19. Kapitel
Marsch vorwärts
Um Chancery-Lane haben die Gerichtsferien begonnen. Bürgerliches Recht und römisches Recht, diese guten Schiffe, diese teakholzgebauten, kupferbeschlagenen, eisengegürteten, erzgestirnten und doch nichts weniger als schnellsegelnden Klipper liegen abgetakelt im Dock. Der »Fliegende Holländer« mit seiner Mannschaft gespenstischer Klienten, die alle, denen sie begegnen, anflehen, ihre Leidensgeschichte anzuhören, ist für jetzt Gott weiß wohin verschlagen worden. Die Gerichtshöfe sind sämtlich geschlossen, die öffentlichen Ämter liegen in einem heißen, schweißtreibenden Schlaf, selbst die Westminster-Hall ist eine schattige, einsame Insel, wo Nachtigallen singen und eine zärtlichere Klasse von Prozessanten, als man sie gewöhnlich dort findet, spazieren gehen könnte.
Der »Tempel«, Chancery-Lane, Serjeant’s-Inn und Lincoln’s-Inn bis hinaus zu Lincoln’s-Inn-Fields sind wie Fluthäfen zur Ebbezeit, wo gestrandete Prozesse und Kanzleien vor Anker hoch und trocken auf dem Schlamm der Ferienzeit liegen und unbeschäftigte Schreiber sich auf Stühlen schaukeln, die erst wieder auf die vier Beine zu stehen kommen, wenn die Strömung der Gerichtszeit wiederkehrt. Die Tore der Kanzleilokale sind zu Dutzenden geschlossen, und Briefe und Pakete werden scheffelweise beim Portier abgegeben. Ganze Wagenladungen Gras würden aus den Fugen des Trottoirs von Lincoln’s-Inn wachsen, wenn nicht die Austräger, die nichts zu tun haben als dort im Schatten zu sitzen – die weißen Schürzen als Schutz vor den Fliegen über den Kopf gezogen –, es herausrupften und nachdenklich kauten.
Nur ein einziger Richter weilt in der Stadt. Selbst er erscheint nur zwei Mal wöchentlich in seinen Amtszimmern. Wenn die Provinzbewohner der Assisen-Städte zu seinem Bezirk ihn jetzt sehen könnten! Keine Allongeperücke, kein roter Talar, kein Hermelin, keine Hellebardiers, keine weißen Stäbe. Ein bürgerlicher, sorgfältig rasierter Gentleman mit weißen Hosen und einem weißen Hut, das richterliche Gesicht seegebräunt und die richterliche Nase infolge Sonnenstichs sich schälend, der, wenn er in die Stadt kommt, den Austernkeller besucht und eisgekühltes Ingwerbier trinkt.
Das Barreau Englands ist über die ganze weite Erde verstreut. Wie England vier lange Sommermonate ohne seine Advokaten – diese allgemein anerkannte Zuflucht im Unglück und sein einzig legitimer Triumph im Glück – auskommen kann, gehört nicht hierher; jedenfalls trägt Britannia gegenwärtig nicht diesen Ehrenschild.
Der gelehrte Herr, der über die unerhörte Verletzung der Gefühle seiner Klienten durch die Gegenpartei immer so entsetzlich entrüstet wird, daß er außerstande zu sein scheint, sich jemals zu erholen, befindet sich viel besser, als man denken sollte, in der Schweiz. Der gelehrte Herr, der das Geschäft des Verächtlichmachens besorgt und alle Gegner mit seinem giftigen Sarkasmus vernichtet, lebt kreuzfidel in einem französischen Badeort.
Der gelehrte Herr, der bei der geringsten Veranlassung kannenweis weint, hat seit sechs Wochen keine Träne vergossen. Der sehr gelehrte Herr, der die angeborne Hitze seines heftigen Temperaments in den Brunnen und Quellen der Rechtswissenschaft abgekühlt hat, bis er während der Session groß geworden ist in verknoteten und verwickelten Argumentationen, die die Eingeweihten nur unvollkommen verstehen und die Uneingeweihten überhaupt nicht, macht in charakteristischer Vorliebe für Dürre und Staub die Gegend von Konstantinopel unsicher.
Andere Fragmente desselben großen Palladiums sind auf den Lagunen Venedigs, am zweiten Nilkatarakt, in den deutschen Bädern und auf dem Meeressand an der ganzen englischen Küste verstreut zu finden. Kaum einem einzigen begegnet man in der verlassenen Region von Chancery-Lane. Wenn ein solches einsames Mitglied des Barreaus über diese Wüste flattert und einen umherschweifenden Klienten trifft, der sich vom Schauplatz seiner Sorgen nicht trennen kann, so erschrecken beide voreinander, weichen sich in großem Bogen aus und verstecken sich im Schatten.
Es ist die heißeste Ferienzeit seit vielen Jahren. Alle jungen Schreiber sind wahnsinnig verliebt und sehnen sich in verschiedenen Abstufungen in Margate, Ramsgate oder Gravesend nach seligem Beisammensein mit dem Gegenstand ihrer Liebe. Allen Schreibern von mittlerem Alter kommen ihre Familien zu zahlreich vor. Alle herrenlosen Hunde, die in den Inns herumstreunen und an den Treppenabsätzen und andern ausgetrockneten Orten nach Wasser lechzen, lassen ein kurzes, ärgerliches Geheul hören. Alle Hunde von Blinden auf der Straße rennen mit ihren Herrn gegen Brunnen oder machen sie über Wassereimer stolpern. Ein Laden mit Jalousien, einem wasserbegossenen Trottoir davor und einer Schüssel mit Goldfischen im Fenster gilt als geweihtes Asyl. In »Temple Bar« wird es so heiß, daß es für den benachbarten Strand von Fleetstreet das bedeutet, was das Lämpchen für einen Teekocher ist, und die Umgebung die ganze Nacht in Siedehitze erhält.
Es gibt Kanzleien in den Inns, wo man sich abkühlen könnte, wenn die Langeweile nicht noch schlimmer wäre als die Hitze. Aber in den kleinen Gäßchen in der Nähe dieser Zufluchtsorte brütet die Glut. In Mr. Krooks Hof ist es so heiß, daß die Leute das Innere ihrer Häuser nach außen gekehrt haben und in Stühlen auf dem Trottoir sitzen – Mr. Krook mit eingerechnet, der, die Katze neben sich, hier seine Studien fortsetzt. Die »Sonne« hat ihre harmonischen Gesellschaften vorläufig unterbrochen, und der kleine Swills ist in den Gärten flußabwärts tätig, wo er den Unschuldigen spielt und komische, für die Harmlosen bearbeitete Liedchen singt, die, wie der Anschlagzettel besagt, selbst das empfindsamste Gemüt nicht verletzen können.
Über der ganzen juristischen Nachbarschaft hängt wie ein großer Schleier von Rost oder eine riesenhafte Spinnwebe das Nichtstun und die Traumstimmung der Gerichtsferien. Auch Mr. Snagsby, der Schreibmaterialienhändler in Cook’s Court, Cursitor Street, empfindet diesen Einfluß. Nicht nur als mitfühlender und versonnener Mann, sondern auch hinsichtlich seiner Geschäftstätigkeit. Er hat während der Gerichtsferien mehr Muße, in Staple-Inn und Rolls-Yard zu träumen, als zu andern Zeiten und bemerkt gelegentlich zu den beiden »Stiften«, wie schön es sei, bei so heißem Wetter sich vorzustellen, daß man auf einer Insel, vom Meere umwogt und umtost, lebe.
Guster hat an diesem Nachmittag sehr viel zu tun, denn Mr. und Mrs. Snagsby erwarten Gäste. Die geladene Gesellschaft ist nicht so sehr zahlreich als gewählt, denn sie besteht aus Mr. und Mrs. Chadband und sonst niemandem.
Da Mr. Chadband sich sowohl im Gespräch als in Briefen gern ein »Gefäß« nennt, halten ihn zuweilen Leute, die ihn nicht kennen, für einen Herrn, der mit Wasserleitungen zu tun hat. Er ist aber, wie er sich ausdrückt, »in der Seelsorge tätig«. Mr. Chadband gehört keiner besondern Sekte an, aber er hat Jünger, und Mrs. Snagsby zählt zu ihnen. Mrs. Snagsby hat sich erst vor kurzem bei Mr. Chadband eingeschrieben. Dieses Gefäß zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, als die Sommerhitze sie ein wenig aufgeregt hatte.
»Meine kleine Frau«, sagt Mr. Snagsby zu den Spatzen in Staple-Inn, »liebt die Religion gern ein wenig gepfeffert, müßt ihr wissen.«
Deshalb richtet Guster, sehr erbaut von dem Gedanken, heute die fromme Magd Chadbands sein zu dürfen, von dem sie weiß, daß er die Gabe hat, vier Stunden lang in einem Zug predigen zu können, das kleine Staatszimmer zum Tee her. Die Möbel sind ausgeklopft und abgestaubt, die Porträts Mr. und Mrs. Snagsbys mit einem feuchten Tuch aufgefrischt, das beste Teeservice steht auf dem Tisch und neben ihm schmackhaftes frisches Brot, kalte frische Butter, dünn geschnittener Schinken, Zunge und Gothaer Wurst, und köstliche kleine Reihen von Anchovis ruhen in Petersilie. Ganz zu schweigen von den frisch gelegten Eiern, die warm in einer Serviette heraufgebracht werden sollen, und dem warmen, butterbestrichnen Zwieback. Denn Chadband ist ein geräumiges Gefäß – seine Feinde sagen, ein Schlund von einem Gefäß –, und er weiß mit den Waffen des Fleisches, wie es Messer und Gabel sind, merkwürdig gut umzugehen.
Mr. Snagsby hat seinen besten Rock an, überblickt noch einmal alle Vorbereitungen, als sie fertig sind, und sagt nach einem bescheidenen Hüsteln hinter der Hand zu Mrs. Snagsby:
»Wann erwartest du Mr. und Mrs. Chadband, meine Liebe?«
»Um sechs.«
Mr. Snagsby äußert leichthin und äußerst milde, daß es schon sechs Uhr vorbei sei.
»Möchtest du vielleicht ohne sie anfangen?« fragt Mrs. Snagsby vorwurfsvoll.
Mr. Snagsby sieht aus, als ob er das allerdings gern möchte, aber er sagt bloß mit seinem sanftmütigen Hüsteln:
»Nein, meine Liebe, nein. Ich erwähnte es nur so.«
»Was ist Zeit gegen die Ewigkeit«, seufzt Mrs. Snagsby.
»Sehr wahr, meine Liebe«, gibt Mr. Snagsby zu. »Nur wenn jemand Speisen für einen Tee bereit hält, denkt er dabei – vielleicht – mehr – an die Zeit. Und wenn schon eine Zeit zum Tee festgesetzt ist, so sollte man auch pünktlich antreten.«
»Antreten!« wiederholt Mrs. Snagsby mit Strenge. »Antreten! Als ob Mr. Chadband ein Preisboxer wäre!«
»O, so habe ich es nicht gemeint, meine Liebe«, entschuldigt sich Mr. Snagsby.
Guster, die zum Fenster des Schlafzimmers hinausgesehen hat, kommt plötzlich die Treppe heruntergepoltert wie das Gespenst aus dem Volksmärchen, stürzt mit rotem Gesicht in das Staatszimmer und meldet, daß Mr. und Mrs. Chadband in Sicht seien. Da gleich darauf die Klingel an der innern Tür im Gang ertönt, wird Guster von Mrs. Snagsby streng ermahnt, bei sonstiger augenblicklicher Entlassung die Zeremonie des Anmeldens nicht zu versäumen. Durch diese Drohung ganz außer Fassung gebracht, verstümmelt sie die Zeremonie derart, daß sie meldet: »Mr. und Mrs. Cheeseming, oder so heißens«, und verschwindet dann mit Gewissensbissen.
Mr. Chadband ist ein großer gelber Mann mit einem fetten Lächeln und sieht aus, als flösse Tran in seinen Adern. Mrs. Chadband ist eine finstere, strengblickende, schweigsame Frau.
Mr. Chadband bewegt sich langsam und schwerfällig, fast wie ein Bär, der aufrecht gehen gelernt hat. Er weiß nichts mit seinen Armen anzufangen; als ob sie ihm im Wege wären und er am liebsten damit scharren möchte. Sein Kopf ist stets schweißbedeckt, und er fängt nie an zu reden, ohne nicht vorher seine große Hand emporzuhalten als Zeichen für seine Zuhörer, daß er sie zu erbauen gedenke.
»Meine Freunde«, hebt Mr. Chadband an. »Friede sei mit diesem Hause! Friede dem Hausherrn und der Hausfrau, den Jungfrauen und den Jünglingen darin! Meine Freunde, warum wünsche ich Frieden? Was ist Friede? Ist es Krieg? Nein. Ist es Kampf? Nein. Ist er lieblich und sanft und schön und heiter und voll Freude? Ja, ja! Deshalb, meine Freunde, wünsche ich: Friede sei mit euch und den Eurigen!«
Da Mrs. Snagsby sehr erbaut aussieht, hält es Mr. Snagsby für angebracht, Amen zu sagen. Das findet allgemeine Billigung.
»Nun, meine Freunde«, fährt Mr. Chadband fort, »da ich einmal bei diesem Thema bin…«
Guster erscheint.
Mrs. Snagsby ruft mit tiefer Grabesstimme und ohne den Blick von Chadband zu wenden, mit grauenhafter Deutlichkeit: »Fahr ab!«
»Nun, meine Freunde«, sagt Chadband, »da ich einmal bei diesem Thema bin, um es in meiner schlichten Weise zu eurer Erbauung…«
Ganz unverantwortlicher Weise murmelt Guster: »Siebzehnhundertzweiundachtzg!« Die Grabesstimme wiederholt noch feierlicher: »Abfahren!«
»Nun, meine Freunde«, sagt Mr. Chadband, »wollen wir im Geiste der Liebe…«
Abermals wiederholt Guster: »Siebzehnhundertzweiundachtzg!«
Mr. Chadband hält mit der entsagungsvollen Miene eines Mannes, der an Verfolgung gewöhnt ist, inne, faltet langsam sein Kinn in ein fettes Lächeln und sagt:
»Wir wollen die Jungfrau hören! Sprich, Jungfrau!«
»Siebzehnhundertzweiundachtzg, wenn S erlauben, Sir. Er möcht gern wissen, für was der Schilling is«, sagt Guster atemlos.
»Wofür?« entgegnet Mr. Chadband. »Das Fahrgeld.«
Guster erklärt, daß der Kutscher auf einem Schilling acht Pence bestehe und die Polizei holen wolle. Mrs. Snagsby und Mrs. Chadband wollen ihrer Entrüstung durch schrille Schreie Luft machen, aber Mr. Chadband erhebt die Hand und beschwichtigt den Sturm.
»Meine Freunde«, sagt er, »ich entsinne mich einer gestern unerfüllt gelassenen Pflicht. Es ist recht, daß ich gezüchtigt werde. Man soll nicht murren. Rachael, bezahle die acht Pence.«
Während Mrs. Snagsby tief aufatmet und Mr. Snagsby streng ansieht, als wollte sie sagen: Hörst du diesen Apostel! und Mr. Chadband in Demut und Tran erglänzt, bezahlt Mrs. Chadband das Geld.
Es ist Mr. Chadbands Gepflogenheit, diese Art Verrechnung von kleinsten Soll- und Habenposten öffentlich zu verbuchen.
»Meine Freunde, acht Pence ist nicht viel. Es hätte ebensogut 1 sh. und 4 d. sein können. Es hätte ebensogut eine halbe Krone sein können. O lasset uns jauchzön! Lasset uns jauchzön!« Mit dieser Bemerkung, die das Bruchstück aus einer Hymne zu sein scheint, nach dem Tone zu schließen, begibt sich Mr. Chadband mit feierlichem Schritt an den Tisch und erhebt nochmals, bevor er einen Stuhl nimmt, ermahnend die Hand.
»Meine Freunde, was ist das, was wir hier vor uns ausgebreitet sehen? Erfrischungen. Bedürfen wir der Erfrischungen, meine Freunde? Ja, wir bedürfen ihrer. Und warum bedürfen wir der Erfrischungen, meine Freunde? Weil wir sterblich sind. Weil wir eitel Sünder sind. Weil wir der Erde angehören, weil wir nicht der Luft angehören. Können wir fliegen, meine Freunde? Nein, wir können es nicht. Warum können wir nicht fliegen, meine Freunde?«
Kühn gemacht durch seinen Erfolg vorhin, wagt Mr. Snagsby mit aufgeräumtem, ja fast schlauem Ton zu bemerken: »Keine Flügel.« Aber sofort wird er von Mrs. Snagsby mit einem finstern Stirnrunzeln in seine Schranken gewiesen.
»Nun, meine Freunde«, fährt Mr. Chadband fort, ohne im mindesten Mr. Snagsbys Einwurf zu beachten:
»Warum können wir nicht fliegen? Vielleicht, weil wir geschaffen sind, um zu gehen? So ist es. Können wir gehen, meine Freunde, ohne Kraft? Wir können es nicht. Was würden wir tun ohne Kraft, meine Freunde? Unsre Beine würden ihren Dienst versagen, unsre Knie würden einknicken, unsre Füße würden straucheln, und wir fielen zu Boden. Woher nun, meine Freunde, nehmen wir, vom fleischlichen Standpunkt aus betrachtet, die Kraft, die unsern Gliedern nötig ist? Ziehen wir sie nicht«, fragt Chadband mit einem Blick über die Tafel, »aus dem Brote in mannigfacher Gestalt, aus der Butter, die da gewonnen wird aus der Milch, die da wiederum gemolken wird von der Kuh, aus den Eiern, so das Huhn leget, aus Schinken, aus Zunge, aus Wurst und dergleichen? So ist es. So lasset uns denn teilhaben an den guten Dingen, so uns beschert sind.«
Mr. Chadbands Widersacher leugnen, daß seine Gabe, Worte auf Worte zu türmen, etwas Besonderes sei. Aber das spricht nur für ihre Scheelsucht, weiß jedermann doch, daß der Chadbandsche Redestil Gemeingut ist und überall Anklang findet.
Mr. Chadband ist vorläufig fertig, nimmt an Mrs. Snagsbys Tische Platz und legt mit fabelhafter Energie los. Die Verwandlung jeglicher Art Speise in den bereits erwähnten Tran scheint ein von der Konstitution dieses musterhaften »Gefäßes« so unzertrennlicher Prozeß zu sein, daß man ihn eine Ölmühle oder eine andre zur Verfertigung dieses Artikels eingerichtete Fabrik nennen könnte, wenn er anfängt, zu essen und zu trinken. An dem heutigen Abend hält er in Cook’s Court, Cursitor Street, die Mühle so flott in Gang, daß das Vorratshaus bis zum Rande gefüllt erscheint, als er zu arbeiten aufhört.
Während der Erbauungsepoche des Essens flüstert Guster – die sich von ihrem ersten Versehen nicht erholen konnte und kein mögliches oder unmögliches Mittel unversucht gelassen hat, ihrem eignen Ansehen und dem des Hauses zu schaden, indem sie zum Beispiel eine Art unerwarteter Militärmusik mit Tellern auf Mr. Chadbands Kopf veranstaltete und später den würdigen Herrn mit Eierbrötchen krönte – flüstert Guster Mr. Snagsby zu, daß jemand nach ihm frage.
»Um nicht durch die Blume zu sprechen, man erwartet mich unten im Laden«, sagt Mr. Snagsby und steht auf. »Die werte Gesellschaft wird mich gewiß für eine halbe Minute entschuldigen.«
Mr. Snagsby geht hinunter und findet die beiden »Stifte« in Betrachtung eines Polizeidieners versunken, der einen zerlumpten Knaben am Arm hält.
»Gott im Himmel«, fragt Mr. Snagsby, »was ist denn los?«
»Dieser Junge da«, sagt der Konstabler, »gehorcht nicht, obgleich ich ihm wiederholt gesagt habe, er solle sich auf die Beine machen…«
»I bin immer auf die Bein, Sir«, heult der Junge und wischt sich die schmutzigen Tränen mit dem Ärmel ab. »I bin immer auf die Bein gwesen, was i auf der Welt bin. Wo kann i denn hin, Sir, wenn i auch immer weiter geh?«
»Er geht nicht, wenn ich sage: Marsch vorwärts!« wiederholt der Polizeimann ruhig und bewegt den Hals militärisch hin und her, um ihn besser in seine steife Halsbinde zu passen. »Obgleich ich es ihm wiederholt gesagt habe. Deshalb hab ich ihn arretieren müssen. Er ist der widerspenstigste Spitzbub, der mir jemals vorgekommen ist. Er will nicht vorwärts.«
»Gottes willen, wo soll i denn hin«, heult der Junge, rauft sich verzweifelt die Haare und stampft mit seinen bloßen Füßen auf Mr. Snagsbys Hausflur.
»Mit so was komm mir nicht, oder ich mach kurzen Prozeß mit dir«, droht der Konstabler und schüttelt ihn, ohne sich dabei weiter aufzuregen. »Meine Instruktion lautet: Marsch vorwärts. Ich habe dir das schon fünfhundert Mal gesagt.«
»Aber wohin?« jammert der Junge.
»Hm, das scheint mir wirklich auch die Frage zu sein, Konstabler«, sagt Mr. Snagsby gedankenvoll und hüstelt ratlos hinter der Hand.
»Soweit gehen meine Instruktionen nicht«, entgegnet der Konstabler.
»Ich habe meinen Instruktionen gemäß Jungen, die auf der Gasse herumstrolchen, zu sagen: Marsch vorwärts!«
Hörst du das, Jo? Es geht dich und andre deinesgleichen nichts an, daß die großen Sterne am parlamentarischen Himmel seit ein paar Jahren unterlassen haben, ein Beispiel in: Marsch, vorwärts! zu geben. Das große Rezept, die profunde philosophische Vorschrift, ist für dich allein das Um und Auf deines seltsamen Daseins auf Erden. Marsch vorwärts! Nicht, daß du etwa ganz von der Welt verschwinden sollst, Jo – das würde den großen Sternen nicht passen –, aber: Marsch vorwärts!
Mr. Snagsby sagt nichts dieser Art – sagt überhaupt nichts –, hüstelt nur seinen ratlosesten Husten als Ausdruck dafür, daß er keinen Ausweg sieht. Mittlerweile sind Mr. und Mrs. Chadband und Mrs. Snagsby, von dem Wortwechsel herbeigelockt, auf der Treppe erschienen, und da Guster von Anfang an dort gestanden hat, ist jetzt das ganze Haus am Ende des Ganges versammelt.
»Es handelt sich einfach darum, Sir«, sagt der Konstabler, »ob Sie den Jungen kennen. Er behauptet ja.«
Mrs. Snagsby ruft von ihrer Höhe herunter: »Nein, er kennt ihn nicht.«
»Mein kleines Frauchen«, sagt Mr. Snagsby mit einem Blick auf die Treppe, »meine Liebe, du gestattest. Bitte, nur einen Augenblick Geduld, meine Liebe. Ich kenne diesen Jungen allerdings ein wenig und wüßte nichts Schlimmes von ihm, eher vielleicht das Gegenteil.«
Und der Schreibmaterialienhändler erzählt alles, was er von Jo weiß, und verschweigt nur die Geschichte mit der halben Krone.
»Soweit scheint er also wahr gesprochen zu haben«, sagt der Polizeimann. »Als ich ihn droben in Holborn arretierte, behauptete er, Sie kennen ihn. Darauf sagte ein junger Mann unter den Umstehenden, daß er Sie kenne und daß Sie ein ehrenwerter Mann und Hausbesitzer wären und daß er nachkommen wolle, wenn ich herginge und mich erkundige. Der junge Mann scheint aber keine Lust zu haben, Wort zu halten, sondern… Ah, da ist ja der junge Mann!«
Mr. Guppy tritt ein, nickt Mr. Snagsby zu und greift mit kommishafter Ritterlichkeit zur Begrüßung der Damen auf der Treppe an den Hut.
»Ich habe soeben die Kanzlei verlassen, um spazieren zu gehen, als ich Zeuge dieses Auftritts wurde«, erklärt Mr. Guppy dem Papierhändler. »Und da Ihr Name fiel, hielt ich es für nötig, die Sache näher untersuchen zu lassen.«
»Das war sehr freundlich von Ihnen, Sir«, bedankt sich Mr. Snagsby. »Ich bin Ihnen sehr verbunden.« Und abermals erzählt Mr. Snagsby, was er weiß, und verschweigt wieder die Geschichte mit der halben Krone.
»Ich weiß schon, wo du wohnst«, sagt der Polizeimann zu Jo. »Du wohnst unten in ‚Toms Einöd‘. Eine hübsche unschuldige Gegend zum Wohnen und von gutem Ruf.«
»I kann in keim bessern Ort net wohnen«, jammert Jo. »Sie würden nix von mir wissen wolln, wenn i an am bessern Ort wohnen möcht wollen. Wer möcht so einen, wie i bin, in an ordentlichen Haus wohnen lassn.«
»Du bist sehr arm, was?« fragt der Polizeimann.
»Ja, dös bin i.«
»Nun, was sagen Sie dazu? Diese beiden Kronen hab ich aus ihm herausgeschüttelt, kaum daß ich ihn angefaßt habe«, sagt der Konstabler und zeigt die Geldstücke den Umstehenden.
»Sie sin der Rest von an Sovering, Mr. Snagsby«, rechtfertigt sich Jo. »Von an Sovering, was mir eine Dame mit an Schleier gebn hat, die gsagt hat, sie war a Dienstmadel, und die amal abends an mein Straßenübergang kommen is und mi aufgfordert hat, ihr dös Haus hier zu zeign, und das Haus, wo der, was für Ihna abgschriebn hat, gstorben is, und den Kirchhof, wos n begraben habn. Sie hat zu mir gsagt: Bist du der Bursche von der Totenschau, hats gsagt. I hab zu ihr gsagt, ja, hab i zu ihr gsagt. Kannst du mir alle diese Orte zeigen, hat s gfragt. Ja, dös kann i, hab i gsagt. Und sie hat zu mir gsagt: So tu es. Und i bin vorausgangen, und sie hat mir an Sovering gebn und is fortgloffen. Und i hab nix von den Sovering ghabt«, sagt Jo, und schmutzige Tränen laufen ihm über die Wangen, »denn i hab unten in Toms Einöd fünf Schilling fürs Wechseln gebn müssn, und einer hat mir fünfi gstohln bein Schlafn, und aner hat mir neun Pence gstohlen, und der Wirt hat gsagt, i müßt was zum Besten gebn, und des hat a ganze Menge kost.«
»Du erwartest doch nicht, daß dir ein Mensch die Geschichte von der Dame und dem Sovereign glaubt?« sagt der Konstabler und sieht Jo mit unaussprechlicher Verachtung von der Seite an.
»I erwart gar nix«, erwidert Jo, »aber wahr ist die Gschicht.«
»Sie sehen, was das für ein Subjekt ist«, bemerkt der Konstabler zu den Umstehenden. »Nun, Mr. Snagsby, wenn ich ihn dies Mal nicht einstecke, wollen Sie da für ihn bürgen, daß er schaut, daß er weiterkommt ?«
»Nein«, ruft Mrs. Snagsby von der Treppe herab.
»Liebes Frauchen!« bittet ihr Gatte. »Konstabler, ich bezweifle nicht, daß er sich packen wird. Du mußt es wirklich tun«, sagt Mr. Snagsby.
»Ja, ja, ich wers schon tun, Herr«, beteuert der unglückliche Jo.
»Also, marsch fort«, befiehlt der Polizeimann. »Du weißt jetzt, was du zu tun hast, und bild dir nicht ein, daß du das nächste Mal so gut wegkommst. Hier, nimm dein Geld. Und je eher du fünf Meilen weg bist, desto besser für uns alle.«
Mit diesem Abschiedswink und einer Handbewegung auf die untergehende Sonne als einem leidlichen Ort, wohin Jo sich packen könne, wünscht der Polizeimann seinem Auditorium einen guten Nachmittag und weckt das Echo in Cook’s Court, wie er auf der Schattenseite drüben langsamen Schrittes dahingeht und, um sich bei der Hitze den Kopf abzukühlen, seinen eisenbeschlagenen Hut in der Hand trägt.
Jos unwahrscheinlich klingende Geschichte von der Dame und dem Sovereign hat die Neugier der ganzen Gesellschaft mehr oder weniger erregt. Mr. Guppy, der in Zeugensachen stets sehr wißbegierig ist und unter der Langweile der Ferienzeit schwer gelitten hat, fühlt ein solches Interesse für den Fall, daß er mit Jo ein regelrechtes Kreuzverhör anstellt. Das interessiert die Damen so außerordentlich, daß Mrs. Snagsby ihn höflich einlädt, hinauf zu kommen und eine Tasse Tee zu trinken. Da Mr. Guppy die Einladung annimmt, wird Jo aufgefordert, mit bis an die Tür des Staatszimmers zu kommen, wo ihn Mr. Guppy einvernimmt und in alle möglichen Formen quetscht, wie ein Koch ein Stück Tafelbutter, und ihn nach berühmten Mustern ausholt. Auch insofern ist die Einvernahme den Musterverhören ähnlich, als sie auch nichts zu Tage fördert und ebenfalls sehr lang dauert.
Mr. Guppy schwelgt in seinen Talenten, und Mrs. Snagsby sieht nicht nur ihre Neugier befriedigt, sondern hat auch die Empfindung, daß es ihres Gatten Geschäft in den Augen der Jurisprudenz hebt. Während des hitzigen Gefechtes ist das »Gefäß« Chadband, das sich ausschließlich der Tranbereitung zuwendet, kalt gestellt und wartet, bis es wieder aufs Herdfeuer kommt.
»Das eine weiß ich«, sagt Mr. Guppy. »Entweder bleibt der Junge an seiner Geschichte pappen wie Schusterpech, oder es ist wirklich etwas Außergewöhnliches an der Sache, das alles übertrifft, was mir jemals bei Kenge & Carboy vorgekommen ist.«
Mrs. Chadband flüstert Mrs. Snagsby etwas zu, und diese ruft aus: »Was Sie nicht sagen!«
»Seit vielen Jahren!« antwortet Mrs. Chadband.
»Sie kennt Kenge & Carboys Kanzlei seit vielen Jahren«, erklärt Mrs. Snagsby triumphierend Mr. Guppy. »Mrs. Chadband – Gattin dieses Herrn hier – Ehrwürden Mr. Chadband.«
»O wirklich!« sagt Mr. Guppy.
»Ja, ehe ich meinen jetzigen Mann heiratete«, bestätigt Mrs. Chadband.
»Waren Sie Partei in einem Prozeß, Maam?« fragt Mr. Guppy und beginnt mit ihr ein Kreuzverhör.
»Nein.«
»Nicht Partei in einem Prozeß, Maam?«
Mrs. Chadband schüttelt den Kopf.
»Da standen Sie wahrscheinlich in Beziehungen mit jemandem, der Partei in einem Prozeß war, Maam?« forscht Mr. Guppy, der es über alles liebt, einer Unterhaltung einen juristischen Anstrich zu geben.
»Auch das eigentlich nicht«, entgegnet Mrs. Chadband, die auf den Spaß mit einem sauern Lächeln eingeht.
»Auch das eigentlich nicht!« wiederholt Mr. Guppy. »Also gut. Bitte, Maam, war es eine Ihnen bekannte Dame, die mit der Firma Kenge & Carboy zu tun hatte, oder war es ein Ihnen bekannter Herr? Lassen Sie sich Zeit, Maam. Wir werden es gleich haben. Herr oder Dame?«
»Keins von beiden.«
»O! Ein Kind!« sagt Mr. Guppy und wirft der staunenden Mrs. Snagsby den gewissen pfiffigen Advokatenblick zu, den Anwälte englischen Geschworenen zuzuwerfen pflegen. »Nun, Maam, würden Sie vielleicht die Güte haben, uns zu sagen, was für ein Kind.«
»Sie haben es endlich heraus, Sir«, sagt Mrs. Chadband wieder mit einem sauern Lächeln. »Es wird, nach Ihrem Aussehen zu urteilen, wohl vor Ihrer Zeit gewesen sein. Ich hatte ein Kind in meiner Obhut, namens Esther Summerson, das ich später den Herren Kenge & Carboy übergab.«
»Miß Summerson, Maam?« fragt Mr. Guppy aufgeregt.
»Ich nenne sie Esther Summerson«, sagt Mrs. Chadband mit Strenge. »Zu meiner Zeit ist es noch ohne Miß gegangen. Esther, hieß es, Esther, tu das, Esther, tu jenes. Und sie hatte zu parieren.«
»Meine werte Maam«, entgegnet Mr. Guppy und tritt von der andern Seite des kleinen Zimmers an Mrs. Chadband heran. »Der untertänigst Ergebene, der jetzt vor Ihnen steht, nahm die junge Dame in Empfang, als sie aus dem Institut nach London fuhr, auf das Sie soeben Bezug nahmen. Darf ich mir das Vergnügen gestatten, Ihnen die Hand zu drücken?«
Mr. Chadband, der jetzt seine Zeit gekommen sieht, gibt sein gewohntes Zeichen, erhebt sein dampfendes Haupt und betupft es mit einem Taschentuch. »Still!« flüstert Mrs. Snagsby.
»Meine Freunde«, beginnt Chadband. »Wir haben mit Mäßigkeit von den guten Dingen genossen, die uns beschert wurden. Möge dieses Haus leben von dem Fett der Erden, mögen Korn und Wein im Überfluß sein darin, möge es wachsen, möge es blühen, möge es gedeihen, möge es vorwärts kommen! Aber, meine Freunde, haben wir sonst nichts genossen? Ja! Meine Freunde. Was haben wir sonst noch genossen? Geistige Nahrung? Ja. Von wem stammte dieser geistige Nutzen? Mein junger Freund, tritt vor!«
Der so angeredete Jo zögert verlegen, weicht erst einen Schritt zurück, voller Argwohn gegenüber den Absichten des beredten Mr. Chadband, und geht dann zu ihm.
»Mein junger Freund«, sagt Chadband, »du bist uns eine Perle, du bist uns ein Diamant, du bist uns ein Edelstein, du bist uns ein Juwel. Und warum, mein junger Freund?«
»Ich woaß net«, sagt Jo. »Was woaß denn i.«
»Mein junger Freund, eben weil du nicht die Erkenntnis hast, daß du uns ein Edelstein und ein Juwel bist, weißt du es nicht. Denn was bist du, mein junger Freund? Bist du ein Tier des Feldes? Nein. Ein Vogel der Luft? Nein. Ein Fisch des Meeres oder des Flusses? Nein. Du bist ein menschlicher Knabe, mein junger Freund. Ein menschlicher Knabe. O glorreich, ein menschlicher Knabe zu sein. Und warum ist es glorreich, mein junger Freund? Weil du fähig bist, die Lehren der Weisheit zu empfangen, weil du fähig bist, Gewinn zu ziehen aus der Rede, die ich jetzt zu deinem Besten halten will, weil du weder ein Stecken noch ein Stab noch ein Stock noch ein Stein noch ein Pfosten noch ein Pfeiler bist.
O Himmelsstrom, so klar und rein,
ein frommer Knabe noch zu sein!
Und fühlst du jetzt in diesem Strome deine Glieder, mein junger Freund? Nein. Warum kühlst du jetzt nicht in diesem Strom deine Glieder? Weil du in einem Zustande der Finsternis bist, weil du in einem Zustande der Umnachtung bist, weil du in einem Zustande der Sündhaftigkeit bist, weil du in einem Zustande der Knechtschaft bist. Mein junger Freund, was ist Knechtschaft? Lasset uns das jetzt ergründen im Geiste der Liebe.«
Bei diesem bedrohlichen Stadium der Predigt fährt Jo, der jetzt ganz den Verstand verloren zu haben scheint, mit dem rechten Arm über sein Gesicht und gähnt fürchterlich. Mrs. Snagsby spricht entrüstet die Vermutung aus, daß er ein Kind des Erzfeindes sei.
»Meine Freunde«, sagt Mr. Chadband, faltet sein so viel gelästertes Kinn wieder zu einem fetten Lächeln und blickt um sich. »Es ist recht, daß ich gedemütigt werde. Es ist recht, daß ich geprüft werde, es ist recht, daß ich gegeißelt werde, es ist recht, daß ich gezüchtigt werde. Ich strauchelte vergangnen Sabbat, als ich mit Hochmut meiner dreistündigen Erbauung gedachte. Die Schuld ist getilgt. Der Gläubiger hat den Zehent genommen. O lasset uns jauchzen im Herrn! O lasset uns jauchzen!«
Große Ergriffenheit Mrs. Snagsbys.
»Meine Freunde«, schließt Chadband und blickt um sich. »Ich will jetzt nicht mit meinem jungen Freund fortfahren. Willst du morgen zu mir kommen, mein junger Freund, und diese gute Dame fragen, wo ich zu finden bin, auf daß du die Predigt hörst? Oder willst du den Tag darauf kommen wie die durstige Schwalbe und den Tag nach diesem und viele folgende schöne Tage, um die Predigt zu hören?« – So spricht Mr. Chadband mit der Grazie einer Kuh.
Jo, dem es vor allem drum zu tun scheint, fort zu kommen, nickt linkisch. Mr. Guppy wirft ihm einen Penny hin, und Mrs. Snagsby ruft Guster zu, ihn sicher aus dem Hause zu geleiten. Aber ehe er hinuntergeht, wird er von Mr. Snagsby mit Speiseresten vom Tisch beladen, die er mit dem Arm fest an sich drückt.
Mr. Chadband – von dem seine Widersacher sagen, es sei zwar kein Wunder, daß er beliebig lang solch gräßlichen Unsinn fortsprechen könne, aber ganz bestimmt eines, daß er wieder aufhöre, wenn er einmal die Kühnheit gehabt habe, anzufangen – Mr. Chadband zieht sich in das Privatleben zurück, bis die Zeit kommt, wo er ein kleines Kapitalabendessen in Tran umwandelt.
Jo wandert nach der Blackfriars Brücke, wo er eine heiße steinerne Ecke findet, um dort sein Mahl zu halten.
Und da sitzt er und kaut und nagt und schaut hinauf zu dem großen Kreuz auf der Kuppel der St. Pauls-Kathedrale, das über einer rot und violett gefärbten Dunstwolke funkelt. Nach seinem Gesicht zu urteilen, ist ihm das heilige Symbol der Gipfelpunkt von Verwirrung und Unverständlichkeit inmitten der Wirrnis der Stadt. So golden, so hoch oben, so weit außer seinem Bereich.
Da sitzt er. Die Sonne geht unter, schnell rinnt der Fluß dahin, und in zwei Strömen wogt das Menschengewühl vorüber – vorwärts getrieben zu irgendeinem Zweck und zu einem einzigen Ziel… Dann jagt der Konstabler ihn wieder fort und herrscht ihn an:
»Marsch vorwärts!«