Einunddreißigstes Kapitel.

»Wer ist der Kaufmann hier, und wer der Jud‘!«

Shakespeare.

 

Der Tag dämmerte am folgenden Morgen über einer ruhigeren Scene. Das blutige Werk hatte gänzlich aufgehört, und als die Sonne aufging, fiel ihr Licht auf eine weite Ausdehnung voll Ruhe und Einsamkeit. Ismael’s Zelte standen noch, wo sie zuletzt gesehen worden; aber keine andere Spur von menschlichem Dasein konnte sonst in der Wüste entdeckt werden. Hier und da segelten kleine Heerden von Raubvögeln vorüber und schrieen bei den Stellen, wo ein schwerfüßiger Teton seinen Tod gefunden; aber jede andere Spur des frischen Kampfs war verwischt. Den Fluß konnte man an seinem geschlängelten, rauchenden Bette weit durch die endlosen Ebenen verfolgen, und die kleinen Silberwolken leichten Dunsts, die über den Sümpfen und Quellen hingen, begannen in der Luft zu zerschmelzen, wie sie die auflösende Wärme fühlten, welche, vom erglühenden Himmel dringend, ihren sanften, leisen Einfluß auf alle Gegenstände der weiten, unbeschatteten Landschaft ausübte. Die Steppe war nach dem trüben Vorübergang des Nebels, wie der Himmel, mild, ruhig und friedlich.

Auf einem solchen Schauplatz versammelte sich die Familie des Auswanderers, um einen endlichen Beschluß wegen der verschiedenen Personen zu fassen, welche durch die wechselnden Umgestaltungen der erwähnten Vorfälle in ihre Hände geworfen worden. Alles, was Leben und Freiheit besaß, war, seit der erste graue Streif den Osten erhellt hatte, auf den Beinen gewesen, und selbst die Jüngsten von der wandernden Brut schienen überzeugt, daß der Augenblick gekommen, wo Dinge geschehen sollten, die einen dauernden Eindruck auf das wilde Geschick ihres halb-barbarischen Zustandes zurücklassen müßten.

Ismael schritt durch sein kleines Lager mit dem Ernst eines Mannes, der unerwartet mit Dingen von einer Wichtigkeit zu thun bekommen, die weit über die gewöhnlichen Vorfalle seines ungeregelten Lebens hinausgingen. Seine Söhne aber, die so oft Gelegenheit gefunden, die unerbittliche Strenge von ihres Vaters Charakter zu erfahren, sahen in seiner trüben Miene, seinem kalten Auge eher seine Entschlossenheit, seinen Willen, auf dem er gewöhnlich eben so fest bestand, als er ihm unklar war, auszuführen, als sonst ein Zeichen von Ungewißheit und Zweifel. Selbst Esther war sichtbar durch die wichtigen Umstände aufgeregt, die ihre Familie so sehr angingen. Während sie keine von den häuslichen Pflichten versäumte, welche wahrscheinlich in allen nur erdenklichen Fällen vor sich gegangen, – gerade wie die Welt sich dreht, während Erdbeben ihre Rinde zerreißen, und Vulcane ihre Eingeweide verzehren, – war doch ihre Stimme zu einem weit niedrigeren Schlüssel als gewöhnlich herabgedampft, und das immer noch häufige Schreien ihrer Kinder wurde durch Etwas, wie die mildere Würde mütterlichen Ansehens gestillt.

Abiram schien wie gewöhnlich, am meisten der Stille und dem Hinbrüten nachhängend. Es lag ein gewisser Verdacht in den öfteren Blicken, die er auf das unbewegte Antlitz Ismaels warf, welcher zeigen mochte, wie wenig ihr früheres Vertrauen und gutes Einverständnis; noch zwischen ihnen bestand. Seine Mienen schienen sonderbar zwischen Hoffnung und Furcht zu schwanken. Manchmal erhellte sich sein Gesicht durch Strahlen wilder Freude, wenn er sein Auge auf das Zelt richtete, das seine wiedererlangte Gefangene in sich schloß, und dann wieder schien der Eindruck unbegreiflicherweise durch die Schatten hoher Besorgniß verjagt zu werden. War er unter dem Einfluß des letztern Gefühls, so ermangelte sein Auge nie, das Antlitz seines finstern, undurchdringlichen Verwandten aufzusuchen.

Aber da fand er eher Grund zur Besorgniß, als Ursache zur Ermuthigung, denn der ganze Charakter von des Auswanderers Antlitz drückte die furchtbare Wahrheit aus, daß er seinen langsamen Geist vom Einfluß des Seelenverkäufers losgemacht, und daß seine Gedanken jetzt nur über der Ausführung seiner eignen störrigen Pläne brüteten.

In diesem Zustand der Dinge führten die Söhne Ismael’s in Folge eines Befehls ihres Vaters die verschiedenen Gegenstände seiner bedächtigen Entschlüsse aus ihrem Gefängniß in die freie Luft. Keiner ward von dieser Anordnung ausgenommen. Middleton und Inez, Paul und Ellen, Obed und der Streifschütz, wurden herbeigebracht, und nahmen Sitze ein, wie man sie zum Anhören des Spruchs ihres eigenmächtigen Richters für passend hielt. Die jüngeren Kinder sammelten sich in einer Art augenblicklicher aber steigender Neugier um die Stelle, und selbst Esther ließ ihre Küchenarbeiten und kam herbei, um zuzuhören.

Hartherz war von seiner Bande allein zugegen, um von dem neuen und gar nicht unfeierlichen Schauspiele Zeuge zu sein. Er stand ernst auf seine Lanze gelehnt, während die rauchende Stute, die in der Nähe graste, zeigte, daß er weither und schnell geritten, um Zuschauer zu sein.

Ismael hatte seinen neuen Verbündeten mit einer Kälte empfangen, welche seine gänzliche Unempfindlichkeit gegen jenen Zartsinn verrieth, der den jungen Häuptling vermocht hatte, allein zu kommen, damit die Gegenwart seiner Krieger keine Unruhe oder Mißtrauen erregen möchte. Er bemühte sich weder um ihren Beistand, noch fürchtete er ihre Feindschaft, und ging jetzt mit eben so vieler Haltung an sein Geschäft, als wenn diese Art patriarchalischer Gewalt, die er sich anmaßte, allein anerkannt wäre.

Es ist etwas Erhabenes in dem Besitz der Macht, mag sie auch mißbraucht werden. Die Seele macht dann gewisse Anstrengungen, um das Passende zwischen den Attributen der Gewalt und dem Zustand ihres Besitzers darzulegen, wenn es auch oft fehlschlagen mag, und das lächerlich macht, was vorher bloß gehässig war. Aber die Wirkung bei Ismael Busch war nicht so entmuthigend. Ernst im Aeußern, wild von Temperament, furchtbar durch seine physische Stärke, und gefährlich durch seine gesetzlose Halsstarrigkeit, erregte er durch sein selbstgeschaffenes Tribunal eine Ehrfurcht, gegen das selbst der verständige Middleton sich nicht ganz unempfindlich halten konnte. Doch ließ man ihm nur wenig Zeit, seine Gedanken zu sammeln, denn der Auswanderer, obwohl an Eile nicht gewöhnt, mochte nicht leicht, war er einmal entschlossen, auch nur Augenblicke durch Zögern verlieren. Als er Alle auf ihren Stellen sah, warf er einen finstern Blick auf seine Gefangnen, und wandte sich an den Capitain, als die Hauptperson unter den vermeintlichen Verbrechern:

»Ich bin heute berufen, das Amt auszufüllen, das Ihr in den Ansiedelungen Richtern übergebt, die gewählt werden, um über Dinge zu entscheiden, welche streitig sind unter den Leuten. Ich kenne nur wenig die Weise der Gerichtshöfe, obwohl es eine Allen bekannte Regel ist, welche sagt, daß es Auge gehen muß um Auge, und Zahn um Zahn. Ich bemühe nicht oft die Gerichtshäuser, und am wenigsten von Allem lieb‘ ich auf einer Plantage zu leben, worüber der Sheriff die Aussicht führt, doch liegt etwas in einem solchen Gesetz, was eine sichere Regel zum Handeln gibt, und deßwegen sei es feierlich ausgesprochen, daß ich heute darnach richte, und Allen und Jedem gebe, was ihnen gebührt, und nicht mehr.«

Als Ismael so weit seinen Entschluß verkündet, machte er eine Pause, und sah um sich, als wolle er die Wirkungen in den Zügen seiner Zuhörer lesen. Als sein Auge auf Middleton traf, antwortete ihm dieser:

»Wenn der Uebelthäter bestraft, und der, welcher Niemanden beleidigt hat, freigegeben werden muß, müßt Ihr mit mir tauschen, und Gefangener sein, statt Richter.«

»Ihr wollt sagen, ich habe Euch Unrecht gethan, indem ich die Dame aus ihres Vaters Haus nahm, und sie so weit gegen ihren Willen in diese wilden Orte führte;« entgegnete unbewegt der Auswanderer, der eben so wenig Aerger, als Reue bei der Beschuldigung verrieth. »Ich will nicht noch eine Lüge zu einer bösen That hinzufügen, und Eure Worte bestreiten. Da die Sachen so zwischen uns gekommen sind, hab‘ ich Zeit gehabt, mit Muße über den Vorfall nachzudenken, und obwohl keiner Eurer schnellen Köpfe, die in die Natur aller Dinge mit einem Blick sehen können, oder zu sehen vermeinen, bin ich doch offen für die Vernunft, und wenn Ihr mir Zeit laßt, Keiner, der die Wahrheit leugnet. Deßwegen bin ich endlich zum Schluß gekommen, daß es ein Mißgriff war, ein Kind von seinem Vater zu nehmen, und die Dame soll zurückkehren, wo sie hergekommen, mit so viel Bequemlichkeit und Sicherheit als möglich.«

»Ja, ja!« fügte Esther hinzu; »er hat Recht. Armuth und Arbeit drückten ihn schwer, besonders da die Einnehmer schwierig wurden, und in einem schwachen Augenblick that er die böse That, aber er hat auf meine Worte gehört, und sein Gemüth ist wieder gut geworden. Ein furchtbares, gefährliches Ding ist es, die Töchter anderer Leute in eine friedliche wohlgeordnete Familie zu bringen.«

»Und wer wird es Euch danken, nach dem, was schon geschehen ist?« murrte Abiram mit einer Grimasse getäuschter Gier, worin Bosheit und Schreck eckelhaft sich einigten; wenn der T – l einmal seine Rechnung macht, setzt er sie nur über Bausch und Bogen auf.«

»Ruhe!« sagte Ismael und streckte seinen Arm gegen seinen Verwandten auf eine Weise aus, die ihn sogleich zum Schweigen brachte. »Eure Stimme ist die des Raben in meinem Ohr. Hättet Ihr nie gesprochen, wäre mir diese Schande erspart!«

»Da Ihr also anfangt, Eure Irrthümer zu verlassen und die Wahrheit zu sehen,« sagte Middleton, »so thut es nicht bloß zur Hälfte, sondern erkauft Euch durch Euer edelmüthiges Betragen Freunde, die Euch von Nutzen im Abwenden aller künftigen Gefahren vor dem Gesetz sein mögen.«

»Junger Mann,« fiel der Auswanderer mit finsterer Stirn ein, »Ihr auch habt genug gesagt! Wäre Furcht vor dem Gesetz über mich gekommen, so wäret Ihr nicht hier Zeuge von der Art, wie Ismael Busch Gerechtigkeit übt.«

»Unterdrückt nicht Eure gute Absichten, und erinnert Euch, daß wenn Ihr Gewalt gegen einen von uns beabsichtigt, der Arm des Gesetzes, den Ihr zu verachten vorgebt, weit reicht, und daß, wenn auch sein Handeln manchmal langsam ist, er deßwegen nicht weniger sicher trifft.«

»Ja es ist zu viel Wahrheit in seinen Worten, Wanderer,« sagte der Streifschütz, dessen aufmerksame Ohren selten eine Silbe unbemerkt ließen, die in ihrer Gegenwart ausgesprochen wurde. »Ein geschäftiger und beschwerlicher Arm ist er oft hier in diesem Amerika, wo, wie man sagt, der Mensch meistens seinen eigenen Wünschen folgen darf, wenn man andere Länder damit vergleicht, und glücklicher, ja, ehrlicher und männlicher auch ist er durch diesen Vorzug! Ei, wißt ihr, Leute, daß es Länder gibt, wo das Gesetz so geschäftig ist, daß es sagt, auf diese Art sollt ihr leben, so sollt ihr sterben, und wieder anders sollt ihr von der Welt Abschied nehmen, um vor den Richterstuhl des Herrn geschickt zu werden. Eine verdammte, unbequeme Einmischung ist das in die Geschäfte des Einen, der seine Geschöpfe nicht gemacht hat, um wie Ochsen zusammen geheerdet und von Feld zu Feld getrieben zu werden, wie ihre dummen, selbstischen Führer es für sie nöthig halten. Ein armes Land muß das sein, wo sie Geist und Körper fesseln, wo die Geschöpft Gottes, als seine Kinder geboren, so durch die schlechten Erfindungen der Menschen eingeengt werden, die sich das Amt des großen Regierers des Alls anmaßen.«

Während er diese sehr starke Meinung aussprach, begnügte sich Ismael zu schweigen, obwohl der Blick, womit er den Sprecher ansah, jedes andere Gefühl eher verrieth, als Freundschaft. Als der Alte fertig war, wandte er sich zu Middleton, und fuhr in dem Gespräch fort, das der Andere unterbrochen:

»Was uns betrifft, Capitain, so war auf beiden Seiten Unrecht. Wenn ich Euer Herz gebrochen, indem ich Euer Weib in der Absicht wegnahm, sie Euch wiederzugeben, sobald die Zwecke dieses eingefleischten T–fels erreicht wären, so seid Ihr in mein Lager, hehlend und helfend, wie man oft einen edleren Handel nennt, gebrochen, und habt meine Habe zerstört.«

»Aber was ich that, geschah zur Befreiung – – –«

»Die Sache ist zwischen uns im Reinen, fiel Ismael mit der Miene eines Mannes ein, der, nachdem er mit sich selbst über die Vortrefflichkeit einer Sache einig geworden, sich wenig mehr um die Meinung Anderer kümmert. »Ihr und Euer Weib seid frei, könnt gehen, wohin es Euch gefällt. Abner, setz‘ den Capitain in Freiheit, und nun, wenn ihr warten wollt, bis ich näher den Colonieen ziehen kann, sollt ihr Beide die Bequemlichkeit des Fahrens haben; wenn nicht, so sagt nie, daß es euch nicht freundlich angeboten worden.«

»Nun mögen die Starken mich drücken, und meine Sünden hart auf mein Haupt fallen, wenn ich Eure Ehrlichkeit vergesse, so langsam Ihr auch in ihrer Ausübung wart,« rief Middleton und eilte zu der weinenden Inez, sobald er befreit war; »und, Freund, ich gebe Euch das Ehrenwort eines Soldaten, daß Euer Antheil an dieser Verhandlung nie vergessen werden soll, welche Wege ich auch einzuschlagen für nöthig halten werde, sobald ich eine Stelle erreicht, wo der Arm der Regierung sich wieder geltend machen kann.«

Das finstere Lächeln, womit der Wanderer auf diese Versicherung antwortete, zeigte, wie wenig er auf das Versprechen gäbe, das der Jüngling im ersten Ausbruch seines Gefühls so freigebig machte.

»Nicht Furcht, noch Gunst, sondern was ich Gerechtigkeit nenne, hat mich zu diesem Spruche gebracht,« sagte er; »thut Ihr, was Euch recht scheint, und glaubt, daß die Welt weit genug ist, uns Beide zu fassen, ohne daß unsere Wege sich wieder durchkreuzen. Wenn Ihr zufrieden seid, gut; wenn nicht, sucht, wie Ihr könnt, Euch zufrieden zu stellen. Ich werde nicht bitten, mich aufzulassen, wenn Ihr mich einmal unten habt. – Und nun, Doctor, bin ich zu Eurem Blatt in meiner Rechnung gekommen. Es ist Zeit, das Wenige abzumachen, was seit einiger Zeit zwischen uns sich aufgesummt hat. Mit Euch ging ich einen offenen, ehrlichen Vertrag ein, wie habt Ihr ihn gehalten?«

Das eigene Glück, womit Ismael die Verantwortlichkeit für Alles, was geschehen, von seinen eigenen Schultern auf die seiner Gefangenen zu schieben gewußt hatte, unterstützt darin durch Umstände, die kaum eine sehr philosophische Untersuchung über irgend einen in der Moral bestrittenen Punct zuließen, war hinlänglich niederschlagend für die verschiedenen Individuen, die so unerwartet Rechenschaft über ein Betragen ablegen sollten, welches sie in ihrer Einfalt für so verdienstlich gehalten hatten. Obed’s Leben war so rein theoretisch gewesen, daß sein Erstaunen über einen Zustand der Dinge nicht gering war, der, hätte er sich ein wenig besser auf die Welt verstanden, ihm nicht so außerordentlich vorgekommen wäre. Der würdige Naturforscher war bei Weitem nicht der Erste, der sich gerade in dem Augenblick‘, wo er Lob erwartete, plötzlich aufgefordert fand, ein Benehmen zu verantworten, auf das er all seine Ansprüche auf Lob gründete. Obwohl nicht wenig betroffen über die unerwartete Wendung der Verhandlung, wollte er doch die Umstände aufs Beste benutzen und das zu seiner Rechtfertigung vorbringen, was sich zuerst seinem etwas verwirrten Geiste darbot.

»Daß ein gewisses Compactum oder Vertrag zwischen Obed Batt, M. D. und Ismael Busch, Viator, oder irrender Anbauer, bestand,« sagte er, und bemühte sich, alles Anstößige im Gebrauch der Wörter zu vermeiden, »bin ich nicht willens, zu leugnen. Ich will zugeben, daß darin bedungen oder stipulirt worden, eine gewisse Reise sollte zusammen und in Gesellschaft gemacht werden, bis so und so viel Tage gezählt worden; aber da die genannte Zeit völlig vorüber, so denke ich, kann man wohl annehmen, der Handel sei zu Ende und obsoIet.«

»Ismael!« fiel die ungeduldige Esther ein, »mach‘ nicht viel Worte mit einem Manne, der deine Gebeine eben so leicht brechen, als einrichten kann, und laß den giftigen Teufel gehen! Er ist ein Betrüger mit Büchse und Arzneiglas. Gib ihm die halbe Steppe und nimm die andere für dich! Er ist ein Arzt für die Kinder! Ich will sie selbst an einen Fieber- und Sumpfboden gewöhnen, in einer Woche, und nichts weiter soll angewandt werden, als die Rinde vom Kirschbaum und vielleicht ein oder zwei Tropfen vom »»Westtrost.«« Das wenigstens ist gewiß, Ismael, ich lieb‘ keine Reisegefährten, die die Zunge eines ehrlichen Weibes schwer machen können, und das, ohne sich zu bekümmern, ob ihr Haushalt in Ordnung ist, oder nicht.«

Das ernste Ansehen, das auf des Auswanderers Gesicht lag, erheiterte sich einen Augenblick in finstern Spott, als er antwortete: »Andere Leute mögen anders von des Mannes Kunst urtheilen, Esther; aber da du willst, daß er fort soll, so will ich die Steppe nicht durchschneiden, um seinen Weg schwierig zu machen. Freund, Ihr seid frei, könnt in die Ansiedelungen gehen und dort würde ich Euch zu bleiben rathen, da Leute, wie ich, die so wenig Contract machen, nicht die Sitte lieben, sie so leicht zu brechen.«

»Und nun, Ismael,« begann sein herrschendes Weib wieder, »um eine ruhige Familie zu behalten und allen Zwist unter uns zu schlichten, zeig‘ jener Rothhaut und seiner Tochter,« – sie deutete dabei auf Le Balafré und die verwittwete Tachechana, – »zeig‘ ihnen den Weg in ihr Dorf und laß uns zu ihnen sagen: »»Gott segne Euch und lebt wohl in demselben Athem.«

»Sie sind des Pawnee Gefangenen nach den Regeln des indianischen Kriegs, und ich kann mich in seine Rechte nicht mischen.«

»Bewahre, Mann! Er ist ein Betrüger und Versucher, und Niemand kann sagen, daß sie sicher sind bei seinen bösen Ränken. Nimm Rath von Einer an, der deine Ehre zu Herzen geht, und schick‘ die zauberische Jesabel fort!«

Der Auswanderer legte seine breite Hand auf ihre Schulter, sah ihr fest ins Auge, und sagte mit einer dumpfen und zugleich ernsten Stimme:

»Weib, wir haben andere Dinge vor uns, als die Thorheiten, die du argwöhnst. Denk‘, was geschehen muß, und gib deine thörichte Eifersucht zufrieden!«

»Wahr, wahr,«‘ murmelte sein Weib, und ging zu ihren Töchtern, »Gott vergebe mir, daß ich es vergessen.«

»Und nun, junger Mann, Ihr, die Ihr so oft in mein Geheg gekommen, unter dem Vorwand, die Biene in ihr Loch zu verfolgen,« begann Ismael nach einer kurzen Pause, gleichsam nachdem er das Gleichgewicht in seiner Seele wieder gewonnen, »mit Euch ist eine schwerere Rechnung abzumachen. Nicht zufrieden, mein Lager in Unordnung zu bringen, habt Ihr auch ein Mädchen weggestohlen, die eine Verwandte meines Weibes ist, und die ich einst zu meiner Tochter machen wollte.«

Durch diese Fragen ward weit größere Spannung erregt, als durch die früheren. Alle jungen Leute richteten ihre Augen auf Paul und Ellen, von denen der Erstere in nicht geringer Verwirrung schien, während die Letztere verschämt ihr Antlitz aus ihren Busen neigte.

»Hört, Freund Ismael Busch,« entgegnete der Bienenjager, der sich genöthigt sah, zugleich auf die Anklage des Raubs und der Entführung zu antworten. »Daß ich Euren Töpfen und Kisten nicht die höflichste Behandlung widerfahren ließ, will ich nicht leugnen. Wenn Ihr den Werth dieser Artikel sagen wollt, so könnte vielleicht der Schaden friedlich ersetzt und alle Feindschaft zwischen uns ausgeglichen werden. Ich war nicht in einer gesammelten Stimmung, als ich auf den Felsen kam, und gewiß wurde eben so viel zertreten, als gepredigt. Aber in des besten Mannes Kleid kann ein Loch durch Geld wieder gut gemacht werden. Was aber Ellen Wade betrifft, so möchten wir nicht so leicht einig werden. Ueber die Ehe hat Jeder seine besondere Meinung. Einige meinen, es sei genug, auf die Fragen des Beamten oder des Pfarrers, wenn einer zur Hand ist, ja und nein zu sagen, damit es ein ruhiges Haus gäbe; aber ich denke, daß, wenn eines Mädchens Sinn einmal eine gewisse Richtung eingeschlagen hat, es ganz klug sein möchte, auch ihren Leib folgen zu lassen. Doch will ich nicht sagen, Ellen habe, was sie that, ganz ohne Zwang gethan, und deßwegen ist sie so unschuldig an der Sache, als jener Packesel, der sie tragen mußte, und es auch gegen seinen Willen that, was er, wie ich schwören möchte, selbst sagen würde, wenn er so laut sprechen, als schreien könnte.«

»Nelly,« begann der Auswanderer, der sehr wenig Acht auf das gehabt hatte, was Paul als eine sehr annehmliche und scharfsinnige Rechtfertigung betrachtet hatte, »Nelly, es ist eine weite, böse Welt, in die Ihr Euch so hastig gestürzt habt; Ihr habt ein Jahr lang in meinem Zelte gegessen und geschlafen, und ich hoffte, Ihr hättet die freie Luft der Grenzwohner hinlänglich nach Eurem Wunsche gefunden, um unter ihnen zu bleiben.«

»Laßt dem Mädchen seinen Willen!« murmelte Esther hinten; »wer sie hatte überreden können, zu bleiben, der schläft in der kalten nackten Steppe, und man kann nicht hoffen, ihren Sinn zu ändern: Außerdem ist eines Weibes Sinn ein störriges Ding und nicht leicht von seinem Vorsatz abgebracht, wie du selbst weißt, Mann, sonst wäre auch ich nicht hier, die Mutter deiner Söhne und Töchter.«

Der Auswanderer schien nicht Willens, seine Absichten mit dem beschämten Mädchen so leicht aufzugeben, und eh‘ er auf die Meinung seines Weibes antwortete, ließ er seinen gewöhnlichen finstern Blick an der Reihe seiner neugierigen Söhne hingehen, als ob er sehen wollte, ob keiner unter ihnen sei, der des Verstorbenen Stelle einnehmen könnte. Paul bemerkte bald diesen Blick und, die geheimen Gedanken des Andern, besser als gewöhnlich errathend, glaubte er auf ein Mittel gestoßen zu sein, das alle Schwierigkeiten wegräumen würde.

»Es ist ganz klar, Freund Busch,« sagte er, »daß es zwei Meinungen über diese Sache gibt; Eure für Eure Söhne und meine für mich. Ich sehe nur ein Mittel, den Streit zu schlichten, und das ist folgendes: Wählt einen Eurer Jungen, welchen Ihr wollt, und laßt uns zusammen einige Meilen in die Steppe gehen; wer dahinter bleibt, kann nie Jemandes Haus beunruhigen, und wer zurückkommt, mag thun, was er kann, um sich die Gunst des Mädchens zu verschaffen.«

»Paul!« rief die unwillige, aber gedämpfte Stimme Ellens.

»Fürchte nichts, Nelly.« lispelte der einfache Bienenjäger, dessen gerades Gemüth keinen andern Grund von seiner Dame Unruhe sich denken konnte, als die Besorgniß für ihn. »Ich hab‘ Alles bedacht, und du kannst einem Auge trauen, das so manche Biene in ihre Höhle verfolgt hat.«

»Ich mag mich nicht zum Beherrscher der Neigung aufwerfen,« bemerkte der Auswanderer. »Wenn das Herz des Kindes wirklich an den Colonieen hängt, so mag sie’s sagen! Ich will ihr nicht im Wege stehen. Sprich, Nelly, und laß deine Worte aus dem Herzen kommen, ohne Furcht oder Gunst. Möchtest du uns verlassen, um mit diesem Jungen in die bebauten Gegenden zu ziehen, oder willst du bleiben und mit uns das Wenige theilen, was wir zu geben haben, was wir dir aber so gerne geben?«

So zur Entscheidung aufgefordert, konnte Ellen nicht länger zögern; ihr Blick war Anfangs furchtsam und verstohlen. Aber als die Röthe über ihre Züge ging, und ihr Athmen schnell und beengt ward, zeigte es sich deutlich, daß der angeborne Verstand des Mädchens das Uebergewicht über die Schönheit ihres Geschlechtes davon trug.

»Ihr nahmt mich vaterlos, eine arme, verlassene Waise auf,« sagte sie mit gepreßter Stimme, »während Andere, die mit Eurer Lage verglichen, in Ueberfluß lebten, mich vergessen wollten, und möge der Himmel in seiner Güte Euch dafür segnen! Das Wenige, was ich dagegen gethan, wird nie diese einzige Handlung Eurer Liebe vergelten. Mir gefällt Eure Lebensweise nicht; sie ist entgegen derjenigen meiner Kindheit, entgegen meinen Wünschen! Doch hättet Ihr nicht dieses sanfte, unschuldige Wesen ihren Freunden entführt, ich würde Euch nie verlassen haben, bis Ihr selbst gesagt: »Geh, und der Segen Gottes sei mit dir!«

»Die Handlung war nicht weise, aber sie ward oft bereut, und soweit es füglich geschehen kann, soll sie wieder gut gemacht werden. Nun, sprich frei, willst du bleiben oder gehen?«

»Ich hab‘ der Dame versprochen,« sagte Ellen und schlug die Augen wieder zu Boden, »sie nicht zu verlassen, und nachdem sie so großes Unrecht von Eurer Hand erduldet, mag sie ein Recht zu fordern haben, daß ich mein Wort halte.«

»Nehmt dem Jüngling die Fesseln ab!« sagte Ismael. Als der Befehl ausgeführt war, winkte er alle seine Söhne herbei und stellte sie in eine Reihe vor Ellen. »Nun scherze nicht; öffne dein Herz! Da ist Alles, was ich außer einem herzlichen Willkomm anzubieten habe.«

Das bestürzte Mädchen wandte ihren verschämten Blick von Einem zum Andern, bis ihr Auge auf die unruhigen, arbeitenden Mienen Paul’s traf. Da siegte Natur über die Formen. Sie warf sich in die Arme des Bienenjägers und verkündete hinlänglich durch lautes Schluchzen ihre Wahl, Ismael winkte seinen Söhnen zurück, und sichtlich betrübt, wiewohl ihm vielleicht der Ausgang nicht unerwartet gekommen, zögerte er nicht länger:

»Nimm sie,« sagte er, »und behandle sie ehrenvoll und freundlich. Das Mädchen hat etwas, was sie willkommen heißen sollte in jeden Mannes Haus, und es würde mich betrüben, hörte ich, es beträfe sie je ein Leid. Und nun hab‘ ich mit euch allen auf eine Weise gehandelt, die ihr, hoff‘ ich, nicht hart finden werdet, sondern im Gegentheil gerecht und männlich. Ich hab‘ nur noch eine Frage zu thun, und die ergeht an den Capitain. Wollt Ihr meine Gespanne zu der Reise in die Colonieen benutzen oder nicht?«

»Ich höre, einige Soldaten meines Haufens suchen nach mir nahe in den Dörfern der Pawnee,« sagte Middleton, »und ich bin Willens, diesen Häuptling zu begleiten, um mich mit meinen Leuten zu vereinigen.«

»Dann je eher wir uns trennen, desto besser. Pferde sind im Ueberfluß in dem Grund; geht, wählt und verlaßt uns in Frieden!«

»Das ist unmöglich, so lange der Greis, der ein halbes Jahrhundert fast der Freund meiner Familie gewesen, Gefangener bleibt. Was hat er gethan, daß er nicht entfesselt wird?«

»Thut keine Fragen, die zu bösen Antworten führen möchten,« entgegnete finster der Auswanderer; »ich hab‘ meine eigenthümlichen Geschäfte mit diesem Streifschützen, in die sich zu mischen einem Diener der Staaten nicht zukommen möchte. Geht, so lange Euch der Weg offen steht!«

»Der Rath mag gut sein, und ein Rath, den zu hören euch allen dienen möchte,« bemerkte der alte Gefangene, der gar nicht unruhig über die außerordentliche Lage schien, worin er sich befand. »Die Sioux sind eine zahllose, blutgierige Race, und Niemand mag sagen, wie lang es dauern kann, ehe sie wieder aus sein werden auf der Spur nach Rache. Deßwegen sage ich euch auch, geht und gebt besonders Acht, wenn ihr über die Niederungen geht, daß ihr nicht wieder vom Feuer umzingelt werdet; denn die ehrlichen Jäger brennen oft zu dieser Zeit das Gras nieder, damit die Büffel weichere und grünere Weide finden im Frühling.«

»Ich würde nicht nur meine Dankbarkeit, sondern auch meine Pflicht gegen die Gesetze vergessen, ließe ich diesen Gefangenen selbst mit seiner Einwilligung in Eurer Hand, ohne die Art seines Verbrechens zu kennen, in welchem wir alle seine unschuldigen Mitschuldigen gewesen sein könnten.«

»Werdet Ihr zufrieden sein, wenn Ihr hört, daß er Alles verdient, was ihm widerfährt?«

»Es wird wenigstens meine Meinung von seinem Charakter ändern!«

»So seht denn hierher,« sagte Ismael, und hielt dem Capitain die Kugel vor, die in dem tobten Asa gefunden worden, »mit diesem Stück Blei hat er den schönsten Jungen niedergestreckt, der je die Freude seiner Eltern war.«

»Ich kann nicht glauben, daß er es gethan, es sei denn zur Selbstvertheidigung oder durch Anreizung. Daß er von dem Tode Eures Sohns wußte, gesteh‘ ich, denn er deutete nach dem Gehölz, worin der Leichnam lag, aber daß er auf eine schändliche Art ihm das Leben genommen, das zu glauben, könnte mich nur sein eigenes Geständniß vermögen.«

»Ich hab‘ lange gelebt,« begann der Streifschütz, welcher an dem allgemeinen Schweigen bemerkte, daß man erwartete, er werde sich gegen die schwere Beschuldigung vertheidigen, »und viel Böses hab‘ ich zu meiner Zeit gesehen. Viel sind der herumschweifenden Bären und springenden Panther, auf die ich getroffen, wie sie um das Stück kämpften, das ihnen in den Weg geworfen, und viel sind der vernünftigen Leute, die ich bis zum Tode mit einander habe kämpfen sehen, damit die menschliche Thorheit auch ihre Stunde habe. Was mich betrifft, so hoffe ich, kann ich ohne Rühmen sagen, daß, obwohl diese Hand Unrecht und Druck hat bekämpfen müssen, sie nie einen Schlag versetzte, worüber ihr Eigner beschämt zu sein brauchte, wenn er ihn auf seine Rechnung gesetzt hört, die er bald einem Mächtigeren wird ablegen müssen.«

»Wenn mein Vater einem seines Stammes das Leben genommen,« sagte der junge Pawnee, dessen schnelles Auge an der Kugel und den Mienen gesehen hatte, was vorging, »so mag er sich den Freunden des Todten als ein Krieger übergeben; er ist zu gerecht, um in Banden zum Gericht geführt werden zu müssen.«

»Jüngling, ich hoffe, du lässest mir Gerechtigkeit widerfahren! Wenn ich die böse That begangen, deren sie mich beschuldigen, hab‘ ich wohl Stärke genug, zu kommen und mein Haupt dem rächenden Schlag zu unterwerfen, wie dies auch alle gute, ehrliche Rothhäute thun.« Dann auf seinen fürchtenden indianischen Freund einen Blick werfend, der ihn von seiner Unschuld überzeugen sollte, wandte er sich zu seinen übrigen aufmerksamen, teilnehmenden Zuhörern, und fuhr auf Englisch fort: »Ich hab‘ eine kurze Erzählung, und wer sie glaubt, wird die Wahrheit glauben; wer nicht, wird sich nur irre führen und vielleicht Andere auch. – Wir umgingen alle Euer Lager, Freund, Ihr werdet es jetzt selbst vermuthen, weil wir gehört, daß es eine bedrückte, gefangene Dame enthielt, und wollten nichts mehr und nichts weniger, als sie in Freiheit setzen, wie sie nach der Natur und dem Recht verlangen konnte. Weil man bemerkt hatte, daß ich besser im Spähen wäre, als die Andern, ward ich, während sie im Hinterhalt blieben, auf die Steppe geschickt, um zu recognosciren. Ihr dachtet wohl nicht, daß einer so nahe wäre, der Eure ganze Jagd mit ansah, aber bald lag ich flach auf der Erde hinter einem Busch oder Gestrüpp, bald rollte ich einen Hügel hinunter auf den Grund, und so dachtet Ihr wenig daran, daß Eure Schritte bewacht würden, wie der Panther bewacht das trinkende Reh. Himmel, Wanderer, als ich ein Mann war im Stolz und der Stärke meiner Tage, hab‘ ich hineingesehen in die Zeltthüre des Feindes; er schlief und träumte auch, er war‘ zu Haus und in Frieden! Ich wünschte, ich hätte Zeit, Euch die Einzel – –«

»Fahrt fort in Eurer Erzählung.’« fiel der ungeduldige Middleton ein.

»Ei, und ein blutiger, böser Anblick war es. Da lag ich im niedern Grasbett, als zwei Jäger aneinander kamen. Ihr Begegnen war nicht herzlich, nicht so, wie es bei Männern, die in einer Wüste auf einander treffen, sein sollte; aber ich dachte, sie würden in Frieden geschieden sein. Da sah ich den einen seine Flinte auf des andern Rücken richten, und nach meiner Meinung einen verrätherischen, fündigen Mord begehen. Es war ein edler, männlicher Junge, der Bursche! Obwohl das Pulver auf seinem Rock brannte, bestand er den Schuß langer, als eine Minute, ehe er fiel. Dann kam er zu knieen und einen verzweifelten, männlichen Kampf focht er am Gehölz, wie ein verwundeter Bär, der ein Versteck sucht.«

»Und warum, um der himmlischen Gerechtigkeit willen, verbargt Ihr dies?« rief Middleton.

»Was! Meint Ihr, Capitain, ein Mann, der sechs Jahrzehnde in der Wildniß zugebracht, habe nicht die Tugend der Verschwiegenheit gelernt? Welcher rothe Krieger läuft, was er gesehen, zu erzählen, ehe die rechte Zeit gekommen? Ich nahm den Doctor mit zur Stelle, um zu sehen, ob seine Kunst nicht von Nutzen sein möchte, und unser Freund, der Bienenjäger, der dabei war, wußte davon, daß die Büsche den Leichnam enthielten.«

»Ja, es ist wahr,« sagte Paul; »aber da ich nicht wußte, welche besondere Gründe der alte Streifschütz haben möchte, um die Sache zu verdecken, sagte ich so wenig als möglich davon; und das war gerade gar nichts.«

»Und wer war der Thäter?« fragte Middleton.

»Dort steht der Mann, und ein Schimpf, eine Schande ist es für unser Geschlecht, daß er zum Blut und zur Familie des Ermordeten gehört.«

»Er lügt, er lügt!« schrie Abiram, »ich mordete ihn nicht, ich gab nur Schlag für Schlag.«

Die Stimme Ismaels war tief und selbst erschütternd, als er antwortete:

»Genug. Laßt den Alten gehen. Jungen, bindet statt seiner den Bruder Eurer Mutter!«

»Berührt mich nicht!« rief Abiram. »Gott verfl – ch Euch, wenn Ihr mich berührt!«

Der wilde, zerstörte Blick seines Auges brachte zuerst die junge n Leute zum Stehen; aber als Abner, älter und entschlossener, als die übrigen, gerade auf ihn losschritt mit einer Miene, die den feindlichen Zustand seines Gemüths verrieth, wandte sich der erschrockene Verbrecher, machte einen vergeblichen Versuch zu fliehen, und fiel mit dem Gesicht auf den Boden, dem Anschein nach vollkommen todt. Unter dem dumpfen Ausruf des Schrecks, welcher folgte, machte Ismael eine Geberde, die den Söhnen befahl, den Leichnam in ein Zelt zu bringen.

»Nun,« sagte er, zu den Fremden in seinem Lager gewandt, »nun bleibt nichts übrig, als daß jeder seinen Weg geht. Ich wünsch‘ Euch allen Wohlergehen, und du Ellen, wenn du auch die Gabe nicht schätzen magst, ich sage dir: Gott segne dich!«

Middleton, wie angedonnert von dem, was er für ein offenbares Gottesurtheil hielt, zögerte nicht länger und bereitete sich zum Abzug. Die Vorkehrungen waren kurz und bald vollendet. Als sie alle bereit waren, nahmen sie kurzen, schweigenden Abschied von dem Wanderer und seiner Familie, und dann sah man das Ganze des sonderbar zusammengesetzten Haufens langsam und schweigend dem siegreichen Pawnee nach seinen fernen Dörfern folgen.