verwundeten Halse leuchtete ein Schwacher Schein, und neben ihm zeigte sich der erschlagene christliche Priester. »Schöner als Baldur« würde die Wikingerfrau gesagt haben, und doch kam er wie in feurigen Flammen.
Es lag ein Ernst in den großen, milden Augen, ein so gerechtes Urteil, ein so durchdringender Blick, daß es gleichsam bis in den tiefsten Herzenswinkel der nun Erprobten drang. Klein-Helga zitterte, und ihre Erinnerung erwachte mit einer Kraft wie am Tage des Jüngsten Gerichts. Alles, was ihr Gutes erwiesen, jedes liebevolle Wort, das ihr gesagt worden war, wurde gleichsam lebendig. Sie erkannte, daß es die Liebe gewesen, die sie hier in den Tagen der Prüfung aufrecht erhalten hatte. Sie sah klar, daß sie nur den Trieben ihrer Stimmungen gefolgt war, selbst aber nichts dazu getan hatte. Alles war ihr gegeben, und alles zu ihrem Besten gefügt worden. Sie beugte sich nieder, demütig und voller Scham vor dem, der in jeder Falte ihres Herzens lesen konnte, und im gleichen Augenblick fühlte sie sich wie von einem Blitzstrahl der Läuterung, dem flammenden Funken des heiligen Geistes durchdrungen.
»Du Tochter des Sumpfes« sagte der christliche Priester, »aus dem Sumpfe, aus der Erde bist Du gekommen – aus der Erde sollst Du einst auferstehen! Der Sonnenstrahl in Dir gebt, seines Körpers bewußt, zu seiner Quelle zurück, der Strahl, nicht von der Sonne, sondern der Strahl von Gott. Keine Seele soll verloren gehen. Doch lang ist das Zeitliche, die Flucht des Lebens in das Ewige. – Ich komme aus dem Lande des Todes; auch Du mußt einmal durch die tiefen Täler in das leuchtende Bergland, wo Gnade und Vollendung wohnen. Ich führe Dich nicht zur christlichen Taufe, erst mußt Du den Wasserschild über dem tiefen Grunde des Moors sprengen, die lebendige Wurzel Deines Lebens und Deiner Wiege heraufziehen, erst die Dir zugedachten Taten verrichten, ehe die Weihe kommen darf.«
Und er hob sie auf das Pferd und reichte ihr ein goldenes Räuchergefäß wie das, was sie zuvor in der Wikingerburg gesehen hatte. Ein Duft, gar süß und kräftig, drang daraus hervor. Die offene Wunde auf der Stirn des Erschlagenen leuchtete wie ein strahlendes Diadem. Er nahm das Kreuz vom Grabe, hob es hoch empor, und nun jagten sie von dannen durch die Lüfte, hin über den rauschenden Wald, über die Hügel hin, in denen einst die Hünen, auf ihren toten Pferden sitzend, begraben worden waren. Und die mächtigen Gestalten erhoben sich, ritten heraus und hielten auf den Spitzen der Hügel. Im Mondschein erstrahlte um ihre Stirnen der breite Goldring mit dem Goldknoten, ihre Mäntel flatterten im Winde. Der Lindwurm, der die Schätze bewachte, erhob sein Haupt und blickte ihnen nach. Das Zwergenvolk guckte aus Hügeln und Ackerfurchen, überall schimmerten ihre roten, blauen und grünen Lichtlein auf, es war ein