Philosophie Wörterbuch

Nonsequi

non sequitur

Non sequitur (lat. es folgt nicht) ist die Bezeichnung für den logischen Fehler in einem Beweis, der durch einen Verstoß gegen den Satz vom zureichenden Grunde im Beweisprozeß hervorgerufen wird.

Der Fehler besteht darin, dass zur Bestätigung einer These Argumente benutzt werden, die für sich genommen wahr sind, die jedoch keine zureichende Begründung für die These sind und daher die aufgestellte These nicht beweisen.

Normbed

Normalbedingungen der mehrwertigen Wahrheitswertfunktionen

Wir sagen, dass eine mehrwertige Wahrheitswertfunktion die Normalbedingung erfüllt, wenn gilt, dass sie nur die Quasiwahrheitswerte 0 oder 1 annimmt, falls die Argumente aus der Menge {0, 1} sind.

Wir sagen eine einstellige Wahrheitswertfunktion non(x) erfüllt die Normalbedingung der Negation, falls non(0) = 1 und non(1) = 0.

Wir sagen eine zweistellige Wahrheitswertfunktion et(x, y) erfüllt die Normalbedingung der Konjunktion, falls et(1, 1) = 1 und et(1, 0) = et(0, 1) = et(0, 0) = 0.

Wir sagen eine zweistellige Wahrheitswertfunktion vel(x, y) erfüllt die Normalbedingung der Alternative, falls vel(1, 1) = vel(1, 0) = vel(0, 1) = 1 und vel(0, 0) = 0,.

Wir sagen eine zweistellige Wahrheitswertfunktion seq(x, y) erfüllt die Normalbedingung der Implikation, falls seq(1, 1) = seq(0, 1) = seq(0, 0) = 1 und seq(1, 0) = 0.

Die Erfüllung der Normalbedingungen ist unabhängig von der Erfüllung der Standardbedingungen.

Normeth

Normative Ethik

Normative bzw. präskriptive Ethik heißt derjenige Zweig der Ethik, der diskutiert, welche Moral die richtige ist. Sie versucht diese Moral zu begründen und zu systematisieren.

Meist vollzieht sich die Begründung so, dass alle moralischen Urteile auf ein oder mehrere fundamentale Prinzipien zurückgeführt werden. Die Prinzipien selbst werden durch den Hinweis auf ihren evidenten Charakter oder durch Hinweis auf ihre Fähigkeit, alle relevanten Züge der moralischen Urteile zu umfassen, gerechtfertigt.

Viele Moralphilosophen behaupten, dass sie keine neue Moral vorschreiben, sondern die schon geltende Moral begründen und systematisieren (Aristoteles, Kant, Mill). Andere lehnen jedoch die geltende Moral bewusst ab und stellen statt dessen eine neue auf (Platon, Nietzsche).

Normspr

Philosophie der normalen Sprache

Die Philosophie der normalen Sprache (ordinary language philosophy) stellt eine Abkehr von der Philosophie der idealen Sprache und den damit verbundenden Forderungen nach explizierter Definiertheit der Wörter und exakter Festlegungen durch Regeln dar.

Grundlegend für die Entwicklung der Philosophie der natürlichen Sprache ist Wittgensteins Argumentation gegen die Festlegung einer Wortbedeutung durch eine explizite, dem Gebrauch vorangehende Sprachregel. Um nicht in den mit einer solchen Bedeutungsfestlegung verbundenden unendlichen Regreß zu verfallen, wenn wir die Bedeutung durch eine Regel festlegen wollen und für diese Festlegung eine Regel der richtigen Festlegung benötigen, müssen wir von einem Sprachverständnis ohne explizite Regelkenntnis zurückgreifen.

Wittgenstein ersetzt die Regelkenntnis als Quelle des Sprachverständnisses durch die Festlegung der Wortbedeutung durch den geregelten Gebrauch.

Nach Ryle besteht die philosophische Aufgabe der Sprachanalyse darin, die logische Struktur von Sachverhalten über die syntaktische Struktur von Sachverhaltensbeschreibungen aufzudecken.

Mit Hilfe der Alltagssprache erscheint es ihm entscheidbar, ob ein vorliegender Satz sinnvoll oder absurd ist.

Ryle unterscheidet zwischen Wörtern für Ereignisse und Wörtern für Dispositionen. Diese Differenzierung soll verhindern, Dispositionen wie sich beeilen, mit Überlegunghandeln, etwas absichtlich tun nach dem Muster von Vorgägen (singen, laufen) zu behandeln.

Austin sucht nach einer Antwort auf die Frage, was man mit den Wörtern tun kann (how to do things with words). Er beschränkt sich dabei nicht wie Wittgenstein auf die Unterscheidung von Gebrauchsweisen. Er versucht in seiner Sprechakttheorie eine systematische Ordnung der Funktionen der Sprache zu finden.

Notcontd

Notiones contradictoriae

Lateinische Bezeichnung für kontradiktorische Begriffe.

Nebenbeg

Nebenbegriff

Nebenbegriffe nennt man Begriffe, die gleichermaßen ein und demselben Gattungsbegriff untergeordnet sind.

Die Nebenbegriffe gehören zu den vereinbaren Begriffen.

Nebenbegriffe werden auch koordinierte Begriffe genannt.

Negbegr

Negativer Begriff

Begriff, der das Fehlen einer gewissen Eigenschaft im Gegenstand widerspiegelt, z. B. nicht schön, mittellos. Nach Aristoteles darf ein Begriff nicht negativ sein.

Negmehr

Wahrheitswertfunktionen für Negationen

Häufig wird zur Beschreibung der Negation in Systemen mehrwertiger Logik die Wahrheitswertfunktion non1 verwendet, die sich durch die Formel

non1(x) =df 1 – x

beschreiben lässt. Man nennt diese Negation auch &;ukasiewiczTarski-Negation.

In der fünfwertigen Logik ergibt sich folgende Funktionstabelle

Die Negation non1 fällt mit der dreiwertigen Negation von &;ukasiewicz [1] und für den allgemeinen Fall mit der Negation von &;ukasiewicz und Tarski [2] zusammen. Sie entspricht beispielsweise auch der (dreiwertigen) inneren Negation von Bo&;var.

Diese Negation erfüllt die Normalbedingung der Negation, aber wenn es den Quasiwahrheitswert 1/2 gibt nie die Standardbedingung der Negation.

Eine andere Negation hat Post [3] verwendet. Sie wird auch als Post-Negation bezeichnet. Diese Negation lässt sich in die Formel:

non2 =df x – (1 / (M – 1)), falls x &; 0, 1 sonst

bringen, wobei M die Anzahl der Quasiwahrheitswerte ist.

In der fünfwertigen Logik ergibt sich folgende Funktionstabelle

x01/41/23/41 non1(x)13/41/21/40

Während die Funktion non1 auch bei unendlichen Quasiwahrheitsmengen sinnvoll ist und auch von
&;ukasiewicz und Tarski zu verwendet wurde, ist non2 nur für endliche Quasiwahrheitswertmengen sinnvoll. Man kann sie aber auf verschiedene Weise für unendliche Quasiwahrheitswertmengen verallgemeinern. Eine natürliche Verallgemeinerung ist die Formel

non2 =df x, falls x &; 0, 1 sonst

für die unendliche Wahrheitswertmenge.

Die Funktion non1 erfüllt die Normalbedingung der Negation, die Funktion non2 dagegen nicht, falls M > 2 ist.

Bei Gödel findet sich eine weitere Negation, die sich daher zu Recht als Gödel-Negation bezeichnen lässt und wie folgt definiert ist:

non3(x) =df 1, falls x = 0, 1 sonst

In der fünfwertigen Logik ergibt sich folgende Funktionstabelle

x01/41/23/41 non2(x)101/41/23/4

Diese Negation erfüllt zwar die Normalbedingung der Negation, aber nicht allgemein die Standardbedingung der Negation.


[1] &;ukasiewicz, J.: O logice trójwarto&;ciowej, Ruch Filozoficzny 5 1920, 170f.;
engl. in: &;ukasiewicz, J.: Selected Works (ed. L. Borkowski) Amsterdam/London/Warschau 1970
[2] &;ukasiewicz, J./Tarski, A.: Untersuchungen über den Aussagenkalkül, Comptes Rendus Séances Société des Sciences et Lettres Varsovie, Cl. III, 23 (1930), 30 – 50
[3] Post, E. L.: Introduction to a general theory of elementary proposition, American Journal Mathematics 43 (1921), 163 – 185

Neid

Neid

Aristoteles hebt den Neid (phontos) vom Unwillen gegen solche ab, die zu unrecht Güter besitzen (nemesis).

Für Thomas von Aquin ist Neid (individia) ein Gefühl das als an sich unvernünftig gilt (aliquid de se inconveniens rationi). Neid ist seiner Art nach (ex sua specie) schlecht. Theologisch betrachtet ist Neid Sünde.

Bacon hat eine Schrift "Über den Neid verfaßt". Dort heißt es u. a.

"Denn der Neid ist eine müßgigängerische Leidenschaft, treibt sich auf der Straße herum und bleibt nicht zu Hause." (p. 32). "Der Neid folgt immer dem Vergleichen mit sich selbst." (p. 34) "… der Neid gleicht den Sonnenstrahlen, die auf einen Abhang oder eine Steilwand glühender treffen als auf eine Ebene." (p. 34)

Kant sieht im Neid ein Laster des Menschenhasses.

Hobbes spricht in De cive dem Neid auch einen konstruktiven Aspekt zu. Der menschliche Neid rechtfertigt die Akzeptanz einer Staatsmacht.

Kierkegaard sieht im Neid ein einigendes Prinzip der Gesellschaft, allerdings eines, das auf negative Weise wirkt, vor allem in leidenschaftslosen, stark reflektierten Zeiten.

Nach Rawls vermeidet eine gerechte Gesellschaft jeden entschuldbaren allgemeinen Neid ihrer Mitglieder.

Literatur

Aristoteles: Rhetorik, 1386b-1387b
F. Bacon: Über den Neid. In: Essays. Leipzig 1967 T. Hobbes: De cive Op. lat. II, ed. G. Molesworth. Reprint Aalen 19966, 209ff.
S. Kierkegaard: Eine literarische Anzeige (Gesammelte Werke 17. Abtlg.) Düsseldorf 1954, 86
J. Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1975, 575-587
Thomas v. Aquin: S. th. I-II,q.24,a.4,II-II,q.36,a.2

Nelson

Grelling’s und Nelson’s Antinomie

K. Grelling’s und L. Nelson’s Antinomie ist eine semantische Antinomie.

Die Antomomie, 1908 veröffentlicht, wurde zuweilen fälschlich H. Weyl zugeschrieben.

Gewisse Ausdrücke haben selbst die Eigenschaft, die sie ausdrücken, und können deshalb wahr von sich selbst behauptet werden, z. B. ist deutscher Ausdruck ein deutscher Ausdruck. Diese Ausdrücke nennt man autologisch oder homologisch. Andere Worte, z. B. blau, haben diese Eigenschaft nicht. Das Wort blau ist nicht blau. Solche Worte werden deshalb heterologisch (von griech. heteros, anders, verschieden, und logos, Wort, Ausdruck) genannt.

Grelling und Nelson fragen nun, ob heterologisch heterologisch ist oder nicht. Wenn der Ausdruck heterologisch ist, kann er offenbar von sich selbst ausgesagt werden, weshalb er nicht heterologisch ist. Ist er aber nicht heterologisch, kann er nicht von sich selbst ausgesagt werden, weshalb er heterologisch sein muss.

x01/41/23/41 non1(x)10000