Philosophie Wörterbuch

Skepsis7

Skeptizismus

Partielle Skeptiken

Wahrnehmungsskeptizismus

Für die Skepsis spricht das Argument, des unendlichen Regresses der Rechtfertigung. Wenn ich irgend einen Glauben zu rechtfertigen versuche oder einen Grund für ihn angebe, erwähne ich einen anderen Glauben, der ebenfalls gerechtfertigt werden muss. Wenn dieser andere Glaube kein gerechtfertigter Glaube ist, sind wir nicht weitergekommen. Wenn ich versuche, diesen zweiten Glauben zu rechtfertigen, dann führe ich nur einen Dritten an. Und so weiter, ad infinitum. Da niemand tatsächlich in der Lage ist, eine unendliche Reihe von Rechtfertigungen zu vollenden, wird jeder Glaubensüberzeugungen auf ungerechtfertigte Annahmen gründen müssen. Dieser Regreß findet sowohl bei einer starken Auffassung von Rechtfertigung (schlüssige Gründe, Beweise) als auch bei einer schwachen Auffassung der Gründe (nicht-schlüssige Gründe) statt. Es gibt sowohl einen unendlichen Regreß der Gründe als auch einen unendlichen Regreß der Beweise.

Weiterhin findet sich bei den Skeptikern ein anderes Regreßargument. Aus diesem schließen sie, dass wir niemals wirklich wissen, was es eigentlich ist, was wir glauben. Es ist dies der unendliche Regreß der Definitionen. Um zu wissen, was das bedeutet, was wir glauben, müssen wir die Bedeutung der Worte kennen, die wir benutzen, um unseren Glauben auszudrücken. Die Bedeutung eines Wortes zu kennen, heißt sagen zu können, was es bedeutet oder es zu definieren. Bei der Definition eines Wortes verwenden wir andere Worte, die wir wieder definieren müssen. Und so weiter, ad infinitum. Da niemand imstande ist, eine unendliche Folge von Definitionen tatsächlich zu vollenden, muss jeder Worte verwenden, deren Bedeutung er nicht kennt, weil er sie nicht definiert hat. Und da alle unsere Glaubensüberzeugungen letzten Endes mit Hilfe von Worten ausgedrückt werden, die wir nicht definiert haben, wissen wir niemals, was das ist, was wir glauben.

Um den Regreß der Rechtfertigungen zurückzuweisen, wurde zwischen zwei Arten von Wissen unterschieden: dem unmittelbaren und dem mittelbaren Wissen.

Analog wird gegen den unendlichen Regreß der Definitionen die Unterscheidung von Grundbegriffen und definierten Begriffen vorgebracht. Die Erwiderungen gegen die Regreßargumente arbeiten nur, wenn erklärt werden kann, wie man zu unmittelbarem Wissen oder zu Grundbegriffen gelangen kann. Dafür gibt es in der Geschichte der Erkenntnistheorie zwei konkurrierende Antworten: die Erfahrung oder die Vernunft.

Auf die Erfahrung beruft sich der Empirismus, auf die Vernunft der Rationalismus.

Da die Skeptiker sowohl gegen die Erfahrung als auch gegen den Verstand argumentieren, können sie zum einen die Argumente der Rationalisten gegen den Empirismus, zum anderen die Argumente der Empiristen gegen die Rationalisten aufgreifen. Der Empirist vertritt – wie wir bemerkten – die Auffassung, dass die Sinne eine Quelle des unmittelbaren Wissens der Wahrheit von Beobachtungsaussagen sind und daher der unendliche Regreß der Rechtfertigung abbricht. Dem wirft der Skeptizist zwei Argumente entgegen:

  1. Beobachtungsaussagen liefern keine sichere Grundlage des Wissens,
  2. Beobachtungsaussagen liefern auch dann keine hinreichend breite Grundlage des Wissens, wenn wir zugestehen würden, dass sie sicher sind.

Daß Beobachtungsaussagen keine sichere Grundlage des Wissens sind schließen die Skeptiker aus dem Argument der Illusion, der Halluzination, der Träume und des übelwollenden Dämons.

Das Argument der Illusion hat folgende Struktur:

  1. Wenn eine Illusion auftritt, dann sind die Dinge nicht wirklich so beschaffen, wie sie zu sein scheinen.
  2. Wir können niemals sicher sein, dass wir nicht einer Illusion erlegen sind.
  3. Daher können wir auch niemals sicher sein, dass die Dinge wirklich so sind, wie sie zu sein scheinen.

Das Argument der Illusion wurde von den Skeptikern besonders gern an einem Spezialfall der Illusion, nämlich am Beispiel der Sinnestäuschung vorgeführt.

Das Argument der sich widersprechenden Erscheinungen besagt, dass wir aus Beobachtungsaussagen zu keiner sicheren Grundlage des Wissens kommen können, da sich unsere Wahrnehmungen widersprechen können. Es ist gewissermaßen ein Zuspitzung des Argumentes der Illusion für Sinnestäuschungen.

Das Argument der Halluzination hat folgende Struktur:

  1. Wenn eine Halluzination auftritt, dann sind die Dinge nicht wirklich so beschaffen, wie sie zu sein scheinen.
  2. Wir können niemals sicher sein, dass wir nicht einer Halluzination erlegen sind.
  3. Daher können wir auch niemals sicher sein, dass die Dinge wirklich so sind, wie sie zu sein scheinen.

Das Argument der Träume hat folgende Struktur:

  1. Wenn wir träumen, dann sind die Dinge nicht wirklich so beschaffen, wie sie zu sein scheinen.
  2. Wir können niemals sicher sein, dass wir nicht träumen.
  3. Daher können wir auch niemals sicher sein, dass die Dinge wirklich so sind, wie sie zu sein scheinen.

Das Argument des übelwollenden Dämons hat folgende Struktur:

  1. Wenn wir von einem übelwollenden Dämon getäuscht werden, dann sind die Dinge nicht wirklich so beschaffen, wie sie zu sein scheinen.
  2. Wir können niemals sicher sein, dass wir nicht von einem Dämon getäuscht werden.
  3. Daher können wir auch niemals sicher sein, dass die Dinge wirklich so sind, wie sie zu sein scheinen.

Diese Argumente haben eine sehr ähnliche Struktur. Sie haben dieselbe Konklusion und die Prämissen unterscheiden sich nur wenig, aber es sind unterschiedliche Argumente, die wohl besser auseinander gehalten werden.

Bieri verweist zurecht darauf, dass diese Argumente kausale Argumente sind, d. h. Hypothesen über den kausalen Ursprung unserer Meinungen enthalten [38].

Sie beschreiben unsere kausale Position in der Welt neu, ohne dass wir den Unterschied bemerken könnten [39].

Unsere Meinungen geben keine Auskunft über ihren Ursprung, d. h. wir können den Inhalt einer Meinung kennen (wissen, was wir glauben) ohne zu wissen, wie diese Meinung zustande kam [40].

Eine Meinung kann auch mehrere (kausale) Ursprünge haben [41].

Wir können uns in grobem Irrtum über die Entstehung der Meinung befinden, ohne dass dies den Inhalt der Meinung und meine Kenntnis von ihr beeinträchtigt [42].

Gegen die Argumente des Wahrnehmungsskeptizismus ist von Aristoteles ein Einwand vorgetragen worden, der noch heute in der Analytischen Philosophie gerne benutzt wird.

Das Argument des Aristoteles lautet in etwa so: Wenn wir normale, gesunde Leute sind und unsere Sinne unter normalen Umständen gebrauchen, dann haben wir wirklich unmittelbares Wissen der Wahrheit von Beobachtungsaussagen. Die Sinne sind die Quelle des Wissens, aber nur die Sinne normaler, gesunder Menschen unter normalen Umständen.

Sextus Empiricus weist diesen Einwand zurück. Er sagt:

  1. Die Unterscheidung von normal und abnormal ist äußerst problematisch. Es ist völlig normal für Leute mit Gelbsucht, alles gelb getönt zu sehen, und für Trunkenbolde ist es normal, Halluzinationen zu haben.
  2. Aristoteles nimmt an, dass Erfahrungen normaler, gesunder Leute unter normalen Umständen zu Wissen darüber führen, wie die Dinge wirklich sind. Woher weiß er, dass nicht gerade die Erfahrungen der Kranken, Betrunkenen und Halluzinierenden die normalen Erfahrungen sind. Was Sextus Empiricus hier aus argumentativen Gründen als Möglichkeit vorträgt, ist im 20. Jahrhundert von einigen als Wahrheit behauptet worden. Einige sagten, man solle LSD nehmen, wenn man die Welt so zu erfahren wünsche, wie sie wirklich ist.
  3. Wenn wir das Kriterium des Aristoteles ohne Beweis akzeptieren würden, hätten wir es auf die besonderen Fälle anzuwenden. D. h.: Bevor wir unseren Sinnen in irgendeinem gegebenen Fall trauen könnten, müsste n wir sicher sein, dass wir normal und gesund seien und dass die Umstände normal seien. Da wir dessen niemals sicher sein können, können wir auch niemals sicher sein, dass irgendeine besondere Erfahrung uns sage, wie die Dinge wirklich sind.
  4. Das Kriterium des Aristoteles würde selbst dann nicht mit dem Argument der Illusion fertig, wenn wir das Kriterium akzeptieren würden und wenn wir annehmen würden, dass es hinsichtlich der Anwendung keine Probleme gäbe. Man braucht nicht krank zu sein, zu halluzinieren oder zu träumen, damit einem ein halb ins Wasser getauchter Stab gebeugt erscheint.

Die Argumente gegen das Aristoteles-Kriterium können wohl – wenn überhaupt – nur aus der rationalistischen Perspektive (z. B. mit Kohärenzargumenten o. ä.) zurückgewiesen werden. Sie haben damit aber als Argumente gegen den Empirismus Bestand.

Vierwertige skeptische Logik

Für die Diskussion des Skeptizismus scheint mir meine vierwertige skeptische Logik von besonderem Interesse. Sie ist ein sehr starkes Argument gegen die Konsenstheorie der Wahrheit. Wir betrachten eine mehrwertige extensionale Logik. Es gibt die Wahrheitswerte w, w1, w2 und f, wobei w den Aussagen zugeordnet wird, wenn die beiden Personen P1 und P2 zustimmen, w1,

Ethische Skepsis

Bei den pyrrhonischen Skeptikern hatte die Skepsis eine ethische Funktion. Die Pyrrhoneer waren der Ansicht, dass die Quelle alles Unglücks in jedem Eifer im weitesten Sinne, in innerem Engagement zu suchen sei. Folglich muss das Glück in einer vollkommenen Gelassenheit, einer durchgängigen Gleichgültigkeit gegenüber allen Dingen liegen.

Sie akzeptierten, dass es für den Menschen absolute Werte geben würde, wenn die wahre Natur der Dinge und des Menschen bekannt wäre. Darum wollten sie zeigen, dass Wahrheitserkenntnis unmöglich sei. Wer sich nämlich bewusst ist, dass er die wahren Werte und Mittel zu ihrer Erreichung nicht kennt, dem müßten alle Dinge und Handlungen“ gleich gut oder übel erscheinen, so dass er ihnen allen mit Gleichmut und Gelassenheit begegne. Allerdings mussten die Pyrrhoneer vermeiden, dass der Gleichmut selbst zum absoluten Wert wird. Daher waren sie bestrebt, ihre Skepsis so zu begründen, dass ihr keine absolute Gültigkeit zukam. Außerdem musste die pyrrhonische Skepsis den Ausweg der neuakademischen Skepsis verbauen, die auf dem Wege über die größere Wahrscheinlichkeit bestimmter Lehren eine Engagement rechtfertigte. Deswegen gründeten die Pyrrhoneer ihre Skepsis auf die Isosthenie der Argumente.

Daß die skeptische Haltung nicht zwingend zur Seelenruhe führt, war in der Antike bereits bekannt. So bemerkt Sextus Empiricus, dass die Kyrenaiker wie die pyrrhonischen Skeptiker nur die Empfindungserlebnisse zu erkennen behaupten, aber die Lust und die glatte Bewegung des Fleisches als Ziel nannten und damit Beunruhigung erlitten [43]. In neuerer Zeit hat E. M. Cioran bestritten, dass die Skepsis zur Seelenruhe führe.

Neben der Begründung der Toleranz auf skeptischer Grundlage wurde die Skepsis im 20. Jahrhundert auch häufig als Basis einer Diskussion des Freiheitsproblems verwendet. So ist für O. Marquard Skepsis

  1. Zweifel; im Unterschied zum Nichtwissen – die Skeptiker "wissen nur nichts Prinzipielles" [44].
  2. Würdigung des "Nichtabsoluten, Kontingenten, Zufälligen", des Lebens im "Üblichen" [45].
  3. "Sinn für Gewaltenteilung", besonders für die Pluralität der Wirklichkeit und der (allemal unzureichenden) Antworten der Philosophie, weil daraus Freiheit im Leben und im Denken entsprieße [46].

Für W. Weischedel (1971) ist das Philosophieren radikales Fragen, und betrachtet es als einen "für die Möglichkeit von Wahrheit überhaupt .. offenen Skeptizismus" [47].

Eine skeptische Ethik müsse sich a) zum Skeptizismus entschließen, b) zur Freiheit des Menschen, Entschlüsse fassen zu können, c) zum Dasein des Menschen [48].

Emotivismus (lat. emovere, erschüttern) (auch: emotive Werttheorie) ist ein metaethische Theorie, die dem ethischen Skeptizismus zugerechnet werden muss. Dem Emotivismus zufolge sind Werturteile keine Behauptungen oder Feststellungen, sondern bloß Ausdruck von Gefühlen, Haltungen u. a. Werturteile bezeichnen also kein empirisch aufweisbares Merkmal von Gegenständen, sie haben keine deskriptive oder kognitive, sondern lediglich emotive Bedeutung. Daher können sie auch nicht wahr oder falsch sein.

Die Bedeutung moralischer Ausdrücke besteht darin,

  • eigene Gefühle oder Einstellungen auszudrücken,
  • die Gefühle und Einstellungen anderer so zu beeinflussen, dass sie bestimmte Handlungen vollziehen.

Eine moralische Wertung, z. B. Es ist verkehrt, arme Leute zu bestehlen, beschreibt dem Emotivismus zufolge nicht die entsprechende Form des Diebstahls, sondern ist Ausdruck eines Widerwillens gegen Diebstahl an Armen sowie Ausdruck des Wunsches, dass andere diesen Widerwillen teilen mögen.

Einige Emotivisten betrachten Werturteile als reine Gefühlsäußerungen (Ayer) und die ethische Diskussion zwar mit Hilfe rhetorischer Mittel durchgeführt wird, aber nicht durch rationale Argumente entschieden werden kann (Stevenson). Andere Emotivisten behaupten, dass die ethische Argumentation einer Reihe von logischen Forderungen genügen müsse.

Der Emotivismus vertritt wie der logische Empirismus die Auffassung, dass nur solche Sätze und Ausdrücke sinnvoll sind, die entweder empirisch überprüft werden können oder wie die Sätze der Logik tautologisch sind. Da der Emotivismus logische Gesetze unabhängig von der Erfahrung (und damit den Verstand) als Grundlage unseres Wissens anerkennt ist er strenggenommen nicht – wie manchmal behauptet – eine Form des Empirismus, sondern eine Kombination von Empirismus und Realismus.

Logische Skepsis

Stegmüller redet von einer universalen logischen Skepsis (auch: Ableitungsskepsis), wenn keinerlei Deduktionsregel anerkannt wird [49].

Eine solche Position ist widerspruchsfrei vertretbar, wenn sie nicht versucht, sich selbst zu begründen (dazu würden Regeln benötigt) [50].

Der universale logische Skeptizismus braucht weder allen Tatsachensätzen noch alle generellen Aussagen den Wahrheits- bzw. Erkenntnistheorie absprechen [51] und kann auch die unendliche Zahl von Erkenntnissen zugestehen [52], indem er wie manche Theorie der modernen Logik von einer unendlichen Zahl von Axiomen ausgeht [53]. Der allwissende Geist ist ein Beispiel für einen logischen Skeptiker, da er ohne Schlüsse zu benutzen von vornherein alles weiß [54].

Stegmüller verweist darauf, dass es nicht möglich ist, aus einem beliebigen axiomatischen System mit Schlussregeln alle Regeln zu beseitigen, da man dann zumindest eine Regel bräuchte, wie man neue Axiome gewinnt [45].

Dagegen ist eine Beseitigung von Axiomen und deren Umwandlung in Regeln immer möglich, indem man sie als die aus der leeren Satzklasse ableitbaren Sätze einführt [46].

Der universale logische Skeptiker müsste also eine triviale Wandlung ausschließen, wenn er seine universale logische Skepsis formuliert [47], aber keine universelle Skepsis. Der universale logische Skeptiker könnte sich aber auch darauf berufen, dass es keinen Beweis für die Umwandelbarkeit der Axiomensysteme geben kann, da dafür selbst wieder ein Beweis und damit Regeln benötigt würden [48].

Universale logische Skepsis ist also widerspruchsfrei vertretbar, ist aber nur als Teil einer universellen Skepsis plausibel.

Es sei denn man gibt zu, dass man übliche logische Schlussregeln zwar verwenden, aber nicht begründen oder beweisen kann.

Als nicht-universale logische Skepsis lassen sich wohl Systeme benennen, die einzelne allgemein akzeptierte logische Gesetze nicht akzeptieren, wie die parakonsistente Logik den Satz vom Widerspruch oder die mehrwertige oder die intuitionistische Logik den Satz vom ausgeschlossenen Dritten.

Wissenschaftstheoretische Skepsis

In der neueren Wissenschaftstheorie wird zumeist ein partieller Skeptizismus vertreten, den ich wissenschaftstheoretischen Skeptizismus nennen möchte. Dieser bezieht sich vor allem auf die Interpretation der Beobachtungsgrundlage der Wissenschaft und auf die empirische Beurteilung von Gesetzesannahmen oder Theorien.

So stellen nach Auffassung des Logischen Empirismus und des Kritischen Rationalismus Beobachtungsaussagen kein sicheres Fundament der Erkenntnis dar, sondern enthalten hypothetische Elemente. Eines der Argumente für diese Auffassung ist die Theoriebeladenheit der Beobachtung, derzufolge allgemeine Annahmen in die Formulierung wissenschaftlich relevanter Beobachtungsaussagen eingehen. Entsprechend können sich Beobachtungsaussagen im Lichte neuer Erfahrungen oder Theoriebildungen als revisionsbedürftig oder insgesamt fehlerhaft herausstellen. Weiterhin übersteigen allgemeine Gesetzesannahmen in ihrem Geltungsanspruch stets die verfügbare Datengrundlage, und nach der Duhem-Quine-These sind stets alternative theoretische Erklärungen eines gegebenen Datensatzes angebbar. Deshalb kann die Annahme der Geltung von Gesetzen oder Theorien nicht als Ausdruck ihres empirischen Beweises oder der sicheren Begründung ihrer uneingeschränkten Wahrheit aufgefaßt werden.

In der Wissenschaftstheorie werden entsprechend Grade der empirischen Stützung von Theorien eingeführt. Im Rahmen jeweils unterschiedlicher Ansätze konkretisiert sich dies in der Zuschreibung von induktiven Wahrscheinlichkeiten (Carnap), Hypothesenwahrscheinlichkeiten (Bayesianismus) oder Graden der Bewährung (Carnap, Popper). Übereinstimmendes Kennzeichen dieser Zugangsweisen ist, dass auch ein hohes Maß empirischer Stützung keineswegs die Geltung der entsprechenden Annahmen sicherstellt. Vielmehr drückt sich deren partieller Skeptizismus in der Auffassung aus, dass sich auch empirisch gut abgestützte Lehrsätze als unzutreffend herausstellen können.

Zum wissenschaftstheoretischen Skeptizismus muss wohl auch der Instrumentalismus gerechnet werden kann, für den es Sätze in den Wissenschaften keine Aussagen sind, sondern nur Regeln und Definitionen, die weder wahr noch falsch sein können.

Theologische Skepsis

In der Geschichte der Geisteswissenschaften hat der universelle Skeptizismus vor allem wegen des in ihm enthaltenen religiösen Skeptizismus eine sehr große Rolle gespielt. Diese Debatte möchte ich hier aber nicht diskutieren.

Slippery

Argument der schiefen Ebene

Slippery-Slope-Argument, Dammbruchargument, Argument der schiefen Bahn oder Argument der schiefen Ebene nennt man ein Typ von Argumenten, mit denen ein Opponent einen Proponenten davor warnt und ihn davon abhalten will, eine bestimmte Handlung zu vollziehen, da dies der Beginn einer schiefen Ebene sei und Schritt für Schritt zu weiteren Handlungen als Konsequenzen führen könne, die von allen an der Diskussion beteiligten für nicht wünschbar gehalten werden.

Man kann zwischen empirisch-kausalen (Domino-Argument), begrifflich-logischen (Haufen-Argument) und dem Präzedenzfall-slippery-slope-Argument (Keil-Argument) unterscheiden.

Das Domino-Argument lässt sich gewöhnlich dann besonders leicht zurückweisen, wenn der empirisch-kausale Zusammenhang nur sehr schwach ist, wenn lediglich die Möglichkeit, nicht aber die Notwendigkeit besteht, auf die schiefe Bahn zu kommen.

Schwieriger ist der Fall schon, wenn die Notwendigkeit des kausalen Zusammenhanges eine Hypothese ist, die bisher nicht widerlegt werden kann.

Solips2

Methodologischer Solipsismus

Der Begriff methodologischer Solipsismus findet in der analytischen Theorie des Geistes Verwendung. Er wurde von Putnam in The Meaning of ‚Meaning‘ geprägt und spielt in der Externalismus-Internalismus-Debatte eine große Rolle.

In Putnams ursprünglicher Formulierung wird ein Standpunkt als methodologischer Solipsismus bezeichnet, der davon ausgeht, dass ein psychologischer Zustand die Existenz keines anderen Individuums voraussetzt als die Existenz des Individuums, das sich in ihm befindet.

Dies trifft auf jede Theorie zu, die davon ausgeht, dass die Supervenienzbasis mentaler Zustände der Körper (meistens das Gehirn) des Individuums ist, in dem sie zugeschrieben werden.

Vom methodologischen Solipsismus ist der Solipsismus und der methodische Solipsismus zu unterscheiden.

Solips3

Methodischer Solipsismus

Carnap hat in seiner Arbeit Der logische Aufbau der Welt in seiner Entwicklung eines Konstitutionssystems als Basis nur solche Gegenstände zugelassen, die bewusst einem Subjekt zugehören (d.h. das Eigenpsychische). Diese Art der Grundlegung nennt er methodischen Solipsismus, der nicht als Beschränkung auf ein Subjekt verstanden werden darf, sondern als methodische Beschränkung auf das tatsächlich Erlebte.

Der methodische Solipsismus ist vom Solipsismus und vom methodologischen Solipsismus zu unterscheiden.

Solipsis

Solipsismus

Solipsismus tritt in zwei Varianten auf.

In der ersten Variante besagt der Solipsismus, dass einzig das dem Bewußtsein unmittelbar gegebene real ist.

Die schwächere Lesart dieser Variante deutet die These epistemologisch: Alles Wissen über die Welt außerhalb des Selbst beruht auf dem Bewußtsein unmittelbar gegebener Wahrnehmungsdaten.

Die radikale Lesart deutet den Solipsismus metaphysisch: Nur das Selbst wird als real anerkannt. Diese Position hat Max Stirner vertreten.

Die radikale Lesart wird von Descartes als Ausgangspunkt in seinen Meditationes verwendet, um dann zum Abschluß der Untersuchung allerdings als absurde These hingestellt zu werden.

In der zweiten Variante ist Solipsismus die Bezeichnung für eine negative Position bezüglich des Problems des Fremdpsychischen. So wird einigen Theorien des Geistes vorgeworfen, sie hätten zur Folge, dass ein Subjekt lediglich sich selbst, aber keinem anderen Wesen geistige Zustände zuschreiben könne.

Nach meiner Meinung ist eine relative Skepsis bezüglich des Fremdpsychischen derzeit die korrekte Position. Zumindest solange, bis wir durch Analyse der Wirkungen äußerer Reize auf einen Menschen und der Vorgänge in ihm, auf seine geistigen Zustände schließen können, können wir glauben, dass der andere diese und jene geistigen Zustände hat, aber nicht beweisen, dass er dies oder jenes glaubt, weiß, will, ob er gerade lügt usw. Da helfen auch keine Lügendetektoren.

Vom Solipsismus ist der methodische Solipsismus und der methodologische Solipsismus zu unterscheiden.

Sophism

Sophismus

Als Sophismus bezeichnet man einen Fehlschluß, der mit Absicht erfolgt.

Im Gegensatz zum Sophismus steht der Paralogismus.

Der Überlieferung zufolge disputierte Hipparchia mit Theodoros, dem Atheisten, und überführte ihn durch ein Sophismus:

"Was Theodoros tut, ohne dafür eines Unrechtes geziehen zu werden, das kann auch Hipparchia tun, ohne dabei eines Unrechtes geziehen zu werden; Theodoros aber tut nicht unrecht, wenn er sich selbst schlägt, also tut auch Hipparchia nicht unrecht, wenn sie den Theodoros schlägt." (Diogenes Laërtios, Leben und Meinungen berühmter Philosophen, VI 96-98).

Bekannt sind auch die Sophismen Verhüllter und Gehörnter von Eubulides.

Weitere Beispiele für Sophismen:

  • Wer jemanden unterrichtet, der will, dass sein Schüler weise wird und aufhört ungebildet zu sein. Das heißt, er will, dass sein Schüler zu dem wird, das er nicht ist, und aufhört, das zu sein, was er jetzt ist. Folglich will er ihn aus dem Sein in das Nichtsein führen, d. h. ihn vernichten.
  • Dieser Hund hat Kinder, d. h. er ist Vater. Aber ist Dein Hund. Das heißt er ist Dein Vater. Da Du ihn schlägst, schlägst Du Deinen Vater.
  • Ein Tier ist etwas, was eine Seele hat. Mit meinem Eigentum kann ich nach Gutdünken verfahren. Meine Götter wurden mir von meinen Vätern vererbt und bilden mein Eigentum. Götter haben eine Seele, folglich sind sie Tiere. DAraus folgt: Mit meinen Göttern kann ich umgehen, wie es mir gefällt.
  • Wenn die Wand nicht atmet, weil sie kein Tier ist, so würde sie doch atmen, wenn sie ein Tier wäre. Aber viele Tiere, z. B. die Insekten, atmen nicht. Folglich atmet die Wand nicht deshalb nicht, weil sie kein Tier ist. Daraus folgt: Die Wand ist ein Tier, auch wenn sie nicht atmet.
  • Grammatisch Richtiges ist besser als Falsches. Frieden ist das Beste. Daraus folgt: Der Frieden ist etwas grammatisch Richtiges.
  • Ein Dieb will nichts Schlechtes erwerben. Der Erwerb von etwas Gutem ist eine gute Sache. Folglich will der Dieb etwas Gutes.
  • Diese Statue ist ein Kunstwerk. sie ist Deine. Daraus folgt: Die Statue ist ein Kunstwerk von Dir.


Sorites

Sorites-Paradox, Haufen-Argument

Dieses zur Gruppe der Slippery-slope-Argumente gehörende Paradox ist eines der Paradoxa des Eubulides aus Milet. Es findet sich auch bei Eukleides von Megara.

Eukleides von Megara formulierte das Paradox wie folgt:

Wenn fünfzig Körner einen Haufen bilden, dann auch neunundvierzig; wenn neunundvierzig, dann auch achtundvierzig. Setzen wir dieses Verfahren fort, so kommen wir zu der absurden Folgerung, dass zwei Körner einen Haufen bilden.

Nach Aristoteles geht das Haufen-Argument auf Zenon von Elea zurück [Aristoteles, Physik H 5, 250a 19f.].

Die Erkenntnis, dass diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden kann, führte in die megarischen Schule dicht an die Dialektik von Kontinuität und Diskontinuität in der Begriffsbildung heran.

Da aber die Megariker Begriffe lediglich auf das Unveränderliche in den Erscheinungen bezogen, folgerten sie aus der mangelnden Eindeutigkeit von Begriffsbestimmungen auf die Nichtexistenz von realer Bewegung und Entwicklung.

Eine andere Version des Argumentes besagt, dass ein fallender Kornhaufen kein Geräuch machen kann, da der Haufen aus lauter Körner besteht, die einzeln genommen lautlos zu Boden fallen [Aristoteles, Physik H 5, 250 b 20].


Sinnerkl

Erklärung aus Sinnzusammenhängen

Als Erklärung aus Sinnzusammenhängen bezeichnet man die Erklärung eines Phänomens durch den Hinweis, dass es in einem bestimmten Zusammenhang als sinnvoll erscheint. Diese Erklärungsform wird oft in der Literatur- und Geschichtswissenschaft benutzt, um eine bestimmte Textstelle oder eine geschichtliche Erscheinung aus dem Sinnzusammenhang, in dem sie lokalisiert ist, zu erklären.

Es ist umstritten, ob Erklärung aus Sinnzusammenhängen durch Ursachenerklärungen und Dispositionserklärungen ersetzt werden können oder überhaupt mit ihnen vereinbar sind.

Sinnest

Sinnestäuschung, kognitive Täuschung

Sinnestäuschungen werden Illusionen der Wahrnehmung genannt.

Bei allen Sinnen können Täuschungen vorkommen.

Am besten untersucht sind allerdings die visuellen Täuschungen.

Beispiele von Sinnestäuschungen sind:

  • ein teilweise im Wasser liegender Stock, der gebrochen erscheint;
  • zwei Eisenbahngleise, die sich in der Entfernung zu treffen scheinen;
  • die Müller-Leyer-Illusion (auch: Müller-Illusion)

    Die beiden gleichlangen Linien scheinen wegen der verschiedenen Pfeilspitzen unterschiedlich lang zu sein.

  • das Kontrast-Gitter

    Das Kontrast-Gitter von E. Hering erzeugt eine Randkontrast-Täuschung. Blickt man auf den mittleren Zwischenraum, so erscheinen zwischen den anderen weißen Kreuzungspunkten dunkle Stellen, aber nicht auf dem gerade fixierten Zwischenraum.

  • Die Höhentäuschung von Benesch

    Der horizontale Strich scheint kürzer als der vertikale: Wenn man nachmißt sind beide gleich lang. Diese Höhentäuschung wirkt besodners beim Schätzen der Höhe von Gebäuden (Anitsotropie).

  • Der Ehrenstein-Effekt von W. Ehrenstein

    Zwischen strahlenförmigen Linien wirken die ausgesparten Überkreuzungen wie aufgeklebte Kreisfiguren.

  • Die Zöllner-Illusion

    Durch die Seitensprossen verschieben sich, wie J. F. K. Zöllner herausfand, die parallelen Linien. Blickt man aus einer unteren Ecke auf die Parallelen, so verschieden sie sich noch mehr. Dagegen ganz schräg von unten gesehen werden sie wieder parallel.

Die Sinnestäuschung lässt sich durch die Tatsache, dass sie als solche erkannt wird, nicht beheben. Dies wird manchmal als Beleg für die These betrachtet, dass Wahrnehmungen unabhängig von Überzeugungen sind.

Von den Skeptikern sind besonders gerne Beispiele für sich widersprechende Sinneseindrücke vorgetragen worden.

Derselbe Turm erscheint aus der Entfernung rund und klein und aus der Nähe eckig und groß.

Verschiedene Substanzen scheinen für verschiedene Leute angenehm oder ekelhaft zu sein, wie man nach der Verschiedenheit der Substanzen urteilt, die diese verschiedenen Leute gerne essen.

Ein ähnliches Beispiel ist das Phenylthiocarbamid-Beispiel. Phenylthiocarbamid (PTC) hat für manche Leute einen unangenehmen und für andere überhaupt keinen Geschmack. Und es hat sich herausgestellt, dass dies vererbt wird. Ob PTC unangenehm schmeckt, hängt von den Eltern ab und davon, ob sie einen von ihnen oder beiden unangenehm geschmeckt hat. Der Skeptiker könnte fragen: Ist PTC tatsächlich ein unangenehm schmeckender Stoff oder nicht?

Bekannt ist auch das folgende Experiment: Man nehme drei Schüsseln und fülle die eine mit Wasser, das als heiß, die zweite mit Wasser, das als kalt, und die dritte mit Wasser, das als warm empfunden wird. Dann stecke man seine rechte Hand in die erste Schüssel und die linke in die zweite. Und schließ stecke man beide in die dritte Schüssel, die dann der rechten Hand kalt und der linken Hand heiß erscheinen wird. Ist sie nun tatsächlich heiß oder kalt?

Manchmal ist die Information, die einer der Sinne uns gibt, im Konflikt mit der, die ein anderer gibt. Eine Oberfläche mag glatt erscheinen, wenn wir sie betrachten, und rauh, wenn wir sie berühren. Ist sie nun wirklich rauh oder glatt?

Das alles heißt – so die Skeptiker -, dass wir niemals einfach auf der Grundlage unserer Erfahrung annehmen können, dass irgendeine Beobachtungsaussage wahr ist.

Sinnestäschungen sind von kognitiven Täuschungen zu unterscheiden, die erst bei der Verarbeitung der Wahrnehmung entstehen.

Ein Beispiel einer kognitiven Täuschung ist der Necker-Würfel, dessen Vorder- und Hinterseite in der Wahrnehmung irrtümlich ausgetauscht werden.

Scheid

Ausscheidende Induktion

Man unterscheidet bei der Analyse von Induktionen aufzählende Induktionen von ausscheidenden Induktionen (auch: eliminierende Induktionen, eliminative Induktion oder ausschaltende Induktion genannten).

Bei der ausscheidenden Induktion werden aus der Gesamtzahl der möglichen Hypothesen alle ausgeschaltet, die nicht in Frage kommen.

Die Methode der ausschaltenden Induktion hat vor allem Mill untersucht.

Mill unterschied fünf mögliche Fälle der ausschaltenden Induktion, die bei ihm Methoden zur Untersuchung kausaler Zusammenhänge sind, nämlich

  1. die Methode der Ähnlichkeit,
  2. die Methode des Unterschiedes,
  3. die vereinigte Methode von Ähnlichkeit und Unterschied,
  4. die Methode der Reste und
  5. die Methode der begleitenden Veränderung.