Aurelius Augustinus (354 – 430)

Der Philosoph und Theologe Augustinus wurde in Karthago in Rhetorik ausgebildet und im Jahr 374 Lehrer in diesem Fach. 383 wurde er nach Rom berufen und kurz danach in die Residenzstadt Mailand, wo er als Rhetor wirkte.

Die Krisen seiner Jugend hat Augustinus um 397/401 in seinen Bekenntnissen niedergeschrieben. Die Bekenntnisse sind eine der ersten individualistischen Selbstbiographien der Weltliteratur.

Die Lektüre von Ciceros Hortensius führte Augustinus zur Philosophie. Viele Jahre war er Anhänger der Manichäismus, dann kurz der Skepsis. In Mailand lernte er den Neuplatonismus kennen und kam durch ihn zum Christentum. 387 ließ er sich taufen. Er wurde 391 zum Priester in Hippo Regius in Nordafrika ernannt. Von 396 bis zu seinem Tod war in dieser Stadt Bischof.

Für Augustinus lassen sich Theologie und Philosophie nicht scharf unterscheiden. Diese Position zeigt sich u. a. in seiner Maxime: Ich glaube, damit ich erkennen kann (lat. credo, ut intelligam).

Ohne die göttliche Erleuchtung in unserem Glauben können wir die Weisheit (lat. sapientia), mit deren Hilfe wir zur Glückseligkeit (lat. beatitudo) gelangen, nicht erkennen.

Der Wunsch nach Glückseligkeit ist der einzige Grund zum Philosophieren. Die Philosophie ist ein Mittel, den Glauben zu vertiefen.

Augustinus knüpft an Platons Unterscheidung zwischen der veränderlichen Erscheinungswelt und der ewigen, unveränderlichen Ideenwelt der Vernunft an. Er greift Platons Gedanken, dass nur das Wirkliche voll und ganz erkannt werden kann, und Platons Dualismus zwischen Seele und Leib auf.

Gegen die Skeptiker wendet Augustinus ein: Wenn sich jemand in seinem Glauben irrt, existiert er, denn derjenige, der nicht existiert, kann auch nicht irren. Daraus folgt, wenn ich mich im Glauben an meine Existenz irre, existiere ich. Wenn ich existiere, so kann ich mich nicht in meinem Glauben an meine Existenz irren. Aus den beiden letzten Behauptungen folgt: Wenn ich mich im Glauben an meine Existenz irre, dann irre ich mich nicht im Glauben an meine Existenz. Daher irre ich mich nicht in meinem Glauben an meine Existenz. Damit gibt es zumindest eine wahre Aussage.

Augustinus hält außerdem am dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch als Voraussetzung alles Denkens und als wahre Aussage fest.

Augustinus vertrat die Lehre von der Prädistination, wonach der Mensch zur Seligkeit oder zur Verdammnis von Gott vorausbestimmt ist.

Der Mensch ist von Natur ein Gemeinschaftswesen. Die Gemeinschaft ist notwendig, damit der Mensch seine Anlagen entwickeln kann. Der Staat ist zwar nicht natürlich, aber nötig, um die schlimmsten Folgen des Sündenfalls zu beheben. Der Staat hat sich um Gesetz, Ordnung und den materiellen Wohlstand zu bemühen. Die geistige Wohlfahrt wird dem einzelnen überlassen.

Die Menschengeschichte, die Augustinus in seinem Werk De civitate dei, ist ein Kampf zweier sich bekämpfender Reiche: des Gottesreiches (civitas Dei) und des Reiches der irdisch Gesinnten (civitas terrena). Diese Reiche werden durch die Städte Jerusalem und Babylon repräsentiert. In allen menschlichen Gesellschaften sind die zwei Reiche vermischt. Erst im Jüngsten Gericht werden sie voneinander getrennt, wobei diejenigen, die von Gott zur ewigen Glückseligkeit vorbestimmt sind, von den Verlorenen gesondert werden.

Augustinus übte u. a. durch Petrus LombardusSententiae großen Einfluss auf die mittelalterliche Philosophie aus. Seine von der Stoa inspirierte Zeichentheorie beeinflußte u. a. Roger Bacon.

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