Als sie allein waren, brach Aramis zuerst das Stillschweigen mit den Worten: Woran denkt Ihr, d’Artagnan, und welcher Gedanke macht Euch lächeln? – Ich denke, mein Lieber, daß Ihr Euch, solange Ihr Musketier waret, stets dem Abbé zuneigtet, und jetzt, da Ihr Abbé seid; Euch bedeutend dem Musketier zuzuneigen scheint. – Das ist wahr, sagte Aramis lachend. Der Mensch ist, wie Ihr wißt, ein seltsames Wesen und besteht ganz aus Kontrasten. Seitdem ich Abbé bin, denke ich nur an Schlachten. – Nun, mein lieber Aramis, Ihr fragtet mich, warum ich Euch aufgesucht habe? sagte d’Artagnan, den es drängte, zum Ziele zu kommen.– Nein, mein Lieber, ich fragte Euch nicht, sondern ich erwartete, daß Ihr es mir sagen würdet. – Wohl, ich suchte Euch auf, um Euch ganz einfach ein Mittel zu bieten, Herrn von Marsillac zu töten, wenn Ihr das wünscht, obgleich er ein Prinz ist. – Halt, halt, halt! sagte Aramis, das ist ein Gedanke. – Den ich Euch zu benutzen einlade, mein Lieber. Laßt hören, seid Ihr bei Eurer Pfründe von tausend Talern und bei den zwölftausend Livres, die Ihr Euch verdient, reich? Sprecht offenherzig. – Ich bin arm, wie Hiob, und wenn Ihr alle Taschen und Koffer durchwühlt, werdet Ihr, glaube ich, keine hundert Pistolen hier finden. – Pest! hundert Pistolen! sagte d’Artagnan ganz leise zu sich selbst. Er nennt das arm wie Hiob. Ich würde mich für so reich halten wie Krösus, wenn ich sie immer vor mir hätte. Dann ganz laut: Seid Ihr ehrgeizig? – Wie Enceladus. – Nun wohl, mein Freund, ich bringe Euch etwas, wodurch Ihr reich, mächtig werden und Euch die Freiheit verschaffen könnt, alles zu tun, was ihr wollt.
Ein Schatten zog über die Stirne von Aramis hin, so rasch wie die Wolke, die im August über den Getreidefeldern schwebt; aber so rasch er auch war, so entging er doch d’Artagnan nicht.
Sprecht, sagte Aramis. – Vorher noch eine Frage. Beschäftigt Ihr Euch mit Politik?
Ein Blitz zuckte aus Aramis‘ Augen, rasch wie der Schatten, der über seine Stirne gezogen war, aber nicht so rasch, daß d’Artagnan es nicht gesehen hätte.
Nein, antwortete Aramis. – Dann werden Euch alle Vorschläge genehm sein, da Ihr für den Augenblick keinen andern Herrn habt, als Gott, sagte lachend der Gascogner. – Das ist möglich. – Mein lieber Aramis, habt Ihr zuweilen an die schönen Tage unserer Jugend gedacht, die wir lachend, trinkend und uns schlagend zubrachten? – Ja, gewiß, ich habe sie mehr als einmal zurückgewünscht. Es war eine glückliche Zeit. – Ei, mein Lieber, diese schönen Tage können wiederkommen, diese glückliche Zeit kann zurückkehren. Ich habe den Auftrag erhalten, meine Kameraden aufzusuchen, und fing bei Euch an, der Ihr die Seele unserer Verbindung waret.
Aramis verbeugte sich mehr höflich, als freundlich.
Ich soll mich wieder in die Politik mengen? sprach er mit leiser Stimme und sich in seinen Stuhl zurücklehnend. Ah, lieber d’Artagnan, seht doch, wie regelmäßig und bequem ich lebe. Wir haben Undankbarkeit von den Großen erfahren, wie Ihr wißt. – Das ist wahr, erwiderte d’Artagnan; vielleicht bereuen die Großen ihren Undank. – In diesem Fall wäre es etwas anderes, sprach Aramis. Barmherzigkeit jedem Sünder. Überdies habt Ihr in einem Punkte recht; wenn uns die Lust erfaßte, uns in die Staatsangelegenheiten zu mischen, so wäre, glaube ich, der rechte Augenblick gekommen. – Woher wißt Ihr dies, da Ihr Euch nicht mit Politik beschäftigt? – Mein Gott, während ich mich mit Liebesgeschichten unterhielt, war ich mit einigen tätigen Freunden in Verbindung. So ist mir die politische Bewegung nicht ganz entgangen. – Ich vermutete es wohl, sagte d’Artagnan. – Übrigens, mein Lieber, nehmt das, was ich Euch sage, nur für Worte eines Klosterpfaffen, eines Mannes, der wie ein Echo spricht und nur wiederholt, was er hat sagen hören, versetzte Aramis. Ich habe nämlich gehört, der Kardinal Mazarin sei in diesem Augenblick sehr unruhig über den Gang der Dinge. Es scheint, man widmet seinen Befehlen nicht alle Achtung, die man einst für die Befehle unserer seligen Vogelscheuche hatte, deren Porträt Ihr hier seht; denn was man auch sagen mag, mein Lieber, man muß gestehen: Richelieu war ein großer Mann. – Ich widerspreche Euch in dieser Hinsicht nicht, versetzte d’Artagnan, er hat mich zum Leutnant gemacht. – Meine erste Meinung war ganz für den Kardinal gewesen: ich hatte mir gesagt, ein Minister sei nie geliebt, aber mit dem Genie, das man ihm nachsagt, müsse er am Ende über seine Feinde triumphieren. Dies war also meine erste Meinung. Ich habe mich aber in meiner Unwissenheit und Demut eines andern belehren lassen. Nun, mein lieber Freund …
Aramis machte eine Pause.
Was nun? fragte d’Artagnan. – Nun wohl, versetzte Aramis, Personen von verschiedenartigem Geschmack und Ehrgeiz antworteten mir, Herr von Mazarin sei kein Mann von Genie, wie ich es glaubte. – Bah! rief d’Artagnan. – Nein, er ist ein unbedeutender Bursche, der Bedienter des Kardinals Bentivoglio war und sich durch Intrigen hinaufgearbeitet hat, ein Emporkömmling, ein Mann ohne Namen, der in Frankreich nur das Los eines Parteigängers haben wird. Er wird viele Taler aufhäufen, die Einkünfte des Königs verschleudern, sich selbst alle Pensionen bezahlen, welche der verstorbene Kardinal Richelieu an alle Welt bezahlte, aber nie durch das Recht des Stärksten, des Größten oder des Geehrtesten herrschen. Es scheint überdies, dieser Minister ist nicht Edelmann von Manier und von Herz; er ist eine Art von Bouffon, von Pulcinell, von Pantalon. Kennt Ihr ihn? ich kenne ihn nicht. – Gewiß, sprach d’Artagnan, es ist etwas Wahres an dem, was Ihr sagt. Aber Ihr habt von ihm persönlich und nicht von seiner Partei und seinen Mitteln gesprochen. – Es ist wahr. Er hat die Königin für sich. – Das ist etwas, wie es mir scheint. – Aber er hat den König nicht für sich. – Ein Kind! – Das in vier Jahren volljährig sein wird. – Das ist nicht die Gegenwart. – Ja, aber es ist die Zukunft, und in der Gegenwart hat er weder das Parlament, noch das Volk, das heißt, er hat das Geld nicht für sich; er hat weder den Adel, noch die Prinzen, das heißt, er hat das Schwert nicht für sich.
D’Artagnan kratzte sich hinter dem Ohr; er mußte sich selbst zugestehen, daß dies nicht nur weitsichtig, sondern auch richtig gedacht war.
Seht, mein armer Freund, ob ich immer noch mit meinem gewöhnlichen Scharfsinn ausgerüstet bin. Es ist vielleicht unrecht von mir, so offenherzig mit Euch zu sprechen, denn es scheint mir, Ihr neigt Euch auf die Seite Mazarins. – Ich! rief d’Artagnan: ich! ganz und gar nicht! – Ihr spracht von einem Auftrage. – Sprach ich von einem Auftrage? Ich hatte unrecht. Nein, ich sagte mir, wie Ihr es tut: die Angelegenheiten verwickeln sich. Wohl, werfen wir die Feder in die Luft, gehen wir in der Richtung, in der der Wind sie fortträgt, fangen wir unser abenteuerliches Leben wieder an. Wir waren vier mutige Ritter, vier zärtlich vereinigte Herzen; vereinigen wir abermals, nicht unsere Herzen, denn diese waren nie getrennt, sondern unser Glück und unsern Mut. Die Gelegenheit ist günstig, um etwas Besseres zu erobern, als einen Diamanten.
Ihr hattet recht, d’Artagnan, immer recht, erwiderte Aramis; alle Welt bedarf gegenwärtig der Hilfstruppen; man hat mir Anträge gemacht, es verlautete etwas von unseren früheren Waffentaten, und ich muß Euch frei gestehen, daß mich der Koadjutor zum Sprechen brachte. – Herr von Conti, der Feind des Kardinals! rief d’Artagnan. – Nein, der Freund des Königs, versteht Ihr! – Der König hält es mit Herrn von Mazarin, mein Lieber. – Der Tat, nicht dem Willen nach, dem Scheine, nicht dem Herzen nach, und das ist gerade die Falle, welche die Feinde des Königs dem armen Kinde stellen. – Was Ihr mir da vorschlagt, ist ganz einfach der Bürgerkrieg, mein lieber Aramis. – Der Krieg für den König. – Aber der König wird an der Spitze der Armee stehen, bei der auch Mazarin ist. – Er wird mit dem Herzen bei dem Heere sein, das Herr von Beaufort befehligt. – Herr von Beaufort? Er ist in Vincennes. – Habe ich Herr von Beaufort gesagt? versetzte Aramis; Herr von Beaufort oder ein anderer. Herr von Beaufort oder der Prinz. – Der Prinz geht zu der Armee ab und ist ganz auf der Seite des Kardinals. Seht Ihr übrigens große Vorteile bei dieser Partei? – Ich sehe darin die Protektion mächtiger Prinzen. – Mit der Proskription der Regierung. – Für nichtig erklärt durch die Parlamente und die Meutereien. – Alles könnte sich so machen, wie Ihr sagt, wenn es gelänge, den König von seiner Mutter zu trennen. – Dazu wird es kommen. – Nie! rief d’Artagnan, diesmal zu seiner Überzeugung zurückkehrend. Ich berufe mich auf Euch, Aramis, auf Euch, der Ihr Anna von Österreich so gut kennt, wie ich. Glaubt Ihr, sie könnte je vergessen, daß ihr Sohn ihre Sicherheit, ihr Palladium, das Pfand ihrer Achtung, ihres Glückes, ihres Lebens ist? Wenn sie Mazarin verließe, müßte sie mit dem König auf die Partei der Prinzen übergehen, aber Ihr wißt besser, als irgend jemand, daß sie mächtige Gründe hat, ihn nie zu verlassen. – Ihr habt vielleicht recht, sagte Aramis nachsinnend; ich werde mich also zu nichts verpflichten. – Gegen diese Leute, versetzte d’Artagnan; aber gegen mich? – Gegen niemand. Ich bin Priester, was habe ich mit der Politik zu tun? Ich lese kein Brevier, aber ich habe eine kleine Kundschaft von geistreichen, spitzbübischen Abbés und reizenden Damen. Je mehr sich die Angelegenheiten verwirren, desto weniger werden meine Streiche Aufsehen machen; alles geht vortrefflich, ohne daß ich mich darein mische, und, mein lieber Freund, ich bin entschieden, mich nicht darein zu mischen. – Schön, mein Wertester, sprach d’Artagnan; auf Ehre, Eure Philosophie steckt mich an, und ich will mich auch den Reizen des Privatlebens ergeben; ich werde also Porthos‘ Einladung annehmen und auf seinen Gütern jagen; Ihr wißt, daß Porthos Güter besitzt? – Ganz gewiß weiß ich es; er besitzt zehn Meilen Wälder, Sümpfe und Täler und prozessiert über Lehensrechte mit dem Bischof von Noyon. – Gut, sagte d’Artagnan zu sich selbst, das wollte ich wissen, Porthos ist in der Picardie. Dann fügte er laut bei:
Und er hat seinen alten Namen du Vallon wieder angenommen. – Und ihm den Namen Bracieux beigefügt, von einem Gute, das baronisiert worden ist. – Also werden wir Porthos als Baron sehen. – Ich zweifle nicht daran; besonders die Baronin Porthos wird bewundernswürdig sein.
Die zwei Freunde brachen in ein schallendes Gelächter aus.
Ihr wollt also nicht zu Mazarin übergehen? fragte d’Artagnan. – Und Ihr nicht zu den Prinzen? – Nein. Gehen wir zu niemand über und bleiben wir Freunde. Wir wollen weder Kardinalisten, noch Frondeurs werden. – Ja, sagte Aramis, seien wir Musketiere. – Gott befohlen also, sprach d’Artagnan. – Ich halte Euch nicht zurück, mein Lieber, erwiderte Aramis, da ich nicht wüßte, wo ich Euch eine Lagerstätte geben sollte, und ich Euch schicklicherweise nicht die Hälfte von Planchets Schuppen anbieten kann. – Überdies bin ich nur drei Meilen von Paris entfernt. Die Pferde sind ausgeruht, und in weniger als einer Stunde bin ich zurück.
Und d’Artagnan schenkte sich ein letztes Glas Wein ein und sprach: Auf unsere alte Zeit! – Ja, versetzte Aramis, leider ist es eine vergangene Zeit. – Bah! rief d’Artagnan, sie wird wiederkehren. In jedem Fall, wenn Ihr meiner bedürft, Rue Tiquetonne, Gasthaus zur Rehziege. – Und mich findet Ihr im Jesuitenkloster; von sechs Uhr morgens bis acht Uhr abends durch die Türe, von acht Uhr abends bis sechs Uhr morgens durch das Fenster. – Adieu, mein Lieber.
Aramis pfiff Bazin und rief ihm, als er endlich schlaftrunken erschien, zu: Auf, auf! Siebenschläfer, die Leiter!
Aber, sagte Bazin mit einem Gähnen, das ihm die Kinnbacken auszurenken drohte, die Leiter ist am Fenster geblieben.
Die andere, die vom Gärtner; hast du nicht bemerkt, daß Herr d’Artagnan Mühe hatte, heraufzusteigen, und daß es ihm noch größere Mühe machen wird, hinabzusteigen.
D’Artagnan wollte Aramis versichern, er würde sehr gut hinabkommen, als ihm ein Gedanke kam; dieser Gedanke ließ ihn schweigen.
Bazin stieß einen tiefen Seufzer aus und entfernte sich, um die Leiter zu suchen. Einen Augenblick nachher stand eine feste hölzerne Leiter am Fenster.
Vorwärts, sprach d’Artagnan; das ist ein solides Verbindungsmittel; eine Frau würde an einer solchen Leiter auf- und absteigen.
Ein durchdringender Blick von Aramis schien den Gedanken seines Freundes bis in die Tiefe seines Herzens suchen zu wollen, aber d’Artagnan hielt den Blick mit bewundernswürdiger Naivität aus.
In zwei Sekunden war er auf dem Boden. Bazin blieb am Fenster.
Bleib hier, sagte Aramis, ich komme zurück.
Alle beide gingen auf den Schuppen zu; als sie sich demselben näherten, kam Planchet, die zwei Pferde an den Zügeln haltend, heraus.
Schön, sagte Aramis, das ist ein tätiger, wachsamer Diener, nicht wie der träge Bazin, der zu nichts mehr taugt, seitdem er Kirchenmann geworden ist. Folgt uns, Planchet, wir gehen plaudernd bis ans Ende des Dorfes.
Die zwei Freunde durchwanderten wirklich, über gleichgültige Dinge plaudernd, das ganze Dorf. Als sie die letzten Häuser erreicht hatten, sagte Aramis: Geht, lieber Freund, verfolgt Eure Laufbahn, das Glück lächelt Euch, laßt es nicht entschlüpfen, erinnert Euch, daß es eine Kurtisane ist, und behandelt es danach; ich bleibe in meiner Niedrigkeit und Trägheit; Gott befohlen.
Es ist also entschieden, versetzte d’Artagnan, mein Anerbieten sagt Euch nicht zu?
Es würde mir im Gegenteil sehr zusagen, wenn ich ein Mensch wäre, wie andere; aber ich wiederhole Euch, ich bin aus Kontrasten zusammengesetzt; was ich heute hasse, werde ich morgen anbeten, und umgekehrt … Ihr seht wohl, daß ich mich nicht verpflichten kann, wie Ihr zum Beispiel, da Ihr feste Ansichten habt.
Du lügst, Duckmäuser, sagte d’Artagnan zu sich selbst; du bist im Gegenteil der einzige, der sich ein Ziel zu wählen weiß und im finstern darauf losgeht.
Sie umarmten sich. Planchet war bereits zu Pferde, d’Artagnan schwang sich ebenfalls in den Sattel, und sie drückten sich noch einmal die Hand. Aramis blieb unbeweglich mitten aus der Straße stehen, bis er sie aus dem Angesicht verloren hatte.
Aber nach zweihundert Schritten hielt d’Artagnan plötzlich an, sprang zu Boden, warf den Zügel seines Pferdes Planchet über den Arm, nahm seine Pistolen aus den Halftern und steckte sie in den Gürtel.
Was habt Ihr, gnädiger Herr? fragte Planchet ganz erschrocken.
Was ich habe? sagte d’Artagnan; so schlau er auch sein mag, so lasse ich mich doch nicht von ihm an der Nase herumführen. Bleib hier und rühre dich nicht; stelle dich nur auf die Feldseite des Weges und erwarte mich.
Bei diesen Worten sprang d’Artagnan auf die andere Seite des Grabens und eilte durch die Ebene, um das Dorf zu umgehen. Er hatte zwischen dem von Frau von Longueville bewohnten Hause und dem Jesuitenkloster einen leeren Raum bemerkt, der nur von einer Hecke umgeben war.
Eine Stunde vorher hätte er vielleicht Mühe gehabt, diese Hecke wieder aufzufinden, aber der Mond war soeben ausgegangen, und obgleich er von Zeit zu Zeit von den Wolken bedeckt wurde, so sah man doch sogar während dieser Verdunkelungen genug, um den Weg wiederzufinden.
D’Artagnan erreichte die Hecke und verbarg sich dahinter. Als er an dem Hause vorüberkam, wo die von uns erzählte Scene stattgefunden hatte, bemerkte er, daß dasselbe Fenster abermals erleuchtet war, und er war überzeugt, daß Aramis noch nicht in seine Wohnung zurückgekehrt sein konnte, und daß er, wenn er zurückkehrte, nicht allein zurückkehren würde.
Nach ein paar Minuten hörte er wirklich Tritte, die sich näherten, und etwas wie ein Geräusch von Stimmen, die halblaut miteinander sprachen. Am Anfang der Hecke hielten die Tritte an. D’Artagnan kniete mit einem Fuße nieder und suchte die dickste Stelle der Hecke, um sich dahinter zu verbergen.
In diesem Augenblick erschienen zwei Männer, zum großen Erstaunen d’Artagnans; bald aber verschwand sein Erstaunen, denn er hörte eine weiche, harmonische Stimme vibrieren; der eine von den zwei Männern war eine als Kavalier verkleidete Frau.
Seid ruhig, mein lieber René, sprach die weiche Stimme, dieselbe Sache wird sich nicht wiederholen; ich habe eine Art von Gang entdeckt, der unter der Erde hinläuft, und wir dürfen nur eine von den Platten, die vor der Türe sind, wegnehmen, um Euch einen Eingang und einen Ausgang zu öffnen.
Oh! sprach eine andere Stimme, in welcher d’Artagnan die von Aramis erkannte; ich schwöre Euch, Prinzessin, wenn Euer Ruf nicht von all diesen Vorsichtsmaßregeln abhinge und ich nur mein Leben dabei wagte …
Ja, ich weiß, daß Ihr mutig und verwegen seid, wie irgend ein Weltmann; aber Ihr gehört nicht mir allein, Ihr gehört unserer Partei. Seid also klug, seid behutsam.
Ich gehorche immer, Madame, sagte Aramis, wenn man mir mit einer so süßen Stimme zu befehlen weiß.
Und er küßte ihr zärtlich die Hand.
Ah! rief der Kavalier mit der weichen Stimme.
Was gibt es? fragte Aramis.
Seht Ihr denn nicht, daß der Wind meinen Hut fortgenommen hat?
Aramis stürzte dem flüchtigen Hute nach. D’Artagnan benutzte diesen Umstand, um eine minder dichte Stelle der Hecke zu suchen, von wo sein Blick frei bis zu dem problematischen Kavalier dringen konnte. Vielleicht ebenso neugierig, wie der Offizier, trat der Mond gerade in diesem Moment hinter einer Wolke hervor, und bei seiner indiskreten Helle erkannte d’Artagnan die großen blauen Augen, die goldenen Haare und den edlen Kopf der Herzogin von Longueville.
Aramis kehrte lachend, einen Hut auf dem Kopf und einen unter dem Arm, zurück, und beide setzten ihren Weg nach dem Jesuitenkloster fort.
Gut! sagte d’Artagnan, sich erhebend und sein Knie abwischend, als die beiden sich in der Richtung nach dem Jesuiten-Kloster zu entfernten, nun habe ich dich, du bist Frondeur und der Geliebte der Frau von Longueville.