr. Lark schloß die Augen und nickte.

 

»Aber ich habe sie schon zurechtgewiesen. Ich drehte mich nach ihr um und sah sie so scharf an, daß sie eigentlich in Grund und Boden hätte versinken müssen. ›Kümmern Sie sich gefälligst um Ihre eigenen Angelegenheiten, Storr!‹ sagte ich dann ruhig und höflich. Vielleicht habe ich auch ›Miß Storr‹ gesagt, das weiß ich nicht mehr genau. Na, auf jeden Fall werden wir diese Person ja nicht mehr lange hier in der Firma sehen.«

 

Er lehnte sich befriedigt in seinen Sessel zurück und rieb sich die Hände.

 

»Wann geht sie denn, Mr. Lark?« erkundigte sich die Stenotypistin eifrig, denn sie hoffte, an Barbaras Stelle aufzurücken.

 

»Am Dienstag. Montag wird die Firma verkauft.«

 

Mr. Lark hatte sich unter der Hand schon mit Julius verständigt, daß er Chef der Kassenverwaltung bleiben und ein höheres Gehalt bekommen sollte.

 

»Wenn sie dann am Dienstag noch den Mut besitzt, wieder ins Geschäft zu kommen, werde ich sie unten an der Haustüre erwarten. ›Entschuldigen Sie, Miß Storr‹, sage ich sehr höflich, ›wohin wollen Sie denn gehen?‹ Und wenn sie antwortet ›In mein Büro‹, dann soll sie aber etwas zu hören bekommen. ›O nein‹, werde ich sagen, ›das gibt es nicht mehr, und wenn Sie nicht sofort verschwinden, schicke ich zur Polizei!‹«

 

»Glänzend!« erwiderte Miß Leverby, denn der Feldzugsplan ihres Chefs hatte großen Eindruck auf sie gemacht.

 

*

 

Schon an gewöhnlichen Sonnabenden kam Mr. Maber nur sehr selten ins Büro, und an dem Tag aller Tage, an dem das klassische Rennen zwischen Oxford und Cambridge ausgetragen wurde, war natürlich an ein Erscheinen im Geschäft überhaupt nicht zu denken. Er saß vielmehr neben seinem Freund Markus am Steuer eines eleganten Motorbootes. Beide trugen die charakteristische Rudertracht. Während der fünfzehn fieberhaft aufregenden Minuten des Rennens gab er das Steuer ab, stand aufrecht mit hochrotem Gesicht im Boot und feuerte die Cambridge-Mannschaft durch Zurufe an. Fünfzig- bis sechzigtausend Menschen, die dichtgedrängt an den Flußufern standen, gaben den Ruderern mehr oder weniger ähnliche Ratschläge, schrien und brüllten. Viele Boote begleiteten die beiden Achter, und beim Finish erzitterte die Luft von den donnernden Zurufen der Menge.

 

Cambridge gewann das Rennen mit einer halben Bootslänge.

 

Am Abend dieses denkwürdigen Tages lehnte sich Mr. Maber über den festlich geschmückten Tisch. »Markus, besinnst du dich noch darauf, wie wir damals zusammen aus dem Empire hinausbefördert wurden?«

 

»Glaubst du, das könnte ich jemals vergessen?« entgegnete Markus mit leuchtenden Augen und tat seinem Freunde kräftig Bescheid.

 

»Erinnerst du dich auch noch an den Geschäftsführer, der mich die Treppe vom ersten Stock hinunterwarf?«

 

»Meinst du den Mann, mit dem du damals durchaus boxen wolltest? Ich habe nur noch eine ganz unklare Vorstellung von der Sache, aber ich glaube, er hat dich vom zweiten Stock heruntergeworfen.«

 

»Nein, vom ersten«, erklärte Mr. Maber entschieden. »Ich kann mich noch genau darauf besinnen, daß eine Matte vor der untersten Stufe lag.«

 

Mr. Maber lehnte sich in seinen Stuhl zurück, hielt das Sektglas in die Höhe und trank es dann langsam und bedächtig aus.

 

»Ob der Mann wohl noch lebt?« meinte er dann nachdenklich. »Damals war er verhältnismäßig jung. Ich weiß noch, daß er eine Narbe auf der rechten Oberlippe hatte.«

 

»Gehen wir doch einmal hin und sehen nach, ob er noch da ist!« schlug Markus vor und erhob sich etwas mühsam vom Tisch.

 

Das Essen war vorüber, und die Leute waren schon fast alle gegangen.

 

»Ja, du hast recht, wir müssen unbedingt wieder ins Empire.« Mr. Maber stand ebenfalls auf. »Ich möchte den Mann zu gern noch einmal sprechen — den mit der Narbe auf der Oberlippe. Ich werde ihm sagen, daß das damals — recht unverschämt von ihm war, uns so — hinauszuwerfen. Es ist doch merkwürdig«, sagte er kopfschüttelnd, »daß ich all die langen Jahre nicht einmal daran gedacht habe, ihn aufzusuchen und ihm beizubringen, was ich von ihm halte.«

 

»Hör mal, was ist denn eigentlich aus der Dame geworden?« erkundigte sich Markus plötzlich. Als er aber sah, wie sehr er seinen Freund durch diese Frage in Verlegenheit brachte, entschuldigte er sich sofort. »Nichts für ungut. Na, dann los, auf ins Empire!«

 

*

 

Man hatte die Konferenz auf Montag zwölf Uhr mittags angesetzt. Barbara erfuhr jedoch erst davon, als sie ins Büro kam und auf Mr. Mabers Schreibtisch einen Zettel mit einer entsprechenden Notiz fand, das erste Zeichen, daß in Zukunft andere Leute hier bestimmen würden.

 

Um zehn Uhr war Mr. Maber noch nicht im Geschäft, und es wurde auch elf, ohne daß er sich zeigte. Das war aber keineswegs etwas Ungewöhnliches.

 

Um elf Uhr fünfzehn stürzte ein Page aufgeregt in Barbaras Büro und meldete, daß ein Polizist sie zu sprechen wünsche.

 

»Was — ein Polizist? Bring ihn herein!«

 

Der Beamte, ein großer Mann mit ernstem Gesicht, trat ein. Vorsichtig machte er die Tür wieder zu.

 

»Sie sind Miß Storr?«

 

Sie nickte, aber sie fühlte sich sehr unbehaglich.

 

»Miß Barbara Storr?«

 

»Ja, das bin ich.«

 

»Bitte kommen Sie mit mir zur Polizeistation in der Marlborough Street«, sagte er leise. »Niemand außer mir und dem Inspektor weiß etwas davon.«

 

Sie sah ihn bestürzt an.

 

»Zur Polizeistation?«

 

»Zum Polizeigericht!« verbesserte er sich. »Sie müssen deshalb nichts Schlechtes von ihm denken. Er ist ein so netter Herr, und die Reporter haben auch versprochen, seinen Namen nicht in die Zeitungen zu bringen. Sie wissen allerdings gar nicht, wer er ist. Der Inspektor hat alles getan, was in seiner Macht stand. Aber wenn jemand einen Polizisten ins Ohr beißt, kann man das natürlich nicht so ohne weiteres hingehen lassen, auch nicht, wenn es der Abend nach dem Bootsrennen war. Na, ich denke, mit einem Monat Gefängnis wird er wohl davonkommen.«

 

»Einem Monat?« fragte sie atemlos. »Wer soll denn einen Monat Gefängnis bekommen?«

 

Er schaute sich vorsichtig um.

 

»Mr. Maber«, flüsterte er dann.

 

Barbara mußte sich an der Tischkante festhalten, um nicht umzusinken.

 

»Aber — aber –« sagte sie endlich mit stockender Stimme, »läßt sich das denn nicht — in eine Geldstrafe umwandeln?«

 

Er schüttelte den Kopf.

 

»Da täuschen Sie sich. Aber kommen Sie nur mit. Er möchte Sie sprechen, bevor er ins Pentonville-Gefängnis gebracht wird. Ich gehe am besten voraus, damit niemand etwas merkt, und nach einer Weile kommen Sie nach.«

 

Eine Viertelstunde später betrat Barbara verwirrt und in heller Aufregung das Büro des Polizeiinspektors, der sie freundlich und zuvorkommend empfing.

 

»Ein Rechtsanwalt ist gerade bei ihm in der Zelle, aber ich glaube, Sie können gleich hineingehen.«

 

Der Beamte führte sie durch die weite Halle. Viele Leute warteten hier, deren Bekannte sich vor dem Polizeigericht zu verantworten hatten. Als die beiden dann auf den Gang hinaustraten, bat er sie, zu warten und ging allein weiter. Nach einigen Minuten kam er aber wieder zurück und winkte ihr.

 

An der einen Seite des Korridors lagen die kleinen Türen der Zellen, und bald darauf stand Barbara Mr. Maber gegenüber.

 

Er trug einen ziemlich beschmutzten Abendanzug ohne Kragen und Krawatte. Außerdem war er unrasiert. Sie starrte entgeistert auf den großen, blauen Fleck an seinem rechten Auge und auf seine dick geschwollene Oberlippe.

 

»Barbara, ich möchte dich bitten, mir einen Gefallen zu tun.« Seine Stimme klang heiser. »Zunächst stelle ich dir hier Rechtsanwalt Mr. Hammett vor.«

 

Dieser Mann war nicht Mr. Mabers Rechtsanwalt, soviel wußte sie. Wahrscheinlich war er aus der Nachbarschaft zu Hilfe gerufen worden.

 

»Es ist eine schauderhafte Geschichte! Und alles nur, weil der Kerl nicht herauskommen und mit mir boxen wollte! Es stimmt nicht, daß ich ihn gebissen habe … das muß ein Hund gewesen sein … ich habe einen gesehen, nein, sogar mehrere.«

 

Er sprach hastig und ein wenig zusammenhanglos.

 

Barbara verstand seine Aufregung nur allzugut und bedauerte ihn aufrichtig.

 

»Ich werde einen Monat fort sein. Glücklicherweise waren bei der Verhandlung keine Zeitungsmenschen zugegen. Außerdem habe ich auch nicht meine richtige Adresse angegeben. Den Leuten im Büro sagst du einfach, daß ich plötzlich ins Ausland reisen mußte — geben Sie doch einmal das Schriftstück her«, wandte er sich an den Rechtsanwalt.

 

Mr. Hammett reichte ihm einen Aktenbogen mit zwei roten Siegeln.

 

Gleich darauf öffnete sich die Tür, und der Notar, ein Mann mit dunklem Haar und Schnurrbart, trat herein. Nach der Verhandlung unterzeichnete Mr. Maber die Urkunde.

 

»Barbara, du mußt dich jetzt um das Geschäft kümmern«, erklärte er dann. »Du bist die einzige, auf die ich mich verlassen kann. Was den Verkauf betrifft … hole bestmögliche Bedingungen heraus…«

 

»Was ist denn das?« fragte sie betroffen.

 

»Eine Generalvollmacht«, sagte Mr. Maber dringlich. »Während meiner Abwesenheit muß sich doch jemand des Geschäftes annehmen, Dispositionen treffen, Schecks unterzeichnen, und was sonst notwendig ist. Und um keinen Preis der Welt darf ein Mensch etwas von meinem Mißgeschick erfahren!«

 

Er dachte an die Klatschbasen in Ilchester und stöhnte verzweifelt.

 

Barbara nahm fast mechanisch die Vollmacht aus seiner Hand. Träumte sie?

 

»Was hat denn das alles zu bedeuten?«

 

»Das heißt, daß du jetzt meine Stellvertreterin bist und für mich handeln sollst. Ich weiß, daß ich dir in jeder Beziehung trauen kann.«

 

»Ich soll — Schecks unterzeichnen?«

 

»Ja, und auch alle anderen Schriftstücke«, erwiderte Mr. Maber nun etwas ungeduldig. »Keinem anderen Menschen würde ich eine derartige Vollmacht geben. Aber es ist unbedingt notwendig, Barbara, daß du die Geschäftsleitung übernimmst. Sage den anderen, daß ich nach Cannes oder nach Monte Carlo gefahren bin.«

 

»Ich werde erzählen, daß Sie nach Köln reisen mußten«, meinte Barbara freundlich. »Es ist sicher richtiger, wir nehmen eine Stadt mit einem Dom. Die paßt besser zu Ihnen.«