Semele

Semele-Problem

Semele zeugte mit Zeus Dionysos. Auf den Rat der eifersüchtigen Hera, die ihr in Gestalt einer Amme erschien, wünschte Semele sich von Zeus, er sollte ihr in seiner eigentlichen Gestalt erscheinen. Dieser, gebunden durch das Versprechen, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, erschien in Blitz und Donner und verbrannte sie. Ihr ungeborenes Kind, Dionysos, wurde durch Zeus gerettet, der es im Schenkel eingenäht austrug.

Ich nenne das Problem, ob man in solchen Situationen (in denen derjenige dem man etwas versprochen hat, einen erheblichen Nachteil von der Einlösung des Versprechens hat) wie Zeus ein Versprechen halten muss, Semele-Problem. Immerhin hat Zeus zumindest die Folgen der Versprechenseinlösung so gering wie möglich gehalten.

Das Semele-Problem verdeutlicht ein Problem u. a. der Sprechakttheorie, in der aus einem Versprechen die Pflicht zu dessen Einlösung abgeleitet wird.

Sinndat

Sinnesdatum, Sinneseindruck

Mit Sinnesdaten (engl. sense data, von lat. datum gegeben) bzw. Sinneseindrücke werden von modernen Empiristen diejenigen Eindrücke bzw. inneren Erlebnisse bezeichnet, die im Bewußtsein durch Einwirkung äußerer Gegenstände auf die Sinnesorgane hervorgerufen werden. Die Sinneseindrücke werden durch die Apprehension erlangt.

Der Begriff Sinneseindruck ist mit dem Sinneseindruckes (phantasia) verwandt.

Die klassischen englischen Empiristen nannten die Sinnesdaten Idee (Locke: idea) oder Sinneseindruck (Hume: impression).

Meist nimmt man an, dass ein Sinnesdatum etwas Inneres, Privates und Einfaches ist. Andere betrachten die Sinnesdaten als Teil des physischen Gegenstands oder als etwas, das in bezug auf den Gegenstand bewusstseinsmäßig bzw. physisch neutral ist.

Sinnesdaten haben für Locke vor allem die Aufgabe, zwischen äußerem Objekt und dem epistemischen Subjekt zu vermitteln. Sie repräsentieren das Objekt in der Wahrnehmung. Demgegenüber streichen Berkeley und Mill gleich das Objekt und identifizieren es mit Komplexen von Sinnesdaten.

Mill hat neben den tatsächlich wahrgenommenen noch mögliche Sinnesdaten eingeführt, die niemand mehr tatsächlich empfunden haben muß.

In Russells Position des logischen Atomismus stellen die Sinnesdaten das Fundament der Wahrnehmung dar. Den Sinnesdaten korrespondieren die atomaren Sätze.

Im Phänomenalismus gilt das Sinnesdatum als unmittelbarer Wahrnehmungsgegenstand und als Grundlage der Erkenntis.

Weiter nennen einige Empiristen alles, was direkt im Akt der Perzeption gegeben ist, ein Sinnesdatum, ganz gleich, ob es einfach oder komplex ist.

Literatur

  • J. L. Austin: Sinn und Sinneserfahrung, Stuttgart 1975


Sinnerkl

Erklärung aus Sinnzusammenhängen

Als Erklärung aus Sinnzusammenhängen bezeichnet man die Erklärung eines Phänomens durch den Hinweis, dass es in einem bestimmten Zusammenhang als sinnvoll erscheint. Diese Erklärungsform wird oft in der Literatur- und Geschichtswissenschaft benutzt, um eine bestimmte Textstelle oder eine geschichtliche Erscheinung aus dem Sinnzusammenhang, in dem sie lokalisiert ist, zu erklären.

Es ist umstritten, ob Erklärung aus Sinnzusammenhängen durch Ursachenerklärungen und Dispositionserklärungen ersetzt werden können oder überhaupt mit ihnen vereinbar sind.

Sinnest

Sinnestäuschung, kognitive Täuschung

Sinnestäuschungen werden Illusionen der Wahrnehmung genannt.

Bei allen Sinnen können Täuschungen vorkommen.

Am besten untersucht sind allerdings die visuellen Täuschungen.

Beispiele von Sinnestäuschungen sind:

  • ein teilweise im Wasser liegender Stock, der gebrochen erscheint;
  • zwei Eisenbahngleise, die sich in der Entfernung zu treffen scheinen;
  • die Müller-Leyer-Illusion (auch: Müller-Illusion)

    Die beiden gleichlangen Linien scheinen wegen der verschiedenen Pfeilspitzen unterschiedlich lang zu sein.

  • das Kontrast-Gitter

    Das Kontrast-Gitter von E. Hering erzeugt eine Randkontrast-Täuschung. Blickt man auf den mittleren Zwischenraum, so erscheinen zwischen den anderen weißen Kreuzungspunkten dunkle Stellen, aber nicht auf dem gerade fixierten Zwischenraum.

  • Die Höhentäuschung von Benesch

    Der horizontale Strich scheint kürzer als der vertikale: Wenn man nachmißt sind beide gleich lang. Diese Höhentäuschung wirkt besodners beim Schätzen der Höhe von Gebäuden (Anitsotropie).

  • Der Ehrenstein-Effekt von W. Ehrenstein

    Zwischen strahlenförmigen Linien wirken die ausgesparten Überkreuzungen wie aufgeklebte Kreisfiguren.

  • Die Zöllner-Illusion

    Durch die Seitensprossen verschieben sich, wie J. F. K. Zöllner herausfand, die parallelen Linien. Blickt man aus einer unteren Ecke auf die Parallelen, so verschieden sie sich noch mehr. Dagegen ganz schräg von unten gesehen werden sie wieder parallel.

Die Sinnestäuschung lässt sich durch die Tatsache, dass sie als solche erkannt wird, nicht beheben. Dies wird manchmal als Beleg für die These betrachtet, dass Wahrnehmungen unabhängig von Überzeugungen sind.

Von den Skeptikern sind besonders gerne Beispiele für sich widersprechende Sinneseindrücke vorgetragen worden.

Derselbe Turm erscheint aus der Entfernung rund und klein und aus der Nähe eckig und groß.

Verschiedene Substanzen scheinen für verschiedene Leute angenehm oder ekelhaft zu sein, wie man nach der Verschiedenheit der Substanzen urteilt, die diese verschiedenen Leute gerne essen.

Ein ähnliches Beispiel ist das Phenylthiocarbamid-Beispiel. Phenylthiocarbamid (PTC) hat für manche Leute einen unangenehmen und für andere überhaupt keinen Geschmack. Und es hat sich herausgestellt, dass dies vererbt wird. Ob PTC unangenehm schmeckt, hängt von den Eltern ab und davon, ob sie einen von ihnen oder beiden unangenehm geschmeckt hat. Der Skeptiker könnte fragen: Ist PTC tatsächlich ein unangenehm schmeckender Stoff oder nicht?

Bekannt ist auch das folgende Experiment: Man nehme drei Schüsseln und fülle die eine mit Wasser, das als heiß, die zweite mit Wasser, das als kalt, und die dritte mit Wasser, das als warm empfunden wird. Dann stecke man seine rechte Hand in die erste Schüssel und die linke in die zweite. Und schließ stecke man beide in die dritte Schüssel, die dann der rechten Hand kalt und der linken Hand heiß erscheinen wird. Ist sie nun tatsächlich heiß oder kalt?

Manchmal ist die Information, die einer der Sinne uns gibt, im Konflikt mit der, die ein anderer gibt. Eine Oberfläche mag glatt erscheinen, wenn wir sie betrachten, und rauh, wenn wir sie berühren. Ist sie nun wirklich rauh oder glatt?

Das alles heißt – so die Skeptiker -, dass wir niemals einfach auf der Grundlage unserer Erfahrung annehmen können, dass irgendeine Beobachtungsaussage wahr ist.

Sinnestäschungen sind von kognitiven Täuschungen zu unterscheiden, die erst bei der Verarbeitung der Wahrnehmung entstehen.

Ein Beispiel einer kognitiven Täuschung ist der Necker-Würfel, dessen Vorder- und Hinterseite in der Wahrnehmung irrtümlich ausgetauscht werden.

Scheid

Ausscheidende Induktion

Man unterscheidet bei der Analyse von Induktionen aufzählende Induktionen von ausscheidenden Induktionen (auch: eliminierende Induktionen, eliminative Induktion oder ausschaltende Induktion genannten).

Bei der ausscheidenden Induktion werden aus der Gesamtzahl der möglichen Hypothesen alle ausgeschaltet, die nicht in Frage kommen.

Die Methode der ausschaltenden Induktion hat vor allem Mill untersucht.

Mill unterschied fünf mögliche Fälle der ausschaltenden Induktion, die bei ihm Methoden zur Untersuchung kausaler Zusammenhänge sind, nämlich

  1. die Methode der Ähnlichkeit,
  2. die Methode des Unterschiedes,
  3. die vereinigte Methode von Ähnlichkeit und Unterschied,
  4. die Methode der Reste und
  5. die Methode der begleitenden Veränderung.


Schluss

Schluss

Als Schluss bezeichnet man die logische Form, die es gestattet, aus vorhandenen Gedanken neues Wissen zu erhalten.

Je nach der Form der zu verbindenden Gedanken und dem Charakter des Zusammenhangs zwischen den Gedanken unterscheidet man eine Reihe von Kombinationsformen der Schlüsse (Deduktion, Induktion, Abduktion, Analogieschluß u. a.).

Schmerz

Schmerz

Schmerz ist in seinem ursprünglichen Sinn die durch Erregung sensibler Nerven hervorgerufene Empfindung. Diese Empfindung unterscheidet sich von der Sinnesempfindung dadurch, dass sie nur auf den eigenen Körper bezogen wird.

Sie löst schon bei geringer Intensität starke Unlust aus.

Da der Schmerz starke Unlust auslöst, wird auch diese Unlust selbst, das Wiederstreben gegen das empfundene oder wahrgenommene Übel Schmerz genannt. Der Schmerz in diesem weiteren Sinn kann sich sowohl im sinnlichen wie im geistigen finden und auch auf die Erkennntis anderer als körperlicher Schädigungen beziehen. Er heißt dann seelischer Schmerz.

Der Schmerz gilt als selbstpräsentierende Eigenschaft.

Der Schmerz ist ein Übel, da er das Erlebnis eines Übels ist.

Man unterscheidet die durch die Haut (Stechen, Schneiden, Brennen, Jucken) und die durch innere Organe ausgelösten Schmerzen.

Schmerzen heißen exzentrisch, wenn er seine Ursache an einer anderen Stelle hat als an der, wo er empfunden wird.

Ein Schmerz heißt irradiiert, wenn er sich auf andere, nicht unmittelbar betroffene Stellen überträgt.

Der Teil des menschlichen Gehirns, der mit Schmerzempfindung verbunden ist, ist die Großhirnrinde.

Bis zur 18. Schwangerschaftswoche ist die Großhirnrinde noch nicht so weit entwickelt, dass sich synaptische Vorgänge in ihr abspielen. D. h., die Signale, die bei einem Erwachsenen Schmerzempfinden auslösen werden noch nicht empfangen. Zwischen 18 und 25 Wochen erreicht das Gehirn des Fötus ein Stadium, in dem zwar synaptische Vorgänge stattfinden, der Fötus aber noch im Stadium des Schlafes verharrt und vermutlich unfähig ist, Schmerz zu empfinden. Etwa in der 30. Woche beginnt der Fötus zu erwachen und ist sicher auch schmerzempfindlich und was wichtiger ist, der Fötus ist bereits außerhalb des Mutterleibs lebensfähig.

Peter Singer hat vorgeschlagen, um auf der sicheren Seite zu sein, ab der 18. Schwangerschaftswoche Empfindungsfähigkeit anzunehmen. [1].

Die Bestimmung des Zeitpunktes spielt in der ethischen Diskussion, um die Verwendung von Föten für medizinische Zwecke eine große Rolle.


[1] Singer, P.: Praktische Ethik. Neuausgabe. Stuttgart 21994, 213

Schneibe

Sich schneidende Begriffe

Begriffe, deren Inhalt unterschiedlich ist und deren Umfänge sich teilweise decken, z. B. "Schriftsteller" und "Wissenschaftler". Einerseits ist in dem Begriffsumfang "Wissenschaftler" ein Teil des Begriffsumfangs "Schriftsteller" enthalten, andererseits ist in dem Begriffsumfang "Schriftsteller" ein Teil des Begriffsumfangs "Wissenschaftler" enthalten.

Die sich schneidenden Begriffe gehören zu den vereinbaren Begriffen. Die lateinische Bezeichnung für sich schneidende Begriffe ist: notiones inter se convenientes.

Schott

Schottische Schule

Schottische Schule nennt man eine philosophische Richtung im 18. und 19. Jahrhundert in Schottland.

Die Schottische Schule knüpft an die englische Moralphilosophie und Ästhetik an und richtet sich unter Berufung auf den common sense gegen den Humeschen Skeptizismus.

Von Thomas Reid begründet wandte sie sich neben der Erkenntnislehre und Religionsphilosophie auch der Ethik, Psychologie und Ästhetik zu.

Wichtige Vertreter sind James Beattie, Catherine Esther Beecher, Dugald Stewart, Thomas Brown und James Mackintosh.

Die Philosophie des common sense wirkt auch in Deutschland (F. H. Jacobi und die Popularphilosophie), Frankreich (Royer-Collard) und England (William Hamilton).

Schreck

Abschreckungstheorie

Als Abschreckungstheorie bezeichnet man Theorien, nach denen der Zweck der Strafe in der Einschüchterung des Verbrechers und anderer besteht.