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Es gab genug Leute, die der Meinung waren, daß der Fürst von Kishlastan sich etwas mehr zurückhalten sollte. Er war eine große, schlanke Erscheinung mit dem typischen Gesichtsausdruck eines Asiaten. Zur Zeit war er nicht nur von der französischen Regierung kaltgestellt, sondern stand auch mit den amtlichen englischen Stellen in Indien ausgesprochen schlecht. Er war nominell französischer Untertan, da er seinen Titel nach einem kleinen Land führte, das zum französischen Machtbereich gehörte. Dieses Gebiet hatte er derartig schlecht verwaltet, daß er vom Gouverneur von Pondichéry zur Verantwortung gezogen wurde. Zum nicht geringen Verdruß der englischen Regierung hatte er dann große Ländereien in Britisch-Indien erworben.

 

Riki, wie man ihn nannte, kam mißgestimmt und verdrießlich nach London. Da er aber ein Mann war, der über ungeheure Reichtümer verfügte, fand er viel Sympathien in jenen Schichten der Gesellschaft, die die Überspanntheiten indischer Fürsten gern entschuldigen.

 

Er war bei allen Rennen und besuchte unermüdlich die Premieren in allen Theatern. Seine Abendgesellschaften zeichneten sich durch Luxus und Verschwendung aus. Man konnte ihnen in dieser Saison nichts Ähnliches an die Seite stellen. Doch nahm kein offizieller Vertreter des Auswärtigen Amtes daran teil. Riki verkehrte nicht in den offiziellen Kreisen, die mit der Regierung in enger Fühlung standen. Aber das Auswärtige Amt war bei Rikis größeren Festlichkeiten trotzdem in irgendeiner Form vertreten, obwohl dies natürlich sein Ansehen schmälerte.

 

Dick Hallowell erhielt eine Einladung zu dem großen Empfang Seiner Hoheit, und zu gleicher Zeit wurde ihm unter der Hand mitgeteilt, daß von Regierungsseite aus seine Anwesenheit dort nicht ungünstig aufgenommen würde. Er hatte vier Jahre seiner Kindheit in Indien zugebracht und dabei Hindostani gelernt. Seine Vorliebe für diese Sprache machte es ihm leicht, im Lauf der Zeit seine Kenntnisse auf diesem Gebiet sehr zu verbessern. Später war er als Adjutant des Generalgouverneurs von Bengalen in Indien tätig. Beim Tod seines Vaters kehrte er nach England zurück, um die Pflichten des ererbten Titels und die Verwaltung und Instandsetzung eines Landsitzes zu übernehmen, der bis zu einem gewissen Grad verschuldet war.

 

Er ging in Bobby Longfellows Zimmer und fand den schlanken jungen Mann, in einen tiefen Sessel zurückgelehnt, bei der Lektüre eines Sportblattes.

 

»Du wirst doch nicht hingehen, alter Junge!« sagte Bobby, als er die Einladung las. Dann wurde sein Gesicht länger. »Oder willst du etwa, daß auch ich den verrückten Kerl wiedersehen soll?« – Dick lächelte.

 

»Ich weiß nicht, warum du ihn verrückt nennst, ich dachte gerade, daß es nett wäre, wenn du mich dorthin begleiten wolltest. Ich würde mich allein schrecklich langweilen.«

 

»Verrückt!« sagte Bobby spöttisch. »Bestimmt ist er nicht ganz richtig. Kaum hatte ich hier in dieser befestigten Spelunke mein Quartier aufgeschlagen, als ich auch schon den Auftrag erhielt, ihm die Juwelenkammer zu zeigen. Ich hatte noch gar keine Ahnung davon. Na, glücklicherweise hat mir dann einer von diesen altertümlichen Kerlen in den lächerlichen Uniformen den Weg gezeigt. Ich bin mit ihm die verflucht lange Treppe hinaufgetrottet und habe ihm die königlichen Juwelen gezeigt. Ich hatte sie selbst noch nicht gesehen, die Sache war also nicht ganz schlecht.«

 

»Ja, aber warum nennst du ihn denn verrückt?« fragte Dick.

 

Bob nickte heftig.

 

»Er ist verrückt nach Juwelen. Es war ganz unmöglich, ihn von der Krone fortzubekommen. Er klebte sich einfach ans Geländer und staunte die Dinger an. Was er zu dem andern sagte, der ihn begleitete, war sehr interessant, ich habe es bloß nicht verstanden, weil er nämlich Hindostani sprach. Ich wünschte, du wärest dagewesen, Dick. Einer aus seinem Gefolge erzählte mir später, daß er ganz wild nach Diamanten sei und daß er in Kishlastan in seiner Schatzkammer Steine hat, die man nicht um zehn Millionen Pfund kaufen könnte! Als er endlich aus der Juwelenkammer herauskam, war er ganz überwältigt und aufgeregt. Er wollte mir zwei Perlohrringe als Andenken schenken, ich sagte ihm aber: ›Mein hochverehrter Radscha, ich habe es aufgegeben, Ohrringe zu tragen – sie sind bei uns seit langen Jahren außer Mode.‹«

 

Dick lachte.

 

»Immerhin – sei ein lieber Junge und geh heute abend mit mir zu Arrids. Ich bin gebeten worden, Seiner Hoheit meine Höflichkeit zu erweisen. Wir brauchen dort nicht länger als eine halbe Stunde zu bleiben.«

 

Bobby brummte, legte seine Zeitung auf den nächsten Sessel und richtete sich in seiner ganzen Größe auf.

 

»Soll ich mein Perlenkollier oder mein Rubinarmband tragen?« fragte er sarkastisch. »Heute abend hatte ich ausgerechnet eine Verabredung ins Theater mit der süßen Kleinen –«

 

»Da kannst du ja immer noch hingehen«, sagte Dick. »Wir werden bei Arrids nicht länger als eine halbe Stunde bleiben.«

 

Als die beiden abends im Hotel ankamen, flutete eine erlesene Gesellschaft über die breite Treppe, die zum ersten Stock führte. Alles, was in London einen Namen beanspruchte, war zugegen: Mitglieder des Parlaments, frühere Minister, die eine Partei führten und in den nächsten Jahren keinen Regierungsposten übernehmen wollten. Es waren Damen da, die sich überall in der Gesellschaft, außer bei Hofe, zeigten, ältere Beamte, die früher in Indien gedient hatten sowie Journalisten und Schriftsteller.

 

»Dort ist Diana Martyn«, sagte Bobby plötzlich. Als Dick aufschaute, sah er sie oben auf dem Treppenabsatz stehen. Sie lehnte sich an die Balustrade und sprach mit Colley Warrington. Als er an ihr vorbeiging, würdigte sie ihn eines Lächelns und nickte ihm kühl zu.

 

»Das ist ein unerwartetes Vergnügen, Dick«, sagte sie geistesgegenwärtig.

 

Dick konnte sich kaum vorstellen, daß er einmal mit diesem ruhigen, schönen Mädchen verlobt war oder daß die Trennung von ihr einmal eine Tragödie für ihn gewesen war. Er konnte sie jetzt ohne Verwirrung wiedersehen und sie sogar bewundern. Denn ihre elfenbeinfarbene Haut und ihre tiefen, dunklen Augen machten sie zu einer seltenen Schönheit. In dem perlengestickten Kleid und der großen Smaragdkette sah sie bezaubernd aus.

 

»Sind Sie schon verheiratet?« fragte sie ihn lächelnd.

 

»Noch nicht«, antwortete er ernst.

 

»Ein kleiner Vogel hat mir ins Ohr gesagt, daß Sie die Absicht haben…«, sie vollendete den Satz nicht.

 

»Diesmal hat Ihnen der kleine Vogel die Wahrheit erzählt«, erwiderte er auf ihre Herausforderung.

 

»Wie reizend!« sagte sie vor sich hin.

 

Im nächsten Augenblick wurden sie getrennt. Er wandte sich zu den offenen Türen, die zu den Salons führten, wo Seine Hoheit die Gäste empfing.

 

Sie drängten sich durch die Menge. Dick blieb einen Augenblick starr vor Erstaunen stehen. In der Mitte des Saales stand der Radscha in einem amethystfarbenen Seidengewand, das an der Hüfte durch einen breiten Silbergürtel zusammengehalten war. An seinem Hals glänzten unheimlich viele Perlenschnüre. Aber es war nicht die Erscheinung des Inders, die Dick so packte.

 

Ein schlankes Mädchen in weißem Kleid unterhielt sich mit dem Fürsten. Sie kehrte Dick den Rücken zu, aber er hatte sie sofort erkannt.

 

»Donnerwetter!« stieß Bobby hervor. »Ist das nicht deine Hope?«

 

»Ich weiß nicht, was du mit ›deine Hope‹ sagen willst«, entgegnete Dick unnötig aufgebracht. »Es ist Miss Joyner, soviel ich weiß.«

 

In dem Augenblick wandte sie sich um und grüßte ihn mit einem Lächeln. Er ging auf die Gruppe zu und machte eine steife Verbeugung vor dem Inder.

 

»Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie gekommen sind, Sir Richard«, sagte der Fürst in seiner gezierten Weise und musterte dabei Dick mit einem etwas trägen Blick, der unter schweren Augenlidern hervorkam. Er schien von seinem Kommen nicht besonders erfreut. »Ich hoffte Sie damals im Tower zu treffen, aber Sie waren leider nicht zugegen. Kennen Sie Miss Joyner?«

 

Dick lächelte bestätigend dem Mädchen zu.

 

»Ein alter Freund?« fragte der Fürst mit einem gewissen Mißtrauen. »Dann sind Sie zu beneiden.«

 

Ein anderer Herr ließ sich vorstellen. Dick führte Hope zum großen Mißvergnügen des Fürsten mit sich aus dem Kreis.

 

»Um Himmels willen, wie kommen Sie denn in diese Gesellschaft?« fragte er erstaunt.

 

Sie lachte leise.

 

»Ich beteilige mich auch an den Dingen der großen Welt. Wußten Sie das nicht, Dick?« antwortete sie. »Ich gehöre der Gesellschaft zur Befreiung der orientalischen Frauen an, aber ich habe mich noch nicht eingehend damit beschäftigt. Lady Silford bat mich, Mitglied des Komitees zu werden.«

 

Dick kannte Lady Silford sehr wohl als eine Dame mit gesellschaftlichem Ehrgeiz und kleinem Einkommen. Man erzählte sich, daß sie eine der vielen war, die von dem reichen Inder unterstützt wurden. Er zweifelte keinen Augenblick, daß die Einladung an Miss Joyner nur im Auftrag des Fürsten von Lady Silford weitergegeben worden war. Einen Augenblick lang war er besorgt, denn er wußte einiges von dem Privatleben des Radscha.

 

»Ich habe für die ganze Bewegung zugunsten der braunen Frauen nicht viel übrig«, sagte er. »Es gibt eine große Anzahl einwandfreier Gesellschaften, die wirklich Gutes tun, aber die Gesellschaft zur Befreiung der orientalischen Frauen ist ein Schwindel. Die Polizei hat die Kollekte verboten.«

 

»Ich bin auch nicht gar so stark daran interessiert«, bekannte sie, als sie der Tür zuschritten. In dem breiten Gang trafen sie mit Diana zusammen. Miss Martyn grüßte Hope mit einer liebenswürdigen Begeisterung, wie sie nur die engste Freundschaft hätte rechtfertigen können.

 

»Sieh da, unsere liebe kleine Hope!« plauderte sie. »Ist sie – die Glückliche, Dick?«

 

Hope ersparte ihm die Unannehmlichkeit einer Antwort.

 

»Ich sah Sie schon, als ich die Treppe heraufkam, aber ich hatte keine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen, Miss Martyn. Ich möchte Ihnen etwas übergeben.«

 

Sie öffnete ihre diamantengeschmückte Handtasche und nahm ein flaches Lederetui heraus.

 

»Dies wurde mir durch einen Boten überbracht, gerade als ich Devonshire House verlassen wollte«, sagte sie. »Die Karte des Fürsten liegt in dem Etui. Ich nehme an, daß hier ein Irrtum vorliegt. Wollen Sie bitte so liebenswürdig sein und die Sache für mich in Ordnung bringen?«

 

Diana nahm das kleine Kästchen zögernd entgegen.

 

»Ich weiß nicht, was das alles bedeuten soll!«

 

»Es ist eine Perlenkette«, sagte Hope ruhig. »Würden Sie die Güte haben und Seiner Hoheit bestellen, daß es in England nicht üblich ist, daß eine Dame Geschenke annimmt – selbst nicht von Fürsten aus dem goldenen Orient?«

 

Dick sah, wie Diana errötete.

 

»Weshalb sollte ich denn für Sie den Boten spielen?«

 

»Weil…« Hope lächelte – »Sie werden die Karte des Fürsten in dem Etui finden. Meine Adresse ist darauf geschrieben – und zwar mit Ihrer Handschrift!«

 

»Warten Sie einen Augenblick!«

 

Dianas Stimme wurde hart. Sie streckte ihre Hand aus, um Hope zurückzuhalten, als sie fortgehen wollte.

 

»Ich sehe nicht ein, warum Sie nicht ein kleines Geschenk annehmen sollten, wenn Seine Hoheit Sie so auszeichnen will. Und dann« – sie zuckte verächtlich die Achseln –, »Sie sind doch niemand Besonderes. Verzeihen Sie, wenn ich so offen rede – ich meine, man findet Ihren Namen weder in den Listen des Landadels noch im Debrett oder in sonst einem dieser nützlichen Bücher.«

 

»Sie finden ihn auch nicht in Carlows Liste«, sagte Hope kühl.

 

Diana wurde dunkelrot vor Ärger. Sie blieb mit einem leeren Lächeln stehen, aber in ihren Augen lauerte ein haßerfüllter Blick, wie ihn Dick nur einmal früher gesehen hatte.

 

»Wer ist denn eigentlich Carlow?« fragte er Hope, als sie aus dem Gedränge herauskamen.

 

»Wissen Sie das nicht?« meinte sie unschuldig. »Carlow ist eine große Nachrichtenagentur, die ihren Kunden streng vertraulich und geheim eine Liste zuschickt. Ich gehöre auch zu ihren Kunden. Die Liste enthält alle Namen von Leuten in England, besonders in London, die von dunklen Geschäften leben.«

 

»Sie sind doch ein außergewöhnliches Mädchen!« sagte Dick.

 

»Bin ich das?« lächelte sie, obgleich ihr in ihrem Leben niemals so wenig zum Lachen zumute war wie in diesem Augenblick. »Aber ich bin auch in einer außergewöhnlichen Lage.«

 

Sie lehnte seine Begleitung ab und fuhr allein nach Hause. Ihre Gefühle und Gedanken waren in hellem Aufruhr. Diana Martyn hatte das ausgesprochen, was ihr soviel Unruhe, Sorge und Kummer bereitete. Sie hatte die verhängnisvolle Frage angeschnitten, die sie sich selbst in den letzten fünf Jahren immer wieder vorlegte.

 

*

 

Sie war ein »Niemand« – Diana hatte die Wahrheit gesagt. Sie wußte nur, daß ihre Eltern tot waren und daß sie Landbesitz in Südamerika hatte. Sie verfügte über ein fürstliches Einkommen, das regelmäßig Anfang jeden Vierteljahres von gewissen Rechtsanwälten auf ihr Bankkonto eingezahlt wurde. Sie wußte auch, daß diese Firma sonst mit den dunkelsten Leuten in Verbindung stand. Weiter war ihr nichts über ihre eigene Person bekannt.

 

Sie hatte niemals ihren eigenen Geburtsschein gesehen. Ebensowenig wußte sie, in welchem Land sie das Licht der Welt erblickt hatte. Der geheimnisvolle Mr. Hallett hätte es ihr sagen können, aber sie hatte ihn ja nie gesehen. Sie wußte nichts von ihm, nur daß er ein älterer Herr war, der sehr viel reiste und blind war, solange sie sich erinnern konnte. Aber sie hatte in Mr. Halletts Haus jahrelang gelebt, dort ihre Schulferien zugebracht, hatte sich an dem ganzen Landsitz erfreuen dürfen und war auf den Pferden geritten. Die Dienerschaft hatte sie als Herrin respektiert und für sie gesorgt.

 

Sie sah diesen ruhelosen Mann, der immer zu reisen schien – bald in Indien, bald in Amerika, dann wieder in Südeuropa – schließlich als das Symbol aller Wirrnisse in ihrem Leben an. Manchmal haßte sie ihn. Niemals beantwortete er die Briefe, die sie ihm schrieb, nie hatte er ein freundliches Wort an sie gerichtet. Sie bekam Geschenke zu ihrem Geburtstag und zu Weihnachten. Am 10. Juni jedes Jahres erhielt sie regelmäßig Blumen, aber sie hatte noch nie eine Zeile von ihm gesehen. Er war ein Mann, der seine Pflicht ohne Herzlichkeit mechanisch erfüllte, und es bedrückte sie, daß er ihr immer aus dem Weg ging. Sie wußte genau, daß es kein Zufall war, daß er Monk’s Chase stets einen Tag vor ihrer Ankunft verließ, wenn sie auf Sommerferien kam, und erst einige Tage nach ihrer Abreise wieder dorthin zurückkehrte. Ihre Briefe ließ er durch seinen Bankier beantworten, einen verdrießlichen alten Mann, der in einem schmutzigen Büro in der Threadneedle Street wohnte und der nicht mehr Interesse an ihr nahm als Mr. Hallett selbst.

 

Als ihre Zofe ihr an diesem Abend beim Auskleiden half, mußte sie viel an Monk’s Chase denken, besonders an den kleinen Bücherschrank in der Bibliothek. Nannie, ihre geschwätzige Kinderfrau, hatte ihr einmal verraten, daß er die Lösung aller Geheimnisse enthalte, die sie so gerne enthüllen wollte. War das nun eine Erfindung der alten Frau, um ihr etwas Angenehmes zu sagen oder sie zu beruhigen? Oder war es möglich, daß in dem Bücherschrank –?

 

In einem Augenblick kindlicher Abenteuerlust hatte sie damals alle Schlüssel, die sie entdecken konnte, nach einem durchsucht, der zu dem Bücherschrank paßte. Schließlich fand sie auch einen, aber gerade als sie aufschließen wollte, hörte sie die Schritte eines Dienstboten, der in den Raum kam. Erschrocken schloß sie wieder zu und ging fort. Alle diese Jahre hindurch hatte sie aber den kleinen Schlüssel in einem Ledertäschchen aufbewahrt. Jetzt war die günstige Gelegenheit vorbei.

 

Sie war ein Niemand! Diana Martyn hatte recht. Einige Monate früher hätte sie über eine solche herausfordernde Bemerkung nur gelacht, aber jetzt hatte sie Grund, diesen Schandfleck auszulöschen. Sie war klug und besaß genügend allgemeine Weltkenntnis, um sich alle Möglichkeiten vorzustellen, die das Geheimnis ihrer Geburt umgeben konnten. Sie wußte, daß reiche Leute Kinder unterhielten, die nicht ihre eigenen waren. Ihr selbst hätte das wenig ausgemacht, aber seitdem Dick Hallowell in ihr Leben getreten war, wurde ihr die Ungewißheit über sich selbst immer unerträglicher. Sie hätte ihm alles sagen mögen alles was sie wußte –, sie war ja auch dann seiner Zuneigung sicher. Er würde sie nicht enttäuschen. Selbst wenn sie das Schlimmste erfahren sollte, fürchtete sie nicht, seine Liebe zu verlieren.

 

Am nächsten Morgen wachte sie wieder mit dem Gedanken an Monk’s Chase und den kleinen Bücherschrank auf. Am Nachmittag faßte sie einen Entschluß. In ihrem Besitz befand sich auch der Schlüssel der hinteren Tür …