Siebenundzwanzigstes Capitel.

Siebenundzwanzigstes Capitel.

Ein Stück Mormonengeschichte.

Während der Nacht vom 5. auf den 6. November legte der Zug erst südöstlich eine Strecke von etwa fünfzig Meilen zurück; dann lief er ebensoweit nordöstlich und kam in die Nähe des großen Salzsees.

Gegen neun Uhr Morgens schöpfte Passepartout auf dem Steg etwas freie Luft. Es war kaltes Wetter, grauer Himmel, aber es schneite nicht mehr. Die Sonnenscheibe, im Nebel vergrößert, glich einem ungeheuern Goldstück, und Passepartout befaßte sich eben damit, den Werth desselben in Pfund Sterling auszurechnen, als ihm die Erscheinung eines seltsamen Menschen bei der nützlichen Arbeit störte.

Auf der Station Elko war ein Mann eingestiegen, von hohem Wuchs, sehr braun mit schwarzem Schnurrbart; er trug schwarze Strümpfe und schwarzen Seidenhut, schwarze Weste und Hosen, weiße Halsbinde und Handschuhe von Hundsleder. Man konnte ihn für einen Geistlichen halten. Er ging von einem Ende des Zugs bis zum andern, und klebte an jede Waggonthüre mit Oblaten eine handschriftliche Notiz.

Passepartout trat näher und las, daß der ehrenwerthe Aelteste William Hitch, Mormonen-Missionär, seine Anwesenheit beim Zug 48 benützen wolle, um elf Uhr Mittags im Wagen Nro. 117 eine Conferenz über den Mormonismus zu halten, und lade dazu alle Gentlemen ein, die Lust hätten, sich über die Geheimnisse der Religion der »Heiligen der letzten Tage« näher zu unterrichten.

»Ei, da geh‘ ich hin«, sagte Passepartout, dem vom Mormonismus nichts weiter bekannt war, als die Vielweiberei, als Grundlage der Mormonengesellschaft.

Die Neuigkeit verbreitete sich rasch unter den etwa hundert Reisenden des Zuges, von welchen höchstens dreißig sich anlocken ließen, um elf Uhr auf den Bänken des Wagens Nro. 117 sich einzufinden. In vorderster Reihe dieser Gläubigen sah man Passepartout; weder sein Herr, noch Fix hatten sich wollen stören lassen.

Zu der festgesetzten Stunde erhob sich der Aelteste und rief mit aufgeregter Stimme, als hätte man ihm schon zum Voraus widersprochen:

»Ich sage Euch, daß Joe Smyth ein Märtyrer ist, daß sein Bruder Hyram ein Märtyrer ist, und daß die Verfolgungen von Seiten der Union gegen die Propheten gleichermaßen Brigham Young zum Märtyrer machen werden! Wer wagt’s, das Gegentheil zu behaupten?«

Niemand unterstand sich dem Missionär zu widersprechen, dessen Aufregung mit seiner von Natur ruhigen Physiognomie in Widerspruch stand. Allerdings war sein Zorn durch den Umstand erklärlich, daß der Mormonismus eben harte Prüfungen zu bestehen hatte. Und wirklich hatte die Regierung der Vereinigten Staaten soeben, nicht ohne Schwierigkeiten, diese unabhängigen Fanatiker unterworfen. Sie hatte Utah eingenommen und den Gesetzen der Union unterworfen, nachdem sie Brigham Young wegen Rebellion und Polygamie verhaftet und vor Gericht gestellt hatte. Seit diesem Zeitpunkt verdoppelten die Jünger des Propheten ihre Anstrengungen, und leisteten, in Erwartung der That, durch Worte den Forderungen des Congresses Widerstand.

Man sieht, der Aelteste William Hitch suchte bis auf die Eisenbahn Proselyten zu machen.

Und darauf erzählte er mit leidenschaftlich gesteigertem Ton und gewaltsamen Geberden die Geschichte des Mormonismus seit den biblischen Zeiten: »Wie in Israel ein mormonischer Prophet aus dem Stamme Joseph’s die Annalen der neuen Religion veröffentlichte und an seinen Sohn Morom vermachte; wie, viele Jahrhunderte später, eine Uebersetzung dieses kostbaren, in ägyptischen Schriftzeichen geschriebenen Buches von dem jungem Joseph Smyth gemacht wurde, einem Farmer des Staates Vermont, der sich im Jahre 1825 als mystischen Propheten kund gab; wie ihm endlich ein himmlischer Bote in einem erleuchteten Walde erschien und die Annalen des Herrn zustellte.«

In diesem Augenblick verließen einige Zuhörer, welche für die zurückblickende Erzählung des Missionärs wenig Interesse hatten, den Wagen; aber William Hitch fuhr fort und erzählte, »wie der jüngere Smyth im Verein mit seinem Vater, seinen zwei Brüdern und einigen Schülern die Religion der Heiligen der letzten Tage gründete, – eine Religion, die nicht allein in Amerika, sondern auch in England, Skandinavien, Deutschland ausgebreitet, unter ihren Gläubigen Handwerker, und auch viele Anhänger aus den höheren Ständen zähle; wie in Ohio eine Colonie gegründet wurde, wie für zweimalhunderttausend Dollars ein Tempel und zu Kirkland eine Stadt erbaut wurde; wie Smyth ein kühner Bankier wurde und von einem Manne, der Mumien zeigte, eine Papyrusrolle erhielt, worauf eine von Abraham und berühmten Aegyptiern eigenhändig geschriebene Erzählung stand.«

Da diese Erzählung etwas langweilig wurde, so lichteten sich die Reihen der Zuhörer noch mehr, und sein Publicum bestand nur noch aus zwanzig Personen.

Aber der Aelteste ließ sich durch dies Ausreißen nicht stören und fuhr fort mit Details zu erzählen, »wie Joe Smyth im Jahre 1837 bankerott wurde; wie seine ruinirten Actionäre ihn mit Theer bestrichen und in Federn wälzten; wie er nach einigen Jahren ehrenwerther und geehrter als jemals zu Independance in Missouri wieder als Haupt einer blühenden Gemeinde auftrat, die nicht weniger als dreitausend Anhänger zählte, daß er aber, vom Haß der Ungläubigen verfolgt, in’s weite Westland flüchten mußte.«

Nun waren nur noch zehn Zuhörer anwesend, worunter der brave Passepartout, der mit gespitzten Ohren hörte. So vernahm er denn, »wie nach langen Verfolgungen Smyth wieder in Illinois auftrat und im Jahre 1839 an den Ufern des Mississippi Nauvoo la Belle gründete, dessen Bevölkerung bis auf fünfundzwanzigtausend Seelen stieg; wie Smyth ihr Bürgervorstand, oberster Richter und Obergeneral ward; wie er im Jahre 1843 als Präsidentschafts-Candidat der Vereinigten Staaten auftrat, und endlich zu Karthago in einen Hinterhalt gelockt, in den Kerker geworfen und von einer maskirten Rotte ermordet wurde.«

In diesem Augenblick war nur Passepartout allein noch in dem Wagen, und der Aelteste blickte ihm unverwandt in’s Gesicht und suchte ihn mit seinen Worten zu fesseln. So brachte er ihm weiter bei, »zwei Jahre nach Smyth’s Ermordung habe sein Nachfolger, der Prophet Brigham Young, Nauvoo verlassen und an den Ufern des Salzsee’s sich niedergelassen, und hier, auf dem wundervollen Landstrich, in der so fruchtbaren Gegend, auf dem Wege der Auswanderer, welche durch Utah nach Kalifornien ziehen, habe die neue Colonie, Dank den Grundsätzen der Polygamie, eine ungeheure Ausdehnung gewonnen.

»Und hierin, fuhr William Hitch fort, hierin liegt der Grund der Eifersucht des Congresses! Deshalb haben die Soldaten der Union den Boden Utahs betreten! Deshalb ist unser Haupt, der Prophet Brigham Young, aller Gerechtigkeit zum Trotz eingekerkert worden! Werden wir der Gewalt uns fügen? Niemals! Vertrieben aus Vermont, aus Illinois, aus Ohio, aus Missouri und Utah, werden wir immer wieder einen unabhängigen Landstrich finden, um unser Zelt aufzustecken…. Und Sie, mein Getreuer, fuhr der Aelteste fort, den zornigen Blick auf seinen einzigen Zuhörer geheftet, werden Sie das Ihrige unter’m Schutz unsers Banners aufschlagen?

– Nein«, erwiderte Passepartout tapfer, entfloh ebenfalls und ließ den Besessenen in der Wüste predigen.

Aber während dieser Unterhaltung war der Zug reißend schnell weiter gefahren und gelangte um halb ein Uhr an die nordöstliche Spitze des großen Salzsee’s. Von hier aus konnte man in weitem Umkreis das innere Meer überblicken, welches auch Todtes Meer genannt wird, mit einem hineinfließenden Jordan. Ein wundervoller See, eingefaßt von schönen, wilden, breitgeschichteten Felsen, die mit weißem Salz überzogen sind, mit prächtigem Wasserspiegel, der vormals einen größern Umfang hatte; aber mit der Zeit, da er allmälig stieg, sind seine Ufer zurückgetreten, und es wurde seine Oberfläche kleiner, seine Tiefe größer.

Der Salzsee ist etwa siebenzig Meilen lang, fünfunddreißig breit, und liegt dreitausendachthundert Fuß über dem Meeresspiegel. Sehr verschieden von dem Asphaltsee, der zwölfhundert Fuß niedriger liegt, ist er von bedeutendem Salzgehalt, und sein Wasser enthält den vierten Theil seines Gewichts an festem Stoff in Auflösung. Das specifische Gewicht desselben beträgt eintausendeinhundertundsiebenzig gegen eintausend des destillirten Wassers. Daher können auch Fische nicht darin leben; die vom Jordan, Weber und andern Flüßchen hineingeführten kommen bald darin um; aber unbegründet ist die Angabe, sein Wasser sei so dicht, daß ein Mensch darin nicht untersinke.

Um den See herum war das Feld zum Staunen wohl bebaut, denn die Mormonen verstehen sich auf den Landbau: Meiereien und Stallungen für Hausthiere, Korn-, Mais- und Hirsenfelder, üppiges Wiesenland, überall wilde Rosenhecken, Akazien- und Euphorbiengebüsch, solchen Anblick hätte diese Gegend sechs Monate später gewährt; aber in dem Augenblick war sie mit einer leichten Schneedecke verhüllt.

Um zwei Uhr stiegen die Reisenden bei der Station Ogden aus. Da der Zug erst um sechs Uhr weiter ging, so hatten Herr Fogg, Mrs. Aouda und ihre beiden Begleiter Zeit, auf der kleinen Bahnstrecke, welche hier abzweigt, sich in die Stadt der Heiligen zu begeben. Zwei Stunden genügten, um diese durch und durch amerikanische Stadt zu besichtigen, die nach dem Muster aller Städte der Union gebaut ist, ein ungeheures Damenbrett mit kalten Linien in traurigen Rechtwinkeln. Der Gründer der Stadt der Heiligen konnte sich dem Bedürfniß der Symmetrie, welches die Angelsachsen kennzeichnet, nicht entziehen. In diesem sonderbaren Lande, wo die Menschen nicht ebenso vorzüglich sind wie die Institutionen, macht sich alles »viereckig«, die Städte, die Häuser und die Dummheiten.

Um drei Uhr wandelten also die Reisenden durch die Straßen der Stadt, welche zwischen dem Jordanufer und den ersten Hügeln des Wahsatchgebirges liegt. Sie bemerkten darin wenig oder keine Kirchen, aber als Monumente das Haus des Propheten, das Gerichtshaus und das Arsenal; sodann Häuser von bläulichem Ziegelstein mit Verandas und Galerien, von Gärten und von Reihen Akazien-, Palm- und Johannisbrodbäumen umgeben. Eine im Jahre 1853 erbaute Mauer von Thon und Kieseln lief um die Stadt. In der Hauptstraße, wo auch der Markt gehalten wird, standen einige mit Fahnen gezierte Gasthöfe, unter anderm das Salzseehaus.

Herr Fogg und seine Begleiter fanden die Stadt nicht sehr bevölkert. Die Straßen waren fast menschenleer, – ausgenommen jedoch die Gegend des Tempels, wohin sie erst kamen, nachdem sie mehrere mit Palissaden umgebene Quartiere durchwandert hatten. Die Frauen waren sehr zahlreich, was aus der eigentümlichen Einrichtung des Hausstandes der Mormonen erklärlich wird. Doch muß man nicht meinen, alle Mormonen hätten mehrere Frauen. Man ist frei, aber zu merken ist, daß besonders die Bürgerinnen von Utah darauf versessen sind, verheiratet zu sein, weil den Religionsbegriffen des Landes nach die unverheirateten Frauen nicht in’s Himmelreich kommen. Diese armen Geschöpfe schienen weder glücklich noch im Wohlstand zu leben. Einige, ohne Zweifel die reicheren, trugen eine schwarzseidene Jacke, die oben offen war, unter einer Kapuze oder sehr bescheidenem Shawl. Die anderen hatten nur Indianertracht.

Passepartout als Junggeselle von Ueberzeugung sah nur mit einem gewissen Schrecken, wie es diesen Mormonenweibern oblag, gemeinsam mit andern das Glück eines einzigen Mormonen auszumachen. Seinem gesunden Verstand nach war der Mann besonders zu beklagen. Es schien ihm eine schreckliche Aufgabe, so viele Frauen miteinander durch die Wechselschicksale des Lebens zu geleiten, sie also truppweise zum Mormonenparadies zu führen, mit der Aussicht, sie dort für ewig in Gesellschaft des glorreichen Smyth wieder zu finden, welcher die Zierde dieses Ortes der Seligkeit sein mußte. Dazu fühlte er sicherlich keinen Beruf in sich, und er fand – vielleicht täuschte er sich hierin – daß die Bürgerinnen der Great-Lake-City etwas beunruhigende Blicke auf ihn warfen.

Glücklicherweise sollte er in der Stadt der Heiligen nicht lange verweilen. Einige Minuten vor sechs Uhr fanden sich die Reisenden wieder auf dem Bahnhof ein, und nahmen Platz im Waggon.

Man hörte das Pfeifen; aber im Augenblick wie die über die Schienen gleitenden Räder der Locomotive den Zug in Gang brachten, ließ sich der Ruf: »Halt! Halt!« vernehmen.

Ein Zug, der einmal in Bewegung ist, läßt sich nicht einhalten. Der Gentleman, welcher diesen Ruf hören ließ, war offenbar ein Mormone, der sich verspätet hatte. Er lief, daß ihm der Athem ausging. Zu seinem Glück war der Bahnhof ohne Thore und Schlagbaum. Er stürzte über den Weg, sprang auf die Einsteigtreppe des hintersten Wagens, und sank athemlos auf eine der Sitzbänke.

Passepartout, der mit Besorgniß dieser Gymnastik zugesehen hatte, betrachtete den verspäteten Mann, an welchem er lebhaften Antheil nahm, als er hörte, dieser Bürger von Utah habe nach einer häuslichen Scene die Flucht ergriffen.

Als der Mormone wieder bei Athem war, wagte Passepartout ihn höflich zu fragen, wieviel Frauen er habe, er allein, – und aus der Art, wie er flüchtig geworden, vermuthete er, es müßten wenigstens zwanzig sein.

»Eine, mein Herr, erwiderte der Mormone, und hob die Hände zum Himmel, eine, und daran übergenug!«

Achtundzwanzigstes Capitel.

Achtundzwanzigstes Capitel.

Passepartout vermochte nicht, der Stimme der Vernunft Gehör zu verschaffen.

Als der Zug die Salzseehauptstadt und die Station Ogden hinter sich hatte, lief er eine Stunde lang nordwärts bis zum Weberfluß, nachdem er von San Francisco aus etwa neunhundert Meilen zurückgelegt hatte. Von diesem Punkt an nahm er wieder östliche Richtung durch den unregelmäßigen Hauptstock des Wahsatchgebirges. An dieser Strecke zwischen diesen Bergen und dem eigentlichen Felsengebirge hatten die amerikanischen Ingenieure mit den ernstlichsten Schwierigkeiten zu kämpfen. Darum ist auch der Zuschuß, welchen die Staatsregierung für Herstellung der Bahn gewährte, an der ganzen Strecke auf achtundvierzigtausend Dollars per Meile angesetzt worden, während er auf der Ebene nur sechzehntausend Dollars beträgt; aber die Ingenieure haben, wie bereits gesagt, nicht der Natur Gewalt anthun wollen, vielmehr mit ihr wetteifernd die Schwierigkeiten zu umgehen gesucht, und um das große Thalbecken zu erreichen, ist auf der gesammten Bahnstrecke nur ein einziger Tunnel, in der Länge von vierzehntausend Fuß, angelegt worden.

Eben am Salzsee hatte bis dahin die Linie ihren höchsten Punkt erreicht. Von diesem aus beschrieb ihr Profil eine sehr lange Curve abwärts nach dem Thal des Bitter-Creek, um dann wieder aufzusteigen bis zur Wasserscheide zwischen dem Atlantischen und Stillen Ocean. In dieser Gebirgsgegend waren die Bergströme zahlreich; man mußte den Muddy, den Green und andere überbrücken. Passepartout wurde im Verhältnis, wie man dem Ziel näher kam, ungeduldiger; aber Fix wäre gern wieder aus dieser schwierigen Gegend herausgewesen, weil er Verspätungen besorgte, Unfälle befürchtete, und er hatte noch mehr als Phileas Fogg selbst Eile, auf englisches Gebiet zu kommen!

Um zehn Uhr Abends hielt der Zug bei der Station Fort-Bridger, verließ dieselbe wieder alsbald und kam zwanzig Meilen weiter in den Staat Wyoming, – das alte Dakota – längs dem ganzen Thalweg des Bitter-Creek, von wo aus ein Theil der Gewässer fließt, welche das hydrographische System des Colorado bilden.

Am folgenden Tage, den 7. December, wurde bei der Station Green-River eine Viertelstunde gehalten. Die Nacht über war reichlich Schnee gefallen, aber da er, mit Regen vermischt, schon halb geschmolzen war, konnte er die Fahrt nicht hemmen. Doch wurde Passepartout unruhig über dies schlimme Wetter, weil durch Häufung des Schnees eine Hemmung der Reise eintreten konnte.

»Was dachte denn auch mein Herr, sprach er bei sich, daß er die Reise im Winter vornahm! Hätte er nicht bei guter Jahreszeit weit bessere Aussichten auf Erfolg gehabt?«

Aber in diesem Augenblick, wo der brave Bursche sich nur über die Beschaffenheit der Witterung und der niedrigen Temperatur Gedanken machte, empfand Mrs. Aouda lebhafte Besorgnisse aus einem andern Grunde.

Es waren einige Reisende ausgestiegen und spazierten auf dem Quai des Bahnhofes von Green-River, bis der Zug wieder weiter ging. Da sah nun die junge Frau durch das Fenster und erkannte unter den Spazierenden den Oberst Stamp Proctor, jenen Amerikaner, welcher bei dem Meeting zu San Francisco sich so gröblich gegen Phileas Fogg benommen hatte. Mrs. Aouda zog sich, um nicht bemerkt zu werden, rasch vom Fenster zurück.

Dieser Umstand beunruhigte die junge Frau in hohem Grade. Sie hatte sich an den Mann angeschlossen, der, so kühl er auch war, ihr doch jeden Tag die vollständigste Hingebung zu erkennen gab. Ohne Zweifel war ihr die ganze Tiefe des Gefühls, welches ihr Retter ihr einflößte, noch nicht faßlich; sie nannte es nur noch Dankbarkeit, aber ohne daß sie’s wußte, umfaßte es bereits weit mehr als dies. Darum wurde ihr auch das Herz beklommen, als sie den ungeschliffenen Mann erkannte, mit welchem Herr Fogg früher oder später über sein Verhalten abrechnen wollte. Offenbar war der Oberst Proctor nur durch Zufall auf diesen Zug gekommen, aber er war nun einmal da, und man mußte um jeden Preis verhindern, daß Phileas Fogg seinen Gegner zu Gesicht bekam.

Als der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt, benutzte Mrs. Aouda einen Augenblick, wo Herr Fogg eingeschlafen war, um Fix und Passepartout in Kenntniß zu setzen.

»Dieser Proctor ist beim Zug! rief Fix. Nun, so beruhigen Sie sich, Madame, ehe er mit Herrn Fogg zu thun bekommt, wird er es mit mir zu thun haben! Es scheint mir, bei alledem, daß ich das schwerste Unrecht erlitten habe.

– Und dazu noch, fügte Passepartout hinzu, mache ich mir mit ihm zu schaffen, trotzdem daß er Oberst ist.

– Herr Fix, versetzte Mrs. Aouda, Herr Fogg wird es Niemand zukommen lassen, ihn zu rächen. Er ist, wie er gesagt hat, fähig, wieder nach Amerika zu kommen, um den Beleidiger aufzusuchen. Wenn er also den Oberst Proctor bemerkt, können wir nicht hindern, daß er mit ihm zu thun bekommt, was beklagenswerthe Folgen haben kann. Darum darf er ihn nicht sehen.

– Sie haben Recht, Madame, ein Zusammentreffen könnte alles verderben. Sieger oder besiegt, Herr Fogg würde dadurch aufgehalten, und …

– Und, setzte Passepartout hinzu, darum ist es den Gentlemen des Reformclubs zu thun. Binnen vier Tagen sind wir zu New-York! Wenn nun mein Herr während der vier Tage nicht aus seinem Waggon kommt, läßt sich hoffen, daß der Zufall ihn nicht mit diesem verdammten Amerikaner zusammen bringen wird. Aber wir werden ihn schon abzuhalten verstehen …«

Die Unterhaltung wurde abgebrochen. Herr Fogg war aufgewacht, und schaute durch das beschneite Fenster auf das Feld hinaus. Aber später, und ohne daß sein Herr Fogg oder Mrs. Aouda es hörte, sprach Passepartout zu dem Agenten:

»Würden Sie wirklich sich für ihn schlagen?

– Ich werde alles aufbieten, ihn lebend nach Europa zu bringen!« erwiderte einfach Fix, mit entschiedenem Ton.

Passepartout fühlte, daß ihn ein Schaudern überlief; aber seine Ueberzeugung in Beziehung auf seinen Herrn wankte nicht.

Und jetzt, gab es wohl ein Mittel, um Herrn Fogg in seiner Wagenabtheilung festzuhalten, damit er von jedem Zusammentreffen mit dem Oberst abgehalten würde? Es konnte nicht schwer fallen, da der Gentleman kein unruhiger Kopf und wenig neugierig war. Jedenfalls glaubte der Polizei-Agent das Mittel gefunden zu haben, denn nach einer kleinen Weile sprach er zu Phileas Fogg:

»Die Stunden hier auf der Eisenbahn sind doch recht lang und langweilig.

– In der That, erwiderte der Gentleman, aber sie gehen doch vorüber.

– An Bord der Packetboote, versetzte der Agent, pflegten Sie Ihr Spielchen Whist zu machen?

– Ja, erwiderte Phileas Fogg, aber hier wäre das schwierig. Ich habe weder Karten, noch Mitspieler.

– O! Karten werden wir schon zu kaufen bekommen. Auf den amerikanischen Waggons giebt es alles zu kaufen. Und was Mitspieler betrifft, wenn vielleicht, Madame …

– O gewiß, mein Herr, erwiderte lebhaft die junge Frau, ich verstehe Whist. Es gehört ja zur englischen Erziehung.

– Und ich, fuhr Fix fort, bilde mir sogar ein, gut zu spielen. Nun, also wir drei und ein Strohmann …

– Nach Ihrem Belieben, mein Herr«, erwiderte Phileas Fogg, der froh war, sein Lieblingsspiel selbst auf der Eisenbahn zu spielen.

Passepartout wurde abgeschickt, den Stewart aufzusuchen, und brachte bald zwei vollständige Kartenspiele, Marken und ein mit Tuch beschlagenes Tischchen. Es fehlte nichts, und das Spiel nahm gleich seinen Anfang. Mrs. Aouda verstand Whist zu Genüge, so daß ihr der strenge Phileas Fogg sogar darüber Komplimente machte. Der Polizei-Agent war besonders stark darin, und konnte dem Gentleman die Spitze bieten.

»Jetzt, sprach Passepartout zu sich selbst, haben wir ihn fest!«

Um elf Uhr Vormittags befand sich der Zug auf dem Höhepunkt der Wasserscheide zwischen den beiden Oceanen, zu Passe-Bridger, siebentausendfünfhundertvierundzwanzig Fuß über dem Meeresspiegel. Noch etwa zweihundert Meilen, dann befand man sich auf den weit ausgedehnten, bis zum Atlantischen Meere reichenden Ebenen, welche der Anlage von Eisenbahnen so günstig sind.

Bereits kamen die ersten Quellflüsse der Atlantischen Abdachung zum Vorschein, Neben- und Zuflüsse des obern Platte-River. Am ganzen nördlichen und östlichen Horizont ragte der ungeheure halbkreisförmige Mittelwall, welcher den nördlichen Theil des Felsengebirges bildet, der vom Pic Laramie beherrscht wird. Zwischen diesem krummen Höhenzug und der Eisenbahn breiteten sich ungeheure, reichlich von Gewässern durchströmte Ebenen aus. Rechts von dem Schienenweg stuften sich die ersten Abhänge des Hauptgebirgsstocks ab, welcher im Süden bis zu den Quellen des Arkansas, einem der großen Nebenflüsse des Missouri, reicht.

Um halb eins bekamen die Reisenden einen Augenblick das Fort Halleck zu sehen, welches diese Gegend beherrscht. In einigen Stunden konnte man über das Felsengebirge hinaus sein, und es stand zu hoffen, daß kein Unfall mehr auf dieser schwierigen Stelle vorkommen werde. Der Schneefall hatte aufgehört, und es trat trockene Kälte ein. Von der Locomotive aufgescheucht, entflohen weithin die Vögel; kein Rothwild, Bär oder Wolf, zeigte sich auf der Ebene, einer kahlen Einöde von ungeheurer Ausdehnung.

Nach einem erquicklichen, im Bahnwagen eingenommenen Frühstück hatten Herr Fogg und seine Spielgenossen eben ihr Whist, das kein Ende nehmen wollte, wieder begonnen, als man heftiges Pfeifen vernahm. Der Zug hielt an.

Passepartout steckte den Kopf zum Fenster hinaus, und sah nichts, was zu diesem Anhalt veranlaßt haben konnte. Keine Station war zu sehen.

Mrs. Aouda und Fix mochten eine Weile befürchten, Herr Fogg werde auf den Gedanken kommen, auszusteigen. Aber der Gentleman sagte nur zu seinem Diener:

»Sehen Sie doch, was es giebt.«

Passepartout sprang aus dem Waggon. Bei vierzig Reisende waren ebenfalls ausgestiegen, darunter der Oberst Stamp Proctor.

Der Zug hatte vor einem rothen Signalzeichen eingehalten, welches den Weg sperrte. Der Maschinist und der Conducteur waren ausgestiegen und disputirten lebhaft mit einem Bahnwärter, welchen der Bahnhofdirector der Station Medecine-Bow dem Zug entgegengeschickt hatte. Einzelne der Reisenden hatten sich dazugesellt und nahmen an dem Disput Theil, – unter andern der gedachte Oberst Proctor mit seinem lauten Ton und gebieterischen Geberden.

Passepartout hörte, als er zu der Gruppe kam, wie der Bahnwärter sprach:

»Nein! Es ist nicht möglich hinüberzukommen! Die Brücke von Medecine-Bow ist schadhaft und verträgt nicht mehr das Gewicht des Zugs.«

Die fragliche Brücke war eine Hängebrücke über einen reißenden Bergstrom, eine Meile von der Stelle entfernt, wo der Zug stehen geblieben war. Nach Aussage des Bahnwärters waren einige der Hängeketten zersprungen, und man durfte ein Darüberfahren nicht riskiren.

Es war das gar keine Übertreibung. Und zudem bei der gewöhnlichen Fahrlässigkeit der Amerikaner kann man annehmen, daß, wenn sie wirklich einmal vorsichtig sind, man wahnsinnig wäre, wollte man es nicht sein.

Da Passepartout nicht wagte, seinem Herrn davon Kenntniß zu geben, so hörte er mit grimmiger Miene zu, unbeweglich wie eine Statue.

»Ei was! schrie der Oberst Proctor, wir werden doch nicht, denk‘ ich, hier im Schnee einwurzeln!

– Oberst, versetzte der Conducteur, man hat nach der Station Omaha telegraphirt, um einen Extrazug von dort aus, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß er vor sechs Uhr zu Medecine-Bow ankommt.

– Sechs Uhr! rief Passepartout.

– Allerdings, erwiderte der Conducteur. Uebrigens brauchen wir auch soviel Zeit, um zu Fuß bis zur Station zu kommen.

– Doch ist sie nur eine Meile von uns entfernt, sagte ein Passagier.

– Eine Meile wohl, aber von der andern Seite des Flusses aus.

– Und kann man denn nicht auf einem Fahrzeug über den Fluß kommen? fragte der Oberst.

– Unmöglich. Es ist ein reißender Bergstrom, dessen Wasser vom Regen angeschwollen ist, und um eine Furth zu finden, müßten wir einen Umweg von zehn Meilen nordwärts machen.«

Der Oberst schleuderte eine Kette von Flüchen über die Compagnie, den Conducteur, und Passepartout war zornig bereit, in seine Tonart einzustimmen. Hier war ein materielles Hinderniß, gegen welches alle Banknoten seines Herrn nichts halfen.

Uebrigens war die Verlegenheit und Unlust der Reisenden allgemein; denn außer dem Zeitverlust mußten sie fünfzehn Meilen zu Fuß über den schneebedeckten Boden machen. Daher gab es auch ein Durcheinander von Schreien und Rufen, das sicherlich Phileas Fogg aufmerksam gemacht hätte, wäre er nicht ganz in sein Spiel versunken gewesen.

Doch war Passepartout jetzt genöthigt, ihm Mittheilung zu machen, und er ging schon mit gesenktem Kopf auf den Waggon zu, als der Maschinist des Zugs – ein echter Yankee, Forster mit Namen – seine Stimme erhob, und sprach:

»Meine Herren, vielleicht giebt es ein Mittel hinüberzukommen.

– Ueber die Brücke? fragte ein Passagier.

– Ja wohl.

– Mit unserm Zug? fragte der Oberst.

– Mit unserm Zug.«

Passepartout war stehen geblieben, hörte mit gespitzten Ohren dem Maschinisten zu.

»Aber die Brücke droht einzustürzen! versetzte der Conducteur.

– Einerlei, erwiderte Forster. Ich meine, wenn man den Zug mit höchstmöglicher Schnelligkeit in Bewegung setzte, könnte man doch hinüber kommen.

– Teufel!« sagte Passepartout.

Aber eine Anzahl der Reisenden war gleich für den Vorschlag gewonnen; besonders der Oberst Proctor war damit zufrieden. Und schließlich stimmten alle Betheiligten demselben bei.

»Wir könnten fünfzig gegen hundert wetten, daß wir hinüber kommen, sagte der Eine.

– Sechzig, sagte der Andere.

– Achtzig! … Neunzig gegen hundert!«

Passepartout war ganz verdutzt, obwohl er Alles zu versuchen bereit war, um über den Medecinefluß zu kommen, aber das Vorhaben kam ihm doch allzu »amerikanisch« vor.

»Uebrigens, dachte er, was hier geschehen muß, ist eine sehr einfache Sache, und diese Leute denken nicht einmal daran! … Mein Herr, sagte er zu einem der Passagiere, das von dem Maschinisten vorgeschlagene Mittel scheint mir etwas gewagt, allein …

– Achtzig gegen hundert, erwiderte der Passagier, und kehrte ihm den Rücken zu.

– Ich weiß es wohl, erwiderte Passepartout, und wendete sich an einen andern Gentleman, aber eine einfache Erwägung …

– Keine Erwägung, das taugt nichts! versetzte der Amerikaner mit Achselzucken; denn der Maschinist versichert, daß man hinüber kommt!

– Allerdings, fuhr Passepartout fort, wird man hinüber kommen, aber es wäre vielleicht vorsichtiger …

– Was! vorsichtiger! rief der Oberst Proctor, den dies zufällig vernommene Wort außer sich brachte. Mit höchster Schnelligkeit! sagt man Euch! Verstehen Sie? Mit höchster Schnelligkeit!

– Ich weiß … ich verstehe … sagte Passepartout wiederholt, da man ihn nicht ausreden ließ; aber es wäre, wo nicht vorsichtiger, weil Sie diesen Ausdruck beanstanden, wenigstens viel natürlicher …

– Wer? was? wie? Was will denn der mit seinem natürlich?« … rief man von allen Seiten.

Der arme Junge wußte nicht mehr, bei wem er sich Gehör verschaffen könnte.

»Fürchten Sie sich? fragte ihn der Oberst Proctor.

– Ich, fürchten! rief Passepartout. Nun denn, meinetwegen! Ich will diesen Leuten zeigen, daß ein Franzose ebenso amerikanisch sein kann, wie sie!

– In die Wagen! in die Wagen! rief der Conducteur.

– Ja! in die Wagen, wiederholte Passepartout, in die Wagen! Und augenblicklich! Aber ich bleibe dabei, es wäre doch natürlicher, man ließe uns Passagiere zuerst zu Fuß über die Brücke gehen, und der Wagenzug folgte hinterdrein! …«

Aber kein Mensch gab der gescheiten Bemerkung Gehör, und kein Mensch hätte Lust gehabt, ihre Richtigkeit anzuerkennen.

Die Reisenden stiegen wieder ein, Passepartout setzte sich wieder an seinen Platz, ohne von dem, was vorgegangen war, ein Wort zu sagen. Die Spieler waren unablässig bei ihrem Whist.

Die Locomotive pfiff gewaltig. Der Maschinist ließ seinen Wagenzug erst eine Meile weit zurückgehen, – wie einer, der einen Sprung machen will, einen Anlauf nimmt.

Dann, auf ein zweites Pfeifen, fuhr man wieder vorwärts, mit stets wachsender Schnelligkeit, die bald erschrecklich wurde, man hörte nur noch ein fortwährendes Wiehern aus der Locomotive; die Stempel gingen zwanzigmal in der Secunde; die Achsen der Räder rauchten in den geschmierten Radbüchsen. Man fühlte, sozusagen, daß der gesammte Wagenzug, bei einer Schnelligkeit von hundert Meilen die Stunde, auf den Schienen kein Gewicht mehr hatte.

Und man kam hinüber! Blitzschnell! Von der Brücke sah man nichts. Die Wagen sprangen, kann man wohl sagen, von einem Ufer zum andern hinüber, und der Maschinist konnte seine vorwärts geschleuderte Maschine erst fünf Meilen über der Station hinaus zum Anhalten bringen.

Kaum aber war der Wagenzug über den Fluß hinaus, als die nun völlig ruinirte Brücke krachend in den Strudel des Medecine-Bow hinabstürzte.

Neunundzwanzigstes Capitel.

Neunundzwanzigstes Capitel.

Einiges, was nur auf amerikanischen Eisenbahnen vorkommt.

An demselben Nachmittag fuhr der Zug ohne Hinderniß weiter, am Fort Sauders vorbei, durch die Enge von Chayenne, und kam noch bis zum Paß Evans. An dieser Stelle ist der höchste Punkt der Eisenbahn auf ihrer ganzen Länge, nämlich achttausendeinundneunzig Fuß oberhalb des Meeresspiegels. Von nun an ging es nur abwärts bis zum Atlantischen Meer auf den unbegrenzten, von der Natur nivellirten Ebenen.

Hier entsendet die Hauptbahn eine Abzweigung nach Denver-City, der Hauptstadt von Colorado. Dieses Gebiet ist reich an Gold- und Silberminen, und es haben sich bereits über fünfzigtausend Bewohner dort angesiedelt.

Jetzt hatte man von San Francisco aus dreizehnhundertzweiundachtzig Meilen in drei Tagen und drei Nächten zurückgelegt, und aller Vorausberechnung nach mußten vier Nächte und vier Tage für die Fahrt bis New-York ausreichen. Phileas Fogg hielt sich also innerhalb der vorgezeichneten Fristen.

Während der Nacht ließ man das Lager Walbah links. Der Lodge-pole-Creek floß parallel mit der Bahn längs der geradlinigen Grenze der Staaten Wyoming und Colorado. Um elf Uhr fuhr man in Nebraska, neben Sedgwich vorbei, und berührte Julesburgh am südlichen Arme des Platte-Flusses.

An dieser Stelle fand am 23. October 1867 die Einweihung der Pacific-Bahn statt, deren Oberingenieur der General I. M. Dodge war. Hier hielten die beiden gewaltigen Locomotiven mit den neun Waggons der Eingeladenen, worunter der Vice-Präsident M. Thomas C. Durant; hier erschallte das Beifallklatschen; hier gaben die Sioux und Pawnies das Schauspiel eines kleinen Indianerkriegs; hier sah man das Spiel der Kunstfeuerwerke; hier endlich wurde mittelst einer transportablen Druckerei die erste Nummer des Blattes »Railway- Pioneer« hergestellt. So wurde die Einweihung dieser Riesenbahn gefeiert, die ein Werkzeug des Fortschritts und der Bildung, quer durch die unbewohnten Gegenden zieht, mit der Bestimmung, Städte und Ortschaften, die noch nicht existirten, mit einander zu verbinden. Noch wirksamer als Amphion’s Leier, sollte die Pfeife der Locomotive sie bald aus dem amerikanischen Boden hervorwachsen lassen.

Um acht Uhr Vormittags hatte man das Fort Mac-Pherson hinter sich, welches dreihundertsiebenundfünfzig Meilen von Omaha entfernt liegt. Die Eisenbahn folgte den launischen Krümmungen des südlichen Armes des Platte-Flusses auf seiner linken Seite. Um neun Uhr kam man bei der bedeutenden Stadt North-Platte an, die zwischen den beiden Armen des großen Stromes liegt, welche sich hier vereinigen, um von da an nur eine einzige Pulsader zu bilden, – ein ansehnlicher Nebenfluß des Missouri, in welchen er ein wenig oberhalb Omaha einmündet.

Nun war man über den hundertsten Meridian hinaus. –

Herr Fogg und seine Spielgenossen hatten ihr Spiel fortgesetzt, und keiner beklagte sich über die Länge der Fahrt – nicht einmal der Strohmann. Fix hatte anfangs einige Guineen gewonnen, und war schon im Begriff, sie wieder zu verlieren, aber er zeigte sich doch als ebenso leidenschaftlicher Spieler, wie Herr Fogg. Diesem Gentleman lächelte während dieses Vormittags das Glück besonders; es regnete Trümpfe und Honneurs in seine Hand. Eben war er, nachdem er einen kühnen Coup ausgedacht, im Begriff, Pique auszuspielen, als sich hinter der Bank eine Stimme hören ließ:

»Ich würde Eckstein spielen …«

Herr Fogg, Mrs. Aouda und Fix hoben die Köpfe empor.

Der Oberst Proctor stand hinter ihnen.

Stamp Proctor und Phileas Fogg erkannten sich sogleich.

»O! Sie sind’s, Herr Engländer, rief der Oberst aus, Sie wollen Pique ausspielen!

– Und ich spiele es schon, versetzte Phileas Fogg kaltblütig, und warf eine Zehne dieser Farbe hin.

– Ich aber will haben, daß Eckstein gespielt werde«, versetzte der Oberst Proctor mit gereizter Stimme.

Und er machte eine Handbewegung, als wolle er die ausgespielte Karte wegnehmen, und sagte dabei:

»Sie verstehen nichts von diesem Spiel.

– Vielleicht verstehe ich ein anderes besser, sagte Phileas Fogg, indem er aufstand.

– Es kommt nur auf Sie an, es zu probiren, Sohn John Bull’s!« erwiderte der Grobian.

Mrs. Aouda ward blaß, alles Blut drang ihr zum Herzen. Sie faßte Phileas Fogg beim Arm, er schob sie sanft zurück. Passepartout war im Begriff, über den Amerikaner herzufallen, der mit höhnendem Blick seinen Gegner ansah. Aber Fix stand auf, trat zum Oberst Proctor und sagte:

»Sie vergessen, daß Sie’s mit mir zu thun haben, mein Herr; Sie haben mich nicht nur beleidigt, sondern geschlagen!

– Herr Fix, sagte Herr Fogg, ich bitte um Entschuldigung, dieses geht mich allein an. Da der Oberst behauptete, ich spielte nicht richtig, so hat er mich von Neuem beleidigt, und wird mir dafür Genugthuung geben.

– Wann Sie wollen, und wo Sie wollen, erwiderte der Amerikaner, und auf welche Waffe Ihnen beliebt!«

Mrs. Aouda suchte vergeblich Herrn Fogg zurückzuhalten. Der Polizei-Agent bemühte sich fruchtlos, die Sache auf sich zu nehmen. Passepartout wollte den Oberst zur Thür hinauswerfen, aber ein Wink seines Herrn hielt ihn zurück. Phileas Fogg ging aus dem Waggon, und der Amerikaner folgte ihm auf den Steg.

»Mein Herr, sagte Herr Fogg zu seinem Gegner, ich habe große Eile, nach Europa zurückzukehren, und jeder Verzug würde meine Interessen sehr benachtheiligen.

– Ah! was geht das mich an? erwiderte der Oberst Proctor.

– Mein Herr, fuhr Herr Fogg höflichst fort, bereits als wir zu San Francisco aufeinander trafen, war ich entschlossen, sobald ich meine Geschäfte in Europa beendet hätte, wieder nach Amerika zu kommen und Sie aufzusuchen.

– Wirklich!

– Wollen Sie mir in sechs Monaten ein Rendezvous geben?

– Warum nicht in sechs Jahren?

– Ich sage sechs Monate, erwiderte Herr Fogg, und werde pünktlich mich einfinden.

– Alles nur Ausflüchte! rief Stamp Proctor. Jetzt gleich oder nie.

– Meinetwegen, versetzte Herr Fogg. Sie gehen nach New-York?

– Nein.

– Nach Chicago?

– Nein.

– Nach Omaha?

– Das kann Ihnen einerlei sein. Ist Ihnen Plum-Creek bekannt?

– Nein, erwiderte Herr Fogg.

– Es ist die nächste Station, wo wir in einer Stunde eintreffen und zehn Minuten anhalten werden. Das ist Zeit genug, einige Revolverschüsse zu wechseln.

– Gut, erwiderte Herr Fogg. Halten wir zu Plum-Creek.

– Und ich meine sogar, Sie werden nicht mehr von da wegkommen! setzte der unverschämte Amerikaner hinzu.

– Wer weiß, mein Herr?« versetzte Herr Fogg, und kehrte so kaltblütig wie immer in seinen Waggon zurück.

Hier suchte der Gentleman Mrs. Aouda durch die Versicherung zu beruhigen, daß solche Prahlhänse niemals zu fürchten seien. Sodann bat er Fix, ihm bei der Begegnung, welche statthaben sollte, Zeuge zu sein. Fix konnte es nicht abschlagen, und Phileas Fogg setzte mit Seelenruhe sein unterbrochenes Spiel fort, indem er ungestört Pique spielte.

Um elf Uhr kündigte das Pfeifen der Locomotive an, daß man nächst der Station Plum-Creek sei. Herr Fogg stand auf und begab sich, von Fix begleitet, auf den Steg. Passepartout folgte mit einem Paar Revolver. Mrs. Aouda blieb leichenblaß im Waggon.

In dem Augenblick öffnete sich die Thür des andern Waggons, und der Oberst Proctor erschien gleichfalls auf dem Steg, begleitet von seinem Zeugen, der ein Yankee seiner Art war. Aber als eben die beiden Gegner im Begriff waren auszusteigen, kam der Conducteur in aller Eile und rief:

»Es wird nicht ausgestiegen, meine Herren.

– Und weshalb? fragte der Oberst.

– Wir find um zwanzig Minuten verspätet, und der Zug kann sich nicht aufhalten.

– Aber ich muß mich mit dem Herrn schlagen.

– Ich bedauere, erwiderte der Beamte, aber es geht unverzüglich weiter. Da hören Sie schon die Glocke!«

Wirklich läutete die Glocke, und der Zug ging weiter.

»Es thut mir herzlich leid, meine Herren, sagte darauf der Conducteur; sonst hätte ich Ihnen gefällig sein können. Aber, trotzdem, da Sie hier keine Zeit dafür bekamen, wer hindert Sie, sich während der Fahrt zu schlagen?

– Das steht vielleicht dem Herrn nicht an! sagte Proctor mit spöttischer Miene.

– Ich bin vollkommen damit einverstanden, erwiderte Phileas Fogg.

– Nun, dachte Passepartout, wir sind ganz gewiß in Amerika! und der Conducteur ist ein Gentleman bester Sorte!«

Mit diesen Worten folgte er seinem Herrn.

Die beiden Gegner und ihre Zeugen begaben sich, vom Conducteur geführt, durch alle Waggons der Reihe nach bis an’s Ende des Zuges. In dem hintersten Wagen befanden sich nur etwa zehn Reisende. Der Conducteur fragte sie, ob sie die Güte haben wollten, ihren Platz auf einige Augenblicke zwei Gentlemen zu überlassen, die eine Ehrensache mit einander abzumachen hätten.

Die Reisenden machten sich ein großes Vergnügen daraus, den beiden Gentlemen gefällig sein zu können, und zogen sich auf die Stege zurück.

Dieser fünfzig Fuß lange Waggon war für das Vorhaben ganz geeignet. Die Gegner konnten zwischen den Bänken auf einander los gehen, und nach Herzenslust auf einander schießen. Das Duell war sehr leicht zu regeln. Herr Fogg und der Oberst Proctor, jeder mit zwei sechsläufigen Revolvern versehen, gingen in den Wagen hinein, und wurden von ihren Zeugen, die außen blieben, eingeschlossen. Beim ersten Pfeifen der Locomotive sollte das Feuern beginnen … darauf, nach zwei Minuten wollte man aus dem Wagen holen, was von den beiden Gentlemen noch vorhanden wäre.

Wahrhaftig höchst einfach; so einfach sogar, daß dem Fix sowohl wie Passepartout das Herz zerspringen wollte.

So wartete man auf das verabredete Zeichen, als plötzlich wildes Geschrei erschallte. Es knallten Schüsse, aber sie kamen nicht aus dem Wagen der Duellanten; sie verbreiteten sich sogar über die ganze Zuglinie bis zum vordersten Wagen. Entsetzliches Geschrei vernahm man aus dem Innern der Wagen.

Der Oberst Proctor und Herr Fogg stürzten, die Revolver in der Hand, augenblicklich heraus und eilten nach vorn, wo die Schüsse und das Geschrei am ärgsten waren.

Es war klar, daß der Zug von einem Trupp Sioux überfallen war.

Diese kühnen Indianer machten aber nicht ihren ersten Versuch; sie hatten schon mehr als einmal die Züge angehalten. Nach ihrer Gewohnheit waren sie, ohne das Anhalten des Zugs abzuwarten, wohl hundert Mann stark auf die Einsteigtritte gestürzt und hatten die Wagen so flink erstiegen, wie ein Clown ein galopirendes Pferd.

Die Sioux waren mit Flinten bewaffnet, und ihre Schüsse wurden von den Reisenden, die fast alle bewaffnet waren, mit Revolvers erwidert. Gleich anfangs hatten die Indianer die Maschine überfallen und den Maschinisten, wie den Heizer halb todt geschlagen. Ein Anführer wollte den Zug zum Stehen bringen; da er aber den Handgriff des Regulators nicht zu drehen verstand, so hatte er, anstatt zu schließen, dem Einströmen des Dampfes weiten Raum geöffnet, und die Locomotive stürmte mit erschrecklicher Geschwindigkeit vorwärts.

Zu gleicher Zeit fielen die Sioux die Waggons an, erkletterten wie wüthende Affen die Decken derselben, stießen die Thüren ein und kämpften Mann für Mann mit den Reisenden. Aus dem Gepäckwagen, den sie aufschlugen und plünderten, flogen die Colli’s auf die Bahn. Ununterbrochenes Schreien und Schießen.

Indessen vertheidigten sich die Reisenden muthig. Einige Waggons waren verbarrikadirt, eine Belagerung auszuhalten, gleich beweglichen Forts, die mit einer Schnelligkeit von hundert Meilen die Stunde fortsausten.

Vom Anfang des Kampfes an benahm sich Mrs. Aouda muthig. Den Revolver in der Hand vertheidigte sie sich tapfer, indem sie, wenn ein Wilder ihr vorkam, durch die zerbrochenen Scheiben schoß. Wohl zwanzig zum Tod verwundete Sioux lagen auf dem Bahnweg, und die von den Stegen herab auf die Schienen rutschten, wurden wie Gewürm von den Rädern zermalmt.

Einige von Kugeln oder mit Todtschlägern schwer verwundete Passagiere lagen auf den Bänken.

Doch mußte der Kampf ein Ende haben, der bereits zehn Minuten dauerte und zum Vortheil der Sioux ausschlagen mußte, wenn der Zug nicht zum Stehen kam. Die Station des Forts Kearney, wo sich ein amerikanischer Truppenposten befand, war nur zwei Meilen weit entfernt; aber wenn sie an diesem Posten vorüber fuhren, konnten die Sioux die Oberhand bekommen.

Der Conducteur kämpfte an Fogg’s Seite, als eine Kugel ihn zu Boden streckte. Im Fallen rief er aus:

»Wir sind verloren, wenn der Zug nicht vor Ablauf von fünf Minuten zum Stehen kommt!

– Er wird zum Stehen gebracht, sagte Phileas Fogg, im Begriff, sich aus dem Wagen zu stürzen.

– Bleiben Sie, rief ihm Passepartout zu. Das geht mich an!«

Phileas Fogg hatte nicht Zeit, den muthigen Jungen zurückzuhalten. Er öffnete unbemerkt von den Indianern eine Thür, und es gelang ihm, unter den Wagen zu gleiten, wo er, während über seinem Kopf unablässig gekämpft und Schüsse gewechselt wurden, alle seine Behendigkeit, seine Gewandtheit als Clown zu Hilfe nahm und unter den Waggons geschmiegt an den Ketten und anderen Maschinentheilen angeklammert, mit wunderbarer Geschicklichkeit von einem Wagen zum andern klimmend, ohne gesehen zu werden, an den vordem Theil des Zuges kam.

Hier hielt er sich mit der einen Hand zwischen dem Gepäckwagen und dem Tender fest, und hakte mit der andern die Sicherheitsketten aus; die Kuppelstange loszuschrauben hätte er wohl auch nicht fertig gebracht, aber eine Erschütterung der Maschine zersprengte dieselbe, so daß nun, die Wagen allmälig zurückblieben, während die Locomotive mit erneuerter Schnelligkeit davoneilte.

Der Wagenzug rollte noch einige Minuten lang weiter, dann aber wirkten aus dem Innern derselben die Bremser, und endlich hielt der Zug hundert Schritt weit von der Station Kearney.

Hier kamen die Soldaten des Forts, welche durch die Schüsse bereits aufgeregt waren, in Eile herbei. Die Sioux warteten sie nicht ab, und ehe noch der Zug völlig zum Stehen kam, hatte sich die ganze Truppe entfernt.

Als aber die Reisenden auf dem Quai der Station sich überzählten, nahmen sie wahr, daß Einige fehlten, unter anderen der muthige Franzose, dessen Opferwilligkeit sie soeben gerettet hatte.

Drittes Capitel.

Drittes Capitel.

Eine Unterredung, welche Phileas Fogg theuer zu stehen kommen kann.

Phileas Fogg hatte um halb zwölf Uhr sein Haus in Saville-Row verlassen, und langte, nachdem er fünfhundertfünfundsiebenzigmal seinen rechten Fuß vor den linken, und fünfhundertsechsundsiebenzigmal seinen linken Fuß vor den rechten gesetzt hatte, im Reformclub an, einem ungeheuern Gebäude in Pall-Mall, welches nicht weniger als drei Millionen zu bauen gekostet hat.

Phileas Fogg begab sich sogleich in den Speisesaal, dessen neun Fenster die Aussicht auf einen Garten boten, mit Bäumen, die bereits im herbstlichen Goldschmuck prangten. Er setzte sich dort an die gewöhnliche Tafel, wo sein Gedeck auf ihn wartete. Sein Frühstück bestand aus einem Nebengericht, gesottenem Fisch in einer vorzüglichen »reading sauce« – einem scharlachrothen Rostbeaf mit »musheron« gewürzt, einem Kuchen mit Füllsel von Rhabarberstengeln und grünen Stachelbeeren, einem Stückchen Chester, – alles mit einigen Tassen von dem vortrefflichen Thee, welcher ganz besonders für die Küche des Reformclubs gesammelt wurde.

Um zwölf Uhr siebenundvierzig Minuten stand dieser Gentleman auf und begab sich in den großen Salon, der prachtvoll mit Gemälden in reichen Rahmen verziert war. Hier stellte ihm ein Diener die noch nicht aufgeschnittene »Times« zu, welche Phileas Fogg mit einer Sicherheit der Hand auseinander faltete, welche eine große Uebung in dieser schwierigen Operation bekundete. Mit dem Lesen dieses Journals war Phileas Fogg bis drei Uhr fünfundvierzig Minuten beschäftigt; sodann mit der Lectüre des »Standard« bis zum Diner. Diese Mahlzeit fand in gleicher Weise statt, wie das Frühstück, nur daß noch die »royal british sauce« hinzukam.

Um fünf Uhr vierzig Minuten erschien der Gentleman wieder in dem großen Salon und vertiefte sich in der Lectüre des »Morning Chronicle.«

Eine halbe Stunde später kamen verschiedene Mitglieder des Reformclubs herein und näherten sich dem Kamin, wo ein Kohlenfeuer brannte. Es waren die gewöhnlichen Spielgenossen des Herrn Phileas Fogg, gleich ihm leidenschaftliche Whistspieler: der Ingenieur Andrew Stuart, die Banquiers John Sullivan und Samuel Fallentin, der Brauer Thomas Flanagan, Walther Ralph, einer der Administratoren der Bank von England, – reiche und angesehene Männer, selbst in diesem Club, welcher die hervorragendsten Glieder der Industrie und Finanzwelt in seiner Mitte zählt.

»Nun Ralph, fragte Thomas Flanagan, wie steht’s mit dem Diebstahl?

– Nun, erwiderte Andrew Stuart, die Bank wird um ihr Geld kommen.

– Ich hoffe im Gegentheil, sagte Walther Ralph, daß wir den Dieb in die Hand bekommen werden. Es sind sehr geschickte Polizeileute nach Amerika und Europa in alle hauptsächlichen Landungs- und Einschiffungshäfen abgeschickt worden, denen wird jener Herr wohl schwerlich entrinnen.

– Man hat das Signalement des Diebes? fragte Andrew Stuart.

– Vor allem, es ist kein Dieb, erwiderte ernsthaft Walther Ralph.

– Wie, dieses Individuum, welches fünfundfünfzigtausend Pfund in Banknoten (2.100,000 Mark) entwendet hat, ist nicht ein Dieb zu nennen?

– Nein, versetzte Walther Ralph.

– Also ein Industrieller? sagte John Sullivan.

– Das »Morning Chronicle« versichert, es sei ein Gentleman.«

Der Mann, welcher diese Aeußerung machte, war Niemand anders, als Phileas Fogg, dessen Kopf damals aus der um ihn herum aufgethürmten Fluth von Papieren auftauchte. Zugleich grüßte Phileas Fogg seine Collegen, welche seinen Gruß erwiderten.

Der fragliche Vorfall, welchen die verschiedenen Journale des Vereinigten Königreichs eifrig besprachen, hatte sich drei Tage zuvor, am 29. September, begeben. Ein Packet Banknoten, hundertfünftausend Pfund enthaltend, war aus dem Fach des Hauptcassirers der Bank von England verschwunden.

Wunderte man sich, daß ein solcher Diebstahl so leicht vorfallen konnte, so antwortete der Unter-Gouverneur Walther Ralph nur, daß der Cassirer eben damit beschäftigt war, einen Einnahmeposten von drei Schilling sechs Pence einzutragen, und man könne nicht seine Augen überall zugleich haben.

Aber es ist hier zu bemerken – was die Thatsache erklärlicher macht – daß dieses staunenswerthe Institut der Bank von England äußerst besorgt für die Würde des Publicums ist. Keine Wachen, keine Invaliden, keine Gitter! Das Gold, Silber, die Noten liegen da ganz frei, so zu sagen dem Belieben des ersten Besten Preis gegeben. Es fällt Einem nicht ein, gegen die Ehrenhaftigkeit irgend eines Vorübergehenden Verdacht zu hegen. Einer der besten Beobachter englischer Gebräuche erzählt sogar Folgendes: In einem der Säle der Bank, wo er sich eines Tages befand, war er so neugierig, eine sieben bis acht Pfund schwere Goldbarre näher zu besehen; er nahm dieselbe, betrachtete sie, übergab sie seinem Nachbar, dieser einem anderen, und so wanderte die Barre von Hand zu Hand bis in einen dunkeln Gang hinein, und kam erst nach einer halben Stunde an ihren Platz zurück, ohne daß der Cassirer nur den Kopf darnach hob.

Aber am 29. September ging’s nicht ganz eben so. Der Pack Banknoten kam nicht wieder zurück, und als die prachtvolle Uhr, welche über dem Geschäftssaal angebracht war, um fünf Uhr den Schluß der Bureaux anläutete, blieb der Bank von England nichts übrig, als hundertundfünftausend Pfund auf das Verlustconto zu setzen.

Als der Diebstahl gehörig festgestellt war, wurden auserwählte Agenten, »Detectivs«, in die bedeutendsten Häfen zu Liverpool, Glasgow, Havre, Suez, Brindisi, New-York etc., abgeschickt, und eine Prämie von zweitausend Pfund nebst fünf Procent der wieder gefundenen Summe für die Entdeckung ausgesetzt. Während sie die Auskünfte abwarteten, welche die unverzüglich eingeleitete Untersuchung zu liefern versprach, hatten diese Agenten den Auftrag, sorgfältig alle ankommenden und abreisenden Passagiere zu beobachten.

Nun hatte man Grund, gerade wie das »Morning Chronicle« sich aussprach, anzunehmen, daß der Thäter keiner der organisirten Diebesgesellschaften Englands angehöre. Man hatte im Laufe des 29. September einen wohlgekleideten Gentleman von guten Manieren und vornehmer Miene in dem Zahlungssaale, wo der Diebstahl vorfiel, ab und zu gehen gesehen. Die Untersuchung hatte es möglich gemacht, ziemlich genau das Signalement dieses Gentleman herzustellen, welches dann augenblicklich an alle Detectivs des Vereinigten Königreiches und des Continentes abgeschickt wurde. Manche gute Köpfe, – worunter auch Walther Ralph – glaubten daher Grund zur Hoffnung zu haben; der Dieb werde nicht entrinnen.

Man kann sich denken, daß dieser Vorfall zu London und in ganz England das Tagesgespräch bildete. Man stritt leidenschaftlich für und wider die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Polizei in der Hauptstadt. Kein Wunder also, daß die Mitglieder des Reformclubs den nämlichen Gegenstand besprachen, um so mehr, als einer der Untergouverneure der Bank sich unter ihnen befand.

Der ehrenwerthe Walther Ralph wollte am Erfolg der Nachforschungen nicht zweifeln, indem er meinte, die ausgesetzte Prämie müsse den Eifer und die Spürkraft der Agenten ausnehmend schärfen. Aber sein College, Andrew Stuart, theilte bei weitem nicht diese Zuversicht. Der Wortstreit dauerte also unter den Gentlemen fort, die an einem Spieltische Platz genommen hatten, Stuart gegenüber Flanagan, Fallentin gegen Phileas Fogg. Während des Spieles schwiegen die Spieler, aber zwischen den Robbers wurde die unterbrochene Unterhaltung um so lebhafter fortgesetzt.

»Ich behaupte, sagte Andrew Stuart, daß der Dieb unfehlbar ein gewandter Mensch ist, welcher alle Aussicht hat, zu entkommen.

– Ei doch! erwiderte Ralph, es giebt ja nicht ein einziges Land mehr, wo er Zuflucht fände.

– Das wäre!

– Wo meinen Sie denn, daß er hingehen soll?

– Das weiß ich nicht, versetzte Andrew Stuart, aber trotz allem ist doch auf der Erde viel Raum.

– Das war ehedem der Fall …« sagte Phileas Fogg halblaut. Darauf: »Sie müssen abheben, mein Herr«, und reichte Thomas Flanagan die Karten.

Der Disput ruhte während der Robber. Aber bald fing er wieder an, als Andrew Stuart sagte:

»Wie so? ehedem! Ist die Erde etwa kleiner geworden?

– Allerdings, versetzte Walther Ralph. Ich bin der Meinung des Herrn Fogg. Die Erde hat an Umfang verloren, weil man jetzt zehnmal rascher wie vor hundert Jahren um sie herum reisen kann. Und deshalb werden auch in unserm gegebenen Falle die Nachforschungen weit rascher angestellt.

– Und auch die Flucht des Diebes wird dadurch leichter!

– An Ihnen ist die Reihe, Herr Stuart!« sagte Phileas Fogg.

Aber der ungläubige Stuart war nicht überzeugt, und als die Partie fertig war, versetzte er:

»Man muß gestehen, Herr Ralph, Sie haben da einen scherzhaften Einfall gehabt, indem Sie sagten, die Erde sei kleiner geworden! Also weil man jetzt in drei Monaten um dieselbe herum reist….

– In achtzig Tagen nur, sagte Phileas Fogg.

– Wirklich, meine Herren, setzte John Sullivan hinzu, achtzig Tage, seitdem auf der großen Indischen Eisenbahn die Strecke zwischen Rothel und Allahabad eröffnet worden ist, wie das »Morning Chronicle« die Route berechnet, nämlich:

Von London nach Suez über den Mont-Cenis und Brindisi, Eisenbahn und Packetboot 7 Tage
Von Suez nach Bombay, Packetboot 13 "
Von Bombay nach Calcutta, Eisenbahn 3 "
Von Calcutta nach Hongkong, Packetboot 13 "
Von Hongkong nach Yokohama in Japan, Packetboot 6 "
Von Yokohama n. San Francisco, Packetb. 22 "
Von San Francisco n. New-York, Eisenb. 7 "
V. New-York n. London, Packetb. u. Eisenb. 9 "
Sa. 80 Tage.

– Ja! achtzig Tage, rief Andrew Stuart, der aus Unachtsamkeit eine schlechte Karte abhob, aber die schlechte Witterung, widrige Winde, Schiffbruch, Entgleisungen etc. nicht gerechnet.

– Alles einbegriffen, erwiderte Phileas Fogg, und fuhr fort zu spielen; denn diesmal nahm das Gespräch keine Rücksicht auf das Spiel.

– Selbst auch, wenn die Hindus oder die Indianer die Schienen aufheben! rief Andrew Stuart, wenn sie die Züge aufhalten, um die Gepäckwagen zu plündern und die Passagiere zu scalpiren!

– Alles inbegriffen«, erwiderte Phileas Fogg, der sein Spiel hinwarf, mit den Worten: »Zwei Haupttrümpfe!«

Andrew Stuart, an welchem die Reihe war zu geben, nahm die Karten wieder zusammen und sprach:

»Theoretisch haben Sie Recht, Herr Fogg, aber in der Praxis …

– In der Praxis auch, Herr Stuart.

– Ich wünschte Sie dabei zu sehen.

– Das hängt nur von Ihnen ab. Machen wir die Reise mit einander.

– Der Himmel behüte mich! rief Stuart, aber ich würde schon um viertausend Pfund wetten, daß eine solche Reise, unter solchen Bedingungen, unmöglich ist.

– Sehr möglich, vielmehr, erwiderte Herr Fogg.

– Nun, so machen Sie die Reise!

– Die Reise um die Welt in achtzig Tagen?

– Ja.

– Ich bin’s zufrieden.

– Wann?

– Augenblicklich. Nur will ich Ihnen bemerken, auf Ihre Kosten will ich sie machen.

– ’s ist Narrheit! rief Andrew Stuart, dem das Drängen seines Spielgenossen lästig ward. Spielen wir lieber.

– So geben Sie die Karten nochmals, erwiderte Phileas Fogg, denn sie sind vergeben.«

Andrew Stuart nahm die Karten wieder in die zitternde Hand; dann legte er sie plötzlich wieder auf den Tisch und sprach:

– Nun ja! Herr Fogg, ja, ich wette um viertausend Pfund! …

– Lieber Stuart, sagte Fallentin, werden Sie ruhig. Das ist nicht ernstlich gemeint.

– Wenn ich sage: ich wette, versetzte Andrew Stuart, ist’s immer ernstlich gemeint.

– Ich schlage ein!« sagte Herr Fogg. Dann zu seinen Collegen gewendet:

– Ich habe zwanzigtausend Pfund bei Gebr. Baring stehen. Die setze ich gerne daran. …

– Zwanzigtausend Pfund! rief John Sullivan. Zwanzigtausend Pfund, die Sie durch eine unvorausgesehene Verspätung verlieren können!

– Es giebt nichts Unvorhergesehenes, erwiderte Phileas Fogg einfach.

– Aber, Herr Fogg, dieser Zeitraum von achtzig Tagen ist nur als ein mindestes Maß gemeint!

– Wenn man ein Mindestes gut verwendet, reicht’s immer hin.

– Aber um es nicht zn überschreiten, muß man mathematisch genau aus den Eisenbahnen in die Packetboote, und aus den Packetbooten in die Eisenbahnen springen!

– Ich will den Sprung mathematisch genau vornehmen.

– ’s ist nur Spaß!

– Ein guter Engländer macht nie Spaß, wenn sich’s um eine so ernste Sache, wie eine Wette handelt, erwiderte Phileas Fogg. Ich wette mit Jedem, der Lust dazu hat, um zwanzigtausend Pfund, daß ich die Reise um den Erdball in längstens achtzig Tagen machen werde, d.h. in neunzehnhundertundzwanzig Stunden, oder hundertfünfzehntausendzweihundert Minuten. Sind Sie es zufrieden?

– Wir nehmen die Wette an, erwiderten, nachdem sie sich unter einander verständigt, die Herren Stuart, Fallentin, Sullivan, Flanagan und Ralph.

– Gut, sagte Herr Fogg. Der Zug nach Dover geht um acht Uhr fünfundvierzig Minuten ab. Mit dem reise ich.

– Heute Abend? fragte Stuart.

– Heute Abend, versetzte Phileas Fogg. Also, fuhr er fort, indem er einen Kalender aus der Tasche zog und nachsah, weil heute Mittwoch, der 2. October, so muß ich Samstags, den 21. December um acht Uhr fünfundvierzig Minuten Abends wieder in London sein, hier in diesem Salon des Reformclubs, sonst sollen die zwanzigtausend Pfund, welche eben für mich bei den Gebr. Baring stehen, mit Recht und Fug Ihnen, meine Herren, angehören. – Hier ist eine Anweisung von gleichem Betrage.«

Es wurde ein Protokoll über die Wette aufgenommen und auf der Stelle von den sechs Betheiligten unterzeichnet. Phileas Fogg war kaltblütig geblieben. Er hatte die Wette sicherlich nicht gemacht, um zu gewinnen, und hatte diese zwanzigtausend Pfund – die Hälfte seines Vermögens – nur deshalb daran gesetzt, weil er voraus sah, er könne die andere Hälfte zu brauchen haben, um das schwierige, um nicht zu sagen unausführbare Project gut auszuführen. Dagegen schienen seine Gegner in Aufregung, nicht wegen des hohen Einsatzes, sondern weil sie sich einigermaßen ein Gewissen daraus machten, unter solchen Bedingungen eine Wette einzugehen.

Damals war es Schlag sieben. Man forderte Herrn Fogg auf, sein Spiel zu unterbrechen, um seine Reisevorbereitungen zu treffen.

»Ich bin stets reisefertig!« erwiderte dieser leidenschaftslose Gentleman, gab seine Karten und sprach:

»Ich schlage Eckstein um, Sie spielen aus, Herr Stuart.«

Zwanzigstes Capitel.

Zwanzigstes Capitel.

Fix tritt zu Phileas Fogg in unmittelbare Beziehung.

Während dieser Scene, die vielleicht so große Gefahr in nahem Gefolge hatte, ging Herr Fogg in Begleitung von Mrs. Aouda in den Straßen der englischen Stadt spazieren. Seit dieselbe sein Erbieten, sie bis nach Europa zu bringen, angenommen hatte, mußte er an verschiedene weitere Reisebedürfnisse denken. Daß ein Engländer seiner Art mit einem Reisesacke in der Hand eine Rundreise um die Erde herum mache, geht wohl an; aber eine Frau konnte es nicht ebenso. Herr Fogg entledigte sich dieser Aufgabe mit der ihm eignen Seelenruhe, und hatte auf alle Entschuldigungen oder Einwände der jungen Witwe, die durch so viele Gefälligkeiten sich beschämt fühlte, nur die einzige Erwiderung:

»Es ist zum Vortheil meiner Reise, es liegt in meinem Programm.«

Als die Einkäufe gemacht waren, kehrten Herr Fogg und die junge Frau in das Hotel zurück, und speisten an der table d’hôte die köstlichen Gerichte. Darauf begab sich Mrs. Aouda, die etwas müde war, in ihr Gemach, nachdem sie ihrem gemüthsruhigen Retter »auf englisch« die Hand gedrückt.

Den ganzen übrigen Theil des Abends war der ehrenwerthe Gentleman in die Lectüre der »Times« und der »Illustrated London News« vertieft.

Wäre er im Stande gewesen, über irgend etwas in Staunen zu gerathen, so mußte es der Umstand sein, daß er zur Zeit des Schlafengehens seinen Diener nicht erscheinen sah. Aber da er wußte, daß das Packetboot nach Yokohama nicht vor dem folgenden Morgen von Hongkong abging, machte es ihm weiter keine Gedanken. Als er am folgenden Morgen anläutete, ließ Passepartout sich nicht sehen.

Was der ehrenwerthe Gentleman dachte, als er erfuhr, daß sein Diener nicht in’s Hotel zurückgekehrt war, hätte Niemand sagen können. Herr Fogg nahm seinen Reisesack, ließ Mrs. Aouda benachrichtigen und schickte nach einem Palankin.

Es war damals acht Uhr, und die Höhe der Fluth, welche der Carnatic benutzen sollte, um aus dem Seegat herauszukommen, war auf halb zehn angesagt.

Als der Palankin an dem Thore des Hotels ankam, stiegen Herr Fogg und Mrs. Aouda in dies bequeme Beförderungsmittel ein, und das Gepäck fuhr auf einem Schubkarren hinterdrein.

Nach einer halben Stunde stiegen die Reisenden an dem Einschiffungsquai aus, und erfuhren hier, daß der Carnatic bereits am Abend zuvor abgefahren sei.

Herr Fogg, welcher darauf gerechnet hatte, das Packetboot und seinen Diener miteinander zu finden, mußte nun auf beide verzichten. Aber man sah kein Zeichen von Aergerlichkeit auf seinem Angesicht, und da Mrs. Aouda ihn mit Besorgniß ansah, sagte er nur:

»Es ist ein Zwischenfall, Madame, nichts weiter.«

In diesem Augenblicke trat ein Mann, der ihm mit Aufmerksamkeit zugesehen hatte, zu ihm heran. Es war der Polizei-Agent Fix. Derselbe grüßte ihn und sprach:

»Sind Sie nicht, mein Herr, einer der gestern hier angekommenen Passagiere des Rangoon.

– Ja, mein Herr, erwiderte Herr Fogg frostig, aber ich habe nicht die Ehre …

– Verzeihen Sie, ich glaubte Ihren Diener hier zu treffen.

– Wissen Sie, wo er ist, mein Herr, fragte hastig die junge Frau.

– Wie? versetzte Fix, der sich überrascht stellte, ist er nicht bei Ihnen?

– Nein, erwiderte Mrs. Aouda. Seit gestern ist er nicht wieder nach Hause gekommen. Sollte er ohne uns an Bord des Carnatic abgefahren sein?

– Ohne Sie, Madame? sagte der Agent. Aber, entschuldigen Sie meine Frage, Sie rechneten also darauf, mit diesem Boote zu reisen?

– Ja, mein Herr.

– Ich auch, Madame, und bin nun in großer Verlegenheit. Der Carnatic ist, als seine Reparaturen fertig waren, zwölf Stunden früher von Hongkong abgefahren, ohne Jemand davon Kenntniß zu geben, und jetzt muß man acht volle Tage warten, bis wieder ein Boot abfährt!«

Bei diesen Worten: »acht Tage«, jubelte Fix in seinem Herzen. Herr Fogg acht Tage in Hongkong aufgehalten!

Nun wäre Zeit genug für Eintreffen des Verhaftsbefehles. Kurz, es waren gute Aussichten für den Repräsentanten des Gesetzes.

Wie fühlte er sich da zu Boden geschmettert, als er Phileas Fogg mit gelassener Stimme sagen hörte:

»Es giebt ja, dünkt mir, noch andere Schiffe, außer dem Carnatic, im Hafen von Hongkong.«

Und Herr Fogg bot Mrs. Aouda seinen Arm, und begab sich mit ihr zu den Docks, um ein zum Abfahren gerüstetes Schiff zu suchen.

Fix folgte voll Bestürzung. Er war, schien’s, wie mit einem Faden an ihn gebunden.

Doch schien das Glück seinen Günstling, dem es bisher so dienstbar gewesen, wirklich im Stiche lassen zu wollen.

Drei Stunden lang lief Phileas Fogg in allen Richtungen den Hafen auf und ab, um nöthigenfalls ein Fahrzeug bis nach Yokohama auf eigne Kosten in Miethe zu nehmen; aber er sah nur im Auf- oder Abladen begriffene Schiffe, die folglich nicht reisefertig sein konnten. Da bekam Fix wieder Hoffnung.

Doch verlor Herr Fogg seine Fassung nicht, und war im Begriff, bis nach Macao hin weiter zu forschen, als ein Bootsmann zu ihm trat.

»Ew. Gnaden suchen ein Fahrzeug? fragte der Mann und zog den Hut ab.

– Haben Sie ein Boot reisefertig? fragte Herr Fogg.

– Ja, Ew. Gnaden, ein Lootsenboot Nr. 43, das beste von allen im Hafen.

– Fährt es rasch?

– Acht bis neun Meilen, beiläufig. Wollen Sie’s sehen?

– Ja.

– Ew. Gnaden werden zufrieden sein. Ist’s für eine Spazierfahrt im Meer?

– Nein, für eine Reise.

– Eine Reise?

– Können Sie’s übernehmen, mich nach Yokohama zu bringen?«

Bei diesen Worten ließ der Bootsmann die Arme sinken, riß die Augen weit auf.

»Ew. Gnaden belieben zu scherzen? sagte er.

– Nein! Ich habe die Abfahrt des Carnatic verfehlt, und ich muß am 14. spätestens zu Yokohama sein, um auf das Packetboot nach San-Francisco zu kommen.

– Es thut mir leid, erwiderte der Lootse, aber dies geht nicht an.

– Ich biete Ihnen hundert Pfund täglich, und eine Prämie von zweihundert Pfund, wenn ich zeitig anlange.

– Ist das ernst gemeint? fragte der Lootse.

– Ganz ernstlich«, erwiderte Herr Fogg.

Der Pilot ging bei Seite, schaute auf das Meer hin, offenbar im Kampf zwischen der Begierde, eine so enorme Summe zu verdienen, und der Besorgniß, sich zu weit zu wagen. Fix schwebte in Todesängsten.

Unterdessen wendete sich Herr Fogg wieder zu Mrs. Aouda.

»Werden Sie keine Angst haben? Madame, fragte er sie.

– In Ihrer Gesellschaft nicht, Herr Fogg«, versetzte die junge Frau.

Der Lootse kam wieder zu dem Gentleman, drehte seinen Hut in den Händen.

»Nun, Pilot? fragte Herr Fogg.

– Ei nun, Ew. Gnaden, erwiderte der Pilot, ich kann weder meine Leute, noch mich, noch Sie selbst durch eine so weite Fahrt auf einem Boot von kaum zwanzig Tonnen, und zu dieser Jahreszeit, der Gefahr aussetzen. Uebrigens würden wir nicht mehr zu rechter Zeit ankommen, denn von Hongkong bis Yokohama sind sechzehnhundertundfünfzig Meilen.

– Nur sechzehnhundert, sagte Herr Fogg.

– Das macht nichts aus.«

Fix athmete wieder auf.

»Aber, fuhr der Pilot fort, es gäbe vielleicht ein Mittel, es anders einzurichten.«

Dem Fix ging der Athem wieder aus.

– Wie denn? fragte Phileas Fogg.

– Wenn es nach Nangasaki ginge, an der Südspitze Japans, elfhundert Meilen, oder nach Schangai, achthundert Meilen von Hongkong. Dann würde man sich in der Nähe der chinesischen Küste halten, ein großer Vortheil, zumal da die Windströmung nordwärts treibt.

– Pilot, versetzte Phileas Fogg, zu Yokohoma muß ich auf das amerikanische Postschiff, und nicht zu Schangai oder Nangasaki.

– Warum nicht? versetzte der Lootse. Das Packetboot nach San Francisco fährt nicht von Yokohama, sondern von Schangai aus, und Yokohama, wie Nangasaki, sind nur Anhalteplätze.

– Sind Sie dessen gewiß?

– Ganz sicher.

– Und wann fährt das Packetboot von Schangai ab?

– Am 11. um sieben Uhr Abends. Also haben wir noch vier Tage Zeit dafür. Vier Tage machen sechsundneunzig Stunden, und haben wir tüchtige Mannschaft, Südostwind und ruhiges Meer, so können wir bei durchschnittlich acht Meilen die Stunde die achthundert Meilen bis Schangai schon fertig bringen.

– Und wann können Sie abfahren? …

– In einer Stunde. Soviel bedarf’s noch, um Lebensmittel zu kaufen und segelfertig zu machen.

– Abgemacht! Sind Sie der Schiffsherr?

– Ja, John Bunsby, Patron der Tankadère.

– Wollen Sie Draufgeld?

– Wenn’s Ew. Gnaden beliebt.

– Hier zweihundert Pfund abschläglich … Mein Herr, sprach sodann Phileas Fogg zu Fix, wenn Sie die Gelegenheit benutzen wollen …

– Mein Herr, versetzte Fix entschlossen, eben wollte ich mir diese Gunst ausbitten.

– Gut. In einer halben Stunde sind wir an Bord.

– Aber der arme Bursche … sagte Mrs. Aouda, welche über das Verschwinden Passepartout’s sehr besorgt war.

– Ich werde das Mögliche für ihn thun«, erwiderte Phileas Fogg.

Und während Fix in fieberhafter Nervenaufregung und wüthendem Zorn das Lootsenboot bestieg, begaben sich Beide auf das Polizeibureau zu Hongkong. Hier gab Phileas Fogg Passepartout’s Signalement auf, und legte eine hinreichende Summe nieder, um ihn wieder heim zu bringen. Dasselbe geschah bei dem französischen Consular-Agenten; der Palankin nahm sodann im Hotel das Gepäck auf und brachte die Reisenden an den Hafenrand, wo das Lootsenboot Nr. 43, Mannschaft und Lebensmittel an Bord, Schlag drei Uhr segelfertig lag.

Die Tankadère war eine reizende kleine Goelette von zwanzig Tonnen Gehalt, vorn wohl zugespitzt, sehr schlank geformt, und langgestreckt in ihrer Wasserlinie. Man konnte sie für eine Jacht zur Wettfahrt halten. Sie war mit glänzendem Kupfer gedeckt, ihr Eisenwerk galvanisirt, ihr Verdeck weiß wie Elfenbein; und man sah wohl, daß ihr Patron John Bunsby sich darauf verstand, sie in gutem Zustande zu erhalten. Ihre beiden Maste neigten sich ein wenig nach hinten. Sie war mit Brigantin-, Fock- und Vorstagsegel versehen, und man konnte für den Wind von hinten ein Hilfssegel anbringen.

Sie mußte erstaunlich schnell fahren, und hatte in der That schon einigemal Preise bei den Wettfahrten der Lootsenfahrzeuge gewonnen.

Die Bemannung der Tankadère bestand aus dem Patron John Bunsby und vier Mann. Es waren kühne Bootsleute, wie sie sich jederzeit beim Aufsuchen von Schiffen Gefahren aussetzen, und zum Verwundern in diesen Meeren bekannt.

John Bunsby, etwa fünfundvierzig Jahre alt, kräftig, dunkel gebräunt, mit lebhaftem Blick, energischen Gesichtszügen, sicher und rüstig, hätte auch dem Verzagtesten Vertrauen eingeflößt.

Phileas Fogg und Mrs. Aouda stiegen an Bord. Fix befand sich schon da. Durch die hintere Lucke kam man in ein viereckiges Zimmer, dessen Wände über einem runden Divan sich zu Lagerstätten erweiterten. In der Mitte ein Tisch mit einer Hängelampe. Alles war eng, aber reinlich.

»Ich bedauere, daß ich Ihnen nichts Besseres anbieten kann«, sagte Herr Fogg zu Fix, der sich still verneigte.

Der Polizei-Agent fühlte sich ein wenig gedemüthigt, daß er so die Gefälligkeit des Herrn Fogg benutzte.

»Sicherlich, dachte er, ist’s ein sehr höflicher Schurke, aber ein Schurke ist’s immer!«

Zehn Minuten nach drei Uhr wurden die Segel aufgehißt, die englische Flagge aufgepflanzt. Die Passagiere saßen auf dem Verdeck; Herr Fogg und Mrs. Aouda warfen einen letzten Blick auf den Quai, um zu schauen, ob nicht Passepartout sich sehen ließe.

Fix war einigermaßen in Angst, denn der Zufall hätte den unglückseligen Burschen, welchen er so unwürdig behandelt hatte, dahin führen können, und dann wäre eine Enthüllung erfolgt, welche dem Detectiv nicht zu Gunsten gewesen wäre. Aber der Franzose war nicht zu sehen; ohne Zweifel lag er noch im Rausche des narkotischen Giftes.

Endlich gewann der Patron Bunsby die hohe See, und die Tankadère flog mit vollen Segeln über die Fluthen.

Vierzehntes Capitel.

Vierzehntes Capitel.

Phileas Fogg fährt das wundervolle Gangesthal hinab, ohne daß er sich kümmert, es zu sehen.

Der kühne Raub war gelungen. Nach einer Stunde noch lachte Passepartout über den glücklichen Erfolg. Sir Francis Cromarty drückte dem unerschrockenen Burschen die Hand, und sein Herr sprach zu ihm: »Brav«, was in dem Munde dieses Gentleman einen hohen Grad von Befriedigung bedeutete. Passepartout erwiderte darauf nur, die ganze Ehre dabei gehöre seinem Herrn. Er habe dabei nur eine »drollige« Idee gehabt, und er lache noch bei dem Gedanken, daß er, Passepartout, vormals Gymnast und Exsergeant der Pompiers, einige Augenblicke der Witwer einer reizenden Frau, ein alter einbalsamirter Rajah gewesen sei!

Die junge Indierin war bei dem Vorfall ohne Bewußtsein. In Reisedecken eingewickelt lag sie auf einem der Tragkörbe.

Inzwischen lief der Elephant, von dem Parsen mit größter Sicherheit geleitet, rasch durch den noch dunkeln Wald. Eine Stunde, nachdem er die Pagode von Pillaji verlassen hatte, rannte er über eine ungeheure Ebene. Um sieben Uhr machte man halt. Die junge Frau lag fortwährend in vollständiger Erschöpfung. Der Führer flößte ihr einige Schluck Wasser mit Branntwein ein; aber der betäubende Einfluß, der sie überwältigte, sollte noch einige Zeit dauern.

Sir Francis Cromarty, dem die durch Einhauchen von Hanfdünsten hervorgebrachte Berauschung in ihren Folgen bekannt war, zeigte ihrethalben keine Unruhe.

Aber flößte auch die Wiederherstellung der jungen Indierin dem Brigadegeneral keine Besorgnis ein, so war er doch in Betreff ihrer Zukunft nicht eben so beruhigt. Er sagte zu Phileas Fogg unumwunden, daß Mrs. Aouda, wenn sie in Indien bliebe, unvermeidlich ihren Henkern wieder in die Hände fallen werde. Diese Besessenen, welche auf der ganzen Halbinsel verbreitet seien, würden trotz der englischen Polizei ihr Opfer sicherlich wieder in ihre Hände zu bringen wissen, sei’s zu Madras, Bombay oder Calcutta. Und Sir Francis Cromarty führte eine Thatsache gleicher Art, die kürzlich vorgekommen, zum Belege seiner Behauptung an. Seiner Ansicht nach könne die junge Frau nur dann wirklich sicher sein, wenn sie Indien ganz verlasse.

Phileas Fogg sagte, er wolle sich dies merken und Vorsorge treffen.

Gegen zehn Uhr meldete der Führer die Station Allahabad, wo die unterbrochene Eisenbahn wieder anfing. Von hier aus gelangte man in weniger als einem Tag und einer Nacht nach Calcutta.

Phileas Fogg mußte also noch zeitig für das Packetboot ankommen, welches nur am folgenden Tage, den 25. October, um zwölf Uhr, nach Hongkong abfuhr.

Die junge Frau wurde in einem Zimmer des Bahnhofs niedergelegt. Passepartout erhielt Auftrag, einige Toilettengegenstände, Kleid, Shawl, Pelzwerk &c., was er vorräthig fände, für sie zu kaufen, und bekam dafür unbegrenzten Credit.

Derselbe ging augenblicklich aus, und eilte durch die Straßen der Stadt. Allahabad, d. h. die Stadt Gottes, ist eine der am meisten verehrten Orte Indiens, weil sie am Zusammenfluß der beiden heiligen Flüsse, des Ganges und des Dschumna, liegt, zu deren Wasser man aus der ganzen Halbinsel her wallfahrtet. Es ist übrigens bekannt, daß den Legenden des Ramayana zufolge der Ganges aus dem Himmel entspringt, woher er durch Brahmas Gnade auf die Erde herabsteigt.

Passepartout besah sich, während er die Einkäufe besorgte, die Stadt, welche vormals durch ein prachtvolles Fort geschützt war, das nun Staatsgefängnis geworden ist. In der ehemals gewerbereichen Handelsstadt giebt’s keinen Handel und kein Gewerbe mehr. Passepartout suchte vergebens eine Modenwaarenhandlung, und fand die nothwendigen Gegenstände nur bei einem Trödler, einem alten Juden, mit dem schwer zu handeln war. So mußte er denn für ein Kleid von schottischem Stoff, einen weiten Mantel und einen prächtigen Otterpelz seine fünfundsiebenzig Pfund zahlen. Er zahlte sie gerne und kehrte triumphirend zum Bahnhofe zurück.

Mrs. Aouda kam allmälig wieder zu sich. Nach und nach schwand die von den Priestern zu Pillaji über sie verhängte Nacht, und ihre schönen Augen gewannen wieder all ihre indische Sanftmuth. Die Witwe des Rajah von Bundelkund war eine reizende Frau im vollen europäischen Sinne des Wortes. Sie sprach mit großer Reinheit englisch, und es war keine Übertreibung, was der Führer versichert hatte, daß nämlich die junge Parsin durch die Erziehung umgewandelt worden sei.

Indessen war der Zug im Begriff abzufahren, und Herr Fogg bezahlte dem harrenden Parsen seinen Lohn, und keinen Pfennig weiter. Darüber stutzte Passepartout ein wenig, denn er wußte, was sein Herr der Hingebung des Führers verdankte. Wirklich hatte der Parse ja zu Pillaji sein Leben freiwillig auf’s Spiel gesetzt; und wenn die Hindu noch später seiner habhaft wurden, würde er schwerlich ihrer Rache entgehen.

Nun handelte sich’s noch um Kiuni? Was war mit einem so theuren Thiere anzufangen?

Aber Phileas Fogg hatte schon seinen Entschluß gefaßt.

»Parse, sprach er zu dem Führer, Du bist mir zu Diensten und ergeben gewesen. Deine Dienstleistung hab‘ ich bezahlt, nicht aber Deine Hingebung. Willst Du den Elephanten, so soll er Dir gehören.«

Wie glänzten des Führers Augen!

»Ew. Gnaden schenken mir ein Vermögen! rief er aus.

– Nimm’s nur, wackerer Führer, versetzte Herr Fogg, und ich bleibe doch noch Dein Schuldner.

– Das laß ich mir gefallen! rief Passepartout. Nimm nur, mein Freund! Kiuni ist ein braves und muthiges Thier!«

Darauf ging er hin zu dem Thiere und reichte ihm einige Stücke Zucker mit den Worten:

»Da nimm, Kiuni, nimm!«

Der Elephant gab mit einigem Brummen seine Befriedigung zu erkennen. Dann faßte er Passepartout beim Gürtel, umwickelte ihn mit seinem Rüssel und hob ihn zu seinem Kopfe empor. Passepartout erschrak nicht im mindesten, liebkoste das Thier, und wurde von ihm wieder sanft auf den Boden gesetzt. Ein tüchtiger Handschlag des braven Burschen erwiderte den Rüsselschlag des guten Thieres.

Eine kleine Weile nachher befanden sich Phileas Fogg, Sir Francis Cromarty und Passepartout in einem comfortablen Waggon, nebst Mrs. Aouda, die den besten Platz inne hatte; und so fuhren sie in größter Eile Benares zu.

Die achtzig Meilen bis dahin legten sie binnen zwei Stunden zurück.

Während dieser Fahrt kam die junge Frau wieder völlig zu sich; die Wirkung des einschläfernden Hang verschwand.

Wie war sie erstaunt, als sie sich auf der Eisenbahn in diesem Waggon, in europäischer Kleidung mitten unter Reisenden fand, die ihr völlig unbekannt waren!

Anfangs wurde sie von ihren Reisegefährten gepflegt, und mit einigen Tropfen Liqueur zum Leben zurückgeführt; dann erzählte ihr der Brigadegeneral, was vorgefallen war. Er hob die Hingebung Phileas Fogg’s hervor, der ohne Bedenken sein Leben an ihre Rettung gesetzt hatte, und die kühne Lösung des Abenteuers durch Passepartout.

Herr Fogg sprach kein Wort dazu. Passepartout sagte wiederholt mit Beschämung, »das sei nicht der Mühe werth!«

Mrs. Aouda dankte ihren Rettern mit innigster Rührung; mehr mit Thränen, als mit Worten, sprachen ihre schönen Augen die Dankbarkeit des Herzens aus. Dann, als ihre Gedanken sie zu dem Scheiterhaufen zurückführten, als sie das Hinduland schaute, wo sie noch von so vielen Gefahren bedroht war, überfiel sie ein Schauder des Schreckens.

Phileas Fogg verstand, was ihre Seele durchdrang, und machte ihr zur Beruhigung, obwohl sehr kühl, das Erbieten, sie nach Hongkong zu führen, wo sie bleiben könne, bis die Gefahr vorüber sei.

Mrs. Aouda nahm dankbar das Erbieten an. Es lebte zu Hongkong ein Verwandter von ihr, der auch Parse war, einer der ersten Kaufleute der Stadt, die, wenn schon an der chinesischen Küste, doch völlig englisch ist.

Um halb ein Uhr hielt der Zug auf der Station Benares.

Die brahmanischen Legenden behaupten, diese Stadt stehe an der Stelle des alten Casi, welches ehemals im Weltraume schwebte, zwischen dem Zenith und dem Nadir, wie das Grab Mahomet’s. Aber in der jetzigen Epoche der Wirklichkeit steht sie ganz prosaisch auf dem Erdboden, und Passepartout konnte einen Augenblick ihre Häuser von Ziegelsteinen, ihre Hütten aus Flechtwerk schauen, welche ihr ein ganz ödes Aussehen geben, ohne alle Localfarbe.

Hier mußte Sir Francis Cromarty aussteigen. Die Truppen, zu welchen er sich begab, lagerten einige Meilen nördlich von der Stadt. Der Brigadegeneral nahm also von Phileas Fogg Abschied, wünschte ihm allen möglichen Erfolg, und daß er ein andermal auf eine nicht so originale, aber nützlichere Art die Reise machen möge. Herr Fogg drückte seinem Gefährten ein wenig die Finger. Mrs. Aouda verabschiedete sich in mehr verbindlicher Weise mit der Versicherung, daß sie ewig gedenken werde, was sie Sir Francis Cromarty verdanke. Passepartout wurde von dem Brigadegeneral mit einem herzlichen Handschlage beehrt, und fragte ganz gerührt, wo und wann er ihm seine Ergebenheit beweisen könne. Hierauf trennte man sich.

Von Benares aus läuft die Eisenbahn noch eine Zeit lang im Gangesthal. Durch die Fenster des Waggon bei ziemlich hellem Wetter erblickte man die bunte Landschaft Behar, grün belaubte Berge, Gerste-, Mais- und Weizenfelder, Bäche und Sümpfe voll grünlicher Alligatoren, stattliche Dörfer, noch grünende Waldung.

Einige Elephanten und dickbuckelige Bison badeten sich in den Gewässern des heiligen Stromes, und auch trotz der schon vorgerückten Jahreszeit und bereits kalter Witterung Schaaren von Hindu beiderlei Geschlechts, welche frommer Weise heilige Waschungen vornahmen. Diese Gläubigen, erbitterte Feinde des Buddhismus, sind eifrige Anhänger der Brahmanen-Religion, welche sich in drei Personen verkörpert: Der Sonnengottheit Wishnu; der göttlichen Personification der Naturkräfte, Shiwa; und Brahma, dem obersten Herrn der Priester und Gesetzgeber. Aber mit welchem Auge sollten Brahma, Shiwa und Wishnu dieses nunmehr »britannisirte« Indien anschauen, wenn rauschend ein Dampfboot vorüber fuhr und die heiligen Gewässer des Ganges trübte, die Meerschwalben verscheuchend, welche über dem Spiegel des Stromes hinflogen, die an seinem Uferrand wimmelnden Schildkröten, und die längs seiner Gestade lagernden frommen Gläubigen!

Dieses ganze Panorama flog blitzschnell vorüber, und oft hinderten weiße Dampfwolken seine Details zu sehen. Die Reisenden vermochten kaum flüchtig in Augenschein zu nehmen das Fort Chunar, zwanzig Meilen südöstlich von Benares, vormals Festung der Rajahs von Behar, Ghazepur mit seinen bedeutenden Rosenwasserfabriken, das am linken Gangesufer errichtete Grabmal des Lord Cornwallis, die feste Stadt Buxar, die große Gewerbe- und Handelsstadt Patna, wo der Hauptmarkt des indischen Opiums sich befindet, Monghir, eine Stadt so englisch wie Manchester und Birmingham, berühmt durch seine Eisengießereien, Zeugschmiede- und Gewehrfabriken, deren Rauchfänge Brahmas Himmel mit schwarzem Rauch beschmutzten.

Hierauf trat Nacht ein, und der Zug flog mitten durch das Geheul der Tiger, Bären und Löwen, die vor der Locomotive flüchteten, mit größter Eile dahin, so daß man nicht mehr die Wunder Bengalens sehen konnte, Golkonda, Gour in Ruinen, die vormalige Hauptstadt Murshedabad, Burdwan, Hougly, Chandernagor, der einzige Punkt auf indischem Gebiete, welcher den Franzosen gehört, wo Passepartout gern mit Stolz das Banner seiner Heimat hatte wehen gesehen.

Endlich, um sieben Uhr früh, kam man zu Calcutta an. Das nach Hongkong fahrende Packetboot ging erst um zwölf Uhr ab, so daß Phileas Fogg noch fünf Stunden Zeit vor sich hatte.

Seinem Büchlein zufolge mußte der Gentleman dreiundzwanzig Tage nach der Abfahrt von London, am 25. October, in der Hauptstadt Indiens eintreffen, und er langte am bestimmten Tage an. Leider waren die zwischen London und Bombay gewonnenen zwei Tage bei der Fahrt durch die indische Halbinsel wieder verloren worden, wir wissen wie, – aber man darf annehmen, daß Phileas Fogg es nicht zu bedauern hatte.

Fünfzehntes Capitel.

Fünfzehntes Capitel.

Der Banknoten-Sack wird abermals um einige tausend Pfund leichter.

Der Zug hielt im Bahnhofe an. Passepartout verließ zuerst den Wagen, dann folgte Herr Fogg, welcher seiner jungen Gefährtin aussteigen half. Phileas Fogg hatte vor, sich direct zum Packetboot nach Hongkong zu begeben, um Mrs. Aouda darin bequem einzurichten; denn er wollte, so lange sie in dem für sie so gefährlichen Lande weilte, ihr nicht von der Seite gehen.

Im Moment, als Herr Fogg aus dem Bahnhofe zu gehen im Begriff war, trat ein Polizeimann zu ihm und sprach:

»Herr Phileas Fogg?

– Der bin ich.

– Dieser Mensch ist Ihr Diener? fügte der Polizeimann bei, auf Passepartout deutend.

– Ja.

– Belieben Sie beide, mich zu begleiten.«

Herr Fogg ließ in keiner Bewegung irgend eine Ueberraschung merken. Dieser Agent war ein Repräsentant des Gesetzes, und jedem Engländer ist das Gesetz heilig. Passepartout mit seinen französischen Gewohnheiten wollte räsonniren, aber der Polizeimann berührte ihn mit seinem Stabe, und Phileas Fogg bedeutete ihn, zu gehorchen.

»Kann diese junge Dame uns begleiten? fragte Herr Fogg.

– Ja«, erwiderte der Polizist.

Der Polizeimann führte die drei Personen zu einem Palkighari, einer Art vierräderigen, zweispännigen Wagen zu vier Plätzen, und man fuhr ab. Während der etwa zwanzig Minuten dauernden Fahrt sprach Niemand ein Wort.

Der Wagen fuhr zuerst durch die »schwarze Stadt«, mit engen Straßen und Hütten, worin schmutziges, zerlumptes Volk aus allen Nationen wimmelte, nachher durch die europäische Stadt, die freundlich ist, mit Häusern von Ziegelstein, von Kokosbäumen beschattet, voll Masten und Stangen, worin bereits am frühen Morgen elegante Kavaliere mit prächtigem Gespann fuhren.

Der Palkighari hielt vor einem Hause von einfachem Aeußern, das aber zu Privatgebrauch nicht verwendet werden durfte. Der Polizeimann ließ seine Verhafteten aussteigen, führte sie in ein Zimmer mit vergitterten Fenstern und sprach:

»Um halb neun haben Sie vor dem Richter Obadiah zu erscheinen.«

Darauf zog er sich zurück und verschloß die Thüre.

»Nun! Da sind wir im Kerker!« rief Passepartout, indem er auf einen Stuhl sank.

Mrs. Aouda wandte sich sogleich an Herrn Fogg, und sprach mit Rührung, die sie nicht verbergen konnte:

»Mein Herr, Sie müssen mich preisgeben! Um meinetwillen verfolgt man Sie! Weil Sie mich gerettet haben!«

Phileas Fogg erwiderte nur, das sei nicht möglich. Wegen dieser Entführung der Witwe verfolgt, – das war nicht anzunehmen. Die Kläger würden nicht aufzutreten wagen. Es mußte da ein Mißverständniß obwalten. Herr Fogg setzte hinzu, jedenfalls werde er die junge Frau nicht im Stiche lassen, und werde sie nach Hongkong führen.

»Aber das Boot fährt schon um zwölf Uhr ab! bemerkte Passepartout.

– Ehe es zwölf Uhr ist, werden wir an Bord sein«, erwiderte ruhig der Gentleman.

Dies sprach er mit solcher Bestimmtheit, daß Passepartout nicht umhin konnte, sich selbst zu sagen:

»Der Tausend! Das heißt doch sicher! Vor zwölf Uhr werden wir an Bord sein!« Aber beruhigt war er durchaus nicht.

Um halb neun öffnete sich die Thüre, der Polizeimann trat herein und führte die Gefangenen in den daneben befindlichen Saal. Es war ein Verhörsaal, worin ein zahlreiches Publicum von Europäern und Eingeborenen bereits den Raum füllte.

Herr Fogg, Mrs. Aouda und Passepartout nahmen Platz auf einer Bank vor den Stühlen des Richters und Gerichtsschreibers.

Der Richter Obadiah kam alsbald in Begleitung des Gerichtsschreibers. Es war ein dicker, wohlbeleibter Mann. Er holte eine Perrücke, die an einem Nagel hing, und setzte sie rasch auf.

»Die erste Sache«, sprach er.

Dann aber, die Hand am Kopfe:

»Nun! Das ist ja nicht meine Perrücke!

– Wirklich, Herr Obadiah, es ist die meinige, erwiderte der Gerichtsschreiber.

– Lieber Oysterpuff, wie kann ein Richter ein richtiges Urtheil fällen unter des Gerichtsschreibers Perrücke!«

Die Perrücken wurden getauscht. Während dieser Präliminarien saß Passepartout wie auf glühenden Kohlen, denn der Zeiger auf dem Zifferblatte der großen Uhr des Gerichtssaales schien ihm fürchterlich schnell vorzurücken.

»Die erste Sache, wiederholte der Richter Obadiah.

– Phileas Fogg? sagte der Gerichtsschreiber Oysterpuff.

– Hier bin ich, erwiderte Herr Fogg.

– Passepartout?

– Hier!

– Gut! sagte der Richter. Seit zwei Tagen erwartete man Euch bei jedem Zuge, der von Bombay kam.

– Aber weshalb sind wir verklagt? rief Passepartout voll Ungeduld.

– Das werden Sie gleich hören, versetzte der Richter.

– Mein Herr, sagte darauf Herr Fogg, ich bin englischer Bürger, und ich bin berechtigt …

– Hat man’s an Achtung fehlen lassen? fragte Obadiah.

– Durchaus nicht.

– Gut! Die Kläger sollen eintreten.«

Auf des Richters Befehl öffnete sich eine Thüre, und ein Gerichtsdiener führte drei Hindupriester herein.

»Ja wohl! brummte Passepartout, diese Kerle haben unsere junge Dame verbrennen wollen!«

Die Priester standen vor dem Richter, und der Gerichtsschreiber verlas laut eine Klage auf Tempelschändung gegen Phileas Fogg und seinen Diener, weil sie einen durch die brahmanische Religion geheiligten Ort entweiht hätten.

»Sie haben’s gehört? fragte der Richter Phileas Fogg.

– Ja, mein Herr, versetzte Herr Fogg, und ich gebe es zu.

–Ah! Sie geben es zu …

– Ich gebe es zu und erwarte, daß diese Priester ihrerseits gestehen, was sie in der Pagode zu Pillaji thun wollten.«

Die Priester sahen sich an. Sie schienen die Worte des Angeklagten nicht zu verstehen.

»Allerdings! rief Passepartout ungestüm, in der Pagode zu Pillaji, vor welcher sie ihr Opfer verbrennen wollten!«

Die Priester staunten abermals, der Richter Obadiah fragte verwundert:

»Was für ein Opfer? Verbrennen! Mitten in Bombay?

– Bombay? rief Passepartout.

– Allerdings. Von Pillaji ist keine Rede, sondern von der Pagode Malebar-Hill zu Bombay.

– Und zur Ueberführung, fügte der Gerichtsdiener bei, sind hier die Schuhe der Entweiher, und legte ein Paar Schuhe auf seinen Schreibtisch.

– Meine Schuhe!« rief voll Ueberraschung Passepartout, der die unwillkürliche Aeußerung nicht zurückhalten konnte.

Man denke sich die Verwirrung im Geiste des Herrn und Dieners. Sie hatten den Zwischenfall in der Pagode zu Bombay ganz vergessen, und wurden doch deshalb vor den Richter zu Calcutta geführt.

Wirklich hatte der Agent Fix darauf gesonnen, diesen leidigen Vorfall zu nützen. Er war noch zwölf Stunden zu Bombay geblieben und hatte da mit den Priestern von Malebar-Hill berathen; er hatte ihnen bedeutende Entschädigung zugesagt, denn er wußte, daß die englische Regierung solche Vergehen streng bestrafte; nachher hatte er sie mit dem nächsten Zuge zur Verfolgung des Tempelschänders abgeschickt. Aber in Folge des Zeitverlustes, welchen die Befreiung der Witwe verursachte, kam Fix mit seinen Hindu zu Calcutta eher an als Phileas Fogg und sein Diener, welche von der, durch eine Depesche unterrichteten Behörde beim Aussteigen verhaftet werden sollten. Wie war Fix in Verlegenheit, als er vernahm, Phileas Fogg sei noch gar nicht zu Calcutta angekommen! Er meinte, sein Dieb sei von einer Station aus in die nördlichen Provinzen geflüchtet. Vierundzwanzig Stunden lang hatte Fix in peinlichster Unruhe am Bahnhofe auf ihn gelauert. Und wie freute er sich, als er ihn endlich diesen Morgen aussteigen sah, zwar in Gesellschaft einer Frau, deren Anwesenheit er sich nicht erklären konnte. Er schickte ihm sogleich den Polizeimann auf den Hals, der, wie wir sahen, die drei Angekommenen vor den Richter Obadiah führte.

Wäre Passepartout nicht allzusehr mit der Sache beschäftigt gewesen, so hätte er den Detectiv in einer Ecke des Gerichtssaales gesehen, wie er mit großem Interesse der Verhandlung zuhörte, – denn zu Calcutta war, wie zu Bombay und Suez, der Verhaftsbefehl noch nicht angekommen!

Unterdessen hatte der Richter Obadiah das Passepartout entschlüpfte Eingeständniß protokollirt.

»Die Thatsache ist eingestanden? sagte der Richter.

– Ja, eingestanden, erwiderte Herr Fogg kalt.

– In Anbetracht, fuhr der Richter fort, in Anbetracht, daß das englische Gesetz allen Religionen der indischen Bevölkerung gleichmäßig strengen Schutz verleiht, und da Herr Passepartout sein Vergehen eingestanden hat, und überführt ist, am 20. October mit ungeweihten Füßen den Boden der Pagode Malebar-Hill zu Bombay betreten zu haben: so wird gedachter Passepartout zu vierzehn Tagen Gefängniß und einer Buße von dreihundert Pfund verurtheilt.

– Dreihundert Pfund? rief Passepartout aus.

– Still! rief der Gerichtsdiener mit kreischender Stimme.

– Und, fuhr der Richter, fort, in Betracht daß es nicht materiell bewiesen ist, daß zwischen dem Herrn und dem Diener nicht ein Einverständniß stattgefunden, daß jedenfalls der Herr für die Handlungen und Bewegungen eines von ihm besoldeten Dieners verantwortlich sein muß, wird gedachter Phileas Fogg festgehalten und zu acht Tagen Gefängniß und hundertfünfzig Pfund Buße verurtheilt. – Gerichtsdiener, holen Sie eine andere Partie!«

Fix vernahm in seiner Ecke mit unbeschreiblicher Befriedigung, wie Phileas Fogg acht Tage zu Calcutta aufgehalten werden sollte; mehr bedurfte er nicht, um seinen Verhaftsbefehl zu erhalten.

Passepartout war ganz verstört. Dieser Spruch ruinirte seinen Herrn. Eine Wette von zwanzigtausend Pfund verloren, und zwar, weil er als echter Tölpel in die verwünschte Pagode gegangen!

Phileas Fogg war so ruhig geblieben, als ginge ihn der Spruch nichts an. Aber im Moment, als eine andere Partei berufen wurde, stand er auf und sagte:

»Ich biete Caution an.

– Das steht Ihnen zu«, versetzte der Richter.

Fix erschrak, daß es ihn kalt überlief, doch erholte er sich wieder, als er vernahm, wie der Richter, »in Betracht, daß Phileas Fogg und sein Diener Ausländer« sein, die Caution für jeden von beiden auf tausend Pfund ansetzte.

Also zweitausend Pfund sollte Herr Fogg einbüßen, wenn er sich nicht rechtfertigte.

»Ich zahle«, sagte der Gentleman.

Und er holte aus dem Sacke, welchen Passepartout trug, einen Pack Banknoten, und legte sie auf das Bureau des Gerichtsschreibers.

»Diese Summe wird Ihnen wieder zugestellt werden, sowie Sie aus dem Gefängniß, kommen, sagte der Richter. Inzwischen sind Sie frei gegen die Caution.

– Kommen Sie, sagte Phileas Fogg zu seinem Diener.

– Aber meine Schuhe müssen Sie wenigstens herausgeben!« rief Passepartout mit Entrüstung.

Man gab ihm seine Schuhe zurück.

»Die kommen theuer zu stehen! brummte er. Ueber tausend Pfund einer!«

Passepartout folgte mit kläglicher Miene Herrn Fogg, welcher der jungen Frau seinen Arm bot. Fix hoffte noch, sein Dieb werde sich nicht entschließen können, die zweitausend Pfund im Stiche zu lassen, und folgte ihm auf Schritt und Tritt.

Herr Fogg nahm einen Wagen, und stieg mit Mrs. Aouda und Passepartout unverzüglich ein. Fix lief hinter dem Wagen her, der bald an einem Quai hielt.

Eine halbe Meile entfernt lag der Rangoon auf der Rhede vor Anker, die Abfahrtsflagge schon aufgepflanzt. Es schlug elf, und Herr Fogg hatte noch eine Stunde Zeit. Er verließ also den Wagen und bestieg mit Mrs. Aouda und Passepartout einen Nachen. Der Detectiv stampfte mit dem Fuße.

»Der Lumpenkerl! rief er aus. Er reist ab, läßt zweitausend Pfund im Stich! So verschwenderisch ist nur ein Dieb! Ah! Ich bleibe ihm auf der Ferse bis an’s Ende der Welt, wenn’s Noth thut; aber auf die Art wird das gestohlene Geld bald durchgebracht sein!«

Nicht ohne Grund sprach so der Polizei-Agent. Phileas Fogg hatte wirklich seit seiner Abfahrt aus London an Reisegeld und Prämien, für den Elephanten, Caution und Bußen bereits über fünftausend Pfund auf der Reise verzettelt, und die Procente der wieder beigebrachten Summe, welche den Detectiven zukommen, verminderten sich fortwährend.

Sechzehntes Capitel.

Sechzehntes Capitel.

Fix stellt sich, als wisse er nichts davon, was ihm erzählt ward.

Der Rangoon, ein Packetboot der Ostindischen Peninsular-Compagnie für den Dienst in den chinesischen und japanischen Meeren, war ein eiserner Schraubendampfer von siebenzehnhundertundsiebenzig Tonnen brutto und vierhundert Pferdekraft. Er fuhr ebenso schnell wie der Mongolia, war aber nicht so bequem eingerichtet. Darum war auch für Mrs. Aouda nicht so gut gesorgt, als Phileas Fogg gewünscht hätte. Zudem handelte sich’s nur um eine Fahrt von dreitausendfünfhundert Meilen, elf bis zwölf Tage, und die junge Frau war kein peinlicher Passagier.

Während der ersten Tage dieser Fahrt lernte Mrs. Aouda den Herrn Phileas Fogg näher kennen. Bei jeder Gelegenheit gab sie ihm die innigste Dankbarkeit zu erkennen. Der phlegmatische Gentleman hörte sie, dem Anschein nach, äußerst kühl an, ohne durch eine Betonung, eine Handbewegung die geringste Gemüthsbewegung zu verrathen. Er wachte darüber, daß es der jungen Frau an nichts mangelte; kam regelmäßig zu gewissen Zeiten, wo nicht zum Plaudern, doch um ihr zuzuhören. Er erfüllte gegen sie auf’s Strengste die Pflichten der Höflichkeit, aber mit der Grazie und Unmittelbarkeit eines Automaten mit eigens dafür eingerichteten Bewegungen. Mrs. Aouda wußte nicht recht, was sie von ihm halten sollte, aber Passepartout gab ihr in Kürze Auskunft über das sonderbare Wesen seines Herrn. Sie lächelte ein wenig; aber sie verdankte ihm ihr Leben, und ihr Retter konnte dadurch nichts verlieren, daß sie ihn mit dankbarem Auge ansah.

Mrs. Aouda bestätigte die rührende Geschichte, welche der Hinduführer von ihr erzählt hatte. Sie gehörte allerdings der Race an, welche unter den Eingeborenen den ersten Rang behauptet. Manche parsische Kaufleute haben durch Baumwollenhandel in Indien großes Vermögen erworben. Ein solcher, Sir James Jejeebhoy, war von der englischen Regierung in den Adelstand erhoben worden, und Mrs. Aouda war eine Verwandte dieses reichen Mannes, welcher zu Bombay wohnte. Und eben einen Vetter des Sir Jejeebhoy, den ehrenwerthen Jejee, wünschte sie zu Hongkong aufzusuchen. Ob sie Zuflucht und Beistand bei ihm finden würde, konnte sie nicht behaupten. Herr Fogg antwortete hierauf, sie möge nur ganz ruhig sein, es werde sich Alles mathematisch genau regeln! So pflegte er sich auszudrücken.

Ob die junge Frau diesen horribeln Ausdruck verstand, muß dahingestellt bleiben. Doch ruhten ihre großen Augen auf denen des Herrn Fogg, ihre großen Augen, die so klar waren, wie die heiligen Seen des Himalaya! Aber der spröde Herr Fogg, so zugeknöpft wie jemals, schien nicht ein Mann zu sein, der fähig wäre, sich in diesen See zu stürzen.

Dieser erste Theil der Fahrt des Rangoon verlief unter vortrefflichen Umständen. Das Wetter war leidlich. Diese ganze Partie des unermeßlichen Bengalischen Busens war der raschen Fahrt günstig. Der Rangoon bekam bald Groß-Andaman in Sicht, die Hauptinsel der Gruppe, welche durch das malerische, zweitausendvierhundert Fuß hohe Gebirge Saddle-Peack den Seefahrern weithin kenntlich ist.

Man fuhr längs der Küste ziemlich nahe vorbei. Die wilden Papua’s der Insel ließen sich nicht sehen. Es sind zwar Geschöpfe, die auf der untersten Stufe menschlicher Bildung stehen, aber Menschenfresser sind sie doch nicht.

Die Inseln bildeten ein prachtvolles Panorama. Im Vordergrunde war es mit ungeheurer Waldung, Pisang, Areka, Bambus, Muskat, Thekbäumen, riesenhaften Mimosen, baumartigen Farrenkräutern bedeckt, und den Hintergrund bildeten elegante Gebirgssilhouetten. Die Küsten wimmelten von Tausenden köstlicher Salanganen, deren eßbare Nester im himmlischen Reich ein beliebtes Gericht bilden. Aber dieses bunte Schauspiel, welches die Andamanengruppe den Blicken darbot, flog schnell vorüber, und der Rangoon fuhr rasch der Straße von Malacca zu, um durch dieselbe in’s Chinesische Meer zu gelangen.

Was trieb während dieser Fahrt der Agent Fix, den sein Unstern in diese Rundfahrt fortgerissen hatte?

Nachdem er zu Calcutta Auftrag gegeben, daß ihm der Verhaftsbefehl, wenn er endlich ankomme, nach Hongkong nachgeschickt würde, war es ihm gelungen, sich, ohne von Passepartout bemerkt zu werden, an Bord des Rangoon einzuschiffen, und er hoffte wohl seine Anwesenheit auf demselben bis zur Ankunft des Packetbootes geheim zu halten. Es wäre ihm in der That auch schwer gewesen, über den Grund seiner Anwesenheit an Bord sich auszusprechen, ohne bei Passepartout, der glauben mußte, er sei zu Bombay geblieben, Verdacht zu erregen. Aber die Logik der Umstände brachte ihn doch dazu, die Bekanntschaft mit dem braven Jungen wieder anzuknüpfen. Wie das kam, wird sich gleich zeigen.

Alle Hoffnungen, alle Wünsche des Polizei- Agenten waren jetzt auf einen einzigen Punkt concentrirt, Hongkong; denn das Packetboot hielt zu kurze Zeit bei Singapore an, um in dieser Stadt etwas vornehmen zu können. Es mußte also zu Hongkong die Verhaftung erfolgen, oder der Dieb entwischte ihm ohne Möglichkeit seiner habhaft zu werden.

Hongkong war in der That noch der einzige Fleck englischen Landes auf der ganzen Reise. Weiter hinaus boten China, Japan, Amerika dem Herrn Fogg eine sichere Zuflucht. Zu Hongkong aber, wenn er endlich den ihm nachgesendeten Verhaftsbefehl bekäme, wollte Fix die Verhaftung Fogg’s vornehmen, und ihn der Localpolizei überliefern. Damit hatte es keine Schwierigkeit. Aber über Hongkong hinaus reichte ein bloßer Verhaftsbefehl nicht hin. Es mußte eine förmliche Auslieferung stattfinden, welche Zögerungen und Hindernisse aller Art mit sich führte, die der Schurke benutzen konnte, ihm definitiv zu entrinnen. Konnte die Verhaftung zu Hongkong nicht stattfinden, so würde es, wo nicht unmöglich, doch höchst schwierig sein, sie mit irgend einer Aussicht auf Erfolg noch vorzunehmen.

»Also, sagte sich Fix wiederholt, während ihm in seiner Cabine die Zeit lang ward, also, entweder der Verhaftsbefehl wird zu Hongkong sein, und ich fasse meinen Mann ab, oder er ist noch nicht da, und dann muß ich um jeden Preis seine Abreise verhindern! Ich bin mit meinem Plane zu Bombay durchgefallen, und zu Calcutta! Wenn ich zu Hongkong meinen Zweck verfehle, so ist mein Ruf dahin! Koste es, was es wolle, jetzt muß ich zum Ziel. Aber was kann ich machen, um nöthigenfalls die Weiterreise dieses verfluchten Fogg zu hindern?«

Wenn alles sonst fehlschlüge, war Fix entschlossen, dem Passepartout alles zu offenbaren, ihn seinen Herrn, dessen Schuld er sicherlich nicht theilte, kennen zu lehren. Wäre Passepartout über den Sachverhalt aufgeklärt, so müsse er, aus Besorgniß für mitschuldig angesehen zu werden, ohne Zweifel mit ihm, Fix, gemeine Sache machen. Doch war dies immer ein gewagtes Mittel, das nur in Ermangelung jedes andern angewendet werden dürfe. Passepartout könnte ja durch ein einziges Wort bei seinem Herrn den Handel gänzlich verderben.

Der Polizei-Agent war demnach in äußerster Verlegenheit, als die Anwesenheit der Mrs. Aouda an Bord des Rangoon in Gesellschaft Phileas Fogg’s ihm eine neue Perspective eröffnete. Wer war diese Frau? Welches Zusammenwirken von Umständen hatte sie zur Begleiterin Fogg’s gemacht? Offenbar waren sie zwischen Bombay und Calcutta mit einander in Verbindung gekommen. Aber auf welchem Punkte der Halbinsel? Sollte der Zufall das jugendliche Weib an Phileas Fogg’s Seite geführt haben? Im Gegentheil, war es nicht Zweck dieser Reise durch Indien, mit dieser reizenden Person zusammen zu kommen? denn reizend war sie doch gewiß! Fix hatte sie im Verhörsaal zu Calcutta wohl bemerkt.

Man begreift, wie sehr der Agent von Neugierde gestachelt sein mußte. Er fragte sich, ob nicht eine verbrecherische Entführung dabei im Spiele gewesen. Ja! Das mußte wohl der Fall sein! Dieser Gedanke setzte sich im Gehirn unseres Fix fest, und er sah wohl ein, welchen Vortheil er aus diesem Umstande ziehen konnte. Mochte diese junge Frau verheiratet sein, oder nicht, eine Entführung fand statt, und es war möglich, dem Entführer zu Hongkong Verlegenheiten der Art zu bereiten, daß er sich nicht durch sein Geld aus denselben herausziehen konnte.

Aber man durfte nicht die Ankunft des Rangoon zu Hongkong abwarten. Dieser Fogg hatte die abscheuliche Gewohnheit, aus einem Dampfboot in das andere gleichsam hinüber zu springen, und bevor noch die Sache angefaßt worden, konnte er schon in weiter Ferne sein.

Es war also von Wichtigkeit, die englischen Behörden zum Voraus in Kenntniß zu setzen, und die Ankunft des Rangoon zu signalisiren, bevor er aussteigen konnte. Nun war dies ganz leicht, weil das Packetboot zu Singapore Erfrischungen einnahm, und Singapore durch einen Telegraphen mit der chinesischen Küste in Verbindung stand.

Doch beschloß Fix, bevor er handelte, um sicherer zu gehen, Passepartout zu befragen. Er wußte, daß es nicht sehr schwer war, diesen Jungen zum Plaudern zu bringen, und entschloß sich, sein bisheriges Incognito aufzugeben. Aber es war keine Zeit zu verlieren. Es war der 31. October, und am folgenden Tage sollte der Rangoon bei Singapore anlegen.

Also begab sich Fix an diesem Tage aus seiner Cabine auf’s Verdeck, in der Absicht, Passepartout zuerst anzureden, und zwar mit Aeußerung der größten Ueberraschung. Passepartout spazierte eben auf dem Vordertheile, als der Agent auf ihn zustürzte und rief:

»Sie, auf dem Rangoon!

– Herr Fix an Bord! erwiderte Passepartout, höchlich erstaunt, als er seinen Reisegefährten auf dem Mongolia erkannte. Wie? ich verlasse Sie zu Bombay, und finde Sie wieder auf dem Wege nach Hongkong! Aber, Sie reisen ja ebenfalls um die Erde?

– Nein, nein, erwiderte Fix, und ich denke mich zu Hongkong aufzuhalten, – einige Tage wenigstens.

– So! sagte Passepartout, dem Anschein nach etwas erstaunt. Aber wie kommt’s, daß ich Sie nicht seit unserer Abfahrt aus Calcutta an Bord gesehen habe?

– Wahrhaftig, ein Unwohlsein … ein wenig Seekrankheit … Ich blieb zu Bette in meiner Cabine … Ich vertrage den Golf von Bengalen nicht ebenso gut, wie das Indische Meer. Und Ihr Herr Phileas Fogg?

– Vollkommen wohl, und so pünktlich, wie sein Reisebüchlein! Um keinen Tag zu spät! Ei! Herr Fix, Sie wissen’s wohl nicht, daß wir auch eine junge Dame in unserer Gesellschaft haben.

– Eine junge Dame?« fragte der Agent, der sich stellte, als verstehe er nicht, was sein Begleiter sagen wollte.

Doch setzte ihn Passepartout bald in Kenntniß davon, was vorgegangen war. Er erzählte den Vorfall in der Pagode zu Bombay, den Ankauf des Elephanten für zweitausend Pfund, wie’s bei der Verbrennung herging, wie sie Aouda befreiten, wie das Tribunal zu Calcutta sie verurteilte und gegen Caution wieder frei gab. Fix, dem die letzteren Vorfälle bekannt waren, stellte sich, als wisse er’s nicht, und Passepartout konnte nicht dem Reiz widerstehen, einem Zuhörer, der soviel Interesse dafür zeigte, seine Abenteuer herzuerzählen.

»Aber, schließlich, fragte Fix, hat denn Ihr Herr die Absicht, die junge Frau nach Europa mit zu nehmen?

– Nein, Herr Fix! Wir wollen Sie nur der Obhut eines Verwandten übergeben, der ein reicher Kaufmann zu Hongkong ist.

– Nichts zu machen! sagte sich der Detectiv, indem er seinen Aerger verbiß. Ein Gläschen Gin, Herr Passepartout?

– Recht gern, Herr Fix. Zum Mindesten wollen wir eins auf unsere Begegnung an Bord des Rangoon trinken!«

Siebenzehntes Capitel.

Siebenzehntes Capitel.

Von Singapore nach Hongkong.

Seit diesem Tage begegneten sich Passepartout und der Polizei-Agent häufig, aber derselbe beobachtete seinem Gefährten gegenüber die äußerste Rückhaltung, und machte keinen Versuch, ihn zum Plaudern zu bringen. Nur ein- oder zweimal bekam er Herrn Fogg flüchtig zu sehen, der gern im großen Salon des Rangoon blieb, sei’s um Mrs. Aouda Gesellschaft zu leisten oder nach seiner unabänderlichen Gewohnheit Whist zu spielen.

Passepartout war darauf gekommen, sich über sonderbaren Zufall, daß Fix sich abermals auf dem gleichen Wege mit seinem Herrn finden ließ, ernstliche Gedanken zu machen. Und in der That war es mindestens zum Erstaunen. Dieser sehr liebenswürdige, gewiß recht gefällige Gentleman, mit welchem man zuerst zu Suez zusammentrifft, geht auf dem Mongolia mit zu Schiffe, steigt zu Bombay, wo er bleiben zu müssen vorgiebt, aus, und läßt sich zur Reise nach Hongkong wieder auf dem Rangoon finden, kurz, Schritt für Schritt nach des Herrn Fogg’s Reisevorschrift: das mußte nachdenklich machen. Es war wenigstens ein sonderbares Zusammentreffen. Worauf hatte Fix es abgesehen? Passepartout war bereit, seine Pantoffeln – die er als etwas Kostbares aufhob – zu verwetten, daß Fix zugleich mit ihnen Hongkong verlassen würde, vermutlich auf dem nämlichen Packetboot.

Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß man dem Herrn Phileas Fogg als wie einem Dieb, um den ganzen Erdball herum auf der Ferse folge. Aber da es in der menschlichen Natur liegt, sich über alles eine Erklärung zu geben, so deutete sich Passepartout, dem plötzlich ein Licht aufging, die fortdauernde Anwesenheit des Fix auf folgende, wirklich glaubhafte Weise. In Wirklichkeit, dachte er sich, war Fix – anders war’s nicht möglich – nur ein Agent, welchen des Herrn Fogg’s Collegen im Reformclub ihm nachgesendet hatten, um zu constatiren, daß die Reise regelmäßig um die Erde herum, der Reisevorschrift gemäß, ausgeführt würde.

»Ganz offenbar! wiederholte sich der brave Junge, der auf seinen Scharfsinn ganz stolz war. Es ist ein von jenen Gentlemen uns nachgeschickter Spion. Das ist doch unwürdig! Der rechtschaffene, so ehrenhafte Herr Fogg! Durch einen Agenten ausspüren zu lassen! Ah! Meine Herren vom Reformclub, das soll Ihnen theuer zu stehen kommen!« Passepartout, der sich höchlich seiner Entdeckung freute, entschloß sich jedoch, seinem Herrn nichts davon zu sagen, aus Besorgniß, solches Mißtrauen von Seiten seiner Gegner möge ihn beleidigen. Aber er nahm sich vor, den Fix dafür bei Gelegenheit, mit verdeckten Worten und ohne sich Blößen zu geben, etwas zum Besten zu haben.

Am Mittwoch den 30. October Nachmittags lief der Rangoon in die Straße von Malacca ein, welche die Halbinsel dieses Namens von Sumatra scheidet. Die große Insel war den Passagieren durch kleine, sehr steile, sehr malerische Inselchen verdeckt.

Am folgenden Tage, um vier Uhr früh, hielt der Rangoon, nachdem er einen halben Tag von der regelmäßigen Fahrt gewonnen, zu Singapore an, um sich mit Kohlen zu versehen.

Phileas Fogg trug diesen Vorsprung auf die Gewinnspalte ein, und begab sich diesmal an’s Land, um Mrs. Aouda zu begleiten, welche gewünscht hatte, einige Stunden eine Spazierfahrt zu machen.

Fix, dem jeder Schritt Fogg’s verdächtig schien, folgte ihm nach, ohne sich bemerkbar zu machen. Passepartout, der im Stillen über dies Benehmen des Fix lachte, machte wie gewöhnlich Einkäufe.

Die Insel Singapore ist weder groß, noch von imponirendem Aussehen. Es fehlt ihr an Gebirg, d. h. an Bergprofilen. Doch ist sie trotz dieses Mangels reizend; sie ist ein von schönen Wegen durchschnittener Park. Mrs. Aouda und Phileas Fogg fuhren in einer hübschen Equipage mit einem Gespann eleganter, aus Neu-Holland eingeführter Pferde unter dichten Palmbäumen mit glänzenden Blättern, und Gewürznägeleinbäume, Gebüsche von Pfeffergesträuch standen da wie Dornhecken auf europäischen Feldern; Sagobäume und hohe Farrenträuter mit prächtigem Gezweig machten den Anblick dieser Tropengegend bunt; Muskatbäume mit lackirtem Laub tränkten die Luft mit Wohlgerüchen. Muntere, possenhafte Affen belebten das Gehölz, und vielleicht hausten auch Tiger im Schilf. Wer sich darüber wundern möchte, daß auf dieser verhältnißmäßig so kleinen Insel diese reißenden Thiere nicht gänzlich ausgerottet sind, dem diene zur Antwort, daß sie die Meerenge durchschwimmend von der Halbinsel herüberkommen.

Nachdem Mrs. Aouda und ihr Gefährte, der zwar schaute, aber nichts sah, zwei Stunden lang auf der Ebene herumgefahren, kehrten sie zur Stadt zurück, die aus einem ungeheuern Haufen plumper und platter Häuser besteht, umgeben von reizenden Gärten mit Mangusten, Ananas und allen besten Früchten der Welt.

Um zehn Uhr kamen sie wieder zum Packetboot, stets unvermerkt von dem Agenten begleitet, der ebenfalls sich hatte mit einer Equipage in Kosten stecken müssen.

Passepartout erwartete sie auf dem Verdeck des Rangoon. Der wackere Bursche hatte einige Dutzend Manguste gekauft, von der Größe mittlerer Aepfel, außen dunkelbraun, innen grell roth mit einer weißen Frucht, die zwischen den Lippen schmelzend die echtesten Feinschmecker erquickt. Passepartout schätzte sich glücklich, sie der Mrs. Aouda anbieten zu können, und sie dankte ihm mit vieler Grazie.

Um elf Uhr hatte der Rangoon seine Kohlenladung eingenommen, lichtete die Anker, und nach einigen Stunden schwanden den Passagieren die hohen Berge von Malacca aus dem Gesicht, in deren Wäldern die schönsten Tiger der Welt hausen.

Singapore ist noch ungefähr dreizehnhundert Meilen von der Insel Hongkong entfernt, einem kleinen Fleck englischen Landes, der von der chinesischen Küste getrennt ist. Phileas Fogg hatte nöthig, diese Strecke in höchstens sechs Tagen zurückzulegen, um zu Hongkong das Dampfboot benutzen zu können, welches am 6. November nach Yokohama, einem der bedeutendsten Häfen Japans, abging.

Der Rangoon war stark beladen. Es waren zu Singapore zahlreiche Passagiere eingestiegen, Hindu, Ceylonesen, Chinesen, Malayen, Portugiesen, welche zum größten Theil auf dem zweiten Platz fuhren.

Die bisher ziemlich gute Witterung änderte sich mit dem letzten Mondviertel. Die See ging hoch und der Wind wehte manchmal stark, aber glücklicher Weise aus Südosten, wodurch die Fahrt gefördert wurde. Wenn es thunlich war, ließ der Kapitän die Segel aufspannen. Der Rangoon, als Brigg getakelt, fuhr oft mit seinen beiden Mastsegeln und dem Focksegel, und seine Schnelligkeit wurde durch die doppelte Wirkung des Dampfes und des Windes verstärkt. Auf diese Weise fuhr man, auf gebrochenen Wellen, bisweilen mit Anstrengung längs den Küsten von Annam und Cochinchina.

Aber der Fehler lag weit mehr am Rangoon, als am Meer, und dem Packetboot hatten die Passagiere, welche meist krank wurden, die Schuld dieser Beschwerden zuzuschreiben.

In der That leiden die Schiffe der Peninsular-Compagnie, welche die Meere Chinas befahren, an einem ernstlichen Fehler im Bau. Das Verhältniß ihrer Wassertracht bei Beladung zu ihrem Hohl war nicht richtig berechnet, und daher bieten sie dem Meere nur schwachen Widerstand. Ihr geschlossener, dem Wasser nicht zugänglicher Raum ist unzureichend. Sie gehen zu tief im Wasser, und in Folge dieser Beschaffenheit reichen schon einige Wurf Meerwasser hin, um ihren Lauf zu ändern.

Daher mußte man, der üblen Witterung wegen, große Vorsicht anwenden. Manchmal mußte man beilegen, bei geringem Dampf; ein Zeitverlust, welcher auf Phileas Fogg gar keinen Eindruck zu machen schien, während Passepartout dadurch äußerst aufgeregt wurde. Dann machte er dem Kapitän, dem Maschinisten, der Compagnie Vorwürfe.

»Aber Sie haben doch gar zu sehr Eile, nach Hongkong zu kommen? fragte ihn einst der Detectiv Fix.

– Ja wohl! erwiderte Passepartout.

– Meinen Sie, daß Herr Fogg zu eilen hat, um auf das Packetboot nach Yokohama zu kommen?

– Erschrecklich zu eilen.

– Sie glauben also jetzt an die seltsame Reise um die Erde?

– Durchaus. Und Sie, Herr Fix?

– Ich? Ich glaube nicht daran.

– Possenreißer!« versetzte Passepartout und blinzelte mit den Augen.

Dieses Wort machte dem Agenten Gedanken. Diese Bezeichnung beunruhigte ihn, ohne daß er recht wußte, weshalb. Hatte der Franzose ihn durchschaut? Er wußte nicht, was er davon zu halten hatte. Aber wie hätte Passepartout seine Eigenschaft als Detectiv, wovon Niemand sonst etwas wußte, entdecken können? Und doch mußte Passepartout, indem er sich so ausdrückte, sicherlich einen Hintergedanken haben.

Es traf sich sogar, daß der wackere Junge ein andermal noch weiter ging; aber es überwältigte ihn, er konnte seine Zunge nicht bemeistern.

»Sehen Sie, Herr Fix, fragte er ihn mit schelmischem Tone, werden wir, wenn wir zu Hongkong sind, so unglücklich sein, Ihre Begleitung zu verlieren?

– Nun, erwiderte Fix in Verlegenheit, ich weiß nicht! … Vielleicht, daß…

– Ah! sagte Passepartout, wenn Sie in unserer Gesellschaft blieben, das wäre für mich ein Glück! Sehen Sie, ein Agent der Peninsular-Compagnie könnte sich unterwegs nicht aufhalten! Sie wollten nur nach Bombay, und nun sind wir bald in China! Von da nach Amerika ist nicht weit, und aus Amerika nach Europa ist jetzt nur ein Schritt!«

Fix sah seinen Genossen scharf an, und dieser zeigte ihm das liebenswürdigste Gesicht von der Welt, und er lachte mit ihm. Dieser aber, in guter Laune, fragte ihn, »ob ihm dieses Geschäft viel eintrage?«

»Ja und nein, erwiderte Fix, ohne eine Miene zu verziehen. Es giebt gute und schlechte Geschäfte. Aber Sie begreifen wohl, ich reise nicht auf eigne Kosten!

– O! in der Hinsicht, das glaub‘ ich wohl!« rief Passepartout, und lachte noch heller.

Als diese Unterhaltung zu Ende war, begab sich Fix in seine Cabine und sann über die Sache nach. Offenbar war er durchschaut. Auf irgend eine Weise hatte der Franzose seine Eigenschaft als Detektiv erkannt. Aber hatte er dies seinem Herrn mitgetheilt? Welche Rolle spielte er bei alledem? War er mitschuldig oder nicht? War die Sache ausgewittert, und folglich verfehlt? Der Agent verbrachte so einige peinliche Stunden, indem er bald alles für verloren hielt, bald hoffte, Fogg wisse nichts davon, schließlich ohne zu wissen, was er thun solle.

Inzwischen wurde sein Gehirn wieder ruhig, und er entschloß sich, offen mit Passepartout zu reden. Fände er sich in der gewünschten Lage, um Herrn Fogg zu Hongkong verhaften zu können, und schickte sich Herr Fogg an, nun gänzlich das englische Gebiet zu verlassen, so wollte er, Fix, Alles dem Passepartout heraussagen. Entweder der Diener war Mitschuldiger seines Herrn, – und dieser wußte alles, und dann war alles gänzlich verdorben – oder der Diener war bei dem Diebstahl nicht betheiligt, dann läge es in seinem Interesse, sich von dem Diebe loszusagen.

So standen also diese beiden Männer zu einander, und über ihnen schwebte Phileas Fogg in majestätischem Gleichmuth. Er vollendete vernunftgemäß seine Kreisbahn um die Erde, ohne sich um die Asteroiden, die um ihn gravitirten, zu kümmern.

Und doch befand sich in der Nähe – um einen astronomischen Ausdruck zu gebrauchen, – ein störendes Gestirn, welches auf das Herz dieses Gentleman einigermaßen hätte beunruhigend wirken müssen. Aber nein! Zu großem Befremden Passepartouts wirkten Mrs. Aouda’s Reize gar nicht, und wenn Störungen stattfanden, so wären sie schwerer zu berechnen gewesen, als die des Uranus, welche die Entdeckung des Neptun veranlaßten.

Ja! Passepartout staunte täglich von Neuem, wenn er in den Augen der jungen Frau soviel dankbare Hingebung gegen seinen Herrn las! Ganz gewiß hatte Phileas Fogg nur so viel Herz, als erforderlich war, um sich heroisch zu benehmen; aber für Liebesgefühle nicht! Von Besorgnissen, welche die Wechselfälle dieser Reise in ihm hervorrufen konnten, keine Spur. Aber Passepartout selbst lebte in steten Aengsten. Einmal sah er bei einer heftigen Stampfbewegung Dampf aus den Klappen herausdringen, da rief er zornig: »Die Klappen sind nicht gehörig beschwert! Man kommt nicht vorwärts! Seht da die Engländer! Auf einem amerikanischen Schiffe flöge man vielleicht in die Luft, aber man führe auch rascher!«

Achtzehntes Capitel.

Achtzehntes Capitel.

Phileas Fogg, Passepartout und Fix bekommen alle zu thun.

Während der letzten Tage der Fahrt war das Wetter schlimm. Sehr starker Wind, standhaft aus Nordwest, hemmte den Lauf des Packetbootes. Allzu unstät, schwankte der Rangoon beständig, und die Passagiere durften wohl diesen langen, Uebelbefinden erregenden Wellen grollen, welche der Wind von der hohen See aus herbeitrieb.

Während des 3. und 4. November war’s eine Art Sturm. Windstöße peitschten heftig das Meer. Der Rangoon mußte einen halben Tag lang beilegen, bei nur zehn Schraubenschlägen mit den Wellen laviren. Alle Segel waren eingezogen, und es war noch allzuviel Takelwerk, das mitten in den Windstößen pfiff.

Natürlich wurde die Schnelligkeit des Packetbootes dadurch bedeutend vermindert, und man konnte annehmen, daß es zu Hongkong um zwanzig Stunden nach der vorschriftsmäßigen Zeit anlangen würde, und noch später, wenn sich der Sturm nicht legte.

Phileas Fogg verhielt sich bei diesem Anblick eines wüthenden Meeres, welches direct gegen ihn zu kämpfen schien, mit seiner gewöhnlichen Gemüthsruhe. Seine Stirne ward nicht einen Augenblick finster, und doch konnte eine Verspätung um zwanzig Stunden seinen Reisezweck verderben, indem er die Abfahrt des Packetbootes nach Yokohama verfehlte. Aber dieser nervenlose Mann empfand weder Ungeduld, noch Unlust. Es schien wahrhaftig, als sei dieser Sturm in seinem Programm vorgesehen. Mrs. Aouda, die sich mit ihrem Gefährten über dies Unwetter unterhielt, fand ihn ebenso gleichmüthig wie zuvor.

Fix sah diese Dinge nicht mit demselben Auge an. Im Gegentheil hatte er Gefallen an dem Sturme. Es hätte ihm eine unendliche Befriedigung gewährt, wäre der Rangoon genöthigt gewesen, vor dem Sturme zu fliehen. Alle diese Verspätungen waren ihm Wasser auf seiner Mühle, denn sie konnten den Herrn Fogg nöthigen, einige Tage zu Hongkong zu verweilen. Endlich, der Himmel mit seinen Stürmen und Windstößen war ihm günstig. Zwar war er ein wenig unwohl, aber daran lag nichts! Wenn auch sein Körper an der Seekrankheit litt, sein Geist jubelte mit unendlicher Befriedigung Es läßt sich denken, wie Passepartout diese Zeit in unverhohlenem Zorn hinbrachte. Bisher war alles so gut gegangen! Land und Meer schienen seinem Herrn ergeben zu sein, Dampfer und Eisenbahnen folgten seinem Willen. Die Winde wirkten vereint mit der Dampfkraft zu Gunsten seiner Reise. War nun endlich die Zeit des Verrechnens gekommen? Passepartout, als wenn die zwanzigtausend Pfund der Wette aus seiner Börse gezahlt werden müßten, war wie vernichtet. Der arme Junge! Fix verhehlte ihm sorgfältig seine persönliche Befriedigung, und that wohl daran; denn hätte Passepartout seine stille Befriedigung wahrgenommen, so hätte er’s ihn arg empfinden lassen.

Passepartout blieb während der ganzen Dauer des Sturmes auf dem Verdeck des Rangoon. Unten hätte er nicht bleiben können; er kletterte in das Mastenwerk, und setzte die Bootsleute in Erstaunen, wie er so gewandt wie ein Affe zur Hilfe war. Hundertmal fragte er den Kapitän, die Officiere, die Matrosen, die sich des Lachens nicht erwehren konnten, als sie den Burschen so außer Fassung sahen. Passepartout wollte durchaus wissen, wie lange das Unwetter dauern würde. Man verwies ihn an den Barometer, der sich nicht entschließen konnte, zu steigen. Passepartout schüttelte den Barometer, aber es half nichts.

Endlich legte sich der Sturm. Der Zustand des Meeres änderte sich im Laufe des 4. November. Der Wind sprang um, und ward wieder günstig.

Mit der Witterung ward auch Passepartout wieder heiter. Es wurden wieder alle Segel aufgehißt, und der Rangoon setzte seinen Weg mit erstaunlicher Schnelligkeit fort.

Aber es ließ sich nicht alle verlorene Zeit wieder einbringen. Man mußte wohl sich darein ergeben, und erst am 6., um fünf Uhr Morgens wurde das Land signalisirt. Phileas Foggs Reisebüchlein hatte die Ankunft des Packetbootes auf den 5. angesetzt, und es kam erst am 6. an. Das war also eine Verspätung um vierundzwanzig Stunden, und die Weiterreise nach Yokohama mußte nothwendig verfehlt sein.

Um sechs Uhr kam der Lootse an Bord des Rangoon und nahm seinen Platz auf dem Steg, um das Fahrzeug durch die Fahrwasser bis zum Hafen von Hongkong zu leiten.

Passepartout war äußerst verlangend, diesen Mann zu befragen, ob das Packetboot für Yokohama von Hongkong bereits abgefahren sei. Aber er getraute sich nicht, und wollte lieber ein wenig Hoffnung bis zum letzten Augenblicke festhalten. Er hatte Fix seine Besorgnisse mitgetheilt, und der listige Fuchs versuchte ihn zu trösten durch die Mittheilung, daß Herr Fogg nur das nächste Boot zu nehmen brauche. Das versetzte Passepartout in äußersten Zorn.

Aber getraute auch Passepartout nicht den Lootsen zu befragen, so fragte ihn Herr Fogg, nachdem er in seinem Bradshaw nachgesehen, mit ruhiger Miene, ob er wisse, wann ein Boot von Hongkong nach Yokohama abgehe.

»Morgen früh mit der Fluth, erwiderte der Lootse.

– Ah!« sagte Herr Fogg, ohne seine Ueberraschung kund zu geben.

Passepartout, der zugegen war, hätte Lust gehabt, den Lootsen zu umarmen, und Fix hätte ihm gern den Hals umgedreht.

»Wie heißt dieser Dampfer? fragte Herr Fogg.

– Carnatic, versetzte der Lootse.

– Sollte er nicht schon gestern abfahren?

– Ja, mein Herr, aber es mußte einer seiner Kessel reparirt werden, und seine Abfahrt wurde auf morgen verschoben.

– Ich danke Ihnen«, erwiderte Herr Fogg, und begab sich mit automatischem Schritt in den Salon des Rangoon.

Passepartout drückte dem Lootsen kräftig die Hand, und sagte:

»Sie sind ein wackerer Mann!«

Der Lootse begriff wohl nicht, weshalb seine Antworten ihm diese Freundschaftsbezeugungen eintrugen. Er pfiff, und stieg auf den Steg, um das Packetboot mitten durch die Flotille von Jonken, Tanken, Fischerbarken und Fahrzeugen aller Art, wovon die Engen von Hongkong wimmelten, zu geleiten.

Um ein Uhr befand sich der Rangoon am Quai, und die Passagiere stiegen aus.

Bei diesem Umstande kam Herrn Fogg offenbar der Zufall trefflich zu Statten. Ohne diese nothwendige Reparatur der Kessel wäre der Carnatic am 5. November abgefahren, und die Passagiere nach Japan hätten acht Tage auf die Abfahrt des nächsten Bootes warten müssen. Herr Fogg war nun zwar um vierundzwanzig Stunden zurück, aber diese Verspätung blieb ohne Einfluß auf den übrigen Theil der Reise. Der Dampfer, welcher die Fahrt von Yokohama nach San Francisco durchs Stille Meer machte, stand mit dem Packetboote von Hongkong in directer Verbindung, so daß er vor dessen Ankunft nicht abfahren durfte. Offenbar hätte nun zu Yokohama bereits eine Verspätung um vierundzwanzig Stunden stattgefunden; die ließ sich jedoch während der zweiundzwanzig Tage der Fahrt durchs Stille Meer leicht wieder einbringen. Diese vierundzwanzig Stunden abgerechnet, befand sich also Herr Fogg, fünfunddreißig Tage nach seiner Abfahrt aus London, in Übereinstimmung mit seinem Programm.

Da der Carnatic erst um fünf Uhr des folgenden Tages abfuhr, so hatte Herr Fogg sechzehn Stunden Zeit für seine Geschäfte, d. h. in Betreff der Mrs. Aouda. Beim Aussteigen bot er der jungen Frau seinen Arm und führte sie zu einem Palankin. Die Träger bezeichneten ihm das Hotel des Club zum Einkehren. Passepartout ging hinter dem Palankin drein, und nach zwanzig Minuten kamen sie im Gasthofe an.

Es wurde für die junge Frau eine Wohnung genommen, und Phileas Fogg sorgte dafür, daß ihr nichts mangelte. Hierauf sagte er ihr, er wolle unverzüglich ihre Verwandten aufsuchen, deren Obhut er sie zu Hongkong überlassen sollte. Während dessen mußte Passepartout im Hotel seine Rückkehr abwarten, um die junge Frau nicht allein zu lassen.

Der Gentleman ließ sich auf die Börse führen, wo ein Mann, wie der honorable Jejeeh, der zu den reichsten Kaufleuten der Stadt gehörte, unfehlbar gekannt sein mußte.

Der Sensal, an welchen Herr Fogg sich wendete, kannte auch wirklich den parsischen Kaufmann. Aber seit zwei Jahren wohnte derselbe nicht mehr in China. Nachdem er sich ein Vermögen gemacht, hatte er sich in Europa etablirt, – in Holland, glaubte man, weil er während seiner kaufmännischen Thätigkeit in zahlreichen Verbindungen mit diesem Lande gestanden hatte.

Als Phileas Fogg ins Hotel zurückkam, ließ er sich sogleich bei Mrs. Aouda zum Besuch anmelden, und theilte ihr dann mit, daß der honorable Jejeeh nicht mehr zu Hongkong, vermutlich in Holland wohne.

Mrs. Aouda antwortete darauf nicht sogleich. Sie strich mit der Hand über ihre Stirne, und besann sich eine kleine Weile. Nachher sprach sie mit sanfter Stimme:

»Was soll ich nun anfangen? Herr Fogg.

– Das liegt auf der Hand, sagte der Gentleman. Mit nach Europa gehen.

– Aber das wäre Mißbrauch …

– Kein Mißbrauch, und Ihre Anwesenheit stört mein Programm durchaus nicht. – Passepartout?

– Zu dienen, mein Herr.

– Gehen Sie auf den Carnatic und nehmen Sie drei Cabinen.«

Passepartout war höchlich erfreut, daß die Reise in Gesellschaft der jungen Frau, die gegen ihn sehr freundlich war, fortgesetzt wurde, und ging sogleich seinen Auftrag auszurichten.