941. Der Schlangenkönig

941. Der Schlangenkönig

Man hat Beispiele, daß selbst der Schlangenkönig, der ein prächtiges Goldkrönlein auf seinem Haupte trägt, sich bei Kindern eingefunden und mit von ihrer Milch gespeist hat, so bei einem Seiler in Stuttgart, welcher aber sehr ungastfreundlich den Schlangenkönig erschlug und durch die Krone unermeßlich reich wurde und das Haus an der neuen Brücke erbaute, welches jetzt das Gutbrodsche heißt. Solcher Häuser, deren Erbauer auf gleiche Art reich geworden, soll es dort zu Stuttgart noch mehrere geben. Wenn der Schlangenkönig in einen Bach geht, um zu baden, legt er jedesmal erst am Ufer sein Krönlein ab. Wer dieses findet und nimmt, der muß die Beine auf die Achsel nehmen und laufen, was er kann, denn sobald der Schlangenkönig den Verlust seiner Krone bemerkt, so will er sie wiederhaben, was ihm niemand verdenken kann, und schießt wie ein Pfeil hinter dem Räuber her. Holt er diesen ein, so ist der Räuber verloren, holt er ihn nicht ein, so macht die Krone den Kronenräuber unermeßlich reich. Einem Bauer aus Derendingen ist’s also geglückt. Kann der Schlangenkönig seine Krone nicht wiedererlangen, so kommt er zu der Stelle zurück, wo sie ihm geraubt ward, und grämt sich und stirbt, denn er kann den Verlust der Krone nicht ertragen, er ist kein Philosoph, obgleich die Schrift den Schlangen Klugheit zuschreibt – aber wenn einem die Krone genommen wird, da hört alles auf.

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942. Die Schlangenamme

942. Die Schlangenamme

Eine Frau aus einem Dorfe in Schwaben hatte ein säugendes Kind und ging hinaus zur Heuet, legte das Kind in den Schatten und wartete ihres Tagewerkes. Da nun die Mittagszeit da war, ging sie zu ihrem Kinde, nahm es an ihre Brust, ließ es trinken und entschlummerte. Als das Kind getrunken hatte, ließ es von seiner Labequelle und entschlief auch, und die Mutterbrust blieb offen. Da kam ein kleines Schlänglein geschlichen, das ringelte leise heran und begann sanft zu saugen und saugte sich ganz fest, und als die Frau erwachte, erfaßte sie ein tödlicher Schreck, zu sehen, daß sie nicht nur nach dem Sprüchwort eine Schlange im Busen, sondern sogar am Busen nährte. Abreißen ließ sich die Schlange nicht, jeder gewaltsame Versuch, sie wegzubringen, konnte die Schlange zum Biß reizen und den Tod herbeiführen. Gast und Last mußte daher von der Frau getragen werden. Der Schlange gedieh die Menschenmuttermilch wunderbarlich; sie schwoll mehr und mehr an, und war sie erst fingersdick gewesen, so wurde sie bald armsdick und noch dicker, und es waren schon zehn Monate vergangen, seit das arme Weib die Schlange säugte, und begann nun zu verfallen und von Kräften zu kommen. Da kam ein Fremder von ohngefähr in das Dorf, der hörte von dem schweren Mißgeschick der Frau und ging zu ihr und sagte ihr, er wolle ihr von ihrer Bürde helfen, sie solle ihm nur in den Wald folgen. Dort zog der Mann magische Kreise, und nun zog er ein Pfeifchen hervor und begann darauf zu pfeifen. Darauf hat es im Walde geraschelt und gerauscht, und sind alle Schlangen gekrochen gekommen, und in die Kreise, und haben drin getanzt, und da ist die große und schwere Schlange, die so lang an der Frauenbrust gehangen, auch von ihr abgefallen und hat in den Kreis gemußt und hat mittanzen müssen. Wer war froher wie die Frau! Hernachmals hat es sich begeben, daß dieselbe Frau, die sich wieder gut erholt hatte und wieder zu Kräften gekommen war, vor ihrer Türe saß und ihr Kind in den nahen Wald in die Beeren gegangen war. Da hört sie plötzlich die Leute schreien: Ein Bär, ein Bär im Walde! Eine Schlange! hu! eine Schlange! – Und denkt entsetzt ihres Kindes und stürzt hin, da erblickt sie den Bären, und nahezu liegt ihr Kind, und sie weiß nicht, ob es tot oder lebendig, und der Bär stürzt brüllend zusammen, und der schlummernde Knabe erwacht: eine großmächtige Schlange hat den Bären erdrosselt, als er das Kind packen wollte, und das ist dieselbe Schlange gewesen, welche die Frau mit ihrer Milch so stark und groß geschwellt, sonst hätte sie den Bären nimmer erdrücken können.

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943. Vom Hutzenbacher und andern Seen

943. Vom Hutzenbacher und andern Seen

Wie der kleine und große Mummelsee ist auch der Hutzenbacher See weit berufen wegen der sich in ihm aufhaltenden Seemännlein und Seeweiblein, deren Töchter auch zum Kirchweihtanz nach Hutzenbach gekommen und vom allgemeinen Wasserjungfernlos erreicht worden sind. Das Seemännle in diesem See hatte die hülfreiche Natur der Erdmännle und diente insonderheit einem Bauer, welcher der Frieders-Bauer hieß. Der wollt‘ es auch gut meinen und ließ ihm ein neues Häs, das ist eine ganze Kleidung, aus Kittel, Weste und Hose bestehend, fertigen, weil des Seemännleins Kleidung gar zu zerfetzt und grasig war und den Moorgeruch an sich hatte. Und da nahm das Männle das Häs, tauchte in den See und soll noch heute wiederkommen. Ebenso ist es auch einem Müller aus Schwarzenberg mit einem Seemännle ergangen.

Drei Stunden von Wildbad liegt der wilde See, nach Baden hinwärts, aus dem kamen die Fräulein ins Wildbad und spannen und sangen. Das ist vorbei mitsamt der guten Zeit, und die Zeit ist hin, wo Bertha spann. Da einmal der Karl Herzog versuchen ließ, den wilden See messen zu lassen, wie tief er sei, wie beim großen Mummelsee auch geschehen, so fand das Senkblei keinen Grund, wie tief es immer fiel, und da geschah dem Herzog Ahnliches wie jenen Vermessenen, die des Arendsees Tiefe ergründen wollten, denn es zuckte von unten an der Schnur, und wie sie das Senkblei aufzogen, hing ein Zettel daran, auf welchem geschrieben stand: Wer misset die Wasser mit der Faust und fasset den Himmel mit der Spanne? – So du mich wirst ergründen, wirst meinen Grund du selber finden. – Da erschrak der Karl Herzog und ließ ab vom Messen und ließ den Kahn zum Strande fahren.

Ohnfern von Schönmünzach liegt noch ein sogenannter wilder See, welcher der Nonnensee genannt wird, man scheut sich ihn zu befahren; in der Mitte soll ein stiller Wirbel sein, der alle Fahrzeuge zur Tiefe zieht. Auch er kann, gleich andern, nicht vertragen, daß man Steine in ihn hineinwirft. Es stand dort ein Nonnenkloster, und erging damit wie mit dem bei Neuenkirchen im Odenwalde und dem Mönchskloster, an dessen Stelle das Heilige Meer zwischen Freren und Ibbenbüren trat. Noch immer hört man in der Tiefe die Klosterglocken läuten, ja man hört Gesang und Töne. Ein Bauer zu Schönmünzach soll noch den großen Schlüssel zur versunkenen Klosterkirche haben. Das gleiche erzählt man sich vom bodenlosen See zwischen Empfingen und Nordstetten. Da zeigt sich vor Gewittern ein schwimmend Seefräulein mit halbem Leibe. Aber andere sagen, dort habe nicht ein Kloster, sondern ein Wirtshaus gestanden, da sei es hergegangen wie dort beim Tanzteich zu Sachswerfen, es wird auch noch der Tanzplatz gezeigt, wo unter einer alten Linde die Sonntagstänzer unter der Kirche tanzten.

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944. Das vierblättrige Kleeblatt

944. Das vierblättrige Kleeblatt

Zu Rottweil war einmal ein Gaukler und starker Hans, der machte dem Volk auf dem Markt die größten Possen vor nach solcher Possenreißer Art und verstand sich so trefflich auf Zauberverblendung wie jener sein Kunstgenoß zu Magdeburg. Zum letzten machte er das größte Stück, so noch niemals zu Rottweil gesehen worden. Er nahm einen langen und schweren Wies- oder Hebebaum, stellte den erst auf die Stirne, hernach auf die Zähne, zuletzt auf die Nase und hielt ihn immer im Schwebegleichgewicht, daß alles klatschte und Bravo rief. Da kam von ohngefähr eine Maid mit einem Tragkorb voll Klee, den sie vom Acker geholt für ihre Kühlein, und vorn am Mieder stak ihr ein vierblättrig Kleeblatt, das hatte sie gefunden und vorgesteckt und dabei gedacht: Willst’s vorstecken, vielleicht bringt’s Glück, daß du was findest oder was geschenkt kriegst – und wie sie so durch die Leute ging, sah sie den Gaukler und hörte das bewundernde Staunen, so was habe man noch nicht gesehen allhier zu Rottweil, so was lebe nicht, so was sei die größte Kunst, die es geben tue. Nu, was verwundert denn die Lüt so sehr? fragte das Mädchen mit dem vierblättrigen Kleeblatt. Doch nicht, daß der Narr dort läscht’n Strohhalm uf seiner Nas tanze? – Kaum hatte sie das gesprochen, so schwand die Verblendung, und alle Welt sah jetzt, daß das, was sie für einen langen und schweren Wiesbaum angesehen, nichts war als ein langer glatter Strohhalm. Da der Künstler merkte, daß das Mädchen ihn verraten, so machte er ein anderes Hokuspokus, warf einen Faden Zwirn der Dirne entgegen und rief: Schau, Mädle, das Wässerle! Schwoabeliesel, heb dei Fießel! – Und im selben Augenblick war dem Mädchen, als wate es durch ein Wasser, und hob seine Röcke, und das Wasser wuchs zusehends, und sie hob immer höher, und wurde dunkelrot wie ihre Kleeblume vor Scham, denn alles Volk lachte überlaut, und sie war froh, als sie aus dem Bereich des gauklerischen Hexenmeisters kam. Die hatte ihr Teil und wollte nimmer zuschauen und andern ihre Küenscht verraten.

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945. Arbeit im Mondschein

945. Arbeit im Mondschein

Es ist im Schwabenlande eine gemeine Sage, daß niemand arbeiten soll im Mondschein, denn solche Arbeit frommt nicht und gehört nicht Gott wie die Tages- und Lichtarbeit, sondern dem Teufel. Hätte der liebe Gott haben wollen, daß man im Mondschein arbeiten solle, so hätte er dem Mond mehr Lichtstärke verliehen. Die Rede geht, wer doch im Mondschein arbeite, zu dem komme insgemein ein Unbekannter und biete ihm Arbeit an, die dann immer etwas Geheimes auf sich habe. Einer Frau, die im Mondschein spann, bot der Fremde, der ihr erschien, einen ganzen Arm voll Spindeln, die sollte sie in derselben Nacht noch alle vollspinnen, wo nicht, so drehe er ihr bei der Wiederkehr den Hals um. Die Frau aber besann sich nicht lange, sie bespann alle Spindeln, auf jeder einmal herum, daß das Holz bedeckt war, sozusagen nicht mehr rein, wie man zu sagen pflegt: Kind, du hast dich vollgemacht, wenn eins sein Gewand verunreinigte. Und da konnte ihr der Schwarze, da er wiederkam, nichts anhaben, nur daß er ihr auch etwas vollmachte, nämlich die ganze Stube so voll Gestank, daß man sechs Monate lang daran zu schmecken hatte.

Der Mann im Mond, das ist kein anderer als ein Weingärtner aus Schwaben, der im Mondschein noch Rebebüschele machte, dafür muß er nun jahraus jahrein schweben und im Mond sein größtes Rebebüschele am Stöckle auf dem Rücken tragen. Man heißt ihn auch das Besenmännle, den Mann im Mond, weil er am Sonntag Besenreis geschnitten und dafür zur Strafe vom lieben Gott selbst hinauf in den Maun verwünscht worden ist.

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946. Die Erdbeeren

946. Die Erdbeeren

Ein Kind im Schwabenlande ging einst, im Walde Erdbeeren zu suchen, und hatte schon ein hübsches Körbchen fast voll. Da ist ihm die Mutter Gottes begegnet und hat es gefragt: Was hast du in deinem Körbchen? – Das Kind fürchtete sich und mochte denken, die Mutter Gottes wolle von den Beeren haben, gab daher zagend zur Antwort: Nient (nichts). – Ei, sprach da die Mutter Gottes, ist es nient, so soll es dir auch nient beschießen (gedeihen)! – Und von da an wird kein Kind und kein Großes von Erdbeeren satt, es mag deren noch so viel essen.

In dieser Sage tritt wieder die Verwünschung durch den Mund der heiligen Gottesmutter als Strafe des Geizes im Bunde mit der Lüge durch Ungedeihen auf, wie in der arabischen Sage von der Erbsensaat auf dem Acker bei Bethlehem.

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934. Die Heiden

934. Die Heiden

Zu Kettershausen, das nicht gar weit von Babenhausen in Schwaben liegt, heißen die Wichtelmännchen Heiden. Sie hausten allda in einem Berge und ahmten Sankt Sebald nach, sie nahmen Einkehr bei einem Wagner. Wenn sie diesem auch nicht mit Eiszapfen Feuer anmachten und einheizten, wie jener Heilige tat, so leisteten sie doch alle die Dienste, welche hülfreiche Hausgeisterlein stetig leisteten, und die dankbare Frau des Wagners legte jeden Abend ein Brötlein unter die Türe und stellte ein Krüglein voll Wasser hinzu oder auch voll Bier oder Milch, wie es kam, besonders wenn es viel zu schaffen gab, da mehrte sich auch die Zahl der Brote und Krüglein. Einmal aber, da eine Frau Nachbarin kam und lobte, wie schön es bei den Wagnersleuten sei, wie blank alles und aufgeräumt, und wie alles Spuren des Fleißes verrate, da verpäppelte und verschwätzte sich die Hausfrau und ließ etwas fallen von unsichtbarer Hülfe – und da blieben die Heiden von Stund an weg und kamen nimmer wieder, und mußten nun der Wagner und seine Frau das selber tun, was sie getan haben wollten. Der Name Heiden – auch Haiden von andern geschrieben – weist deutlich auf einen verdrängten Volksstamm hin als Grundzug der so häufigst und besonders auch in Schwaben verbreiteten Wichtleinsagen. In Schwaben heißen die Wichtlein zumeist Erdmännele, Rotmänndele, Erdwichtele; es gab weiße und schwarze, und es gibt der Geschichten von ihnen sehr viele auf den Dörfern.

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935. Breithut und andere Geister

935. Breithut und andere Geister

In der Blaubeurer Gegend und Herrschaft spukt ein Geist, welcher Breithut genannt wird; eö ist einer von den vielen gespenstigen Freischärlern, trägt einen Schlapphut und hat von dem den Namen; er hat seinen Kopf aufgesetzt und den Hut obendrauf und geht nicht zu Fuße. Er fährt vielmehr mit vier kohlpechschwarzen Rappen und lärmt und rasaunt wie der ewige Fuhrmann, der in der Gegend von Tettnang geistweis schweben muß. Die Rappen aber haben keine Köpfe. Nächst ihm gibt es noch der Geister und Geistlein in Schwaben wie Sand am Meer, noch außer denen, die zu der Schar der Erdwichtele gehören. Gut, daß sie nicht sichtbar sind, man könnte sich sonst schier entsetzen, wenn einem alle paar Schritt ein Schlapphut begegnen täte, etwa mit einem Waldschrattlebart und gefährlichen Augen.

Da heißt ein Geist Huonzel oder Kuonzel – soviel als Konradle –, der spukt bei Bühlertann; bei Wankheim und Jetenburg geht ein Wiesengeist um und führt die Leute irre; im Kusterdinger Walde bei Tübingen spukt der Eintöffeler, der geht barfuß und hat nur einen Pantoffel an; zu dessen Privatvergnügen gehört es, blitzschnell zu erscheinen und ebenso schnell wieder zu verschwinden, auch seinen Kopf vom Rumpfe schnell auf- und abhüpfen zu lassen. In Schwäbisch-Hall spukt im Salzwerk der Halgeist, dort Haalgeist genannt, er, und nicht der Teufel, sagen einige, soll es gewesen sein, der dem Salzsieder die große Nase zeigte und ihn über den Kocher hinüber auf den Gänsberg schmiß und höhnisch fragte: Ist dees nit a Wuuref? – Ein sich gern in Tiere verwandelnder Geist spukt bei Gniebel und wird der Kappelgeist genannt. Bei Riederich spukt einer als Nachtvogel, so groß wie die Tut-Osel, fliegt vor den Wanderern her, äfft sie und lacht mit Menschenstimme, gleich dem Geist Osschaert im Wanslande. Andre fahren mit Gekreisch in Gestalt eines Lichts blitzschnell den Leuten an die Fenster, so daß alles erschrickt. Soviel von den männlichen Geistern, der weiblichen gibt es nicht minder viel, so daß einer in Wahrheit sagen kann, was einmal ein vierzig Jahre alter Schwab sagte: I schwör’s bei mein’m Eid, das Schwabeland ischt des geischtreichschte Land unter der Sonne!

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936. Reißenstein und Riese Heimen-Stein

936. Reißenstein und Riese Heimen-Stein

Eine Meile weit von der Teck in der Schwäbischen Alb, die nicht mit den Alpen der Schweiz und Tirols zu verwechseln, sondern ihren Namen von dem weißen Gestein, womit die Acker der rauhen Gegend bedeckt sind, führen soll, hebt sich die Burgtrümmer des Reißenstein hoch auf einem steilen Felsen; dieser Berg samt der Burg hat früher der Riesenstein geheißen, und ein Riese des Namens Heim hat auch die Burg erbaut. Dieser Riese Heim hauste und haust noch als Geist in einer langen Felskluft, dem Heimenstein, dem Reißenstein gerade gegenüber. In dieser Höhle hütet der Riese noch immer seinen Schatz. Als er den Riesenstein mit Hülfe der Zwerge gebaut hatte, fehlte am obersten Fenster außen noch ein Nagel, da faßte er den ersten besten seiner Hülfsknechte beim Kragen, hielt ihn zum Fenster hinaus und ließ ihn, so zwischen Himmel und Erde schwebend, den Nagel einschlagen, dann stellte er ihn sachte wieder auf die Beine und sprach mit Lachen: Bravo, Männchen, bravo!

Es hat auch sonst noch einen Riesen Heim gegeben, der hauste im Inntale, tötete einen schädlichen Drachen, gewann des Landes Herrschaft, erbaute über den Inn eine große Brücke und gründete an ihr einen Ort, der wurde hernachmals von der Brücke Innsbruck genannt, ließ sich dann taufen und gründete das Kloster Wilten. Allda liegt dieser Riese Heim auch begraben, das Grab ist vierzehn Schuh und drei Zwergfinger lang.

Zu Hirsau ist eine Riesenkapelle, da liegt der Riese Erkinger auch in einem vierzehn Schuh langen Grabe, und gehen von dem Erkinger viele Sagen.

An der Murg gab es auch Riesen, die wurden Rotmäntel genannt und das Gundesvolk.

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9Z7. Herrgottstritte

9Z7. Herrgottstritte

In der Schwäbischen Alb, im Aalbuch über Heubach, liegt die Burgruine Rosenstein auf einem steilen und schroffen Felskegel, der dennoch von wildem Rosengesträuch dicht überwachsen ist. In ihrer Nähe ist eine tiefe Höhle, die Scheuer geheißen, die sich eine halbe Stunde durch den Berg hindurch erstrecken und mit der Burg in Verbindung gestanden haben soll. So soll auch auf dem nahen Hohberge eine Stadt, Hochstadt oder Hochstädt, vordessen gestanden haben, die mit der Burg durch eine lederne Brücke verbunden war, gerade wie auch die Burgen Kalenberg und Burgstall bei Friedingen an der Donau. Auf Burg Rosenstein, gegenüber dem Scheulberg, hat Christus der Herr gestanden, und der Teufel zeigte ihm von da alle Herrlichkeit der Welt und wollte, daß Christus niederfalle und ihn anbete – also geht die Sage. Aber Christus warf den Versucher in die nahe Teufelsklinge und trat von dem Burgberge hinüber auf den Scheulberg (Schauelberg), hoch über das Tal von Heubach hinweg, und prägte seiner Fußtritte Spur beiden Felsen tief ein. Zu diesen Tritten ist hernachmals häufig gewallfahrt worden, ward auch ein Marienbild nahebei aufgestellt, aber die württembergische Regierung verbot in einem strengen Edikt vom 8. Juni 1740 das Wallen und ließ den Herrgottstritt auf Rosenstein mit Pulver wegsprengen, das gipserne Marienbild aber einziehen – Aberglauben zu verhüten. In der Teufelsklinge mußte der Teufel tausend Jahre gefesselt liegen und grimmige Tränen weinen, die als trübes Wasser aus ihr zutage flossen, nunmehr aber ist er schon längst wieder los und spaziert hin, wohin es ihm beliebt.

Auf dem Scheulberg wachsen nahe dem Herrgottstritt Wetterkräutlein, vor denen scheuen sich die Gewitter und zerteilen sich an seinem Scheitel.

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