695. Der Herrgottstein

695. Der Herrgottstein

Zwischen Selb und Thierstein, nahe der Eger und nahe der Straße, ragt ein großer Stein aus dem Boden, der ist also gestaltet, daß sich ein Mann in denselben, gleichwie in eine Form, legen kann; denn alle Gliederformen sind in den schönsten Verhältnissen, wie von eines Künstler Hand wie in Wachs eingetieft, zu erschauen. Die Sage geht, daß Christus unser Herr darauf geruht und dem Stein die Gestalt seines heiligen Leibes eingedrückt habe, und wäre so dieser Stein ein wahres Gegenstück zu jenem schwarzen Teufelsabdruck am Lurleifels.

Ahnliche Felseindrücke werden erschaut in der Höhle des heiligen Prokopius auf der halben Wegstrecke von Prag nach Königssaal, die tief in den Felsen hineingeht. Darinnen hauste aber freilich kein Herrgott, sondern ein ganzes Heer von Teufeln, die der heilige Prokopius alle austrieb, und da sie ausfuhren, ließen sie ihre Wahrzeichen, Hörner, Drachenkrallen, Ochsen- und Pferdeklauen und Lindwurmschweife, als ein Andenken zurück.

*

 

696. Fichtelberg und Fichtelsee

696. Fichtelberg und Fichtelsee

Auf dem Fichtelberge, dem Haupt und König des Fichtelgebirges, liegt – gleichwie auf dem Schneekopf im Thüringerwalde der Teufelskreis, auf dem Rhöngebirge in Franken das schwarze Moor, dem Pilatussee auf dem Frakmont der Schweiz, dem Frau-Hollenbad auf dem Meißner in Hessen u. a. – ein berufener unergründlicher See, der Fichtelsee genannt. Früher war er offen wie der Pilatussee, hernachmals aber hat er sich mit einer schwankenden Moordecke, gleich dem vorgenannten, überzogen und heißt nun die Seelohe, weil in dieser Gegend jeder Sumpf unter einer Moordecke Lohe genannt wird. Vier Flüsse rinnen vom Fichtelberge nach den vier Himmelsgegenden nieder, Main und Saale, Nab und Eger, deren Namensanfangsbuchstaben das Wort MENS bilden; davon entspringen Main und Nab unmittelbar dem Fichtelsee. Der Main fließt gen Westen, die Nab gen Süden, die Eger gen Osten und die Saale gen Norden. Der Main fällt in den Rhein, die Nab in die Donau, Eger und Saale strömen der Elbe zu. Bei Weißenstadt fließt die Eger durch einen See, in welchem ein Pfarrer vordessen, wie die Sage geht, die Frösche stumm gemacht, wie jener Arme die zu Schwante, andere aber sagen, ein kunstbegabter Vagabund habe solch Wunderwerk für den Pfarrer verrichtet, den die Frösche unter der Predigt gestört. Und ist noch dieses wundersam, daß jeder in den Weißenstädter See geworfene Frosch alsbald wieder herauseilt, und daß ein paar Eimer dieses Wassers, in andere Teiche geschüttet, die Frösche ebenfalls verstummen machen. – Die Eger hat in ihrem Sande Diamanten, der Main Perlen, die Saale Gold und die Nab silberflammige Steinlein geführt. Auch vom Fichtelberg geht das weitbekannte Sprüchwort: Oft wirft ein Hirte nach einer Kuh mit einem Steine, der mehr wert ist als die Kuh selbst. Das alles aber war und geschähe noch in der goldnen Zeit; ob und wann sie wiederkehre, bleibt in Dunkel gehüllt. In dem Fichtelsee badet sich der Nachtjäger, wie seine Sippe, Frau Holle, ihr Bad auf dem Hohen Meißner im Hessenlande hat, der Teufel das seine auf dem Schneekopf und Rübezahl seines auf dem Riesengebirge, und es ist nur gut, daß diese vier hohen Herrschaften ihre Badezeit nicht an einem und demselben Orte halten, dieweil sonst in der Welt noch viel mehr Schlimmes und Arges geschehen würde, als ohnehin geschieht, wenn der Teufel und seine Diplomaten in einem Bade beisammen sind.

*

 

697. Schätze der Luchsburg

697. Schätze der Luchsburg

Von keinem der felsgekrönten Hochgipfel des Fichtelgebirgs, die meist alle Ritterburgen trugen, welche nun in Trümmern liegen, gehen mehr Schätze- und Schatzgräbersagen als von der Luchsburg, Lugsburg, Luxburg, Loosburg über dem Alexanderbade. Unter einer großen Stufe im verfallenen Keller liegt ein ungeheurer Schatz in einem kupfernen Kessel, der eine Elle hoch und eine Elle breit ist, der ist voll gemünzter Goldgulden. Auf dem Kessel steht ein kupfernes Gefäß, das umschließt eine goldne Königskrone, die mit den größten Perlen und wertvollsten Edelsteinen geschmückt ist. Die Raubritter, die einst in dieser Burg hausten und das Gebirge beherrschten, trugen diesen Schatz zusammen, bargen und versetzten ihn so, daß er nicht gefunden werden kann. Die Krone nahmen sie einem Könige und machten sie genau so unsichtbar wie Herrn von Kossuths Exzellenz die ungarische Königskrone. Nur durch ein Mönchlein von zwerghaftem Wuchs, in schwarzer Kutte, einäugig und hinkend, kann diese Krone, nämlich die in der Luchsburg, und der Goldkessel dereinst gefunden und der Schatz gehoben werden, und dies kann nur am Feste Epiphanias, dem goldnen oder Trinitatissonntag, an welchem sich das Mönchlein goldnen Sonntagskindern sehen läßt, durch ein golden Sonntagskind geschehen. Unzählige Male haben Schatzgräber und Bergleute die Klüfte unter der Luchsburg durchwühlt, aber ganz vergebens.

*

 

698. Geisterkirche am Ochsenkopf

698. Geisterkirche am Ochsenkopf

Nahe dem Fichtelberge hebt der Ochsenkopf sein fels- und waldgekröntes Haupt, und die Sage nennt es gold- und schätzereich. Häufig haben die Walen des Berges Tiefen durchwühlt. In eine felsige Kluft droben kroch ein Bauer, da kam er an ein Stollenloch und fand vor demselben ein geschriebenes Buch in einer fremden Sprache samt einem Paar Handschuhe und einem Pistol. Er legte sich auf den Bauch und horchte hinein, hörte drinnen hauen und pochen, sah aber kein Licht; da nahm er alles Gefundene zu sich, schoß das Pistol ab und übergab seinen Fund dem Amt.

Ein alter Fichtelberger Aschenbrenner hat erzählt: An einem goldnen Sonntagmorgen regnete es, und da lief ich hinauf auf den Ochsenkopf, die Asche zu retten, und da hörte ich drunten in Bischofsgrün mit den Glocken zusammenschlagen. Da kam ich an eine Felsenwand, die stand auf, und ich trat hinein; da hat ein Altar dringestanden, der war ganz von Gold und glänzte über und über vom Schein der Kerzen, die auf ihm brannten. Da fiel mir bei, daß ich schon gehört hatte, allemal, wenn drunten in Bischofsgrün Kirche gehalten werde, so gehe droben die Geister-, Berg- und Waldkirche zugleich an; ich sah noch einmal hin! Gold und Silber hingen wie Eiszapfen am Gewölbe, Perlen und Edelsteine bambelten da wie die Zwiebelstränge in unserm Schlot, Geister sah ich keine – aber ich entsetzte mich, daß ich so mutterseelenallein war, lief fort und hörte hinter mir ein entsetzliches Krachen und Brechen, als ob der Berg in sich zusammenstürze. Ich holte meine Fraue, daß sie den Pracht auch sehen sollte, der nur am göldnen Sonntag und am Johannistage sich manchmal in der Frühe zeigt, aber wie wir hinkommen, war die Felsenwand zu und nichts mehr zu sehen, und meine Fraue sagte, ich sei selber ein Ochsenkopf, daß ich mir nicht aus der Geisterkirche so einen Goldeiszapfen oder Edelsteinstrang herausgelangt, denn wem der Schatz sich zeige, dem sei er auch beschert. Aber wenn der Bettelmann nichts haben soll, so verliert er das Brot aus der Tasche.

*

 

6. Die Tellensage

6. Die Tellensage

Lieder und Chroniken des Schweizerlandes preisen den Tell als den Befreier von hartem und lastendem Druck, als den Schöpfer der Schweizerfreiheit, und in alle Lande ist sein Ruhm erklungen, und ist ewig fortlebend und unaustilgbar.

Es war zu den Zeiten, da Kaiser Albrecht von Österreich regierte, der war ein strenger und heftiger Herr und suchte, daß er sein Land mehre; so kaufte er viele Städte, Flecken und Burgen in dem Schweizerland, setzte auch in dieselben Landvögte ein, die in seinem Namen regierten. Drei Schweizerstädte und Landschaften aber wollten nichts von dem Österreicher wissen noch haben; da sandte ihnen der Kaiser zwei edle Boten, den Herrn von Liechtenstein und den Herrn von Ochsenstein, die mußten den Orten vortragen, daß sie sich doch sollten in Österreichs Schutz und Schirm begeben, da könnten sie es mit der ganzen Welt aufnehmen und ihr trutzen, wollten sie das aber nicht, so wolle der Österreicher ihr Feind sein, und sollten sie sich nichts Gutes von ihm zu versehen haben. Aber da sprachen die Männer von Schwyz: Liebe Herren, wir wollen dem Hause Österreich gern in allen Ehren zu Lieb und zu Dienst sein, aber wir wollen doch bei unsrer alten Freiheit bleiben, die noch niemalen ein Fürst oder Herzog angetastet hat. – Auf diese Rede brachen die Abgesandten rasch auf und ritten stracks nach Uri und Unterwalden, dort, dachten sie, würden sie sich gleich der Braut vermählen; es kam aber ganz anders, denn die drei Orte hatten sich schon miteinander verbunden und sich verschworen, treulich zusammenzuhalten, sagten auch, daß ihre Freiheit ihnen verbrieft sei von dem Kaiser Friedrich dem Hohenstaufen und Rudolf dem Habsburger, und ritten die Abgesandten unverrichteter Sache von dannen. Bald darauf sendete Albrecht von Österreich zwei Vögte, die hießen Grißler und Landenberger. Von denen sollte Grißler ein Amtmann zu Schwyz und Uri sein, der Landenberger aber zu Unterwalden, doch sollten sie sich zu Anfang gut und freundlich erzeigen, ob sie vielleicht in Güte das Volk bewegten, allein dieses ließ sich nicht bewegen, und da erhielten die Landvögte Befehl, den Bauern alles gebrannte Herzeleid anzutun. Als dieses nun geschah, so sendete das Volk Klageboten an Albrecht, der aber ließ diese gar nicht vor sein Angesicht. Nun gingen die Sendboten zu des Kaisers Räten und baten sie freundlich und ernstlich, sie sollten dem Mutwillen und der Plackerei der Vögte steuern und verhindern, daß sie mit neuer und unerhörter Schätzung das Volk bedrückten; aber die Räte sprachen: Ihr Männer seid selber schuld an allem Übel, warum wollt ihr euch nicht auch in unsers Herrn Gnade, Schutz und Schirm geben? Tätet ihr solches, so hättet ihr Ruhe und guten Frieden. – Da kehrten die Gesandten traurig heim und ohne Hoffnung und sagten den Ihrigen die schlimme Botschaft an.

Damals hauste in Unterwalden ein gar redlicher Mann, der niemals Untreue verübte, der war dem Landenberger insonderheit verhaßt, und sein Name war Heinrich im Melchtal an der Halde. Zu dem sandte der Landenberger, der auf Burg Sarnen saß, einen seiner Knechte mit dem Gebot, dem Melchtaler die Ochsen vom Pfluge abzuspannen. Flugs gehorchte der Knecht und wollte dem Manne die Ochsen vom Pfluge wegführen. Heinrich im Melchtal aber sprach: Laß ab, meine Ochsen behalte ich. Hab‘ ich was Sträfliches getan, so soll man mich vorfordern und richten. – Der Knecht sprach: Bauer, ich tue, was meines Herrn Gebot ist, frag ihn selbst um die Ursach! Ihr Bauern seid selber Ochsen genug, daß ihr den Pflug selbst ziehen könnt. – Diese lose Rede hörte des Alten junger Sohn, der hieß Arnold, und nahm alsbald einen Stecken und schlug dem Knecht des Landenbergers einen Finger entzwei, daß ihm das Ochsenausspannen verging. Der Knecht entwich, die Tat dem Landvogt anzusagen, und der junge Arnold im Melchtal entwich nach Uri. Der Landenberger ließ alsbald Heinrich im Melchtal vor sich bringen und begehrte von ihm des Sohnes Aufenthalt zu erfahren. Da nun der Alte entweder nicht sagen wollte oder nicht wußte, wohin sein Sohn sich geflüchtet, so ließ der Landenberger dem Alten beide Augen ausstechen, nahm ihm sein Gut und trieb ihn ins Elend. Auf der Burg Roßberg hatte der Landenberger einen Pfleger sitzen, der hieß von Wolffen, das war auch einer von den Pressern, der kam in Konrads von Baumgarten Behausung und traf, wie er schon voraus wußte, nicht den Mann, sondern nur dessen frommes und schönes Weib an, zu der er ein sonderlich Gelüsten hatte, rief sie an, indem er vom Pferde stieg, sie solle nach einem Zuber umschauen und ihm ein Bad rüsten, es sei ihm baß heiß vom starken Ritt. Und als er nun im Bade saß, da winkte er ihr, sie solle zu ihm sitzen, sie aber tat, als wolle sie ihm gehorchen, zuvor aber sich ihrer Röcke außen abtun, ließ ihn sitzen und lief alsbald nach dem nahen Walde, wo ihr Mann Holz haute. Der hatte gerade Feierabend gemacht, kam ihr mit der Axt entgegen und hörte ihre Not und Klage und sprach: Dem Bader will ich das Bad wohl gesegnen – und lief einen nahen Pfad – traf den Wolffen noch im Zuber, des Weibes harrend, und schlug ihn mit der Axt dermaßen auf den Grind, daß der Kopf in zwei Hälften auseinanderspaltete.

Der Landvogt Grißler, der zu Uri saß, hub an, auf einen Bühel über Altdorf eine neue Burg zu bauen, die sollte genannt werden »Zwing Uri unter die Stegen«, um so recht das Landvolk zu quälen und zu reizen, und weil der Grißler wußte, daß er allem Volke verhaßt war, und mutmaßete, es möge sich schon etwas Heimliches gegen ihn angesponnen haben, so ließ er mitten auf einem freien Platze, wo jedermann vorüberwandelte, eine hohe Stange aufrichten, mit einem Hute darauf, und befehlen, daß jedermann, wer es immer sei, dem Hute Reverenz erzeigen solle mit Bücken und Hutabnehmen, als ob es der Vogt selbst sei, und ließ heimlich spüren und aufpassen, wer das etwa nicht täte und den Gruß weigerte. Darauf ritt er gen Schwyz und kam über Stein, da wohnte ein gar frommer Mann, der hieß Werner von Stauffacher, der hatte noch nicht lange zuvor ein neues Haus an seines alten Statt gebaut. Da nun der Vogt vorüberritt, fragt er: Wem gehört dieses Haus? Der Stauffacher wollte recht höflich sein, sagte nicht, daß es sein gehöre, sondern antwortete: Meines Kaisers und Euer, Herr Landvogt, ich trag’s von Euch zu Lehen! Beliebt Euch einzutreten? – Aber der Landvogt fuhr den Stauffacher scheltend an: Ich bin hier an des Kaisers Statt! Hast du um Erlaubnis gefragt zu diesem Bau? Nein! Und baut ihr Bauern nicht Häuser, als wenn Herren darinnen wohnen sollten? Das will ich euch wohl wehren! – Sprach’s und ritt trutziglich weiter. Dem Stauffacher schmerzte die Rede sehr, aber sein kluges Weib tröstete ihn und sagte ihm, er solle sich doch umtun bei andern Freunden, ob es überall im Lande so getan sei, und mit ihnen Rats pflegen, daß es anders werde. Da ging Werner von Stauffacher gen Uri zu einem Freund, der hieß Walther Fürst, und bei dem fand er Arnold im Melchtal, der sich noch flüchtig hielt, und da ratschlagten die drei miteinander und wurden eins, daß sie noch andere treue und vertraute Männer aufsuchen und mit ihnen einen Bund gegen den Druck der Vögte schließen wollten. Das gelang ihnen trefflich, und ward ein großer heimlicher Bund, zu dem traten auch viele von ritterlichem Geschlecht, denn die Vögte waren auch ihnen aufsässig, nannten sie Bauernadel und adelige Kuhmelker. Darauf erkieseten die Männer des Bundes zwölf aus ihrer Mitte als ihren Vorstand, die kamen zusammen und tagten in ihren Sachen auf einer Matte, die man nennt im Gryttli, an dem Vierwaldstätter See, wie es nun werden sollte. Da rieten die von Unterwalden, man solle noch verziehen und zuwarten, weil es schwer wäre, in aller Schnelle die festen Plätze wie Sarnen und Roßberg zu gewinnen, und wolle man sie belagern, so gewinne der Kaiser Zeit, ein Heer zu senden, das sie allzumal aufreiben werde. Man solle lieber die Schlösser mit List gewinnen, niemand töten, der sich nicht bewaffnet widersetze, allen übrigen freien Abzug gewähren und dann die Festen bis auf den Boden schleifen. Als die Männer so tagten und den großen Bund beschwuren, da entsprangen der Matte heilige Quellen.

Mittlerweile geschah es, daß ein Mann aus Uri, Wilhelm Tell geheißen, etliche Male achtlos an Grißlers Hut vorübergeht und ihm keine Reverenz macht. Kaum ward das angezeigt, so beschickte ihn der Vogt, Tell aber sprach: Ich bin ein Bursmann und vermeint‘ nit, daß so viel an dem Hut lieg, hab‘ auch nit sonder acht darauf gehabt. – Da ergrimmte der Vogt, schickte nach des Tellen allerliebstem Kind und sagte: Du bist ja ein Schütz und trägst Geschoß und Gewaffen mit dir herum, jetzt schieße diesem deinem Kind einen Apfel vom Kopf. – Dem Tell erschrak das Herz, und er sprach: Ich schieße nicht, nehmt mein Leben. – Du schießest, Tell! schrie der Landvogt, oder ich lasse dein Kind vor deinen Augen und dich hinterdrein niederstoßen. Da betete der Tell innerlich zu Gott, daß er seine Hand führe und des liebsten Kindes Haupt schirme. Und der Knabe stand still und ruhig und zuckte nicht, und Tell schoß und traf den Apfel. Da jauchzte das Volk laut auf und umjubelte den Tell, den meisterlichen Schützen, das verdroß erst recht den Grißler, und er schrie den Tell an, der noch einen Pfeil im Koller hatte: Du hast noch einen Pfeil, Tell, sag an, was hättst du getan, wenn du dein Kind getroffen? – Tell antwortete: Das ist so Schützenbrauch, Herr. – Nein, das ist eine Ausrede, Tell! antwortete der Landvogt. Sag es frei, ich sichere dich deines Lebens. – Wenn Ihr denn es wissen müßt, sprach Tell, und meines Lebens mich versichert, so höret denn, traf ich mein Kind, so hätte dieser Pfeil Euer wahrlich nicht fehlen sollen. – Ha, du Schalk und Erzbösewicht! schrie der Landvogt, das Leben hab‘ ich dir versichert, aber nicht die Freiheit. Ich will dich an einen Ort bringen, wo weder Sonne noch Mond dich bescheinen soll! – Hieß alsobald seinen Knechten, den Tell zu binden und ihn in sein Schiff bringen, darin er über den Urner- und den Vierwaldstätter See fahren wollte, und von Weggis nach Küßnacht reiten. Da schuf Gott der Herr einen Sturmwind und ein schrecklich Ungewitter, daß das Wasser ins Schiff schlug, da sagten die Schiffsleute dem Landvogt, daß der Tell der beste Schiffslenker sei, der allein könne sie noch aus der Todesgefahr retten. Darauf ließ der Landvogt den Tell losbinden, der ruderte flugs mit starken Armen und brachte das Schifflein nach dem rechten Ufer, wo das Schwyzer Gelände sich hinabsenkt, da war ein Vorsprung mit einer Felsenplatte, auf diese sprang plötzlich der Tell mit seinem Geschoß und Pfeil, das er rasch ergriff, stieß mit Gewalt das Schifflein von sich und ließ es durch die Wellen treiben. Des erschraken der Landvogt und seine Leute mächtig, Tell aber entfloh eilend auf Pfaden, die ihm wohlbekannt waren. Als die im Schiff bei Laupen kamen, legte sich der Sturm, Grißler ließ aber dennoch bei Brunnen anlegen, denn er fürchtete sich nun vor dem Ungestüm der Seen. Tell wandelte auf Bergpfaden hoch über den Seetälern und sah, wohin der Landvogt zog, und da fand sich zwischen dem Arth und Küßnacht eine hohle Gasse, dort harrte Tell des Vogts, und wie der durch die hohle Gasse dahergeritten kam, schoß ihn der Tell mit dem aufgesparten Pfeil vom Rosse herunter, wie ein Jäger eine wilde Katze vom Baume schießt. Nach solcher Tat wich der Tell ungesehen von hinnen, kam im Dunkel der Nacht im Lande Schwyz in des Stauffachers Haus zu Steinen, eilte dann durchs Gebirg zu Walther Fürsten in Uri und sagte allen an, was und wie es sich zugetragen, und daß es jetzt an der Zeit sei, loszuschlagen und das fremde Joch abzuschütteln. Nun war es nicht mehr weit hin bis zum neuen Jahr, denn als der Bund im Gryttli tagte, war schon Wintermond, und da ward zuerst Roßberg mit List eingenommen von den Unterwaldnern, und darauf Sarnen ohne Schwertschlag, und mußten alle Leute der Vögte Urfehde geloben und schwören, nimmermehr wieder in das Schweizerland zu kommen, und wurden über die Grenze vergeleitet; das noch nicht fertig ausgebaute Schloß Zwing-Uri wurde wie die genannten Schlösser der Erde gleich gemacht, und Werner Stauffacher brach Schloß Louvers, das in den See hineingebaut stand.

Da nun Kaiser Albrecht von allen diesen Dingen die Kunde vernahm, geriet er in großen Zorn, nahm gleich ein Kriegsheer, die Schweizer zu züchtigen. Aber auf diesem Zuge, da er durch den Aargau ritt und gen Brugg wollte, wurde er von seinem eigenen Neffen, Johann, Herzog von Schwaben, ohnweit Königsfelden meuchlings erschlagen. Darum behielten die Schweizer Frieden und ihre Freiheit bis auf den heutigen Tag. Das ist die Sage von der Schweizer Bündnis und der Tat des Tell, welch letztere nur wie eine einzelne Alpenrose in den Kranz der Geschichte sich einflocht. Es ist bekannt, daß die Sage vom glückhaften Pfeilschuß auch in Dänemark sich findet, und nicht unmöglich ist, daß die frühern Einwanderer aus dem Norden sie schon mitgebracht und sie sich dann verjüngt hat. Ja, die drei ersten Gründer des Bundes der Schwyzer, Unterwaldner und derer von Uri – denen sich dann Zürich, Luzern, Zug, Glarus, Freiburg und Solothurn anschlossen, denen endlich Schaffhausen und Appenzell folgten – galten und gelten dem Landvolke als drei Telle, die in einer Felskluft verzaubert schlafen, wie Kaiser Friedrich im Kyffhäuser und Kaiser Karl im Untersberge. Sollte das Schweizer Vaterland in Not kommen, so werden die drei Telle aus ihrer Gruft hervorgehen und es aufs neue befreien. Den Weg zu ihrer Höhle weiß keiner, nur zufällig kam einst ein Hirte, der einer verlaufenen Ziege suchend nachging, an eine Höhle, da fand er die drei Männer, und der eine Tell richtete sich vom Schlummer auf und fragte: Welch Zeit ist’s auf der Welt? – Hochmittag! antwortete der Hirte. – So ist’s noch nicht an der Zeit! sprach der Tell und legte sich wieder zum Schlummer hin. Keiner hat nachher die Höhle wiedergefunden.

*

 

69. Vom Eschenheimer Turm

69. Vom Eschenheimer Turm

Zu Frankfurt steht noch gar ein alter Turm von der ehemaligen Stadtmauer. Einst hatten die Frankfurter einen Wilddieb gefangen, des Name war Hänsel Winkelsee, und der saß schon neun Tage im finstern Loch, ehe Spruch und Urtel über ihn erging, und hörte allnächtlich die Wetterfahne kreischen und rasaunen über seinem luftigen Losament hoch oben im Eschenheimer Turme und sprach: Wär‘ ich frei, und dürft‘ ich schießen nach meinem Wohlgefallen, so schöß‘ ich dir, du lausige Fahn‘ – so viel Löcher durchs Blech, als Nächt‘ ich hier gesessen hab‘. – Diese Rede hörte der Kerkermeister und trug sie vor den Stadtschultheißen der freien Stadt, und dieser sagte: Dem Kerl gehört keine Gnad‘ als der lichte Galgen; wenn er aber so ein gar guter Schütz sein will, so wollen wir ihm sein Glück probiere lasse. – Und da ward dem Winkelsee seine Büchse gegeben und gesagt, nun solle er tun, wes er sich vermessen: wenn er das könne, solle er frei von dannen gehen, wenn aber auch nur eine Kugel fehl gehe, so müsse er baumeln, und da krähe kein Hahn nach ihm. Da hat der Wildschütz seine Büchse genommen, und hat sie besprochen mit guten Weidmannssprüchlein, und hat Kugeln genommen, die auch nicht ohne waren, und hat angelegt und nach der Fahne gezielt, und hat losgedrückt. Da saß ein Löchlein im Blech, und alles hat gelacht und bravo gerufen. Und nun noch achtmal so, und jede Kugel an die richtige Stelle, und mit dem neunten Schuß war der Neuner fertig, der heute noch in der Fahne auf dem Eschenheimer Turm zu sehen ist, und war ein großes Hallo um den Schützen her. Der Stadtrat aber dachte bei sich: O weh, unsere armen Hirsche und sonstiges Wild, wenn dieser Scharfschütze und Gaudieb wieder hinaus in die Wälder kommt – und beriet sich, und der Stadtschultheiß sagte: Höre, Hänsel, daß du gut schießen kannst, haben wir schon lange an gemeiner Stadt Wildstand verspürt und jetzt auch deine Kunst mit Augen gesehen. Bleibe bei uns, du sollst Schützenhauptmann bei unserer Bürgerwehr werden. – Aber der Hänsel sprach: Mit Gunst, werte Herren, ins Blech hab‘ ich geschossen, und schieß euch auch auf euern Schützenhauptmann. Eure Dachfahnen trillen mir zu sehr, und euer Hahn kräht mir zu wenig. Mich seht ihr nimmer, und mich fangt ihr nimmer! Dank für die Herberge! – Und nahm seine Büchse und ging trutziglich von dannen. Mit dem Hahn hatte der Hänsel aber nur einen Spott ausgeredet, er meinte das Frankfurter Wahrzeichen, den übergüldeten Hahn mitten auf der Sachsenhäuser Brücke, die der Teufel hatte fertig bauen helfen. Denn als sie der Baumeister nicht fertig brachte, rief er den Teufel zu Hülfe und versprach ihm die erste Seele, die darüberlaufen werde, und jagte dann in der Frühe zu allererst einen Hahn über die Brücke. Da ergrimmte der Teufel, zerriß den Hahn und warf ihn durch die Brücke mitten hindurch; davon wurden zwei Löcher, die können bis heute nicht zugebaut und zugemauert werden, und fällt bei Nacht alles am Tage Gemauerte wieder ein. Auf der Brücke aber wurde der Hahn zum ewigen Wahrzeichen aufgestellt. Den meinte der Hänsel Winkelsee, daß er zu wenig krähe, nämlich gar nicht.

*

 

699. Die Hölle auf dem Rudolfstein

699. Die Hölle auf dem Rudolfstein

Auf der nördlichen Abdachung des Schneeberges, des Nachbars vom Fichtelberg und Ochsenkopf, stand nach Weißenstadt zu auch eine Ritter- und Raubburg, der Rudolf- oder Rollenstein, dessen Stätte noch der Schloßberg genannt wird. Rudolf, ein Pfalzgraf in Franken, soll die Burg im Jahre 857 auf die Riesenfelsen, die Mauern, von Menschenhänden aufgeführt, gleichen, getürmt haben, andere nennen den Kaiser Rudolf aus Schwaben als Erbauer. Nicht weniger als zwölf bis vierzehn Raubburgen standen um Wunsiedel, deren Insassen den reisenden Kaufleuten gleich starken Gebirgswinden das Geld aus dem Busen bliesen. Räuber und Geister in trauter Gemeinschaft machten die unwegsame Gegend unsicher und weit verrufen, und eine Waldstelle unterm Rudolfstein, von grauenhaftem Felsgeklüft umstarrt, wird die Hölle genannt. Sie lag zwischen den Raubburgen Rudolfstein und Waldstein in der Mitte, und die Reisenden hatten allda oft mehr Pein von den verkappten Staudenhechtlern auszustehen als von den Waldgeistern und Höllenbränden, die sich in Gestalt feuerspeiender Untiere sehen ließen, während ein Prasseln vernommen ward, als ob der ganze Wald niederschmettere. Ein Jäger aus Sachsen, der den Geisterspuk in der Hölle noch nicht kannte, sah und verfolgte dort ein Wild, das zum Waldstein hinanflüchtete. Je höher er stieg, je mehr Wildes ward er ansichtig, aber alles floh vor ihm her in die Burgtrümmer hinein, keins kam ihm schußgerecht. Jetzt folgte auch er durch die Pforte – da mit einem Male umhüllte sich Fels und Mauer, Busch und Baum mit grauem Nebel, und im Burghof begann ein Brausen, Jetern, Knallen und Schellen, Bellen und Gellen, als sei die ganze Hölle los, Gekreisch und Gelächter, und der wilde Jäger zeigte sich ihm samt dem ganzen wilden Heere voll sinneverwirrender Gestalten, bis er zu Boden stürzte und die Gedanken ihm gar vergingen. Als er erwachte, war es dunkel um ihn, und drunten in Reumersreuth schlug die Turmuhr zwölfe.

*

 

700. Der Ziegel vom Waldstein

700. Der Ziegel vom Waldstein

Die schönste Trümmer auf und zwischen dem ungeheuren Felsenriesen im Fichtelgebirge ist der Waldstein, ehemals ein Sitz der Herren von Sparneck, die ringsum ihre Spartöpfe hatten, in denen sie fremder Leute Geld aufhoben, bis ihrem Treiben ein Ende mit Schrecken gemacht ward. – Ein armer Tagelöhner hieb einstmals Holz ganz nahe beim alten Gemäuer, das von der Burg Waldstein noch übrig, da trat zu ihm ein kleines Männlein, das war gar freundlich und reichte ihm einen Ziegelstein, indem es dem Mann durch Gebärden zu verstehen gab, den Ziegel mit nach Hause zu nehmen. Der Holzhauer war verdutzt und stand wie Butter an der Sonne; er sperrte das Maul auf und die Augen, drehte den Stein langsam in der Hand und beguckte ihn, und es fiel ihm endlich die große Frage ein: Warum soll ich den Backstein mit nach Hause nehmen? – und da sein hausbackener Verstand zu deren Beantwortung nicht ausreichte, so wollte er diese Frage an den Geber richten. Aber siehe da: das Männlein war verschwunden. Noch einmal wandte der Holzhauer den Backstein um und um und murmelte: Wenn’s ein Backsteinkäs wäre, ließ‘ ich mir’s eher gefallen. So schmiert man sich Hand und Gewand an dem Dinglich rot und hat nichts davon, geh mir einer mit solchen Narrenspossen! Und damit warf er den Ziegel in die Büsche. Als er nach Hause kam, schrie ihn seine Frau ganz verwundert an: Jo Mo! Du gleißest jo schier wie a Speckschwartn! Host dich öpper im Feuer vergulden lossen? – Und da war aller Ziegelstaub, der an Händen und Kleidern haften geblieben war, purer Goldstaub. Hui, wie fix war jetzt der Holzhauer! Wie lief er wieder zum Waldstein hinauf! Wie suchte er im Gebüsch bis in die sinkende Nacht nach dem goldnen Ziegel! – Aber prosit die Mahlzeit, er fand ihn nimmer.

*

 

688. Brotschuhe und Semmelschuhe

688. Brotschuhe und Semmelschuhe

Einer Mutter in Böhmen starb ihr Kind, ihr einziges und herzliebstes, und sie schmückte es im Sarg auf das allerschönste, und tat ihm das beste Kleidchen an, und setzt‘ ihm das seinste Kränzelein auf, und zog ihm Strümpfchen an, so weiß wie Schnee, und neue rote Schühlein – aber die Schühlein, die waren doch zu hart, die deuchten ihr nicht zart genug für des Kindes Füßchen, und sie wußte etwas Weicheres. Vom feinsten Brotmehl nahm sie, machte Teig und formte Schuhe daraus und buk sie, doch nicht zu hart, und da hatte das Tote neue braune Schuhe an statt der roten, darin ward es begraben. Aber um Mitternacht kam das bleiche Kind in seinem Kränzelein und weißen Kleidchen, und sah so jammerig aus, und hielt der Mutter das Füßchen hin, daß sie den einen Schuh ausziehen sollte und dann den andern; sie aber verstand es nicht, und das Kindlein verschwand wieder. So kam es zum zweiten- und zum drittenmal und deutete auf die Schuhe und ließ der Mutter keine Ruhe, und da verstand diese endlich, was es wollte, und ließ das Särglein wieder ausgraben, zog dem Kinde die Brotschuhe aus und die roten Schuhe an und ließ es wieder einsenken unter heißen Tränen. Und von da an hatte sie Ruhe, soviel eine Mutter Ruhe haben kann, der ihr einziges und herzliebstes Kind im Grabe liegt.

So hat sich auch etwas Wunderbares, nur in ganz anderer Weise, zugetragen mit dem Schlosse auf dem Hradekberge nicht weit vom Dorfe Oberkamenzen im Klattauer Kreise, eine Stunde von Stankau. Der Ritter, der auf dem Hradek saß, ließ eine Brücke bis Stankau bauen, damit er einen guten Kirchweg habe, sintemal die Wege dortiger gebirgigen Gegenden und durch das Radbazatal noch heute nicht die besten. Aber da man vor alters die Brücken zu pflastern pflegte, so war der neue Kirchenweg nicht weich zu gehen und der stolzen und zärtlichen Tochter des Burgherrn also unliebsam, daß sie Semmeln nahm, aushöhlte und statt Schuhsocken anzog, damit zur Kirche zu gehen. Solchen Mißbrauch des lieben Brotes aber nahm der Himmel ihr noch viel übler als jener Mutter, die nur im heiligen Schmerz übergroßer Liebe ihrem toten Kindlein die Brotschuhe anzog – und als das stolze Fräulein aus dem Schlosse trat, da krachte es hinter ihr und vor ihr, und Schloß und Brücke versank, und sie selbst versank auch mit, und blieb nichts von ihr zu sehen übrig als ihre Fußtapfe in einer Brückenstufe.

*

 

68. Des Königs Weihnacht

68. Des Königs Weihnacht

Wo jetzt der Dom zu Frankfurt steht, stand schon zu König Ludwig des Deutschen Zeiten eine Kapelle, die hieß der Rudtlint, wie auch später zu St. Salvator, und war der heiligen Jungfrau Maria und Karl dem Großen geweiht. Ludwig der Deutsche feierte das Weihnachtfest in seiner Pfalz zu Frankfurt am Main und berief dorthin eine Reichsversammlung. Da geschah es, daß der Teufel in Gestalt eines Priesters und guten Geistes zu Ludwigs Sohne, Karl, trat und zu ihm sagte: Siehe, du bist der Jüngste unter deinen Brüdern, und dein Vater will das Reich deinem Bruder Karlmann geben, das doch dir von Gott bestimmt ist, und will dich verderben, solches will Gott nicht leiden. Karl aber entsetzte sich vor der Versuchung und eilte in die Kapelle, indem er rief: Hebe dich weg, Versucher! Du bist kein Bote von oben! Der Teufel aber folgte ihm in die Kirche nach und sprach: Wäre ich nicht ein Bote von oben, wie dürft‘ ich mit dir eintreten in dieses Gotteshaus? Wie dürft‘ ich das Sakrament des Altars, das heilige Meßopfer, vollziehen? – Und so betörte er Karls Sinn mit dem Trug der Hölle, und las die Messe, und reichte ihm die gebenedeite Hostie, und mit der Hostie fuhr er in ihn und besaß ihn.

Da nun die Reichsversammlung war, redete Karl unsinnig in ihr, riß sich das Wehrgehenk von der Seite, schleuderte es samt dem Schwerte mitten in den Saal, riß den Gürtel sich ab und die Gewände vom Leibe und ward heftig hin und her gerüttelt, so daß alle Anwesenden sich entsetzten. Die Bischöfe aber ergriffen den vom bösen Feind Besessenen und führten ihn in die Kapelle, und der Erzbischof begann die Messe über ihn zu singen. Da begann Karl laut zu klagen und Weh über Weh zu schreien in einem fort, bis die Messe zu Ende war, aber die Priester ließen nicht ab mit Gebet, bis der Feind wieder von dem Königssohne wich und Karl durch Gottes Barmherzigkeit geheilt ward. Hielt also König Ludwig gar eine trübe Weihnacht zu Frankfurt. Aber was des Teufels Bosheit des Königs Sohn eingeflüstert, erfüllte sich später dennoch, denn Karlmann und Ludwig starben beide vor ihm, und Karl erhielt des Deutschen Reiches Krone, wenn auch nur auf kurze Zeit, denn er fiel in Schwermut und gab sich ganz in die Hände der Pfaffen. Da entsetzten ihn die Fürsten des Reiches und gaben das an Arnulf, einen natürlichen Sohn seines Bruders Karlmann.

*