Am Morgen nach seinem Besuche zu Munckholm ließ der Gouverneur frühe seinen Wagen einspannen, in der Hoffnung, schon abgereist zu sein, wenn die Gräfin aufwachen würde; aber das Verbrechen hat keinen ruhigen Schlaf.

Der General unterzeichnete die letzten Verhaltungsregeln für den Bischof, der in seiner Abwesenheit das Gouvernement führen sollte. Eben hatte er seinen Pelzrock angezogen und wollte das Zimmer verlassen, als der Thürsteher die Gräfin meldete.

Der alte ehrliche Soldat, der lieber der Mündung einer Kanone gegenüber gestanden wäre, als diesem verschmitzten Weibe, suchte sich schnell von ihr loszumachen. Nachdem er ihr die üblichen Höflichkeitsbezeugungen erwiesen hatte und dann zum förmlichen Abschied schreiten wollte, beugte sie sich zu seinem Ohre nieder und fragte in vertraulichem Tone: »Nun, General, was haben Sie aus ihm herausgebracht? Was hat er Ihnen gesagt?«

»Wer? Paul? Er hat mir gesagt, daß angespannt sei.«

»Ich rede von dem Staatsgefangenen zu Munckholm, General.«

»So! So!«

»Hat er auf Ihr Verhör befriedigende Antworten ertheilt?«

»Hm! … Wahrlich! …« brummte der General in der Verlegenheit seines Herzens.

»Haben Sie Beweise erlangt, daß er bei dem Aufstand der Bergleute im Spiel ist?«

»Frau Gräfin, er ist unschuldig,« antwortete er kurz, indem er eine Ueberzeugung seines Herzens, nicht seines Geistes aussprach.

»Unschuldig!« wiederholte die Gräfin bestürzt, obwohl in ungläubigem Tone, denn sie zitterte bei dem Gedanken, daß es dem Gefangenen gelungen sein möchte, seine Unschuld dem General zu beweisen.

Der General hatte inzwischen Zeit zum Nachdenken gefunden; er antwortete der Gräfin in einem Tone, der sie beruhigte, weil er Verlegenheit und Zweifel ausdrückte.

»Unschuldig! … Ja! … Wenn Sie so wollen …«

»Ob ich will, Herr General!« rief das böse Weib mit lautem Lachen aus.

Dieses Lachen verletzte des Gouverneurs Zartgefühl.

»Erlauben Sie, gnädige Gräfin,« sagte er, »daß ich bloß den Vicekönig von dem in Kenntniß setze, was zwischen mir und dem vormaligen Großkanzler vorgefallen ist.«

Mit diesen Worten machte er eine tiefe Verbeugung und verließ das Zimmer.

Die Gräfin begab sich in das ihrige. »Reise immerhin, du alter fahrender Ritter,« sagte sie dort; »deine Abwesenheit raubt unsern Feinden einen Beschützer; sie ist das Signal der Rückkehr meines Friedrich. Dieser Barbar da! den schönsten Cavalier von Kopenhagen in diese schrecklichen Gebirge zu schicken!«

»Meine liebe Lisbeth,« sagte die Gräfin zu ihrer begünstigten Kammerfrau, »laßt doch zwei Dutzend kleine Haarkämme, wie jetzt unsere Elegants sie tragen, von Bergen kommen; erkundigt Euch, was für ein neuer Roman von der berühmten Scudery erschienen ist, und sorgt dafür, daß das Leibäffchen meines Friedrich jeden Morgen mit Rosenwasser gewaschen werde.«

»Wie, meine gnädige Gräfin, kommt denn unser gnädiger Herr Friedrich zurück?«

»Allerdings, und damit er eine Freude hat, wenn er mich wiedersieht, muß Alles geschehen, was ihm Vergnügen macht. Ich will ihm bei seiner Zurückkunft eine Ueberraschung bereiten.«

Arme Mutter!