Bernard Bolzano (1781 – 1848)

Der böhmische Philosoph, Logiker, Mathematiker, Religionswissenschaftler und utopische Sozialist studierte katholische Theologie, Philosophie und Mathematik. Danach erhielt er die Priesterweihe und wurde Professor für philosophische Religionslehre in Prag.

Wegen seiner Vorlesung Propaganda für das Freidenkertum wurde er 1819 aus der Universität entlassen und zeitweilig unter Polizeiaufsicht gestellt. Er zog sich aus dem politischen Leben zurück und konzentrierte sich auf die wissenschaftliche Arbeit.

Bolzano trennte scharf zwischen den psychologischen Erkenntnisprozessen und deren logischem Inhalt.

Bolzano war stark von Leibniz beeinflußt und ist wie dieser Wegbereiter der modernen Logik.

Bolzano betont die Unabhängigkeit der Logik von der Psychologie. Die Logik – so Bolzano – beschäftigt sich nicht mit psychischen Vorgängen, sondern ausschließlich mit "Vorstellungen und Sätzen an sich". Sie existieren nach Bolzano unabhängig vom tatsächlichen menschlichen Denken und sind in der Sprache nur repräsentiert. Die Logik hat es nicht mit den seelischen Vorgängen des Urteilens und Fürwahrhaltens zu tun, sondern mit den zeit- und raumlosen Wahrheiten, Vorstellungen oder Sätzen an sich, den im logischen Urteil gemeinten ideellen Gegenständen.

Mit dieser Unterscheidung gewann Bolzano Einfluss auf Brentano, Husserl u.a.

In seinem Hauptwerk, der 1837 erschienenen Wissenschaftslehre vertritt der die Auffassung, dass der Satz an sich, die Vorstellung an sich und die Wahrheit an sich unabhängig von unserem Denken existieren.

Bolzanos Wissenschaftslehre nahm wichtige Teile der modernen Logik vorweg, z. B. die Begriffe der logischen Folgerung und der logischen Form. In seiener Logik versuchte er raum- und zeitlose Wahrheiten zu begründen.

Er entwickelte eine Methode der Variation der Vorstelllungen, die die Möglichkeit gibt, die Vereinbarkeit von Sätzen und ihre gegenseitige Ableitbarkeit zu erklären. Diese Methode kann als früher Versuch einer Modelltheorie interpretiert werden.

Bolzano ist einer der Wegbereiter einer axiomatischen Logik. Er benutzt in seinen Arbeiten rechteckige Diagramme für Beziehungen zwischen logischen Klassen. Er wies daraufhin, dass die vier klassischen Urteilsarten keine einheitlichen Gebilde seien, sondern vielmehr die Zusammenfassung mehrerer Möglichkeiten von Umfangsverhältnissen der Begriffe darstellen. Diese veranschaulichte er graphisch durch ein System von parallelen durchgezogenen bzw. punktierten Strecken.

Alle Begriffe versuchte Bolzano durch eine anatomische Analyse auf einfachste, nicht definierbare Grundbegriffe zurückzuführen wie z. B. Existenz, Bewußtsein, Wollen, Dauer, Ausdehnung, Kraft, Beweglichkeit, Einheit und Identität.

In der Mathematik lieferte er wichtige Beiträge zur Grundlegung der Analysis und versuchte eine Theorie der reellen Zahlen zu begründen. Er formulierte Sätze, die K. Weierstraß später zur Theorie der Funktionen ausarbeitete.

Bolzano war ein Wegbereiter der Mengenlehre. In seiner 1851 posthum erschienenen Arbeit Paradoxien des Unendlichen lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass eine unendliche Menge zu gewissen ihrer echten Teilmengen gleichmächtig ist.

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