589. Das stille Kind

589. Das stille Kind

Im März des Jahres 1677 hat sich in der Erfurter Flurmarkung ein zehnjährig Mägdlein sehen lassen; seine Haare waren in Zöpfe geflochten, hatte ein weißes Kleid an und sah im Gesicht ganz bleich aus. Es ging durch die Alacher und Bündersleber Felder, redete mit sich selbst, niemand aber konnte es verstehen. In der Hand hatte es ein braunrot Stäblein und schlug damit, indem es durchs Getreide oder über die Wiesen ging, die Blumen ab, daß man solche aller Orten herumliegen sahe. Wollte diesem stillen Kinde jemand entgegengehen, ihm Rede abzugewinnen oder nachgehen, es um seine Herkunft und sein seltsames Tun zu befragen, so kam den Leuten ein so gewaltiges Grauen an, daß sie es nicht wagten, sondern scheu zurückwichen. Und niemand hat erfahren, welche Bewandtnis es mit dem stillen Kinde gehabt hat.

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590. Des Grafen Sprüchwort

590. Des Grafen Sprüchwort

Einst lebte ein Graf zu Schwarzburg, Heinrich der Siebente geheißen, der führte ein häßlich Sprüchwort im Munde, wenn er sich etwas Hohem vermaß, und sprach: Tue ich das, so müsse ich im Abtritt ersaufen. Und hat es sich zugetragen, daß dieser Graf, ein mannlicher Herr, der vielen Reichstagen und Turnieren beiwohnte, im Jahr 1186 mit Kaiser Heinrich VI. auf dem Reichstag zu Erfurt war, wohin auch Landgraf Ludwig von Thüringen und Erzbischof Konrad von Mainz kamen, die lange Zeit miteinander gestritten und sich gegenseitig ihre Länder verheert hatten. Da wurde geteidingt und Frieden gemacht zwischen diesen beiden im Beisein des Kaisers und vieler edlen Fürsten, Grafen und Herren in einem Saale des St. Peterskloster, und da der Boden dieses Saales alt und morsch war, so brach er plötzlich zusammen von der Last so vieler Personen. Unten aber war ein Kloak, darin aller Unrat aus den heimlichen Gemächern zusammenfloß, dahinein stürzten und erstickten elendiglich der Graf Heinrich von Schwarzburg und Friedrich Graf von Arnsberg; auch fanden noch ihren Tod Gosmar Graf von Hessen, Gottfried Graf von Ziegenhain, Burggraf Friedrich von Kirchberg, Beringer von Meldingen und andere. Der Kaiser und der Bischof hatten im Gespräch in einer Fensternische gestanden, hielten sich fest am Eisengitter und wurden gerettet. Der Thüringer Landgraf teilte den Unglückssturz, doch kam er davon ohne Verletzung. So erfüllte sich auf eine gar traurige Weise der Schwur des Schwarzburgers.

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591. Doktor Fausts Gäßchen

591. Doktor Fausts Gäßchen

Gegen die Mitte der Schlössergasse zu Erfurt geht ein Gäßchen zwischen Häusern durch, so schmal, daß ein Dicker nicht durch kann; das ist Doktor Fausts Gäßchen, und da hindurch fuhr Faustus, als er in Erfurt war, mit einem ganzen Fuder Heu. Er wohnte in der Michaelsgasse, nahe dem großen Kollegium, darin er selbst Kollegia las, den Studenten den Homer erklärte und die Geister homerischer Helden ihnen vor Augen stellte und zuletzt den greulichen Riesen Polyphemus, vor dem alle erschrocken und davongelaufen. In der Schlössergasse wohnte ein edler Junker, der war Fausti Freund, und waren oft beisammen; das Haus ist durch einen Anker auf dem Dachgiebel kenntlich, da gab Faustus manche Gasterei, zapfte Wein aus dem Tisch, ritt durchs Dach in die Luft und ließ ein Loch im Dach, das sich niemals wieder mit Ziegeln hat zulegen lassen. Bald sprach Stadt und Land von niemand als vom Doktor Faust, der Adel kam aus der Nachbarschaft in die Stadt herein, den Wundermann und seine Künste zu sehen, und da entstand die Furcht, es möchten allzu viele sich zu Teufelskünsten verlocken lassen, und ward ein Mönch zu Faustum gesandt, der sollte ihn bekehren. Faustus wollte aber nicht bekehrt sein, und auf das Erbieten des Mönchs, ihn durch Messelesen und Gebet vom Teufel loszureißen, hat Doktor Faust erwidert: Nein, mein guter Doktor Klinge! Es würde mir sehr unrühmlich sein, meinen mit meinem Blute geschriebenen Vertrag zu brechen, das wäre nicht redlich. Der Teufel hat mir ehrlich gehalten, was er mir zugesagt, so will ich ihm auch mein Wort halten. – Ei, so fahre hin zum Teufel, du verfluchter Teufelsbraten und Teufelsbündner! schrie da zornig der Mönch; fahre hin in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln! – und rannte fort zum Rektor magnificus und zeigte dem an, Faustus sei ein ganz verstockter unverbesserlicher Sünder. Darauf ist der Doktor Faustus aus der guten Stadt Erfurt ausgewiesen worden als ein gar schlimmer Literatus.

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592. Die Geißelfahrer

592. Die Geißelfahrer

Da sich in deutschen Landen die Geißelfahrer auftraten, so kam diese Volksseuche, welche die Köpfe ergriff wie ein Schwindel, auch nach Thüringen, und da rückte eine Schar von nicht weniger als dreitausend Flagellanten auf Erfurt los. Sie gingen Paar auf Paar, waren alle, bis auf die mit Leinwandschürzen gegürteten Lenden, fasernackt, und der vorderste trug eine Fahne; auf den Köpfen hatten sie weiße Hüte, an jedem hinten und vorn ein weißes Kreuz. Sie sangen das bekannte Geißlerlied, warfen sich kreuzweis auf die Erde, knieten auch hin und peitschten sich mit dreistriemigen Riemengeißeln, die in einem mit eisernen Nägeln gespickten Knoten endeten; zweimal des Tages und einmal des Nachts wurde die Geißelung vorgenommen. Es war eitel das ärmste und armseligste Lumpengesindel, welches dieses scheinheilige religiöse Possenspiel aufführte, Männer, Weiber und Kinder. Geld heischten sie nicht, aber Eßwaren ließen sie sich gern reichen. Wenn sie in eine Kirche kamen, machten sie ein so nichtsnutzes Geplärre, daß alles vor ihnen schweigen und verstummen mußte. Der Stadtrat zu Erfurt ließ diesem faulen Gesindel sein Stadttor vor der Nase zuschlagen, und es mußte Gott danken, daß es bei Ilversgehofen über Nacht lagern durfte. Einer unter diesen Geißelfahrern trieb die Narrheit so weit, zu sagen, er sei Gottes Sohn; möglich, daß er dieses auch von sich glaubte, es gedieh ihm aber übel, er wurde aufgegriffen und ohne weiteres auf dem großen Markt zu Erfurt verbrannt. Damals lebte ein Poet daselbst, der nannte sich Heinrich von Erfurt, der sang von dieser Zeit und bezeichnete mit wahrem Wort der Geißelfahrer Vaganten- und Flegelantenwesen:

Pestis regnavit, plebis quoque millia stravit,
Insolitus populus flagellat se seminudus. –

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593. Die Sondersiechen

593. Die Sondersiechen

Der Rat zu Erfurt hatte mit schlimmem Volk seine tausendfache Not, aber er ließ seine Macht fühlen und strafte unnachsichtlich jede Übeltat. Einst war auf der Gleichenschen Burg Ehrenstein ein junger Ritter, der liebte eine Jungfrau aus dem Gefolge der Gräfin von Gleichen und entführte sie mit ihrer Zustimmung. Sie saß hinter ihm auf, und beide erreichten glücklich das Stadttor. Es war aber leider schon abends zehn Uhr, und das Tor wurde nicht aufgetan. Da ritten sie zurück voll Angst und kamen an das Haus der Sondersiechen, dort um Einlaß bittend, nachdem der Ritter sein Roß an einen Zaun angebunden hatte. Es ward ihnen aufgetan, aber die Siechen, lauter Männer, als sie sahen, daß die Maid schön war, warfen sie sich auf den Ritter und erwürgten ihn und büßten an der Jungfrau ihre schändliche Lust so, daß sie starb; dann verscharrten sie beide Leichen. Als aber die Flucht bekannt wurde, jagte vom Schlosse Ehrenstein und von Remde her eine Schar Verfolger nach, kamen auch nach Erfurt und fragten am Tore nach den Flüchtigen. Da sagte der Torwärter: Ja, es ist gestern zur Nacht einer dagewesen, so Einlaß begehrt, ich durft‘ ihm aber nicht auftuen, denn es war zu spät. Da ritten die Verfolger vor das Siechenhaus und fragten draußen gleichfalls nach, aber da hieß es: Zu uns kommt niemand, wir sind die Leprosen und Sondersiechen. Indem so hörte das am Zaun hinterm Haus angebundene Roß, welches die Siechen noch gar nicht gewahr worden, bekannte Stimmen, mocht‘ auch Hunger haben, und begann laut zu wiehern. Als nun jene das ihnen wohlbekannte Pferd fanden, drangen sie ein in das Haus und umstellten es und sendeten in die Stadt zum Magistrat, und der schickte seine Richter und Schöppen, die forschten und fragten und fanden die grauenvolle Tat und schöpften ihr Urteil. Darauf umfing ein ehrlich Grab bei Sankt Thoma den Ritter und sein armes Lieb; um das Siechenhaus herum aber wurde Scheitholz gelegt, rundherum, und Stroh und Reisig bis zum Dach, ein mächtiger Haufe, darauf ward es an den vier Ecken mit Feuer angestoßen, daß es mit Mann und Maus, so darinnen waren, zu Asche verbrannte. Hernach ist an des Hauses Statt ein Kreuz von Steinen errichtet worden, an dessen einer Seite ein Ritter, an der andern eine knieende Jungfrau zu sehen war.

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584. Schloß Kranichfelder Wahrzeichen

584. Schloß Kranichfelder Wahrzeichen

Auf dem Kranichfelder Oberschlosse saßen einst zwei Brüder, Wolfer und Lütger geheißen, die gerieten miteinander in Streit, und darüber beschlossen sie, sich zu trennen und ihr gemeinschaftliches Besitztum und die Herrschaft Kranichfeld zu teilen. Ich baue mir selbst eine neue Burg! sprach Lütger und deutete auf den Berg hinüber, darauf hernach Niederkranichfeld sich erhob. Des lachte Wolfer und sprach: Wenn du dahinüber baust, will ich dir dies und das tun, was keiner kann und tut! Darauf sagte Lütger: Topp, ein Ritter hält sein Wort! und verließ seinen Bruder. Darauf hat er den Bau der Niederburg begonnen und ihn groß und stattlich aufgeführt, und ist dem Wolfer sehr bange geworden, hat sich lösen wollen mit großem Gut und Gelde, aber Lütger hat das mitnichten angenommen, vielmehr darauf bestanden, daß Wolfer dasjenige tue, dessen er sich verheißen. Und hat dieser solches auch getan, aber darüber sich das Rückgrat zerbrochen, und so fiel die Oberburg auch wieder an Lütger, der zum Wahrzeichen seines Bruders Gestalt in der Übeln und nicht schönen Stellung an einem Erker der Burg anbringen ließ, das noch heute zu sehen ist.

Ein gleiches Bild ist in Arnstadt in der Liebfrauenkirche an einem Chorpfeiler zu erblicken, und wird davon erzählt, daß eine fromme Gräfin von Schwarzburg diese Kirche erbaut, deren Mittel zum Bau nicht auszureichen schienen, da habe der Baumeister sich das gleiche zu tun vermessen, was jener Dynast von Kranichfeld getan, und als die Gräfin ihren letzten Heller ausgegeben, war auch der Kirchenbau vollendet, und der Baumeister mußte sich bequemen, das Allerunbequemste zu tun.

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585. Die verschiedenen Türme

585. Die verschiedenen Türme

Von der Liebfrauenkirche zu Arnstadt gehen viele Sagen. Dieselbe hat außer dem großen Glockenturm zu Seiten des westlichen Portales zwei Türme, von denen ist einer im byzantinischen, der andere im gotischen Baustile aufgeführt und soll den einen der Meister, den andern sein Geselle allein erbaut haben. Da nun der Turm des Gesellen als der schönere und zierlichere allgemein gepriesen worden, sei des Meisters Eifersucht erwacht, und er habe den Gesellen unversehens von seinem Turme herabgeworfen; da sei dem Gesellen dessen treuer Hund nachgesprungen und hernachmals als ein Steinbild zur Zier und zum Andenken am Turme angebracht worden, wie noch heute zu sehen. In der öden Liebfrauenkirche ist es nicht geheuer, Geister halten darinnen um Mitternacht ihre Metten. Von den Türmen zu Naumburg und vielen andern geht ganz dieselbe oder eine doch wenig unterschiedene Sage. Innen über einer Türe hängt auch eine Riesenrippe; dieses Riesen Grab ist unterm Walperberge, und am Wege nach Haarhausen hat derselbige seinen Löffel in die Erde gesteckt.

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586. Der Jungfernsprung und die Böhlersmännchen

586. Der Jungfernsprung und die Böhlersmännchen

Bei Arnstadt ist eine enge und tiefe Talrinne, das Jonastal; warum es diesen Namen führt, weiß niemand; im Tale aber ist eine senkrechte schroffe Felsenwand, die heißt der Jungfernsprung, dort sprang eine von einem Reiter verfolgte Jungfrau hinunter, indem sie sich den Engeln anbefahl; diese haben sie auch umfangen und sanft zu Boden getragen, der Reiter aber sprengte, da er sein Roß nicht mehr zu zügeln vermochte, ihr nach, und Mann und Roß zerschmetterten im tiefen Abgrund. Am Eingang dieses Tales liegt der Schöne Brunnen, der hat früher der Jungfernbrunnen geheißen. Vor ohngefähr fünfzig Jahren soll einmal ein kleiner Arnstädter Chorschüler hinauf auf den Jungfernsprungfels spazierengegangen sein, da habe ihn aber ein heftiger Sturmwind ergriffen, daß er sich nicht habe halten können, zumal der Wind in seinen Mantel wie ein Segel geblasen, und habe ihn in die Tiefe gerissen, aber im Heruntersinken sei der Chormantel dem Knaben zum Fallschirm geworden und jener ohne Verletzung davongekommen.

In der Tiefe dieses Tales, weiter oben, ist ein Felsloch, das Böhlersloch genannt, darinnen wohnen Zwerge, die Böhlersmännchen genannt, gutartig und boshaft, nach der viel geschilderten Tückebolde Art. Sie gleichen den Nievelmännchen und Ouwelmännchen, von denen man zu Limburg an der Maas erzählt. Es ist in dieser Talrinne, die noch höher hinauf nach Espenfeld zu das Götzental heißt, gar nicht geheuer; nächtlichen Wanderern hocken sich Gespenster auf den Rücken und lassen sich eine gute Strecke huckepack tragen. Das ist schon manchem geschehen, der spät von Schönbrunnen, allwo es gutes Weizenbier zu trinken gibt, jenen Weg ging.

An vielen andern Orten in Thüringen gibt es noch Zwerghöhlen und werden da und dort Wichtleinslöcher und Wichtleinshöhlen genannt, so bei Buffart an der Ilm, bei Salzmünde, bei Meiningen, bei Dillstädt und Wichtshausen, und geht an manchen Orten die Sage, daß zur Zeit der Hunneneinfälle die Menschen sich vor den schrecklichen Heunen gleich als kleine furchtsame Wichtlein in diese Löcher verkrochen.

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587. Voll Maß! Voll Maß!

587. Voll Maß! Voll Maß!

Bei Arnstadt liegt ein schöner kräuterreicher Bergwald, das Walperholz, so geheißen, weil auf der Höhe in alten Zeiten ein Kloster zur heiligen Walpurgis gestanden hat. Dort ist eine Waldecke, wo man es nennt an den hohen Buchen, und steht auch eine sogenannte Jagdbuche dort. An dieser Buche befindet sich ein runder Platz, darauf nie Rasen wächst, auch sonst kein Gras und kein Kraut. Dorthin ist gebannt der ruhelose Geist einer Bierzapferin, weil sie bei ihrem Leben zu geringes Maß gegeben hat, deren Name ist Frau Holle. Zuzeiten sieht man sie in altväterischer Tracht rastlos um die Jagdbuche wandern und hört einen kläglichen Ruf, den sie fort und fort ausstößt: Voll Maß, voll Maß!

In dieser Sage ist sicher der mythische Name Frau Holle auf den des gebannten Geistes übertragen worden; sie erinnert an die Wandlerin unterm reißenden Stein bei Mehlis, welche die Kunden vervorteilte und gebannt wurde und immer ruft: Drei Quärtchen für eine Kanne! Drei Viertel für ein Pfund!

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588. Kinderzüge und Kindertanz

588. Kinderzüge und Kindertanz

Zu einer Zeit (1212) kam unter die Kinder in Thüringen und auch im übrigen Deutschland, wie in Frankreich, gar ein sonderer Trieb und eine wunderbare Phantasei, sich zusammenzuscharen und hinwegzuziehen, das Heilige Grab zu gewinnen.

Die Sage geht, daß ein fremder schöner Knabe durch die Gaue gewandelt und das Kreuzfahrerlied gesungen habe, da seien ihm alle Kinder scharenweise gefolgt mir unwiderstehlichem Triebe, da weder Worte, noch Schläge, noch Bande sie abhielten, und sollen aus Deutschland zwanzigtausend, aus Frankreich aber dreißigtausend Knaben so fortgewandert sein; kamen aber auf ihrem Wege über die Alpen in unwegsamen Gebirgen um und jene, die das Meer erreichten, durch schreckliche Seestürme, und hat ihrer keiner die Heimat wiedergesehen.

Wie dieser Zug im großen, ist auch einer im Jahre 12Z7 im kleinen geschehen, doch war derselbe wieder anderer Art und Ausganges, gab aber Zeugnis, wie ein unbekanntes Etwas die Menge allgewaltig ergreifen und fortreißen kann, ohne daß sie sich Rechenschaft zu geben weiß von ihrem oft ganz wahnvollem Tun.

Es kam am 15. des Brachmonats im genannten Jahre unter die Kinder in der Stadt Erfurt eine sonderbare Tanzlust, sie sammelten sich zu einer Schar von mehr als eintausend und machten einen Tanz, Hände in Hände, in großen Ketten, vom Löbertor zu Erfurt hinauf auf den Steigerwald bis zum Dorfe Waltersleben und von da nach Eischleben, von Eischleben nach Ichtershausen und über Rudisleben nach Arnstadt, eine Wegstrecke von vier guten Stunden immer tanzend, singend und springend guter Dinge und hingerissen, bis sie am Abend todmüde in Arnstadt ankamen. Die Bürger von Arnstadt verwunderten sich gar sehr, wo nur die vielen Kinder auf einmal herkämen, und nahmen sie auf, und die Bürger in Erfurt wußten nicht, wo ihre Kinder hin waren, und war eine überaus große Bestürzung in der Stadt, da fast in jedem Hause Kinder fehlten, die dauerte die ganze Nacht hindurch, bis endlich am frühen Morgen Botschaft von Arnstadt kam. Da haben die Erfurter viele Wagen genommen und sind hinüber nach Arnstadt gefahren und haben diesen Bürgern gar herzlich gedankt für die Gastfreundschaft, so sie ihren Kindern erwiesen, und haben die Kinder wieder mit sich nach Hause genommen. Die Kinder aber haben alle nicht sagen können, wer ihnen geheißen, diesen weiten Weg tanzend zurückzulegen, es wäre ihnen so angekommen, und sie wären wohl noch weiter gegangen, wenn sie nicht müde und hungrig geworden. Aber viele dieser Kinder starben bald darauf, und die Mehrzahl der übrigen blieb bis zum Tode mit einem anhaltenden Zittern behaftet. Ihr Tanz war ein Verhängnis.

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