Philosophie Wörterbuch

Histmat

Historischer Materialismus

Der historische Materialismus, ein Zweig des dialektischen Materialismus beschäftigt sich mit der geschichtlichen Entwicklung der Menschengattung, der Gesellschaften und der gesellschaftlichen Klassen. Er geht davon aus, dass die Geschichte auf der materiellen Entwicklung der Gesellschaften mit ihren Produktionsweisen basiert.

Abkürzend wird der historische Materialismus auch als Histmat bezeichnet.

Holism E

Epistemischer Holismus

Als epistemischen bzw. erkenntnistheoretischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der jede Theorie ein Ganzes ist.

Einzelne Sätze einer Theorie können nicht isoliert bestätigt oder falsifiziert werden. Es gibt kein experimentum crucis.

Werden Prognosen einer Theorie durch Experimente nicht bestätigt, gibt es immer mehrere Möglichkeiten der Korrektur der Theorie bis hin zur Abänderung logischer Gesetze.

Diese Position geht auf Duhem zurück. Sie wird von Quine, erweitert und ist als Duhem-Quine-These bekannt.

Quine bestreitet den Dualismus von analytischen und synthetischen bzw. apriorischen und aposteriorischen Aussagen. Quine hält jedoch an dem Dualismus zwischen theoretischen Aussagen und Beobachtungssätzen fest.

Andere Autoren (Hanson, Kuhn, Feyerabend, Putnam, Rorty) gaben auch diesen Dualismus auf.

Eine große Rolle spielt der epistemische Holismus in Kohärenztheorien des Wissens oder der Rechtfertigung. So ist z. B. Neurath epistemischer Holist.

Holism M

Methodischer Holismus

Als methodischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der die Erklärung von etwas nicht auf die Beschreibung des Verhaltens von Teilen von ihm reduziert werden kann. U. a. wird die Ordnung verschiedener Theorien oder Wissenschaften nicht so gedacht, dass diese auf eine fundamentale Theorie bzw. Wissenschaft reduziert werden können. Im Gegensatz zum methodischen Holismus steht in gewisser Weise der Merismus (La Mettrie, Weismann).

Das ursprüngliche Anliegen (L. von Bertalanffy, M. Hartmann) des methodischen Holismus war eine neue Metabiologie, durch die sowohl der Mechanizismus als auch der Vitalismus überwunden werden sollte.

Der eigentliche methodische Holismus, begründet durch Haldane, systematisiert von Smuts und vertreten und abgewandelt von A. Meyer, Meyer-Abich, Dacqué u. a., will über die Metabiologie hinaus eine neue Ontlogie schaffen, geht damit in den ontischen Holismus über.

Ausgehend von der Entdeckung, dass selbst das Atom nicht letzter unteilbarer Baustein der Materie, sondern eine in sich strukturierte Ganzheit ist, von der Entdeckung der Isomerie in der Chemie und der Gestaltpsychologie, wurden Strukturiertheit und Ganzheitlichkeit als grundlegende Eigenschaft der Materie betrachtet.


Holism O

Ontischer Holismus

Als ontischen bzw. ontologischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der die Welt ein Ganzes ist, das nicht aus Teilen besteht.

Zum ontischen Holismus ist die antike Theorie der All-Einheit zu zählen, die u. a. von Parmenides vertreten wurde.

Von seinen Nachfolgern wird der ontische Holismus aufgegeben, indem dem All-Einen ein zweites Prinzip gegenübergestellt wird.

Spinoza betrachtet alles was existiert als Existensweise genau einer Substanz. Diese Substanz identifiziert er mit Gott und der Natur.

Hegel nimmt das antike Konzept der All-Einheit auf und denkt alles, was es gibt, als Moment der dialektischen Entwicklung eines Geistes, der mit der Welt identisch ist.


Holism S

Semantischer Holismus

Als semantischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der jede Sprache ein Ganzes ist.

Die Bedeutung eines Wortes oder Satzes kann nicht isoliert verstanden werden, sondern nur im Kontext der gesamten Sprache.

Vertreter des semantischen Holismus sind Quine, und Davidson.

Gesell P

Philosophische Gesellschaft

Während Husserl in Göttingen wirkte (1901-1916), bildete sich ein Gesprächskreis dieses Namens, indem Schüler und Studenten Husserls arbeiteten. Zu ihnen gehörte z. B. Edith Stein.

Husserl selbst hat diesen Gesprächskreis ins Leben gerufen.

Als Hedwig Conrad-Martius 1910 nach Göttingen kam, wurde sie schnell Vorsitzende dieser Gesellschaft.

Die Philosophische Gesellschaft ist später als Göttinger Schule in die Philosophiegeschichte eingegangen.

Gesischl

Gesicherter Schluss

Als gesicherten Schluss bezeichnet man einen mittelbarer Schluss dessen Schlusssatz wahr ist.

Gestalt

Gestaltpsychologie

Die Gestaltpsychologie entstand gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihre philosophischen Wurzeln sind zum Teil in der Strukturpsychologie von Felix Krueger und seiner Leipziger Schule, in der Philosophie von F. Brentano, in der Grazer Schule von A. Meinong und in der Phänomenologie von E. Husserl zu suchen.

Der Begriff der Gestalt bzw. der Gestaltqualität wurde von Ch. von Ehrenfels (1890) zuerst formuliert und am Beispiel einer Verlaufsgestalt, der Melodie, demonstriert.

Eine solche Gestalt kann nach Ehrenfels nicht als Summe der sie konstituierenden Töne interpretiert werden, da sie transportierbar sei, wobei die Qualität des Ganzen erhalten bleibe.

Diese beiden Merkmale – Übersummativität und Transponierbarkeit – seien konstituierend für alle echten Gestalten (Ehrenfelskriterien).

Gemeint sind in allen Fällen psychische Phänomene, vor allem der Wahrnehmung, meist demonstriert am Beispiel der optischen Wahrnehmung.

Die Ursache solcher psychischen Phänomene wird in der Grazer Schule in der Intentionalität, in der Leipziger Schule im Gefühlsgrund des Erlebens und in der Gestaltpsychologie der Berliner Schule in den Gestaltgesetzen des phänomenalen Feldes gesucht.


Gewissh

Gewißheit

Der Anspruch von Gewißheit wird danach unterschieden, ob damit ein gesichertes Wissen (objektive Gewißheit) oder Sicherheit in der Überzeugung (subjektive Gewißheit) gemeint ist. Gewißheit meint entweder die objektive Wahrheitsfindung, d. h. ein Sachverhalt ist verfügbar, oder die subjektive Form der Wahrheitsanerkennung, d. h. das Verfügen über einen Sachverhalt oder alternativ die Ungewißheit bezüglich dieses Sachverhaltes.

Den Zustand der Ungewißheit nennt man Zweifel.

Descartes beanspruchte auf der Grundlage seines methodischen Zweifels, die Selbstgewißheit des Denkenden als objektive Gewißheit ausgewiesen zu haben.

Bei Hegel stellt die sinnliche Gewißheit ein erstes unmittelbares Wissen dar.

Es gibt nach Milhaud eine mathematisch-logische Gewißheit, die um so weniger objektiv ist, desto strenger sie ist. Die logische Gewißheit beruht auf dem Satze des Widerspruches Sie hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Die mathematische Gewißheit ist subjektiver Art, da sie auf Schöpfungen des Geistes zu Zwecken der Exaktheit beruht. Sie basiert auf (empirisch beeinflußten) fiktiven Begriffen oder Symbolen von Selektionswert, welche die Wissenschaft fördern.


Glueck

Glück

Glück ist in der Alltagssprache zunächst das Eintreffen eines zwar erhofften, aber unwahrscheinlichen günstigen Ereignisses.

Die Glückseligkeit ist der Zustand vollkommener Befriedigung, vollkommener Wunschlosigkeit, ein Ideal, dessen Verwirklichung durch sinnvolles Wirken und Zusammenwirken erstrebbar ist.

Euthymia (griech. Freude, Frohsinn) nennt Demokrit die wahre Glückseligkeit.

Die Glücksfähigkeit ist den Persönlichkeitswerten zuzurechnen, denn der Glücksfähige erhöht durch sein Beispiel den Wert des Lebens und die Bereitschaft, ethische Werte als solche zu erkennen und zu verwirklichen.

Eine Ethik, die die Glückseligkeit als Ziel und Motiv alles Strebens betrachtet, heißt Eudämonismus. Der Eudämonismus ist eng mit dem Hedonismus verwandt.

Einen Eudämonismus vertreten Sokrates, Epikur, Spinoza, Leibniz, Shaftesbury, Feuerbach, Strauß, Sigwart, Dühring, Bentham, Sidgwick, Becher, Spencer u. a.

Der Utilitarismus kann dem Eudämonismus zugerechnet werden.

Häufig ist der Eudämonismus mit einem Hedonismus verbunden.

Dies hat unter anderem dazu geführt, dass man ein Paradoxon des Eudämonismus als Paradoxon des Hedonismus bezeichnet. Es besagt, dass diejenigen, die um des Glückes willen nach Glück streben, es oft verfehlen, während andere es bei der Beschäftigung mit ganz anderen Zielen finden.

Die griechische Ethik unterschied zwischen Eutychia, der Gunst der Umstände und des Schicksals, und Eudaimonia, dem Empfinden dieser Gunst, dem Glücksgefühl.

Das Glücksgefühl hängt nicht von den erreichten Glücksgütern ab, sondern von der eigenen Glücksfähigkeit.