Geduldig ließ sie sich auf den Rücken des Pferdes heben und saß dort wie eine Schlafwandlerin, die nicht wacht, aber auch nicht wandelt. Der christliche Mann band zwei Zweige mit Bastfäden so zusammen, daß sie ein Kreuz bildeten, das hielt er hoch in der Hand, während sie durch den Wald ritten. Der wurde dichter und dichter, der Weg schmaler, die Schlehenbüsche standen vor ihnen wie Schlagbäume, so daß sie um sie herum reiten mußten. Die Quelle wurde nicht zum rinnenden Bache, sondern zu einem stehenden Sumpf, auch um ihn mußte man herumreiten. Aber Stärke und Erquickung lagen in der frischen Waldluft, und eine nicht geringere Kraft war in den Worten der Milde, die voller Glauben und christlicher Liebe erklangen, von dem innigen Wunschebeseelt, die schon Überwundene zu Licht und himmlischem Leben emporzufahren.
Der Tropfen, heißt es ja, höhlt den harten Stein. Die Meereswogen schleifen mit der Zeit die kantigen Felsblöcke rund, der Tau der Gnade, der zum ersten Male auf Klein-Helga niederrann, höhlte das Harte, rundete das Scharfe; wohl war es noch nicht zu erkennen, sie selbst wußte es nicht; was weiß der Keim in der Erde bei der erquickenden Feuchtigkeit und dem warmen Sonnenstrahl davon, daß er Pflanze und Blüte in sich trägt.
Wie der Gesang der Mutter unmerklich in der Seele des Kindes haftet, und es die einzelnen Worte nachlallt, ohne sie zu verstehen, bis sich diese später in den Gedanken sammeln und sichten, so wirkte auch hier das schöpferische Wort der Allmacht.
Sie ritten aus dem Walde hinaus, hin über die Heide, wieder durch pfadlose Wälder; da trafen sie gegen Abend auf Räuber.
»Wo hast Du das schöne Püppchen gestohlen?« riefen sie, hielten das Pferd an und rissen die beiden Reiter herunter, denn sie waren in großerÜberzahl. Der Priester hatte keine andere Waffe als das Messer, das er Klein-Helga entwunden hatte, damit stieß er um sich. Einer der Räuber schwang seine Axt, doch der junge Christ sprang glücklich zur Seite, sonst wäre er erschlagen worden; nun fuhr die Schneide der Axt tief in den Hals des Pferdes, daß das Blut herausströmte und das Tier zu Boden stürzte. Da fuhr Klein-Helga, wie aus tiefen Gedanken geweckt, empor und warf sich über das stöhnende Tier. Der christliche Priester stellte sich als Schutz und Schirm vor sie, aber einer der Räuber schwang seinen schweren Eisenhammer gegen seine Stirn, so daß sie zerschmettert wurde und Blut und Hirn rings umher spritzten. Tot fiel er zur Erde nieder.
Die Räuber ergriffen Klein-Helga an ihrem weißen Arm; da, im gleichen Augenblick, ging die Sonne unter, und als der letzte Sonnenstrahl erlosch,