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Soziologischer Holismus

Als soziologischern Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der historische und gesellschaftliche Phänomene nicht auf die Beschreibung und Erklärung des Verhaltens von Individuen reduziert werden kann.

So gibt es Durkheim zufolge irreduzible, soziale Ganzheiten mit besonderen Eigenschaften.

Der soziologische Holismus hat den methodologischen Holismus zur Folge, aber nicht umgekehrt.

Holism4

Methodologischer Holismus

Als methodologischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der Ganzheiten als soziale Ganzheiten untersucht werden sollen und nicht auf individuelle Besonderheiten, z. B. auf Handlungen von Einzelpersonen, reduziert werden (Nagel, Mandelbaum, Goldstein) sollen.

Der methodlologische Holismus ist eine Konsequenz des soziologischen Holismus, aber nicht umgekehrt.

Holism5

Sprachphilosophischer Holismus

Als sprachphilosophischen Holismus bezeichnet man die holistische Position, gemäß der die grundlegende, sinngebende Einheit eine vollständige Sprache ist. Diese Position findet sich bei Quine, und beim späten Wittgenstein.

Homonym

Homonymie

Als Homonymie bezeichnet man einen Fehlschluß der dadurch entsteht, dass ein klangleiches Wort in ein und demselben Schluss zur Bezeichnung verschiedener Begriffe gebraucht wird.

Bereits in der Antike war folgende Homonymie bekannt:

Die vom Kranken eingenommene Arznei ist gut. Je mehr Gutes man tut, desto besser ist es. Daraus folgt: Arznei muss man möglichst viel einnehmen.

In diesem Sophismus wird die Mehrdeutigkeit des Wortes gut ausgenutzt. Es bezeichnet im Obersatz die Wirkung einer Arznei auf den Kranken, kennzeichnet aber im Untersatz das Handeln von Menschen, anderen Gutes, Angenehmes, Nützliches zu tun.

Ein anderes Beispiel:

Ale Metalle sind chemische Elemente. Messing ist ein Metall. Daraus folgt: Messing ist ein chemisches Element.

In der ersten Prämisse bezeichnet das Wort Metall das, was man in der Chemie unter Metall versteht, in der zweiten Prämisse das Wort Metall im Sinne der Alltagssprache.

Die Homonymie ist oft mit einem quaternio terminorum verbunden.

Honig

Honig-Beispiel

Das Beispiel des Honigs hat spätestens seit Xenophanes von Kolophon Geschichte.

Es findet sich nämlich folgendes Fragment:

"Wenn Gott nicht den gelben Honig hätte wachsen lassen, so würden sie sagen, die Feigen seien viel süßer." [1]

Das Beispiel des Honigs findet sich auch bei Demokrit:

"Daraus, dass der Honig den einen bitter und den anderen süß erscheint, schloß Demokrit, dass er weder süß noch bitter sei." [2]

"Daß der Honig süß ist", so schreibt Timon von Phleius in seiner Schrift Über die Sinne, "setze ich nicht, dass er aber süß erscheint (phainetai), dem stimme ich zu". [3]

Im Zusammenhang damit zitiert Diogenes Laërtios einen Satz aus den Indalmoi: "Aber das Erscheinende (to phainomenon) herrscht überall, wo es hinkommt." [4]

Timon unterscheidet also:

(1) Der Honig ist süß
(2) Der Honig erscheint süß

Die Aussage (1) macht eine Aussage über die Sache, wie sie an sich ist. (2) hingegen spricht nur von einem Eindruck, den Sache auf mich oder auf uns macht. Timon lässt ausschließlich Sätze vom Typ (2) gelten. Darüber, dass mir etwas so oder so erscheint, kann man nicht streiten. Eine Widerlegung ist hier nicht möglich. Wenn ich sage, dass mir etwas so schmeckt oder erscheint, können die anderen dafür keine Begründung von mir verlangen. Weder ich noch andere können an dem, was mir erscheint, zweifeln.

Es ist möglich (2) verschieden zu lesen:

(2a) Der Honig erscheint mir süß oder
(2b) Der Honig erscheint uns als süß.

Die Lesart (2a) hätte einen Solipsismus zur Folge, jeder einzelne hätte seine eigene Welt. Sie hätte den Vorteil, dass sie ohne erkenntistheoretische Voraussetzungen auskommt.

(2b) erfordert, dass wir den Schritt in die Intersubjektivität machen und wenn schon keine objektive Welt, so doch wenigstens eine gemeinsame Welt der Erscheinungen annehmen.

Timon entscheidet sich für (2b). Der Grund ist, dass er an der Gewohnheit festhalten will [5]

Demokrit und Timon gehen beide vom Tatbestand der unterschiedlichen Geschmacksempfindungen aus, aber die Schlüsse, die sie daraus ziehen, sind verschieden. Daraus, dass der Honig dem einen süß dem anderen bitter schmeckt, schließt Demokrit, der Honig ‚an sich‘ sei weder süß noch bitter. Er bestreitet also die Existenz der sekundären Sinnesqualitäten. Demokrit macht eine Aussage über die Wirklichkeit. Er behauptet, dass die Aussage Der Honig ist weder süß, noch ist er nicht süß wahr ist.

Timon dagegen verbietet auch solche Aussagen. Der Skeptiker darf auch nicht behaupten, dass etwas weder ist noch nicht ist. Seine Reaktion auf die unterschiedliche Geschmacksempfindung ist, dass er kein Urteil fällt: weder dass der Honig süß ist, noch dass er es nicht ist.

Demokrit hält im Gegensatz zu Timon nicht nur am Wahrheitsbegriff fest, sondern er stellt zudem eine ontologische These auf, welche die unterschiedlichen Geschmacksempfindungen erklären soll: "In Wirklichkeit sind Atome und Leeres." Der Unterschied der Geschmackswahrnehmung wird also zurückgeführt auf die unterschiedliche Gestalt der Atome. Demokrit macht also nicht nur Aussagen über Erscheinungen, sondern auch über die Wahrheit.


[1] DK 21 B 38
[2] DK 68 A 134 = PH II 63
[3] Frg. 69 Diels
[4] Diogenes Laërtios: Leben und Meinungen berühmter Philosophen, IX 105
[5] Diogenes Laërtios: Leben und Meinungen berühmter Philosophen, IX 105

Gemsinn

Gemeinsinn, common sense, sensus communis

Als Gemeinsinn (lat. sensus communis, engl. common sense) oder gemeinen bzw. gesunden Menschenverstand bzw. Verstand bezeichnet man in der Philosophie ein Vermögen zu Wissen oder zu ethischen Einsichten zu gelangen, ohne auf rationale Argumente zurückgreifen zu müssen.

Wir finden den Begriff bereits in der Antike. Für Aristoteles ist der common sense eine Art innerer Sinn, ein Mittleres zwischen der Sinnestätigkeit der einzelnen Sinne und dem Verstand (De Anima III 2).

Bei Augustinus nimmt der sensus communis nicht nur das Empfinden der Sinne, sondern auch deren Nichtempfinden wahr.

Thomas von Aquinus schreibt dem sensus communis alles zu, was weder den einzelnen Sinnen noch dem Verstand zuzuschreiben ist. So gehören bei ihm u. a. Phantasie und Gedächtnis zum sensus communis.

Melanchthon unterscheidet die fünf äußere Sinne Gemeinsinn, Beurteilungsvermögen, Phantasie, Denken und Gedächtnis. Bei Descartes kommen Hunger und Durst hinzu.

Um dem Skeptizismus zu begegnen, sah die Schottische Schule in Analogie zu Humes moralischem Gefühl den common sense als feststehendes Vermögen der Beurteilung von Erkenntnis an, als Sinn für das Wahre.

Für Thomas Reid, den wichtigsten Vertreter der schottischen Schule ist die Existenz der Außenwelt common sense und damit nicht zu bezweifeln. Er widerspricht mit dieser Position u. a. Locke, Berkeley und Hume.

Stewart bezeichnet die selbstgewissen Grundsätze des common sense als Grundgesetze der menschlichen Überzeugung (fundamental laws of human belief).

Für Moore ist der common sense Maßstab der Kritik von Erkenntnistheorien. Bei Moore ist der Begriff des common sense eng mit dem Begriff des gewöhnlichen Sprachgebrauchs verknüpft.

Chisholm nimmt ähnlich wie Moore an, dass wir zumindest das wissen, von dem wir im common sense denken, dass wir es wissen.


Genethik

Genethik

Die Genethik ist der Teilbereich der angewandten Ethik, der sich mit der Kritik und Begründung von moralischen Werten, Prinzipien und Normen in Bezug auf Probleme befaßt, die sich aus der Anwendung gentechnischer Verfahren am Menschen und an der nichtmenschlichen Natur ergeben. Daher lässt sich die Genethik als Teil der Bioethik betrachten.

Solche moralischen Probleme sind u. a.

  1. Probleme hinsichtlich der durch genetische Eingriffe implizierten Risiken, ihrer Bewertung sowie der Zumutbarkeit,
  2. Probleme der Diskrepanz zwischen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten,
  3. Probleme die sich daraus ergeben, dass Verfahre neben der Therapie von Krankheiten auch die Möglichkeit der Qualitätskontrolle der menschlichen Erbausstattung ermöglichen.


Genius

Genius malignus

Am Ende seiner ersten Meditation diskutiert Descartes die Annahme, irgendein böser Geist bringe ihn dazu zu glauben, er hätte einen Körper und Sinnesorgane, mittels derer er materielle Außendinge wahrnehme, obwohl dies in Wirklichkeit nichts zutrifft. Diesen bösen Geist nennt man in der Philosophie Genius malignus.

Eine moderne Version des Genius-malignus-Argumentes ist das brain-in-the-vat-Argument.

Wenn wir die Möglichkeit einer derartigen Täuschung nicht ausschließen können, folgt (jedenfalls nach der Standardkonzeption von Wissen) aus der Genius-malignus-Idee ein umfassender Skeptizismus in bezug auf unser Wissen von der Außenwelt.


Genprox

Genus proximum

Lateinische Bezeichnung für die nächsthöhere Gattung.

Gesell P

Philosophische Gesellschaft

Während Husserl in Göttingen wirkte (1901-1916), bildete sich ein Gesprächskreis dieses Namens, indem Schüler und Studenten Husserls arbeiteten. Zu ihnen gehörte z. B. Edith Stein.

Husserl selbst hat diesen Gesprächskreis ins Leben gerufen.

Als Hedwig Conrad-Martius 1910 nach Göttingen kam, wurde sie schnell Vorsitzende dieser Gesellschaft.

Die Philosophische Gesellschaft ist später als Göttinger Schule in die Philosophiegeschichte eingegangen.