Ein paar Jünglinge kehren bei einem Bekannten ein. Der eine legt sich in der Nacht zu der Tochter des Wirts, und die Frau desselben steigt unversehens zu dem andern ins Bett. Derjenige, der bei der Tochter geschlafen hat, legt sich hernach zu dem Vater und erzählt ihm alles, indem er meint, mit seinem Kameraden zu sprechen. Sie geraten darüber in Zank; die Frau merkt Unrat, legt sich zu ihrer Tochter ins Bett und macht durch ein kluges Wort alles wieder gut.

In der Ebene des Mugnone lebte vor nicht langer Zeit ein ehrlicher Mann, der den Wandersleuten für ihr Geld zu essen und zu trinken gab, und der auch wohl im Fall der Not, so gut seine kleine Hütte und seine ärmlichen Umstände es gestatteten, zwar eben nicht einem jeden, aber doch einem oder dem andern Bekannten ein Nachtlager bei sich einräumte. Die Frau dieses Mannes war ein recht hübsches Weib, und er hatte zwei Kinder mit ihr. Das älteste war ein schönes, flinkes Mädchen von fünfzehn bis sechzehn Jahren, das noch unverlobt war, und das jüngste, das noch kein Jahr alt war, lag noch an der Brust seiner Mutter. Auf das Mädchen hatte ein feiner, artiger Jüngling von guter Herkunft aus unserer Stadt, der sich oft in ihrer Gegend aufhielt, ein Auge geworfen und sich heftig in sie verliebt. Das Mädchen, das sich’s zur Ehre rechnete, von einem solchen jungen Manne geliebt zu sein, und sich deswegen bemühte, ihn durch ein gefälliges Wesen aufzumuntern, verliebte sich darüber selbst in ihn, und mehr als einmal hätten sie beide gerne ihre geheimen Wünsche befriedigt, wenn nicht der Jüngling, der sich Pinuccio nannte, gefürchtet hätte, den guten Ruf des Mädchens und seinen eigenen in Gefahr zu bringen. Da indessen seine Glut sich von Tag zu Tag vermehrte, so wurde Pinuccios Sehnsucht nach ihrem Besitz übermächtig, und er beschloß, sich eine Gelegenheit zu verschaffen, um bei ihrem Vater eine Nacht zu herbergen, in der Meinung, daß er alsdann wohl Mittel finden würde, mit ihr zusammenzukommen, ohne daß es jemand merke, weil er den Bau des Hauses sehr gut kannte. Er säumte auch nicht lange, seinen Anschlag auszuführen, und nahm einen vertrauten Freund, namens Adriano, der um sein Liebesverhältnis wußte, zum Begleiter mit. Sie liehen an einem Abend ein paar Mietgäule, schnallten jedem ein Felleisen auf, das vielleicht nur mit Stroh gefüllt war, ritten aus Florenz und kamen auf einem kleinen Umweg in die Mugnoneebene herabgeritten, als es schon Nacht war, und wandten sich hierauf, als wenn sie aus der Romagna kämen, nach dem Hause des ehrlichen Gastwirts, wo sie anklopften, und wo ihnen, weil sie ihm beide sehr wohl bekannt waren, unverzüglich aufgemacht ward.

»Höre,« sprach Pinuccio zu ihm, »du mußt uns heute ein Nachtlager geben. Wir dachten noch zu rechter Zeit nach Florenz zu kommen; allein wir haben trotz aller Anstrengung um diese Zeit nicht weiter als bis hierher kommen können.«

»Du weißt wohl, Pinuccio,« antwortete der Wirt, »wie schlecht ich eingerichtet bin, um Leute, wie ihr seid, zu beherbergen. Da euch aber die Nacht überrascht hat und es nicht mehr Zeit ist, weiterzugehen, so will ich euch gerne unterbringen, so gut ich kann.«

Die jungen Leute stiegen demnach ab, gingen in die Hütte, besorgten zuvor ihre Gäule und setzten sich dann mit dem Wirt nieder, um ihr Abendessen mit dem zu halten, was sie in ihren Schnappsäcken mitgebracht hatten. Der Wirt hatte nur eine einzige kleine Kammer, in der, so gut es sich tun ließ, drei Betten aufgemacht wurden, die jedoch so nahe beieinander standen, daß man kaum zwischen ihnen durchgehen konnte. Den beiden Gästen räumte der Wirt das beste von den dreien ein und bat sie, sich niederzulegen. Als sie nach einer kleinen Weile sich stellten, als ob sie schliefen, aber beide noch wach waren, ließ der Wirt seine Tochter eines von den beiden übrigen Betten einnehmen, und in das andere legte er sich selbst mit seiner Frau, die darauf die Wiege mit dem kleinen Kinde an die Seite ihres Bettes stellte. Als dies alles in Ordnung gebracht war, und Pinuccio, der alles gesehen und bemerkt hatte, nach einer Zeit glaubte, daß jedermann im Zimmer schon schliefe, stand er leise auf, ging nach dem Bett des Mädchens, legte sich zu ihr und ward von ihr mit Vergnügen, wiewohl nicht ohne eine Mischung von Furcht, empfangen und überließ sich mit ihr den Wonnen, nach denen sie sich beide längst gesehnt hatten.

Indem Pinuccio bei dem Mädchen lag, traf es sich, daß die Katze etwas umstieß und ein Gepolter verursachte, wovon die Frau erwachte, und weil sie fürchtete, es möchte Schaden geschehen sein, so stand sie im Finstern auf und ging nach dem Ort, wo sie das Geräusch gehört hatte. Adriano, der sich darum nicht bekümmerte, stand indessen zufälligerweise wegen irgendeines natürlichen Bedürfnisses gleichfalls auf, und als er hinausgehen wollte, stand ihm die Wiege im Wege, die er deswegen zur Seite rückte und sie vor sein eigenes Bett schob. Als es seinem Bedürfnis abgeholfen hatte, stieg er wieder in sein Bett und bekümmerte sich nicht weiter um die Wiege.

Nachdem die Wirtin herumgetappt und gefunden hatte, daß nichts von Bedeutung umgefallen war, hielt sie es nicht für nötig, Licht anzuzünden, sondern schalt die Katze und ging wieder in die Kammer und tappte im Finstern richtig bis an das Bett ihres Mannes. Als sie aber die Wiege nicht vorfand, dachte sie bei sich: O weh! Himmelherrgott, da hätte ich bald etwas Schönes angerichtet und wäre schnurstracks zu meinen Gästen ins Bett gestiegen. Sie ging also ein wenig weiter, bis sie die Wiege fand, legte sich in das Bett, vor welchem diese stand, folglich zu Adriano, indem sie glaubte, sich bei ihrem Mann niederzulegen. Adriano, der noch nicht wieder eingeschlafen war, empfing sie mit Freuden, und ohne ein Wort zu sagen, ging er bei ihr an Bord und setzte zu ihrem großen Behagen mehr als ein Segel auf. Unterdessen besorgte Pinuccio, daß ihn der Schlaf bei seinem Mädchen überraschen möchte, und da er sich nach Herzenslust mit ihr vergnügt hatte, so stand er auf, um wieder nach seinem eigenen Bett zu gehen. Als er aber die Wiege davor fand, glaubte er an das Bett des Wirtes gekommen zu sein, ging also weiter und legte sich wirklich zu dem Wirt, der darüber erwachte. Pinuccio, der glaubte, neben seinem Kameraden zu liegen, sagte: »Ich kann dir versichern, Niccolosa ist ein süßes Geschöpf. Beim Leichnam Christi, ich habe die herrlichsten Wonnen genossen, die je ein Mann bei einer Frau empfangen hat. Ich versichere dir, daß ich wohl sechsmal und mehr eine Lustpartie mit ihr gemacht habe, seit ich von dir gegangen bin.«

Der Wirt, dem die Worte, die er hörte, keinen Spaß machten, dachte erstlich bei sich selbst: Was, Teufel, will der Mensch hier? Darauf sprach er mehr zornig als mit Überlegung: »Pinuccio, du hast einen bösen Bubenstreich begangen, und ich wüßte nicht, wie ich das um dich verdient hätte. Aber, beim Himmel, ich will dich dafür bezahlen!«

Pinuccio, der nicht der Gescheiteste war, dachte nicht daran, als er seinen Irrtum gewahr wurde, ihn so bald als möglich wieder gutzumachen, sondern er gab ihm zur Antwort: »Womit willst du mich bezahlen? Was kannst du mir tun?«

Die Wirtin, die noch immer glaubte, bei ihrem Manne zu liegen, sagte zu Adriano: »Ach, höre doch unsere Gäste; sie scheinen sich miteinander zu zanken.«

»Laß sie zanken!« sprach Adriano lachend. »Hol‘ sie der Henker! Sie haben gewiß gestern abend zuviel getrunken.«

Jetzt besann sich die Wirtin, daß sie ihren Mann hatte schelten hören, und da sie die Stimme des Adriano erkannte, so merkte sie nunmehr, wo und bei wem sie sich befand. Sie stand deswegen klüglich und ohne ein Wort zu sagen auf, nahm eiligst im Dunkeln die Wiege, rückte sie, so gut sie es in der stockfinstern Kammer vermochte, neben das Bett ihrer Tochter und legte sich zu ihr nieder. Hierauf rief sie, als wenn sie bei dem Geschrei eben aus dem Schlaf erwache, ihren Mann und fragte ihn, was er mit Pinuccio zu streiten hätte.

»Hörst du nicht, was er sagt,« sprach dieser, »daß er diese Nacht mit Niccolosa zu tun gehabt hat?«

»Das lügt er in seinen Hals,« sprach die Wirtin, »daß er bei der Niccolosa geschlafen hätte. Ich selbst habe bei ihr gelegen und habe die ganze Zeit über kein Auge zugetan, und du bist nicht gescheit, wenn du ihm glaubst. Ihr sauft des Abends so viel, daß ihr hernach die ganze Nacht träumt und im Schlaf umherwandelt, ohne zu wissen wohin, und man meint dann Wunderdinge getan zu haben. Es ist jammerschade, daß ihr nicht Hals und Bein brecht. Was hat Pinuccio dort zu tun? Warum bleibt er nicht in seinem eigenen Bett?«

Als Adriano merkte, wie listig die Wirtin ihre eigene und ihrer Tochter Schande verdeckte, rief er ebenfalls: »Pinuccio, ich habe dir wohl hundertmal gesagt, du sollst dir das Nachtwandeln und das Schwatzen im Traum abgewöhnen. Du wirst dich wahrhaftig noch einmal damit ins Unglück bringen. Komm wieder her, in Henkers Namen!«

Der Wirt hörte, was seine Frau und Adriano sagten, und glaubte in allem Ernst, daß Pinuccio träume; er packte ihn also beim Arm, rüttelte ihn und rief ihm zu: »Pinuccio, steh auf und gehe wieder in dein Bett.« Pinuccio machte sich die Winke zunutze, die man ihm gab, und fing an, wie ein Träumender noch allerlei närrisches Zeug zu schwatzen, worüber der Wirt herzlich lachte. Endlich stellte er sich, als wenn er von dem Rütteln erwache, und rief seinem Kameraden zu: »Was? Ist’s denn schon Tag, daß du mich weckst, Adriano?«

»Ja, ja, komm nur her«, sprach Adriano.

Pinuccio stellte sich noch immer schläfrig, stand endlich auf und ging wieder zu Adriano ins Bett. Beim Aufstehen des Morgens lachte der Wirt ihn aus und neckte ihn mit seinen Träumen. Unter mancherlei Scherzreden zäumten die Jünglinge ihre Gäule wieder auf, schnürten ihr Bündel, tranken einen Schluck mit dem Wirt, stiegen zu Pferde und ritten nach Florenz, nicht minder vergnügt über die Art und Weise, wie ihr Abenteuer abgelaufen war, als über den Genuß, den es ihnen verschafft hatte.

Pinuccio fand hernach andere Mittel, um wieder mit Niccolosa zusammenzukommen. Diese versicherte ihrer Mutter, daß er wirklich alles nur geträumt habe, und die Frau, die die Umarmung des Adriano noch nicht vergessen hatte, glaubte sehr gern, daß sie allein die Nacht über wach gewesen wäre.