431. Kaiser Friedrichs Hofgesinde

431. Kaiser Friedrichs Hofgesinde

Gar vielerlei Volk und Einzelpersonen nennt die Sage, welche Kaiser Friedrichs unterirdischen Hofstaat bilden helfen. Die vornehmste Person nach ihm ist die Prinzessin, seine Tochter, eigentlich nur Nichte; ihr dienet eine Schar Edelfräulein, und reiten mit ihr zur Nachtzeit auf weißen Rossen und in weißen Kleidern über den Kamm des Kyffhäusergebirges, gesellen sich auch wohl dem wilden Heer und den Hörseelbergerinnen. Weiter eine Schar von Rittern, Mönchen und Zwergen, des Kaisers Hofgesinde, allzumal mit in den Bergesschoß hinabverwünscht. Endlich weilt auch drunten der Schmied von Jüterbog, des Kindermärchens Held, zu dem sich St. Petrus in eigner Person bemühte, drei Wünsche ihm schenkte, die der Schmied töricht genug tat, doch auch wirksam genug, mit ihnen den Tod zu bannen und dem Teufel das Leder so arg zu versohlen, daß dieser, als der Schmied gestorben war und nicht in den Himmel eingelassen ward, weil er sich nicht die ewige Seligkeit gewünscht, und auf die Hölle zumarschiert kam, sich so sehr fürchtete, daß er die Hölle alsbald verbarrikadieren ließ und in Belagerungszustand erklärte. Da konnte nun der arme Schmied von Jüterbog nicht in den Himmel und nicht in die Hölle, und im Fegefeuer mochte er gar nicht bleiben, es war ihm darin zu heiß, da suchte er das Kühle und ging hinunter unter die Kyffhäuserburg, und da ist er noch und beschlägt des Kaisers Pferde und die der Prinzessin und der Luftreiterinnen mit Hufeisen von blankem Golde. Wenn sie nicht immer in der Luft ritten, würden sie manchmal eins verlieren, so aber ist auf solchen Fund nicht zu hoffen. Venetianer, Steinsucher, Schatzgräber und Teufelbanner haben auf, im und am Kyffhäuser schon hundertfach ihr Wesen getrieben, auch davon gibt es viele Sagen und Geschichten; manchesmal sind sie durch Wesen, die dem unterirdischen Hofhalt angehörten, arg geschreckt worden. Auf der Rothenburg fand man auch das angebliche Götzenbild, den weitberufenen Püsterich, der in Sondershausen noch vorhanden ist, und über den auch ganze Bücher voll zusammenfabuliert worden sind. Der Büchlein, Artikel und Aufsätze über den Püster sind, genau gezählt, netto vierundneunzig, und dies ist der fünfundneunzigste.

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424. Ludwig mit dem Barte und sein Stamm

424. Ludwig mit dem Barte und sein Stamm

Kaiser Konrad II. sandte einen Verwandten in das Thüringer Land, der hieß Ludwig und trug einen langen Bart, darum nannten ihn die Thüringer den Grafen im Barte, und gewannen ihn lieb, weil er leutselig war und guten Rat erteilte, und wählten ihn hernachmals zu ihrem Richter. Als solchen bestätigte Kaiser Konrad den Grafen im Barte gern, verlieh ihm Güter und machte ihn zu einem Vizedom in Thüringen und zu einem Landrichter, und Konrads Nachfolger bestätigte ihn in allen Besitzungen und Würden. Darauf erbaute Ludwig sich eine Burg auf einem hohen Berg über Friedrichrode, und als er sie vollendet sah, rief er freudig aus: Nun schaue, welch eine Burg! Davon ward sie Schaueinburg genannt, hernach Schauenburg. Graf Ludwig im Barte vermählte sich mit Cäcilie, einer jungen Witwe, die brachte ihm Sangerhausen, die Stadt, zu, nebst vielem Reichtum an Geld und Gut, Land und Leuten, und bekam von ihr einen Sohn, auch Ludwig genannt, der ward getauft in der Kirche auf dem Altenberge, wo der heilige Bonifazius mit zu allererst den Thüringern das Evangelium gepredigt, die hatte Graf Ludwig erbaut, und ließ sie weihen in die Ehre St. Johannis des Täufers am Tauftage seines Erstgebornen durch Bardo, den Erzbischof zu Mainz, und waren viele Fürsten, Grafen und Herren aus Thüringen und den Nachbarlanden Zeugen. Nachderhand bekam Graf Ludwig im Barte durch sein Gemahel noch zwei Söhne und drei Töchter. Ein Sohn hieß Beringer, der empfing von der Mutter Erbe Sangerhausen mit Zubehör, doch starb er bald nach dem Vater. Ein Sohn, den Beringer hinterließ, hieß Konrad, der erbaute Hohnstein am Harz, weil sein Bruder Ludwig ihm Sangerhausen abkaufte, und ward der Grafen von Hohnstein Ahnherr; Ludwigs dritter Sohn hieß Heinrich, der war gar still und ruhig, und die Leute gaben ihm den Zunamen Rape. Der hat Rapenberg erbaut und bewohnt. Dreißig Jahre lang hat Ludwig im Bart im Lande Thüringen gewohnt und gewaltet und ihm treulich vorgestanden. Er starb auf einer Fahrt nach Speier zu Kaiser Heinrichs III. Begräbnis, auf der Rückreise in Mainz, und ward alldort in St. Albans Kirche begraben. Am Nikolaitorturm zu Eisenach steht noch verwittert sein steinern Bild mit langem Bart. Er ward der Ahnherr aller Landgrafen von Thüringen.

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425. Die Frau von Weißenburg

425. Die Frau von Weißenburg

Ludwig, des bärtigen Ludwig Sohn, freite eine Tochter Herzog Ulrichs zu Sachsen, war aber gar übel mit ihr zufrieden und sandte sie wiederum dahin, woher sie gekommen war; darüber zergrämte sie sich, denn sie hatte ein stolzes Herz, und starb noch selben Jahres. Nun zog Graf Ludwig, noch jung und wieder ledig, im Lande umher und besuchte den Pfalzgrafen Friedrich zu Sachsen, der saß auf Schloß Weißenburg, der hatte ein über die Maßen schönes Weib, Adelheid geheißen, und sie gefiel auch gleich über die Maßen dem Grafen Ludwig, und er höfelte um sie her und tanzte mit ihr, und er gefiel ihr und durfte sie heimlich besuchen. Da faßten sie einen Rat, der nicht gut war. Als eines Tages der Pfalzgraf im Bade saß, hörte er Rüdengebell und Hörner, vielleicht fühlte er auch bereits welche, und fragte, wer so freventlich in seinen Wildbann breche, und da sagte man ihm, wer es sei; manche berichteten, Frau Adelheid selbst habe es ihm unter Stachelreden gesagt, und da wurde der Pfalzgraf wild und fuhr aus dem Bade, warf nur leichtes Gewand über und jagte auf einem Renner dem Grafen Ludwig nach. Das war es gerade, was dieser wollte. In einem Gehölz, die Reuse genannt, erwartete Ludwig den Pfalzgrafen, und da dieser ihn nicht mit Honigworten begrüßte, sondern ihn anschalt als einen Gauch und ehrlosen Wicht, so drehte Ludwig sich um und stieß den Pfalzgrafen mit seinem Speer tot vom Rosse. Von dieser sehr untreuen Tat ist viel in den Landen geredet und gesungen worden. Des Pfalzgrafen Witib auf Weißenburg stellte sich gar kläglich an, als sie ihres Herrn und Gemahls Tod vernahm, betrauerte selbigen auch ein züchtig Jahr, und dann heiratete sie ihren geliebten Freund, den Grafen Ludwig, und beging mit ihm fröhliche Hochzeit auf der Schauenburg. Der lebte mit ihr lange Zeit ganz glücklich, mehrte sein Land, erbaute ihm feste Schlösser und Trutzburgen und befestigte seine Städte, so Freiburg an der Unstrut und die Neuenburg darüber, aber da die Verwandten des durch ihn gemordeten Pfalzgrafen Rache heischten und er sich der Ladung des Kaisers nicht stellte, so ließ der Kaiser allenthalben auf ihn fahnden und stellen, wie auf einen schlimmen Vogel, und so sehr Graf Ludwig auf seiner Hut war, so kam er endlich doch im Erzstift Magdeburg in Haft und ward als Gefangener auf die feste Burg Giebichenstein ohnweit Halle geführt und allda festgehalten.

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426. Der Sprung vom Giebichenstein

426. Der Sprung vom Giebichenstein

Graf Ludwig saß lange auf Giebichenstein, denn der Kaiser war außer Landes, und niemand anders konnte und durfte den Grafen richten wie der Kaiser selbst, obschon sich von diesem nicht viel des Guten in dieser Sache zu versehen war. Zwei Jahre und acht Monate waren schon über dieser Haft dahingegangen, und der Gefangene blickte kummervoll aus einem Turmgemache, darinnen ihn sechs Ritter täglich bewachten, in den Saalgrund, über welchem, auf steil emporgegipfelte Felsen gebaut, Burg Giebichenstein sich erhob. Da nun Graf Ludwig vernahm, der Kaiser wolle ihn hinrichten lassen ob seiner Tat am Pfalzgrafen, ward ihm bange, und er begann sich für krank auszugeben und bat, daß sein Schreiber zu ihm gelassen werde, er wolle sein Seelgeräte aufrichten und sein Haus bestellen, auch einen Diener forderte er, den an sein Gemahl Frau Adelheid zu entsenden. Und als ihm dies gestattet wurde, gebot er heimlich dem Diener, an einem gewissen Tage, wenn er das Seelgeräte abzuholen komme, zu bestimmter Stunde mit seinem weißen Hengst, der Schwan genannt, drunten am Saalufer zu harren, auch das Roß wie zur Schwemme in den Saalstrom zu reiten. Hierauf klagte sich der Graf ernstlich krank, das währte mehrere Tage, und er machte auch sein Testament und ließ sich sein Sterbehemde bereiten und mehrere Mäntel bringen, dieweil ihn friere; in diese hüllte er sich und wankte am Stabe im Zimmer auf und ab, während seine sechs Wächter sich die Zeit mit dem Brettspiel vertrieben. Da es im Steingemache noch sehr kühl war, draußen aber die Sommersonne des Augustmonats warm schien, so lehnte sich der kranke Graf in das große Bogenfenster, das er geöffnet, und wärmte sich – und da er drunten den Diener zu Roß nebst seinem Schwan in die Saale einleiten sah, auch zwei Fischernachen, die mitten im Strome hielten, so war er plötzlich nicht mehr krank, sondern mit einem Satz im Fenster, und mit einem zweiten außerhalb des Turmes, und mit wenigen Schritten ganz vorn am Felsenvorsprung, und mit dem Rufe: Jungfrau Maria! Hilf deinem Knechte! sprang er vom Felsen gerade herab in den Strom. Die Mäntel umgaben ihn wie ein Rad, die Kähne ruderten herbei, der Landgraf gewann einen Kahn, gewann den Schwan, und als droben die Brettspieler erschreckt emporfuhren und zum Fenster hineilten, sahen sie schon den kühnen Springer das Ufer gewinnen und westwärts reiten.

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427. Sankt Ulrichs Kirche

427. Sankt Ulrichs Kirche

Da Landgraf Ludwig von Thüringen, der Springer zubenamt, sich durch seinen kühnen Sprung aus dem Turm und vom Fels hinter Giebichenstein in die Saale aus langer Haft errettete, rief er noch einmal im Fliegen: Hilf deinem Knecht, Jungfrau Maria!, und als er nun auf seinem Schwan entrann, nahm er den Fluchtweg nach Sangerhausen zu, wo seine Adelheid weilte, und rief unterwegs St. Ulrich an, seinen Schutzpatron, daß der ihn ferner rette und schirme, und gelobte ihm ein stattliches Gotteshaus. Und bevor noch der Landgraf eine Bußfahrt gen Rom vollbracht, erfüllte er treulich sein Gelübde und ließ die Kirche in Marien und St. Ulrichs Ehre erbauen und weihen und in einen Stein die Worte graben: Suscipe servum, virgo Maria! – welche Worte er ausgerufen, da er von Giebichenstein entsprang. Noch ist St. Ulrichs des Helfers und des Landgrafen Steinbild in dieser Kirche zu sehen, und viele fromme und gläubige Seelen haben durch so viele Jahre in derselben ihre Andacht zu Gott dem Herrn und dem heiligen Mittler verrichtet. Zu einer Zeit aber ist es zu Sangerhausen geschehen, daß der Teufel eine Schar Leute berückte, Männer, Frauen und Kinder, die kamen alldort heimlich in einem Hause zusammen, den Teufel anzubeten, der ihnen, wie behauptet ward, in Gestalt einer Hummel vor das Maul flog, und dann löschten sie die Lichte aus und trieben ganz abscheuliche Unzucht durcheinander, recht hummeltoll. Ein Schmied offenbarte dieser frömmelnden Wollüstler arges Unwesen dem Grafen, der damals, 1454, über Sangerhausen gebot; dieser glaubte nicht an die unerhörte Mär, aber der Schmied führte den Grafen verkappt in die Versammlung, damit er den argen Frevel mit eigenen Augen sehe und höre, und da sah und hörte der Graf sein blaues Wunder, ließ alsbald die Rotte einziehen und Gericht über sie halten. Darauf sind sie samt und sonders zum Feuertod verurteilt und verbrannt worden.

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428. Kaiser Friedrich

428. Kaiser Friedrich

Auf dem Kyffhäuserberge steht weit sichtbar ein alter Turm, die Warte der Kaiserburg, welche dieser Berggipfel trug, und deren Trümmer eine Strecke unter dem Turme noch erblickt werden; diesen Turm nennt alles Volk in der güldnen Aue den Kaiser Friedrich. Da der wirkliche Kaiser Friedrich, zubenamt der Rotbart, vom Papst in den Bann getan ward, so schlossen sich ihm alle Kirchen und Kapellen, kein Priester durfte ihm Messe lesen. Da legte der edle Held ein Gewand an, das ihm aus India verehrt worden, nahm ein Fläschchen mit duftendem Wasser zu sich, bestieg sein Leibroß und ritt in einen dunkeln Wald tief hinein. Wenige seiner Getreuen durften ihm folgen, aber auch ihnen entschwand er, denn in dem tiefen Walde drehte er ein wunderbares Fingerlein und wünschte sich aus ihrem Angesicht. Alsbald entschwand er der Herren Blick und ward von ihrer keinem mehr gesehen, und so war der hochgeborene Kaiser verloren. Alte Bauern haben ausgesagt, er lasse sich noch bisweilen als ein Waller erblicken und habe verkündigt, er werde einst noch auf römischer Erde gewaltig werden und die Pfaffen stören und das Heilige Grab wieder in die Gewalt der Christen bringen, daß nimmer wieder ein Schwert darum gezogen werde; dann werde er seinen Schild hangen an den Ast eines dürren Baumes und guten Frieden aufrichten im Lande und auf den Festen. Das gleiche Recht werde er allen bringen, die heidnischen Reiche sich unterwerfen, die Kraft und Macht der Juden niederwerfen, daß sie nimmer wieder aufkommen, die Nonnen verehelichen und zur Arbeit leiten. Wann das geschähe, so kämen uns gute Jahre, und der dürre Baum werde wieder ergrünen.

So klangen Sage, Lied und Prophezeiung aus grauer Zeit, und die darauffolgende Zeit schmolz Kaiser Friedrich I., des Rotbart, Heldenbild mit dem Bilde Kaiser Friedrich II. zusammen, denn auch dieser hatte sein Deutschland verlassen, kehrte nimmer wieder, und ob er tot war, so glaubte doch das treue Volk, er lebe, und harrte ohn Ende seiner Wiederkehr. Und da er nicht wiederkehrte, so sagte es, Kaiser Friedrich habe sich mit seiner Tochter, mit all seinem Hofgesinde, mit seinen Wappnern und Zwergen tief in den Schoß der alten Kaiserfeste Kyffhäuser verwünscht, und da sitze er schlummernd, mit langem Bart, der um seinen steinernen Tisch gewachsen, erst zweimal herum, wann aber der Bart das drittemal herumlange, dann werde der Kaiser wiederkehren und das Reich wieder behaupten. Um den Berg, darunter der Kaiser verzaubert im Halbschlummer sitzt, fliegen fort und fort die Raben, und nur alle hundert Jahre sendet der Kaiser einen Zwerg herauf, daß er frage und schaue, ob die Raben noch fliegen. Und wenn er nun rückkehrt und kündet, daß sie noch immer fliegen, da neigt der Kaiser trauriger denn vor sein greises Haupt und zwickert wieder mit den Augen im halben Schlummer.

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42. Die schiffenden Mönche

42. Die schiffenden Mönche

Zu Speier kam einstmals ein Fischer an den Strand des Rheinstroms, der stellte seine Garne spät am Abend und legte seine Reusen und fuhr in seinem Kahn von einer Uferstelle zur andern. Da kam ein Mann daher in brauner Mönchskutte, und der Fischer grüßte ihn. Fischer, sprach der Mönch, ich bin ein Bote von weitem her und möchte gern überfahren. – Das kann geschehen, sagte der Fischer und fuhr den Mönch über. Als er wieder an seinen Strand kam, standen fünf andere Mönche da und harrten seiner und sprachen: Fahr über! – Warum reiset ihr so in später Nacht? Und soll ich nicht für meine Arbeit einen Lohn von euch verdienen? – Fischer, es treibt die Not, antworteten die Mönche, die Welt ist uns gram, fahr uns nur über um Gottes willen.

Der Strom war ruhig und hell der Nachthimmel, der Fischer nahm die Männer in seinen Kahn und stieß vom Strande. Schnell ward es dunkel, der Himmel schwärzte sich, der Strom warf Wellen, es heulte der Sturm und trieb die schäumenden Wogen über Bord in das Schiff hinein. Wie geschieht uns? fragte der Fischer. War doch eben erst der Himmel rein und klar! Hilf uns, o Gott! – Was heulst und betest du, statt zu rudern? schalt den Schiffer einer der Mönche, entriß ihm das Ruder und schlug ihn, daß er niedersank. Die Mönche ruderten nun selber eilend durch den Strom, legten am andern Ufer an und verschwanden. Als der Fischer wieder zu sich kam, grauete schon der Tag, und kaum vermochte er, wieder überzufahren und seine Hütte zu erreichen.

Des Weges aber, den die Mönche eingeschlagen, kam ein Bote, der wollte gen Speier, der sah dieselbigen Mönche sich entgegenkommen, sie fuhren auf einem Wagen, der war schwarz überhangen und hatte nur drei Räder; die Pferde, die ihn zogen, hatten nur drei Beine, und der Fuhrmann hatte eine Teufelsnase und eine Flammengeißel, rund um den Wagen her weberte es von Flammen. Der Bote kreuzte und segnete sich und zeigte dem Rat zu Speier dies Gesicht an, aus welchem man auf große Zwietracht unter den deutschen Fürsten schloß, an der in alten und neuen Zeiten niemalen ein Mangel.

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417. Neun Kinder auf einmal

417. Neun Kinder auf einmal

Zu Querfurt saß ein Graf des Namens Gebhard, dessen Bruder war der heilige Bruno, der Apostel der heidnischen Preußen nächst dem heiligen Adalbert. Graf Gebhard war ein strenger und ernster Herr, starren Kopfes und raschen Handelns. Da er nun einmal eine Zeitlang aus seiner Herrschaft abwesend war, gebar ihm seine Gemahlin, eine edle Sachsin, auf dem Hause Querfurt auf einmal neun Kindlein. Über so reichen Segen erschraken sie und ihre Frauen nicht wenig und getrösteten sich von dem Grafen und Herrn nichts Guten, denn er war gar wunderlich und hatte schon zum öftern sich ungünstig über Frauen geäußert, die mehr als ein Kind, etwa zwei oder drei, zugleich geboren, nun vollends dreimal drei, das dürfte ihm schier allzu viel dünken und nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheinen. Wurden daher untereinander Rates, eines der Kindlein, das erste und stärkste, zu behalten und die acht übrigen beiseitezuschaffen, und ward einer der dienenden Frauen befohlen, die acht Kindlein in einem Kessel hinwegzutragen und den Kessel, mit Steinen beschwert, in den nahen Schloßteich zu senken. Dieser Trägerin begegnete der heilige Bruno, welcher damals in Querfurt lebte und in früher Morgenstunde bei einem schönen Quellbrunnen auf- und abwandelte und sein Gebet sprach, und da er ein Kindlein winseln hörte, fragte er, was sie trüge. Das Weib erschrak und sprach: Junge Welflin (Hündchen) – und wollte rasch vorübereilen, allein Bruno nötigte sie, den Mantel von dem Kessel aufzurücken, und sah die acht Kindlein und zwang der Frau das Geständnis ab, wem sie gehörten, die ihm nun auch die ganze Wahrheit sagte. Bruno legte ihr tiefes Schweigen auf, selbst gegen die Mutter, taufte in dem kupfernen Kessel, darin die Kindlein lagen, dieselben an dem Quellbrunnen und nannte sie insgesamt Bruno nach sich selbst, dann brachte er sie unter bei guten treuen Leuten zur Pflege und Auferziehung und hielt alles tief geheim, bis die Zeit kam, da er wieder gen Preußen zu ziehen gedachte. Der aufbehaltene neunte Knabe wurde Burkhart genannt und ward Hernachmals der Großvater Kaiser Lothars. Da nun Bruno aus dem Lande zu ziehen im Begriff stand, offenbarte er seinem Bruder das Geheimnis und nahm ihm das Versprechen ab, seiner Gemahlin jene frevelnde Tat nicht entgelten zu lassen, die nichts anderes wisse, als daß die Kindlein tot seien, und die Jahre her stets tiefe Reue und schmerzliche Betrübnis darob empfunden. Dann ließ er die acht Knäblein, eines gekleidet wie das andere, in das Schloß bringen und stellte sie den Eltern vor, da sahen sie wohl an Gestalt und Gebärden, daß sie des neunten rechte Brüderlein, und war Leid und Freud beieinander. Doch ließ Graf Gebhard seine Gemahlin nicht ganz ohne Strafe. Er ließ ihr ein Paar neue Schuhe machen, nicht von Leder, sondern von Eisen, und dieses Eisen ließ er glühend machen, und solche rote Schuhe mußte die Frau Gräfin auf eine Zeit anziehen, darum, daß sie in den kindermörderischen Rat eingewilligt. Selbige Schuhe, wie jenen Taufkessel zeigt man noch in der Kirche zu Querfurt, der Quellbrunnen wird noch heute der Brunsborn genannt, und der Teich, dahinein die Welflin gesenkt werden sollten, heißt noch bis diesen Tag der Wölfenteich.

In der Lauterburg bei Querfurt geht noch ein Spuk um, das Schlüsselweibchen genannt.

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418. Sankt Bruno und die Eselswiese

418. Sankt Bruno und die Eselswiese

Da der heilige Bruno am Donnerstage in der Osterwoche Abschied nahm von seinem Bruder und gen Preußen zog, ritt er auf einem Esel, und sein Bruder und viele Herren begleiteten ihn. Wie sie nun über den Anger hart hinter Querfurt ritten, wurde des heiligen Mannes Esel stätig und wollte nicht weiter, darin sahen die Geleitenden ein Anzeichen, daß Gott den Zug Brunos nicht wolle, und beredeten ihn zur Umkehr auf das Schloß. Gleichwohl fand der heilige Mann keine Ruhe, es drängte ihn seiner Bestimmung entgegen, und diese war keine andere als der Martyrertod, den er auch fand, als er dennoch nach Preußen gezogen war und dort das Evangelium lehrte und predigte. Er wurde mit achtzehn Gefährten gefangen, grausam gepeinigt, verstümmelt und getötet, das geschah in Litauen nahe der Grenze gegen Rußland im Jahre 1008 oder 1009. Auf der Wiese aber, darauf der Esel des heiligen Bruno stätig ward, und die bis heute die Eselswiese heißt, ward eine Kapelle erbaut, zur Eselstatt genannt, da ward an jedem Donnerstag nach Ostern reichlicher Ablaß erteilt, und entstand eine große Wallfahrt und viel Zustrom des Volkes von allen Orten und Enden. Endlich ward ein Jahrmarkt auf den Tag bestimmt, der zuletzt drei Tage dauerte, und so ist es geschehen, daß ein stätiger Esel das ganze Volk umher auf die Beine gebracht und laufend gemacht hat, welches Wunder nicht bloß zu Sankt Brunos Zeiten, sondern auch in späteren sich zum öfteren hie und da hat verspüren lassen.

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41. Der Rotbart zu Kaiserslautern

41. Der Rotbart zu Kaiserslautern

Bei Kaiserslautern ist eine Felsenhöhle von unergründlicher Tiefe. Von dieser geht des Volkes allgemeine Sage, daß Kaiser Friedrich der Rotbart, da er aus seiner Gefangenschaft in der Türkei gekommen sei, in Kaiserslautern sich niedergelassen habe. Dort habe er das Schloß gebaut und dem Weidwerk, wie der Fischerei in dem schönen See, der noch der Kaiserwerder heißt, obgelegen. In einem Tiergarten nahe am Schloß hielt der Kaiser allerlei wunderbarliche und fremdländische Getiere, und im See fing er einstmals einen großen Karpfen, dem steckte er einen güldnen Ring von seinem Finger an eine Flosse: der Fisch blieb und bleibt hinfüro ungefangen bis auf des Kaisers Wiederkehr. Endlich kam der Kaiser hinweg, niemand wußte zu sagen wie, und es ging die Rede, er habe sich in das tiefe Loch verwünscht auf lange Zeit, da drunten besserer Zeit zu harren. Im Schlosse blieb lange noch des Kaisers Bette aufbewahrt, hängend an vier eisernen Ketten. War es abends wohl gebettet, so war es morgens verwälzt, so daß man deutlich sah, es habe jemand darin gelegen. Einst fing man im Kaiserwerder zwei Karpfen, die waren um die Hälse mit Ringen und einer güldenen Kette verbunden, zum Angedenken wurden sie in Stein ausgehauen an der Metzlerpforte.

Zu einer Zeit fand sich ein Mann, der wollte gern den Grund der großen tiefen Höhle ergründen, in welche der Kaiser sich verwünscht haben sollte, und ward an einem Seil hinabgelassen mit einem Faden, der oben an eine Schelle reichte. Und kam hinab und sah den Kaiser sitzen auf güldnem Sessel mit mächtig großem roten Barte, schaute sich um und erblickte einen großen weiten Plan, darauf standen viele Wappner. Der Kaiser nickte ihm zu und bedeutete ihn, nicht zu reden – und da grausete es dem Mann, und gab sein Zeichen an der Schelle, und ward also wieder heraufgezogen, wo er verkündete, was er geschaut. Um keinen Preis aber wollte er noch einmal hinunter.

Weit über das deutsche Land hin verbreitet ist die Sage vom verzauberten Kaiser im Bergesschoß. Im Thüringer Lande ist sie am lebendigsten um den Kyffhäuser, so auch im Untersberge bei Salzburg und anderorts, wo es aber auch oft Kaiser Karl der Große oder auch Karl V. ist, den die Sage hineinbannt und zu künftiger Wiederkehr aufbewahrt.

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