Dreiunddreißigstes Capitel

Dreiunddreißigstes Capitel

Muthmaßungen. – Wiederherstellung des Gleichgewichts des Victoria. – Neue Berechnung des Doctor Fergusson. – Kennedy’s Jagd. – Vollständige Erforschung des Tschad- Sees. – Tangalia. – Rückkehr. – Lari.

Am Morgen des 13. Mai recognoscirten die Reisenden zunächst den von ihnen eingenommenen Theil der Küste; es war eine Art Insel festen Landes inmitten eines ungeheuren Morastes. Um dieses Stück Erde erhob sich Schilf von der Höhe europäischer Waldungen, das sich unabsehbar weit ausdehnte.

Diese unübersteiglichen Sümpfe sicherten die Stellung des Victoria; man brauchte nur die Seite nach dem See hin zu überwachen; die ungeheure Wasserfläche breitete sich nach Osten fernhin aus, und weder Festland noch Inseln waren am Horizont sichtbar.

Die beiden Freunde hatten noch nicht gewagt, von ihrem unglücklichen Begleiter zu sprechen; Kennedy theilte zuerst dem Doctor seine Muthmaßungen mit.

»Joe ist vielleicht noch nicht verloren, sagte er, es ist ein geschickter Bursche, ein Schwimmer, wie man ihn selten findet. Wir werden ihn wiedersehen, wenn ich mir auch noch nicht sagen kann, wann und wie; aber laß uns nichts vernachlässigsn, um ihm Gelegenheit zu geben, sich uns wieder anzuschließen.

– Gott höre Dich, Dick, entgegnete der Doctor mit bewegter Stimme; wir werden thun, was uns möglich ist, um unseren Freund wiederzufinden. Wir wollen uns zunächst orientiren, aber vor Allem den Victoria dieser äußern Hülle entledigen, die zu nichts mehr dienen kann. Das wird uns von einem bedeutenden Gewicht befreien, sechshundertundfünfzig Pfund, und das ist schon der Mühe werth.«

Der Doctor und Kennedy machten sich an’s Werk; sie hatten große Schwierigkeiten zu überwinden, mußten sie doch Stück für Stück von diesem sehr festen Seidenzeug herunterreißen, und in dünne Streifen zerschneiden, um es von den Maschen des Netzes zu lösen. Der durch den Schnabel der Raubvögel verursachte Riß war mehrere Fuß lang.

Diese Operation nahm mindestens vier Stunden in Anspruch; jedoch schien der innere Ballon, als er vollständig von seiner Hülle befreit war, in keiner Weise gelitten zu haben. Der Victoria war nun um ein Fünftel verkleinert, ein Unterschied, der so auffallend hervortrat, daß er Kennedy in Erstaunen setzte.

»Wird er genügen? fragte er den Doctor.

– Fürchte in dieser Beziehung nichts, Dick, ich werde das Gleichgewicht wieder herzustellen wissen, und wenn unser armer Joe zurückkehren sollte, können wir mit ihm unsere Reise fortsetzen.

– Wenn mein Gedächtniß mich nicht täuscht, Samuel, so befanden wir uns, als wir fielen, nicht fern von einer Insel.

– Ich erinnere mich gleichfalls daran; aber diese Insel wird wie alle andern des Tschad, zweifellos von einem Stamme Seeräuber und Mörder bewohnt; diese Wilden sind jedenfalls Zeugen unserer Katastrophe gewesen, und was wird aus Joe werden, wenn er in ihre Hände fällt und nicht etwa der Aberglauben ihn schützt?

– Er ist ganz der Mann danach, sich aus der Affaire zu ziehen, ich wiederhole es Dir; ich habe viel Vertrauen auf seine Gewandtheit und Geistesgegenwart.

– Ich hoffe es. Jetzt, Dick, magst Du in der Umgegend jagen, ohne Dich jedoch weit zu entfernen; es wird dringend nöthig, unsere Lebensmittel zu erneuern, deren größten Theil wir geopfert haben.

– Gut, Samuel; ich werde nicht lange ausbleiben.« Kennedy nahm eine doppelläufige Flinte und schritt durch das hohe Gras einem nahen Dickicht zu. Zahlreiche Schüsse, die bald an des Doctors Ohr schlugen, gaben ihm Nachricht, daß die Jagd nicht erfolglos sei.

Unterdessen beschäftigte sich Fergusson damit, ein Verzeichniß der noch in der Gondel enthaltenen Gegenstände aufzunehmen und das Gleichgewicht des zweiten Luftschiffes herzustellen; es blieben etwa dreißig Pfund Pemmican, einige Vorräthe von Thee und Kaffee, ungefähr anderthalb Gallonen Branntwein, und eine vollständig leere Wasserkiste; alles getrocknete Fleisch war verschwunden.

Der Doctor wußte, daß die emportreibende Kraft seines Luftschiffes durch den Verlust an Wasserstoffgas in dem äußern Ballon um etwa neunhundert Pfund verringert war; er mußte also diese Differenz in Betracht ziehen, um das Gleichgewicht wieder zu gewinnen. Der neue Victoria hatte einen Inhalt von siebenundsechzigtausend Cubikfuß, und enthielt dreiunddreißigtausend vierhundert und achtzig Cubikfuß Gas; der Ausdehnungsapparat schien in gutem Zustande zu sein: weder die Batterie noch das Schlangenrohr waren beschädigt.

Die emportreibende Kraft des jetzigen Ballons betrug also etwa dreitausend Pfund; wenn der Doctor die Gewichte des Apparats, der Reisenden, des Wasservorraths, der Gondel nebst Zubehör zusammenrechnete, dabei fünfzig Gallonen Wasser und hundert Pfund frisches Fleisch stauete, so kam er auf ein Gesammtgewicht von zweitausend achthundertunddreißig Pfund. Er konnte somit hundertundsiebenzig Pfund Ballast für unvorhergesehene Fälle mitnehmen, und das Luftschiff mußte sich dann im Gleichgewicht mit der umgebenden Luft befinden.

Seine Anordnungen, wurden demgemäß getroffen, und er ersetzte Joe’s Gewicht durch eine Ballastergänzung. Der Doctor verwandte den ganzen Tag zu diesen verschiedenen Vorbereitungen, die bei der Rückkehr Kennedy’s beendigt waren. Der Jäger hatte eine gute Jagd gemacht; er brachte eine förmliche Last an Gänsen, wilden Enten, Becassinen, Krickenten und Regenpfeifern mit und machte sich nun daran, dies Wildpret zuzubereiten und zu räuchern. Jedes Stück wurde an einem dünnen Stäbchen befestigt und über einem Feuer von grünem Holze aufgehängt. Als Kennedy, der sich auf dergleichen vorzüglich verstand, die Zubereitung für vollendet erklärte, wurde das Ganze in der Gondel untergebracht.

Am folgenden Tage sollte der Jäger den Proviant noch vervollständigen.

Der Abend überraschte die Reisenden mitten in diesen Arbeiten; ihr Abendbrod bestand aus Pemmican, Zwieback und Thee. Die Ermüdung, durch welche sie zuerst Appetit bekommen hatten, gab ihnen auch Schlaf. Jeder spähte während seiner Wacht in die Finsterniß und glaubte zuweilen Joe’s Stimme zu vernehmen. Aber ach, diese Stimme, die sie so gern gehört hätten, war sehr fern!

Mit Tagesanbruch wurde Kennedy vom Doctor geweckt.

»Ich habe lange darüber nachgedacht, was wir thun könnten, um unsern Begleiter wiederzufinden,« begann er.

»Was Du auch beabsichtigst, Samuel, ich werde Dir beistimmen; sprich.«

»Vor allen Dingen muß Joe Nachricht von uns erhalten.«

»Das versteht sich; wenn dieser wackere Bursche denken könnte, daß wir ihn verließen ….«

»Unmöglich! er kennt uns zu gut, als daß ihm solch‘ Gedanke in den Sinn kommen könnte, er muß jedoch erfahren, wo wir sind.«

»Aber wie das?«

»Wir werden unsern Platz in der Gondel wieder einnehmen und uns in die Luft erheben.«

»Wenn nun aber der Wind uns fortreißt?«

»Das wird glücklicher Weise nicht geschehen. Sieh, Dick, die Brise führt uns wieder über den See, und dieser Umstand, der uns gestern unangenehm gewesen wäre, ist heute günstig. Unsere Anstrengungen werden sich vorläufig darauf beschränken müssen, daß wir uns den ganzen Tag über dieser ungeheuren Wasserfläche halten. Joe kann uns unfehlbar zuerst da erblicken, wo seine Augen uns unaufhörlich suchen werden. Vielleicht gelingt es ihm sogar, uns von seinem Aufenthaltsorte in Kenntniß zu setzen.«

»Wenn er allein und frei ist, wird er das sicher thun.«

»Und auch, wenn er irgendwo gefangen gehalten wird, versetzte der Doctor, wird er uns alsbald sehen und den Zweck unserer Forschungen errathen. Die Eingeborenen pflegen ihre Gefangenen nicht einzuschließen.«

»Was thun wir aber,« hob Kennedy hervor, »wenn uns kein Zeichen wird, und er auch keine Spur auf seinem Wege hinterlassen hat? wir müssen auch diesen Fall in’s Auge fassen.«

»Dann versuchen wir, den nördlichen Theil des Sees wieder zu erreichen, indem wir uns möglichst frei und in Sicht halten; dort werden wir warten, die Ufer erforschen, die Gestade genau untersuchen, an denen Joe gelandet sein könnte, und nicht weichen, ohne Alles, was wir konnten, zu seiner Rettung gethan zu haben.«

»Auf denn!« rief der Jäger.

Der Doctor bestimmte genau die Lage des Stückchen festen Landes, das er sich zu verlassen anschickte; er mußte nach seiner Karte und seinem Besteck annehmen, daß er sich im Norden des Tschad zwischen der Stadt Lari und dem Dorfe Ingemini, zwei von dem Major Denham besuchten Ortschaften, befände. Während dieser Zeit vervollständigte Kennedy den Mundvorrath an frischem Fleisch; doch obgleich die Moräste Spuren von Nashörnern, Seekühen und Nilpferden aufwiesen, hatte er keine Gelegenheit, auch nur ein einziges dieser ungeheuren Thiere zu treffen.

Um sieben Uhr Morgens wurde der Anker nicht ohne große Schwierigkeiten, die Joe sonst vorzüglich zu lösen gewußt hatte, von dem Baume losgemacht. Das Gas dehnte sich aus, und der neue Victoria stieg zweihundert Fuß in die Luft. Hier zögerte er ein wenig, indem er sich um sich selbst drehte, aber endlich wurde er von einer ziemlich lebhaften Strömung erfaßt, über den See getrieben und bald mit einer Schnelligkeit von zwanzig Meilen auf die Stunde fortgetragen.

Der Doctor stieg beständig in einer Höhe von zwei- bis fünfhundert Fuß hinauf und hinunter; Kennedy feuerte häufig seinen Carabiner ab. Ueber den Inseln angekommen, ließen sich die beiden Freunde sogar unvorsichtig weit zum Lande herab, um überall das Dickicht, die Büsche und das Gestrüpp zu untersuchen. Wo eine Höhlung oder irgend welche Kluft ihrem Gefährten hätte Zuflucht bieten können, nahten sie sich. Ja, sie geriethen in so unmittelbare Nachbarschaft mit den Piroguen (Kähne von ausgehöhlten Baumstämmen), welche den See durchfurchten, daß die Fischer sich aus Furcht und Schrecken in den See stürzten und auf ihre Inseln zurückflohen; aber alles Suchen nach Joe war vergebens.

»Wir sehen nichts, sagte Kennedy niedergeschlagen nach zweistündigem Suchen.

– Laß uns warten, Dick; wir dürfen den Muth noch nicht verlieren; von der Stelle des Unfalls sind wir jetzt nicht mehr weit.«

Um elf Uhr war der Victoria etwa neunzig Meilen vorgeschritten; er gerieth nun in eine andere Strömung, die ihn, fast im rechten Winkel mit ihrem bisherigen Wege, nach Osten trieb.

Das Luftschiff schwebte jetzt über einem sehr großen und, wie es schien, stark bevölkerten Eiland, das der Doctor als die Insel Farram erkannte, auf der die Hauptstadt der Biddiomahs liegt. Er erwartete, Joe auf der Flucht und um Hilfe rufend, aus jedem Busch hervorspringen zu sehen. War er frei, so hätte man ihn einfach davongeführt, und wurde er gefangen gehalten, so konnte das bei dem Missionar angewandte Verfahren nochmals eingeschlagen werden, und die drei Gefährten wären bald wieder vereint gewesen. Aber nichts zeigte sich, keine Spur ließ sich auffinden; es war zum Verzweifeln!

Um halb drei Uhr kam der Victoria in Sicht eines am östlichen Ufer des Tschad gelegenen Dorfes mit Namen Tangalia, das den äußersten, von Denham erreichten Punkt bezeichnet.

Der Doctor fing an, sich wegen der beharrlichen Windrichtung zu beunruhigen; er sah sehr wohl, daß er nach Osten zurückgeworfen und in die unendlichen Wüsten Central-Afrika’s verschlagen werden konnte.

»Wir müssen jetzt anhalten und sogar landen,« sagte er; »besonders Joe’s wegen ist es dringend nothwendig, daß wir über den See zurückkehren; es gilt nur, eine entgegengesetzte Strömung zu finden.«

Ueber eine Stunde lang suchte er nun in verschiedenen Zonen, und endlich, in einer Höhe von tausend Fuß, fand er ein heftiges Wehen, das den Ballon nach Nordwesten trieb.

Samuel und Dick hatten sich jetzt überzeugt, daß der Gesuchte nicht auf einer der Inseln des Sees zurückgehalten wurde; er hätte sonst jedenfalls Mittel und Wege gefunden, seine Gegenwart auf irgend eine Weise kund zu thun.

»Vielleicht hat man ihn an’s Land geschleppt,« dachte der Doctor, als er auf das nördliche Ufer des Tschad herniederblickte.

Die Annahme, daß Joe ertrunken sei, war unwahrscheinlich; freilich durchschauerte eine andere Vorstellung den Geist Fergusson’s und Kennedy’s: »Die Kaimans sind unter diesen Breiten sehr häufig!« Aber keiner von ihnen hatte den Muth, dieser Besorgniß Worte zu leihen. Mit der Zeit trat ihnen dieselbe jedoch so unabweisbar vor die Seele, daß Fergusson ohne weitere Einleitung anhob:

»Krokodile pflegen nur an den Ufern der Inseln oder des Sees vorzukommen, und Joe ist gewandt genug, um ihnen aus dem Wege zu gehen; sie sind übrigens wenig gefährlich; die Afrikaner z. B. baden ohne Furcht vor ihren Angriffen.«

Kennedy erwiderte kein Wort hierauf; eine Erörterung dieser schauerlichen Möglichkeit war zu entsetzlich.

Gegen fünf Uhr Abends signalisirte der Doctor die Stadt Lari. Die Einwohner derselben arbeiteten vor Hütten von geflochtenem Schilf, mitten in sorgfältig gepflegten Gehegen, an der Baumwollenernte. Der Ort bestand aus etwa fünfzig Wohnungen, die sich zwischen zwei niedrigen Bergen auf einer langen Strecke hinzogen, die mehr Senkung als Thal zu nennen war. Der heftige Wind führte den Ballon weiter vorwärts, als dem Doctor erwünscht war, aber jetzt wechselte die Luftströmung abermals, und brachte ihn genau zu seinem Ausgangspunkt, einer Art fester Insel zurück, auf der man die verflossene Nacht zugebracht hatte. Der Anker haftete, statt sich in den Zweigen des Baumes zu verhaken, in Schilfhaufen, die sich mit dem Schlamme des Morastes vermischt hatten und eine bedeutende Resistenzfähigkeit besaßen. Es kostete Fergusson viele Mühe, das Luftschiff zu beherrschen, aber endlich, mit Einbruch der Nacht legte sich der Wind, und die beiden Freunde wachten mit einander in verzweiflungsvoller Stimmung.

Vierunddreißigstes Capitel

Vierunddreißigstes Capitel

Der Orkan. – Gezwungene Abreise. – Verlust eines Ankers. – Trübe Erwägungen. – Ein Entschluß. – Die Sandhose. – Die verschüttete Karawane. – Widriger und günstiger Wind. – Rückkehr nach dem Süden. – Kennedy auf seinem Posten.

Um drei Uhr Morgens wehte der Wind mit so großer Heftigkeit, daß der Victoria nicht ohne Gefahr auf dem Boden bleiben konnte; das Schilf streifte und rieb seine Umhüllung und drohte, sie zu zerreißen.

»Wir müssen fort von hier. Dick,« sagte der Doctor, »es ist unmöglich für uns, noch länger in dieser Lage zu verharren.«

»Aber Joe, Samuel?«

»Ich werde ihn nicht verlassen, gewiß nicht, und sollte mich der Orkan hundert Meilen weit nach Norden tragen, ich werde zurückkehren. Aber wenn wir hier bleiben, setzen wir die Sicherheit Aller auf’s Spiel.«

»Ohne ihn abreisen?« rief der Schotte im Ton schmerzlichen Bedauerns.

»Glaubst Du denn,« erwiderte Fergusson, »daß mir nicht das Herz ebenso blutet wie Dir? muß ich mich nicht der gebieterischen Notwendigkeit fügen?«

»Wie Du willst,« antwortete der Jäger; »brechen wir auf.«

Aber die Abreise bot große Schwierigkeiten. Der tiefeingesenkte Anker leistete allen Anstrengungen Widerstand, und der Ballon, der nach verkehrter Richtung zog, machte dies Uebel noch immer größer. Es gelang Kennedy nicht, den Anker herauszureißen; und das Beginnen des Schotten wurde in der gegenwärtigen Lage ein sehr gefährliches, denn man mußte besorgen, daß der Victoria sich, noch ehe Dick eingestiegen war, auf und davon machte.

Fergusson, der sich dem nicht aussetzen wollte, ließ den Freund in die Gondel steigen und ergab sich darein, das Ankertau abzuhauen. Der Victoria machte einen Satz von dreihundert Fuß in die Luft, und wandte sich direct nach Norden.

Fergusson konnte nichts hiergegen thun; er kreuzte die Arme und gab sich trüben Erwägungen hin.

Nach einigen Minuten tiefen Schweigens richtete er sich mit folgenden Worten an den nicht minder traurig gestimmten Kennedy:

»Wir haben vielleicht Gott versucht; die Unternehmung einer solchen Reise kam nicht Menschen zu! …« und ein schwerer Seufzer entrang sich seiner Brust.

»Vor wenigen Tagen noch schätzten wir uns glücklich, großen Gefahren entronnen zu sein,« erwiderte der Jäger. »Wir drückten uns alle drei die Hände!«

»Armer Joe, die gute, durch und durch ehrliche Natur, das brave Herz! wenn er sich auch einen Augenblick von seinen Reichthümern blenden ließ, so opferte er doch willig all‘ seine Schätze! Jetzt ist er weit von uns entfernt, und der Wind trägt uns mit unwiderstehlicher Gewalt davon!«

»Höre doch, Samuel, könnte er es nicht, wenn er unter den Stämmen des Sees eine Zuflucht gefunden haben sollte, so machen wie die Reisenden, welche dieselben vor uns besucht haben, wie Denham, wie Barth? Diese haben doch ihre Heimat wiedergesehen.«

»Ach, mein armer Dick, Joe versteht nicht ein Wort von der Sprache des Landes! er steht völlig allein und ohne Hilfsquellen da! Die von Dir erwähnten Reisenden gingen nur auf solche Weise vorwärts, daß sie den Häuptlingen zahlreiche Geschenke übersandten, auch waren sie unter starkem Geleit und für diese Expeditionen bewaffnet und gerüstet. Und doch konnten sie Leiden und Qualen der furchtbarsten Art nicht Vermeiden! Was soll aus unserm unglücklichen Gefährten werden? es ist schauerlich, nur daran zu denken, und nie habe ich eine größere Sorge empfunden!«

»Aber wir werden doch wieder zurückkehren, Samuel.«

»Ja, Dick, und selbst wenn wir den Victoria im Stich lassen, zu Fuß nach dem Tschad-See zurückwandern und uns mit dem Sultan von Bornu in Verbindung setzen sollten! Die Araber können den ersten Europäern kein schlechtes Andenken bewahrt haben.«

»Ich werde Dir überall hin folgen, Samuel,« betheuerte der Jäger energisch. »Du kannst auf mich zählen! Eher wollen wir darauf verzichten, diese Reise zu beenden! Joe hat sich für uns dahingegeben, wir wollen uns für ihn opfern!«

Dieser Entschluß ermuthigte von Neuem die beiden Männer, sie fühlten sich stark in demselben Gedanken. Fergusson setzte Alles daran, um in eine entgegengesetzte Strömung zu gerathen, die ihn dem Tschad wieder nähern könnte, aber dies war jetzt unmöglich, und sogar die Landung ließ sich auf einem entblößten Terrain und bei einem so heftig tosenden Orkan nicht bewerkstelligen.

So durcheilte der Victoria das Land der Tibbus; er durchschnitt Belad el Dscherid, eine dornige Wüste, die den Saum von Sudan bildet, und drang in das, von langen Karawanenspuren durchfurchte Sandmeer vor; die letzte Vegetationslinie verschmolz bald am südlichen Horizont mit dem Himmel, nicht weit von der hauptsächlichsten Oase dieses Theiles von Afrika, deren fünfzig Brunnen von prächtigen Bäumen beschattet werden; es war unmöglich, anzuhalten. Ein arabisches Lager, Zelte aus gestreiften Stoffen, einige Kameele, die ihren Vipernkopf auf dem Sande ausstreckten, belebten diese Einöde; aber der Victoria zog wie ein wandelnder Stern vorüber und legte in drei Stunden eine Entfernung von sechzig Meilen zurück, ohne daß es Fergusson gelang, seinen Lauf zu hemmen.

»Wir können nicht Halt machen! wir können nicht herniedersteigen! rief er aus; kein Baum, kein Vorsprung zeigt sich! Sollen wir denn die Sahara überschreiten? der Himmel ist entschieden gegen uns!«

So sprach er in muthloser Verzweiflung, als er im Norden mitten in einem dichten Staub den Wüstensand sich zusammenthürmen und unter dem Stoß entgegengesetzter Luftströmungen dahinwirbeln sah.

Mitten in diesem Chaos, von der Sandlawine überschüttet, zerschmettert, daniedergeworfen, ging elend eine Karawane unter. Die Kameele ließen ein dumpfes, jammervolles Stöhnen hören, und durch den erstickenden Nebel drang verzweifeltes Geschrei und Geheul. Bisweilen sah man noch die grellen Farben bunter Gewänder durch den grausamen tödtenden Sand schimmern, aber bald verschwanden auch diese, und das Gebrüll des Sturmes übertönte jeden andern Laut.

Wo sich eben noch eine ununterbrochene Ebene erstreckte, erhob sich jetzt ein noch in Bewegung begriffener Hügel – das ungeheure Grab einer verschlungenen Karawane.

Der Doctor und Kennedy hatten erbleichend diesem entsetzlichen Schauspiel beigewohnt; an ein Lenken ihres Ballons war nicht zu denken; er wirbelte in ganz entgegengesetzten Strömungen und gehorchte nicht im Geringsten mehr der verschiedenen Anspannung des Gases. In diese Luftstrudel hineingerissen, drehte er sich mit schwindelerregender Schnelligkeit; die Gondel wurde heftig hin und hergeschleudert, so daß die unter dem Zelte aufgehangenen Instrumente klirrend an einander stießen und die Windungen des Schlangenrohrs sich zum Zerspringen krümmten. Die Wasserkisten wurden lärmend aus einer Ecke der Gondel in die andere gerückt, und die Reisenden, welche mit krampfhaft geballter Hand das Tauwerk umklammerten und sich gegen die Wuth des Orkans zu halten versuchten, konnten sich in dem Tosen des Sturms durch kein Wort, keinen Ruf verständigen.

Kennedy, dessen Haar wild um Stirn und Augen flatterte, starrte in den Orkan hinein, ohne zu sprechen. Der Doktor aber schien in dieser drohenden Gefahr seine Ruhe und Kühnheit wiedergefunden zu haben; auf seinen Zügen zeigte sich keine Bewegung des Schreckens, ja nicht einmal, als der Victoria nach einer letzten, scharfen Drehung plötzlich und unerwartet still stand. Der Nordwind hatte die Oberhand gewonnen und jagte ihn jetzt in entgegen gesetzter Richtung wie am Morgen, aber mit ebenso großer Schnelligkeit dahin.

»Wo geraten wir hin?«, rief Dick besorgt.

»Lass der Vorsehung ihren Lauf, mein lieber Dick; es war unrecht von mir, einen Augenblick an ihr zu zweifeln; sie weiß besser als wir, was uns heilsam ist, und führt uns jetzt an Orte zurück, die wir nie wiederzusehen hofften.«

Der noch vor kurzer Zeit so ebene Boden war jetzt aufgewühlt wie eine Fluch im Sturm; eine Reihe kleiner, fast noch flüssiger Berge bildeten Richtpunkte in der Wüste; der Wind blies noch immer gewaltig und der Victoria schnellte förmlich durch die Luft.

Die von den Reisenden verfolgte Bahn war nicht genau dieselbe wie am heutigen Morgen; statt die Ufer des Tschad wiederzufinden, sahen sie immer noch die Wüste vor sich. – Kennedy machte seinen Freund hierauf aufmerksam.

»Tut nichts«, beruhigte ihn der Doktor; »die Hauptsache für uns ist, wieder nach Süden zu gelangen; wahrscheinlich kommen wir auf die Städte Wuddie oder Kuka in Bornu zu und ich werde kein Bedenken tragen, dort anzuhalten.«

»Wenn Du damit zufrieden bist, bin ich es auch,« erwiderte der Jäger. »Gebe nur der Himmel, daß wir nicht noch genöthigt werden, die Wüste zu durchreisen, wie jene unglücklichen Araber! Was wir heute sahen, war schauerlich.«

»Und kommt doch so häufig vor, Dick. Die Wanderungen durch die Wüste haben dieselben Gefahren wie die Reisen auf dem Ocean; auch in der Wüste kann man versinken, und außerdem warten der Wanderer die qualvollsten Strapazen und Entbehrungen.«

»Es scheint, als ob der Wind schwächer würde,« bemerkte Kennedy; »der Staub, welcher über dem Sande wirbelt, ist weniger dicht, seine wellenförmigen Linien glätten sich allmälig wieder, und der Horizont klärt sich auf.«

»Um so besser; wir müssen genau mit dem Fernglase ausspähen; nicht ein Punkt darf unserm Blick entgehen!«

»Laß das meine Sorge sein, Samuel; sobald sich der erste Baum zeigt, werde ich’s Dir sagen.«

Und Kennedy postirte sich, mit dem Fernglase in der Hand, an den Rand der Gondel.

Vierundzwanzigstes Capitel

Vierundzwanzigstes Capitel

Der Wind legt sich. – Herannahen der Wüste. – Wassermangel. – Die Nächte unter dem Aequator. – Darlegung der gegenwärtigen Lage. – Kennedy’s und Joe’s energische Antworten. – Noch eine Nacht.

Der Victoria wurde an einen einzelnstehenden, fast vertrockneten Baum befestigt, und brachte die Nacht in vollkommener Ruhe zu. Die Reisenden konnten sich endlich ein wenig Schlaf gönnen, die letzten Tage hatten zu viele Aufregungen gebracht, und ihnen manche traurige Erinnerung zurückgelassen.

Gegen Morgen nahm der Himmel wieder seine glänzende Durchsichtigkeit und Hitze an; der Ballon stieg in die Lüfte und traf nach mehreren vergeblichen Versuchen auf eine übrigens nicht sehr schnelle Strömung, die ihn nach Nordwesten trug.

»Wir kommen nicht mehr von der Stelle, begann der Doctor; wenn ich mich nicht irre, haben wir in etwa zehn Tagen die Hälfte unserer Reise zurückgelegt, aber unter den jetzigen Verhältnissen kann es Monate dauern, ehe wir sie beenden; um so fataler, als wir von Wassermangel bedroht werden.

– Es ist doch ganz undenkbar, daß wir auf dieser großen Länderstrecke nicht einen Fluß, einen Bach oder irgend einen Teich antreffen sollten.

– Ich wünschte es.

– Sollte etwa Joe’s Ladung die Schnelligkeit unsrer Reise beeinträchtigen?«

Kennedy sagte das, um den guten Jungen zu hänseln, und es lag ihm dies um so näher, als er selbst innerlich einen Augenblick Joe’s Verblendung getheilt hatte. Da er aber solche Gefühle in sich verschlossen, spielte er sich jetzt als starken Geist auf, übrigens nur im Scherz.

Joe antwortete ihm nur mit einem verdrießlichen Blick. Der Doctor schwieg; er dachte nicht ohne geheimen Schrecken an die wüsten Einöden der Sahara, in denen Wochen dahingehen, ohne daß die Karawanen einen Brunnen antreffen, um ihren Durst zu löschen. Er faßte daher mit ängstlichster Sorgfalt auch die geringsten Senkungen des Erdbodens in’s Auge.

Diese Besorgniß des Doctors drückte, im Verein mit den letzten Ereignissen der Reise, die Stimmung der drei Reisenden merklich herab; es wurde weniger als je gesprochen, und jeder war in seine eigenen Gedanken versunken.

Der würdige Joe war nicht mehr wieder zu erkennen, seitdem er seine Blicke in das Meer von Gold getaucht hatte. Er betrachtete schweigend, mit sehnsüchtigem Verlangen seine in der Gondel angehäuften Steine, die heute noch werthlos, morgen unschätzbar werden konnten.

Der Anblick des Landes wurde hier übrigens beunruhigend; es nahm allmälig den Charakter der Wüste an. Weder ein Dorf noch die kleinste Vereinigung von Hütten war zu entdecken; die Vegetation verschwand mehr und mehr, kaum ließen sich noch, wie in den Heidedistricten Schottlands, einige verkrüppelte Zwergpflanzen entdecken; überall bezeichneten weißlicher Sand und Feuersteine den Anfang der Wüste. In dieser Unfruchtbarkeit erschien das rohe Gerippe der Erdoberfläche in scharfen, jäh abfallenden Felskämmen. Diese Anzeichen trostlosester Dürre riefen dem Doctor allerhand trübe Gedanken wach.

Es hatte nicht den Anschein, als sei jemals eine Karawane in diese verlassene Gegend gedrungen; sie hätte sicherlich Spuren eines Lagers, gebleichte Menschen- oder Thierknochen zurückgelassen; aber nichts von alledem war zu sehen. Man merkte bald, in welch‘ unermeßliche Sandfläche die öde Gegend auslaufen würde, aber an ein Zurückweichen war weder zu denken, noch lag es in der Absicht des Doctors. Ein Sturm jedoch, der ihn in so schneller Zeit als möglich über dieses Land fortgerissen hätte, wäre ihm willkommen gewesen; auch nicht eine Wolke ließ sich blicken! Am Ende dieses Tages hatte der Victoria noch nicht dreißig Meilen durchmessen.

Wenn nur kein Wassermangel zu fürchten gewesen wäre! Aber der ganze Vorrath bestand nur noch aus drei Gallonen! Fergusson bestimmte eine derselben, ihren brennenden Durst zu löschen, und die beiden übrigen, um das Knallgasgebläse zu speisen. Es konnten hiermit nur vierhundert und achtzig Cubikfuß Gas erzeugt werden, und da das Knallgasgebläse jede Stunde etwa neun Cubikfuß davon verbrauchte, konnte man nur noch auf eine vierundfünfzigstündige Reise rechnen.

Dieser Anschlag war mathematisch vollkommen genau und richtig.

»Vierundfünfzig Stunden! sprach Fergusson zu seinen Begleitern. Da ich nun aber fest entschlossen bin, die Nacht über nicht zu reisen, weil ich fürchte, einen Bach, eine Quelle oder irgend eine Lache zu übersehen, so bleiben uns noch drei und ein halber Reisetag; in dieser Zeit müssen wir um jeden Preis Wasser finden. Ich hielt es für meine Pflicht, euch, meine Freunde, mit dem Ernst der Situation bekannt zu machen, denn ich reservire nur eine einzige Gallone für den Durst, und mir werden uns auf eine sehr geringe Ration setzen müssen.«

»Theile die Rationen für uns ein, schlug der Jäger vor. Für jetzt haben wir keinen Grund zu verzweifeln, denn es liegen noch drei volle Tage vor uns, sagst Du?«

»Ja, mein lieber Dick.«

»Nun, da unser Jammern nichts helfen kann, wollen wir diese drei Tage benutzen, einen Entschluß zu fassen. Bis dahin laß uns unsere Wachsamkeit verdoppeln.«

Beim Abendessen wurde das Wasser genau gemessen, und der Branntweinzusatz im Grog erhöht. Man mußte jedoch vorsichtig mit diesem Getränk zu Werke gehen, das eher dazu dient, den Durst zu erhöhen, als ihn zu stillen.

Die Gondel ruhte während der Nacht auf einem unermeßlich weiten Plateau, von dem aus man eine große Senkung beobachten konnte. Die Höhe derselben betrug kaum achthundert Fuß über dem Meeresspiegel. Dieser Umstand flößte dem Doctor wieder einige Hoffnung ein, da er ihn daran erinnerte, was die Geographen in Bezug auf eine große Wasserfläche in Zentral-Afrika behauptet haben. Wenn dieser See wirklich vorhanden war, so mußte man ihn auffinden; an dem stets gleichmäßig unbewegten Himmel zeigte sich noch immer nicht die geringste Aenderung.

Auf die friedliche Nacht mit ihrem Sternenschein folgte ein Tag, der wenn möglich eine noch glühendere Hitze als die vorhergehenden entwickelte. Vom frühen Morgen an steigerte sich die Temperatur zu einer unerträglich drückenden Hitze.

Der Doctor hätte dieser intensiven Gluth durch ein Aufsteigen in die oberen Regionen entgehen können, doch wäre hiebei eine größere Quantität Wasser vergeudet worden, und dies wollte er entschieden vermeiden. Fergusson begnügte sich also damit, das Luftschiff in einer Höhe von hundert Fuß über dem Boden zu halten; eine schwache Strömung trieb es dem westlichen Horizonte zu.

Das heutige Frühstück bestand aus etwas getrocknetem Fleisch und Pemmican. Gegen zwölf Uhr Mittags hatte der Victoria kaum einige Meilen durchflogen.

»Wir können nicht schneller reisen, sagte der Doctor, wir sind nicht mehr Herren der Situation, sondern müssen uns den Verhältnissen fügen.«

– Mein lieber Samuel, hub der Jäger an, bei einer Gelegenheit wie diese wäre ein Propeller doch nicht zu verachten.

– Gewiß, Dick, wenn er nur kein Wasser verbrauchte, um sich in Bewegung zu setzen. Hierdurch würde nämlich unsere Lage genau dieselbe werden. Man hat übrigens bis jetzt keine praktische Erfindung in dieser Beziehung gemacht. Die Ballons stehen noch auf derselben Stufe wie die Schiffe vor Erfindung des Dampfes. Sechstausend Jahre hat man gebraucht, um die Schaufelräder und Schrauben zu ersinnen, wir können also noch eine gute Zeit warten.

– Verdammte Hitze! und Joe trocknete sich die hellen Schweißtropfen von der Stirn.

– Wenn wir Wasser hätten, würde uns diese Hitze nur förderlich sein, denn sie dehnt das Wasserstoffgas aus und erheischt eine weniger starke Flamme im Schlangenrohr. O, der verwünschte Wilde, dem wir diese kostbare Wasserkiste opfern mußten!

– Bedauerst Du, es gethan zu haben, Samuel?

– Nein, Dick; konnten wir doch diesen Unglücklichen dadurch einem qualvollen Tode entreißen! aber die hundert Pfund Wasser, die wir damals fortgeworfen haben, würden uns jetzt sehr nützlich sein. Mit ihrer Hilfe könnten wir noch zwölf bis dreizehn Tage weiterreisen, und somit sicher über diese Wüste hinwegkommen.

– Haben wir jetzt nicht wenigstens die Hälfte der Reise hinter uns? fragte Joe.

– Als Entfernung ja, aber was die Dauer anbetrifft, nein, wenn nämlich der Wind uns im Stich lässt: er scheint sich vollständig legen zu wollen.

– Nun, Herr Doctor, versetzte Joe, wir dürfen uns nicht beklagen; bis jetzt ist es uns leidlich gut gegangen, und es ist mir unmöglich, mich der Verzweiflung hinzugeben. Wir werden Wasser finden, und das sage ich – Joe!«

Der Boden senkte sich indessen von Meile zu Meile mehr. Die Wellenlinien der goldhaltigen Berge erstarben am Horizont. Es waren dies die letzten schwachen Anstrengungen einer erschöpften Natur. Zerstreute, einzelne Gräser ersetzten die schönen Bäume des Ostens, einige Streifen fahlen Grüns kämpften noch mit dem Sande um ihre Existenz; die großen, von den fernen Berggipfeln losgelösten Felsstücke zerbröckelten, bei ihrem Falle zerschmettert, in scharfe Kieselsteine, aus denen bald ein körniger Sand und dann ein ganz feiner Staub wurde.

»Sieh, Joe, so hast Du Dir Afrika vorgestellt; Du siehst jetzt, wie Recht ich hatte, Dir zu sagen: Habe Geduld und warte es ab.

– Aber, Herr Doctor, das ist ja ganz natürlich; Hitze und Sand. Es wäre thöricht, in einem solchen Lande etwas Anderes suchen zu wollen. Ich hatte ja keinen Glauben an eure Wälder und Prairien, fügte er lachend hinzu; das war widersinnig! es lohnte nicht der Mühe, so weit zu reisen, wenn man nichts Anderes sehen soll, als was man in England hat. Zum ersten Mal kommt es mir vor, als wäre ich in Afrika, und es thut mir nicht leid, ein wenig davon zu kosten.«

Gegen Abend constatirte der Doctor, daß der Victoria an diesem brennendheißen Tage nicht zwanzig Meilen zurückgelegt hatte. Ein warmes Dunkel umhüllte ihn, sobald die Sonne hinter der schnurgeraden Linie des Horizonts verschwunden war.

Der folgende Tag war der erste Mai, ein Donnerstag; aber die Tage folgten einander in verzweifelnder Eintönigkeit; dieser Morgen glich dem vorhergehenden ganz genau; die Mittagssonne sandte in verschwenderischer Fülle ihre immer gleichen, unerschöpflichen Strahlen, und die Nacht ballte in ihrem Schatten diese Wärme zusammen, die der folgende Tag dann wieder der darauffolgenden Nacht übergab. Der kaum merkliche Luftzug war mehr einem Aushauchen als einem Wehen zu vergleichen, und man fürchtete, den Augenblick im Voraus zu fühlen, in dem dieser schwache Athem gänzlich verlöschen würde.

Der Doctor trat der Trostlosigkeit seiner Lage mit voller Energie entgegen; er bewahrte die Ruhe und Kaltblütigkeit eines kampfgewohnten Herzens. Mit dem Fernglas in der Hand durchsuchte er alle Punkte, so weit der Horizont reichte; er sah die letzten Hügel sich allmälig ebnen, die Vegetation noch dürftiger werden und verschwinden, und wurde mit Schrecken gewahr, wie sich vor ihm die ganze Unermeßlichkeit der Wüste ausbreitete.

Fergusson war sich der Verantwortlichkeit, welche auf ihm ruhte, sehr schwer bewußt, obgleich er kein Wort hierüber verlor. Hatte er diese beiden Männer, Kennedy und Joe, die durch Pflicht und Freundschaft mit ihm verbunden waren, nicht fast gezwungen, mit ihm in die gefahrvolle Ferne zu ziehen? Hieß das nicht verwegen gehandelt? War diese Reise nicht ein Versuch, die Grenzen des Unmöglichen zu überschreiten? Hatte Gott nicht vielleicht erst späteren Jahrhunderten die Erforschung dieses unenträthselten Kontinents vorbehalten?

Wie dies gewöhnlich in den Stunden der Muthlosigkeit geschieht, drängten und vermehrten sich die quälenden Gedanken in seinem Hirn, und in wunderlicher Ideenverbindung setzte sich Samuel Fergusson über alle Logik und vernünftige Schlußfolgerung hinweg. Nachdem er darüber mit sich einig geworden war, was er nicht hätte thun sollen, ging er mit sich zu Rathe, was zu beginnen sei. Sollte es unmöglich sein, wieder umzukehren? Fanden sich nicht vielleicht mehr in der Höhe Strömungen, die ihn in weniger dürre Gegenden zurücktragen konnten? Ueber das schon durchreiste Land war er sich im Klaren, aber das noch vor ihm liegende kannte er nicht. So von Unentschlossenheit und Selbstvorwürfen gepeinigt, hielt er es für das Beste, sich gegen seine Gefährten freimüthig auszusprechen; er setzte ihnen den Stand der Dinge auseinander, und zeigte ihnen, was schon geschehen, und was noch zu thun übrig war. Im äußersten Falle könne man umkehren, oder es doch wenigstens versuchen. Er begehrte hierüber ihre Meinung zu hören.

»Ich habe keine andere Meinung, als die meines Herrn,« nahm Joe das Wort. »Was er leiden wird, kann ich auch ertragen, und noch leichter als er. Wo der Herr Doctor hingeht, werde ich ihm folgen.«

»Und Du, Kennedy?«

»Mein lieber Samuel, ich bin nicht der Mann danach, mich der Verzweiflung zu überliefern; Niemand kannte die Gefahren dieser Unternehmung besser als ich, aber ich habe von dem Augenblick an, als Du ihnen trotztest, meine Augen dagegen verschlossen. In der gegenwärtigen Lage geht meine Meinung dahin, daß wir ausharren müssen bis an’s Ziel. Die Gefahren scheinen mir übrigens bei einer Umkehr ebenso groß. Wenn es also vorwärts gehen soll, so kannst Du auf uns rechnen.«

»Ich danke euch, meine Freunde,« antwortete der Doctor, der durch diese Hingabe gerührt war; »ich hatte diese Treue und Aufopferung von euch erwartet, aber ich bedurfte so ermuthigender Worte; noch einmal, ich danke euch.«

Und die drei Männer drückten einander kräftig die Hände.

»Hört mich an, begann Fergusson von Neuem. Nach meinen Berechnungen sind wir nicht über dreihundert Meilen vom Golf von Guinea entfernt; die Wüste kann sich nach jener Richtung nicht zu weit ausdehnen, denn die Küste ist bewohnt und bis auf eine gewisse Strecke in’s Land hinein bekannt. Erforderlichen Falls werden wir auf diese Küste hinhalten, und es wäre undenkbar, daß wir nicht auf eine Oase oder einen Brunnen stoßen sollten, wo wir unsern Wasservorrath erneuern könnten. Aber was uns zur Ausführung dieses Planes fehlt, ist der Wind, ohne den wir ruhig auf einer Stelle in der Luft festgehalten werden.

– Wir müssen geduldig warten,« sagte der Jäger.

Und ein Jeder erforschte spähenden Auges an diesem Tage, der kein Ende zu nehmen schien, den weiten Raum. Nichts zeigte sich, das eine Hoffnung hätte wecken können; die letzten wellenförmigen Erhebungen des Bodens verschwanden beim Untergang der Sonne, deren horizontale Strahlen sich auf dieser flachen Unermeßlichkeit zu langen Feuerlinien verlängerten. Das war die Wüste.

Die Reisenden hatten heute kaum eine Entfernung von fünfzehn Meilen zurückgelegt, dabei aber, wie am vorhergehenden Tage, hundertfünfunddreißig Cubikfuß Gas verbraucht, um das Knallgasgebläse zu unterhalten, und zwei Pinten Wasser von achten hatten verwandt werden müssen, um den brennenden Durst zu stillen.

Die Nacht verging ruhig, nur zu ruhig! der Doctor konnte kein Auge schließen.

Fünfundzwanzigstes Capitel

Fünfundzwanzigstes Capitel

Ein wenig Philosophie. – Eine Wolke am Horizont. – Im Nebel. – Der unerwartete Ballon. – Die Signale. – Genaue Ansicht des Victoria. – Die Palmbäume. – Spuren einer Karawane. – Der Brunnen inmitten der Wüste.

Am folgenden Tage die gleiche Klarheit des Himmels, dieselbe unbewegliche Ruhe der Atmosphäre. Der Victoria stieg zu einer Höhe von fünfhundert Fuß, aber man konnte kaum eine kleine Ortsveränderung nach Westen zu bemerken.

»Wir sind inmitten der Wüste, verkündete der Doctor. Eine unabsehbare Sandebene! Welch‘ sonderbares Schauspiel! Wie eigenthümlich hat doch die Natur ihre Gaben vertheilt! Warum dort jene reiche Vegetation und hier diese außerordentliche Dürre – Beides unter derselben Breite, denselben Sonnenstrahlen!«

»Das Warum bekümmert mich wenig, mein lieber Samuel,« antwortete Kennedy. »Der Grund macht mir weniger zu schaffen, als die Thatsache selbst. Für mich ist das Wesentliche, daß es sich so verhält.«

»Man muß doch etwas philosophiren, lieber Dick; das kann nicht schaden.«

»Nun ja, wir haben Zeit genug dazu; es ist nicht zu bemerken, daß wir vorwärts kommen. Der Wind fürchtet sich zu wehen, er schläft.«

»Es wird nicht mehr lange so währen,« sagte Joe, »es kommt mir vor, als bemerkte ich einige Wolken dort im Osten.«

»Wirklich! Joe hat Recht,« pflichtete der Doctor bei.

»Ei,« versetzte Kennedy, »eine richtige Wolke mit einem tüchtigen Regen und starkem Winde könnte uns gerade passen.«

»Wir werden sehen, Dick, wir werden sehen.«

»Es ist aber Freitag, Herr Doctor, und dem Freitag habe ich nie recht getraut.«

»Hoffentlich kommst Du heute von Deinem Vorurtheil zurück.«

»Ich wünschte es, Herr Fergusson ….« Er holte tief Athem und trocknete sich das Gesicht … »Wärme ist etwas Schönes, besonders im Winter, aber im Sommer darf man keine Verschwendung damit treiben.«

»Fürchtest Du nicht die Einwirkung der Sonnenhitze auf unsern Ballon?«

»Nein; das Guttapercha, mit welchem der Taffet überzogen ist, würde noch eine weit höhere Temperatur vertragen. Ich habe im Innern des Ballons vermittelst des Schlangenrohrs bisweilen eine Hitze von hundertachtundfünfzig Grad erzeugt, und die Hülle scheint mir bis jetzt noch nicht gelitten zu haben.«

»Eine Wolke, wirklich eine Wolke!« rief Joe, dessen scharfer Blick jedes Fernrohr zum Wettstreit herausforderte.

Und in der That konnte man jetzt deutlich eine Wolkenschicht erkennen, die sich langsam über den Horizont erhob; sie schien ziemlich tief zu stehen und sah gleichsam aufgedunsen aus. Es war eine Anhäufung kleinen Gewölks, das aber unveränderlich seine Gestalt beibehielt, und hieraus glaubte der Doctor schließen zu dürfen, daß sich keine Luftströmung in dem Gebilde befände.

Gegen acht Uhr Morgens war diese compacte Masse erschienen, und erst um elf Uhr erreichte sie die Sonnenscheibe, welche völlig hinter ihr verschwand; in diesem Augenblick trennte sich der untere Streifen der Wolke von der Linie des Horizonts, die wieder im vollen Lichte strahlte.

»Es ist nur ein isolirtes Gewölk, auf das man nicht viel Hoffnung bauen darf, meinte der Doctor. Sieh nur, Dick, seine Gestalt ist noch genau dieselbe wie heute Morgen.

– Es ist auch noch nichts von Regen oder Wind zu verspüren.

– Sie hält sich immer in großer Höhe.

– Nun, Samuel, könnten wir nicht diese Wolke, da sie sich durchaus nicht über uns entleeren will, aufsuchen?

– Ich fürchte, das wird nicht viel helfen, entgegnete Fergusson; auch wird es uns eine beträchtliche Menge Gas und somit Wasser kosten. Wir dürfen jedoch in unserer Lage nichts unversucht lassen, und so wollen wir steigen.«

Der Doctor trieb die Flamme des Knallgasgebläses in die Windungen des Schlangenrohrs; es entstand eine gewaltige Hitze, und bald erhob sich der Ballon unter Einwirkung seines ausgedehnten Wasserstoffgases.

Ungefähr fünfzehnhundert Fuß von der Erdoberfläche traf man auf die schattige Wolkenmasse und war hier von einem dichten Nebel umgeben, dem jedoch alle Feuchtigkeit zu fehlen schien. Auch war nicht der leiseste Windhauch zu verspüren. Der in diesen Dunst gehüllte Victoria kam ein wenig schneller von der Stelle, aber dies war auch der einzige Vortheil.

Der Doctor constatirte soeben dieses höchst mittelmäßige, von seinem Manöver erzielte Resultat, als Joe im Ton der lebhaftesten Ueberraschung ausrief:

»Das ist aber doch gar zu merkwürdig! Herr Doctor, Herr Kennedy! das ist erstaunlich!

– Was giebts denn, Joe?

– Wir sind nicht allein hier; intrigante Leute haben uns unsere Erfindung nachgemacht, gestohlen!

– Ist er närrisch geworden, oder was hat er?« fragte Kennedy.

Joe stand vor Verwunderung starr wie eine Bildsäule.

»Sollte die Sonne den Verstand des armen Burschen verwirrt haben? sagte Fergusson besorgt.

– Aber so sehen Sie doch, Herr Doctor, schrie Joe abermals, und deutete in die Luft auf einen bestimmten Punkt.

– Beim heiligen Patrik, der Kerl hat Recht! rief jetzt auch Kennedy; es ist unglaublich! Samuel, Samuel, so sieh doch!

– Ich sehe, antwortete dieser ruhig.

– Noch ein anderer Ballon! noch andere Reisende als wir!

Wirklich schwebte zweihundert Fuß hoch ein Luftschiff nebst Gondel und Reisenden. Es verfolgte genau dieselbe Richtung wie der Victoria.

»Wir wollen Signale mit ihm austauschen, schlug der Doctor vor; nimm die Flagge, Kennedy, und zeige unsere Farben.«

Augenscheinlich hatten die Reisenden im andern Luftschiff denselben Gedanken gehabt, denn auch dort streckte sich eine Hand mit der nämlichen Farbe heraus und wurde grüßend in derselben Weise geschwungen, wie hier von Kennedy.

»Was hat denn das zu bedeuten? fragte verwundert der Jäger.

– Es sind Affen, die unserer spotten, schalt Joe.

– Du selbst giebst auch drüben das Signal, mein lieber Dick, erwiderte Fergusson lachend. Die Reisenden in jener Gondel sind wir, und der Ballon ist ganz einfach unser Victoria.

– Verzeihen Sie, Herr Doctor, aber das kann ich nicht glauben; es ist unmöglich.

– So tritt an den Gondelrand, mein Junge, und bewege Deinen Arm. Du wirst Dich dann wohl überzeugen.«

Joe that, wie ihm geheißen, und sah, wie seine Bewegungen und Geberden augenblicklich und genau drüben reproducirt wurden.

»Es ist nichts weiter, als Luftspiegelung, eine sehr einfache Naturerscheinung der Optik, die in der ungleichen Dichtigkeit der Luftschichten ihren Grund hat, erklärte der Doctor.

– Wie wunderbar! hub Joe wieder an; er konnte sich über dies seltsame Phänomen nicht beruhigen und setzte seine Geberden und Armbewegungen noch weiter fort.

– Ein interessantes Schauspiel! äußerte Kennedy; und es ist wirklich ein Vergnügen, unsern wackern Victoria so anschauen zu können! Er nimmt sich prächtig aus, wie er so majestätisch dahinschwebt!

– Die Herren mögen die Sache immerhin auf ihre Weise auslegen und erklären, sagte Joe; für mich ist und bleibt die Geschichte sehr sonderbar.«

Allmälig erlosch das Bild; die Wolken stiegen höher empor, der Victoria, der ihnen nicht mehr zu folgen suchte, blieb zurück, und in Zeit von einer Stunde war das Himmelsgewölbe wieder klar wie vorher.

Der Wind schien jetzt noch schwächer zu werden, und der Doctor näherte sich entmuthigt dem Boden.

Die Reisenden, welche von dem Zwischenfall eine Zeit lang beschäftigt worden waren, fielen wieder in ihre trübe Stimmung zurück und ertrugen schweigend die Pein der sengenden Hitze.

Gegen vier Uhr glaubte Joe einen Gegenstand zu bemerken, der sich von der weiten Sandfläche abhob, und bald versicherte er entschieden, daß dies zwei Palmbäume seien, die in nicht allzu großer Entfernung von ihnen emporragten.

»Palmbäume!« rief Fergusson erregt, »dann muß dort auch eine Quelle, ein Brunnen zu finden sein.«

Er nahm ein Fernglas zur Hand und sah, daß Joe’s Augen ihn nicht getäuscht hatten.

»Endlich Wasser, Wasser!« fuhr er fort, »nun winkt uns Rettung; denn wenn wir auch nur langsam weiterkommen, wir schreiten doch mehr und mehr vor und werden zuletzt an’s Ziel gelangen!«

»Nun, Herr Doctor! Wie wär’s, wenn wir vorerst einmal tränken? Die Luft ist zum Ersticken heiß.«

»Ja, mein Junge, laß uns trinken.«

Niemand ließ sich dazu nöthigen, und eine ganze Pinte ging drauf, wodurch der Vorrath auf drei und eine halbe Pinte verringert wurde.

»Ach, thut das wohl!« schmunzelte Joe. »Wie herrlich ist das! nie hat mir Bier von Perkins nur halb so gut gemundet!«

»Das sind die Vortheile der Entbehrung,« bemerkte der Doctor.

»Sie sind, im Ganzen genommen, gering,« meinte der Jäger, »und wenn ich auch nie dies Vergnügen am Wassertrinken finden sollte, würde ich doch gern darauf verzichten unter der Bedingung, daß es mir nicht wieder fehlte.«

Um sechs Uhr schwebte der Victoria über den Palmbäumen; es waren zwei armselige, vertrocknete Baumgespenster ohne Laub und mehr todt wie lebendig. Fergusson konnte sich bei ihrem Anblick eines Schreckens nicht erwehren. Unter ihnen bemerkte man die halb verwitterten Steine eines Brunnens, aber auch sie waren von der Sonnengluth fast zersetzt und dem Zerbröckeln nahe. Nirgend zeigte sich auch nur ein Schimmer von Feuchtigkeit. Samuel’s Herz zog sich bei diesem Anblick zusammen, und er wollte soeben den Gefährten seine Befürchtungen mittheilen, als ihre lauten Ausrufe seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.

Eine Strecke hinaus, nach Westen zu, gewahrte man eine lange Linie gebleichter Gebeine, und Stücke von Skeletten umringten die Quelle. Augenscheinlich war eine Karawane bis hierher vorgedrungen und hatte ihren Weg durch dieses traurige Wahrzeichen kenntlich gemacht. Die Schwächeren waren auf dem Sande zusammengesunken, und die Stärkeren hatten, bis zu der so heiß ersehnten Quelle gelangt, hier ihren schauerlichen Tod gefunden.

Die Reisenden blickten einander erbleichend an.

»Laß uns hier nicht aussteigen,« bat Kennedy; »wir wollen fliehen vor diesem scheußlichen Schauspiel. Es ist hier nicht ein Tropfen Wasser zu bekommen.«

»Nein, Dick, davon müssen wir uns erst genauer überzeugen; auch können wir hier ebenso gut wie anderswo die Nacht zubringen. Wir wollen diesen Brunnen bis auf den Grund untersuchen; es ist hier einst eine Quelle gewesen, und vielleicht können wir noch einen Rest des Wassers entdecken.«

Der Victoria landete; Joe und Kennedy legten in die Gondel ein dem ihrigen gleichkommendes Gewicht Sand, stiegen aus und eilten zur Quelle, um auf Stufen, die fast nur noch aus Staub bestanden, in das Innere derselben einzudringen. Sie schien bereits seit langen Jahren versiegt, und Dick und Joe erspähten nichts als morschen, trockenen, ausgedörrten Sand. Nirgend eine Spur von Feuchtigkeit.

Der Doctor sah, wie seine beiden Gefährten erhitzt, entstellt und mit einem seinen Staube bedeckt wieder oben ankamen, und er begriff sofort, daß ihre Nachforschungen, wie er es erwartet hatte, umsonst gewesen waren; aber er sagte nichts – war er sich doch bewußt, daß er von diesem Augenblick an Muth und Energie für drei haben müsse.

Joe hatte die Stücke eines zusammengeschrumpften Schlauches gefunden, und warf sie jetzt zornig unter die auf dem Boden zerstreut umher liegenden Gebeine.

Während die Freunde ihre Abendmahlzeit verzehrten, wurde kein Wort unter ihnen gewechselt; sie gaben sich dem Genusse nur mit innerm Widerstreben hin. – Und doch hatten sie bis jetzt noch nicht die wirklichen Qualen des Durstes zu erdulden gehabt und schauten nur verzweiflungsvoll in die Zukunft.

Sechzehntes Capitel

Sechzehntes Capitel

Anzeichen eines Sturmes. – Das Mondland. – Die Zukunft des afrikanischen Continents. – Die Maschine des jüngsten Gerichtes. – Ansicht des Landes bei Sonnenuntergang. – Die Flora und Fauna. – Der Sturm. – Die Feuerzone. – Der gestirnte Himmel.

»So kann’s kommen, sagte Joe, wenn man ohne Luna’s Erlaubniß als ihre Nachkommenschaft erscheinen will. Dieser Trabant hätte uns beinahe einen garstigen Streich gespielt. Sollten Sie, Herr Doctor, vielleicht Ihren ärztlichen Ruf durch die eingegebene Arznei in Frage gestellt haben?

– Erzähle doch, versetzte der Jäger, was war dieser Sultan von Kaseh für ein Mann?

– Ein alter, schon halbtodter Trunkenbold, antwortete der Doctor, dessen Verlust nicht zu schmerzlich gefühlt werden wird. Aber die Moral von der Geschichte ist, daß Ehren hienieden vergänglich sind, und man ihnen nicht zu viel Geschmack abgewinnen darf.

– Um so schlimmer, meinte Joe, verehrt werden und den Gott spielen, das paßte mir! aber sehen Sie doch, meine Herrn, wie roth der Mond heute auf uns herabschaut. Es ist ein Zeichen, daß er böse ist!«

Während dieser und anderer Reden, bei denen Joe das Gestirn der Nächte unter einem ganz neuen Gesichtspunkte betrachtete, bezog sich der Himmel gegen Norden mit dicken, unheilkündenden, gewitterschweren Wolken. Ein ziemlich starker, in einer Höhe von dreihundert Fuß vom Boden wehender Wind trieb den Victoria gegen Nord-Nordosten. Ueber ihm war das dunkelblaue Himmelsgewölbe rein, aber man fühlte einen unheimlichen Druck.

Die Reisenden befanden sich gegen acht Uhr Abends unter 32° 40′ L., und 4° 17′ Br.; die atmosphärischen Strömungen trieben sie unter dem Einfluß eines bevorstehenden Sturmes mit einer Schnelligkeit von fünfunddreißig Meilen in der Stunde vorwärts.

Die fruchtbaren, wellenförmigen Ebenen von Mfuto flogen schnell unter ihnen dahin. Das Schauspiel war bewundernswerth, und fand die gebührende Bewunderung.

»Wir sind mitten im Mondlande, sagte der Doctor Fergusson, denn diesen Namen, den ihm schon das Alterthum gab, hat es bis jetzt bewahrt; ohne Zweifel deshalb, weil daselbst der Mond zu jeder Zeit verehrt wurde. Es ist wirklich ein herrliches Land, und man könnte nirgend eine üppigere Vegetation finden.

– Wenn man dergleichen in der Umgegend von London hätte, so würde das freilich nicht natürlich sein, aber es wäre doch sehr hübsch. Warum ist so Schönes diesen barbarischen Ländern vorbehalten?

– Und weiß man denn, erwiderte der Doctor, ob nicht dieses Land einst der Mittelpunkt der Civilisation werden wird? Die Völker der Zukunft werden sich vielleicht hier niederlassen, wenn die Länder Europa’s ihre Leistungskraft, die Völker zu ernähren, erschöpft haben.

– Glaubst Du? meinte Kennedy.

– Ganz gewiß, mein lieber Dick. Betrachte nur den Gang der Ereignisse, die auf einander folgenden Wanderungen der Völker, und Du wirst zu demselben Schlusse wie ich gelangen. Asien ist bekanntlich die erste Amme der Welt. Viertausend Jahre etwa hat es gearbeitet, wird befruchtet und trägt seine Frucht. Wenn dann die Steine da sprießen, wo die goldenen Ernten Homer’s prangten, verlassen seine Kinder den erschöpften und hingewelkten Schooß; Du siehst dann, wie sie sich auf das junge, mächtige Europa stürzen, welches sie seit jetzt zweitausend Jahren ernährt. Aber schon verliert sich auch dort die Fruchtbarkeit; seine Erzeugungsfähigkeit nimmt täglich ab. Die neuen Krankheiten, von denen alljährlich die Producte der Erde befallen werden, die Mißernten, die ungenügenden Hilfsquellen, Alles das ist ein gewisses Zeichen für die sich verringernde Lebenskraft und eine nahe bevorstehende Erschöpfung. Sehen wir nicht, wie jetzt die Völker zu der nährenden Brust Amerika’s eilen, gleichsam an eine nicht unerschöpfliche, aber noch unerschöpfte Quelle? Auch dieser neue Continent wird altern; seine jungfräulichen Waldungen werden unter der Axt der Industrie fallen, sein Boden schwach werden, weil seine Kraft für die Production in zu hohem Grade beansprucht worden ist: wo alljährlich zwei Ernten erblühten, wird auf dem, am Ende seiner Kraft angelangten Erdreich kaum eine erzielt werden. Dann endlich wird Afrika den neuen Völkerstämmen die seit Jahrhunderten in seinem Schooß angehäuften Schätze darbieten; das den Fremden Verderben bringende Klima wird durch gehörige Bewirthschaftung des Bodens und Drainirung von seinen bösen Einflüssen befreit werden, man wird die zerstreuten Gewässer in einem gemeinsamen Bett zur Herstellung eines schiffbaren Canales ansammeln, und so wird dieses Land, über dem wir schweben, fruchtbarer, reicher, lebensfrischer als die andern, sich zu einem großen Reiche gestalten, in welchem noch erstaunlichere Entdeckungen, als der Dampf und die Elektrizität, der Zukunft vorbehalten sind.

– Das möchte ich wohl erleben, sagte Joe.

– Dazu bist Du zu früh aufgestanden, mein Junge.

– Uebrigens, hob Kennedy hervor, wird jene Zeit, in der die Industrie Alles zu ihrem Nutzen ausbeutet, aller Wahrscheinlichkeit nach sehr langweilig sein! Bei der Erfindung so vieler Maschinen werden die Menschen sich schließlich gegenseitig durch dieselben vernichten! Ich habe mir immer gedacht, daß der jüngste Tag dann anbricht, wenn ein ungeheurer, zu einer Spannung von drei Milliarden Atmosphäre erhitzter Kessel unsern Erdball in die Luft sprengen wird.

– Und ich denke, daß die Amerikaner nicht die Letzten sein werden, die an dieser Maschine arbeiten, bemerkte Joe.

– Ich gebe zu, daß es unter ihnen große Kupferschmiede giebt, erwiderte der Doctor; aber folgen wir nicht weiter dem Zuge dieser Erörterungen, und begnügen wir uns damit, dieses Mondland zu bewundern, da uns der Anblick desselben vergönnt ist.«

Die Sonne, welche gerade ihre letzten Strahlen durch die Masse der aufgethürmten Wolken gleiten ließ, schmückte die geringsten Unebenheiten des Bodens mit einem goldenen Saum: riesenhafte Bäume, baumartige Kräuter, auf dem Boden dahinkriechende Moose.

– Alles hatte seinen Theil an dieser Lichtausströmung. Das leicht wellenförmig gestaltete Terrain sprang hie und da in kleinen, konischen Hügeln vor; keine Berge am Horizont, unermeßliche grüne Hecken, undurchdringliche Zäune, dornige Dschungeln trennten die Lichtungen, in denen sich zahlreiche Dörfer hinstreckten; riesenhafte Euphorbien umgaben sie mit einem natürlichen Befestigungswall, indem sie sich an die korallenförmigen Zweige der Sträucher hingen.

Bald schlängelte sich der Hauptzufluß des Tanganiyka-Sees, der Malagasari, unter einem grünen Teppich dahin; er bot den zahlreichen Wassern eine Zuflucht, welche aus zur Zeit des Hochwassers angeschwellten Strömen entstanden waren, oder von in der Thonschicht des Bodens befindlichen Teichen herkamen. Aus der Vogelperspektive glaubte man ein Netz von Wasseradern zu sehen, das sich über die ganze westliche Seite des Landes hinbreitete.

Thiere mit großen Höckern weideten auf fetten Wiesen und verschwanden fast im tiefen Grase; die Wälder, prächtige Wohlgerüche ausströmend, boten sich dem Auge dar wie ungeheure Sträuße; aber in diese Sträuße flüchteten sich Löwen, Leoparden, Hyänen und Tiger, um der letzten, schwülen Hitze des Tages zu entrinnen. Bisweilen wogte das Dickicht von dem Schritt eines Elephanten, und man hörte das Krachen der Zweige, die von seinen Elfenbeinhauern zerbrochen wurden.

»Welch‘ herrliches Jagdland, rief Kennedy begeistert aus; eine auf’s Gerathewohl in die Tiefe des Waldes hineingesandte Kugel würde sicher irgend ein gutes Wild treffen! Könnten wir nicht einen Versuch machen?

– Nein, mein lieber Dick, es naht eine böse, von einem Sturm begleitete Nacht; die Stürme aber sind schrecklich in diesem Lande, wo die Sonne einer ungeheuren elektrischen Batterie zu vergleichen ist.

– Sie haben Recht, Herr, die Hitze ist förmlich erstickend geworden, der Wind hat sich vollständig gelegt, und man merkt, daß sich etwas vorbereitet.

– Die Atmosphäre ist mit Elektricität überladen, antwortete der Doctor; jedes lebende Wesen ist gegen diesen Zustand der Luft, welcher diesem Kampfe der Elemente vorangeht, empfindlich, und ich gestehe, daß ich nie bis zu diesem Grade davon berührt worden bin.

– Wäre es unter diesen Umständen nicht gerathen, herabzusteigen? fragte der Jäger.

– Ich möchte im Gegentheil lieber emporsteigen. Dick, und befürchte nur, von dieser Kreuzung atmosphärischer Strömungen aus meiner Route verschlagen zu werden.

– Gedenkst Du denn, die Richtung, welcher wir von der Küste an gefolgt sind, aufzugeben?

– Wenn es mir möglich ist, werde ich mich etwa sieben bis acht Grade direkter nach Norden halten, und den Versuch machen, nach der Breite, in welcher die Nilquellen vermuthet werden, hinaufzusteigen. Vielleicht gelingt es uns, einige Spuren von der Expedition des Kapitän Speke, oder auch die Karawane des Herrn von Heuglin zu bemerken. Wenn meine Berechnungen stimmen, befinden wir uns unter 32° 40′ L., und ich möchte geraden Wegs über den Aequator hinaufsteigen.

– Sieh doch, rief Kennedy, seinen Begleiter unterbrechend, sieh doch dort die Nilpferde, die aus den Teichen auftauchen, diese blutgierigen Fleischmassen, und jene Krokodile, die geräuschvoll nach Luft schnappen!

– Sie ersticken fast vor Hitze! meinte Joe. Ach, welch‘ herrliche Weise zu reisen! wie man auf all‘ dies bösartige Gewürm mit Verachtung herabsieht! Herr Samuel! Herr Kennedy! sehen Sie doch diese Rudel von Thieren, die in geschlossenen Reihen zusammengehen. Es sind ihrer wohl an zweihundert. Wölfe sind’s!

– Nein, Joe, aber wilde Hunde; eine berühmte Race, die nicht davor zurückschreckt, sich selbst mit Löwen in einen Kampf einzulassen. Von ihnen angefallen zu werden, ist das Schrecklichste, was einem Reisenden widerfahren kann; er wird sofort in Stücke gerissen.

– Nun, Joe wird es nicht riskiren, ihnen einen Maulkorb anzulegen, antwortete der muntere Bursche; wenn es übrigens in ihrer Natur liegt, darf man’s ihnen nicht weiter übel nehmen.«

Unter dem Einfluß des herankommenden Sturmes verstummte allmälig jedes Gespräch; es war, als wenn die verdickte Luft ungeeignet dazu würde, den Schall fortzupflanzen. Die Atmosphäre schien wie wattirt und verlor jede Klangfähigkeit, wie ein mit Stofftapeten behangener Saal. Der Ruderfalke, der Pfauenkranich, die rothblauen Holzschreier, der Spottvogel, der Fliegenschnäpper verschwanden in den großen Bäumen; die ganze Natur bot die Symptome einer nahe bevorstehenden Sündfluth.

Um neun Uhr Abends hielt der Victoria unbeweglich über Mjene, einer großen Vereinigung von Dörfern, die im Schatten kaum zu erkennen waren. Zuweilen zeigte der Wiederschein eines Sonnenstrahls, der sich im trüben Wasser verirrt hatte, regelmäßig vertheilte Gräben, und bei einem letzten Aufleuchten konnte der Blick noch die ruhige, düstere Gestalt der Palmbäume, Tamarinden, Sykomoren und riesenhaften Euphorbien erspähen.

»Ich ersticke, sagte der Schotte, indem er mit vollen Zügen so viel Luft wie möglich einsog. Wir rühren uns nicht mehr von der Stelle; werden wir herabsteigen?

– Aber der Sturm! stieß der Doctor ziemlich unruhig hervor.

– Wenn Du fürchtest, vom Winde fortgerissen zu werden, so wirst Du Dich wohl dafür entscheiden müssen, den Ballon sinken zu lassen.

– Der Sturm wird vielleicht diese Nacht noch nicht losbrechen, versetzte Joe, die Wolken sind sehr hoch.

– Das ist auch ein Grund, der mich davon zurückhält, über sie emporzusteigen. Wir müßten uns zu einer bedeutenden Höhe erheben, würden die Erde aus dem Gesicht verlieren, und die ganze Nacht nicht wissen, ob, und auf welcher Seite wir weiter kommen.

– Entscheide Dich, mein lieber Samuel, es hat Eile.

– Es ist ärgerlich, daß der Wind sich gelegt hat, warf Joe ein; er hätte uns weit von dem Sturme fortgetragen.

– Es ist sehr zu bedauern, denn die Wolken bringen uns Gefahr; sie enthalten entgegengesetzte Strömungen, die uns in ihre Wirbel verwickeln, und Blitze, die unsern Ballon in Brand stecken können, Andererseits kann uns die Gewalt der Windstöße zur Erde schleudern, wenn wir im Wipfel eines Baumes Anker werfen.

– Was ist da zu thun?

– Wir müssen den Victoria zwischen den Gefahren der Erde und denen des Himmels in einer mittleren Zone halten. Wir haben Wasservorrath in einer für das Knallgasgebläse hinreichenden Menge, und unsere zweihundert Pfund Ballast sind noch nicht angegriffen. Im Fall der Noth würde ich mich ihrer bedienen.

– Wir werden mit Dir wachen, sagte der Jäger.

– Nein, meine Freunde, verwahrt die Vorräthe und geht zu Bette. Ich werde Euch wecken, wenn es die Nothwendigkeit erheischt.

– Aber, Herr Doctor, werden Sie nicht gleichfalls ruhen? bis jetzt droht uns noch keine Gefahr.

– Nein, danke, mein Junge, ich will lieber wachen; wir rühren uns nicht, und wenn die Umstände sich nicht ändern, werden wir uns morgen genau an derselben Stelle befinden.

– Guten Abend, Herr Doctor.

– Schlafe wohl, wenn es möglich ist.«

Kennedy und Joe streckten sich unter ihren Decken aus, und der Doctor blieb allein in dem unermeßlichen Weltenraum.

Inzwischen senkte sich allmälig die Wolkenschicht, und es entstand ein tiefes Dunkel. Ein schwarzes Gewölbe rundete sich über dem Erdball, wie um ihn zu zerschmettern.

Plötzlich durchzuckte ein gewaltiger, rascher, schneidender Blitzstrahl den Schatten, und sein Riß hatte sich noch nicht geschlossen, als ein furchtbarer Donnerschlag die Tiefe des Himmels erschütterte.

»Achtung! rief Fergusson. Die beiden Schläfer, von dem entsetzlichen Krachen geweckt, waren bereits emporgefahren.

– Steigen wir herab? fragte Kennedy.

– Nein, der Ballon würde nicht Stand halten. Steigen wir, ehe diese Wolken sich in Wasser auflösen und der Wind sich entfesselt!«

Und er trieb die Flamme des Knallgasgebläses kräftiglich in die Spiralen des Schlangenrohrs.

Die Stürme der Tropen entwickeln sich mit einer Geschwindigkeit, die sich nur mit ihrer Heftigkeit vergleichen läßt. Ein zweiter Blitzstrahl zerriß die Wolke, und zwanzig andere folgten ihm unmittelbar. Der Himmel wurde von elektrischen Funken, die unter den dicken Regentropfen knisterten, buntfarbig übersäet.

»Wir haben uns verspätet, und unser mit entzündbarer Luft gefüllter Ballon muß jetzt eine Feuerzone durchschneiden.

– Zur Erde, zur Erde! begann Kennedy immer wieder.

– Die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden, würde immer dieselbe sein, und das Luftschiff alsbald an den Zweigen der Bäume zerreißen!«

– Wir steigen, Herr Samuel!

– Schneller! noch schneller!«

Es ist nicht selten, daß in diesem Theile von Afrika während der Aequatorialstürme zwanzig bis dreißig Blitze auf die Minute gezählt werden. Der Himmel steht buchstäblich in Feuer, und die Donnerschläge dauern ununterbrochen fort.

Der Wind entfesselte sich in dieser entzündeten Atmosphäre mit einer wahrhaft erschreckenden Gewalt; er wirbelte die weißglühenden Wolken wild durcheinander wie ein ungeheurer Ventilator, der diesen ganzen Brand in immer neue Bewegung bringt.

Der Doctor Fergusson erhielt sein Knallgasgebläse in voller Hitze; der Ballon dehnte sich aus und stieg. Kennedy hielt inmitten der Gondel auf seinen Knieen die Vorhänge des Zeltes zurück. Das Luftschiff drehte sich im Kreise, und die Reisenden, welche sich des Schwindels nicht erwehren konnten, vermochten sich nur mit Mühe in der Gondel festzuhalten. Es bildeten sich große Vertiefungen in der Hülle des Ballons; der Wind setzte sich hinein und der Seidenstoff erdröhnte unter seinem Druck. Eine Art Hagel, dem ein lärmendes Geräusch voranging, durchfurchte die Atmosphäre, und rasselte auf den Victoria nieder. Dieser setzte indessen sein Emporsteigen fort; die Blitze zogen feurige Flammen-Tangenten an seinen Kreis. Er stand in einem Feuermeer.

»Im Schutze Gottes, sagte Doctor Fergusson, wir stehen in seiner Hand; er allein kann uns retten. Bereiten wir uns auf jegliches Ereigniß vor, selbst auf einen Brand. Unser Fall kann nur langsam von Statten gehen.«

Die Stimme des Doctors gelangte kaum zu dem Ohr seiner Gefährten, aber sie konnten inmitten der zuckenden Blitze sein ruhiges Gesicht sehen. Er beobachtete die Lichtentwickelungen, welche durch das über dem Netz des Luftschiffes schwebende St. Elmsfeuer hervorgebracht wurden.

Der Ballon drehte sich in stetem Wirbel, aber er stieg fortwährend. Nach einer Viertelstunde war er über die Zone der Wetterwolken hinaus; die elektrischen Ausströmungen entwickelten sich unter ihm, wie der ungeheure Pechkranz eines Feuerwerks.

Es war dies eins der schönsten Schauspiele, welche die Natur dem Menschen bieten kann. Tief unten das Gewitter, oben der stumme, ruhige, unveränderliche Sternenhimmel mit dem Monde, der seine friedlichen Strahlen auf die wildstürmenden Wolken warf.

Doctor Fergusson sah nach dem Barometer, dieses wies zwölftausend Fuß Höhe nach. Es war jetzt elf Uhr Abends.

»Dank dem Himmel, jede Gefahr ist vorüber, sagte er; wir brauchen uns nur in dieser Höhe zu halten.

– Es war schrecklich! rief Kennedy aus.

– Dergleichen Erlebnisse haben auch ihre Reize versetzte Joe; sie bringen eine kleine Abwechslung in das Einerlei der Reise, und ich bedauere durchaus nicht, auf diese Art ein Gewitter von oben herab mit angesehen zu haben. Es ist ein herrliches Schauspiel!«

Siebenzehntes Capitel

Siebenzehntes Capitel

Die Mondberge. – Ein grüner Ocean. – Der Anker wird ausgeworfen. – Der Elephant als Bugsirschiff. – Ein wohl unterhaltenes Feuer. – Tod des Dickhäuters. – Der Bratofen auf freiem Felde. – Mahlzeit im Grünen. – Eine Nacht auf festem Boden.

Gegen sechs Uhr früh erhob sich am Montag die Sonne über den Horizont; die Wolken zerstreuten sich, und ein angenehmer Wind wehte frisch durch den jungen Morgen. Die Erde erschien den Reisenden ganz durchduftet.

Der Ballon hatte sich inmitten der entgegengesetzten Strömungen ziemlich auf derselben Stelle gedreht und war kaum aus seiner Bahn gewichen; der Doctor ließ das Gas sich zusammenziehen und stieg herab, um eine mehr nördliche Richtung einzuschlagen. Lange waren seine Nachforschungen vergebens; der Wind zog ihn nach Westen, bis er die berühmten Mondberge vor Augen hatte, welche in einem Halbkreis um die Spitze des Tanganiyka-Sees herum liegen; ihre wenig coupirte Kette zeichnete sich an dem bläulichen Horizont ab, einem natürlichen Befestigungswerk vergleichbar, welches bis jetzt den Entdeckungsreisenden in Central-Afrika eine unübersteigliche Schranke entgegensetzte; einige isolirte Kegel trugen die Last eines ewigen Schnees.

»Wir sind hier in einem unerforschten Lande, sagte der Doctor; Kapitän Burton ist sehr weit nach Westen vorgedrungen, hat jedoch diese berühmten Berge nicht erreichen können, ja sogar die Existenz derselben in Abrede gestellt, während sein Begleiter Speke von ihrem Vorhandensein überzeugt ist. Burton behauptet, sie seien einzig und allein in der Einbildung seines Gefährten entstanden; wir, meine Freunde, können nun nicht mehr an ihrem Dasein zweifeln.

– Werden wir sie übersteigen? fragte Kennedy.

– So Gott will, nein; ich hoffe einen günstigen Wind zu finden, der mich nach dem Aequator tragen soll; ja, ich werde nöthigen Falls sogar warten und es mit dem Victoria machen, wie mit einem Schiff, das bei widrigem Winde die Anker auswirft.«

Die Erwartungen des Doctors sollten bald in Erfüllung gehen. Nachdem er die Strömungen in verschiedenen Höhen versucht hatte, steuerte der Victoria mit mäßiger Schnelligkeit nach Nordosten.

»Wir sind in guter Richtung, sagte er, indem er seinen Compaß zu Rathe zog; und kaum zweihundert Fuß von der Erde: Alles glückliche Umstände zur Erforschung dieser neuen Gegenden. Der Kapitän Speke, der auf die Entdeckung des Ukerewe-Sees ausging, wandte sich mehr nach Osten in gerader Linie über Kaseh.

– Werden wir lange in dieser Richtung bleiben? fragte Kennedy.

– Vielleicht; unser Zweck ist, nach den Nilquellen hin einen Streifzug zu machen; und wir haben noch mehr als sechshundert Meilen zurückzulegen, um zu der äußersten Grenze zu gelangen, welche die vom Norden gekommenen Entdeckungsreisenden erreicht haben.

– Werden wir nicht einmal den Fuß auf’s feste Land setzen, um uns die Glieder zu recken? fragte Joe.

– Freilich; wir müssen außerdem unsere Lebensmittel schonen, und unterwegs wirst Du, mein wackerer Dick, uns mit frischem Fleisch verproviantiren.

– Sobald Du willst, Freund Samuel.

– Wir müssen auch unsern Wasservorrath erneuern. Wer weiß, ob wir nicht nach trocknen Gegenden verschlagen werden? Man kann also nicht vorsichtig genug in dieser Beziehung sein.«

Um Mittag befand sich der Victoria unter 29° 15′ L. und 3° 15′ Br. Er ging über das Dorf Uyofu, welches die äußerste nördliche Grenze von Unyamwesi ist, neben dem Ukerewe-See weg, den man noch nicht bemerken konnte.

Die dem Aequator näher wohnenden Völkerschaften scheinen etwas civilisirter zu sein und werden von unumschränkten Monarchen, deren Despotismus ohne Grenzen ist, regiert. Die Provinz Karagwah vereinigt in sich die größte Zahl dieser Völkerstämme.

Es wurde unter den drei Reisenden ausgemacht, daß sie bei dem ersten günstigen Landungsplatze aussteigen wollten. Man beabsichtigte, einen längern Halt zu machen, und das Luftschiff einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. Die Flamme des Knallgasgebläses wurde gemäßigt; die aus der Gondel ausgeworfenen Anker streiften bald die hohen Gräser einer unermeßlichen Wiese; von einer gewissen Höhe ab schien sie mit glattem Rasen bedeckt, aber in Wirklichkeit war derselbe sieben bis acht Fuß hoch.

Der Victoria streifte wie ein riesenhafter Schmetterling an den Gräsern hin, ohne sie umzubiegen. Kein hervortretender Gegenstand war zu entdecken: gleichsam ein grüner Ocean ohne irgend welche Erhebung.

»Wir können lange so reisen, sagte Kennedy. Ich bemerke hier weit und breit keinen Baum. Die Jagd in diesen Gegenden scheint mir sehr fraglich.

– Warte, mein lieber Dick. Du könntest in diesem Grase, welches höher ist als Du, doch nicht jagen. Wir werden schließlich noch einen günstigen Platz finden.«

Es war wirklich eine reizende Fahrt, eine richtige Schifffahrt auf diesem so grünen, fast durchsichtigen Meere, das unter dem Hauche des Windes sanft hin und her wogte. Die Gondel machte ihrem Namen alle Ehre und schien gleichsam Fluthen zu durchschneiden. Hätte sich nicht eine Kette Vögel in glänzendem Gefieder, mit tausendfachem fröhlichem Geschrei, aus dem hohen Grase erhoben, so wäre die Täuschung vollständig gewesen. Die Anker tauchten in dieses Blumenmeer hinein und zogen Furchen, die sich hinter ihnen schlossen, wie das Wasser hinter einem Schiffe.

Plötzlich erfuhr der Ballon eine starke Erschütterung. Der Anker hatte sich ohne Zweifel in eine unter dem riesenhaften Grase verborgene Felsspalte gesenkt.

»Wir sitzen fest, rief Joe.

– Nun, so wirf die Leiter aus, befahl der Jäger.

Er hatte diese Worte noch nicht vollendet, als ein durchdringender Schrei die Luft durchtönte.

– Was ist das? rief Kennedy,

– Ein seltsamer Schrei!

– Halt! wir gehen weiter!

– Der Anker muß sich losgerissen haben!

– Nein doch, er hält noch immer! versicherte Joe, der an dem Stricke zog.

– Der Felsen geht weiter!«

Eine sonderbare Bewegung ging durch das hohe Gras; ein gewundenes, ungeheures, graufarbiges Gebilde erhob sich aus den grünen Wogen.

»Eine Schlange! rief Joe, und Kennedy griff nach seinem Carabiner.

– Nein, sagte der Doctor, es ist ein Elephantenrüssel.

– Ein Elephant, Samuel! … mit diesen Worten legte der Jäger sein Gewehr an.

– Warte, Dick, warte; ohne Zweifel nimmt uns das Thier in’s Schlepptau.«

Der Elephant lief mit ziemlicher Schnelligkeit vorwärts. Er kam bald an eine Lichtung, auf der man ihn ganz sehen konnte. An seiner riesenhaften Gestalt erkannte der Doctor einen männlichen Elephanten von ausgezeichneter Gattung. Das Thier hatte zwei herrlich gebogene Hauer, welche etwa acht Fuß lang sein mochten. Die Ankerschaufeln hatten sich fest zwischen ihnen verfangen.

Das Thier suchte vergebens, sich mit seinem Rüssel von dem Stricke, der es mit der Gondel verband, loszumachen.

»Vorwärts! munter! schrie Joe im höchsten Jubel, indem er nach besten Kräften das sonderbare Kutschpferd anspornte. Das ist wieder eine neue Art zu reisen; wer fragt noch nach einem Pferd? Wir reisen mit einem Elephanten.

– Aber wo bringt er uns hin? fragte Kennedy, indem er seine Büchse, die ihm in den Händen brannte, hin und herschwang.

– Er bringt uns dahin, wo wir hin wollen, mein lieber Dick; nur ein wenig Geduld!

Wig a more, Wig a more, wie die schottischen Bauern sagen, schrie der fröhliche Joe. Vorwärts, vorwärts!«

Das Thier setzte sich in schnellen Galop; es warf seinen Rüssel nach rechts und links, und brachte in seinen Sprüngen der Gondel heftige Stöße bei. Der Doctor stand mit der Axt bereit, den Strick im Nothfall zu durchhauen.

»Aber, sagte er, erst im letzten Augenblick werden wir uns von unserm Anker trennen.«

Diese Fahrt mit dem Elephanten als Bugsirschiff dauerte ungefähr anderthalb Stunden. Das Thier schien durchaus nicht ermüdet: diese ungeheuern Dickhäuter können beträchtliche Strecken weit traben, und von einem Tage zum andern findet man sie an weit von einander entlegenen Orten, wie die Wallfische, denen sie an Umfang und Schnelligkeit ähnlich sind.

»Wir haben in der That einen Wallfisch harpuniert, sagte Joe; und wir ahmen nun das Manöver der Wallfischfänger nach.«

Aber eine Veränderung in der Beschaffenheit des Terrains nöthigte den Doctor, sein Fortbewegungsmittel zu modificiren.

Ein dichter Wald von Camaldoren zeigte sich im Norden der Prairie in einer Entfernung von etwa drei Meilen; es wurde somit eine Abtrennung des Ballons von seinem Führer nothwendig.

Kennedy erhielt also den Auftrag, den Elephanten zu erschießen.

Er legte an, aber seine Stellung war nicht günstig, um das Thier mit Erfolg zu treffen. Die erste Kugel, die er auf den Schädel abschoß, wurde wie auf einer Eisenplatte breit gedrückt. Das Thier schien davon nicht im Geringsten beunruhigt; beim Knall des Schusses wurde sein Schritt schneller. Seine Geschwindigkeit war die eines im Galop dahinsausenden Pferdes.

»Schändlich! rief Kennedy.

– Was hat das Thier für einen harten Kopf! meinte Joe.

– Wir wollen versuchen, ihm einige Spitzkugeln in die Weichen zu schicken,« versetzte Kennedy, indem er sorgfältig seinen Carabiner lud, und er gab Feuer.

Der Elephant stieß einen furchtbaren Schrei aus und schritt noch schneller vorwärts.

»Seht doch, rief Joe, sich mit einer der Flinten bewaffnend, ich muß Ihnen helfen, Herr Dick, oder das nimmt kein Ende.«

Und zwei Kugeln hafteten in der Seite des Thiers.

Der Elephant blieb stehen, richtete seinen Rüssel empor und nahm in aller Schnelligkeit seinen Lauf nach dem Walde wieder auf; er schüttelte seinen ungeheuren Kopf, und das Blut begann in Strömen aus seinen Wunden zu fließen.

»Setzen wir unser Feuer fort, Herr Dick.

– Und ein wohl unterhaltenes Feuer, fügte der Doctor hinzu; wir sind nicht zwanzig Toisen von dem Walde entfernt!«

Zehn Flintenschüsse krachten hinter einander. Der Elephant that einen schrecklichen Satz; Gondel und Ballon erdröhnten, daß man hätte glauben können, Alles wäre zerbrochen; die Erschütterung bewirkte, daß dem Doctor das Beil aus der Hand und auf den Boden fiel.

Ihre Lage wurde nunmehr kritisch; das stark befestigte Ankertau ließ sich weder losmachen, noch von den Messern der Reisenden durchschneiden; der Ballon näherte sich mit großer Geschwindigkeit dem Gehölz, als das Thier in demselben Moment, wo es den Kopf hob, eine Kugel in’s Auge erhielt. Es blieb stehen, schwankte; seine Kniee bogen sich, es stand jetzt dem Jäger schußgerecht.

»Eine Kugel in’s Herz,« sagte dieser, indem er ein letztes Mal seinen Carabiner abfeuerte.

Der Elephant stieß im Todeskampfe ein Brüllen des Schmerzes aus; er richtete sich für einen Augenblick auf, indem er seinen Rüssel im Kreise in der Luft umherwarf. Dann fiel er mit seinem ganzen Gewicht auf einen seiner Hauer, den er mitten durchbrach. Er war todt.

»Sein Hauer ist zerbrochen, rief Kennedy; Elfenbein, wovon in England hundert Pfund fünfunddreißig Guineen gelten würden.

– So viel? meinte Joe, und ließ sich am Ankerseil zur Erde gleiten.

– Wozu Dein Bedauern, lieber Dick? entgegnete Doctor Fergusson; sind wir etwa Elfenbeinkrämer? sind wir hiehergekommen, um Glücksgütern nachzujagen?«

Joe untersuchte den Anker; er hing fest an dem unversehrt gebliebenen Hauer. Samuel und Dick sprangen auf den Erdboden, während der halbschlaffe Ballon über dem Körper des Thieres hin und her schwankte.

»Ein prächtiges Vieh! rief Kennedy. Welche enorme Masse! nie habe ich in Indien einen Elephanten von so kolossalen Dimensionen gesehen!

– Das ist nicht zu verwundern, lieber Dick; die Elephanten Central-Afrika’s sind die schönsten. Jäger, wie Anderson, Cumming, haben in der Umgegend des Cap dergestalt auf sie Jagd gemacht, daß die Thiere nach dem Aequator zu auswandern, wo wir ihnen oft in zahlreichen Schaaren begegnen werden.

– Unterdessen hoffe ich, hub Joe an, daß wir uns von diesem hier einen guten Braten nehmen werden! ich mache mich anheischig, Ihnen ein saftiges Mahl von diesem Kleinen da zu bereiten. Herr Kennedy mag ein oder zwei Stunden auf die Jagd gehen, Herr Samuel die Musterung des Victoria, vornehmen, und mittlerweile werde ich die Küche besorgen.

– Das hast Du gut angeordnet, versetzte der Doctor, mache es, wie Dir’s beliebt.

– Was mich betrifft, so gedenke ich die beiden freien Stunden, die Joe mir aufzudringen geruht hat, gut zu benutzen.

– Geh, mein Freund, aber sei vorsichtig; entferne Dich nicht zu weit, mahnte der Doctor.

– Sei unbesorgt.«

Und Dick verschwand mit seiner Flinte in der Tiefe des Waldes.

Alsdann machte sich Joe an sein Geschäft. Er grub zunächst ein zwei Fuß tiefes Loch in die Erde, welches er mit trockenen Zweigen anfüllte. Dann häufte er noch darüber einen zwei Fuß hohen Scheiterhaufen an und setzte ihn in Brand.

Hierauf kehrte er zum Körper des Elephanten zurück, der kaum zehn Toisen von dem Walde gefallen war; er löste geschickt den Rüssel ab, der an seiner Wurzel fast zwei Fuß Breite maß, wählte davon den zartesten Theil und legte einen der schwammigen Füße des Thieres hinzu. Dies sind die anerkannt vorzüglichsten Stücke des Elephanten, wie der Höcker des amerikanischen Büffels, die Bärentatze und der Wildschweinskopf.

Als der Scheiterhaufen über und in der Erde vollständig abgebrannt war, bot das Loch, von Asche und Kohlen gereinigt, eine sehr hohe Temperatur; die Elephantenstücke, in aromatische Blätter gehüllt, wurden auf den Grund dieses improvisirten Bratofens gelegt und mit heißer Asche bedeckt; dann errichtete Joe einen zweiten Scheiterhaufen über dem Ganzen, und als das Holz sich verzehrt hatte, war das Fleisch gerade richtig gebraten.

Dann servirte Joe dies appetitliche Gericht auf grünen Blättern, und ordnete das Mahl mitten auf einem prächtigen Grasplatz; er tischte dazu Zwieback, Branntwein und Kaffee auf und schöpfte in einem nahen Bache frisches, klares Wasser.

Das so hergerichtete Mahl gewährte einen angenehmen Anblick, und Joe dachte, ohne gerade stolz zu sein, daß noch angenehmer sein müßte, es zu verzehren.

»Eine Reise ohne Ermüdung und ohne Gefahr! sprach er vor sich hin. Ein Mahl zu seiner Zeit, stets eine Hängematte zur Disposition! was kann man mehr verlangen? und dieser gute Herr Kennedy wollte nicht einmal mitkommen.«

Der Doctor unternahm seinerseits eine ernstliche Prüfung des Luftschiffes; dasselbe schien von den Fährlichkeiten nicht gelitten zu haben; Seidenzeug wie Guttapercha hatten vorzüglich Stand gehalten. Als er die gegenwärtige Bodenerhebung nahm und die emportreibende Kraft des Ballons berechnete, sah er mit Befriedigung, daß der Wasserstoff sich in seiner Menge gleichgeblieben war. Die Hülle war noch ganz undurchdringlich.

Erst vor fünf Tagen hatten die Reisenden Zanzibar verlassen, der Pemmican war noch unberührt, Zwieback wie die Bestände von conservirtem Fleisch reichten für eine lange Reise aus; es war also nur der Wasservorrath zu erneuern.

Die Röhren und das Schlangenrohr schienen in gutem Zustande zu sein; Dank ihren Kautschukgliedern hatten sie allen Schwingungen des Luftschiffes nachgegeben.

Nach Beendigung seiner Prüfung beschäftigte sich der Doctor damit, seine Notizen in Ordnung zu bringen; er entwarf eine sehr gelungene Skizze von der umgebenden Landschaft mit der weiten, unabsehbaren Prairie, dem Camaldorenwalde und dem unbeweglich über dem Körper des ungeheuerlichen Elephanten schwebenden Ballon.

Nach Verlauf von zwei Stunden kehrte Kennedy mit einer Schnur fetter Rebhühner und der Keule eines Oryx, einer Art Gemsbock, zurück, welche zu der behendesten Gattung der Antilopen gehört. Joe übernahm es, diesen Zuwachs des Mundvorraths vorzubereiten.

»Der Tisch ist gedeckt,« meldete er bald mit seiner einladendsten Stimme.

Und die drei Reisenden brauchten sich nur auf dem grünen Rasen zu setzen; Elephantenfüße und Rüssel wurden für ganz vorzüglich erklärt; man trank, wie immer, auf Englands Wohl, und köstliche Havannahs durchdufteten zum ersten Mal dies reizende Land.

Kennedy aß, trank und plauderte für vier; er war förmlich berauscht, schlug seinem Freunde, dem Doctor in allem Ernste vor, sich in diesem Walde niederzulassen, eine Hütte von Laubwerk zu bauen, und hier die Dynastie der afrikanischen Robinsone zu beginnen.

Sonst wurde dem Vorschlage weiter keine Folge gegeben, obgleich Joe sich vorgenommen hatte, die Rolle des Freitag zu spielen.

Die Landschaft schien so ruhig, so verlassen, daß der Doctor beschloß, die Nacht auf festem Boden zuzubringen. Joe richtete einen Kreis von Feuern her, als unentbehrliche Barrikade gegen die wilden Thiere; Hyänen, Cuguars, Schakale, von dem Geruch des Elephantenfleisches angezogen, streiften in der Nähe umher. Kennedy mußte zu wiederholten Malen seinen Carabiner auf zu verwegene Besucher abfeuern; aber doch verlief die Nacht ohne störenden Zwischenfall.

Achtzehntes Capitel

Achtzehntes Capitel

Karagwah. – Der Ukerewe-See. – Eine Nacht auf einer Insel. – Der Aequator. – Ueberfahrt über den See. – Die Wasserfälle. – Ansicht des Landes. – Die Nilquellen. – Die Benga-Insel. – Namenszug Andrea Debono’s. – Die Flagge mit dem Wappen Englands.

Am folgenden Tage begannen um fünf Uhr Morgens die Vorbereitungen zur Abreise. Joe zerschmetterte die Hauer des Elephanten mit dem glücklich wiedergefundenen Beil. Der nun in Freiheit gesetzte Victoria führte die Reisenden mit einer Geschwindigkeit von achtzehn Meilen gegen Nordosten davon.

Der Doctor hatte am vergangenen Abend nach der Höhe der Sterne genau die Lage bestimmt. Er befand sich unter 2° 40′ Br. südl. vom Aequator, gleich hundertundsechzig geographischen Meilen; er reiste über zahlreiche Dörfer hinweg, ohne sich um das durch seine Erscheinung hervorgerufene Geschrei zu kümmern, zeichnete summarische Ansichten von der Gestaltung der Gegenden, überschritt die Abhänge des Rubemhe, die fast ebenso steil waren wie die Gipfel des Usagara, und traf später in Tenga die ersten Vorsprünge der Karagwah-Ketten, welche seiner Meinung nach nothwendig von den Mondbergen aussgehen müssen. Die alte Sage, welche diese Berge zu der Wiege des Nils machte, kam der Wahrheit nahe, weil dieselben den Ukerewe-See, das angebliche Reservoir der Wasser des Großen Stromes, begrenzen.

Von Kafuro, dem großen District der Kaufleute des Landes, bemerkte er endlich am Horizont den so sehr gesuchten See, welchen der Kapitän Speke am 3. August 1858 erblickt hatte.

Samuel Fergusson fühlte sich von Rührung ergriffen. Er hatte eine der Hauptspitzen seiner Entdeckungsreise beinahe erreicht, und ließ sich, das Fernglas im Auge, nicht einen einzigen Winkel dieses geheimnißvollen Landes entgehen.

Unter ihm ein im Allgemeinen reizloses Land, kaum einige cultivirte Landstriche; das Terrain, mit Bergkegeln mittlerer Höhe besäet, plattete sich in der Nähe des Sees ab; Gerstenfelder traten an die Stelle der Reisfelder; dort wuchs der Wegerich (Plantago), aus dem der Wein des Landes gewonnen wird, und der »Mwani«, eine wilde Pflanze, die als Kaffee dient. Die Vereinigung von etwa fünfzig kreisförmigen Hütten, mit blumigem Strohdach bedeckt, machten die Hauptstadt von Karagwah aus.

Man konnte aus der Höhe ohne Anstrengung die erstaunten Gesichter einer ziemlich schönen Race mit gelblich braunem Teint gewahren. Weiber von unglaublicher Corpulenz schleppten sich in den Pflanzungen mit Mühe von der Stelle; und der Doctor setzte seine Gefährten sehr in Erstaunen durch die Mittheilung, daß solche, sehr geschätzte Wohlbeleibtheit durch den streng geregelten Genuß dicker Milch erlangt werde.

Um zwölf Uhr befand sich der Victoria unter 1° 45′ südl. Br.; um ein Uhr trieb ihn der Wind über den See.

Kapitän Speke hat demselben den Namen Nyanza-Victoria gegeben. An dieser Stelle mochte er neunzig Meilen in der Breite messen; an seinem südlichen Ende fand der Kapitän eine Inselgruppe, welche er den Bengalischen Archipelagus nannte. Er setzte seine Recognoscirung bis nach Muanza an der Ostküste fort, wo er von dem Sultan gut aufgenommen wurde. Er nahm die trigonometrische Vermessung dieses Theiles des Sees vor, konnte sich aber keine Barke verschaffen, um ihn zu überfahren oder die große Insel Ukerewe zu besuchen. Dies sehr volkreiche Eiland wird von drei Sultanen regiert und bildet zur Zeit der Ebbe nur eine Halbinsel.

Der Victoria näherte sich dem See mehr im Norden zum großen Verdruß des Doctors, welcher gern die südlichen Umrisse hatte bestimmen wollen. Die mit dornigem Gebüsch und verwickeltem Gesträuch dicht bewachsenen Ufer verschwanden buchstäblich unter Myriaden hellbräunlicher Moskitos. Dies Land sollte unbewohnbar und unbewohnt sein; man sah Schaaren von Nilpferden sich im Röhricht wälzen oder unter das weißliche Wasser des Sees tauchen.

Von oben herab gesehen, bot dieser im Westen einen so weiten Gesichtskreis, daß man ihn fast ein Meer hätte nennen können; die Entfernung zwischen den beiden Ufern ist zu groß, als daß ein Verkehr sich herstellen ließe; übrigens sind dort die Stürme stark und häufig, denn die Winde wüthen furchtbar in diesem hohen und bloßliegenden Becken.

Der Doctor hatte Mühe, den Ballon zu lenken; er fürchtete nach Osten getragen zu werden, aber glücklicher Weise führte ihn eine Strömung direct nach Norden, und um sechs Uhr Abends ließ sich der Victoria unter 0° 30′ Br. und 32° 52′ L. zwanzig Meilen weit von der Küste auf einer kleinen verlassenen Insel nieder.

Die Reisenden konnten an einen Baum anhaken, und da der Wind sich gegen Abend gelegt hatte, schwebten sie ruhig über ihrem Anker. Man konnte nicht daran denken, an’s Land zu steigen; hier bedeckten ebenso wie an den Ufern des Nyanza-Sees Legionen Moskitos den Boden mit einer dichten Wolke. Joe selbst kam mit Stichen bedeckt von dem Baume zurück, aber das ärgerte ihn weiter nicht, denn er fand dies von Seiten der Moskitos sehr natürlich.

Der Doctor indessen, welcher weniger Optimist war, ließ so viel wie möglich von dem Stricke ab, um diesen unerbittlichen Insecten, die mit einem beunruhigenden Summen zu ihm aufstiegen, zu entgehen.

Er bestimmte die Höhe des Sees über dem Meeresspiegel ebenso wie Kapitän Speke, auf dreitausendsiebenhundertundfünfzig Fuß.

»Wir sind hier also auf einer Insel! sagte Joe, der sich kratzte, bis das Blut hervorkam.

– Wir würden sie ohne Gefahr umgehen können, antwortete der Jäger, denn von diesen liebenswürdigen Insecten abgesehen, bemerkt man kein einziges lebendes Wesen.

– Die Inseln, von denen der See durchwebt ist, bemerkte der Doctor Fergusson, sind eigentlich Gipfel versenkter Hügel; wir können uns glücklich schätzen, hier eine Zuflucht gefunden zu haben, denn die Ufer des Sees werden von wilden Stämmen bewohnt. Schlaft also, da der Himmel uns eine Nacht der Ruhe schickt.

– Wirst Du Dich nicht auch niederlegen, Samuel?

– Nein, ich könnte kein Auge zuthun. Meine Gedanken würden allen Schlaf verscheuchen. Morgen werden wir, wenn der Wind günstig ist, gerade auf Norden zugehen und vielleicht die Nilquellen, dies bis jetzt undurchdringlich gebliebene Geheimniß, entdecken. So nahe an den Quellen des großen Flusses kann ich nicht schlafen.«

Kennedy und Joe, die weniger von wissenschaftlichem Enthusiasmus aufgeregt wurden, schlummerten bald ruhig unter der Wacht des Doctors ein.

Am Mittwoch, dem 23. April, machte sich der Victoria um vier Uhr Morgens bei bedecktem Himmel segelfertig; die Nacht hob sich langsam von den Ufern des Sees, die ein dichter Nebel verhüllte, aber bald zerstreute ein heftiger Wind die schwere Luft. Der Victoria schwankte einige Minuten nach verschiedenen Richtungen hin und her, und hielt endlich geraden Weges auf Norden zu.

Doctor Fergusson schlug vor Freude in die Hände.

»Wir sind auf gutem Wege, rief er aus. heute oder nie werden wir den Nil sehen! Meine Freunde, hier überschreiten wir den Aequator! Wir treten in unsere Hemisphäre ein!

– Oho! rief Joe aus. Sie meinen, daß hier der Aequator durchgeht?

– Allerdings, mein wackerer Junge.

– Nun, verzeihen Sie, Herr, es scheint mir passend, daß wir ihn ein wenig einweihen, und zwar ohne weiteren Zeitverlust.

– Ein Glas Grog möge zur Feier des Tages geopfert werden! antwortete der Doctor lachend; – Du hast eine Weise, Dich mit der Kosmographie zu befassen, die nicht übel ist.«

Und so wurde das Passiren der Linie an Bord des Victoria feierlich begangen.

Dieser schwebte in raschem Fluge vorwärts. Im Westen bemerkte man die niedrige und wenig unebene Küste, im Hintergrunde die höheren Plateaux von Uganda und Usoga. Die Schnelligkeit des Windes wurde außerordentlich: mehr als dreißig Meilen auf die Stunde.

Die gewaltsam aufgewühlten Wasser des Nyanza schäumten wie die Wogen eines Meeres. An gewissen tiefgehenden Wasserstrudeln, welche sich nach schon eingetretener Windstille noch lange hin und her bewegten, erkannte der Doctor, daß der See eine große Tiefe haben müsse. Kaum sah man während dieser schnellen Ueberfahrt ein oder zwei rohe Barken.

»Dieser See, sagte der Doctor, ist augenscheinlich durch seine erhabene Lage das natürliche Flußbecken der Ströme des östlichen Theiles von Afrika. Der Himmel giebt ihm an Regen wieder, was er ihm anderweitig entzieht. Es scheint mir nunmehr gewiß, daß der Nil dort seine Quelle hat.

– Wir werden sehen,« versetzte Kennedy.

Gegen neun Uhr näherte man sich der Westküste; sie schien verlassen und bewaldet. Der Wind erhob sich ein wenig gegen Osten, und man konnte das andere Ufer des Sees erblicken. Dasselbe krümmte sich derartig, daß es in einen sehr stumpfen Winkel gegen 2° 40′ nördl. Br. auslief. Hohe Berge erhoben ihre dürren Gipfel an diesem Ende des Nyanza; aber zwischen ihnen, in einem tief ausgehöhlten Schlunde, brach ein siedender Fluß sich Bahn.

Während Doctor Fergusson mit der Handhabung seines Luftschiffes beschäftigt war, ließ er seine Blicke begierig über das Land schweifen.

»Seht! rief er, seht, meine Freunde! die Erzählungen der Araber waren genau! Sie sprachen von einem Flusse, in welchen der Ukerewe-See sich nach Norden zu ergösse: dieser Fluß existiert, wir fahren ihn hinunter, er fließt mit einer Geschwindigkeit, die sich mit unsrer eigenen Schnelligkeit vergleichen läßt; und dieser Wassertropfen, welcher zu unsern Füßen verrinnt, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach mit den Fluthen des Mittelmeers vereinigen! Es ist der Nil!

– Es ist der Nil! wiederholte Kennedy, der sich von der Begeisterung Samuel Fergusson’s fortreißen ließ.

– Es lebe der Nil!« sagte Joe, der gern ein Vivat ausbrachte, wenn er freudig gestimmt war.

Ungeheure Felsen hemmten hie und da den Lauf dieses geheimnißvollen Flusses: das Wasser schäumte, es bildeten sich Stromschnellen und Katarakte, welche den Doctor in seiner Ansicht, daß hier die Quelle des Nils zu suchen sei, bestärkten. Von den umliegenden Bergen ergossen sich zahlreiche, bei ihrem Falle wild schäumende Bäche. Man sah aus dem Boden vereinzelte, dünne Wasserstrahlen hervorsprudeln, die sich kreuzten, in einander flossen, an Schnelligkeit wetteiferten, und sämmtlich dem werdenden Flusse zueilten, welcher, nachdem er sie aufgenommen, zum Strome wird.

»Es ist der Nil! wiederholte der Doctor mit voller Ueberzeugung. Der Ursprung seines Namens hat die Gelehrten, ebenso wie der Ursprung seiner Gewässer, leidenschaftlich erhitzt. Man hat ihn aus dem Griechischen, dem Koptischen, dem Sanskrit abgeleitet; übrigens kommt nichts darauf an, da er endlich doch das Geheimniß seiner Quellen hat offenbaren müssen.

– Aber, sagte der Jäger, wie kann man darüber in’s Klare kommen, daß dieser Fluß derselbe ist, welchen die Reisenden des Nordens erforscht haben?

– Wir werden sichere, unwiderlegliche, unfehlbare Beweise davon erhalten, antwortete Fergusson, wenn der Wind uns noch eine Stunde begünstigt.«

Die Berge trennten sich und machten zahlreichen Dörfern Platz, die von Sesam-, Durrah- und Zuckerrohrfeldern umgeben waren. Die Stämme dieser Gegenden zeigten sich aufgeregt und feindlich: sie schienen mehr zum Zorne als zur Anbetung geneigt zu sein und witterten Fremde, aber keine Götter; es schien, als ob sie die Erforschung der Nilquellen als einen an ihnen begangenen Raub betrachteten. Der Victoria mußte sich außer Schußweite ihrer Musketen halten.

»Es wird uns schwer fallen, hier zu ankern, sagte der Schotte.

– Nun, erwiderte Joe. Um so schlimmer für diese Eingeborenen. Wir werden sie des Reizes unserer Unterhaltung berauben.

– Ich muß dennoch aussteigen, entgegnete der Doctor Fergusson; und wäre es nur auf eine Viertelstunde. Sonst kann ich die Resultate unserer Entdeckungen nicht feststellen.

– Es ist also unerläßlich, Samuel?

– Allerdings; und wir werden aussteigen, selbst wenn wir uns unserer Feuerwaffen bedienen müßten.

– Mir ganz Recht, antwortete Kennedy mit einem zärtlichen Blick auf seine Büchse.

– Es wäre nicht das erste Mal, daß man mit den Waffen in der Hand der Wissenschaft seine Dienste leiht, hob der Doctor hervor; etwas Aehnliches ist einem französischen Gelehrten in den spanischen Gebirgen begegnet, als er mit der Messung des Erdmeridians beschäftigt war.

– Sei unbesorgt, Samuel, und verlaß Dich auf Deine beiden Leibwächter.

– Sind wir so weit, Herr Doctor?

– Noch nicht; wir werden sogar noch höher steigen, um die genaue Gestaltung des Landes uns zu veranschaulichen.«

Das Wasserstoffgas dehnte sich aus, und in weniger als zehn Minuten schwebte der Victoria in einer Höhe von zweitausend fünfhundert Fuß über dem Boden. Von dort konnte man ein unentwirrbares Netz von Flüssen wahrnehmen, welche der Strom in sein Bett aufnahm. Es rannen noch mehrere Bäche von Westen zwischen den zahlreichen Hügeln inmitten fruchtbarer Felder herbei.

»Wir sind keine neunzig Meilen von Gondokoro entfernt, sagte der Doctor, das Besteck auf der Karte machend; und weniger als fünf Meilen von dem Punkte, der von den aus Norden gekommenen Entdeckungsreisenden erreicht worden ist. Wir wollen uns nun vorsichtig der Erde nähern.«

Der Victoria senkte sich mehr als zweitausend Fuß.

»Jetzt, meine Freunde, seid auf Alles gefaßt.

– Wir sind bereit, antworteten Dick und Joe.

– Gut!«

Der Victoria flog bald längs des Strombettes kaum hundert Fuß von der Erde dahin. Der Nil maß an dieser Stelle fünfzig Toisen, und die Eingeborenen befanden sich in den Dörfern, welche an seinen Ufern lagen, in lärmender Bewegung. Unter dem zweiten Grade bildet er einen jähen Sturz, der eine Höhe von ungefähr zehn Fuß hat und folglich unpassirbar ist.

»Das ist der von Herrn Debono bezeichnete Wasserfall,« rief der Doctor.

Das Flußbecken erweiterte sich und war mit zahlreichen Inseln übersäet, von denen Samuel Fergusson kein Auge abwandte. Er schien einen Landungsplatz zu suchen, den er noch nicht entdecken konnte.

Einige Neger, welche in einem Kahn unter dem Ballon gefahren waren, begrüßte Kennedy mit einem Flintenschuß, welcher, ohne zu treffen, sie dazu veranlaßte, so schnell wie möglich wieder an’s Ufer zu rudern.

»Glückliche Reise! rief ihnen Joe nach. An ihrer Stelle würde ich das Wiederkommen bleiben lassen und die Nähe eines solchen Ungeheuers, das nach Belieben Blitze schleudert, vermeiden.«

Plötzlich griff Fergusson nach seinem Fernrohr und richtete es auf eine mitten im Strom gelegene Insel.

»Vier Bäume! rief er; seht dort unten!«

Wirklich waren vier einzelne Bäume sichtbar.

»Das ist die Insel Benga! Ohne allen Zweifel! setzte er hinzu.

– Nun, was weiter? fragte Dick.

– Dort werden wir aussteigen, so Gott will.

– Aber sie scheint bewohnt, Herr Samuel!

– Joe hat Recht; wenn ich mich nicht täusche sehe ich einen Haufen von etwa zwanzig Eingeborenen.

– Wir werden sie in die Flucht jagen; das wird nicht schwer halten, antwortete Fergusson.

– Drauf und dran!« entgegnete der Jäger.

Die Sonne stand im Zenith. Der Victoria näherte sich der Insel.

Die Neger, welche dem Stamme Makado angehörten, stießen ein kräftiges Geschrei aus; einer von ihnen schwang seinen Borkenhut in der Luft. Kennedy zielte auf denselben, gab Feuer, und der Hut flog in Stücke.

Das war das Signal zu einer allgemeinen Flucht; die Eingeborenen stürzten sich in den Strom und durchschwammen ihn; von beiden Ufern kam ein Hagel von Kugeln, eine Wolke von Pfeilen, aber ohne Gefahr für das Luftschiff, dessen Anker sich in eine Felsspalte eingelassen hatte. Joe glitt auf die Erde herab.

»Die Leiter! rief der Doctor. Folge mir, Kennedy!

– Was willst Du thun?

– Wir wollen aussteigen; ich brauche einen Zeugen.

– Ich bin bereit.

– Joe, halte Du Wache!

– Sein Sie ohne Sorge, Herr; ich stehe für Alles.

– Komm, Dick,« sagte der Doctor, als er den Fuß auf festen Boden setzte.

Er zog seinen Gefährten nach einer Felsgruppe, welche sich an einem Ausläufer der Insel erhob; dort suchte er einige Zeit, spürte in den Gebüschen umher und riß sich dabei die Hände blutig.

Plötzlich ergriff er den Jäger lebhaft am Arme.

»Sieh dorthin! sagte er.

– Buchstaben!« rief Kennedy.

Wirklich erschienen zwei in den Fels eingegrabene Buchstaben in ihrer vollen Klarheit; man las deutlich: A. D.

»A. D., versetzte der Doctor Fergusson, Andrea Debono! Der Namenszug des Reisenden, welcher den Lauf des Nils am weitesten aufwärts verfolgt hat!

– Das ist unwiderleglich, Freund Samuel!

– Bist Du jetzt überzeugt?

– Es ist der Nil! Wir können nicht mehr daran zweifeln!«

Der Doctor blickte noch einmal auf diese kostbaren Initialen und zeichnete genau ihre Form und Größe ab.

»Und jetzt zum Ballon zurück! sagte er.

– Schnell also; denn dort sind mehrere Eingeborene, die wieder über den Fluß kommen wollen.

– Das kümmert uns jetzt wenig; wenn der Wind uns einige Stunden lang nach Norden treibt, werden wir Gondokoro erreichen und unsern Landsleuten die Hand drücken.«

Zehn Minuten darauf stieg der Victoria majestätisch empor, während Doctor Fergusson als Zeichen des errungenen Erfolges die Flagge mit dem englischen Wappen entfaltete.

Neunzehntes Capitel

Neunzehntes Capitel

Der Nil. – Der Zitterberg. – Erinnerungszeichen an das Land. – Die Erzählungen der Araber. – Die Nyam-Nyam. – Verständige Gedanken Joe’s. – Der Victoria lavirt. – Luftschifffahrten. – Madame Blanchard.

»Wohinaus steuern wir? fragte Kennedy, als er sah, wie sein Freund den Compaß zu Rathe zog.

– Nach Nord-Nordwest.

– Aber zum Teufel! Das ist nicht Norden!

– Nein, Dick; und ich glaube, daß wir schwerlich Gondokoro erreichen werden; ich bedauere es, aber schließlich haben wir die Forschungen des Ostens mit denen des Nordens verknüpft; da darf man sich nicht beklagen.«

Der Victoria entfernte sich allmälig vom Nil.

»Ein letzter Blick, sagte der Doctor, auf diesen noch unüberschrittenen Breitegrad, über den die unerschrockensten Reisenden nicht haben hinauskommen können. Das sind sicher die unzugänglichen Stämme, von denen die Herren Petherick, D’Arnaud, Miani sprechen; ebenso wie der junge Reisende Herr Lejean, dem wir die besten Arbeiten über den obern Lauf des Nil verdanken.

– So stimmen unsere Entdeckungen mit den Vermuthungen und Hypothesen der Wissenschaft überein? fragte Kennedy.

– Vollständig. Die Quellen des Weißen Flusses, des Bahr-el-Abiad sind in einem See, der die Größe eines Meeres hat, verborgen: dort hat er seinen Ursprung; die Poesie wird freilich dabei verlieren, man dachte sich für diesen König der Ströme gern eine himmlische Abkunft. Die Alten benannten ihn mit dem Namen Ocean, und man war geneigt zu glauben, daß er direct von der Sonne herkäme! Aber man muß ab und zu etwas von solchem Glauben aufgeben und das annehmen, was die Wissenschaft uns lehrt. Es wird vielleicht nicht immer Gelehrte, immer aber Dichter geben!

– Man bemerkt wieder Katarakte, äußerte Joe.

– Die Katarakte von Makado, auf drei Breitegraden; es stimmt ganz genau! Ach, warum haben wir nicht dem Laufe des Nils einige Stunden weit folgen können!

– Und da unten vor uns, sagte der Jäger, bemerke ich den Gipfel eines Berges.

– Das ist der Logwek, der Zitterberg der Araber; diese ganze Gegend ist von Herrn Debono besucht worden, der sie unter dem Namen Latif Effendi durchreiste. Die dem Nil anwohnenden Stämme sind unter einander verfeindet und führen einen gegenseitigen Vertilgungskrieg. Ihr könnt Euch leicht die Gefahren vorstellen, denen er hat Trotz bieten müssen.«

Der Wind trug nun den Victoria nach Nordwesten. Um den Berg Logwek zu vermeiden, mußte man eine niedrigere Strömung suchen.

»Meine Freunde, sagte der Doctor zu seinen beiden Begleitern, jetzt erst fangen wir wirklich unsere Entdeckungsreise in Afrika an. Bis hierher sind wir hauptsächlich den Spuren unserer Vorgänger gefolgt. Wir werden uns nunmehr in eine unbekannte Welt begeben. Wird uns der Muth nicht im Stich lassen?

– Niemals! riefen einstimmig Dick und Joe.

– Auf den Weg denn, und der Himmel beschütze uns!«

Um zehn Uhr Abends gelangten die Reisenden über Schluchten, Wälder und zerstreute Dörfer hinweg zum Zitterberge, an dessen sanft abfallenden Abhängen sie hinstreiften.

An diesem denkwürdigen Tage, dem dreiundzwanzigsten April, hatten sie während einer fünfzehnstündigen Reise, von einem raschen Winde getrieben, eine Entfernung von über dreihundert und fünfzehn Meilen zurückgelegt.

Aber dieser letzte Theil der Reise hatte ihnen einen traurigen Eindruck hinterlassen. Vollständiges Schweigen herrschte in der Gondel. War Doctor Fergusson einzig und allein mit seinen Entdeckungen beschäftigt? Dachten seine beiden Gefährten an die ihnen bevorstehende Fahrt mitten durch unbekannte Landstriche? In all‘ das mischten sich ohne Zweifel Erinnerungen an England und die entfernten Freunde. Joe zeigte dabei seine gewohnte Philosophie der Sorglosigkeit, die es ganz natürlich fand, daß das Vaterland nicht überall mit ihm herumziehen konnte; aber er achtete das Schweigen Samuel Fergusson’s und Dick Kennedy’s.

Um zehn Uhr Abends legte sich der Victoria auf der andern Seite des Zitterberges [Fußnote] vor Anker; man nahm ein substantielles Mahl ein, und Alle schliefen nacheinander, sich in der Wache ablösend.

Am folgenden Morgen sah man wieder fröhlichere Gesichter; es hatte sich prächtiges Wetter und ein günstiger Wind eingestellt, und ein durch die Scherze des muntern Joe gewürztes Frühstück brachte vollends die gute Laune der kleinen Gesellschaft zurück.

Das Land, welches man gegenwärtig zu durchreisen hatte, ist ein unermeßlich großes; es grenzt an die Mondberge und die Gebirge von Darfur; es mag an Ausdehnung etwa Europa zu vergleichen sein.

»Wir durchreisen jetzt jedenfalls das sogenannte Land Usoga, saqte der Doctor; Geographen haben behauptet, daß sich im Mittelpunkte von Afrika eine tiefe Senkung, ein ungeheurer Binnensee befände. Wir werden sehen, ob diese Annahme irgendwie begründet ist.

– Aber wie ist man zu dieser Voraussetzung gelangt? fragte Kennedy.

– Durch die Berichte der Araber; diese Leute erzählen gern, vielleicht zu gern. Einige in Kaseh oder an den großen Seen angekommene Reisende haben Sclaven gesehen, welche von dem Innern des Landes hergekommen waren, und dieselben über ihr Land ausgefragt, diese verschiedenen Mittheilungen dann mit einander verschmolzen, und daraus Systeme abgeleitet. Alledem liegt immer etwas Wahres zu Grunde und, wie Du siehst, hat man sich z. B. über den Ursprung des Nil nicht getäuscht.

– Ganz richtig! stimmte Kennedy bei.

– Auf diese Mittheilungen hin hat man Karten zu zeichnen versucht, und meine Absicht ist, unsern Weg auf einer derselben zu verfolgen, und sie erforderlichen Falls zu verbessern.

– Ist dieses weite Land bewohnt? erkundigte sich Joe.

– Allerdings, aber nur spärlich.

– Das habe ich mir gedacht.

– Diese zerstreuten Volksstämme begreift man unter der allgemeinen Bezeichnung Nyam-Nyam: der Name ist nur eine Onomatopöe; er giebt das Geräusch des Kauens wieder.

– Ausgezeichnet! rief Joe, Nyam! Nyam!

– Mein alter Junge, wenn Du die unmittelbare Ursache dieser Onomatopöe wärest, würdest Du das nicht ausgezeichnet finden.

– Was meinen Sie damit, Herr?

– Daß diese Völkerschaften Menschenfresser sind.

– Ist das wirklich wahr?

– Freilich; man hat auch behauptet, daß diese Eingeborenen wie gewöhnliche Vierfüßler mit einem Schwanze versehen seien; aber bald hat man erkannt, daß dieser Appendix nur den Thierfellen, mit denen sie bekleidet sind, angehört.

– Um so schlimmer für sie; ein Schwanz müßte in diesen Gegenden sehr angenehm sein, um die Moskitos zu verjagen.

– Wohl möglich, Joe; aber es ist das in’s Bereich der Fabel zu verweisen, wie auch die Hundsköpfe, welche der Reisende Brun-Rollet gewissen Völkerschaften beilegte.

– Hundsköpfe? sehr bequem zum Bellen und äußerst brauchbar für Menschenfresser!

– Was leider auf Wahrheit beruht, ist die Wildheit dieser nach Menschenfleisch lechzenden Völker.

– Ich wünsche nur, daß ich ihnen nicht zu viel Appetit einflöße, versetzte Joe.

– Da haben wir’s, sagte der Jäger.

– Meine Meinung ist die, Herr Dick: Wenn ich einmal gefressen werden muß, so soll es zu Ihrem Nutzen und zum Vortheil meines Herrn sein. Aber diesen Mohren zur Nahrung dienen! Pfui, ich würde mich zu Tode schämen!

– Recht so, mein braver Joe, meinte Kennedy; das nenne ich doch noch ein Wort! wir werden Dich bei Gelegenheit berücksichtigen.

– Stehe immer zu Diensten, meine Herren!

– Joe spricht nur so, bemerkte der Doctor, damit wir ihn gut füttern und recht fett machen sollen.

– Wer weiß? antwortete Joe; der Mensch ist nun einmal so egoistisch!«

Am Nachmittag bedeckte sich der Himmel mit einem heißen Nebel, der aus dem Boden empordampfte. Der umdüsterte Himmel gestattete kaum, die Gegenstände auf der Erde zu unterscheiden, und so gab der Doctor, aus Furcht an eine Felsspitze zu stoßen, um fünf Uhr das Haltesignal.

Die Nacht verging ohne Unfall, aber man hatte bei der tiefen Dunkelheit seine Wachsamkeit verdoppeln müssen.

Der Monsun wehte am andern Morgen mit außerordentlicher Heftigkeit; der Wind verfing sich in den untern Höhlungen des Ballons und schüttelte heftig den Kasten, durch welchen die Ausdehnungs-Röhren sich hinzogen. Man mußte sie mit Seilen befestigen, ein Geschäft, das Joe mit großer Geschicklichkeit ausführte.

Er constatirte zugleich, daß die Mündung des Luftschiffes noch immer hermetisch verschlossen war.

»Es hat das eine doppelte Bedeutung für uns, sagte Doctor Fergusson; zunächst vermeiden wir den Verlust des für uns sehr kostbaren Gases, und dann lassen wir in unserer Umgebung keinen entzündbaren Streifen zurück, der am Ende gar in Flammen gerathen könnte.

– Das wäre ein ärgerlicher Zwischenfall für unsere Reise.

– Würden wir zur Erde herabstürzen? fragte Dick

– Stürzen? nein! das Gas würde ruhig verbrennen und wir nach und nach zur Erde niedersteigen. Ein ähnlicher Unfall ist der französischen Luftschifferin Madame Blanchard, begegnet. Beim Abbrennen eines Feuerwerks entzündete sich ihr Ballon, aber sie fiel nicht, und würde ohne Zweifel mit dem Leben davongekommen sein, wenn ihre Gondel nicht an einen Schornstein gestoßen wäre, von welchem herunter sie zur Erde stürzte.

– Hoffen wir, daß uns nichts Aehnliches treffen wird, versetzte der Jäger; bis jetzt scheint mir unsere Fahrt nicht gefährlich. Ich sehe keinen Grund, der uns hindern könnte, an unserm Ziel anzukommen.

– Ich auch nicht, lieber Dick; übrigens sind die Unfälle auf Luftreisen immer durch Unvorsichtigkeit, oder den mangelhaften Bau der Apparate verursacht worden. Indessen zählt man auf mehrere tausend Ballonexpeditionen nicht zwanzig Unfälle, die den Tod zur Folge gehabt hätten. Im Allgemeinen bieten die Abfahrten und Landungen die meisten Gefahren. So dürfen wir in solchem Falle keine Vorsichtsmaßregel außer Augen lassen.

– Es ist Frühstückszeit, meldete Joe; wir müssen schon mit Kaffee und conservirtem Fleisch vorliebnehmen, bis Herr Kennedy Gelegenheit gefunden hat, uns mit einem guten Stück Wildbret zu versorgen.«

Zweites Capitel

Zweites Capitel

Ein Artikel des »Daily Telegraph«. – Gelehrter Federkrieg. – Herr Petermann unterstützt seinen Freund, den Doctor Fergusson. – Antwort des Gelehrten Koner. – Abschluß von Wetten. – Dem Doctor werden verschiedene Vorschläge gemacht.

Am folgenden Tage veröffentlichte der »Daily Telegraph« in seiner Nummer vom 15. Januar einen also lautenden Artikel: »Das Geheimniß der ungeheuren afrikanischen Einöden wird endlich offenbart werden; ein moderner Oedipus wird uns die Lösung dieses Räthsels bringen, das die Gelehrten von sechs Jahrtausenden nicht zu entziffern vermochten. Ehedem wurde eine Aufsuchung der Nilquellen, fontes Nili quaerere, als ein wahnsinniges Beginnen, ein nicht zu verwirklichendes Hirngespinst betrachtet.

»Indem der Doctor Barth die von Denham und Clapperton vorgezeichnete Straße bis Sudan verfolgte, Doctor Livingstone seine unerschrockenen Nachforschungen von dem Cap der guten Hoffnung bis zu dem Flußbecken des Zambesi ununterbrochen betrieb, die Kapitäne Burton und Speke die großen Binnenseen entdeckten, haben sie der modernen Civilisation drei Bahnen geöffnet; der Durchschnittspunkt, nach dem noch kein Reisender hat gelangen können, ist das eigentliche Herz Afrika’s; darauf hin müssen sich nunmehr alle Anstrengungen richten.

Jetzt aber werden die Arbeiten dieser unerschrockenen Pioniere der Wissenschaft durch den kühnen Versuch des Doctor Samuel Fergusson untereinander verknüpft werden.

Dieser verwegene Entdecker, dessen so herrliche Forschungen unsere Leser so oft mit Interesse verfolgt haben, hat sich vorgenommen, über ganz Afrika von Osten bis Westen in einem Ballon hinwegzufahren. Sind wir recht unterrichtet, so würde der Ausgangspunkt dieser wunderbaren Reise die Insel Zanzibar an der Ostküste sein. Was ihren beabsichtigten Endpunkt anbetrifft, so ist die Kenntniß desselben allein der Vorsehung vorbehalten.

Der Vorschlag zu dieser wissenschaftlichen Forschungsreise ist gestern officiell der Königlich Geographischen Gesellschaft gemacht worden, und eine Summe von zweitausend fünfhundert Pfund von derselben ausgeworfen, um die Kosten des Unternehmens zu decken.

Wir werden unsere Leser beständig in Kenntniß über den Verlauf dieser staunenswerthen Entdeckungsreise halten, von der sich in den Annalen der Geographie kein Präcedenzfall vorfindet.«

Wie man sich denken kann, machte dieser Artikel ein ungeheures Aufsehen; zuerst stieß er auf allgemeinen Unglauben; der Doctor Fergusson galt bei vielen für ein in der Idee existirendes, nur fingirtes Wesen von der Erfindung des Herrn Barnum, der, nachdem er in den Vereinigten Staaten gearbeitet hatte, sich nunmehr anschickte, die britischen Inseln zu »machen«.

Eine scherzhafte Antwort erschien in Genf in der Februar-Nummer der Bulletins de la Société Géographique; dieselbe verspottete in geistreicher Weise die Königlich Geographische Gesellschaft zu London, den Traveller’s-Club und den riesigen Stör.

Aber Herr Petermann brachte die Genfer Zeitschrift in seinen zu Gotha veröffentlichten »Mittheilungen« gründlich zum Schweigen, denn er kannte den Doctor Fergusson persönlich und leistete für die Unerschrockenheit seines kühnen Freundes Gewähr.

Bald mußten übrigens alle Zweifel verstummen; die Vorbereitungen zu der Reise gingen in London vor sich; Lyoner Fabriken hatten bedeutende Taffetbestellungen für den Bau des Luftschiffes erhalten, und endlich stellte die Regierung von Groß-Britannien das Transportschiff »The Resolute«, Kapitän Pennet, dem Doctor zur Verfügung.

Alsbald ließen sich von vielen Seiten Aeußerungen der Ermuthigung vernehmen, und tausend Glückwünsche wurden laut. Die Einzelheiten der projectirten Reise wurden des Langen und Breiten in den »Bulletins de la société géographique« zu Paris besprochen, und ein interessanter Artikel über diesen Gegenstand in den »Nouvelles Annales des voyages, de la géographie, de l’histoire et de l’archéologie de M. V. – A. Malte-Brun« abgedruckt. Eine äußerst sorgfältige Arbeit des Doctor W. Koner, die in der »Zeitschrift für allgemeine Erdkunde« veröffentlicht wurde, wies siegreich die Möglichkeit der Reise, ihre Aussichten auf Erfolg, die Natur der Hindernisse, und die unermeßlichen Vortheile der Beförderungsweise auf dem Luftwege nach; er tadelte nur den Anfangspunkt und gab Massauah, einem kleinen Hafenorte Abessyniens, den Vorzug, von welchem aus James Bruce im Jahre 1768 zu der Erforschung der Nilquellen ausgezogen war. Übrigens bewunderte er rückhaltlos den energischen Geist des Doctor Fergusson und das mit dreifachem Erz umschlossene Herz, welches den Plan zu einer solchen Reise entwerfen und sie zur Ausführung bringen konnte.

Die »North American Review« sah nicht ohne Mißvergnügen einen solchen Ruhm England vorbehalten, nahm den Vorschlag des Doctors von einer scherzhaften Seite, und lud ihn ein, da er dann einmal auf dem Wege sei, gleich weiter bis nach Amerika zu fahren.

Kurz, ohne die Zeitschriften der ganzen Welt aufzählen zu wollen, können wir versichern, daß es vom »Journal des missions évangéliques« bis auf die »Revue Algérienne et coloniale«, von den »Annales de la propagation de la foi« bis auf den »Church missionary intelligencer« keine wissenschaftliche Zeitschrift gab, welche diese Thatsache nicht in allen Variationen berichtet hätte.

Beträchtliche Wetten wurden in London wie in ganz England eingegangen, 1. über die wirkliche oder nur vermuthete Existenz des Doctor Fergusson; 2. über die Reise selbst, die nach der Behauptung der Einen nicht angetreten, nach der Meinung der Andern unternommen werden würde; 3. über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer Rückkehr des Doctor Fergusson.

Man trug bedeutendere Summen in das Wettbuch ein, als wenn es sich um ein Epsom-Rennen gehandelt hätte.

So waren die Augen von Gläubigen und Ungläubigen, von Unwissenden und Gelehrten auf den Doctor gerichtet, und er wurde der Löwe des Tages, ohne eine Ahnung davon zu haben, daß er eine Mähne trüge. Er gab bereitwillig Auskunft über die Expedition, denn er war der natürlichste und zugänglichste Mensch von der Welt. Mehr als ein kühner Abenteurer bot sich an, den Ruhm und die Gefahren seines Versuchs zu theilen, aber Fergusson wies alle solche Anerbietungen ab, ohne die Gründe hiezu anzugeben.

Außerdem stellten sich eine Menge Erfinder von allerhand Mechanismen bei ihm ein, um ihr System für die Direction des Ballons zu empfehlen; er ließ sich jedoch auf nichts ein, und wenn man ihn fragte, ob er selbst in dieser Beziehung etwas entdeckt habe, weigerte er sich hartnäckig, eine bestimmte Erklärung abzugeben, und beschäftigte sich eifriger als je mit den Vorbereitungen zu seiner Reise.

Zwanzigstes Capitel

Zwanzigstes Capitel

Die himmlische Flasche. – Die Feigen-Palmbäume. – Die »mammouth trees.« – Der Kriegsbaum. – Das geflügelte Gespann. – Kämpfe zweier Völkerstämme. – Blutbad. – Göttliche Dazwischenkunft.

Der Wind wurde heftig und unregelmäßig, und der Victoria lavirte förmlich in der Luft. Bald nach Norden, bald nach Süden geworfen, konnte er keine beständige Luftströmung antreffen.

»Wir fahren sehr rasch, ohne eigentlich vorwärts zu kommen, sagte Kennedy, als er die häufigen Schwankungen der Magnetnadel bemerkte.

– Der Victoria zieht mit einer Schnelligkeit von mindestens achtzehn Meilen auf die Stunde,« erwiderte Samuel Fergusson. Blickt herab und überzeugt euch, wie schnell das Feld zu unsern Füßen verschwindet. Dieser Wald sieht aus, als wollte er sich auf uns losstürzen!

– Aus dem Walde ist schon eine Lichtung geworden, bemerkte der Jäger.

– Und aus der Lichtung ein Dorf, setzte Joe einige Augenblicke später hinzu; ich glaube einige erstaunte Negergesichter zu erkennen!

– Das ist ganz natürlich, erklärte der Doctor. Die französischen Bauern haben beim ersten Erscheinen der Ballons auf dieselben geschossen, weil sie sie für Ungeheuer der Lüfte hielten. Ein Sudanischer Neger hat also wohl ein Recht, die Augen weit aufzureißen.

– Ich möchte mir wohl einen Spaß mit ihnen machen, sagte Joe, während der Victoria hundert Fuß hoch über einem Dorfe hinstreifte. Mit Ihrer Erlaubniß, Herr Doctor, will ich den Kerlen eine leere Flasche hinwerfen; wenn sie heil unten ankommt, werden sie sie anbeten; zerbricht sie, so werden sie sich Amulette aus den Stücken machen!«

Und mit diesen Worten schleuderte er eine Flasche hinab, die alsbald in tausend Stücke zerschellte, während die Eingeborenen ein lautes Geschrei ausstießen und in ihre runden Hütten stürzten.

Als man ein wenig weiter gekommen war, rief Kennedy:

»Seht doch diesen sonderbaren Baum an; er ist oben vollständig anders wie unten.

– Ach, meinte Joe, in diesem Lande wächst ein Baum auf dem andern!

– Es ist ganz einfach ein Feigenbaumstamm, erklärte der Doctor, auf welchem sich ein wenig fruchtbare Erde festgesetzt hat. Durch den Wind ist eines schönen Tages Saat von einem Palmbaum darauf geweht, und der Palmbaum wie auf offenem Felde emporgeschossen.

– Eine herrliche Mode, die ich in England einführen werde, rief Joe. Es wird sich in den Londoner Parks gut ausnehmen, ganz abgesehen davon, daß es ein vorzügliches Mittel ist, die Obstbäume zu vervielfältigen. Man würde Gärten in der Höhe bekommen, und alle kleinen Besitzer dürften das sehr wohl zu würdigen wissen.«

In diesem Augenblick mußte man den Victoria steigen lassen, um einen Wald von über dreihundert Fuß hohen Bäumen, einer Art hundertjähriger Bananen, zu überschreiten.

»Herrliche Bäume! rief Kennedy aus, ich kenne nichts so Schönes, als den Anblick dieser ehrwürdigen Wälder. Sieh doch, Samuel!

– Die Höhe dieser Bananen ist wirklich wunderbar, lieber Dick, und doch würde sie in den Wäldern der neuen Welt nichts Erstaunliches haben.

– Wie, es giebt noch höhere Bäume?

– Ganz gewiß, und zwar unter denen, welche mir die »mammouth trees« nennen. So hat man in Californien eine vierhundertundfünfzig Fuß hohe Ceder gefunden, eine Höhe, welche den Thurm des Parlamentsgebäudes und selbst die große ägyptische Pyramide überragt. Der untere Stamm des Baumes hatte hundertundzwanzig Fuß im Umkreise, und nach den concentrischen Ringen seines Holzes fristete er eine mehr als viertausendjährige Existenz.

– Nun, Herr Doctor, dann finde ich seine Dicke sehr natürlich; wenn man viertausend Jahre lebt, hat man Zeit genug, sich eine gute Figur zuzulegen!«

Aber während der Erklärung des Doctors und Joe’s Erwiderung war der Wald bereits einer großen Vereinigung von Hütten gewichen, welche kreisförmig um einen Platz gebaut waren. In der Mitte desselben wuchs ein einzelnstehender Baum, bei dessen Anblick Joe in Ekstase ausrief:

»Nun, wenn der da seit viertausend Jahren solche Blüthen trägt, so mache ich ihm nicht mein Compliment dafür.«

Und er wies auf eine riesenhafte Sykomore, deren Stamm fast gänzlich unter einem Haufen menschlicher Gebeine verschwand. Die Blüthen, von denen Joe sprach, waren frisch abgeschnittene, mit Dolchen in der Rinde befestigte Menschenköpfe.

»Der Kriegsbaum der Kannibalen! sagte der Doctor. Die Indianer nehmen nur die Schädelhaut, die Afrikaner aber den ganzen Kopf.

– Modesache!« bemerkte Joe.

Aber schon verschwand das Dorf mit den blutigen Köpfen am Horizont; ein anderes, etwas weiter hin, bot ein nicht minder widerliches Schauspiel dar; halbverzehrte Leichname, vermodernde Skelette, hier und da zerstreute menschliche Gliedmaßen waren den Hyänen und Schakalen zum Fraß gelassen.

»Dies sind jedenfalls die Körper der Verbrecher; man giebt sie, wie in Abessynien, den wilden Thieren preis, die ihre Opfer in aller Gemüthsruhe verschlingen, nachdem sie ihnen mit einem einzigen Biß in die Kehle den Garaus gemacht haben.

– Das ist nicht viel grausamer, als der Galgen, äußerte der Schotte, es ist schmutziger, das ist der ganze Unterschied.

– In den Gegenden des südlichen Afrika’s, versetzte der Doctor, begnügt man sich damit, den Verbrecher mit seinen Thieren und, unter Umständen, seiner Familie in der eigenen Hütte einzuschließen. Man zündet dann diese an, und Alles verbrennt zu gleicher Zeit. Ich nenne das Grausamkeit, räume jedoch mit Kennedy ein, daß der Galgen, wenn auch weniger grausam, doch ebenso barbarisch ist.«

Joe signalisirte jetzt einige Schwärme fleischfressender Vögel, die er mit seinem scharfen Auge am fernen Horizont bemerkte:

»Es sind Adler, rief Kennedy aus, nachdem er sie mit dem Fernglase recognoscirt hatte, prächtige Vögel, deren schneller Flug dem unsrigen gleichkommt.

– Der Himmel schütze uns vor ihren Angriffen, sagte der Doctor, wir haben sie mehr zu fürchten, als die wilden Thiere und Völkerstämme.

– Pah! höhnte der Jäger, ich würde sie bald mit Flintenschüssen verjagen.

– Bei allem Vertrauen auf Deine Geschicklichkeit, möchte ich sie in diesem Falle doch lieber nicht in Anspruch nehmen, lieber Dick; der Taffet unsers Ballons würde gegen einen ihrer Schnäbelhiebe nicht Stand halten. Doch hoffentlich werden diese furchtbaren Vögel von unserer Maschine mehr erschreckt als angezogen werden.

– Ach, mir kommt ein Gedanke, sagte Joe, sie wachsen mir heute zu Dutzenden im Gehirn: Wenn wir ein Gespann lebender Vögel einfingen, könnten wir sie an unsere Gondel ketten, und sie würden uns durch die Lüfte ziehen!

– Man hat dies Mittel im Ernste vorgeschlagen, entgegnete Fergusson, aber ich halte es für wenig zweckentsprechend, da diese Vögel ihrer Natur nach so störrig sind.

– Man könnte sie abrichten, schlug Joe vor; anstatt mit einem Gebiß würde man sie mit Scheuklappen versehen, welche ihnen das Gesicht beschränken. Einäugig, würden sie nach rechts oder links abweichen, und blind, überhaupt nicht von der Stelle zu bringen sein.

– Erlaube, daß ich einen günstigen Wind Deinem Adlergespann vorziehe, mein guter Joe; das kostet weniger Futter und ist sicherer.«

Es war zwölf Uhr. Der Victoria hatte seit einiger Zeit seine Schnelligkeit gemäßigt; das Land ging nur noch im Schritt unter ihm her, es war nicht mehr auf der Flucht.

Plötzlich vernahmen die Reisenden ein lautes Schreien und Pfeifen, sie sahen hernieder und bemerkten in einer offenen Ebene ein Schauspiel, von dem sie aufs Tiefste ergriffen wurden.

Zwei Völkerschaften waren im erbittertsten Kampfe mit einander begriffen, und Wolken von Pfeilen flogen in der Luft hin und her. Die Kämpfenden, von wilder Mordlust entflammt, wurden von der Annäherung des Victoria nichts gewahr; es waren ihrer ungefähr dreihundert, die in einem verworrenen Handgemenge auf einander stießen. Die Meisten, vom Blut der Verwundeten, in dem sie sich wälzten, roth, gewährten einen scheußlichen Anblick.

Bei der Erscheinung des Luftschiffes hielt man betroffen einen Augenblick inne; das Geheul verdoppelte sich; einige Pfeile wurden nach der Gondel abgesandt, und einer derselben flog so weit, daß Joe ihn mit der Hand abfangen konnte.

»Steigen wir aus ihrem Bereich! rief der Doctor Fergusson. Keine Unvorsichtigkeit! Dergleichen Fährlichkeiten dürfen wir uns nicht aussetzen«

Das Gemetzel wurde auf beiden Seiten mit Streitäxten und Sagajen fortgesetzt; sobald ein Feind auf dem Boden lag, beeilte sich sein Gegner, ihm den Kopf abzuschneiden; die Frauen, welche mitten im Gewühl waren, sammelten die blutigen Köpfe, thürmten sie zu beiden Seiten des Schlachtfeldes auf, und oft schlugen sie sich, um diese scheußlichen Trophäen zu erobern.

»Eine entsetzliche Scene! rief Kennedy mit tiefem Abscheu.

– Es sind garstige Kerle! bemerkte Joe; wenn sie aber in einer Uniform steckten, würde man an ihnen wenig Besonderes finden.

– Ich fühle einen unwiderstehlichen Drang, in dem Kampfe zu interveniren, versetzte der Jäger, indem er seinen Carabiner zur Hand nahm.

– Nein, erklärte entschieden der Doctor; bekümmern wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten! weißt Du, wer hier Recht oder Unrecht hat, daß Du die Rolle der Vorsehung spielen willst? Laß uns sobald wie möglich vor diesem widerlichen Schauspiel fliehen! Wenn die großen Feldherrn so den Schauplatz ihrer Heldenthaten beherrschen könnten, würden sie schließlich vielleicht den Geschmack an Eroberungen und Blutvergießen verlieren!«

Der Anführer einer der wilden Parteien zeichnete sich durch einen athletischen Wuchs und eine herkulische Kraft aus. Mit einer Hand senkte er seine Lanze in die dichten Reihen der Feinde, und mit der andern vollführte er wuchtige Axtschläge. Jetzt eben warf er seine blutgeröthete Sagaje von sich, stürzte auf einen Verwundeten zu, dem er mit einem Schlage den Arm abhieb, nahm denselben in die Hand, und biß, ihn zum Munde führend, gierig hinein.

»Ha! rief Kennedy; die schauerliche Bestie! ich halte es nicht länger aus!«

Und der Krieger, von einer Kugel an der Stirn getroffen, fiel rücklings zu Boden.

Bei diesem plötzlichen Falle bemächtigte sich seiner Krieger Staunen und Entsetzen; der Muth ihrer Widersacher wurde von Neuem angefacht, und in wenigen Secunden war das Schlachtfeld von der Hälfte der Kämpfenden verlassen.

»Suchen wir mehr in der Höhe eine Strömung auf, die uns von dannen führt, sagte der Doctor; dieses Schauspiel ekelt mich an!«

Vor dem Abgange mußte er indessen noch mit ansehen, wie der siegreiche Stamm sich auf die Todten und Verwundeten warf, um das noch warme Fleisch miteinander raufte und sich gefräßig daran weidete.

»Puh! schüttelte sich Joe, das ist widerwärtig!«

Der Victoria erhob sich durch Ausdehnung des Gases, das Geheul der rasenden Horde verfolgte ihn noch einige Augenblicke, aber endlich entfernte er sich in der Richtung nach Süden von dieser Scene des Blutbades und Kannibalismus.

Das Terrain zeigte nunmehr mannigfache Unebenheiten und zahlreiche Wasserbäche, die nach Osten flossen; sie ergossen sich zweifellos in die Zuflüsse des Nu-Sees oder des Gazellenflusses, über welchen Herr Guillaume Lejean so merkwürdige Nachrichten verbreitet hat.

Bei Einbruch der Nacht warf der Victoria nach einer Fahrt von 150 Meilen Anker unter 27° L. und 4° 20′ nördl. Br.