Neuntes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Bemitleidet die Lebenden, beneidet die Toten.

Querkopf Wilsons Kalender.

15. September abends. – Jetzt sind wir dicht an Australien. Sydney ist nur noch fünfzig Meilen entfernt.

Das hatte ich eben geschrieben, als die Passagiere auf Deck gerufen wurden, wo es etwas Schönes zu sehen gab. Es war sehr dunkel; das Auge konnte kaum fünfzig Meter in der Runde über die Meeresfläche schweifen, weiterhin verdüsterte sich alles und entschwand dem Blick. Wer aber eine Weile geduldig in die Finsternis hineinschaute, wurde reich belohnt. Nicht lange da erschien eine Viertelmeile entfernt ein blendend heller Schein oder Strahl auf dem Wasser, so plötzlich und mit so wundervollem Glanz, daß man unwillkürlich den Atem anhielt. Die Lichtmasse dehnte sich rasch im Zickzack bis zur ungeheuern Länge der fabelhaften Seeschlange aus; man glaubte jeder Bewegung ihres Körpers folgen zu können. Sowohl das Kielwasser hinter dem Schweif, als auch die Wellen, die vor dem Kopf dahinschossen, waren wie in Feuersglut getaucht. Und mit welcher blitzartigen Geschwindigkeit das Ungetüm daherkam! Ehe man sich’s versah, war der fünfzig Fuß lange, feurige Drache vorbeigestürmt und im Nu verschwunden. Aber auf demselben Fleck, von wo er gekommen war, leuchtete es wieder auf; es folgte ein zweiter Strahl, ein dritter, ein vierter, die sich mit rasender Eile in Seeschlangen verwandelten. Einmal sahen wir sechzehn zu gleicher Zeit aufblitzen und auf uns zuschießen. Die sich in zahllosen Windungen schlängelnden Feuerströme boten einen Anblick von zauberhafter Schönheit, ein Schauspiel so voller Glut und Glanz, wie es die meisten jener Zuschauer wohl erst nach ihrem Tode wieder zu sehen bekommen werden.

Und was war es? – Nichts anderes als zahlreiche Scharen von Delphinen, die sich im phosphoreszierenden Meere tummelten. Sie vereinigten sich gleich darauf zu einem prächtigen, wilden, verworrenen Knäuel unter dem Bug des Schiffes, wo sie wohl eine Stunde lang ihr munteres Spiel trieben. Bald schnellten sie in die Höhe, hüpften und vergnügten sich auf allerlei Weise, bald schossen sie Purzelbäume vor dem Schiffsschnabel und darüber hinweg ohne sich je zu stoßen oder den Vordersteven zu berühren, obgleich sie sich ihm stets auf Zollweite näherten. Es waren Delphine von gewöhnlicher Größe, 8–10 Fuß lang, aber bei jeder Bewegung ihres Körpers schlängelten sich feurige Schneckenwindungen weithin nach rückwärts über das Wasser. Dies glänzende Gewirre bot einen geradezu entzückenden Anblick, auch rührten wir uns nicht von der Stelle, bis das Schauspiel zu Ende war; dergleichen bekommt man im Leben schwerlich ein zweitesmal zu sehen. Die Delphine sind zwar stets voller Lust und Beweglichkeit und haben nichts als Possen im Kopf wie die Spielkätzchen, aber so ausgelassen wie an jenem Abend hatte ich sie noch nie gesehen, sie waren förmlich wie betrunken.

Als wir uns Sydney bis auf dreißig Meilen genähert hatten, kam das große elektrische Licht zum Vorschein, das auf einem der hohen Wälle angebracht ist. Aus dem winzigen Lichtfunken wurde allmählich eine Riesensonne, die das dunkle Firmament wie mit einem fernhin leuchtenden Schwert zerteilte.

Der Hafen von Sydney ist durch eine steile Felswand abgeschlossen, an welcher der neue Ankömmling auch nicht die kleinste Oeffnung bemerken kann. Der richtige Eingang liegt in der Mitte, ist aber so leicht zu übersehen, daß selbst Kapitän Cook vorübersegelte, ohne ihn zu finden; dicht daneben ist ein falscher, der jenem gleicht und ehemals bei Nacht dem Schiffer oft gefährlich geworden ist, als die Einfahrt noch keine Beleuchtung hatte. Auch eins der schrecklichsten Trauerspiele auf dem wilden, ruchlosen Meer, der denkwürdige Schiffbruch des ›Duncan Dunbar‹ entsprang aus dieser Ursache. Es war ein prächtiges und sehr beliebtes Segelschiff, welches von einem Kapitän befehligt wurde, der bei den Passagieren in hoher Gunst stand und sich des besten Rufes erfreute. In Sydney erwartete man die Rückkunft des Schiffes von England und zählte die Stunden bis zu seinem Eintreffen, denn es hatte eine große Menge Mütter und Töchter an Bord, die wegen der Erziehung der letzteren lange von den Ihrigen getrennt gewesen waren, und nun Freude und Leben in die verwaisten Heimstätten Sydneys zurückbringen sollten. In Australien und Indien, wo die Beziehungen zu dem Mutterlande so zahlreich sind, weiß man mehr als sonstwo was es heißt, wenn der Mensch Schiffe mit dem Liebsten, das er auf Erden hat, befrachtet und sie von den tückischen Winden – nicht vom Dampf – befördern lassen muß. Nur dort erfahren die Menschen, wie angstvoll das Warten ist und wie groß das Entzücken, wenn das Fahrzeug mit ihren Kleinodien in den sicheren Hafen einläuft und Furcht und Qual vorüber ist.

An Bord des ›Duncan Dunbar‹ waren die Heimkehrenden eifrig mit Vorbereitungen beschäftigt, als es zu dämmern begann, denn sie sollten ja, noch ehe der Tag zu Ende ging, mit ihren Lieben vereint sein. Frauen und Mädchen legten die Kleider ab, die sie unterwegs getragen hatten, und schmückten sich aufs beste – die armen Bräute des Todes! Aber, sei es nun, daß der Wind sich gelegt hatte oder die Entfernung falsch berechnet war – noch kam die Landzunge nicht in Sicht, als schon das Dunkel hereinbrach. Unter gewöhnlichen Verhältnissen würde der Kapitän wohl auf offener See geblieben sein, um erst den Morgen zu erwarten; aber da er die vielen flehenden Blicke sah und auf allen Gesichtern sich die bitterste Enttäuschung malte, mag ihn sein Mitgefühl bewogen haben, die schwierige Einfahrt trotz der Finsternis zu wagen. Schon siebzehnmahl war er in den Hafen von Sydney eingelaufen und glaubte seiner Sache ganz sicher zu sein. So steuerte er denn in gerader Linie auf die falsche Oeffnung los, die er für die richtige hielt. Als er seinen Irrtum erkannte, war es bereits zu spät. Das Schiff war rettungslos verloren, die hochgehende See riß es mit sich fort und schleuderte es auf die spitzen Klippen am Fuß der Felswand, daß es mit Krachen zerbarst und zersplitterte. Von der ganzen holden Schar liebreizender Frauen und Mädchen blieb auch nicht eine am Leben.

Jeder Fremde, welcher an der Unglücksstätte vorbeifährt, bekommt diese traurige Geschichte zu hören. Sie wird niemals veralten, wie vielen künftigen Geschlechtern man sie auch noch erzählen mag. Der namenlose Jammer, welchen sie in sich schließt, muß jedes Herz erschüttern.

Zweihundert Personen befanden sich an Bord, aber nur ein Matrose entging dem Tode. Eine ungeheure Woge warf ihn an die Felswand, wo er in halber Höhe auf einem schmalen Klippenvorsprung die Nacht über liegen blieb. Unter andern Umständen wäre er dort elend verschmachtet, da seine Auffindung undenkbar schien. Allein, als sich am andern Morgen die entsetzliche Nachricht verbreitete, daß der ›Duncan Dunbar‹ angesichts der Heimat gescheitert sei, strömten die Bewohner der Stadt scharenweise hinaus und spähten von der Felswand ins Meer. Da sah einer, der sich weit vorbeugte, den Mann, welcher durch ein Wunder dem Tode entronnen war. Man brachte Stricke herbei und das schier unmögliche Rettungswerk gelang. Der Matrose war ein Mensch mit praktischen Anlagen; er mietete einen Saal in Sydney und stellte sich dort für ein kleines Eintrittsgeld so lange dem Publikum aus, bis seine Einnahme den Ertrag der Goldfelder in jenem Jahre überstiegen hatte.

Wir fuhren ein, gingen vor Anker und schifften am andern Morgen unter manchem Ach und Oh der Bewunderung durch die Buchten und Krümmungen des schönen, geräumigen Hafens, der ein Wunder der Welt und das Herzblatt von Sydney ist. Daß die Bewohner stolz auf ihren Hafen sind und kaum Worte finden können, um ihrer Begeisterung Luft zu machen, ist sehr begreiflich. Ein heimgekehrter Bürger wollte wissen, was ich dazu sagte, und ich sprach ihm meine Gefühle nach besten Kräften aus, in der Hoffnung es würde ihm genügen. Herrlich, rief ich, wunderschön! Dann aber gab ich unwillkürlich Gott die Ehre. Der Bürger schien jedoch nicht zufrieden.

»Natürlich ist der Hafen schön,« sagte er, »allein damit ist noch nicht alles gesagt; Sydney gehört auch dazu, um die Schönheit vollkommen zu machen, beide zusammen vollenden erst das Ganze. Den Hafen hat Gott geschaffen, dagegen läßt sich nichts einwenden, aber Sydney ist ein Werk des Teufels.«

Ich hatte diesem, seinem Freunde, nicht zu nahe treten wollen und stammelte eine Entschuldigung. Daß Sydney dazu gehörte war ganz richtig; der Hafen an sich wäre nur halb so schön ohne die Stadt. Er hat etwa die Form eines Eichenblatts – in der Mitte eine breite Fläche des herrlichsten blauen Wassers und rechts und links schmale, tiefeinschneidende Buchten zwischen hohen, bewaldeten Landzungen, welche nach beiden Seiten abfallen wie Grabhügel. Auf dem Rücken ihrer Berge stehen hier und da prächtige Villen, halb im Laubwerk versteckt, die man mit Entzücken betrachtet, während das Schiff sich der Stadt nähert. Sydney erhebt sich auf einer Hügelgruppe und deren Ausläufern in wellenförmigen Linien, welche überall durch Türme, Kirchen und Prachtgebäude unterbrochen werden, die aus der Häusermasse hervorragen. Dadurch erhält erst der Gesamteindruck seinen großen malerischen Reiz.

Die schmalen Buchten, die sich, wie gesagt, sehr tief ins Land hineinerstrecken, winden sich hierhin und dorthin, bis in die verborgensten Winkel und wimmeln fortwährend von Vergnügungsbooten mit Gesellschaften, die auf Entdeckungsreisen aus sind, oder irgendwo Picknicks halten wollen. Zuverlässige Leute sagen, daß, wer diese Buchten alle durchschiffen will, eine Wasserfahrt von mindestens siebenhundert Meilen machen muß. Aber, es gibt hier zu Lande auch viele Lügner, die, wenn sie einmal im Zuge sind zu übertreiben, sich nicht scheuen, die Behauptung aufzustellen, daß die Meilenzahl doppelt so groß ist.

Einunddreißigstes Kapitel.

Einunddreißigstes Kapitel.

Laßt uns Adam, unserm Wohltäter, dankbar sein, daß er den ›Segen‹ des Müßiggangs von uns genommen und den ›Fluch‹ der Arbeit über uns gebracht hat.

Querkopf Wilsons Kalender.

Am 20. November erreichten wir Auckland und hielten uns einige Tage in dieser schönen, sehr hoch gelegenen Stadt auf; man hat dort einen Ausblick über das Meer, an dem man sich gar nicht satt sehen kann. Wir machten wundervolle Spazierfahrten mit Bekannten in der Umgegend. Von dem grasbewachsenen Kratergipfel des Mount Eden schweift das Auge über eine weite und wechselvolle Landschaft: dicht belaubte Wälder, grüne Hügel, blumige Wiesen und dahinter lange ebene Strecken, auf denen sich hier und da hohe, ausgebrannte Krater erheben. Weiterhin glänzen und funkeln blaue Buchten, und in traumhafter Ferne schimmern die Berge gespenstisch durch ihre Nebelschleier.

Gewöhnlich fährt man von Auckland aus nach Rotorua zu den berühmten heißen Seen und Springquellen, welche als große Merkwürdigkeit Neuseelands gelten; aber ich war nicht wohl genug, um den Ausflug zu unternehmen. Die Regierung hat dort ein Sanatorium errichtet, wo für den Touristen sowohl wie den Kranken aufs angenehmste gesorgt wird. Der daselbst angestellte Arzt drückt sich stets sehr mäßig aus, wenn er von dem Heilerfolg der Bäder bei Rheumatismus, Gicht, Lähmung und ähnlichen Uebeln spricht; dagegen preist er die Wirkung des Wassers als unvergleichlich in Fällen von Trunksucht. Der Trinker wird unfehlbar geheilt, selbst wenn die Krankheit bei ihm noch so chronisch geworden ist, ja, er verliert sogar die Begierde nach berauschenden Getränken für alle Zeiten. Sobald es nur erst allgemein bekannt sein wird, daß für die Opfer des Alkoholismus hier sichere Rettung zu finden ist, werden die Leute scharenweise aus Europa und Amerika herbeiströmen.

Diese ganze, wegen ihrer Thermalquellen berühmte Gegend Neuseelands umfaßt eine Landstrecke von über 600 000 Morgen oder etwa 1000 Quadratmeilen. Rotorua ist am besuchtesten; es bildet den Mittelpunkt des schönen, gebirgigen Seedistrikts und dient den Reisenden zum Standquartier bei ihren Ausflügen. Die Zahl der Kranken ist groß und wächst beständig. Rotorua ist das Karlsbad Australiens.

In Auckland wird auch der Kauri-Kopal verschifft, hauptsächlich nach Amerika. Man bringt durchschnittlich 8000 Tonnen des Jahrs zur Stadt. Unassortiert hat er einen Wert von 309 Dollars die Tonne; die feinsten Sorten erzielen aber oft einen Preis von 1000 Dollars. Das Harz kommt in Stücken vor, ist hart und glatt und gleicht dem Bernstein; auch ist es, wie dieser, hellgelb bis dunkelbraun. Unter den hellfarbigen Stücken hätte man einige für ziemlich gute Nachahmungen roher südafrikanischer Diamanten halten können, sie waren so wundervoll glänzend, glatt und durchsichtig. Der Kauri-Kopal dient zur Bereitung von Lack und Firnis, er stammt von der Kaurifichte und wird meist aus dem Boden gegraben, wo das Harz seit Jahrhunderten liegt, da viele von den Bäumen, aus denen es geflossen ist, der heutigen Vegetation nicht mehr angehören. Dr. Campbell in Auckland erzählte mir, er habe schon vor fünfzig Jahren eine Ladung nach England geschickt, aber ohne Erfolg. Niemand wußte etwas damit anzufangen und man verkaufte es für fünf Pfund Sterling die Tonne zum Feueranzünden.

*

26. November. 3 Uhr nachmittags abgesegelt. Der Hafen ist schön und ungeheuer groß; noch stundenweit hat man Land ringsumher. Der Tangariwa ragt empor – das ist der Berg, der, wie in Auckland allgemein behauptet wird, überall gleich aussieht, man mag ihn betrachten von welcher Seite man will. Ganz richtig – von welcher Seite man will – mit dreizehn Ausnahmen….

Herrliches Sommerwetter. In der Ferne tummelt sich eine große Schar Walfische. Der Staubregen, den sie emporspritzen, sieht zart und luftig aus in dem rosigen Schein der untergehenden Sonne oder wenn er sich abhebt gegen den dunkeln Hintergrund einer Insel, die im tiefblauen Schatten von Sturmwolken ruht… Zur Linken erhebt sich ein großer Felsblock mitten im Meer. Vor einiger Zeit stieß ein Schiff, das im Nebel zwanzig Meilen aus seinem Kurs gekommen war, bei voller Fahrt dagegen; 140 Menschen ertranken in den Wellen. Der Kapitän nahm sich auf der Stelle selbst das Leben, ohne sich erst zu besinnen. Mochte er schuld an dem Unfall sein oder nicht, er wußte, daß die Gesellschaft, der das Schiff gehörte, ihn jedenfalls sofort entlassen würde, um mit ihrer Sorge für die Sicherheit der Passagiere Reklame zu machen. Dadurch wurde es ihm aber fast unmöglich gemacht, seinen ferneren Lebensunterhalt zu verdienen.

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27. November. Heute kamen wir bis Gisborne und ankerten in einer großen Bucht, eine Meile weit vom Ufer. Die See ging hoch und wir blieben an Bord. Ein kleiner Schleppdampfer, der vom Lande auf uns zufuhr, war ein Gegenstand atemlosen Interesses. Er klomm bis zum Gipfel einer Welle, schwankte dort einen Augenblick als ein grauer Schatten wie betrunken hin und her, in dem vom Sturm zerstäubten Wasser, tauchte plötzlich in die Tiefe und blieb so lange unsichtbar bis man ihn für verloren hielt; dann schoß er auf einmal wieder in ganz schräger Richtung empor, während das Wasser in Strömen vom Vorderdeck herabstürzte. So trieb es der Dampfer die ganze Zeit über, bis er unser Schiff erreicht hatte. In seinem Bauche befanden sich fünfundzwanzig Passagiere, die zu uns an Bord wollten – Männer und Frauen, meistens Mitglieder einer reisenden Schauspielertruppe. Die Mannschaft war auf Deck in Südwestern, wasserdichten Anzügen von gelbem Segeltuch und hohen Stiefeln. Das Deck stand so schräg wie eine Leiter und schwankte auf und ab; große Wellen sprangen fortwährend an Bord und rollten darüber hin. Wir befestigten ein langes Seil an der Raanocke, hingen einen höchst kunstlosen Korbstuhl daran und ließen ihn im weiten Himmelsraum wie einen Pendel auf gut Glück hin und her schaukeln. Im geeigneten Moment wurde er von geschickten Händen hinabgelassen und drüben fingen zwei Männer am Vorderdeck die gut gezielte Leine auf. Ein junger Bursche von unserer Mannschaft saß im Korbstuhl, um den weiblichen Passagieren herüber zu helfen. Sofort erschienen einige Damen aus der Kajüte, setzten sich ihm auf den Schoß, und wir zogen sie über uns in den Himmel hinauf. Einige Augenblicke warteten wir noch, bis das Schlingern des Schiffes sie herüberbrachte, dann ließen wir das Seil herab und erfaßten den Korb, als er eben das Deck erreichte. So brachten wir alle fünfundzwanzig an Bord und schafften fünfundzwanzig unserer eigenen Passagiere in den Schleppdampfer – darunter mehrere alte Damen und eine Blinde – noch dazu ohne den geringsten Unfall. Es war ein schönes Stück Arbeit.

Wir sind mit unserm Schiff sehr zufrieden, es ist hübsch und geräumig, auch alles darin bequem und gut in Ordnung. In einem Hotel kommt es wohl vor, daß man auf eine Ratte tritt, aber an Bord haben wir lange nichts von Ratten gespürt, außer vielleicht auf der ›Flora‹; aber da waren wir mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Es ist mir aufgefallen, daß man nur noch auf Schiffen und in Hotels Ratten findet, wo die abscheulichen chinesischen Gongs gebraucht werden. Der Grund kann nur sein, daß die Ratten nicht nach der Uhr zu sehen verstehen, um zu erfahren, in welcher Tageszeit sie leben, und einen Ort fliehen, an dem sie nie wissen, wann das Essen fertig ist.

2. Dezember. Montag. Von Napier nach Hastings benutzten wir den Schnellzug, der in Neuseeland zweimal die Woche fährt. In Waitukurau war zwanzig Minuten Aufenthalt und wir nahmen einen Imbiß. Ich saß oben am Tisch, so daß ich die rechte Wand sehen konnte, während meine Frau, meine Tochter und Mr. Carlyle Smythe, mein Geschäftsführer, der Wand den Rücken zukehrten. Auf dieser Wand hingen einige Bilder ziemlich weit von mir, so daß ich sie nicht deutlich erkennen konnte, aber nach der ganzen Gruppierung der Gestalten nahm ich an, daß eins derselben die Ermordung von Napoleons des Dritten Sohn durch die Zulus in Südafrika darstellte. Ich unterbrach das Gespräch, welches sich eben um Poesie, Kohlköpfe und bildende Kunst drehte und wandte mich an meine Frau mit der Frage:

»Weißt du noch, wie die Nachricht in Paris ankam –«

»Daß der Prinz ermordet wäre?«

(Ich hatte genau diese Worte im Sinn gehabt.) »Welcher Prinz denn?«

»Napoleon – Lulu.«

»Wie kommst du eben jetzt darauf?«

»Ich weiß nicht.«

Höchst sonderbar! – Wir hatten uns auf keine Weise miteinander verständigt. Die Bilder waren nicht erwähnt worden und meine Frau konnte sie nicht sehen. Vor sieben Monaten waren wir nach einem mehrjährigen Aufenthalt von Paris abgefahren, um diese Reise zu unternehmen und meine Frau hätte an irgend eine Nachricht denken müssen, die in jüngst vergangener Zeit nach Paris gekommen war. Statt dessen dachte sie an ein Erlebnis bei unserm kurzen Besuch in Paris vor sechzehn Jahren.

Es war ein deutliches Beispiel von Gedankentelegraphie, von geistiger Wechselwirkung. Ich hatte die Idee aus meinem Hirn an sie telegraphiert. – Woher ich das so bestimmt weiß? – Nun einfach deshalb, weil es ein Irrtum war. Es ergab sich nämlich, daß jenes Bild weder die Ermordung Lulus darstellte, noch überhaupt etwas, das sich irgendwie auf Lulu bezog. Ich mußte ihr den Irrtum telegraphiert haben, denn außer in meinem Kopfe war er nirgends vorhanden.

Zweiunddreißigstes Kapitel

Zweiunddreißigstes Kapitel

Der Selbstherrscher von Rußland hat mehr Macht als irgend ein Mensch auf Erden; aber das Niesen kann er doch nicht zurückhalten.

Querkopf Wilsons Kalender.

Wanganui 3. Dezember. Unsere gestrige Fahrt war sehr angenehm und dauerte vier Stunden. Meinetwegen hätte der Zug sie auf acht Stunden ausdehnen können. Wenn man sich behaglich fühlt und kein Grund zur Eile vorhanden ist, liegt mir gar nichts an übergroßer Schnelligkeit. Nun kenne ich aber kein bequemeres Beförderungsmittel als einen Neuseeländer Zug. Nirgends findet man außerhalb Amerika so vernünftig eingerichtete Eisenbahnwagen. Rechnet man dazu noch den unausgesetzten Anblick des reizendsten Landschaftsbildes und den fast gänzlichen Mangel an Staub, so kann man nur jedem raten, der damit noch nicht zufrieden ist, er soll aussteigen und zu Fuße gehen. – Würde er dadurch aber anderer Meinung werden? Ganz gewiß. Nach Ablauf einer Stunde träfe man ihn sicherlich bescheiden wartend neben dem Schienenstrang, und er wäre froh mit dem Zug weiter fahren zu dürfen.

In der Stadt und Umgegend sieht man viele Leute zu Pferde und hübsche junge Mädchen in luftigen Sommerkleidern, auch die Heilsarmee und eine Menge Maori; Gesicht und Körper der älteren sind meist sehr geschmackvoll bemalt. Jenseits des Flusses liegt das Rathaus der Maori, ein großes, festes Gebäude, das von einem Ende zum andern mit Matten ausgelegt und mit reichen, kunstvoll verfertigten Holzschnitzereien geschmückt ist. Die Maori sind auch sehr höfliche Leute.

Einer der Volksvertreter gab mir die Versicherung, daß die eingeborene Rasse nicht abnimmt, sondern sich im Gegenteil langsam vermehrt. Dies ist ein neuer Beweis, daß die Maori, als Wilde, auf einer hohen Stufe stehen. Ich weiß mich an keine anderen Eingeborenen irgend welcher Rasse zu erinnern, die so gute Häuser oder so starke, zweckentsprechende Festungswerke errichtet hätten, die den Ackerbau so eifrig betrieben oder bei denen die Kriegswissenschaft und Verteidigungskunst fast bis zu einer Vollkommenheit gediehen wäre, wie man sie sonst nur bei den Weißen findet. Zählt man hierzu noch ihre große Geschicklichkeit in der Anfertigung von Booten und ihre Begabung für die dekorativen Künste, so kann man sie höchstens noch als Halb- oder Dreiviertel-Barbaren betrachten und ihnen eine gewisse Zivilisation nicht absprechen.

Es ist schmeichelhaft für die Maori, daß die britische Regierung, statt sie auszurotten wie die Australneger und die Tasmanier, sich mit ihrer Unterwerfung begnügt hat. Auch nahmen die Engländer ihnen nicht alles gute Land fort, sondern ließen ein großes Stück in ihrem Besitz und schützten sie sogar vor den Landwucherern, wie es die Regierung von Neuseeland noch heutigen Tages tut. Am schmeichelhaftesten für die Maori ist jedoch, daß sie ihre eingeborenen Vertreter sowohl im Ministerium wie im gesetzgebenden Körper haben, und daß auch das weibliche Geschlecht wahlberechtigt ist. Die Regierung ehrt sich selbst durch diese Einrichtungen, denn bisher war es in der Welt nicht Sitte, daß ein Eroberer mit den Besiegten auf so weitherzige Art verfuhr.

Die gebildetsten Weißen, die zuerst unter den Maori lebten, hatten wirkliche Zuneigung für sie und eine hohe Meinung von ihrer Gesittung. Ich will nur den Verfasser des ›Alten Neuseeland‹ anführen, sowie Dr. Campbell von Auckland. Letzterer hatte mit mehreren Häuptlingen große Freundschaft geschlossen und wußte viel Gutes von ihrer Treue, Hochherzigkeit und Großmut zu berichten. Er erzählte auch, was sie sich für wunderliche Begriffe von der Zivilisation der Weißen machten und wie komisch sie dieselben beurteilten. Einer von ihnen meinte unter anderm, der Missionar greife alles am unrechten Ende an und kehre das Unterste zu oberst. »Hat er doch sogar gesagt, wir sollten aufhören, die bösen Götter anzubeten und um ihren Schutz zu flehen; wir brauchten uns mit Verehrung und Bitten nur noch an den guten Gott zu wenden. Das hat ja weder Sinn noch Verstand! Ein guter Gott wird uns doch keinen Schaden tun!«

Unter den Maori herrschte das ›Tabu‹ in so großartigem Umfang, wie es für Polynesien paßte. Von einigen Verboten hätte man glauben können, sie stammten aus Indien oder Judäa. Weder bei den Maori noch bei den Indern durfte der gemeine Mann an einem Feuer kochen, das von einem Mitglied der höheren Kasten benutzt worden war. Ebensowenig gestattete man dem vornehmen Maori oder dem vornehmen Inder sich des Feuers zu bedienen, an dem der gemeine Mann seine Speise bereitet hatte. Trank ein Maori oder ein Inder niederen Ranges aus dem Gefäß, das einem Höhergestellten gehörte, so war das Gefäß verunreinigt und mußte zerschlagen werden. Auch noch in mancher Beziehung erinnert das Maori-Tabu an den Kastengeist der Inder.

*

8. Dezember. Hier in Wanganui stehen ein paar sonderbare Kriegerdenkmäler. Das eine ist zum Andenken an die Weißen errichtet, die bei »der Verteidigung von Ordnung und Gesetz gegen Barbarei und Fanatismus« gefallen sind. – Fanatismus – das Wort sollte unverweilt entfernt werden, denn es ist sich er nur aus Irrtum und Mangel an Ueberlegung auf das Denkmal gesetzt worden; wenigstens möchte ich das zur Ehre der uns stammverwandten englischen Nation annehmen. Man verpflanze einmal die Inschrift: »welche zur Verteidigung von Gesetz und Ordnung gegen den Fanatismus gefallen sind,« an den Ort, wo Winkelried starb, an die Thermopylen oder auf das Bunker-Hill-Monument – da wird man einsehen, was das Wort bedeutet und wie verkehrt es in jenem Fall angewendet ist. Patriotismus bleibt Patriotismus. Nichts kann ihn herabwürdigen, mag man ihn auch Fanatismus nennen, so viel man will. Selbst wenn er vom politischen Standpunkt aus tausendmal im Irrtum ist, so ändert das nichts an der Sache. Der Patriot ist und bleibt ehrenhaft, edel und groß, er darf getrost das Haupt erheben! Mit Recht preist man die tapfern Weißen, die im Maorikrieg gefallen sind – sie verdienen alles Lob. Wer das Wort ›Fanatismus‹ stellt die Sache so dar, als hätten sie ihr Blut in keinem würdigen Kampfe vergossen, in einem Kampfe gegen unedle Feinde, die des Opfers nicht wert waren. Und doch standen sie wackern Männern gegenüber, mit denen zu fechten keine Schande war, Männern, die für ihre Heimstätten und ihr Vaterland als tapfere Feinde stritten und einen ehrenvollen Tod fanden. Es würde dem Ruhm der braven Engländer, die unter dem Denkmal liegen, keinen Abbruch tun, sondern ihn nur erhöhen, wenn die Inschrift besagte, daß sie in Verteidigung des englischen Gesetzes und ihrer englischen Heimat gefallen sind, im Kampf mit Gegnern, die aller Achtung wert waren – mit den für ihr Vaterland sterbenden Maori.

An dem zweiten Denkmal läßt sich nichts verbessern – außer mit Dynamit. Es ist ein Irrtum durch und durch und ein Beweis von großer Gedankenlosigkeit. Die Engländer haben es zur Erinnerung an die Maori aufgestellt, die auf Seiten der Weißen gegen ihre eigenen Landsleute kämpften. »Dem Andenken der wackeren Männer gewidmet, die am 14. Mai 1864 gefallen sind etc.,« lautet die Inschrift. Auf der Rückseite stehen die Namen von ungefähr zwanzig Maori.

Es ist kein Phantasiegebilde von mir; das Denkmal steht wirklich da und ich habe es gesehen. Welche Lehre für die kommenden Geschlechter! Es fordert mit dürren Worten zu Verrat, Untreue und Verleugnung des Patriotismus auf: »Verlasse deine Fahne,« ruft es, »erschlage deine Landsleute, verbrenne ihre Häuser, sei eine Schande für dein Volk – solchen Leuten erweisen wir Ehre!«

*

12. Dezember. Nach zehnstündiger Eisenbahnfahrt von Wanganui aus, erreichten wir Wellington … Eine schöne Stadt, in stolzer Lage; reger Handel, viel Leben und Bewegung. Ich habe hier drei Tage teils mit Spazierengehen und angenehmem geselligem Verkehr zugebracht, teils bin ich in dem herrlichen Garten von Hutt umhergeschlendert, der eine Strecke weiter am Ufer liegt. Dergleichen sehen wir gewiß sobald nicht wieder!

Wir packen heute abend unsere Koffer zur Rückreise nach Australien. Der Aufenthalt in Neuseeland ist zu kurz gewesen, doch sind wir froh, daß wir es wenigstens flüchtig sehen durften.

Die tapfern Maori haben es den Weißen ziemlich schwer gemacht, sich im Lande anzusiedeln. Anfangs jedoch empfingen sie die Engländer freundlich und machten gern Geschäfte mit ihnen. Besonders kauften sie Flinten, denn sie führten oft zum Zeitvertreib Krieg unter einander, und die Waffen der Weißen gefielen ihnen weit besser als ihre eigenen. Ich brauche den Ausdruck ›Zeitvertreib‹ mit gutem Bedacht; sie kamen wirklich häufig zusammen, ohne daß irgend ein Streit vorlag und erschlugen einander bloß zum Vergnügen. Der Verfasser des ›Alten Neuseeland‹ erwähnt einen Fall, wo das siegreiche Heer nur seinen Vorteil auszunutzen brauchte, um den Feind zu vernichten und es gleichwohl unterließ. »Denn,« lautete die naive Erklärung, »täten wir das, so gäbe es keinen Kampf mehr.« Ein andermal ließ die eine Armee dem Heer, das ihr feindlich gegenüberstand, sagen, ihr sei das Pulver ausgegangen und sie müsse das Schießen einstellen, falls sie nicht neuen Vorrat erhalte. Man schickte ihr, was sie brauchte, und die Schlacht nahm ihren Fortgang.

Wie gesagt, als die Engländer sich zuerst in Neuseeland niederlassen wollten, ging alles gut. Die Eingeborenen verkauften ihnen Strecken Landes, ohne die Bedingungen des Vertrages zu verstehen, und die Weißen kauften von ihnen und kümmerten sich nicht darum, daß die Maori nicht wußten, was sie taten. Als dann letztere allmählich einsahen, daß ihnen unrecht geschah, begannen die Zwistigkeiten. Kein Maori hätte ein Unrecht, das ihm widerfuhr, ruhig erduldet oder sich mit Klagen begnügt. Das Volk besaß dieselbe Ausdauer wie die Tasmanier und daneben noch allerlei militärische Kenntnisse; es stand gegen seine Bedrücker auf und die tapfern ›Fanatiker‹ entfachten einen Krieg, dessen schließliche Entscheidung erst erfolgte, nachdem mehrere Generationen zu Grabe gegangen waren.

Dreiunddreißigstes Kapitel.

Dreiunddreißigstes Kapitel.

Es gibt mancherlei Schutzwehr gegen die Versuchung, aber die wirksamste ist Feigheit.

Querkopf Wilsons Kalender.

Freitag 13. Dezember. Um drei Uhr nachmittags in der ›Mararoa‹ abgesegelt. Eine Sommersee und ein gutes Schiff – was kann es Besseres auf Erden geben? –

Montag. Drei Tage im Paradies. Die See war sonnig, glatt und glänzend blau wie das Mittelmeer … Man liegt den ganzen Tag lang auf Deck im Klappstuhl unter dem Sonnenzelt und liest und raucht im wohligsten Behagen.

17. Dezember. Wir sind in Sydney.

19. Dezember. Auf der Eisenbahn. Ein Mensch von dreißig Jahren stieg mit vier Reisetaschen ein. Der Mund des schmächtigen Kerlchens sah aus wie ein verfallener Kirchhof, so vernachlässigt waren die Zähne; sein Haar bestand aus einer festen Schicht, die mit Pomade zusammengeklebt war. Er rauchte die wunderbarsten Zigaretten, die wohl aus einer Art Dung bestehen mußten, denn sie strömten zusammen mit dem Haar einen ganz ›eingeborenen‹ Geruch aus. Unter seiner tiefausgeschnittenen Weste kam ein großes Stück des verknitterten, zerrissenen und beschmutzten Hemdeinsatzes zum Vorschein, mit Knöpfen von Talmigold, welche schwarze Ringel auf der Leinwand gemacht hatten. Dazu trug er große unechte Manschettenknöpfe, bei denen man das Kupfer durchsah und eine schwere Talmi-Uhrkette, die ihm vermutlich nicht verriet, was die Glocke geschlagen hatte, denn er fragte Smythe, wieviel Uhr es sei. Einstmals mochte sein Rock wohl auch jung und hübsch gewesen sein, jetzt war er aber außerordentlich schmutzig, und die hellen Sonntagnachmittags-Beinkleider, die er anhatte, desgleichen; sein gelber Schnurrbart war an den Enden kühn in die Höhe gewirbelt, seine Schuhe von unechtem Glanzleder sahen fuchsig aus. Er war für mich eine völlig neue Erscheinung – ein nachgemachter Gigerl; hätten es ihm seine Mittel erlaubt, so wäre er ein echter gewesen. Jedenfalls war er mit sich selbst zufrieden, das konnte man an seinem Gesichtsausdruck sehen, an jeder Bewegung, die er machte, an jeder Stellung, die er einnahm. Er lebte in einem Gigerl-Traumland, wo all sein schmutziges Scheinwesen echt und er selbst keine Lüge war. Wenn man sah, wie er seine kleinen nachgeäfften Künste und Gebärden, seinen falschen Schmuck und jede seiner gezierten Bewegungen mit Wonne genoß, so verlor die Kritik ihren Stachel und der Zorn besänftigte sich. Mir schien es klar, daß er sich einbildete, er wäre der Prinz von Wales und sich ganz so benahm, wie er glaubte, daß sich der Prinz benehmen würde. Dem Dienstmann, der ihm seine vier Reisetaschen nachtrug und ins Netz legte, gab er vier Cents für die Bemühung und entschuldigte sich wegen der geringfügigen Summe, mit einem leisen Anflug der königlichsten Herablassung. Dann rekelte er sich auf dem Vordersitz, legte den Arm unter seinen pomadisierten Kopf, steckte die Füße zum Fenster hinaus und begann die Rolle des Prinzen zu spielen, wie sie ihm vorschwebte. Mit erkünstelter Abgespanntheit sah er den blauen Qualm sich von seiner Zigarette emporkräuseln, sog den Gestank ein und machte ein beglücktes Gesicht; dann streifte er mit einem zierlichen Schwung die Asche fort und lieh dabei ganz unabsichtlich seinen Messingring am Zeigefinger mit der größten Auffälligkeit funkeln. Kurz, er machte alles so täuschend nach, daß man sich wirklich nach Marlborough House versetzt glaubte.

Auf der Fahrt war auch sonst viel zu sehen: Die wunderschöne Gegend im Nationalpark am Hawksbury-Fluß, wo die Waldberge einen stolzen Rahmen um die von See und Strom bewässerte Landschaft bilden und dem Beschauer in immer neuer Gruppierung die entzückendste Szenerie vorführen. Weiterhin grüne Ebenen, spärlich mit Gummiwäldern bedeckt; hie und da eine vereinzelte Hütte, wo die Farmer sich fleißig der Kinderzucht widmeten; dann dürre, trübselige Strecken ohne Leben. Endlich Newcastle mit reger Geschäftstätigkeit, die Hauptstadt des reichen Kohlenbezirks. In der Nähe von Scone viel Landwirtschaft und Weideland, dazwischen häufig ein sehr lästiges Gewächs, eine kleine stachlichte Birnensorte, welche der Farmer täglich zu allen Teufeln wünscht. Sie soll von einer gefühlvollen Dame eingeführt und der Kolonie zum Geschenk gemacht worden sein … Den ganzen Tag über eine wahre Siedehitze.

*

20. Dezember. Wieder nach Sydney zurück. Noch eben solche Glut. Ich habe mir in der Zeitung und auf der Landkarte eine Menge absonderlicher Namen von Städten Australiens zusammengesucht, um ein Gedicht daraus zu machen. Hier ist die Liste:

Tumut Wagga-Wagga Bendigo
Takee Wyalong Coonamble
Murwillumba Murrumbidgee Cootamundra
Bowral Wollongong Woolgoolga
Ballarat Woolloomoolloo Mittagong
Mullengudgery Bombola Jamberoo
Murrurundi Coolgardie Goomaroo
Wolloway Kuitpo Paramatta
Wangary Tungkillo Toowoomba
Wanilla Onkaparinga Taroom
Worrow Talunga Goondiwirdi
Koppio Yatala Narrandera
Yaranyacka Parawirra Jerrilderie
Yankalilla Moorooroo Deniliquin
Waitpinga Munno Parah Oohipara
Goolwa Kapunda Whangarei
Penola Muloowurtie Kaiwaka
Nangwarry Walaroo Hauraki
Kongorong Yackamoorundi Rangiriri
Comaum Mundoora Tauranga
Killanoola Woolundunga Teawamut
Naracorte Coomooroo Taranaki
Binnum Boolero Tongariro
Wirrega Pernatty Kaikoura
Kondoparinga Geelong Wakatipu

Vielleicht tue ich am besten, gleich mit dem Aufbau des Gedichts zu beginnen; das Wetter soll nur dabei behilflich sein:

Gluthitze in Australien.
(In leisem Flüsterton zu lesen, wenn die Lichter gelöscht sind.)

Die Bombola schmachtet im Bowral Baum,
Wo Mullengudgerys Feuerbrand
Vom Hauch Coolgardies berührt wie im Traum
Gespenstisch noch glüht‘, als der Tag verschwand

Und Murriwillumbas Klagelied
Tönt in den Lauben von Woolloomooloo
Wollongong sehnt sich im öden Gebiet
Nach den wonnigen Gärten von Jamberoo.

Das Wallaby seufzt nach dem Murrumbidgee,
Nach dem samtweichen Rasen von Munno Parah,
Wo die heilenden Wasser von Muloowurtie
Vorüberfluten bei Yaranyackah.

Um Wolloway trauert des Koppios Herz,
Er sehnt sich heimlich nach Murrurundi.
Der Whangeron Wombat in bitterm Schmerz
Sieht sich verbannt aus Jerrilderie.

Der Teawamut Tumut vom Wirrega-Tal
Die Nangkita Schwalbe, der Wallaroo Schwan,
Sie hoffen auf Timarus Schatten zumal,
Auf Mittagongs Duft und der Ruhe Nahn.

Der Kooringa Büffel verschmachtet schier,
Der Hauraki keucht in der Sonnenglut,
Der Kongorong floh ins Schattenrevier,
Doch im Todesschlaf der Goomaroo ruht.

Auf Moorooroos Flur in dem Höllenbrand
Stirbt, ach! der Yataly Wangary hin;
Und den Worrow Wanilla zum Waldesland
Von Woolgoolga sieht man verzweifelnd fliehn.

Nangwarry irrt einsam, Coonamble vergeht
Tungkillo Kuitpo legt Trauerkleid an.
Kein rettender Windhauch aus Whangarei weht,
Kein West zieht aus Booleroo kühlend heran.

Myponga, Kapunda, o schlummert nicht mehr!
Yankalilla, Parawirra, erwacht!
Vernimm’s Killanoola – der Tod schleicht umher
Auf Penolas Warnung gib acht!

Schon sind Tongariro und Wakatipu
Cootamundra, Kaikoura, verbrannt.
Von Onkaparinga bis Oamarou
Steht in Flammen Toowoombas Land.

Paramatta und Binnum, sie gingen zur Ruh‘,
Mundoora Taroom ward ihr Grab.
Kawakama, Takee – der Rasen deckt zu.
Was es Schönstes auf Erden einst gab.

Narrandera trauert; dem liebenden Laut,
Gibt Camaroo Antwort nicht mehr;
Wo einst man Goolwa, Woolundunga erschaut,
Ist alles öde und leer.

Die Wörter sind für die Poesie wie geschaffen; bessere habe ich mein Lebtag nicht gehört. Die Liste umfaßt einundachtzig Stück, aber ich habe nicht alle gebraucht und mir nur vierundsechzig herausgegriffen. Mir scheint, das ist ein gehöriges Bündel für jemand, der nicht Dichter von Beruf ist. Vielleicht wäre es einem Hofpoeten besser gelungen, aber ein Hofpoet bezieht auch Gehalt. Wenn ich Verse mache, bekomme ich nichts dafür, im Gegenteil, es kostet mich oft noch Geld. Das beste Wort im ganzen Verzeichnis, das auch am melodischsten girrt und gluckst ist Woolloomooloo. So heißt ein Ort in der Nähe von Sydney, ein Lieblingsziel für Vergnügungsausflüge. Es sind nicht weniger als acht o in dem Namen.

*

Schluß der 1. Abteilung.

Viertes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Es ist leichter, sich ein dutzendmal ins Gesicht tadeln zu lassen, als eine einzige unwahre Schmeichelei anzuhören.

Querkopf Wilsons Kalender.

Von Honolulu abgesegelt. Aus meinem Tagebuch:

2. September. – Scharen fliegender Fische – schlank, wohlgestaltet, leicht beweglich und glänzend weiß. Im Sonnenschein sehen sie wie ein Schwarm silberner Obstmesser aus. Sie können über hundert Meter weit fliegen.

3. September. – Frühstück unter 9° 50′ nördlicher Breite. Wir segeln schräg auf den Aequator zu. Alle, welche die Linie noch nie passiert haben, sind ungemein aufgeregt; auch ich möchte nichts in der Welt lieber sehen als den Aequator. Gestern abend erreichten wir die Gegend der Kalmen, wo vollkommene Windstillen mit täglichen Stürmen und Regengüssen wechseln, bei denen der Wind fortwährend umspringt, die See kurze Wellen schlägt und das Schiff wie betrunken hin- und herschwankt. Derartige Zustände findet man bisweilen auch in andern Regionen, aber in der Gegend der Kalmen hören sie nie auf; ihr Gürtel um den Erdball hat eine Breite von zwanzig Grad, und die Schnur, welche man den Aequator nennt, läuft in der Mitte herum.

*

4. September. – Gestern abend hatten wir eine totale Mondfinsternis, die etwa bis 7.30 dauerte. Zuerst sah man eine schöne rosige Wolke mit zerklüfteter Oberfläche, die aus einem kreisförmigen Rahmen hervortrat – es erinnerte an eine Portion Erdbeereis. Als der Mond zur Hälfte wieder sichtbar war, glich er einer goldenen Eichel in ihrem Näpfchen.

*

5. September. – Um Mittag kamen wir dicht an den Aequator heran. Ein Matrose erklärte einem jungen Mädchen, das Schiff mache so wenig Fahrt, weil der Erdball in der Mitte eine Ausbuchtung habe, zu der wir emporklimmen müßten; hätten wir erst beim Aequator die höchste Stelle erreicht, dann ginge es bergunter mit Windeseile. Der Mann ist voller Gelehrsamkeit, da kann das Mädchen noch viel profitieren.

*

Nachmittags. – Wir haben die Linie passiert. Von weitem sah es aus, als breite sich ein blaues Band quer über den Ozean. Mehrere Passagiere machten photographische Aufnahmen. Wir hatten keinen Mummenschanz, keine Narrenspossen und groben Späße, das ist jetzt alles abgeschafft. In früheren Zeiten kam ein als Neptun verkleideter Matrose mit seinem Gefolge über den Schiffsbug gegangen, und jeder, der zum erstenmale die Linie passierte, mußte sich von ihm einseifen und barbieren lassen. Zum Schluß pflegte man die armen Opferlämmer abzuspülen, indem man sie von der Raanocke hinunterließ und dreimal ins Meer tauchte. Dies galt für sehr belustigend – warum, weiß niemand. Das heißt, ja – wir wissen es doch! Auf dem Lande hätten so närrische Veranstaltungen, wie sie ehemals beim Passieren der Linie Sitte waren, nicht die geringste komische Wirkung; man würde sie einfach für albern und sinnlos erklären. Aber die Landratten sollen nur erst einmal zu Schiffe gehen und eine lange Seereise machen, vielleicht wären sie dann anderer Ansicht. Auf solcher Fahrt nehmen die Verstandeskräfte gewaltig ab, und die klügsten Leute geraten bald in eine Gemütsstimmung, bei der sie eine kindische Unterhaltung jeder vernünftigen Beschäftigung vorziehen. Man staunt wirklich oft über die Kindereien, mit denen sich erwachsene Menschen an Bord abgeben und begreift nicht, wie sie dergleichen mit solchem Eifer betreiben und sich so königlich dabei amüsieren können. Ich spreche natürlich nur von langen Seereisen, bei denen der Geist sich allmählich abstumpft und träge und schwerfällig wird. Da verliert man sein gewöhnliches Interesse an höheren Dingen; nur derbe Späße sind noch imstande uns aufzurütteln, und ausgelassene Narretei gewährt uns das größte Vergnügen.

Bei kürzeren Seereisen ist das anders; da hat der Geist nicht Zeit, auf so traurige Art zu versimpeln, und man schafft sich die nötige Körperbewegung durch das Beilkespiel. Auch wir vertrieben uns unterwegs die Zeit damit aufs angenehmste. Vor dem Beginn des Spiels zeichnet der Quartiermeister die nachstehende Kreidefigur auf das Deck, und jeder Spieler erhält vier hölzerne Scheiben von der Größe einer Untertasse, die er mit einer Art Besenstiel, an dem eine hölzerne Mondsichel befestigt ist, durch einen kräftigen Stoß fünfzehn bis zwanzig Fuß weit über das Deck befördern muß, so daß sie in einem der Quadrate landen. Bleibt die geworfene Scheibe dort, bis der erste Gang vorüber ist, so gilt sie so viel wie die Zahl in dem betreffenden Quadrat.

10
8 1 6
3 5 7
4 9 2
10 minus

Der Gegner muß sich bemühen, die feindliche Scheibe hinauszustoßen, besonders wenn sie auf eine hohe Nummer getroffen hat, und seine eigene an die Stelle zu setzen. Liegt sie aber auf 10 minus so wird er im Gegenteil danach trachten, seine Scheibe so zu schieben, daß der andere Spieler die seinige nicht wieder aus diesem verderblichen Platz herausbringen kann, weil ihm der Zugang versperrt ist. Nach jedem Gang werden die Points gezählt; oft können alle Scheiben mitgerechnet werden, aber die, welche den Kreidestrich berühren, gelten nicht; auch findet manchmal ein großes Scharmützel statt, so daß keine einzige Scheibe mehr in den Quadraten liegt. Wenn eine Partei hundert Points hat, ist das Spiel zu Ende; es dauert meist zwischen zwanzig und dreißig Minuten, was vom Glück und der Bewegung des Schiffes abhängt. Geht die See hoch, so ist man genötigt, die Kraft und Richtung des Stoßes genau abzuwägen. Hebt sich das Schiff, muß man stark stoßen, senkt es sich, so kommt es darauf an Maß zu halten, da sich die Wirkung nicht leicht berechnen läßt. Schwankt das Schiff nach rechts, und man zielt nach der linken oberen Seite der Kreidefigur, so gleitet die Scheibe im Bogen gerade in ein Quadrat hinein, falls man nämlich genau die richtige Stärke getroffen hat. Das Spiel ist aufregend, und die meist sehr zahlreichen Zuschauer lassen es nicht an Beifall oder Hohngelächter fehlen, je nachdem eins oder das andere am Platze ist. Es erfordert auch viel Geschicklichkeit, aber da man sich auf die Bewegung des Schiffes nie verlassen kann, ist es noch mehr Glückssache.

Um zu entscheiden, wer ›Meister des Beilkespiels auf dem Stillen Ozean‹ sein sollte, fochten wir großartige Turniere aus, an denen sich fast alle unsere Mitreisenden männlichen und weiblichen Geschlechts, sowie sämtliche Offiziere beteiligten. Der Kampf wurde viele Tage lang mit großer Hartnäckigkeit fortgesetzt, er war sehr lebhaft und machte uns todmüde, wegen der starken Bewegung, die man bei dem Spiele hat. Schließlich behauptete Herr Thomas, einer der Passagiere, seine unbestrittene Meisterschaft.

Bei einem der kleineren Wettkämpfe hatte ich jedoch den Sieg davongetragen und den ausgesetzten Preis, eine Waterbury-Taschenuhr gewonnen, die ich im Koffer verwahrte. Neun Monate später, in der Stadt Prätoria in Südafrika, nahm ich sie wieder heraus, weil meine eigene Uhr stehen geblieben war, zog sie auf und stellte sie nach der Turmuhr am Parlamentsgebäude auf 8 Uhr 5 Minuten; dann begab ich mich in mein Schlafzimmer und ging früh zu Bette, da ich nach einer langen Eisenbahnfahrt der Ruhe bedurfte. Jene Parlamentsuhr hatte eine ganz verrückte Eigenschaft, die sonst nirgends in der Welt vorkommt, aber das wüßte ich damals nicht; sie schlägt nämlich, wenn es halb ist, die nächste volle Stunde und schlägt sie dann abermals zur richtigen Zeit. Eine Weile rauchte und las ich noch im Bett; als ich aber die Augen nicht länger offen halten konnte und eben im Begriff war, das Licht zu löschen, dröhnte es gewaltig vom Turme. Ich zähle zehn Schläge und lange nach meiner Preisuhr, um sie zu vergleichen. Sie stand auf 9.30, war also schon eine halbe Stunde zurückgeblieben. Für eine Dreidollaruhr hatte sie jedenfalls zu geringe Geschwindigkeit, doch glaubte ich, das veränderte Klima sei schuld. Ich stellte sie eine halbe Stunde vor, nahm wieder mein Buch zur Hand und wartete. Es schlug noch einmal zehn; meine Uhr aber zeigte 10.30. Diese übergroße Eile überraschte mich – es war zuviel für das Geld. Nachdem ich die Zeiger um eine halbe Stunde zurückgeschoben hatte, horchte und wartete ich wieder; ich konnte jetzt nicht anders, denn ich war unruhig und ärgerlich und fühlte keine Schläfrigkeit mehr. Nicht lange, so schlug es 11 vom Turme und auf meiner Uhr war es 10.30. Wieder stellte ich sie eine halbe Stunde vor und fing schon an die Geduld zu verlieren. Da schlug es noch einmal 11; als ich aber sah, daß die Waterbury-Uhr auf 11.30 zeigte, schleuderte ich sie gegen den Bettpfosten, daß sie in Stücke ging. Tags darauf, als ich hinter die Geschichte kam, tat mir das freilich leid.

Doch ich kehre zum Schiff zurück. – Der gewöhnliche Durchschnittsmensch ist ein boshaftes Geschöpf, und wenn er das nicht ist, hat er Freude an handgreiflichen Späßen. Für die Person, die ihm als Zielscheibe dient, kommt das auf eins heraus, sie wird jedenfalls zum Opferlamm.

Auf allen Schiffen wird das Abspülen des Deckes in sehr früher Stunde vorgenommen, aber nur selten trifft man dabei Maßregeln zum Schutz der Passagiere; es wird ihnen weder vorher angekündigt, noch schickt man einen Aufwärter hinunter, um die Kajütenfenster zu schließen. So haben denn die Matrosen beim Deckspülen freie Hand, was sie sich nach Kräften zu nutze machen. Platsch! schütten sie einen Eimer Wasser längs der Schiffseite hin, daß es durch die Kajütenfenster fließt und nicht nur die Kleider der Passagiere, sondern auch diese selbst durchnäßt. Auf unserm Schiff herrschte diese gute alte Sitte ebenfalls und zwar unter sehr günstigen Bedingungen, denn in den glühenden tropischen Regionen wird außen am Fenster ein abnehmbarer Zinkvorsetzer in Form einer Zuckerschaufel befestigt, um den Wind zu fangen, so daß Luft ins Innere dringt. Aber auch das Wasser sammelt sich dort und fließt hindurch – oft in ganzen Strömen. – Frau J., eine kranke Dame, mußte nach ärztlicher Verordnung auf dem Sofa schlafen, der unter ihrem Kajütenfenster stand. Jedesmal, daß sie nicht auf ihrer Hut war und zu lange schlief, überschwemmten sie die Deckspüler mit einem Wasserguß.

Und erst die Anstreicher – was hatten die für ein lustiges Leben! Zwar sollte das Schiff in Sydney einen Monat lang in dem Dock ausgebessert werden, aber trotzdem wurde es die ganze Fahrt über bald hier bald da neu angestrichen. Die Kleider der Damen litten fortwährend Schaden, doch weder Bitte noch Einspruch fand Gehör. Es kam nicht selten vor, daß eine Dame in der Nähe eines Ventilators oder irgend eines andern Dinges, das gar nicht angestrichen zu werden brauchte, ihr Mittagsschläfchen hielt und beim Erwachen entdeckte, daß ein Spaßvogel sich mit seinen Farbentöpfen über besagten Gegenstand hergemacht hatte, und ihr weißes Kleid von oben bis unten mit kleinen gelben Ölflecken bespritzt war.

Die Schiffsoffiziere sind nicht schuld an dieser Farbenkleckserei zu ungelegener Zeit, sondern der alte Brauch. Seit Noahs Tagen gilt das Gesetz, daß an einem Schiff während der Fahrt unausgesetzt herumgeputzt und angestrichen werden muß. Dies Gesetz ist zur Gewohnheit geworden, und auf der See haben Gewohnheit und Sitte ein ewiges Leben. Der alte Brauch wird nicht aufhören bis das Meer ausgetrocknet ist.

8. September, Sonntag. Wir segeln in fast gerader Linie nach Süden, sodaß wir täglich nicht mehr als zwei Längengrade kreuzen. Heute früh waren wir beim 178. Grad westlicher Länge von Greenwich; morgen kommen wir dicht an die Mitte der Erdkugel beim 180. Grad westlicher Länge und dem 180. Grad östlicher Länge.

Und dann müssen wir einen Tag aus unserm Leben streichen, der auf immer unwiederbringlich verloren ist. Wir werden alle einen Tag früher sterben, als es uns seit Anbeginn vom Geschick bestimmt war. Die ganze Ewigkeit hindurch bleiben wir um diesen einen Tag zurück. Wenn wir droben zu den Engeln sagen: »Heute ist schönes Wetter!« werden sie stets erwidern: »Es ist gar nicht heute, sondern morgen!« Wir kommen nie wieder aus der Verwirrung heraus; unsere Seelenruhe ist auf immer dahin!

Am nächsten Tage. Jetzt ist es wirklich zur Wahrheit geworden. Gestern war Sonntag, der 8. September – und heute steht auf dem Anschlagbrett am Eingang zur Kajütentreppe: Dienstag, 10. September. Man hat ein unbehagliches Gefühl dabei, als wäre Zauberei im Spiele. Es ist ja auch wirklich unbegreiflich, wenn man es recht bedenkt, und man kann sich keine Vorstellung davon machen. Als wir den 180. Meridian kreuzten, war es am Stern des Schiffes, wo die Meinigen sich aufhielten Sonntag, und am Bug, wo ich war, Dienstag. Sie verzehrten einen halben Apfel am 8. September, und ich aß gleichzeitig die andere Hälfte am 10. In den fünf Minuten, seit ich sie verlassen hatte, war ich um einen Tag älter geworden, sie dagegen nicht. Der Tag, den sie verlebten, erstreckte sich hinter ihnen um die halbe Erdkugel durch den Stillen Ozean, Amerika und Europa; der Tag, den ich verlebte, dehnte sich vor mir um die andere Hälfte der Erde aus, bis beide zusammentrafen. Tage von solchem Umfang waren uns noch niemals vorgekommen, alle früheren schrumpften im Vergleich dazu in ein Nichts zusammen. Auch der Temperaturunterschied der beiden Tage war bemerkenswert; der ihrige war heißer als meiner, wegen der größeren Nähe des Aequators.

Gerade zur Zeit, als wir den Großen Meridian kreuzten, wurde im Zwischendeck ein Kind geboren, und nun läßt sich auf keine Weise feststellen, welches sein Geburtstag ist. Wie Wärterin sagt Sonntag, der Arzt Dienstag. Das Kind selbst wird nie darüber ins klare kommen und immer zwischen den beiden Tagen schwanken. Dadurch müssen alle seine Ansichten über Religion, Politik, Liebe, Berufswahl und dergleichen in Unsicherheit geraten, seine Grundsätze werden erschüttert, seine Charakterentwicklung gehemmt, und dem armen Ding von vornherein jede Möglichkeit eines erfolgreichen Wirkens abgeschnitten.

Das sagten alle Leute an Bord. Aber, damit war das Unheil noch nicht einmal erschöpft. Ein ungeheuer reicher Bierbrauer auf dem Schiff hatte nämlich schon zehn Tage vorher gesagt, falls das Kind an seinem Geburtstag zur Welt käme, würde er ihm zehntausend Dollars zum Geschenk machen. Sein Geburtstag war aber Montag den 9. September.

Wenn alle Schiffe in derselben Richtung – nämlich nach Westen – führen, so würde der Welt eine ungeheure Menge wertvoller Zeit verloren gehen, weil Passagiere und Mannschaften eine solche Unzahl von Tagen auf dem Großen Meridian über Bord werfen. Aber glücklicherweise segelt die Hälfte der Schiffe nach Osten, und so entsteht kein wirklicher Verlust. Diese fischen nämlich die weggeworfenen Tage auf, um sie dem Zeitvorrat der Welt wieder hinzuzufügen und zwar fast unversehrt, denn durch das Salzwasser werden sie frisch erhalten und bleiben so gut wie neu.

Drittes Kapitel.

Drittes Kapitel.

Es macht mehr Mühe, Lebensregeln aufzustellen, als das Rechte zu tun.

Querkopf Wilsons Kalender.

Endlich kam er – aber wie wurde ich enttäuscht! – Die Cholera war in der Stadt ausgebrochen und jeder Verkehr mit dem Ufer untersagt. So fiel mein neunundzwanzigjähriger Traum plötzlich ins Wasser. Zwar erhielt ich Grüße und Botschaften von den Freunden am Lande; sie selber durfte ich nicht sehen. Der Saal stand für meine Vorlesung bereit, allein ich sollte ihn nicht betreten.

Von unsern Passagieren waren mehrere in Honolulu ansässig und wurden ans Land gesetzt; doch niemand durfte von dort wieder zurückkehren. Auch konnten wir die Leute, die bereits eingeschrieben waren, um mit uns nach Australien zu segeln, nicht auf der Insel abholen; wir hatten sonst vor Sydney wer weiß wie lange Quarantäne halten müssen. Tags zuvor wäre es ihnen noch möglich gewesen, nach San Francisco zu entkommen, aber jetzt war der Hafen gesperrt, und Wochen konnten vergehen, bevor ein Schiff wagen durfte, sie irgendwohin mitzunehmen. Uebrigens waren sie nicht die einzigen, denen ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde. Eine ältere Dame aus Massachusetts hatte mit ihrem Sohn zur Erholung eine Seefahrt unternommen; unversehens waren sie immer weiter mit uns nach Westen gefahren, hatten mehrmals den Rückweg antreten wollen und zuletzt den Beschluß gefaßt, von Honolulu bestimmt umzukehren. Aber, was nützen dergleichen Vorsätze in dieser Welt! – Mutter und Sohn sahen sich jetzt gezwungen bei uns zu bleiben, bis wir Australien erreichten. Von dort konnten sie eine Reise um die Welt machen oder auf dem nämlichen Wege wieder zurückkehren; in betreff der Entfernung, der Kosten und des Zeitverlustes kam es ganz auf dasselbe heraus. So wie so mußten sie ihren beabsichtigten Ausflug von etwa fünfhundert Meilen auf vierundzwanzigtausend Meilen verlängern. Das war keine Kleinigkeit.

Auch einen Rechtsanwalt aus Victoria hatten wir an Bord, der von der Regierung in internationalen Angelegenheiten nach Honolulu geschickt worden war. Er hatte seine Frau mitgenommen und die Kinder bei den Dienstleuten zu Hause gelassen – was sollte er nun tun? Es wäre Torheit gewesen, auf die Gefahr der Ansteckung hin ans Land zu gehen. Das Ehepaar beschloß daher, nach den Fidschi-Inseln zu fahren und dort vierzehn Tage auf das nächste Schiff zu warten, um die Heimreise anzutreten. Daß es sechs Wochen dauern würde, bis sie ein solches Schiff zu Gesicht bekamen und sie inzwischen von den Kindern keinerlei Nachricht erhalten, noch ihnen irgend welche Kunde zukommen lassen könnten, hatten sie nicht vorausgesehen. Es ist kein Kunststück, in dieser Welt Pläne zu machen; auch ein Kater kann das tun. Aber man darf nur nicht vergessen, daß in jenen fernen Meeren menschliches Denken keinen größeren Wert hat, als eine Kateridee. Seine Bedeutung schrumpft dort ganz außerordentlich zusammen.

Uns blieb keine andere Wahl, als auf dem Deck im Schatten der Sonnenzelte zu sitzen und nach den fernen Inseln hinüberzusehen. Wir lagen in klaren, blauen Gewässern, landwärts wurde das Wasser glänzend grün und am Ufer brach es sich in einer langen weißen Schaumwelle, aber ohne Anprall; kein Laut erreichte unser Ohr. Die Stadt schien wie begraben in undurchdringlichem Laubwerk. Ueber die duftigen Berge war der zarteste Schmelz und Farbenglanz ausgegossen und die Klippen hüllten sich in leichte Nebel. Ich erkannte alles wieder. Gerade so hatte ich es vor langen Jahren erblickt; die Schönheit war noch unverändert, nichts fehlte an dem entzückenden Bilde.

Und doch hatte sich dort ein Wechsel vollzogen, aber er war politischer Art und vom Schiff aus nicht zu erkennen. Die damalige Monarchie hatte sich in eine Republik verwandelt, was aber keinen wesentlichen Unterschied machte. Nur den alten leeren Pomp und das unnütze, lärmende Schaugepränge bekommt man nicht mehr zu sehen, und die königliche Schutzmarke ist allenthalben verschwunden; etwas anderes würde man jedoch schwerlich vermissen. Jene Scheinmonarchie war schon zu meiner Zeit höchst absonderlich; hätte sie noch dreißig Jahre länger bestanden, so wären dem Könige gar keine Untertanen von seiner eigenen Rasse mehr übrig geblieben.

Wir hatten einen wundervollen Sonnenuntergang. Die weite Oberfläche des Meeres teilte sich in Farbenstreifen, welche scharf von einander abstachen. Einige Strecken waren dunkelblau, andere purpurrot oder von glänzender Bronzefarbe; über die wellenförmige Bergkette breiteten sich die zartesten braunen, grünen, blauen und roten Schattierungen; manche der runden schwarzen Kuppen sahen so sammetweich aus wie ein glänzender Katzenbuckel; man bekam ordentlich Lust sie zu streicheln.

Das allmählich abfallende Vorgebirge, das im Westen weit ins Meer hinausragte, hatte zuerst ein bleifarbenes, gespenstisches Aussehen, dann wurde es von einem roten Hauch übergossen, es zerfloß sozusagen in ein rosenfarbenes Traumgebilde und schien nicht der Wirklichkeit anzugehören. Urplötzlich aber sah man diesen Wolkenfels in eine wahre Feuersglut getaucht, die sich in den Wellen widerspiegelte; es war ein Anblick, bei dem man hätte trunken werden können vor Entzücken.

Zufolge meiner Gespräche mit den Passagieren, die in Honolulu zu Hause waren, und mit Hilfe einer Skizze von Frau Mary Krout, war ich imstande, das heutige Honolulu mit dem damaligen zu vergleichen. Zu meiner Zeit war es ein schönes Städtchen, das aus schneeweißen, hölzernen Landhäusern bestand, die über und über mit tropischen Schlingpflanzen bedeckt und rings von Blumen, Bäumen und Sträuchern umgeben waren; Straßen und Wege, auf Korallengrund erbaut, waren steinhart, glatt und eben und so weiß wie die Häuser selbst. Schon der äußere Anblick verriet einen Zwar bescheidenen aber behaglichen Wohlstand, der sich – das ist nicht zu viel gesagt – auf alle Bewohner erstreckte. Kostbare Häuser, Möbel und Zierate gab es nicht. In den Schlafzimmern brannte man Talglichter und im Salon eine Tranlampe. Matten aus einheimischem Fabrikat dienten statt der Teppiche, zwei oder drei Lithographien schmückten die Wände; meist waren es Bilder von Kamehameha IV., Ludwig Kossuth, Jenny Lind, oder auch ein paar Kupferstiche, z. B. Rebekka am Brunnen, Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, Josephs Diener finden den Becher in Benjamins Sack u. dgl. Auf dem Mitteltisch lagen Bücher friedlichen Inhalts, wie: ›Menschenpflichten‹, Baxters ›Ruhe der Heiligen‹, ›Die Märtyrer‹ von Fox und Tuppers ›Philosophie in Sprichwörtern‹; auch der ›Missionsherold‹ und Pater Dämons ›Freund des Seemanns‹ in gebundenen Exemplaren.

Der Notenständer neben dem Harmonium enthielt gefühlvolle Liebeslieder, wie: ›Willie, wo weilst du nur?‹ ›Lieblicher Abendstern›, ›Wandle doch, Silbermond‹, ›Sind wir jetzt beinah dort?‹ und ähnliches, nebst einer Sammlung ausgewählter Hymnen. Auch ein Nipptischchen war vorhanden mit halb kugelförmigen gläsernen Briefbeschwerern, in denen Miniaturbilder von Schiffen, Seestürmen mit Staffage und dergleichen zu sehen waren; ferner Seemuscheln mit Bibeltexten in erhabener Arbeit, Walfischbarten, in die aufgetakelten Schiffe eingeschnitten waren und allerlei einheimische Seltenheiten. Erzeugnisse fremder Weltteile fehlten ganz, denn niemand war auf Reisen gewesen. Man machte wohl Ausflüge nach San Francisco, aber die wurden nicht mitgerechnet; im allgemeinen blieb man ruhig im Lande.

Seitdem ist Honolulu jedoch reich geworden, dadurch hat sich vieles geändert und die alte Einfachheit ist zum Teil verschwunden. Frau Krout beschreibt die moderne Wohnung wie folgt:

»Fast jedes Haus liegt inmitten ausgedehnter Rasenplätze und Gartenanlagen, die mit einer Mauer aus vulkanischem Gestein oder dichten Hecken von glänzendem Hibiskus umgeben sind.

»Im Innern sind die Häuser aufs geschmackvollste und behaglichste eingerichtet; der Fußboden aus hartem Holz ist mit Teppichen oder feinen indischen Matten belegt, die Möbel, wie man es in warmen Ländern liebt, aus Rotang oder Bambusrohr gefertigt. Auch das gewöhnliche Beiwerk von Raritäten, Büchern und Kuriositäten aus allen Teilen der Welt ist vorhanden und dient zum Schmuck sämtlicher Räume, denn die Bewohner der Sandwichinseln sind unermüdliche Reisende.

»Die meisten Häuser besitzen ein sogenanntes ›Lanai‹. Das ist ein großes, an drei Seiten offenes Gemach, von dem eine Tür oder ein gewölbter, mit Draperien geschmückter Eingang in das Empfangszimmer führt. Häufig wölben sich die verschlungenen Zweige des Stechpalmbaumes darüber zu einem dichten Dach, das weder die Sonne hindurchläßt noch den Regen, außer bei sehr heftigen Gewittern. An den Seiten werden Schlingpflanzen gezogen – Stephanotis oder irgend eine andere der zahllosen wohlriechenden und blühenden Arten, welche auf den Inseln wuchern. Gegen Sonne und Regen kann man sich auch durch herabzulassende Matten schützen.

»Der Fußboden ist meist, der Kühle wegen, ganz unbedeckt oder nur zum Teil mit Teppichen belegt; auch enthält das ›Lanai‹ bequeme Stühle und Sofas, und auf den Tischen prangen wundervolle Farnkräuter in Töpfen oder die schönsten Blumensträuße.

»Das ›Lanai‹ ist das beliebteste Gesellschaftszimmer; hier wird Musik gemacht, man reicht Eis und Kuchen herum, nimmt Morgenbesuche an und versammelt sich zum gemeinschaftlichen Ausritt, die Damen in hübschen geteilten Röcken, die sie der Bequemlichkeit wegen tragen, denn hier reiten alle auf die gleiche Weise, Europäer und Amerikaner beiderlei Geschlechts sowohl wie die Eingeborenen.

»Man kann sich kaum vorstellen, wie köstlich bequem und behaglich ein solcher Raum ist, besonders in einer Villa am Seestrande. Sanfte Lüfte, von Jasmin und Gardenien durchduftet, wehen herein; man blickt durch schwankende Zweige von Palmen und Mimosen bald auf die zackigen Berge, deren Gipfel in Wolken gehüllt sind, bald auf das violettfarbene Meer mit der weißschäumenden Brandung, die sich fort und fort an den Klippen bricht und im gelben Sonnenschein oder beim zauberischen Mondesglanz der Tropen ein noch blendenderes Weiß annimmt.« Da habt ihr den Unterschied: Teppiche, Eis und Kuchen, Bilder, Lanais, weltliche Bücher, sündhafte Raritäten aus aller Herren Ländern, und die Damen sitzen rittlings zu Pferde. Zu meiner Zeit taten das nur die eingeborenen Weiber, die weißen Damen hatten nicht den Mut, diese vernünftige Sitte mitzumachen. Damals bekam man auch in Honolulu nur selten Eis zu sehen. Segelschiffe brachten es zuweilen als Ballast aus Neuengland, und wenn dann zufällig ein Kriegsdampfer im Hafen lag, so daß Bälle und Abendgesellschaften sich drängten, wurde der Ballast oft, nach glaubwürdiger Ueberlieferung, zu sechshundert Dollars die Tonne verkauft. Jetzt ist die Eismaschine in der ganzen Welt herumgekommen, und wer will, kann sich die Erquickung bereiten. Selbst in Lappland und Spitzbergen braucht heutzutage niemand mehr Natureis, ausgenommen die Bären und Walrosse.

Vom Fahrrad steht in dem Bericht kein Wort; das ist auch nicht nötig. Wir wissen genau, daß es dort eingeführt ist, ohne uns erst zu erkundigen, denn, wo wäre es nicht zu finden? Ohne Fahrrad hätten die Menschen nun und nimmermehr ihre Sommerwohnung auf der Spitze des Mont Blanc nehmen können; der Grund und Boden dort oben hat nur nominellen Wert gehabt, ehe wir es kannten. Leider haben die Damen von Honolulu zu spät gelernt, wie man richtig zu Pferde sitzen muß. Was nützt es ihnen nun, da doch das Reitpferd sich in der ganzen Welt mehr und mehr vom Geschäft zurückzieht? In der Hauptstadt der Hawaii-Inseln wird man es bald nur noch vom Hörensagen kennen.

Zu dieser Inselgruppe gehört auch Molokai, und wir alle wissen, daß Pater Damien, der französische Priester, einst freiwillig die Welt verließ, um nach jenem traurigen Aufenthaltsort zu den Leprakranken zu gehen. Wir kennen auch seine Wirksamkeit unter den armen Ausgestoßenen, die dort ihr elendes Dasein weiter schleppen und auf den Tod warten, der sie von ihren Leiden erlösen soll. Was er vorausgesehen hatte, ging wirklich in Erfüllung: er bekam selbst den Aussatz und starb an der entsetzlichen Krankheit.

Es gibt aber noch andere Falle von Selbstaufopferung. Ich erkundigte mich nach ›Billy‹ Ragsdale, einem halbweißen jungen Mann, der zu meiner Zeit als Dolmetscher beim Parlament angestellt und ebenso hochbegabt wie allgemein beliebt war. Ein so vorzüglicher Dolmetscher ist mir nirgends wieder vorgekommen; wenn er in einer Parlamentssitzung, aufstand und die englischen Reden ins Hawaii, die hawaiischen Reden ins Englische übertrug, war seine rasche Auffassung und Zungenfertigkeit wahrhaft staunenswert. Auf eine Frage nach ihm erfuhr ich, daß seine glänzende Laufbahn ein völlig unerwartetes und rasches Ende gefunden hat, als er gerade im Begriff stand, ein schönes Mädchen gemischter Rasse zu heiraten. An einem fast unsichtbaren Zeichen auf seiner Haut hatte er erkannt, daß ihm das Gift des Aussatzes im Körper stecke. Niemand wußte um dies Geheimnis; er hätte es noch jahrelang verborgen halten können. Aber er wollte keinen Verrat an dem Mädchen üben, das er liebte, und es nicht durch die Heirat zu demselben grauenvollen Geschick verdammen, dem er entgegenging. So brachte er denn seine Angelegenheiten in Ordnung, suchte noch einmal seine Freunde auf, nahm Abschied von ihnen und segelte in dem Lepraschiff nach Molokai. Dort starb er den langsamen entsetzlichen Tod, den alle Aussätzigen sterben.

Hier möchte ich noch einige Abschnitte aus dem ›Paradies des Stillen Ozeans‹ von Pfarrer H. H. Gowen einschalten:

»Die armen Leprakranken!« sagt der Verfasser. »Es mag leicht sein, für die, welche weder Freunde noch Anverwandte unter ihnen haben, das Gebot völliger Absonderung in seiner ganzen Strenge durchzuführen! Aber, wer beschreibt die schrecklichen, herzbrechenden Auftritte, welche diese Gewaltmaßregeln im Gefolge haben?

»Ein Mann aus Hawaii wurde plötzlich festgenommen und fortgeschafft. Seine Frau, die unmittelbar vor ihrer Entbindung stand, blieb allein und hilflos zurück. Ohne Not und Gefahr zu achten, unternahm sie die Reise nach Honolulu und bat so lange und inbrünstig um die Erlaubnis, ihren leprakranken Mann in die Verbannung begleiten zu dürfen, um dort wie eine Aussätzige mit ihm zu leben, daß die Behörden ihrem Flehen nicht widerstehen konnten.

»Ueber eine glückliche Gattin und Mutter in der Blüte der Jahre wird das Urteil gefällt, daß sich bei ihr die Anfänge der Leprakrankheit zeigen; man schleppt sie ohne Aufschub aus ihrem Hause fort, und als der Mann heimkehrt, findet er nur noch seine zwei verlassenen Kleinen, die nach der verlorenen Mutter schreien.

»Luka Kaaukau, die Frau eines Aussätzigen, lebt seit zwölf Jahren mit ihrem Mann auf der Leprainsel. Der Unglückliche hat fast keine Gelenke mehr; seine Beine sind unförmlich und mit Geschwüren bedeckt. Seit vier Jahren flößt ihm die Frau alle Nahrung ein; er hat schon oft gewünscht, sie möchte ihn seinem elenden Schicksale überlassen, da sie heil und gesund ist, aber Luka sagt, daß sie gern dableiben und den Mann, den sie geliebt hat, pflegen will, bis sein Geist von der Erdenlast befreit ist.

»Ich selbst,« fährt Pfarrer Gowen fort, »habe manchen schweren Fall erlebt: Ein Mädchen, das mir scheinbar noch in voller Gesundheit geholfen hatte die Kirche beim Osterfest zu schmücken, ist, ehe es Weihnachten war, als unheilbare Leprakranke fortgeschafft worden. Eine Mutter hat ihr Söhnchen jahrelang im Gebirge verborgen gehalten, aus Furcht, man möchte es ihr entreißen; selbst ihre besten Freunde hatten keine Ahnung davon, daß das Kind noch am Leben war. Ein angesehener Weißer wurde von Frau und Kindern getrennt und gezwungen im Leprosenhause zu leben, wo er von aller Welt für tot angesehen wird, sogar von der Lebensversicherungsgesellschaft.«

Und was am meisten unser Mitleid erregt, ist, daß diese armen Dulder ganz unschuldig leiden. Der Aussatz ist nicht die Folge ihres eigenen Lebenswandels, sondern ein Fluch, der auf den Sünden ihrer Vorfahren lastet, während diese selbst von der Krankheit verschont geblieben waren.

Herr Gowen erzählt uns auch von einer ungemein rührenden und schönen Einrichtung, die auf der Leprainsel besteht: Wenn der Tod einem Leidenden die Kerkertür des Lebens auftut, so spielt das Musikchor eine Freudenhymne, um die Befreiung der gequälten Seele mit Jubel zu begrüßen.

Dreißigstes Kapitel.

Dreißigstes Kapitel.

Zeit und Flut warten auf niemand! Ein prahlerisches, dünkelhaftes Sprichwort, das sich eine Billion Jahre erhalten hat, aber heutzutage nicht mehr gilt. Wir, mit unsern elektrischen Drähten und den Schiffen mit Wasserballast, kehren es um und sagen: Niemand wartet ans Zeit und Flut. –

Querkopf Wilsons Kalender.

Auf der Fahrt bis Christchurch glaubt man im heutigen England zu sein – die Gegend sieht aus wie ein Garten. Christchurch selbst ist eine englische Stadt, mit englischen Parkanlagen und einem englischen Fluß, der sich gleich dem Avon durch die Landschaft schlängelt – er heißt auch Avon, aber nach einem Manne, nicht nach Shakespeares Fluß. An seinen grünen Ufern stehen die stattlichsten und denkwürdigsten Trauerweiden der ganzen Welt. Sie machen ihrer hohen Abkunft alle Ehre, denn sie sind aus Ablegern der Weide gezogen, die einst Napoleons Grab in Sankt Helena beschattete. In dem guten alten Städtchen finden sich alle Reize und Annehmlichkeiten, alles Behagen und alle Heiterkeit eines idealen Familienlebens beisammen. Man könnte sich einbilden, drüben in England zu sein; es fehlt nichts als die Staatskirche und der Unterschied der Stände.

Das Museum enthält Raritäten. Unter anderm sahen wir ein schönes Haus der Eingeborenen aus alter Zeit; ganz getreu nach der Natur, sowohl die grellen Farben als alle Einzelheiten. Jedes Ding war am richtigen Platz, die hübschen Matten und Teppiche, die künstlichen, wundervollen Holzschnitzereien, deren Muster und seine Ausführung mit Recht unser Staunen erregen, wenn wir bedenken, daß die Eingeborenen dazu keine bessern Werkzeuge hatten, als Feuerstein, Nephrit und Muscheln sie ihnen lieferten. Auch Totems waren da, Pfähle, auf denen sämtliche Ahnherren des Stammes, einer über dem andern, abgebildet sind. Die abscheulichen, häßlichen Teufel waren mit großem Geschick und vieler Liebe geschnitzt; sie streckten alle die Zunge heraus und falteten die Hände behaglich über dem Bauche, in dem sie die Ahnherren anderer Leute begraben hatten. In dem Haus waren auch ausgestopfte Eingeborene als Staffage, jeder wo er hingehörte, als ob sie leibten und lebten, sowie ihr ganzes Hausgerät; dicht dabei lag ein geschnitztes und reich verziertes Kriegskanoe.

Wir sahen auch kleine Götzenbilder aus Nephrit oder Beilstein, die, aber nur von Eingeborenen hohen Ranges, um den Hals getragen wurden; ferner Waffen und allerlei Schmuck, aus dem gleichen, ausnehmend harten Stein ohne jedes eiserne Werkzeug verfertigt. Durch einige Stücke waren kleine runde Löcher gebohrt; niemand weiß wie das gemacht wurde, es ist ein Geheimnis, eine verlorene Kunst. Wer jetzt in ein Stück Nephrit ein Loch gebohrt haben will, muß erst zu einem Steinschneider nach London oder Amsterdam schicken, wie man mir sagt.

Auch ein ganzes Skelett der Riesen-Moa bekamen wir zu sehen. Es war zehn Fuß hoch und muß einen netten Anblick gewährt haben, als es noch ein lebendiger Vogel war. Wie der Strauß brauchte das Tier beim Kampf nicht den Schnabel, sondern die Füße. Einen solchen Fußtritt zu bekommen, mag kein schlechtes Vergnügen gewesen sein, etwa wie wenn man von Windmühlenflügeln in die Luft geschleudert wird.

In den alten, längst vergessenen Zeiten, als das Geschlecht der Moas noch auf Erden wandelte, müssen sie in großer Menge vorhanden gewesen sein. Man findet ihre Knochen haufenweise in ungeheuren Gräbern dicht beisammen liegen, und zwar nicht in Felsenhöhlen, sondern in der Erde. Niemand weiß, wer sie dort eingescharrt hat. Da es wirkliche Knochen und keine Versteinerungen sind, können die Moas noch nicht so gar lange ausgestorben sein. Merkwürdig, daß sie die einzigen Tiere Neuseelands sind, welche in den so zahlreichen Legenden der Eingeborenen gar keine Rolle spielen. Dieser Umstand ist sehr bedeutsam und kann als Indizienbeweis dafür dienen, daß die Moas seit vierhundert Jahren von der Erde verschwunden sind, denn der Maori selbst ist nach der Ueberlieferung seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in Neuseeland ansässig. Der erste Maori kam aus einem unbekannten Lande, ruderte in seinem Kanoe dahin zurück und kehrte in Begleitung aller Stammesangehörigen wieder; sie drängten die Ureinwohner in das Meer oder brachten sie unter den Boden und nahmen die Inseln in Besitz. So sagt die Ueberlieferung. Die Ankunft jenes ersten Maori ist begreiflich, denn jeder kann schließlich unversehens an einen Ort kommen, wohin er nicht will; aber wie der Entdecker ohne Kompaß den Weg nach der Heimat zurückfand, ist ein Rätsel, das er mit sich ins Grab genommen hat. Aus seiner Sprache ging hervor, daß er aus Polynesien stammte. Er hat auch gesagt, woher er kam, aber da er den Namen des Ortes nicht richtig buchstabieren konnte, fand man ihn nicht auf der Karte, welche von klugen Leuten gemacht ist, die den Namen ganz anders buchstabieren. Vor allem müssen doch die Namen richtig auf der Karte stehen, so daß man sich auf sie verlassen kann; das übrige ist Nebensache. In Neuseeland haben die Frauen das Recht, die Mitglieder des gesetzgebenden Körpers zu wählen, sie selbst dürfen aber nicht Abgeordnete sein. Das Gesetz, welches ihnen das Stimmrecht verleiht, wurde 1893 erlassen, als die Einwohnerzahl von Christchurch sich nach dem Census von 1891 auf 31454 belief. Die erste Wahl, nachdem das Gesetz in Kraft getreten war, fand im November statt. An der Wahlurne erschienen 6313 Männer und 5989 Frauen. Diese Zahlen liefern den Beweis, daß die Frauen der Politik nicht so gleichgültig gegenüberstehen, wie man uns glauben machen will. Die Gesamtzahl der stimmfähigen weiblichen Bevölkerung Neuseelands betrug 139 915; hiervon zeichneten 109 461 ihre Namen in die Wahllisten ein – 78,23 Prozent von allen. 90 290 erschienen wirklich an der Wahlurne und gaben ihre Stimmen ab – 85,18 Prozent. Eifriger erfüllen die Männer wohl kaum ihre politischen Pflichten, weder in Amerika noch in andern Ländern. Der amtliche Bericht spricht sich auch noch in anderer Beziehung günstig über jene Wahl aus:

»Besonders bemerkenswert,« heißt es, »war der Geist der Ordnung und Nüchternheit, der unter den Leuten herrschte. Die Frauen wurden auf keine Weise belästigt.«

Bei uns in Amerika wird als Hauptgrund gegen das weibliche Stimmrecht regelmäßig der Satz aufgestellt, daß die Frauen nicht zur Wahlurne gehen könnten, ohne sich tätlichen Beleidigungen auszusetzen. Dergleichen Weissagungen sind äußerst bequem. Seit im Jahre 1848 die Frauenbewegung begann, haben die Propheten nicht aufgehört zu verkünden, daß allerlei Unheil daraus entstehen würde; aber in einem Zeitraum von fünfzig Jahren ist noch nichts davon eingetroffen. Im Gegenteil, es ist den Frauen gelungen, aus dem amerikanischen Gesetzbuch eine große Anzahl ungerechter Verordnungen zu entfernen. Die Männer sollten alle Achtung vor ihren Müttern, Frauen und Töchtern haben und sie mit ganz andern Augen betrachten, nachdem sie sich in einer verhältnismäßig so kurzen Frist im wesentlichen aus ihrer Leibeigenschaft befreit haben. Ohne Blutvergießen hätten die Männer das nicht zustande gebracht; wenigstens haben sie es bis jetzt noch nicht getan, vermutlich, weil sie nicht wußten, wie sie es machen sollten. Aber selbst durch die friedliche und höchst wohltätige Umwälzung, welche die Frauen bewirkt haben, sind die Männer im Durchschnitt noch nicht zu überzeugen gewesen, daß die Frau Mut, Kraft, Ausdauer und Seelenstärke besitzt. Es gehört eben viel dazu, um den Durchschnittsmann von irgend etwas zu überzeugen. Vielleicht wird nichts imstande sein, ihn jemals zu der Erkenntnis zu bringen, daß die Frau ihm im Durchschnitt überlegen ist, und doch scheint das in mancher wichtigen Einzelheit wirklich der Fall zu sein, wie sich aus Tatsachen beweisen läßt. Seit Anbeginn der Welt hat der Mann das Menschengeschlecht regiert, und er wird zugeben müssen, daß die Welt bis zur Mitte dieses Jahrhunderts im allgemeinen recht träge, dumm und unwissend war. Jetzt sieht es schon weit weniger unerfreulich darin aus, und es wird mit der Zeit fort und fort besser. Die Frau hat gegenwärtig Gelegenheit zu zeigen was sie kann – und zwar zum allererstenmal. Wo wird wohl der Mann nach abermals fünfzig Jahren sein – das möchte ich wissen.

Im Gesetz von Neuseeland steht folgende Anmerkung:

»Wo in den Verordnungen das Wort Person vorkommt, ist die Frau mit inbegriffen.«

Das nenne ich doch eine Beförderung! Durch solche Erweiterung des Begriffs wird die weise Matrone, der eine fünfzigjährige Erfahrung zur Seite steht, mit einem Schlage in politischer Hinsicht gleichberechtigt mit dem einundzwanzigjährigen Bürschchen, das kaum trocken hinter den Ohren ist. Die Einwohnerzahl der Weißen in der Kolonie beläuft sich auf 626 000, die der Maori auf 42 000. Die Weißen wählen siebzig Mitglieder in das Abgeordnetenhaus und die Maori vier; auch die Maori-Frauen stimmen mit bei der Wahl ihrer vier Abgeordneten.

16. November. Nach einem viertägigen angenehmen Aufenthalt in Christchurch verlassen wir den Ort heute um Mitternacht. Mr. Kinsey hat mir einen Ornithorhynchus geschenkt, den ich zähmen will.

Sonntag den 17. Gestern abend fuhren wir in der ›Flora‹ von Lyttleton ab.

Ja, wahrlich! Und wer die Fahrt in der ›Flora‹ mitgemacht hat, wird sie sein Lebtag nicht vergessen, wie alt er auch werden mag. Das Schiff war auf wahnsinnige Art überfüllt. Wäre es in jener Nacht gesunken, so hätte man für die Hälfte der Leute, die an Bord waren, keinerlei Rettungsmittel auftreiben können. Wenn auch die Schiffseigentümer in technischer Hinsicht keinen Mordversuch gemacht hatten – von der moralischen Schuld konnte man sie nicht freisprechen.

Mir wurde ein Verschlag des großen Viehstalls zugeteilt, in welchem eine lange, doppelte Reihe Schlafkojen angebracht war, immer zwei übereinander. Ein Kattunvorhang diente als Zwischenwand; auf einer Seite befanden sich zwanzig Männer und Knaben, auf der andern zwanzig Frauen und Mädchen. Das Loch war so finster wie die Seele der Unionsgesellschaft und es roch darin wie in einem Hundestall. Als das Schiff aufs hohe Meer kam und anfing zu rollen und zu stampfen, fielen die Gefangenen in ihrer dunkeln Höhle sofort der Seekrankheit zum Raube. Durch das was nun folgte, wurden alle meine früheren Erfahrungen dieser Art völlig in den Schatten gestellt. Und dann das Heulen und Stöhnen, das Geschrei und Gekreische, die Stoßseufzer aller Art – es spottet jeglicher Beschreibung.

Die Frauen und Kinder, auch einige Männer und Knaben verbrachten die Nacht in dem Raume, weil sie zu krank waren, um sich zu rühren; wir übrigen aber standen allmählich auf und begaben uns nach dem Sturmdeck.

Nie zuvor war ich an Bord eines so abscheulichen Fahrzeugs gewesen. Als wir uns im Frühstückssalon zwischen den auf dem Boden und den Tischen dicht aneinander gelagerten, schwitzenden Passagieren hindurchwanden, ließ der Geruch an Kräftigkeit nichts zu wünschen übrig.

Beim ersten Anlegeplatz stiegen viele von uns aus, um ein anderes Schiff zu benutzen. Nach dreistündigem Warten fanden wir denn auch in dem ›Mahinapua‹ gute Unterkunft. Es war ein schmuckes kleines Fahrzeug von nur 205 Tonnengehalt, reinlich, bequem, gute Bedienung, gute Betten, ein guter Tisch und kein Gedränge. Die Wellen warfen es hin und her wie eine Ente, aber es war sicher und seetüchtig.

Ganz früh am Morgen kamen wir an den ›französischen Paß‹, eine enge Durchfahrt zwischen steilen Felswänden, die nicht viel breiter aussah wie eine Straße. Die Strömung schoß mit rasender Gewalt hindurch und das Schiff flog dahin wie ein Telegramm. In einer halben Minute lag der Engpaß hinter uns und wir kamen an eine breite Stelle, wo großartige Wasserwirbel in der Nähe von Untiefen fort und fort ihre stolze Runde machten. Ich fragte mich, wie es dem kleinen Fahrzeug wohl dabei ergehen würde. Das sollte ich nur allzubald erfahren. Die Wirbel hoben es auf, warfen es mit Leichtigkeit herum und landeten es ganz behutsam auf einer weichen, festen Sandbank. So sanft war die Berührung, daß wir sie kaum fühlten und gerade nur merkten, wie das Schiff erbebte, als es zum Stillstand kam. Das Wasser war hell wie Glas, man sah deutlich den Sand auf dem Grunde, und die Fische schienen im leeren Raum umherzuschwimmen. Rasch wurden die Angeln herausgeholt, aber noch bevor wir den Köder am Haken befestigen konnten, war das Schiff wieder flott und segelte auf und davon.

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Wie gut, daß es Narren in der Welt gibt, die den klugen Leuten zu ihrem Fortkommen helfen!

Querkopf Wilsons Kalender.

Im rechten Augenblick kommt auch der rechte Mann,« ist ein wahres Sprichwort. Man muß nur Geduld haben, sein Kommen abzuwarten. In Robinsons Fall dauerte das ein Vierteljahrhundert, aber als der Augenblick da war, legte der ›Versöhner‹ seine Maurerkelle hin und schritt zur Tat. Mir fällt dabei eine Geschichte ein, die mir ein Kentuckier einmal im Eisenbahnzug erzählt hat; ich will sie hier wiedergeben, so gut ich sie noch in der Erinnerung habe:

Schon einige Jahre vor Ausbruch des Bürgerkrieges erkannten einsichtige Leute an deutlichen Zeichen, daß die Stadt Memphis in Tennessee bald ein großer Stapelplatz für den Tabakhandel werden würde. Memphis hatte ein Werftboot zum Löschen der Güter, an welches die einlaufenden Dampfer anlegten. Aller Warenverkehr zwischen den Schiffen und dem Ufer ging über das breite Deck des Werftbootes hinüber und herüber. Zur Aufsicht war dabei eine Anzahl junger Beamter angestellt, die natürlich während einiger Stunden sehr viel zu tun hatten, aber den Rest des Tages müßig gingen und sich sterblich langweilten. In ihrem Jugendübermut griffen sie mit Wonne nach dem ersten besten Zeitvertreib und fanden ihr Hauptvergnügen darin, einander irgend welchen Schabernack zu spielen. Zur Zielscheibe solcher Späße wählten sie meist ihren Kameraden Eduard Jackson, der selbst nie jemand etwas zu leide tat und sich leicht anführen ließ, weil er alles aufs Wort glaubte.

Eines Tages teilte er den Gefährten seinen Plan für die Ferien mit. Er wollte in diesem Jahre weder auf die Jagd noch auf den Fischfang gehen, sondern mit dem Sümmchen, das er von seinen vierzig Dollars Monatsgehalt erspart hatte, eine Reise nach New York machen.

Das war ein großartiges Unternehmen; etwa so merkwürdig wie heutzutage eine Reise um die Welt. Zuerst glaubten die jungen Leute, Ed sei ein wenig übergeschnappt; als sie aber sahen, daß es sein Ernst war, kamen sie sofort überein, daß man die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen dürfe, ohne ihm einen Streich zu spielen. Es fand eine geheime Beratung statt und bald war der Plan fertig. Man beschloß, daß einer der Verschwörer einen Empfehlungsbrief für Ed an Kommodore Vanderbilt, den berühmten New Yorker Millionär, verfassen solle. Das ließ sich ohne Schwierigkeit ausführen, auch konnte man Ed leicht überreden den Brief abzugeben. Aber, was er bei seiner Rückkehr nach Memphis tun würde, war eine ernstere Frage. Bisher hatte er zwar in seiner Gutherzigkeit alle Späße geduldig ertragen, diese waren jedoch harmlos gewesen und nicht dazu angetan ihn öffentlich zu beschämen. Das grausame Spiel aber, welches die Kameraden jetzt vorhatten, konnte ihnen gefährlich werden. Er war ein Südländer und er würde sicherlich die Verschwörer vor Wut umbringen wollen, sobald sie ihm in die Hände fielen! Den Plan aufzugeben war aber unmöglich. Der herrliche Spaß mußte ausgeführt werden, mochte daraus werden was wollte.

So wurde denn der Empfehlungsbrief mit aller Sorgfalt und Ausführlichkeit in durchaus freundschaftlichem Tone entworfen und ›Alfred Fairchild‹ unterschrieben. Der Ueberbringer – hieß es darin – sei der beste Freund vom Sohne des Briefstellers, ein wackerer junger Mann und trefflicher Charakter, den der Kommodore mit Wohlwollen aufnehmen möge. »Vielleicht,« – so fuhr der Schreiber fort – »hast du mich, deinen alten Schulkameraden, in den langen Jahren ganz vergessen, doch wird mein Andenken sofort wieder bei dir lebendig werden, wenn ich dich daran erinnere, wie wir an jenem Abend den Obstgarten des alten Stevenson zusammen geplündert haben. Weißt du noch, wie er auf der Straße hinter uns dreinlief und wir querfeldein rannten, durch das Hintergäßchen zurückkamen und uns bei seiner eigenen Köchin die gestohlenen Aepfel für einen Hut voll Dampfnudeln eintauschten? Und dann damals, als wir – –« So ging es in dem Briefe immer weiter; alle möglichen erfundenen Namen früherer Schulgefährten und ihre gemeinsamen lustigen Streiche und Abenteuer wurden auf die anschaulichste und geschickteste Weise hineingeflochten.

Als nun der junge Fairchild seinen Kameraden mit großer Ernsthaftigkeit fragte, ob er einen Brief an Kommodore Vanderbilt zu haben wünsche, war Eduard Jackson sehr erstaunt, wie sich nicht anders erwarten ließ.

»Was,« rief er, »du kennst den großen Vanderbilt?!«

»Ich nicht, aber mein Vater. Sie waren zusammen auf der Schule. Wenn du willst, könnte ich meinen Vater schon bitten, dir einen Empfehlungsbrief zu schreiben. Ich weiß, er tut es mir zuliebe; in drei Tagen hast du ihn in Händen.«

Ed fand kaum Worte um seine Freude und Erkenntlichkeit auszudrücken. Als die drei Tage um waren, erhielt er das Empfehlungsschreiben und reiste ab, nachdem er noch allen ein herzliches Lebewohl gesagt und Fairchild dankbar die Hand gedrückt hatte. Als er fort war, wollten sich die Kameraden im Jubel über den gelungenen Spaß zuerst vor Lachen ausschütten, dann aber stiegen allerlei Zweifel in ihnen auf, ob die Täuschung nicht schlimme Folgen haben könne, und sie gerieten in eine recht kleinlaute Stimmung.

Bald nach seiner Ankunft in New York begab sich der junge Jackson nach dem Geschäftshaus von Kommodore Vanderbilt und ward in ein großes Vorzimmer geführt, wo ein paar Dutzend Leute geduldig harrten, bis die Reihe an sie käme, auf zwei Minuten bei dem Millionär vorgelassen zu werden. Ein Diener verlangte Jacksons Visitenkarte und erhielt statt dessen den Brief.

Gleich darauf ward Ed in das Privatbureau geführt. Herr Vanderbilt war allein und hielt den offenen Brief in der Hand.

»Bitte, nehmen Sie Platz, Herr – hm –«

»Jackson.«

»Richtig – also, bitte Herr Jackson, setzen Sie sich. Nach der Einleitung zu urteilen kommt dieser Brief von einem Jugendfreunde. Sie entschuldigen wohl – ich will nur rasch sehen, was er enthält. Da steht, wir hätten – ja aber, wer schreibt denn das?« Er wandte das Blatt und sah nach der Unterschrift. »Alfred Fairchild – hm – Fairchild – der Name ist mir nicht erinnerlich. Kein Wunder – wie viele tausend Namen habe ich mit der Zeit vergessen. Und er weiß das alles noch – hm – hm – aber das ist wirklich gut – ein köstlicher Spaß! Ganz deutlich erinnere ich mich nicht daran – nur eine leise Ahnung habe ich noch, aber es wird mir wohl alles wieder einfallen. Ja wahrhaftig, mir ist als sähe ich es vor mir – nur undeutlich – aber doch – es ist ja auch schon so lange her – auf einige von den Namen besinne ich mich nicht genau – aber es wird mir ganz warm ums Herz dabei, als hätte ich meine verlorene Jugend wieder! – Doch zu Gefühlen ist jetzt keine Zeit, das Alltagsleben verlangt sein Recht – das Geschäft eilt und die Leute draußen warten – ich will mir den Schluß für heute nacht versparen, wenn ich zu Bett gehe – und von meinen Jugendtagen träumen. – Wenn Sie Fairchild wiedersehen – habe ich ihn nicht damals Alf genannt? – so danken Sie ihm herzlich in meinem Namen und sagen Sie ihm, daß sein Brief mich mitten in meiner Arbeitslast ordentlich erfrischt und verjüngt hat. Er soll mich stets bereit finden, für ihn oder einen seiner Freunde alles zu tun, was in meinen Kräften steht. Sie aber, lieber Jackson, sind mein Gast. Bleiben Sie nur noch ein Weilchen hier sitzen, bis ich die Leute, die mich sprechen wollen, abgefertigt habe, dann gehen wir zusammen nach Hause. Verlassen Sie sich auf mich, mein Sohn, ich werde schon für Sie sorgen.«

Ed blieb eine Woche da und war glückselig. Er hatte keine Ahnung davon, daß Vanderbilts scharfes Auge ihn täglich beobachtete, um seine Gaben und Kräfte genau zu prüfen. In seinem Hochgenuß schrieb er gar nicht nach Hause, sondern sparte alles auf, um es den Gefährten bei der Heimkehr brühwarm zu erzählen.

Zweimal erinnerte er in größter Bescheidenheit daran, daß sein Besuch wohl jetzt lange genug gewährt habe; doch der Kommodore erwiderte nur: »Nein, gehen Sie noch nicht – ich will Ihnen schon sagen, wann es Zeit ist.«

Damals war Vanderbilt gerade mit seinen gewaltigsten Kombinationen beschäftigt, welche darauf ausgingen, die verschiedenen kleinen, zerstreuten Eisenbahnen in ein einheitliches System zu bringen und dem ungewiß schwankenden Handel und Verkehr einen festen Mittelpunkt zu geben. Unter anderm hatte sein weitschauender Blick auch die bereits erwähnten, wunderbar günstigen Konjunkturen für die Entwicklung eines großartigen Tabakhandels in Memphis erspäht, die er für seine Zwecke auszubeuten gedachte.

Als eine Woche um war, rief der Kommodore den jungen Jackson zu sich. »Sie können nun abreisen,« sagte er. »Aber zuvor möchte ich noch einmal mit Ihnen von geschäftlichen Dingen reden: In betreff jener Tabakangelegenheit sind Sie vollkommen unterrichtet; Sie wissen, daß ich das Geschäft machen will, weil ich es für vorteilhaft halte; auch in meine darauf bezüglichen Pläne habe ich Sie eingeweiht. Ihren Charakter und Ihre Fähigkeiten kenne ich jetzt so genau wie Sie sich selber kennen – vielleicht besser. Ich brauche einen zuverlässigen Mann, der imstande ist, die Verwaltung einer so wichtigen Sache zu übernehmen und mich in Memphis zu vertreten. Diese Stelle habe ich für Sie bestimmt.« »Für mich!«

»Ja. Sie werden natürlich als mein Vertreter ein hohes Gehalt beziehen, das sich mit der Zeit steigern kann. Auch müssen Sie eine Anzahl Gehilfen haben; gehen Sie bei der Wahl sorgfältig zu Werke, stellen Sie nur brauchbare Leute an; wenn Sie tüchtige Freunde haben, geben Sie diesen den Vorzug. Nun leben Sie wohl, mein Sohn, und danken Sie Alf, daß er Sie mir geschickt hat.«

Sobald Ed in Memphis angekommen war, eilte er nach der Werft, denn er brannte vor Verlangen, den Gefährten die große Nachricht zu verkünden und ihnen nochmals für den Brief an Herrn Vanderbilt zu danken. Es war Mittagszeit, die Sonne glühend heiß und die Werft wie ausgestorben. Als Ed sich jedoch zwischen den Warenballen durchdrängte, sah er unter einem Schattendach eine Gestalt in weißem Leinwandanzug auf den Kornsäcken ausgestreckt im Schlummer liegen.

»Das ist ja Charley Fairchild,« rief er erfreut, trat hinzu und legte die Rechte zärtlich auf des Schläfers Schulter. Dieser rieb sich die Augen, blickte auf, ward totenblaß, glitt von den Säcken herunter und lief davon wie der Wind.

Ed sah ihm verwundert nach. Hatte Fairchild plötzlich den Verstand verloren? Was bedeutete diese schnelle Flucht? Langsam und nachdenklich schritt er nach dem Werftboot hin; als er an einem Haufen Frachtgüter vorbeikam, sah er zwei der Kameraden in heiterm Gespräch beisammen stehen. Kaum hatten sie ihn erkannt, so verstummte ihr Lachen, sie stoben auseinander und sprangen wie gehetzt über Ballen und Fässer davon. Ed wußte nicht, ob er wache oder träume und fand keine Erklärung für dies wunderliche Benehmen. Auf dem Werftboot angekommen, lehnte er sich gedankenvoll an das Geländer. Da stürzte plötzlich eine weiße Gestalt an ihm vorbei und sprang über Bord; prustend und keuchend tauchte sie wieder auf und eine Stimme rief:

»Geh‘ fort! Tu mir nichts! Ich bin’s nicht gewesen. Wahrhaftig, ich hab’s nicht getan!«

»Was soll denn das heißen? So komm doch herauf! Warum lauft ihr alle vor mir davon, ich habe doch nichts verbrochen!«

»Ja, bist du denn gar nicht böse auf uns?«

»Bewahre – weshalb? Ich denke nicht daran.«

»Der Tausend,« brummte der junge Mann im Wasser, »der Mensch hat Lunte gerochen und den Brief gar nicht abgegeben! Na, meinetwegen, ich werde mich hüten die Geschichte zur Sprache zu bringen.« Mit triefenden Kleidern kam er wieder an Bord gestiegen und schüttelte Ed die Hand. Nun schlichen auch die übrigen Verschwörer – bis an die Zähne bewaffnet – einer nach dem andern herbei. Als sie die friedliche Lage der Dinge erkannten, feierten sie gleichfalls ein Wiedersehen.

Auf alle Fragen Eds, was ihr sonderbares Benehmen ihm gegenüber zu bedeuten habe, antworteten sie ausweichend, es sei nur ein Spaß gewesen, und jeder dachte bei sich: »Er hat den Brief nicht abgegeben, und diesmal sind wir die Angeführten. Aber zum Glück weiß er es nicht, und keiner von uns wird dumm genug sein, es ihm zu sagen.«

Nun sollte aber Ed von der Reise erzählen. Er ließ ein paar Flaschen Wein auf Deck bringen und als sie alle gemütlich beisammen saßen und die Zigarren brannten, begann er seinen Bericht:

»Als ich Herrn Vanderbilt den Brief übergab–«

»Donnerwetter!«

»Was ist denn los – was erschreckt ihr mich so?«

»Ach nichts – es fuhr uns nur eben heraus.«

»Nun, wie gesagt, als ich den Brief übergab –«

»Hast du ihn wirklich abgegeben?«

Sie sahen einander ganz verblüfft an und hörten dann Eds Mitteilungen mit offenem Munde zu. Die wunderbare Geschichte benahm ihnen schier den Atem, sie waren stumm vor Staunen und zwei Stunden lang saßen sie wie versteinert da, ohne einen Laut von sich zu geben. Endlich war Ed Jackson bis zum Schluß seines Romans gekommen.

»Und euch, Jungens,« sagte er, »verdanke ich das alles; dafür will ich mich auch erkenntlich zeigen. Welcher Mensch hat wohl je so gute Freunde gehabt! Jeder von euch bekommt eine Stelle, denn ihr seid tüchtige Kerls, wenn ihr auch dann und wann einen schlechten Spaß macht. Dich aber, Charley Fairchild, ernenne ich zu meinem ersten Gehilfen, weil ich weiß, was du für ein kluger Geschäftsmann bist und weil du mir den Brief verschafft hast. Auch möchte ich damit deinem Vater eine Freude machen, der den Brief geschrieben hat und Herrn Vanderbilt, an den er gerichtet war. Und nun stoßt alle mit mir an, auf das Wohl des großen Mannes! Hoch soll er leben, dreimal hoch!«

Die Tabakspekulation hatte einen glänzenden Erfolg und so war auch hier der rechte Mann zur rechten Zeit erschienen, trotzdem er erst hatte von weither kommen müssen und nur mit Hilfe eines Schabernacks entdeckt worden war.

Achtundzwanzigstes Kapitel.

Achtundzwanzigstes Kapitel.

Die Natur hat der Heuschrecke ein Verlangen nach Pflanzenkost verliehen; hätte der Mensch die Heuschrecke geschaffen, so würde sie nichts als Wüstensand fressen.

Querkopf Wilsons Kalender.

An der Mündung des Derwent liegt, ganz von Laubwäldern umschlossen, die Hauptstadt Tasmaniens, das freundliche Hobart, auf Hügeln, die allmählich zum Hafen abfallen und in deren Hintergrund der Wellingtonberg zu majestätischer Höhe emporsteigt. Die Gegend ist himmlisch schön; sie bietet mit ihrem Reichtum an Formen und Gruppen, ihrer Farbenpracht, dem üppigen Grün, den Buchten und Vorgebirgen, den anmutig welligen Hügeln, dem leuchtenden Sonnenglanz und den mattschimmernden Fernsichten, ein entzückendes Landschaftsbild.

Mir ist noch keine Stadt vorgekommen, in der alles so von Sauberkeit und Ordnung strahlt, wie in Hobart; nirgends sieht man hier baufällige, schäbige Häuser oder eingefallene Zäune; kein Unkraut wächst in den Vorgärten; im Hinterhof der Armen liegen weder alte Blechbüchsen noch zerrissene Stiefel oder leere Flaschen, kein Kehricht ist im Rinnstein, kein Schmutz auf dem Bürgersteig. Selbst die bescheidenste Hütte sieht aus wie gestriegelt und gebügelt; jede hat ihre Blumen, ihre Schlingpflanzen, die sie umranken, einen sauberen Zaun mit guter Tür, und auf dem Fensterbrett liegt die wohlgepflegte Katze und schläft. Der Kurator des Museums, ein Herr aus Amerika, war so freundlich, uns die Sammlungen zu zeigen. Wir sahen dort wenigstens ein halbes Dutzend verschiedener Marsupialia, unter andern den ›Tasmanischen Teufel‹, der zu dieser Gattung gehört, wie ich glaube. Auch ein Fisch war da, der durch Lungen atmet und im Schlamm weiterlebt, wenn der Fluß austrocknet. Am merkwürdigsten ist aber ein Papagei, der den Schafen nachstellt. Auf einer großen Schafweide hat er einmal in einem einzigen Jahre tausend Stück umgebracht. Da er aber nicht das ganze Schaf frißt, sondern nur das Nierenfett, so ist die Ernährung des Vogels sehr kostspielig. Er hackt das Fett mit dem Schnabel heraus und das Schaf stirbt an der Wunde. Die Geschichte dieses Papageis ist für die Entwicklungslehre von Wichtigkeit; sie zeigt, daß unter veränderten Bedingungen eine wesentliche Neubildung stattfinden kann. Als man zuerst die Schafzucht einführte, wurden gewisse Würmer vertilgt, die des Papageis Hauptnahrung gebildet hatten. Der Hunger trieb ihn dazu, Fleischreste zu verzehren, die er noch an den Schaffellen fand, welche zum Trocknen auf den Zäunen hingen. Bald schmeckte ihm das Nierenfett der Schafe am allerbesten, aber die Form seines Schnabels hinderte ihn es sich zu verschaffen. Da kam ihm die Natur zu Hilfe und bildete seinen Schnabel um, so daß er sich jetzt nach Herzenslust vom Fett seiner Mitgeschöpfe nähren kann.

Wir fuhren durch ein blühendes, duftendes Zauberland nach dem Armenasyl, einem geräumigen, bequem eingerichteten Heim mit Krankenhäusern und dgl. für Männer und Frauen. Dort waren Scharen der ältesten Leute beisammen, die mir je vorgekommen sind. Man sah sich plötzlich in eine andere Welt versetzt – eine unheimliche Welt, aus der die Jugend verbannt war, und in der nur das Alter mit seinen zahllosen Runzeln gebückten Ganges umherwandelte. Von den 359 dort untergebrachten Personen waren 223 frühere Deportierte; sie hätten ohne Zweifel aufregende Geschichten erzählen können, wären sie mitteilsam gewesen. Zweiundvierzig hatten das achtzigste Lebensjahr überschritten und einige waren nahe an neunzig; das durchschnittliche Sterbealter ist dort sechsundsiebzig Jahre. Nein, in einem so gesunden Orte möchte ich nicht leben. Siebzig ist ganz alt genug – später wird die Sache zu ungewiß. Jugend und Heiterkeit könnten verschwinden, ehe man sich’s versieht – und was bleibt dann noch übrig? Nur ein Tod bei lebendigem Leibe, der weder Wohltäter noch Befreier ist. – Unter den 185 Frauen in jenem Asyl waren 81 vormalige Strafgefangene.

Das Dampfboot machte uns einen Strich durch die Rechnung; wir hatten gedacht, es würde, wie gewöhnlich, lange in Hobart verweilen, statt dessen fuhr es nach kurzem Aufenthalt weiter, so daß wir Tasmanien nur wie im Fluge zu sehen bekamen.

Den Abend und die darauffolgende Nacht brachten wir auf dem Meere zu und erreichten am frühen Morgen die Stadt Bluff am Südende von Neuseeland. Eigentlich hätten wir nun quer nach der Westküste hinüberwandern müssen, die reich an den herrlichsten Naturschönheiten ist; hohe Schneeberge und mächtige Gletscher, wundervolle Seen und tiefe Buchten, die den norwegischen Fjords, nicht an malerischem Reiz nachstehen, daneben ein Wasserfall, der neunzehnhundert Fuß tief hinabstürzt; man nennt diese Gegend die Neuseeländer Schweiz. Doch die Umstände nötigten uns, diesen Besuch auf unbestimmte Zeit zu verschieben, so leid es uns tat.

6. November. Ein prächtiger Sommermorgen mit glänzend blauem Himmel. Hinter Invercargill kamen wir durch meilenweite grüne Ebenen, die mit Schafen wie beschneit waren – ein hübscher Anblick. Die Bewohner von Dunedin sind Schottländer. Auf ihrem Wege von der Heimat in den Himmel haben sie hier Wohnung genommen, weil sie glaubten, sie wären am Ziel ihrer Wallfahrt. Die Einwohnerzahl der Stadt wird von dem Journalisten Malcolm Roß auf 40 000 geschätzt; ein Parlamentsmitglied behauptet dagegen, sie betrüge 60 000 – aber Journalisten können nicht lügen.

Wir besuchten Dr. Hockin in seiner Wohnung. Er hat eine gute Sammlung Bücher über Neuseeland und sein Haus ist ganz mit Altertümern der Maori und Erzeugnissen ihrer Kunstfertigkeit angefüllt. Von vielen früheren Häuptlingen der Eingeborenen besitzt er Porträts in farbigen Holzschnitten. Es sind auch geschichtlich berühmte Leute darunter. Sie tragen nichts von Barbaren an sich; ihre schönen regelmäßigen Züge, der kluge Gesichtsausdruck, ihre männlich edle Haltung berühren den Beschauer aufs angenehmste. Die Ureinwohner von Australien und Tasmanien sehen wie Wilde aus, aber diese Neuseeländer Häuptlinge gleichen römischen Patriziern. Sogar die Tätowierung der Bildnisse ändert daran nichts. Die Linien sind so schön, so leicht und anmutig gezeichnet, daß man sie nur mit Wohlgefallen betrachtet. Nach den ersten zehn Minuten hat man sich an die Farben gewöhnt, nach weiteren zehn Minuten möchte man es gar nicht anders haben, und von da ab macht jedes unbemalte, europäische Gesicht einen häßlichen, unedlen Eindruck.

9. November. Der Präsident des Künstlervereins führte uns durch das Museum und die öffentliche Bildergalerie. Unter den Bildern, die teils geschenkt sind, teils durch Kauf erworben, gibt es einige sehr schöne. Von dort gingen wir in die Kunstausstellung, welche eben eröffnet war und alljährlich stattfindet. Daß eine verhältnismäßig kleine Stadt zwei solche Kunstanstalten und einen Künstlerverein hat, ist in Australien etwas ganz Gewöhnliches. Letzterer besitzt ein eigenes Gebäude, das die Mitglieder auf ihre Kosten errichtet haben.

Ich würde dies Gedeihen der Kunst begreiflich finden, wenn man es mit einer absoluten Monarchie zu tun hätte, die sich die Mittel zu ihren Zwecken nicht erst von den Abgeordneten bewilligen läßt, sondern einfach das Geld benutzt, wozu sie will. Aber die Kolonien haben republikanische Verfassung und allgemeines Stimmrecht – in Neuseeland sogar auch für die Frauen. Sonst pflegen in Republiken weder die Regierungen noch die reichen Bürger sehr geneigt zu sein, zur Ausbreitung der Kunst beizutragen; in ganz Australien werden jedoch Gemälde berühmter europäischer Künstler für die öffentlichen Galerien angeschafft. Man kauft sie entweder aus Staatsmitteln oder es sind Geschenke von wohlhabenden Bürgern, welche diese obendrein bei ihren Lebzeiten machen – nicht erst wenn sie tot sind.

  1. Die Marsupialia sind Sohlengänger und Wirbeltiere, deren Eigentümlichkeit in ihrem Beutel besteht. In einigen Ländern sind sie ausgestorben, in andern kommen sie nur selten vor. Die ersten amerikanischen Beuteltiere waren Stephen Girard, Jakob Astor und das Opossum; auf der südlichen Halbkugel sind die hauptsächlichsten Cecil Rhodes und das Känguruh. Ich selbst bin das neueste Marsupial, auch könnte ich damit prahlen, daß ich den größten Beutel von allen habe – aber, es ist nichts darin.

Neunundzwanzigstes Kapitel.

Neunundzwanzigstes Kapitel.

Die Sündhaftigkeit des Fluchens liegt nicht in den Worten, sondern in dem Zorngeist, der sie gebiert. Das Kind fängt schon an zu fluchen, ehe es noch sprechen kann.

Querkopf Wilsons Kalender.

11. November. Auf der Eisenbahn.

Die fahrplanmäßige Zeit unseres Schnellzugs ist nur zwanzig und eine halbe Meile die Stunde; aber man möchte gar nicht rascher fahren, um die wechselnde Aussicht auf Meer und Land nach Wunsch genießen zu können, wozu die behaglich eingerichteten Wagen die beste Gelegenheit bieten. Sie sind weder englisch noch amerikanisch, sondern ein Mittelding zwischen beiden, wie in der Schweiz. An der Seite hin läuft ein schmaler Vorbau, der mit einem Geländer versehen ist, so daß man während der Fahrt auf und ab gehen kann; auch gehört zu jedem Waggon eine Wasch- und Toiletteeinrichtung. Das nenne ich Fortschritt! Da zeigt sich der Geist des neunzehnten Jahrhunderts! –

Die sogenannten Schnellzüge fahren in Neuseeland zweimal die Woche. Es ist gut, wenn man das weiß, denn wer mit Zwanzigmeilenschritten das Land durchmessen will, könnte leicht an einem der fünf falschen Tage abfahren und in einen Zug geraten, der nicht einmal mit seinem eigenen Schatten Schritt hält.

Mich erinnerten die angenehmen Bahnzüge in Neuseeland, um des Gegensatzes willen, an die Zweigbahn von Maryborough auf dem australischen Festland und die Bemerkungen, welche mir ein Mitreisender auf der Fahrt über die Bahn und das dortige Hotel gemacht hat.

Ich war unterwegs eine Weile in das Rauchcoupé gegangen, wo sich noch zwei Herren befanden, die beide rückwärts fuhren und an den äußersten Enden des Wagens Platz genommen hatten. Ich setzte mich dem einen gegenüber ans Fenster; dem Anzug nach hielt ich ihn für den Prediger einer Dissentergemeinde, er hatte ein gutes, freundliches Gesicht und mochte etwa fünfzig Jahre alt sein. Unaufgefordert zündete er ein Streichholz an und hielt die Hand davor, bis meine Zigarre in Brand war. Das weitere entnehme ich meinem Tagebuche:

Um die Unterhaltung in Gang zu bringen, fragte ich ihn einiges über Maryborough, worauf er mit sehr angenehmer, wohltönender Stimme die ruhige und bestimmte Antwort gab:

»Es ist eine reizende Stadt, aber das Hotel ist ein wahrer Höllenpfuhl.«

Ich sah ihn verwundert an; es kam mir sehr merkwürdig vor, daß ein Prediger solchen Ausdruck gebrauchte.

»Jawohl,« fuhr er gelassen fort, »ein schlechteres Hotel gibt es in ganz Australien nicht.«

»Schlechte Betten?«

»Nein – gar keine. Nur Sandsäcke.«

»Auch die Kopfkissen?«

»Versteht sich. Nichts als Sand – und obendrein kein guter; er backt zusammen und ist nicht durchgesiebt, sondern grober Kies. Man schläft wie auf Haselnüssen.«

»Gibt es denn keinen feinen Sand?«

»Die Hülle und Fülle. Man findet in hiesiger Gegend einen so vorzüglich losen und lockern Sand wie sonst nirgends; aber, den kauft der Wirt nicht. Er nimmt nur Sand, der sich zusammenbackt und hart wird wie Stein.«

»Wie sind denn die Zimmer?«

»Acht Fuß groß im Viereck; der Boden ist mit eiskaltem Wachstuch bedeckt, auf das man treten muß, wenn man am Morgen aus dem Sandloch kommt.«

»Und die Beleuchtung?«

»Eine Erdöllampe.«

»Die hell brennt?«

»Nein, so düster wie möglich.«

»Ich lasse meine Lampe gern die ganze Nacht brennen.«

»Das geht bei dieser nicht; man muß sie früh auslöschen.«

»Aber man könnte doch nachts Licht brauchen und sie im Finstern nicht wieder finden.«

»O, man findet sie leicht – sie stinkt ganz abscheulich.«

»Ist ein Schrank da?«

»Nur zwei Nägel an der Tür, um sieben Anzüge aufzuhängen – falls man so viele hat.«

»Eine Klingel?«

»Ist nicht vorhanden.«

»Was tut man denn, falls man Bedienung braucht?«

»Man ruft, aber es kommt niemand.«

»Wenn nun aber das Zimmermädchen den Wassereimer ausgießen soll?«

»Dergleichen gibt es nicht. Außer in Sydney und Melbourne findet man nirgends Wassereimer in den Hotels.«

»Ach ja, das weiß ich; es ist eine Eigentümlichkeit von Australien und kommt mir sehr komisch vor. – Noch eins: ich muß morgen früh im Dunkeln aufstehen und mit dem Fünfuhrzug weiter reisen. Wenn nun der Hausknecht –«

»Den gibt es nicht.«

»Oder der Portier –«

»Es ist keiner da.«

»Aber, wer will mich denn wecken?«

»Kein Mensch. Sie müssen von selber aufwachen und sich auch hinunterleuchten. Es brennt kein Licht, weder im Gang noch anderswo. Auf der Treppe würden Sie im Dunkeln den Hals brechen.«

»Wer wird mir helfen mein Gepäck hinuntertragen?«

»Niemand. Aber, ich will Ihnen einen Rat geben. In Maryborough wohnt ein Amerikaner, schon seit einem halben Menschenalter, ein stattlicher Mann, auch wohlhabend und allgemein beliebt. Machen Sie dessen Bekanntschaft; dann sorgt er für alles und Sie können in Frieden schlafen. Morgens weckt er Sie zur rechten Zeit und bringt Sie auf den Zug. – Wo haben Sie denn Ihren Geschäftsführer gelassen?«

»In Ballarat. Er macht dort Sprachstudien; auch muß er nach Melbourne fahren, um alles für Neuseeland vorzubereiten. Es ist mein erster Versuch, mich allein durchzusteuern, und mir scheint, das ist gar nicht sehr leicht.«

»Leicht? Wo denken Sie hin – besonders auf dieser Strecke, der schwierigsten in ganz Australien. Dazu muß man ein ganz ungewöhnlich praktischer Mensch sein. Aber, das sind Sie wohl auch?«

»Ich – hm – ich glaube – indessen –«

»Ja, dann werden Sie es nun und nimmermehr allein fertig bringen. Aber der Amerikaner wird Ihnen helfen, verlassen Sie sich darauf. Haben Sie Ihr Billet?«

»Ja, zur Rundreise bis nach Sydney.«

»Aha! dacht‘ ich mir’s doch! Sie fahren um 5 Uhr morgens über Castlemaine – zwölf Meilen – weil der 7.15 Zug über Ballarat zwei Stunden länger unterwegs bleibt. Aber Ihr Billet lautet auf Ballarat – auf den zwölf Meilen ist es ungültig, und die Regierung gestattet nicht –«

»Was kümmert es denn die Regierung, welchen Weg ich wähle?«

»Das weiß der liebe Himmel. In der Eisenbahnverwaltung läßt sie sich nicht drein reden. Zuerst übergab man sie einer Gesellschaft von Blödsinnigen, das war schlimm; dann rief man Franzosen ins Land, die verstanden noch weniger davon; zuletzt übernahm die Regierung die Verwaltung selbst, und nun geht alles rückwärts. Um die Gunst eines Wählers nicht zu verscherzen, der vielleicht zwei Schafe und einen Hund besitzt, baut man ihm eine Bahn wohin er will. So kommt es, daß wir zum Beispiel in der Kolonie Viktoria achthundert Bahnhöfe haben, darunter achtzig, wo an der Kasse kaum zwanzig Schillinge die Woche einkommen.«

»Fünf Dollars? Sie scherzen wohl!«

»Es ist buchstäblich wahr.«

»Aber auf jedem Bahnhof sind doch drei oder vier Beamte angestellt, die ihr Gehalt beziehen.«

»Natürlich. Glauben Sie mir, die Bahnlinie verdient nicht einmal den Zucker in ihren Kaffee. Und gefällig sind die Beamten! Man braucht nur mit irgend einem Lappen zu wehen, so hält der Zug mitten in der Wildnis und läßt den Reisenden einsteigen. Das macht alles Kosten. Und wenn in einer Stadt viele stimmberechtigte Bürger sind, die sich einen schönen Bahnhof wünschen, so wird er gebaut. Sehen Sie sich nur den Bahnhof von Maryborough einmal an! Sämtliche Einwohner haben Platz darin, jeder kann ein Sofa für sich haben und es bleibt noch Raum übrig. Und eine Uhr ist dort – ich sage Ihnen, so etwas hat kein Bahnhof in ganz Europa aufzuweisen. Zum Glück schlägt sie nicht und hat auch keine Glocken, denn in Australien hört das Gebimmel und das ewige dong-dong Tag und Nacht nicht auf. Na, bei so vielen Prachtbauten für die Eisenbahn und Verlust beim Betrieb, können Sie sich schon denken, daß die Regierung irgendwo sparen muß. Das Betriebsmaterial muß herhalten. Achtzehn Güterwagen und für die Passagiere zwei elende Hundelöcher, die so schäbig und liederlich eingerichtet sind wie nur möglich, ohne hygienische Vorkehrungen, ohne Trinkwasser, mit aller nur denkbaren Unbequemlichkeit – das ist der Zug von Maryborough – und langsam geht er, wie eine Schneckenpost. So spart die Regierung ihr Geld. Für Tonnen Goldes baut sie Paläste auf, in denen man ein paar Minuten warten muß, und deportiert einen dann sechs Stunden lang wie den gemeinsten Verbrecher, um die vergeudeten Summen wieder einzubringen. Jeder vernünftige Mensch fühlt sich gern unbehaglich im Wartezimmer, weil ihm dann die Fahrt in einem hübschen, bequemen Zug eine angenehme Abwechslung bietet. Aber gesunden Menschenverstand sucht man bei der Eisenbahnverwaltung vergebens. Und dann steckt sie noch für die zwölf Meilen eine Extravergütung ein, erklärt ihre eigenen Fahrkarten für ungültig und – –«

»Nun aber, jedenfalls kann ich wenigstens –«

»Warten Sie nur, ich bin noch nicht fertig. Ohne den Amerikaner würden Sie überhaupt nicht fortkommen. Zuerst sieht niemand Ihr Billet an, der Schaffner läßt es sich erst zeigen, wenn der Zug schon im Abfahren ist. Dann können Sie kein Extrabillet mehr kaufen, der Zug wartet nicht, und Sie müssen wieder aussteigen.«

»Aber, kann ich es denn nicht dem Schaffner bezahlen?«

»Er ist nicht berechtigt Geld anzunehmen, und nimmt auch keins. Es bleibt Ihnen nichts übrig – Sie müssen heraus. Der Eisenbahnbetrieb ist hier das einzige, was ganz nach europäischem Muster eingerichtet ist – nicht nach englischem, nein, wie auf dem Festland. Alles wird genau so gemacht, sogar das Wiegen des Gepäcks, diese Erzplackerei, fehlt nicht.«

Jetzt hielt der Zug an der Station meines Mitreisenden. Beim Aussteigen sagte er noch: »Jawohl, in Maryborough wird es Ihnen gefallen. Sie treffen dort sehr gebildete Leute. Eine reizende Stadt! Aber das Hotel ist ein wahrer Höllenpfuhl!«

Als er fort war, wandte ich mich an den andern Herrn:

»Ihr Freund ist wohl Geistlicher?«

»Nein, aber er treibt theologische Studien.«