Das Söldnerheer

 

In Sanders‘ Arbeitszimmer stand ein großer brauner Schreibtisch, dessen Ecken von dem beständigen Reiben schon gelb geworden waren. Es herrschte peinliche Ordnung auf diesem Schreibtisch. Rechts und links stand je eine Reihe Bücher, die von Messingstangen gehalten wurden. Drei Körbe für Telegramme und Briefe waren übereinander aufgebaut, ein großer Bogen weißen Löschpapiers prangte in der Mitte vor dem Sessel, und ein silbernes Schreibzeug mit vier Federhaltern vervollständigte das Inventar. In letzter Zeit war allerdings noch eine Glasvase dazugekommen, die jeden Tag mit frischen Blumen gefüllt wurde.

 

Nur bei gewissen feierlichen Gelegenheiten durfte dieses Heiligtum von andern betreten werden. Die Ankunft Patricia Hamiltons brachte allerdings eine Änderung, denn diese junge Dame erhielt die Erlaubnis, den Raum zu benützen, wann sie wollte. Und sie war es auch, die den Blumenschmuck eingeführt hatte.

 

Aber in Captain Hamilton, ihrem Bruder, und Bones, ihrem Diener und Sklaven, lebte die alte Tradition weiter, und sie wagten niemals, in das Arbeitszimmer einzudringen, selbst wenn sie Patricia suchten. Und wenn sie zufällig an die Tür kamen und mit ihr sprachen, taten sie es ehrerbietig mit leiser Stimme.

 

An einem Sommermorgen saß Hamilton düster und ernst an dem Schreibtisch, und Bones saß in einiger Entfernung vor ihm auf der Kante eines Stuhls. Er war sehr verwirrt und schwitzte vor Aufregung.

 

Es war ein sehr feierlicher Anlaß, denn Bones sollte seine Prüfung in den Gegenständen X und Y ablegen, um seine Qualifikation als Captain zu erlangen. Heute stand Kartenlesen und Skizzieren auf dem Programm, und Captain Hamilton begnügte sich damit, ihn mündlich zu prüfen.

 

»Leutnant Tibbetts«, sagte er mit der nötigen Würde, »bitte, erklären Sie mir, was eine Standlinie bedeutet.«

 

Bones strich sich die Haare aus der Stirn und verzog das Gesicht, zum Zeichen, daß er tief nachdachte.

 

»Eine Standlinie, mein lieber, guter alter Offizier?« wiederholte er. »Ja, eine Standlinie, mein lieber, guter alter Harn …«

 

»Sparen Sie sich Ausreden. Sie bekommen dafür doch keine besondere Zensur.«

 

»Eine Standlinie?« sagte Bones zum drittenmal. »Ja, jetzt habe ich es! Gott sei Dank! Ich fürchtete schon, daß ich die Sache verpfuschen würde. Also eine Standlinie«, fuhr er laut fort, »ist der Unterschied zwischen zwei benachbarten Höhenkurven! Was sagen Sie nun, mein hoher Examinator?«

 

»Falsch! Was Sie da beschreiben, ist doch der Höhenunterschied.«

 

Bones starrte ihn entsetzt an. »Sind Sie Ihrer Sache auch ganz gewiß, mein alter Kamerad?« fragte er vorwurfsvoll. »Sehen Sie erst einmal in Ihrem Buch nach, lieber Freund. Vielleicht haben Ihre guten alten Augen Sie im Stich gelassen.«

 

»Leutnant Tibbetts«, erwiderte Hamilton abweisend, »Sie benehmen sich sehr schlecht.«

 

»Also nun sehen Sie einmal her, mein lieber alter Harn«, rief Bones aufgeregt, »können Sie denn nicht wenigstens annehmen, daß Sie gefragt haben, was der Höhenunterschied ist?«

 

Hamilton sah sich nach einem Gegenstand um, den er Bones an den Kopf werfen könnte, aber dann besann er sich darauf, daß sie beide in Sanders‘ heiligem Arbeitszimmer waren.

 

»Bones, Sie sind ein Verbrecher!« stöhnte er hilflos. »Wir wollen die Prüfung jetzt fortsetzen. Was sind ›Hachures‹?«

 

»Hachures?« Bones schloß die Augen. »Hachures? Oh, jetzt weiß ich, was das ist. Viele Leute würden glauben, daß es eine Hühnerart sei, aber ich weiß es … es ist eine Art von Linien … wenn Sie so einen netten alten Berg oder Hügel zeichnen wollen … dann machen Sie solche Wickel-Wackel-Linien – Sie wissen doch, was ich meine … eine Art von …« Bones gestikulierte wild. »Schatten … Wasser … mein lieber, alter Freund.«

 

»Werden Sie ohnmächtig?« fragte Hamilton bestürzt und sprang auf.

 

»Nein, Schattierungen … die Richtung vom Wasser – ich habe bestimmt recht.«

 

»Ich bin zwar kein Gedankenleser und kann auch nicht recht verstehen, was Sie sich da in Ihrem verdrehten Verstandskasten vorstellen«, sagte Hamilton, »aber Hachures bedeutet Bergschraffur, das ist die gewöhnliche Art, eine Hügelkette oder ein Gebirge darzustellen, indem man mit vertikalen Linien schraffiert und damit anzeigt, nach welcher Richtung die Berge abfallen und das Wasser abfließt. Ich vermute, daß Sie eine ungefähre Idee davon haben, was Sie eigentlich hätten antworten sollen.«

 

»Ich danke Ihnen für diese großzügige Anerkennung meiner Kenntnisse in den militärischen Wissenschaften. Nun lassen Sie die nächste Folter auf mich los. Was wird es sein, Streckleiter oder Daumenschrauben?«

 

»Lassen Sie doch endlich Ihre Selbstgespräche«, brummte Hamilton. »Sagen Sie mir lieber, was man unter ›eine Karte orientieren‹ versteht.«

 

»Man dreht sie nach Osten«, erwiderte Bones prompt. »Nächste Frage, mein Herr.«

 

»Was bedeutet es, eine Karte zu orientieren?« fragte Hamilton geduldig.

 

»Die Antwort habe ich Ihnen doch schon gegeben!« erklärte Bones herausfordernd.

 

»Eine Karte orientieren heißt – wie ich Ihnen nun schon tausendmal gesagt habe – eine Karte so zu legen, daß die Nordlinie genau nach Norden zeigt.«

 

»In diesem Fall«, bemerkte Bones, der sich nicht verblüffen ließ, »würde doch die Ostlinie genau nach Osten zeigen, und ich behaupte; daß ich diese Frage zu Ihrer vollsten Zufriedenheit beantwortet habe!«

 

»Behaupten Sie nur ruhig weiter, wenn es Ihnen Spaß macht. Ich werde Ihnen eine Vier für diese Frage geben.«

 

»Machen Sie eine Eins«, bat Bones. »Seien Sie doch nett, mein lieber alter Ham, ich habe auch einen schönen neuen Fischteich gefunden.«

 

Hamilton zögerte. »Es sind zwar niemals Fische in den Teichen, die Sie finden«, sagte er zweifelnd, »aber immerhin werde ich mit meiner Entscheidung warten, bis ich zweimal meine Angel in Ihren Fischteich geworfen habe.«

 

Gleich darauf wurde zu Tisch gerufen.

 

»Nun, wie ist es mit der Prüfung gegangen, Bones?« fragte Patricia.

 

»Fein!« entgegnete Bones begeistert. »Ich habe alle Fragen, die mir Ihr lieber alter Bruder gestellt hat, spielend gelöst!«

 

»Ich muß gestehen«, verbesserte Hamilton, »daß mir Ihre Ansichten über gewisse Dinge so neu waren, daß ich Zweifel hege, ob die Militärakademie Ihre Auffassung teilt.«

 

»Aber das ist doch dasselbe«, sagte Bones.

 

»Ich glaube, Sie müßten ihn mal in der Geschichte der Kriegskunst prüfen«, meinte Sanders in seiner nüchternen Art. »Ich habe soeben von Bosambo gehört …«

 

Bones hustete und wurde rot. »Teure Exzellenz«, gestand er, »ich habe mich mit Bosambo eingeübt und vorbereitet. Sie wissen es vielleicht nicht, aber ich höre mich selbst gerne sprechen.«

 

»Aber Bones, Sie tun sich ja selbst unrecht«, sagte Hamilton belustigt.

 

»Ich meine das ganz anders, Sir!« erklärte Bones würdevoll. »Wenn ich jemand einen Vortrag über einen Gegenstand halte, dann kann ich selbst alles viel besser behalten.«

 

»Dabei ist aber Voraussetzung, daß Sie auch verstanden haben, was Sie sagen. Immerhin« – Sanders lächelte – »ist Bosambo nach dem Vortrag von Bones von dem sehnlichsten Wunsch erfüllt, Napoleon nachzueifern, und hat mich mit allen möglichen Fragen gequält, was man tun muß, um eine Garde aufzustellen oder ein Söldnerheer unter die Fahne zu rufen.«

 

»Ich schmeichle mir …«, begann Bones.

 

»Warum auch nicht?« fragte Hamilton und erhob sich. »Das ist die einzige Möglichkeit für Sie, etwas Angenehmes über sich zu hören.«

 

»Ich glaube Ihnen, Bones«, sagte Patricia lächelnd. »Ich glaube, Sie haben Ihre Sache ganz gut gemacht, mein Bruder ist ein böser Mensch.«

 

»Ich werde Ihnen niemals widersprechen, meine teure Miß Patricia. Und wenn erst der nette, gute alte Distriktsgouverneur weggefahren ist …«

 

»Sie werden doch nicht fortgehen?« fragte sie und wandte sich an Sanders. »Sie sind doch eben erst aus dem Innern zurückgekehrt.«

 

Sanders sah die Bestürzung in ihren Blicken, und es überkam ihn ein wundervolles Gefühl, das er bisher noch nicht gekannt hatte.

 

»Ja, ich muß ins Innere. Im Morjaba-Land werde ich das merkwürdigste Palaver abhalten, das mir jemals untergekommen ist.«

 

Und er hatte recht.

 

An den Grenzen des Akasava-Landes, abgeschlossen von allen andern Gebieten, lag das Reich der Morjaba hinter einer Kette von Wäldern, die sich an dieser Seite in einer Länge von siebzig Meilen hinzogen. Dieses Volk lebte ganz für sich und abgeschnitten von den übrigen Stämmen. Sanders kam nur einmal im Jahr zu ihnen, denn sie waren schwer zu erreichen. Es war aber nicht notwendig, daß er sich weiter um sie kümmerte, denn sie zahlten regelmäßig ihre Abgaben, gehorchten den Gesetzen und hatten mit keinem der Stämme Schwierigkeiten oder Fehden. Die Wälder, die die Grenze ihres Gebietes bildeten, waren nur an einer Stelle passierbar, ansonsten undurchdringlich, und es ging die Sage, daß dort böse Geister hausten. Im Norden waren sie durch einen hohen Gebirgszug und im Westen durch weite Sumpfgebiete geschützt.

 

Die leidenschaftlichen Ausbrüche des Neides und Hasses, die sich in Kriegen äußerten und Tausende von Speerleuten am Großen Strom zu blutigen Kämpfen gegeneinander aufstachelten, fanden kaum Widerhall in diesem geschützten Lande. Die plündernden Heerhaufen des Großen Königs, der nördlich von ihrem Gebiete regierte, kamen niemals über die Grenzgebirge. Und das feindliche Volk, das im Lande jenseits der großen Sümpfe wohnte, hielt sich scheu zurück, denn cala-cala, das heißt vor langer Zeit, sollte einmal eine ganze Armee in den Sümpfen umgekommen sein.

 

So blieben die Morjaba unbehelligt und wurden mächtig und reich. Die Natur hatte ihr Land reich gesegnet, und das Wort »Hunger« gab es in ihrer Sprache überhaupt nicht. 3

 

Aber trotzdem stellten sich auch bei ihnen Krisen ein.

 

S’kobi, der wohlbeleibte Häuptling dieses Gebietes, hielt großartig Hof, und in seiner Hauptstadt, die zehntausend Einwohner zählte, sollte nun der Streit zwischen den zwei Kasten seines Stammes, den M’gimis und den M’joros, entschieden werden, der sich schon über fünfzig Jahre hinzog.

 

Die M’gimis waren Krieger nach alter Tradition. Sie trugen Waffen, und wie schon ihr Name andeutet (»Die Stolzblickenden«), waren sie hochmütig und exklusiv. Denn jeder, der ihnen angehörte, mußte der Sohn eines Häuptlings sein, und es war für einen Fisch leichter, auf dem Lande zu gehen, als für einen Mann der M’joros (der »Grabenden«), in den Verband der M’gimis aufgenommen zu werden.

 

Drei horizontale Stichnarben auf jeder Backe waren das Kennzeichen der M’gimis. Sie stammten von den Wunden her, die man den Kriegern mit den rasiermesserscharfen Klingen der Schlachtspeere bei der Aufnahme beigebracht hatte. Sie lebten getrennt von dem andern Volk, den M’joros, in drei Lagern. Ihre Zahl betrug sechstausend, und sie mußten ein Gelübde ablegen, fünf Jahre lang, von der Stunde ihrer Aufnahme an gerechnet, nicht zu heiraten oder sich eine Frau zu nehmen. Die M’gimis wandten den Frauen den Rücken zu und duldeten nicht, daß ein weibliches Wesen in ihr Lager kam. Geschah es aber doch einmal, daß ein M’gimi gegen diese strenge Regel verstieß, dann wurde er zu einem bestimmten Baum geführt und dort gerädert. Arme und Beine wurden ihm gebrochen, und er wurde dann an den untersten Ästen in die Höhe gewunden. Die Leute der Kriegerschar, der er angehörte, saßen unter dem Baum und aßen, tranken und schliefen nicht, bis er gestorben war, was manchmal tagelang dauerte. Auch die Frau, mit der er sich vergangen hatte, mußte dabei zugegen sein.

 

So hielten die M’gimis auf alte Überlieferungen und strenge Zucht. Sie waren berühmt als guttrainierte Krieger und konnten weit gehen und vorzüglich springen. Sie trugen schwere Speere und fochten Kämpfe mit großen Steinen aus. Sie übten sich dauernd und stählten ihre Körper, aber niemals taten sie andere Arbeit.

 

Und das war der Grund zu den Klagen der andern Angehörigen des Stammes, die nun schließlich von dem Häuptling entschieden werden sollte.

 

S’gono, der Sprecher der M’joros, war ein Häuptling aus dem Innern und eiferte sehr gegen die M’gimis. Aber er war nicht vorurteilsfrei, denn sein eigener Sohn war von den Führern der M’gimis als unwürdig zurückgewiesen worden.

 

»Sollen wir andern Männer graben und säen für solche Leute?« fragte er. »O König, gib jetzt ein gerechtes Urteil. Bedenke, daß wir jeden Monat das Beste, was unsere Felder an Früchten hervorbringen, und die größten und besten Fische, viele Ziegen und viel Salz herbeitragen müssen, damit diese Nichtstuer es aufessen.«

 

»Wenn ich nun aber die Krieger fortschicke«, erwiderte S’kobi, »wer soll dann dieses Land gegen die Akasava und die bösen Leute verteidigen, die jenseits der Sümpfe wohnen? Denke auch daran, daß die Ochori nur vier Tagemärsche von uns entfernt wohnen und daß es leicht für sie ist, zu uns zu kommen. Die Wege sind gut.«

 

»Mein Herr und König«, sagte S’gono, »es leben aber noch viele M’gimis unter uns, die aus der Kaste ausgeschieden sind und nun Frauen und Kinder haben. Die können doch wieder die Speere schwingen – und sind denn die M’joros nicht auch Männer? Bei meinem Leben, ich will Krieger sammeln und ihnen Führer geben – das kann ich in einer Zeit von vier Wochen, und niemand darf sagen, daß du nicht geschützt wirst, denn auch wir sind tapfere und kühne Männer.«

 

Der König sah wohl, daß die Kriegerkaste in der Minderzahl war. Außerdem hegte er selbst wenig Sympathie für sie, denn er stammte aus niederen Verhältnissen, und zwei seiner Söhne hatten vergeblich versucht, in die Kriegerkaste aufgenommen zu werden.

 

»S’gonos Vorschlag soll ausgeführt werden«, entschied der König, und die Beifallrufe, die den kleinen Hügel umtosten, belohnten ihn für diesen Urteilsspruch.

 

Sanders, der sofort Nachricht von diesen Vorgängen erhielt, kam in größter Eile herbei, indem er durch das Gebiet der unteren Akasava marschierte. Er benutzte diesen kürzeren Weg selbst auf die Gefahr hin, daß sich ein paar befreundete Häuptlinge dadurch verletzt fühlten, die einen Anspruch darauf erhoben, bei seinen Reisen persönlich und feierlich von ihm begrüßt zu werden. Aber die Zeit drängte, sonst wäre er nicht auf dem Nobolama gefahren, ein nur zeitweise fließendes kleines Gewässer.

 

Er hatte Glück, daß der Fluß Hochwasser hatte, so daß er mit der »Wiggle« in die Nähe des Landes der Morjaba kommen konnte. Zwei Tagesmärsche durch den Wald brachten ihn dann zu der großen Stadt. In dem ganzen Gebiet, das er verwaltete, gab es nicht ihresgleichen, denn sie dehnte sich mehrere Kilometer weit aus und war eine der volkreichsten Städte im Umkreis von fünfhundert Meilen.

 

S’kobi kam eilig die große Straße entlanggewackelt, um Distriktsgouverneur Sanders mit Salz und Reis zu begrüßen, den er eilig im Vorbeilaufen aus den Gärten gepflückt hatte. Das Salz hatte er bei der ersten Nachricht von Sanders‘ Ankunft in aller Eile von zu Hause in seinen dicken Händen mitgenommen. Keuchend erschien er vor Sanders und reichte ihm die gebräuchlichen Gaben als Zeichen seiner Unterwürfigkeit.

 

»O Herr«, sagte er ganz außer Atem. »Ich habe erst jetzt Botschaft von der großen Ehre erhalten, daß du unser Land besuchst, sonst würden meine jungen Leute dir entgegengegangen sein, und die Töchter meines Volkes hätten im Tanzschritt den Weg glattgetreten, damit du angenehmer und leichter gehen konntest.«

 

Sanders nahm die Gaben mit beiden Händen und überreichte sie feierlich der hinter ihm wartenden Ordonnanz.

 

»O S’kobi, ich kam schnell zu deinem Land, um geheimes Palaver mit dir abzuhalten, und ich habe nicht viel Zeit.«

 

»O Herr, ich bin dein Mann«, erwiderte S’kobi und winkte seinen Räten und Ältesten, sich zu entfernen.

 

Es fiel Sanders schwer, einen Anfang zu finden.

 

»S’kobi, du weißt, daß ich dich und dein Volk liebe wie meine Kinder, denn ihr seid gute Leute und der Regierung treu ergeben. Auch tut ihr niemandem etwas zuleide.«

 

»Wa!«

 

»Auch weißt du, daß ich Krieger und Speerleute nicht liebe, denn Speere bedeuten Krieg, und Krieger lieben den Kampf.«

 

»O Herr, du sprichst die Wahrheit!« sagte der Häuptling und nickte bejahend. »Deshalb werde ich in meinem Lande ein Gesetz erlassen, daß es keine Speere mehr geben soll außer jenen, die ich im Schatten meiner Hütte aufbewahre. Nun verstehe ich auch, warum du zu mir gekommen bist und dieses Palaver abgehalten hast. Denn du hast mit deinen schönen langen Ohren gehört, daß ich meine Krieger fortgeschickt habe.«

 

Sanders nickte. »So ist es, mein Freund.«

 

S’kobi strahlte. »Sechstausend Krieger hatte ich, o Herr, aber aus Speeren wächst kein Korn. Im Gegenteil, diese Leute sind furchtbare Esser. Ich habe sie jetzt zu ihren Dörfern zurückgeschickt, und im nächsten Monat hätten sie ihre schönen Kriegsmesser verbrennen sollen, aber dazu ist es nicht gekommen. Wir Morjaba haben keine Feinde, wir sind gegen alle unsere Nachbarn gut und gerecht. Außerdem leben, wie du wohl weißt, o Herr, viele Isisi, Akasava und N’gombi unter uns, auch Leute aus dem Lande des Großen Königs und aus dem Gebiet jenseits der Sümpfe. Wer sollte uns deshalb angreifen, da wir doch mit allen verschwägert und verwandt sind?«

 

Sanders sah den friedlichen König mit einem traurigen Lächeln an. »Habe nicht auch ich allen Gutes getan?« fragte er. »Habe ich nicht das Land so regiert, daß diejenigen, die gegen das Gesetz sprachen, schnelle Strafe ereilte? Und greifen nicht trotzdem die Akasava, die Isisi, die N’gombi und die Leute an den Ufern des Stromes zu den Waffen und kämpfen gegen mich? Nun will ich dir eine Weisheit sagen, die ich herausgefunden habe. Bei allen Tieren, den großen und den kleinen, gibt es Weibchen, die Junge haben, und Männchen, die kämpfen, damit niemand ihre Weibchen und Jungen schädigt.«

 

»O Herr, so ist das Leben.«

 

»Und so ist es auch bei den Menschen. Denn die Frauen gebären Kinder, und die Männer halten die Speere bereit, um alle zu bekämpfen, die ihre Frauen und Kinder bedrohen. Und solange Menschen auf Erden leben, S’kobi, werden die Frauen gebären, und die Männer werden sie beschützen. Das liegt in der Natur begründet. Und du sollst den Männern nicht den Wunsch nehmen zu töten, bevor du nicht aus den Herzen der Frauen die Sehnsucht nach Kindern entfernt hast.«

 

»O Herr«, erwiderte S’kobi verwirrt, »was soll ich auf dieses seltsame Rätsel antworten, das du mir eben gestellt hast.«

 

»Ich will es dir sagen. Ich möchte, daß Frieden in diesem Lande herrscht. Aber zwischen dem Leoparden, der Zähne und Krallen hat, und dem Hasen, der diese Waffen nicht besitzt, kann es keinen Frieden geben. Aber ich frage dich: Kämpft der Leopard gegen den Löwen oder der Löwe gegen den Leoparden? Sie leben in Frieden, denn jeder von ihnen ist schrecklich auf seine Weise, und einer fürchtet den andern. Und ich sage dir dies: Du lebst in Frieden und Freundschaft mit deinen Nachbarn, nicht weil du gut und freundlich zu ihnen bist, sondern weil du Krieger hast. Rufe deine Speerleute wieder zu deiner Stadt zurück, S’kobi.«

 

Der Häuptling runzelte die Stirn. »O Herr«, sagte er, »das kann nicht geschehen, denn diese Leute sind fortgegangen aus meinem Lande. Sie suchen ein Volk, das sie nährt, denn sie sind zu stolz, das Land umzugraben.«

 

»Verdammt!« sagte Sanders verzweifelt und kehrte wieder heim, denn er wußte im Augenblick auch keine Hilfe.

 

Die Irrfahrten der entlassenen Krieger von Morjaba könnten einen Band füllen. Sie zogen friedlich aus, aber sie fanden die Grenzen der Akasava und die Flußufer der Isisi versperrt. Sie wandten sich nach Norden, um Dienste bei dem Großen König zu nehmen, aber auch hier wurden sie trotz ihrer friedlichen Absichten mit Gewalt zurückgetrieben. Dann schlugen die M’gimis ein Lager auf, das einen Tag weit von der Grenze der Ochori entfernt war. Und es bestand die Gefahr, daß sie meuterten und das Land verheerten, als Bosambo, der Häuptling der Ochori, bei ihnen auftauchte, der durch seine Späher von allen ihren Schicksalen Kenntnis erhalten hatte.

 

Bosambo war der geborene Diplomat. Er verstand es, eine günstige Gelegenheit für sich auszunutzen, und hatte ein gewisses Gefühl für vorteilhafte und aussichtsreiche Möglichkeiten, ohne genau zu wissen, wie die Sache ausgehen würde. Das ist eine Begabung, die sonst nur Dichtern und hervorragenden Staatsmännern eigen ist.

 

Bones, der das Land der Ochori besuchte, fand eine neue Stadt, die in den Wäldern in der Nähe des Hauptortes entstanden war. Es entging ihm auch nicht, daß Bosambos Untertanen unzufrieden waren, denn man hatte von ihnen verlangt, für sechstausend Krieger, die zu stolz zur Arbeit waren, Nahrung herbeizuschaffen.

 

»O Herr«, sagte Bosambo, »ich habe mir schon oft eine Armee wie diese gewünscht, denn ich habe nur wenig Krieger unter den Ochori. Mit diesen vielen Speerleuten kann ich das Gebiet am oberen Strom für deinen König und für Sandi halten, und niemand wird es wagen, ein Wort gegen ihn zu sprechen. Das würde auch N’poloyani getan haben, dein großer Freund.«

 

»Aber wer soll denn diese vielen Menschen ernähren?«

 

»Alle Dinge geschehen nach Gottes Willen«, entgegnete Bosambo ruhig.

 

Bones berichtete über alle diese Dinge bei seiner Rückkehr.

 

»Hm«, sagte Sanders, als Bones zu Ende war, »wenn es nicht Bosambo wäre … dann würden Sie noch ein ganzes Bataillon Haussas brauchen, Hamilton.«

 

»Was hat Bosambo getan?« fragte Patricia, die zu den allgemeinen Beratungen zugelassen war.

 

»Er spielt jetzt Napoleon«, erwiderte Sanders und warf Bones, dieser jugendlichen Autorität auf dem Gebiet der Kriegsgeschichte, einen Blick zu.

 

Bones fühlte sich sehr unbehaglich und rutschte auf seinem Stuhl hin und her.

 

»Wir werden ja sehen, wie die Sache ausgeht. Wer soll denn die vielen Krieger unterhalten?« fragte Sanders.

 

»Das habe ich Bosambo auch gefragt, hochverehrte Exzellenz«, entgegnete Bones triumphierend. »Warum, du verdammter alter Esel …«

 

»Ich möchte mir es aber doch ausbitten …« rief Sanders aufgebracht.

 

»Das habe ich doch zu Bosambo gesagt«, erklärte Bones hastig. »Ich sagte also: ›Du verrückter alter Esel, wie willst du denn das Essen für die Kerle herbeibringen?‹ – ›O Herr‹, antwortete er mir darauf, ›darüber denke ich ja gerade nach.‹«

 

Wie Bosambo dieses Problem löste, konnte man nur vermuten.

 

»Man spricht von einem Aufstand der Akasava«, sagte Sanders eines Morgens beim Frühstück. »Ich wüßte keinen Grund dafür – nach allen Informationen, die ich erhalten habe, sind die Akasava jetzt ganz friedlich.«

 

»Woher kommt diese Neuigkeit?« fragte Hamilton.

 

»Vom König der Isisi. Der Kerl ist ein großer Angstmeier und hat Bosambo gebeten, ihm zu Hilfe zu kommen.«

 

Tatsächlich schickte Bosambo ihm auch Hilfe, und zwar seine ganze neue Armee, die vor der Isisi-Stadt lagerte und es sich dort einen Monat gut gehen ließ. Als diese Zeit verflossen war, kamen die Isisi zu ihrem König und machten ihm Vorstellungen. Sie sagten, sie würden lieber in den Krieg ziehen, als diesen Frieden noch länger ertragen, der ihnen nur erlaubte, die Hälfte von dem zu essen, was sie gewohnt waren, damit zehntausend andere stolze Krieger in Hülle und Fülle leben konnten.

 

Daraufhin marschierten die M’gimi-Krieger wieder zu der Ochori-Stadt zurück, aber jeder von ihnen trug für einen ganzen Monat Vorrat an Mais und Salz mit sich, den sie den widerstrebenden Isisi abgenommen hatten.

 

Drei Wochen später schickte Bosambo einen geheimen Boten an den König der Akasava.

 

»O Gubara, lasse niemand etwas von dieser Botschaft wissen, damit es nicht Sandi zu Ohren kommt und damit du, der doch vollständig unschuldig ist, nicht fälschlicherweise getadelt wirst«, sagte der Bote feierlich. »Dieses spricht Bosambo: Es ist mir zu Ohren gekommen, daß die N’gombi sich heimlich rüsten und sehr bald einen ganzen Wald von Speeren gegen die Akasava aussenden werden. Sage dies dem Häuptling Gubara. Weil ich hierüber Trauer in meinem Bauch fühle, so werde ich ihm helfen. Denn ich bin sehr stark und mächtig. Der große weiße Mann Bonesi ist mein Freund, ebenso sein Vetter N’poloyani, der mit der Tante von Bonesi verheiratet ist. Ich habe eine große, unüberwindliche Armee, die ich in das Land der Akasava senden will. Wenn die N’gombi davon hören, werden sie ihre Krieger wieder nach Hause schicken, und es wird Friede sein.«

 

Der Häuptling der Akasava, der etwas nervös war und an all die Unannehmlichkeiten dachte, die ein Krieg zwischen zwei so mächtigen Stämmen hervorrufen würde, stimmte gern und freudig diesem Vorschlag zu. Zwei Monate lang saßen die M’gimi wie ein Heuschreckenschwarm im Lande der Akasava und aßen alles auf, so daß beinahe eine Hungersnot entstanden wäre.

 

Und danach marschierten sie in das Land der N’gombi. Es war nämlich Nachricht durch Bosambos Botschafter dorthin gekommen, daß der Große König die Absicht habe, das Gebirge im Westen mit einem großen, schrecklichen Heer zu überschreiten und das N’gombi-Land mit Krieg zu überziehen.

 

Wie lange Bosambo diese Methode, seine Armee auf Kosten anderer zu unterhalten, noch fortgesetzt hätte, läßt sich nur vermuten, denn inzwischen trat ein großes Ereignis im Lande der Morjaba ein. Dem fetten Häuptling war der Abmarsch seiner Krieger eine Erleichterung gewesen. Außerdem hatte er sich, nach Art der Eingeborenen, darüber gefreut, daß er Sanders dadurch in Verlegenheit gebracht hatte. Aber als der Distriktsgouverneur gegangen war, dachte er über alles nach, was dieser ihm gesagt hatte, und große Zweifel befielen seine Seele. Drei Tage lang saß er in sich zusammengesunken auf dem großen, schöngeschnitzten Staatsstuhl vor seinem Hause, und nach dieser Zeit rief er S’gono, den M’joro, zu sich.

 

»O S’gono«, sagte er, »ich habe Kummer in meinem Bauch über gewisse Dinge, die mir unser Herr Sandi gesagt hat.«

 

Und er erzählte seinem Ratgeber alles, was er von dem Distriktsgouverneur gehört hatte.

 

»Und nun sind meine M’gimis bei Bosambo, und er verkauft sie allen Stämmen, damit sie sie ernähren müssen, und er hat viel Vorteil davon.«

 

»O Herr«, erwiderte S’gono, »ist denn mein Wort nichts? Habe ich es dir nicht gesagt, daß ich herrlichere Krieger als die M’gimis versammeln würde? Gib mir Urlaub, o König, und du wirst eine Armee finden, die über Nacht aus der Erde gestampft wurde. Ich, S’gono, der Sohn des Mochorlabili Yoka, sage dir dieses!«

 

Es eilten also Boten zu allen Dörfern der Morjaba und riefen die jungen Männer zum Hause des Königs. Drei Wochen später stand eine großartige Heerschar auf einer Ebene in der Nähe des Palaverhauses.

 

»Laß sie über die Ebene marschieren und den Kriegstanz aufführen«, sagte der König befriedigt.

 

Aber S’gono zögerte. »O mein Herr und König«, bat er, »dies sind neue Soldaten, sie sind noch nicht so weise wie die alten Krieger. Auch wollen sie nicht den Führern gehorchen, die ich über sie gesetzt habe, sondern sie haben ihre eigenen Leute gewählt, so daß jeder Heerhaufen zwei Führer hat, die Übles voneinander sprechen.«

 

S’kobi riß die runden Augen weit auf. »Die M’gimis haben so etwas nie gemacht«, sagte er zweifelnd. »Wenn ihre Anführer ein Wort sagten, so sprangen sie erst mit dem einen Bein hoch, dann mit dem andern. Und das war sehr schön anzusehen und sehr schrecklich für unsere Feinde.«

 

»O Herr«, erwiderte S’gono aufgeregt, »gib mir noch einen Monat Zeit, dann werden sie mit beiden Beinen zu gleicher Zeit springen und sehr schöne Kriegstänze tanzen.«

 

Ein Späher berichtete dieses Versprechen einem gewissen mächtigen Häuptling des Großen Königs, der viertausend Speerleute unter sich hatte und auf den Abhängen des Gebirges wohnte, das die Grenze gegen das Land der Morjaba bildete. Er hatte schon seit langem auf einen günstigen Augenblick gewartet, um den Fluß zu überschreiten, und er hörte diese Neuigkeit mit großem Interesse.

 

»Wenn ich komme, werden sie auch ohne Köpfe tanzen«, sagte er, »denn die M’gimi-Krieger sind fort, und ohne sie sind die Morjaba kleine Kinder. Zwanzig Jahre lang haben wir gewartet, jetzt aber kommt die herrliche Nacht. Gehe du, B’furo, zu dem Häuptling des Stammes jenseits der Sümpfe und sage ihm, daß er den Sumpf überschreiten soll, wenn er drei Feuer auf diesem Berge sieht. Er soll auf dem Wege kommen, den nur er allein kennt.«

 

Es war ein wohlvorbereiteter Überfall, den die Feldherren des Großen Königs und der Häuptling jenseits der Sümpfe verabredet hatten. Seitdem die Kriegerkaste abmarschiert war, hatten die Feinde der Morjaba schnell gehandelt. Der Weg durch die Sümpfe war schon seit Jahren bekannt, aber die M’gimis hatten eins ihrer Lager so angelegt, daß kein Feind auf dieser Seite das Land überfallen konnte, und ihre Anordnungen so getroffen, daß auch die nördliche Grenze stets geschützt gewesen war.

 

S’gono war ein Ackerbauer, der Mais baute und Ziegen zog. Er stellte seine neue Armee ungefähr in der Art auf, wie er etwa einen Garten angelegt hätte. Er glaubte, je näher das Heer der Stadt sei, um so leichter könne man es unterhalten. Infolgedessen wurde die Furt über den Fluß nicht geschützt, und eine Armee von zweitausend Kriegern hatte die Sumpfländereien überschritten, bevor der neue Kriegsminister auch nur eine Ahnung hatte, daß von dort Gefahr drohte.

 

Er warf seine Truppen gegen die Hauptführer des Großen Königs, und in verzweifelter Gegenwehr machten sie den Versuch, diesen schrecklichen Eindringling zurückzuhalten. Zu gleicher Zeit schlug er mehr durch Glück als Verstand und gute Führung die bösen Leute von jenseits der Sümpfe zurück und zwang sie, wieder in ihr Land zurückzukehren.

 

In einer zweitätigen Schlacht fochten die Morjaba tapfer, aber des Kampfes unkundig gegen die erprobten Truppen des Großen Königs, während Boten nach Osten und Süden eilten, um Hilfe herbeizuholen.

 

Es war möglich, daß Bosambos Nachrichtendienst so gut arbeitete, daß er von dem Plan, der gegen den Frieden und die Sicherheit des Morjaba-Volkes angezettelt war, wußte. Aber es mag auch sein, daß er sich zu den Morjaba aufgemacht hatte, wie Sanders vermutete, um ihnen ein Ammenmärchen aufzubinden, daß ihr Land in großer Gefahr schwebe. Wie dem auch sein mag, jedenfalls befand er sich schon an der Grenze, als der Bote des Königs kam. Eilig kehrte Bosambo mit dem Mann zurück, um persönlich zu handeln.

 

»Ich werde dir fünftausend Traglasten Korn geben, Bosambo«, sagte der König, »hundert Säcke Salz und zweihundert schöne, dicke Frauen, die dir in deinem Hause dienen sollen.«

 

Bosambo feilschte erst noch eine Weile, um soviel als möglich für sich herauszuschlagen, denn die Frauen brauchte er nicht und hätte lieber Ziegen dafür gehabt. Schließlich wurden sie einig, und die Krieger Bosambos marschierten in ihr altes Heimatland. Und die Einwohner der Stadt fielen ihnen buchstäblich um den Hals, als sie zurückkehrten.

 

Der Feind hatte die gegen ihn ausgesandten Truppen geschlagen und war nun schon halbwegs zur Hauptstadt gekommen, als die M’gimi-Krieger ihm in die Flanken fielen.

 

Der gewaltige Häuptling der Armee des Großen Königs sah, wie die geordneten Reihen gegen ihn anstürmten, und sandte nach einem seiner Unterführer.

 

»Eile schnell zu unserem Herrn, dem König, und sag ihm, daß ich ein toter Mann bin.«

 

Und er sagte die Wahrheit, denn er fiel in Bosambos Hand, der sich hierfür eine Extraprämie zahlen ließ und infolgedessen noch einige Ziegen mehr aus der Herde S’kobis fortführte. Für den größeren Teil eines Monats war Bosambo ein willkommener Gast, dann traf er Anstalten zur Abreise.

 

Träger und Hirten trugen und trieben seine Schätze zum Land der Ochori und marschierten eine Tagereise vor dem Hauptheer ab.

 

Bosambo hatte den Befehl gegeben, daß sich die M’gimi-Krieger in der Dämmerung des nächsten Tages versammeln sollten, aber zur Zeit des Aufbruchs fand sich Bosambo allein auf dem großen Platz. Nur die Häuptlinge der Ochori, die ihn auf diesem Zug begleitet hatten, waren zur Stelle.

 

»O Herr«, sagte S’kobi, »meine feinen Soldaten gehen nicht wieder mit dir, denn ich habe gesehen, wie weise Sandi gesprochen hat, der mein Vater und meine Mutter ist.«

 

Bosambo wäre beinahe vor Wut erstickt. Wie gewöhnlich nahm er in solchen Augenblicken höchster Erregung seine Zuflucht zur englischen Sprache.

 

»O Herr«, erwiderte der König, der ihn nicht verstand. »Ich sehe, daß du Sandi gleichst, denn du sprichst in seiner Sprache. Er sagt auch ›Verdammt!‹ sehr laut, und ich glaube, dieses Wort sagen alle weisen Leute, wenn sie sich sehr freuen.«

 

Auf seinem Rückmarsch traf Bosambo Bones. Bones war den Strom hinaufgeeilt, als die Nachricht von dem großen Kampf die Residenz erreichte.

 

Bosambo beklagte sich bitter bei ihm und erzählte ihm alles. »O Herr«, sagte er zum Schluß, »was soll ich tun? Du hast mir nichts darüber gesagt, was der große N’poloyani tat, wenn man ihm ein Heer stahl. Sag mir jetzt, Tibbetti, was er unter Umständen getan hätte.«

 

Aber Bones schüttelte ernst den Kopf. »Das kann ich nicht tun, Bosambo, denn du sagst es doch nur den andern weiter – und das würde mir mein Herr N’poloyani nie verzeihen.«

 

    1. Ebenso ist es eine merkwürdige Tatsache, daß die meisten Völker in Afrika kein Wort haben, das unserem »Danke« entspricht. E.W.