8. Novelle

Bruder Alberto macht einer Frau weis, daß der Engel Gabriel in sie verliebt sei, und stattet unter diesem Vorwande einige Male einen nächtlichen Besuch bei ihr ab. Endlich muß er aus Furcht vor ihren Verwandten durch das Fenster entspringen und nimmt seine Zuflucht zu dem Hause eines armen Mannes. Dieser führt ihn am folgenden Tage unter der Maske eines Wilden nach dem Markusplatz; dort erkennt man ihn, und er wird von seinen Mitbrüdern weggeführt und eingekerkert.

Es lebte einmal in Imola ein äußerst verworfener und lasterhafter Mensch, namens Berto della Massa. Sein schändlicher Lebenswandel war bei allen seinen Mitbürgern so berüchtigt, daß ihm nicht nur kein Mensch in Imola eine Lüge, sondern auch die Wahrheit selbst nicht mehr glaubte. Weil er nun fand, daß er dort mit seinen Bubenstücken nicht mehr durchkommen konnte, ging er aus Verzweiflung nach Venedig, wo man allen und jeden Auswurf aufnimmt, und plante, daselbst auf eine andere Art sein gottloses Wesen zu treiben und etwas Neues anzufangen, das er an anderen Orten noch nicht versucht hatte. Er stellte sich also, als wenn er sich zum gottseligsten Menschen von der Welt umzubilden bestrebte; verfluchte seine früheren Streiche, gebärdete sich unsäglich de- und reumütig. Er ging hin und ward Mönch bei den Minoriten, wo er sich Bruder Alberto von Imola nennen ließ. Er führte auch anfänglich in der neuen Tracht zum Schein ein sehr strenges Leben; sprach von nichts als von Fasten und Kasteien, aß kein Fleisch und trank keinen Wein, wenn er ihn nicht recht wohlschmeckend fand. Man hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so bald aus einem Diebe, Kuppler, Betrüger und Mörder auf einmal ein gewaltiger Prediger geworden wäre, ohne deswegen seinen vorigen Lastern zu entsagen, wenn er sie nur heimlich genug ausüben konnte. Wenn er als Priester, zu dem er geweiht worden war, am Altar ein Hochamt hielt und von vielen Leuten gesehen ward, so weinte er über das Leiden Christi wie ein Kind, weil ihm die Tränen nichts kosteten, wenn er sie brauchte.

Kurz, er wußte mit seinen Predigten und Tränen die Venezianer dergestalt zu betören, daß ihm fast von allen Testamenten die Ausführung anvertraut ward, daß ihn manche ehrliche Leute über ihre Beutel und Kisten schalten ließen, und daß ihn die meisten Männer und Weiber zu ihrem Beichtvater und Ratgeber erwählten. So warf sich dieser Wolf zum Hirten auf und stand fast in größerem Geruch der Heiligkeit als je der heilige Franz von Assisi.

Da begab es sich, daß ein junges, einfältiges, albernes Weibchen namens Madonna Lisetta da Caquirino, die Frau eines angesehenen Kaufmanns, der zu Schiff nach Flandern verreist war, mit einigen anderen Frauen zu diesem heiligen Mann kam, um ihm zu beichten. Wie sie nun vor ihm hinkniete und als echte venezianische Plaudertasche ihm einen Teil ihrer Heimlichkeiten entdeckt hatte, fragte sie Bruder Alberto, ob sie auch einen Liebhaber hätte.

»Was, Herr Pater?« gab sie ihm erzürnt zur Antwort. »Habt ihr denn keine Augen im Kopfe? Scheinen Euch meine Reize von der Sorte wie die Reize anderer Frauenzimmer? Es sollte mir wohl an Liebhabern nicht mangeln, wenn ich nur wollte; aber meine Schönheit ist für den ersten besten Liebhaber zu gut. Wie viele habt Ihr wohl schon gesehen, die so hübsch wären wie ich? Im Paradiese selbst würde man mich für schön müssen gelten lassen.« So fuhr sie fort, noch eine Menge Albernheiten über ihre Schönheit bis zum Überdruß auszukramen, so daß Bruder Alberto bald gewahr ward, daß sie nicht allzuviel Verstand übrig hatte; weil sie ihm jedoch im übrigen wohl behagte, so verliebte er sich in sie, doch verschob er es bis zu bequemerer Zeit, ihr Artigkeiten zu sagen, und um für diesmal den Schein der Heiligkeit beizubehalten, fing er an, sie zu ermahnen, sie wegen ihrer Eitelkeit zu strafen und was dergleichen Redensarten mehr waren.

Sie gab ihm aber zur Antwort, er wäre nicht gescheit und wüßte keinen Unterschied zwischen gewöhnlicher und übernatürlicher Schönheit zu machen.

Bruder Alberto wollte sie nicht zu böse machen; er erteilte ihr also die Absolution und entließ sie mit ihren Freundinnen. Einige Tage nachher ging er mit einem vertrauten Freunde nach ihrem Hause, wo er mit ihr in ein besonderes Zimmer ging, und als niemand ihn beobachten konnte, fiel er ihr zu Füßen und sagte: »Madonna, ich bitte Euch um Gottes willen, verzeiht mir, was ich Euch am verwichenen Sonntage wegen Eurer Schönheit sagte; man hat mich in der Nacht darauf so unbarmherzig dafür gezüchtigt, daß ich erst heute habe von meinem Lager wieder aufstehen können.«

»Ei, wer hat Euch denn so gezüchtigt?« fragte die dumme Gans.

»Das will ich Euch sagen«, sprach Bruder Alberto. »Als ich meiner Gewohnheit nach mein Gebet mitten in der Nacht verrichtete, sah ich mich plötzlich von einem großen Lichte umgeben, und ehe ich mich umkehren konnte, zu sehen, was es wäre, fiel ein wunderschöner Jüngling mit einem derben Knüttel über mich her, zog mich bei meiner Kutte unter sich und drosch mir fast alle Knochen im Leibe entzwei. Ich fragte ihn hernach, warum er das getan hätte. ›Weil du dich heute unterstanden hast,‹ sprach er, ›die himmlische Schönheit der Madonna Lisetta herabzuwürdigen, die ich nächst unserm Herrgott am meisten liebe.‹ ›Aber wer bist denn du?‹ fragte ich ihn. Er gab mir zur Antwort, er wäre der Engel Gabriel. ›Ach mein Herr,‹ sprach ich, ›dann bitt‘ ich um Verzeihung.‹ ›Gut,‹ sprach er, ›ich will dir verzeihen; doch mit der Bedingung, daß du hingehst, sobald du nur kannst, und sie um Verzeihung bittest, und wenn sie dir nicht vergibt, so komm‘ ich wieder und gebe dir noch so viel dazu, daß du dein Leben lang an mich denken sollst.‹ Was er mir noch weiter sagte, das mag ich Euch eher nicht erzählen, bis Ihr mir verziehen habt.« Frau Windbeutel, die mehr Grütze als Hirn im Kopfe hatte, freute sich mächtig über diese Nachricht und hielt jedes Wort für pure Wahrheit: »Ich hab‘ es Euch wohl gesagt, Bruder Alberto,« sprach sie, »daß meine Reize himmlisch wären; aber bei Gott! Es ist mir doch leid um Euch, und damit Euch in Zukunft nicht mehr Leid geschehe, so will ich Euch herzlich gern verzeihen, wenn Ihr mir sagt, was der Engel noch weiter mit Euch gesprochen hat.«

»Madonna,« sprach Bruder Alberto, »da Ihr mir verziehen habt, so will ich es Euch gern sagen; aber hütet Euch um Gottes willen, daß Ihr mit keinem Menschen in der Welt davon redet, sonst verderbt Ihr Euch selbst den ganzen Handel. Wißt demnach, Ihr seid das glücklichste Weib auf Erden; denn der Engel Gabriel läßt Euch durch mich sagen, er liebe Euch so sehr, daß er schon manchmal gern eine Nacht bei Euch würde zugebracht haben, wenn er nicht gefürchtet hätte, daß Ihr Euch vor ihm entsetzen würdet. Jetzt hat er mir aufgetragen, Euch zu melden, daß er Euch einmal des Nachts besuchen und ein wenig bei Euch verweilen will. Weil er aber ein Engel ist und Ihr mit ihm in seiner Engelsgestalt nicht in Berührung kommen könntet, so will er Euch zuliebe eine menschliche Gestalt annehmen, und wenn Ihr ihn nur wollt wissen lassen wann es Euch gefällt, daß er kommen soll, und in wessen Gestalt, so will er gleich zu Euch kommen; Ihr könnt Euch deswegen, mehr als irgendein Weib auf Erden, selig preisen.«

Frau Gimpel antwortete, sie freue sich sehr, daß der Engel Gabriel ihr so zugetan wäre, denn auch sie wäre ihm von Herzen gut, und seitdem sie zuerst sein Bild gemalt gesehen, hätte sie nie versäumt, ihm ein Dreierlicht zu opfern; wenn er kommen wolle, so solle er ihr zu jeder Stunde willkommen sein und sie in ihrer Kammer finden; er dürfe sie aber auch nicht der Jungfrau Maria zuliebe wieder verlassen; denn sie hätte schon längst gehört, daß er dieser gut wäre, und das schiene wohl auch wahr zu sein, denn allenthalben, wo sie ihn nur sähe, läge er vor ihr auf den Knien; übrigens stände es bei ihm, zu kommen, in welcher Gestalt er wollte, wenn er sie nur nicht erschrecke.

»Madonna,« sagte Alberto, »Ihr habt klüglich gesprochen, und ich werde ihm alles richtig bestellen, was Ihr mir sagt. Ihr könnt mir aber auch wieder eine große Gnade erweisen, die Euch nichts kostet, wenn Ihr ihn nämlich in dieser meiner Gestalt bei Euch erscheinen laßt. Ich will Euch auch sagen, weshalb Ihr mir dadurch eine Gnade erzeigt. Er wird nämlich meine Seele aus meinem Leibe gehen lassen und sie ins Paradies schicken, indem er in meinen Leib fährt, und solange er bei Euch bleibt, solange wird meine Seele im Paradiese weilen.«

»Ich bin es zufrieden,« sprach Frau Einfalt, »daß ihr dieses Vergnügen genießt für die Prügel, die er Euch um meinetwillen gegeben hat.«

»So laßt nur«, sprach Alberto, »diesen Abend Eure Haustür offen, damit er hineinkommen kann; denn da er einer menschlichen Leib annimmt, so kann er nicht anders, als durch die Tür hereinkommen.«

Sie versprach es; Bruder Alberto ging fort, und sie sprang so außer sich vor Freude umher, daß das Hemd ihr hoch über dem Hintern wehte, und es sie tausend Jahre dünkte, bis der Engel Gabriel zu ihr käme.

Bruder Alberto, der glaubte, es sei nicht überflüssig, wenn sich der Engel Gabriel zugleich als ein mannhafter Ritter zeige, hielt es deswegen für gut, sich mit Konfekt und andern stärkenden Mitteln auszurüsten, um sich nicht aus dem Sattel heben zu lassen. Er forderte deswegen nebst einem treuen Gefährten Urlaub und ging mit ihm gegen Abend zu einer guten Freundin, von der aus er schon öfter zum Wettrennen gestartet war, wenn es nach Stuten laufen hieß. Wie er nun glaubte, daß es Zeit wäre, zog er mit allem möglichen Firlefanz sich als Engel an, begab sich nach dem Hause der Dame und ging als leibhaftiger Engel hinauf in ihre Kammer.

Als sie die weiße Gestalt hereintreten sah, kniete sie nieder; der Engel gab ihr seinen Segen, erhob sie von der Erde und winkte ihr, sich zu Bette zu begeben. Sie gehorchte ihm willig; der Engel folgte nach und legte sich neben sie, und da Bruder Alberto ein wohlgewachsener und ein noch rüstiger Kerl mit festen breiten Schenkeln war, so lag seine schöne Anbeterin, deren Fleisch fest und deren Haut weich war, besser bei ihm als bei ihrem Gatten gebettet und er lehrte sie mehr als einmal ohne Flügel fliegen, und erzählte dazwischen so vieles von den Freuden des Paradieses, daß er sie ganz vergnügt machte. Wie es bald tagen wollte, nahm er seine Sachen wieder zusammen, versprach wiederzukommen und kehrte wieder zu seinem Gefährten zurück, dem indessen (damit ihm nicht bange würde, wenn er allein schliefe) seine Wirtin Gesellschaft geleistet hatte.

Nach dem Mittagessen ging Frau Lisetta mit einigen Freundinnen zum Bruder Alberto und erzählte ihm von dem Engel Gabriel, was er ihr von den himmlischen Freuden berichtet hatte, wie er gestaltet wäre und noch hundert andere Märchen dazu.

»Madonna,« antwortete ihr Bruder Alberto, »ich kann nicht wissen, wie Ihr Euch bei ihm befunden habt; aber von mir kann ich Euch sagen, daß er diese Nacht zu mir kam, und als ich Euren Auftrag an ihn ausgerichtet hatte, trug er den Augenblick meine Seele an einen Ort, wo so viele Rosen und andere Blumen waren, wie ich in meinem Leben nicht gesehen habe, und bis zur Mette befand ich mich an dem reizendsten Orte von der Welt. Was unterdessen aus meinem Leibe geworden ist, davon ist mir nichts bekannt.«

»Hört Ihr denn nicht,« sprach Frau Lisetta, »daß ich ihn samt dem Engel die ganze Nacht in meinen Armen gehabt habe? Wenn Ihr’s nicht glaubt so seht nur unter Eurer linken Brustwarze nach, wohin ich ihn so fest geküßt habe, daß das Mal noch ein paar Tage zu sehen sein wird.«

»Sehr wohl,« sprach Alberto, »ich will einmal heute etwas tun, was ich seit langer Zeit nicht getan habe, ich will mich ausdrücklich deswegen ausziehen, um zu sehen, ob Ihr die Wahrheit sagt.«

Nach mancherlei dergleichen Geschwätz ging das Weib wieder nach Hause, und Bruder Alberto stattete ihr in der Gestalt des Engels noch öfter ungehindert seinen Besuch ab.

Eines Tages kam Frau Lisetta einmal zu einer Gevatterin, und wie die Rede von der Schönheit war und Frau Lisetta die ihrige über alle anderen erheben wollte, sagte sie in ihrer Einfalt: »Wenn Ihr wüßtet, wer an meinen Reizen Gefallen findet, so würdet Ihr wahrlich von allen anderen schweigen.«

Die Gevatterin, die ihre Freundin wohl kannte und sie gern ausforschen wollte, antwortete: »Freundin, Ihr mögt wohl wahr sprechen; aber mancher würde dies denn nicht so leicht zugeben, wenn man nicht weiß, wen Ihr damit meint.«

Das blöde Ding ließ sich nicht lange fragen, sondern sagte: »Hört, Gevatterin, es soll es zwar niemand wissen, aber Euch will ich es gestehen: der Engel Gabriel ist mein Liebhaber. Er liebt mich mehr als sich selbst und hält mich, wie er sagt, für das schönste Weib über Land und Meer.«

Die Gevatterin wollte fast platzen vor Lachen, doch bezwang sie sich, um sie noch mehr schwatzen zu hören. »Bei Gott, Frau Lisetta!« sprach sie. »Wenn der Engel Gabriel Euer Liebhaber ist und Euch so etwas sagt, dann muß es wohl wahr sein; aber ich hätte nie gedacht, daß die Engel sich mit solchen Dingen befaßten.«

»Da irrt Ihr Euch, Gevatterin«, sprach Lisetta. »Bei den Wunden Jesu! Er versteht’s besser als mein Mann und er sagt mir, daß sie’s dort oben auch tun; weil ich ihm aber besser gefalle als irgendeine im Himmel, so hat er sich in mich verliebt und kommt recht oft zu mir; versteht Ihr mich?«

Wie die Gevatterin von Frau Lisetta Abschied nahm, konnte sie die Zeit kaum erwarten, bis sie jemand fand, dem sie alles wiedersagen konnte; und am nächsten Feiertage erzählte sie es laut in einer Gesellschaft von Weibern. Diese sagten es wieder ihren Männern und anderen Frauen, so daß in weniger als zwei Tagen die Geschichte in ganz Venedig herum war. Unter denen, welchen sie zu Ohren kam, waren auch Lisettas Schwäger, die sich in der Stille vornahmen, den Engel kennenzulernen und zu versuchen, ob er auch fliegen könne, weswegen sie ihm einige Abende nacheinander aufpaßten. Zufälligerweise hatte auch Bruder Alberto etwas von dem Gerücht vernommen und begab sich eines Abends zu Lisetta, um sie deswegen zur Rede zu stellen. Kaum hatte er Flügel und Kleider abgelegt, so waren auch ihre Schwäger, die ihn hatten kommen sehen, an der Kammertür und im Begriffe, sie aufzusprengen. Bruder Alberto, der das Geräusch hörte und ahnte, was es zu bedeuten hätte, öffnete ein Fenster, welches nach dem großen Kanal hinausging und sprang hinab in das Meer. Da er Tiefe genug hatte und ein guter Schwimmer war, so kam er ohne Schaden hinüber nach der anderen Seite, wo er eine Haustür offen fand, in welche er sich flüchtete, und einen ehrlichen Mann, der ihm entgegen kam, um Gottes willen bat, ihm das Leben zu retten, indem er ihm eine Fabel erzählte, warum er nackt und zu solcher Stunde sich dort befände. Der gute Mensch erbarmte sich über ihn, und da er schon früh etwas zu tun hatte, so räumte er ihm sein Bett ein und hieß ihn, darin liegen zu bleiben, bis er wiederkäme. Dann schloß er ihn ein und ging das seinige besorgen. Unterdessen waren Lisettas Schwäger in ihre Kammer gekommen und fanden, daß der Engel Gabriel davongeflogen war, aber die Flügel im Stiche gelassen hatte, worüber sie sich ärgerten, und das Weibchen, nachdem sie ihr die bittersten Vorwürfe gemacht hatten, ganz trostlos verließen und das Rüstzeug des Erzengels mit sich nach Hause nahmen. Es war inzwischen Tag geworden, und als der gute Mann, der den Bruder Alberto bei sich beherbergt hatte, auf Rialto vernahm, daß der Engel Gabriel in der vergangenen Nacht bei Frau Lisetta zu Besuch gewesen und wie er in Gefahr geraten wäre, von ihren Schwägern ertappt zu werden, vor Furcht in den Kanal gesprungen sei und sich noch nicht wiedergefunden habe, so kam er auf den Gedanken, daß er ihn vermutlich bei sich in seinem Hause beherberge. Er kehrte also zurück, entlockte seinem Gast ein Geständnis und brachte es nach einigem Wortwechsel dahin, daß er ihm fünfzig Dukaten geben mußte, damit er ihn nicht den Schwägern ausliefere. Als Bruder Alberto auf Mittel sann, weiter zu entkommen, sagte sein Wirt zu ihm: »Ich weiß nur ein einziges Mittel, und es kommt nur darauf an, ob Ihr Euch dazu entschließen könnt. Wir haben heute ein Volksfest, bei welchem man Menschen als Bären, wilde Männer usw. verkleidet, aufzuführen und hernach auf dem Markusplatz eine Hetze zu geben pflegt. Sobald der Spaß vorbei ist, geht ein jeder mit dem, den er zur Schau geführt hat, wohin er will. Wollt Ihr, ehe man Euch hier sucht, Euch auf die eine oder andere Art von mir dahin führen lassen, so kann ich Euch hernach bringen, wohin Ihr wollt, denn die Schwäger der Dame, die Euch in dieser Gegend vermuten, haben überall Wächter aufgestellt, Euch einzufangen.«

So schwer es dem Bruder Alberto auch ankam, in einem solchen Aufzuge zu erscheinen, so trieb ihn doch dies Furcht vor Lisettas Verwandten, sich den Handel gefallen zu lassen; er sagte also seinem Wirt, wohin er ihn bringen solle, und überließ ihm die Art und Weise. Dieser beschmierte ihn erst von oben bis unten mit Honig und beklebte ihn hernach mit Flaumfedern, legte ihm eine Kette um den Hals, tat ihm eine Maske vor, gab ihm eine große Keule in die Hand und ließ ihn an der anderen ein Paar Bullenbeißer führen, die er von einem Fleischer borgte. Darauf schickte er jemand nach Rialto und ließ ausrufen: wer den Engel Gabriel sehen wolle, der solle nach dem Sankt-Markus-Platz kommen. So offenbarte sich an ihm die berühmte venezianische Treue. Nachdem dieses geschehen war, machte er sich mit ihm auf den Weg und ließ ihn an der Kette vor sich hergehen. Unter einem großen Zulauf von Menschen, die beständig riefen: »Was ist das? Was gibt’s da?« führte er ihn nach dem Platze, wo die Menschen, die ihm nachgefolgt waren und diejenigen, die der Ausruf auf Rialto herangelockt hatte, eine ungeheure Menge ausmachten. Hier band er seinen wilden Mann an einem hohen hervorragenden Ort an eine Säule und stellte sich, als ginge er hin, um die Hetze mit anzusehen, indes den armen Teufel, der mit Honig angeschmiert war, die Fliegen und Wespen bis aufs Blut marterten. Wie nun der Platz ganz mit Menschen angefüllt war, ging er zu seinem wilden Mann, als wenn er ihn wieder losmachen wolle, zog ihm aber statt dessen die Maske vom Gesicht und rief: »Ihr Herren, weil heute der Eber nicht gehetzt wird und sonst nichts zu tun ist, so will ich euch den Engel Gabriel zeigen, der des Nachts zur Erde heruntersteigt, um den Weibern in Venedig ein Vergnügen zu machen.«

Sobald die Maske herunter war, erkannte jeder den Bruder Alberto, und es erhob sich überall ein Geschrei über ihn, und ein jeder warf ihm so viele Schimpfwörter und abscheuliche Flüche ins Gesicht, als jemals ein Lump hat anhören müssen. Überdies bewarf man ihn von allen Seiten mit Kot und Unrat, und dieses dauerte so lange, bis von ungefähr die Brüder in seinem Kloster Nachricht davon bekamen; worauf sechs von ihnen herbeieilten, ihm eine Kutte umwarfen, ihn losmachten und nicht ohne ein lärmendes Gefolge nach ihrem Kloster schleppten, dort wurde er eingekerkert und soll elend umgekommen sein. So ging es diesem Heuchler, der Tugend log und Laster trieb und dennoch unbescholten blieb, bis er sich unterfing, den Engel Gabriel zu spielen, worüber er aus diesem in einen Wilden verwandelt wurde und mit verdienter Schmach lange Zeit für seine Lastertaten büßen mußte. Umsonst beweinte er seine vergangenen Verbrechen. Gott lasse es allen seinesgleichen so ergehen.

9. Novelle

Andriola liebt den Gabiotto. Sie erzählt ihm einen Traum, den sie gehabt hat, und er sagt ihr wieder, was ihm geträumt habe, worauf er plötzlich in ihren Armen stirbt. Indem sie mit Hilfe ihrer Magd seinen Leichnam nach seinem Hause schaffen will, werden sie beide von der Wache angehalten. Sie erzählt dem Stadtrichter den ganzen Verlauf der Sache und widersteht darauf seinen ungebührlichen Anmutungen. Ihr Vater erfährt ihr Schicksal und bewirkt ihre Befreiung, indem ihre Unschuld erwiesen wird. Sie entsagt darauf allem Umgange mit der Welt und geht in ein Kloster.

In Brescia lebte vor Zeiten ein Edelmann, namens Messer Negro da Ponte Carraro, der verschiedene Kinder und unter anderen eine sehr schöne, noch unverheiratete Tochter namens Andreola hatte, die sich zufälligerweise in einen ihrer Nachbarn verliebte, der Gabriotto hieß, und zwar von geringer Herkunft war, aber von löblichen Sitten und dabei schön und einnehmend von Gestalt. Mit Beihilfe einer Magd wußte sie nicht nur Gabriotto ihre Liebe zu erkennen zu geben, sondern es auch so einzurichten, daß er sie in einem schönen Garten ihres Vaters zu ihrem beiderseitigen Vergnügen mehr als einmal besuchen konnte, und damit nichts als der Tod ihre glückliche Verbindung trennen möchte, so wurden sie insgeheim Mann und Weib. Indem sie nun von Zeit zu Zeit ihre verstohlenen Zusammenkünfte fortsetzten, traf es sich einmal, daß Andreola im Traume sich mit Gabriotto in dem Garten zu befinden und ihn voll beiderseitiger Wonne zu umarmen glaubte. Plötzlich schien es ihr, daß ein schwarzes und schreckliches Wesen aus seinem Leibe hervorginge, dessen Gestalt sie nicht erkennen konnte, das Gabriotto ergriff und all ihres Sträubens ungeachtet ihn mit unwiderstehlicher Gewalt ihren Armen entriß und mit ihm unter der Erde verschwand, so daß sie weder ihn noch das scheußliche Wesen weiter sehen konnte. Sie empfand darüber einen so heftigen Schmerz, daß sie davon erwachte. Wiewohl sie sich freute, daß es nur ein Traum gewesen war, so verursachte dieser Traum ihr doch einige Besorgnis. Als demnach Gabriotto am folgenden Abend wünschte, sie zu besuchen, gab sie sich alle Mühe, ihn davon abzuhalten. Weil er aber so sehr darauf bestand, daß sie fürchten mußte, er würde etwas Unrechtes argwöhnen, wenn sie sich seinem Willen widersetzte, so empfing sie ihn des Abends in ihrem Garten, woselbst sie, weil es Rosenzeit war, viele weiße und rote Rosen pflückten und sich neben einem schönen, kristallhellen Springbrunnen lagerten. Nachdem sie dort eine geraume Zeit in süßestem Genusse verweilt hatten, fragte Gabriotto sie nach der Ursache, weswegen sie ihm diese Zusammenkunft hätte versagen wollen. Sie erzählte ihm darauf den Traum der vergangenen Nacht und die Angst, die sie deswegen empfunden habe. Gabriotto lachte darüber und behauptete, es wäre eine große Torheit, an Träume zu glauben, weil sie bloß von zu vielem oder zu wenigem Essen und Trinken herrührten, und weil man täglich sähe, daß sie nichtig wären. »Wenn ich«, fuhr er fort, »auf jeden Traum achten wollte, so wäre ich selbst heute nicht zu dir gekommen, und zwar nicht um deines Traumes willen, sondern wegen eines anderen, den ich selbst in der vorigen Nacht geträumt habe. Ich glaubte mich nämlich in einem schönen und anmutigen Walde zu befinden. Ich jagte dort und fing ein Reh, das so schön und zierlich war, als ich irgend eines gesehen hatte; es war weiß wie Schnee und gewöhnte sich in kurzer Zeit so sehr an mich, daß es mir nicht von der Seite ging; dabei war es mir so lieb geworden, daß ich, um es nie zu verlieren, ihm ein goldenes Halsband umtat, mit einer goldenen Kette, an der ich es beständig führte. Wie dieses Reh einmal mit seinem Kopf in meinem Schoß ruhte, schien es mir, als wenn ein kohlschwarzer Windhund (ich weiß nicht woher), heißhungrig und schrecklich anzusehen, auf mich zugesprungen kam, der mir die Schnauze an die linke Brust setzte, mir bis an das Herz hineinbiß, es herausriß und damit fortlief, was mich so greulich schmerzte, daß ich davon erwachte und den Augenblick mit der Hand nach meiner Seite fühlte, ob ich dort etwas fände. Als ich aber nichts fand, lachte ich über mich selbst, daß ich danach gesucht hatte. Allein, was hat das auf sich! Ich habe dergleichen Träume und noch wohl schrecklicher schon oft gehabt, und mir ist darum nichts mehr noch weniger geschehen; laß es also nur gut sein und laß uns die Zeit zu unserem Vergnügen anwenden.«

War das junge Weib bereits über ihren eigenen Traum erschrocken, so erschrak sie jetzt noch mehr, da sie dieses hörte; doch um Gabriotto keinen Unmut zu verursachen, gab sie sich alle Mühe, ihre Furcht zu verbergen. Obwohl sie ihn demnach einmal über das andere mit anscheinender Heiterkeit zärtlich umarmte, so konnte sie sich dennoch nicht enthalten, eine gewisse Unruhe zu empfinden, die sie sich selbst nicht erklären konnte, und von Zeit zu Zeit, öfter als sie gewöhnt war, ihm ins Gesicht zu sehen, bald um sich herzuschauen, ob sich nicht etwas näherte. Mit einem Male stieß Gabriotto einen tiefen Seufzer aus, schmiegte sich an sie und rief: »O, meine Seele! Hilf mir, ich sterbe!« Mit diesen Worten sank er nieder auf den Rasen.

Äußerst erschrocken umfing ihn Andreola in ihrem Schoße und fragte mit Tränen: »Was ist dir, mein Geliebter?« Allein Gabriotto gab keine Antwort; der Todesschweiß trat ihm auf die Stirn, er atmete nur noch einmal auf und verschied. Wie heftig sein plötzlicher Tod die junge Frau bewegte, die ihn mehr als sich selbst liebte, das kann man sich leicht denken. Sie weinte bitterlich und rief ihn mehr als einmal; allein vergeblich. Nachdem sie ihn am ganzen Leibe befühlt und ihn überall kalt und erstarrt gefunden hatte, konnte sie seinen Tod nicht länger bezweifeln. Sie wußte sich weder zu raten noch zu helfen. Mit verweinten Augen eilte sie, ihre vertraute Magd zu rufen und klagte ihr ihre Not und ihren Schmerz, und nachdem sie beide eine Zeitlang über dem erblaßten Antlitz des Gabriotto geweint hatten, sagte die junge Frau zu ihrer Magd: »Ich mag nicht länger leben, nachdem mir der Tod meinen einzigen Geliebten geraubt hat; doch ehe ich die Hand an mich selbst lege, wünschte ich, daß wir ein Mittel finden könnten, meine Ehre und das Geheimnis meiner Liebe in Sicherheit zu stellen, und diesem Leichnam, dessen geliebter Geist entflohen ist, zum Begräbnis zu verhelfen.«

»Gott verhüte mein Töchterchen,« versetzte die Magd, »daß du dich ums Leben brächtest. Denn nachdem du deinen Geliebten in dieser Welt verloren hast, so würde er auch in jener Welt für dich ewig verloren sein, wenn du zur Mörderin an dir selbst würdest; du würdest zur Verdammnis fahren, wohin seine Seele gewiß nicht gegangen ist, weil er ein edler Jüngling war. Du solltest lieber suchen, dich zu trösten, und durch Gebete und gute Werke seiner Seele beizustehen, wenn er dessen vielleicht wegen einiger Sünden bedürfte. Zu seinem Begräbnis ist leicht Rat zu schaffen. Wir können ihn entweder hier im Garten begraben, und niemand wird etwas davon erfahren, weil kein Mensch weiß, daß er jemals hierher gekommen ist; oder wenn dir das nicht gefällt, so laß uns ihn vor den Garten hinaustragen, wo man ihn morgen früh wohl finden und ihn nach Hause tragen wird, damit die Seinigen ihn zur Erde bestatten.«

So tief betrübt die junge Witwe war und so wenig sie aufhören konnte zu weinen, so achtete sie doch aufmerksam auf die Ermahnungen der Magd. Der erste Teil wollte ihr nicht in den Sinn und auf den zweiten gab sie zur Antwort: »Das verhüte der Himmel, daß ich zugeben sollte, daß mein Geliebter und Gemahl wie ein Hund verscharrt oder auf die Straße hinausgeworfen würde! Meine Tränen sind über ihn geflossen, und soviel an mir liegt, will ich dazu beitragen, daß auch die Tränen seiner Verwandten ihm fließen sollen; ich weiß auch schon, wie wir es anfangen wollen.«

Sie schickte darauf sogleich ihre Magd nach einem seidenen Gewande, das sie in ihrem Kasten hatte; dieses breitete sie auf die Erde und legte den Leichnam darauf, legte ihm ein Ohrkissen unter das Haupt, und nachdem sie ihm Mund und Augen zugedrückt, ihm einen Kranz von Rosen aufgesetzt und ihn mit den übrigen gepflückten Rosen bestreut hatte, sprach sie zu der Magd: »Von hier bis nach seiner Haustür ist der Weg nicht lang; darum wollen wir, sobald wir ihn gehörig eingewickelt haben, ihn dahin tragen und ihn vor seiner Schwelle niederlegen. Der Tag ist nicht mehr fern; dann wird man ihn finden, und so wenig tröstlich dieses für seine Verwandten sein wird, so ist es doch für mich beruhigend, in deren Armen er gestorben ist.«

Mit diesem Worten beugte sie sich noch einmal über das Antlitz des Toten und badete es lange Zeit mit ihren Tränen. Mehr als einmal mußte die Magd sie erinnern, daß es schon anfing zu tagen; endlich richtete sie sich wieder auf, zog den Ring von ihrem Finger, der sie mit Gabriotto vermählt hatte, und sprach mit Tränen, indem sie ihn an den seinigen steckte:

»Teuerster Gemahl! Wenn dein Geist mich noch umschwebt und meine Tränen sieht, oder wenn dem Leibe, nachdem die Seele entflohen ist, noch einige Empfindungen übrig bleiben, so empfange mit Wohlgefallen dies letzte Geschenk von derjenigen, die du in deinem Leben so sehr geliebt hast.« Indem sie dieses sprach, sank sie ohnmächtig auf den Leichnam hin, und wie sie sich ein wenig wieder erholte, hob sie mit Hilfe ihrer Magd das Tuch auf, worin er gewickelt war, und nahm ihren Weg aus dem Garten nach seinem Hause. Der Zufall wollte, daß ihnen von ungefähr die Wächter begegneten, welche den Leichnam bei ihnen fanden und sie anhielten. Andreola, welche sich den Tod mehr als das Leben wünschte und die Wächter erkannte, sprach mit Entschlossenheit: »Ich sehe wohl, wer ihr seid, und daß ich umsonst versuchen würde, euch zu entfliehen; ich bin bereit, mit euch zu gehen und mich vor Gericht zu stellen, um von diesem Vorfalle Rechenschaft zu geben; doch keiner von euch unterstehe sich, da ich euch willig folge, Hand an mich zu legen oder etwas an diesem Leichnam zu berühren, wenn er nicht will, daß ich ihn verklagen soll.« Die Wächter gehorchten und führten sie nach dem Richthause, ohne sie oder den Leichnam anzutasten.

Der Richter stand auf, ließ Andreola in sein Zimmer kommen und verhörte sie sehr umständlich, und nachdem auch die Ärzte den Leichnam besichtigt und untersucht hatten, ob er nicht durch Gift umgekommen wäre, verneinten sie solches und erklärten, daß ihm ein Blutgefäß nahe am Herzen zersprungen sei, das ihn erstickt habe. Wie der Richter vernahm, daß man ihr wenig oder gar nichts zur Last legen könnte, wollte er sich dennoch das Ansehen geben, daß er ihr eine Gunst erwiesen, indem er ihr nur bloße Gerechtigkeit widerfahren ließ, und wollte ihr dagegen zumuten, ihre Freiheit von ihm auf Kosten ihrer Tugend zu erkaufen. Sie wies aber sein Verlangen mit Verachtung ab, und wie er darauf wider alles Recht und Billigkeit Gewalt brauchen wollte, lieh ihr gerechter Zorn ihr männliche Kräfte, sie verteidigte ihre Ehre gegen ihn, indem sie ihm zugleich mit schmählichen Worten seine Niederträchtigkeit vorwarf.

Indessen brach der Tag an; Messer Negro erfuhr alles, eilte höchst betrübt mit vielen seiner Freunde nach dem Richthause, beschwerte sich über das Verfahren gegen seine Tochter und verlangte sie zurück. Der Stadtrichter, welcher lieber mit guter Manier selbst eingestehen wollte, daß er Gewalt versucht hätte, als die Anklage der jungen Witwe abzuwarten, erhob ihre Tugend und Standhaftigkeit mit vielen Lobsprüchen und gestand, daß er beide auf die stärkste Probe gesetzt habe, um sie zu prüfen; ihr standhaftes Betragen habe ihn demnach zur Liebe bewogen, daß er sie, wenn ihr Vater und sie selbst nichts dawider hätten, gern zur Gemahlin nehmen würde, obwohl sie die Witwe eines Mannes von geringem Stande wäre. Indem davon gesprochen ward, erblickte Andreola ihren Vater, eilte ihm mit Tränen entgegen und sagte: »Mein Vater, ich glaube nicht, daß ich nötig habe, Euch die Geschichte meiner Unbesonnenheit und meines Unglücks zu erzählen; denn gewiß habt Ihr schon alles gehört und erfahren. Ich bitte Euch demnach, mir meinen Fehler zu verzeihen, daß ich ohne Euer Vorwissen denjenigen zu meinem Gemahl machte, den ich über alles liebte. Indem ich diese Verzeihung von Euch begehre, wünsche ich damit nicht mein Leben zu fristen, sondern nur als Eure Tochter und nicht als eine Euch Verhaßte aus der Welt zu scheiden.«

Mit diesen Worten fiel sie ihm weinend zu Füßen. Messer Negro, der schon sehr bei Jahren und von Natur ein liebreicher, gutmütiger Mann war, weinte selbst über ihre Worte und sprach zu ihr, indem er mit nassen Augen sie aufhob: »Meine Tochter, es wäre mir freilich unendlich lieber gewesen, wenn du einen Mann nach meinem Herzen genommen hättest, oder wenn du ja deiner eigenen Wahl folgen wolltest, so hätte ich mir auch das gefallen lassen; darum muß es mich schmerzen, daß du mir deine Wünsche verschwiegen und mir so wenig Zutrauen bewiesen hast. Doch da die Sachen nun einmal so stehen, so will ich dasjenige, was ich für deinen Gatten in seinem Leben gern getan hätte, auch jetzt im Tode an ihm tun: daß ich ihn nämlich liebe und ehre als meinen Schwiegersohn.«

Er wandte sich hierauf an seine Kinder und Verwandten und befahl ihnen, dem Gabriotto ein ehrenvolles Leichenbegängnis zu halten. Unterdessen waren auch die Verwandten und Freundinnen des Verstorbenen und fast alle Männer und Weiber der Stadt herbeigekommen. Man stellte deswegen den Leichnam auf dem Hofe aus, in dem Tuche, worin Andreola ihn gewickelt, und bedeckt mit allen Rosen, womit sie ihn bestreut hatte, und es beweinten und beklagten ihn nicht nur die Frauenzimmer, die mit ihm verwandt waren, sondern fast alle Weiber und manche Männer in der Stadt, und er ward nicht wie ein gemeiner Mann, sondern wie ein vornehmer Herr von den angesehensten Bürgern der Stadt auf dem Schloßhofe zu Grabe getragen.

Nach einiger Zeit warb der Stadtrichter aufs neue um Andreola, und ihr Vater unterstützte seinen Antrag bei ihr. Allein sie wollte von ihm nichts hören, und da ihr Vater sie bei ihrem Willen ließ, so ging sie mit ihrer Magd in ein Kloster, das wegen der Frömmigkeit seiner Bewohnerinnen berühmt war. Hier lebten sie noch lange Zeit als Nonnen in frommer Zurückgezogenheit.

10. Novelle

Die Frau eines Wundarztes legt ihren schlaftrunkenen Liebhaber für tot in einen Kasten, den ein paar Wucherer wegstehlen und nach ihrem Hause tragen. Dort kommt er wieder zur Besinnung und wird für einen Dieb gehalten. Die Magd der Frau sagt aber vor Gericht aus, sie selbst habe ihn in den Kasten gelegt, den die Geizhälse gestohlen hätten. Dadurch rettet sie ihn vom Galgen, und die Wucherer werden wegen des gestohlenen Kastens zu einer Geldbuße verdammt.

Es lebte einmal vor einiger Zeit in Salerno ein trefflicher Wundarzt, der sich Meister Mazzeo della Montagna nennen ließ, und der, als er schon ziemlich betagt war, ein sehr schönes, munteres und junges Mädchen aus seiner Stadt zum Weibe nahm und sie mit Kleidern, mit Schmuck und mit allem, was eine Frau sich von dergleichen Dingen nur wünschen kann, so reichlich wie keine sonst in der ganzen Stadt versorgte.

Allerdings litt sie die meiste Zeit an Erkältung, weil sie der Meister im Bett nicht immer so warm zudeckte, wie er wohl hätte tun sollen. So wie wir nun von dem wohlbelobten Herrn Ricciardo di Chinzica weiland gehört haben, daß er seiner Frau die Fast- und Feiertage im Kalender fleißig vorzählte, so schien dieser sein Weibchen belehren zu wollen, daß ein Mann, wenn er bei seiner Frau gelegen, Gott weiß wie viele Tage sich erholen müsse, womit er aber seine junge Frau ebensowenig als jener erbaute. Weil es ihr nun weder an Witz noch an warmem Blut fehlte, so entschloß sie sich, um ihren Hausvorrat nicht anzugreifen, sich außer dem Hause zu versorgen und wenn möglich von fremden Tellern zu essen. Und als sie demzufolge eine Menge junger Leute durchmustert hatte, fiel ihre Wahl auf einen, an dem sie so viel Gefallen fand, daß sie mit Leib und Seele an ihm hing und ihre ganze Hoffnung auf ihn setzte. Dem Jüngling, der dieses bald gewahr ward, kam es sehr gelegen, und er war froh, sich ihr ebenfalls gänzlich widmen zu können. Er nannte sich Ruggieri da Jeroli und war zwar von edler Geburt, aber desto verderbter von Sitten und Aufführung, so daß ihm auch kein Freund und Verwandter übrig geblieben war, der ihm wohl wollte, oder dem er auch nur vor Augen kommen durfte, weil er in ganz Salerno wegen Diebereien und anderer böser Streiche berüchtigt war; doch darum bekümmerte sich die Dame sehr wenig, da er ihr wegen etwas anderem gefiel. Sie veranstaltete demnach durch die Vermittlung ihrer Magd eine Zusammenkunft mit ihm, und nachdem sie aneinander eine Zeit ihre Lust gehabt hatten, stellte sie ihm sein bisheriges unordentliches Leben vor und bat ihn, es aus Liebe zu ihr zu unterlassen; und damit sie ihm auch die Mittel dazu erleichterte, so pflegte sie ihm von Zeit zu Zeit mit Geld zu unterstützen.

Indem sie auf diese Weise mit möglichster Vorsicht zu Werke ging, trug es sich zu, daß dem Wundarzt ein Kranker zu behandeln anvertraut ward, der einen Schaden an einem Beine hatte. Als er den Schaden besichtigte, erklärte er den Freunden des Kranken, wofern ihm ein eingefaulter Knochen nicht gleich herausgeschnitten würde, so müsse man ihm nachher das ganze Bein abnehmen, oder er müsse sterben. Wenn man den Knochen entferne, könne er zwar genesen, auf alle Fälle aber könne er für das Leben des Kranken nicht einstehen. Die Angehörigen waren mit diesem Vorbehalt einverstanden und übergaben ihm den Kranken. Weil der Wundarzt glaubte, daß jener ohne einen Schlaftrunk nicht imstande sein würde, den Schnitt auszuhalten, den er gegen Abend vorzunehmen gedachte, so ließ er zu diesem Zweck ein Wasser aus gewissen Mitteln abziehen, welches den Kranken so lange fest einschläfern sollte, bis er mit der Arbeit fertig wäre. Die Flasche mit dem Schlaftrunk stellte er in sein Zimmer und dachte nicht daran, seinen Hausgenossen zu sagen, was sie enthalte. Als die Vesperstunde kam, und der Wundarzt bald zu seinem Kranken gehen wollte, kam ein Eilbote von einigen seiner besten Freunde aus Amalfi, welche ihn bitten ließen, unverzüglich zu ihnen zu kommen, weil bei einer heftigen Schlägerei verschiedene von ihnen wären verwundet worden. Der Arzt ließ also seinen Kranken mit dem Bein bis zum folgenden Morgen warten, stieg in ein Boot und fuhr nach Amalfi. Weil nun seine Frau wußte, daß er die Nacht über nicht wieder nach Hause kommen würde, ließ sie ihrer Gewohnheit nach Ruggieri heimlich zu sich kommen und schloß ihn im Zimmer ihres Mannes ein, bis gewisse Leute im Hause zu Bett gegangen waren. Während Ruggieri in diesem Zimmer wartete, wandelte ihn entweder infolge der Anstrengungen des Tages, oder weil er etwas Salziges gegessen hatte, oder weil er von Natur gern trinken mochte, ein gewaltiger Durst an, und als er die Flasche mit dem Wasser, das der Arzt für den Kranken bereitet hatte, fand und Trinkwasser darin vermutete, so setzte er sie an den Mund, leerte sie aus bis auf den letzten Tropfen und fiel bald darauf in einen tiefen Schlaf.

Die Frau vom Hause kam inzwischen, sobald sie konnte, in das Zimmer; als sie ihn schlafend fand, schüttelte sie ihn und sagte leise zu ihm, er möchte aufstehen; allein er gab keine Antwort und rührte sich nicht. Sie ward darüber ein wenig böse, rüttelte ihn stärker und sagte: »So steh doch auf, du Faulpelz! Wenn du schlafen wolltest, so hättest du zu Hause bleiben und nicht hierher kommen sollen.« Da fiel Ruggieri von einer Bank, auf die er sich niedergelegt hatte, herunter und blieb wie ein Toter, ohne das geringste Merkmal des Lebens, liegen. Die Dame erschrak heftig, richtete ihn wieder auf, schüttelte ihn stärker als zuvor, zog ihn an seiner Nase und zupfte ihn am Bart. Es war alles umsonst, er hatte das Maultier an einen guten Pflock gebunden. Jetzt schöpfte sie Verdacht, er möchte wirklich tot sein. Indessen kniff sie ihn noch einmal heftig ins Fleisch und versengte ihn mit einer Kerze. Es half alles nichts, und nun zweifelte sie nicht mehr an seinem Tode; denn obwohl ihr Mann ein Arzt war, so war sie selbst doch eben keine Meisterin in der Heilkunde. Da sie ihn nun außerordentlich geliebt hatte, so kann man wohl denken, wie groß ihr Schmerz jetzt war; doch mußte sie in aller Stille ihr Unglück beklagen und über ihn weinen, weil sie kein Geräusch machen durfte. Damit sie jedoch außer ihrem Verlust nicht noch obendrein in Schande gerate, so mußte bald dafür gesorgt werden, den Leichnam aus dem Hause zu schaffen; und weil sie selbst keinen Weg sah, so rief sie in der Stille die Magd, zeigte ihr, welch Unglück sie betroffen hatte und bat sie um Rat. Die Magd war ganz erschrocken, und nachdem sie gleichfalls Ruggieri vergeblich gerüttelt und geschüttelt hatte und ihn ebensowohl als ihre Frau für tot hielt, war sie mit ihr der Meinung, man müsse ihn eilig aus dem Hause schaffen. »Allein wohin schaffen wir ihn,« fragte die Dame, »damit man morgen früh, wenn man ihn findet, nicht merkt, daß er aus diesem Hause gebracht worden ist?« »Madonna,« sprach die Magd, »ich sah heute abend vor der Tür unseres Nachbarn, des Zimmermanns, einen leeren Kasten stehen, der uns trefflich zustatten kommen wird, wenn ihn der Nachbar nicht wieder ins Haus genommen hat. Da wollen wir ihn hineinlegen, ihm ein paar Messerstiche geben und ihn liegen lassen. Wer ihn dort findet, wird so wenig auf uns als auf jemand anders Verdacht schöpfen, sondern weil er immer ein Lump und ausschweifender Mensch war, so wird man denken, daß ein Feind bei irgendeiner Schandtat ihn betroffen, umgebracht und in den Kasten geworfen habe.«

Die Dame bezeigte ihren Gefallen an dem Rat der Magd, die Messerstiche ausgenommen, gegen welche sie sich erklärte, weil sie es für keinen Preis in der Welt über ihr Herz bringen könne. Sie ließ also ihre Magd zusehen, ob die Kiste noch da wäre. Die Magd ging hin und fand die Kiste noch an Ort und Stelle. Sie kam wieder, und da sie ein rüstiges, handfestes Weib war, so nahm sie Ruggieri auf die Achseln; die Frau ging voraus und gab acht, ob auch niemand käme, und so warfen sie ihn in den Kasten, machten den Deckel zu und gingen davon.

Ein paar Häuser weiter waren vor einigen Tagen zwei Leute eingezogen, die auf Wucher liehen und gern viel gewinnen, aber wenig ausgeben mochten. Diese brauchten noch allerlei Hausrat und hatten unter anderm ihre Augen auf diesen Kasten geworfen, um ihn wegzunehmen, wenn er die Nacht über auf der Straße stehenbleiben sollte. Sie kamen also um Mitternacht heraus und schleppten den Kasten, obwohl er ihnen ein wenig schwer zu sein schien, ohne lange Untersuchung nach ihrem Hause und stellten ihn neben die Kammer, wo ihre Weiber schliefen; worauf sie zu Bett gingen, ohne ihn erst zurechtzurücken, und sich vorderhand nicht darum bekümmerten, ob der Kasten feststände oder nicht.

Ruggieri, der eine geraume Zeit geschlafen hatte und bei welchem die Wirkung des Trankes allmählich nachließ, erwachte kurz vor Tagesanbruch; der Schlaf war ihm zwar vergangen und seine Sinne fingen an, wieder ihre Dienste zu verrichten, doch fühlte er noch eine gewisse Betäubung im Kopf, die noch einige Tage nachher dauerte. Als er die Augen öffnete und nichts sehen konnte, und als er die Hände ausstreckte und fühlte, daß er in einem Kasten lag, fing er an nachzusinnen und dachte bei sich selbst: »Was ist das? Wo bin ich? Schlafe ich oder bin ich wach? Ich war doch diesen Abend in dem Zimmer meiner Geliebten, und nun liege ich, wie es scheint, in einem Kasten; was mag das bedeuten? Sollte der Arzt wiedergekommen oder sonst etwas vorgefallen sein, daß sie mich in diesem Kasten verborgen hätte? Sowas muß es gewiß sein.« Er lag demnach still und horchte, ob er nicht etwas vernehmen könne. Als er aber lange ausgeharrt hatte und seine Lage in dem engen Kasten ihm sehr unbequem ward, wollte er sich auf die andere Seite herumdrehen, weil ihn die eine schon schmerzte; und er tat dieses so ungeschickt, daß der Kasten, der auf einer ungleichen Stelle stand, durch den Stoß der Hüfte an die eine Seite ins Schwanken kam und schließlich umfiel, und beim Fallen ein solches Gepolter machte, daß die Frauen, welche dicht daneben schliefen, davon erwachten, aber vor Furcht stillschwiegen.

Ruggieri ward bei dem Falle des Kastens bange; weil er aber merkte, daß im Fallen zugleich der Deckel aufgesprungen war, wollte er vor allen Dingen lieber heraus sein als länger darin bleiben. Weil er aber nicht wußte, wo er war, und bald hier, bald dort im Hause herumtappte, um eine Tür oder eine Treppe zu suchen, um sich davonzumachen, so hörten ihn die Frauen sein Wesen treiben und riefen endlich: »Wer da?«

Ruggieri, der eine unbekannte Stimme hörte, gab keine Antwort, weswegen die Frauen die zwei Männer riefen, die aber, weil sie spät zu Bett gegangen waren, so fest schliefen, daß sie von allem nichts hörten. Die Frauen, die sich immer mehr fürchteten, sprangen endlich an ein Fenster und riefen aus vollem Halse: »Diebe, Diebe!« Darüber kamen einige von den Nachbarn über die Dächer und von da und dort in das Haus; die Hausherren wurden endlich von dem Lärm ebenfalls wach und standen auf. Ruggieri, der sich an diesem fremden Orte befand, war vor Schreck und Erstaunen außer sich und wußte weder List noch Kunst, wie er entkommen sollte. Die Stadtpolizisten hörten den Lärm und kamen dazu, nahmen ihn gefangen und führten ihn zum Richter. Weil ihn jedermann als einen liederlichen Burschen kannte, so spannte man ihn ohne viele Umstände auf die Folter und zwang ihn zu bekennen, daß er den Wucherern ins Haus geschlichen wäre, um sie zu bestehlen; und schon wollte der Stadtrichter ihn deswegen ohne weitere Untersuchung hängen lassen.

Inzwischen verbreitete sich des Morgens in ganz Salerno das Gerücht, daß Ruggieri über einem Diebstahl bei den Wucherern ertappt worden wäre. Die Frau des Arztes und ihre Magd erstaunten darüber dermaßen, daß sie beinahe glaubten, alles, was sie am vorigen Abend getan hätten, wäre nur ein Traum und keine Wirklichkeit gewesen. Überdies war der Dame wegen der Gefahr, worin Ruggieri schwebte, so angst, daß sie beinahe von Sinnen kam. Es war noch nicht viel mehr als anderthalb Stunden seit Sonnenaufgang verstrichen, als der Arzt von Amalfi zurückkehrte und nach seiner Flasche mit dem Tranke fragte, weil er hingehen wollte, seinen Kranken zu besorgen. Als er nun die Flasche leer fand, machte er einen gewaltigen Lärm darüber, daß in seinem Hause nichts an Ort und Stelle bleiben könne. Seine Frau, die andere Sorgen auf dem Herzen hatte, gab ihm verdrießlich zur Antwort: »Was würdest du erst sagen, wenn etwas von Wichtigkeit geschehen wäre, wenn du so viel Aufhebens um ein vergessenes Glas Wasser machst, als wenn sonst kein Wasser mehr in der Welt wäre.«

»Du denkst wohl, Frau,« sprach er, »daß nur klares Wasser in der Flasche war; aber das ist’s nicht, sondern es war ein Schlaftrunk, den ich hatte machen lassen.« Er erzählte ihr zugleich, warum und für wen er ihn verordnet hätte.

Als die Frau dieses hörte, fiel es ihr sogleich auf, daß Ruggieri ohne Zweifel diesen Trank genommen und daß sie ihn aus dieser Ursache für tot gehalten hätte. Sie entschuldigte sich demnach mit ihrer Unwissenheit und sagte zu ihrem Manne, er müsse ihn nun schon von neuem machen lassen; das tat der Doktor, weil es ja doch nicht mehr zu ändern war. Bald darauf kam die Magd zurück, die von ihrer Frau ausgesandt war, um sich zu erkundigen, was man von Ruggieri sage. »Madonna,« sprach sie, »jedermann spricht Böses von ihm, und ich habe nicht gehört, daß ein einziger Freund oder Verwandter sich für ihn verwendet oder um ihn bekümmert. Man meint, daß ihn der Richter morgen wird aufknüpfen lassen. Ich will Euch noch sagen, auf welche Art er, wie ich merke, in das Haus der Wucherer muß gekommen sein, und was meint Ihr wohl wie? Ihr wißt doch, daß wir ihn gestern abend vor der Türe des Nachbars Zimmermann in einen Kasten legten? Jetzt eben gab’s zwischen diesem und dem Manne, dem der Kasten gehört, einen heftigen Zank; denn der eine wollte das Geld für den Kasten haben, und der Zimmermann behauptete, er habe ihn nicht verkauft, sondern er sei ihm in der Nacht gestohlen worden. ‚Das ist nicht wahr‘, sprach der andere. ‚Du hast ihn den zwei Wucherern verkauft; das haben sie mir selbst gesagt, als ich ihn bei Ruggieris Gefangennehmung in ihrem Hause stehen sah.‘

‚Die Schelme lügen‘, antwortete der Zimmermann. ‚Ich habe ihn nie an sie verkauft, sondern sie haben ihn mir wahrscheinlich diese Nacht gestohlen. Laß uns zu ihnen hingehen.‘ Damit gingen sie beide einträchtig nach dem Hause der Wucherer, und ich eilte nach Hause. Ihr begreift nun wohl ebensogut wie ich, daß man Ruggieri mit dem Kasten dahin getragen hat, aber das begreife ich nicht, wie er wieder auferstanden ist.«

Die Frau sah jetzt vollkommen ein, wie alles zugegangen war; sie erzählte der Magd, was sie von ihrem Manne gehört hatte, und bat sie, auf Mittel zu denken, Ruggieri zu retten, wenn es irgend möglich wäre, ohne ihre eigene Ehre dabei aufs Spiel zu setzen.

»Sagt mir nur, Madonna, wie ich’s anfangen soll,« sprach die Magd, »so bin ich zu allem bereit.«

Die Dame, der das Messer an der Kehle saß, besann sich dennoch geschwind auf einen Anschlag, den sie mit ihrer Magd verabredete. Demzufolge ging die Magd zuerst zu ihrem Herrn und sagte mit Tränen zu ihm: »Gestrenger Herr, ich muß Euch um Verzeihung bitten wegen eines großen Fehltritts, den ich begangen habe.«

»Nun, was gibt’s denn?« fragte der Arzt.

»Ach Herr,« fuhr sie weinend fort, »Ihr wißt wohl, was Ruggieri da Jeroli für ein lockerer Gesell ist. Er hat sich in mich verliebt, und halb mit Liebe, halb mit Gewalt, hat er mich vor ein paar Tagen bewogen, seine Liebste zu werden. Als er nun hörte, daß Ihr gestern abend nicht zu Hause waret, hat er mir so lange zugesetzt, bis ich ihn in Eurem Hause zu mir in meine Kammer kommen ließ, bei mir zu schlafen. Er ward durstig, und weil ich mich vor Eurer Frau, die im Saale war, nicht wollte sehen lassen und die Flasche mit Wasser in Eurem Zimmer gesehen hatte, so holte ich sie her und gab sie ihm zu trinken und setzte die leere Flasche wieder hin. Ich höre, daß Ihr so zornig darüber gewesen seid, und ich muß in der Tat bekennen, daß ich sehr übel getan habe — aber wer fehlt nicht einmal in seinem Leben? Es tut mir herzlich leid, daß ich’s getan habe; nicht nur wegen der Sache selbst, sondern auch um der Folgen willen. Ruggieri ist in Gefahr, das Leben darüber zu verlieren; ich bitte Euch deswegen demütig um Vergebung und um Erlaubnis, hinzugehen und mein Bestes zu versuchen, um ihm loszuhelfen.«

Als der Arzt dies hörte, konnte er bei all seinem Zorne sich des Lachens nicht enthalten und spöttelnd zu ihr zu sagen: »Du hast dich diesmal selbst gestraft; denn statt eines rüstigen Gesellen, der dir, wie du meintest, wacker den Schlaf vertreiben sollte, hast du eine Schlafmütze bei dir gehabt. Geh nun hin und suche deinen Liebhaber zu retten; aber hüte dich, daß du ihn mir künftig wieder ins Haus bringst, wenn du nicht willst, daß ich dir das Alte mit dem Neuen zugleich auszahlen soll.« Als die Magd fand, daß der erste Streich ihr gut gelungen war, säumte sie nicht, nach dem Gefängnis zu eilen, und wußte den Gefangenenwärter schmeichlerisch zu bewegen, daß er ihr erlaubte, mit Ruggieri zu sprechen. Diesem gab sie Bericht von allem, was er vor dem Stadtrichter aussagen müsse, wenn er sein Leben retten wolle, und hernach brachte sie es dahin, daß der Stadtrichter sie vor sich kommen ließ. Weil sie ein hübsches, flinkes Mädchen war, so sagt man, habe sich der Herr Stadtrichter nur unter gewissen Bedingungen dazu willfährig finden lassen, welche sich die christliche Jungfrau, um ihren guten Endzweck zu fördern, gern gefallen ließ und hernach, als sie sich von ihrer Niederlage erhob, zu ihm sagte: »Gnädiger Herr, Ihr habt Ruggieri da Jeroli als einen Spitzbuben verhaften lassen, allein ihm geschieht Unrecht.« Sie erzählte ihm darauf eine lange Geschichte vom Anfang bis zum Ende, daß er ihr Liebhaber wäre, daß sie ihn zu sich in das Haus ihres Herrn, des Wundarztes, hätte kommen lassen; sie beschrieb ihm, wie sie ihm aus Unwissenheit den Schlaftrunk zu trinken gegeben und daß sie ihn hernach für tot in den Kasten gelegt habe; sie sagte ihm auch, wie sie das Gespräch zwischen dem Zimmermann und dem Eigentümer der Kiste gehört hätte, und erklärte ihm auf diese Weise, wie Ruggiere in der Kiste nach dem Hause der Wucherer gekommen wäre.

Der Stadtrichter fand, daß er leicht auf den Grund dieser Geschichte kommen könnte; er sandte also vor allen Dingen nach dem Arzte und erfuhr von ihm, daß es mit dem Schlaftrunk seine Richtigkeit habe. Darauf ließ er den Zimmermann und den Eigentümer des Kastens vorladen, desgleichen die beiden Wucherer, und nach langem Hin und Her fand er heraus, daß die Wucherer die Kiste wirklich in der Nacht gestohlen und nach ihrem Hause gebracht hatten. Zuletzt ließ er auch Ruggieri vorführen und fragte ihn, wo er die Nacht zugebracht habe. Dieser antwortete ihm, wo er sie zugebracht habe, das wisse er selbst nicht; wohl aber, daß er des Abends zu der Magd des Doktors Mazzeo gegangen wäre, in der Absicht, die Nacht bei ihr zu verbringen, daß er in ihrer Kammer vor Durst ein Wasser getrunken habe und daß er nicht wisse, was hernach mit ihm vorgegangen sei, bis er sich beim Erwachen in einer Kiste in dem Hause der Wucherer befunden habe.

Der Stadtrichter fand die ganze Begebenheit so spaßhaft, daß er sie sich von dem Mädchen, von Ruggieri, von dem Zimmermann und von den Wucherern mehr als einmal wiederholen ließ. Als er einsah, daß Ruggieri unschuldig war, ließ er ihn auf freien Fuß setzen und legte den Wucherern für den Diebstahl an der Kiste eine Geldbuße von zehn Unzen Silber auf.

Ruggieri war froh darüber, daß er so gut wegkam. Und seine Dame erst! Oft pflegte sie noch mit ihm und mit dem gutherzigen Mädchen, das ihn mit Messerstichen hatte traktieren wollen, sich über diesen Vorfall zu ergötzen und zu scherzen. Ihr Liebesverhältnis setzten sie noch lange vom Guten zum Besseren fort.

29. Novelle

Mithridanes, der im Begriff ist, den Nathan aus Eifersucht über seine Wohltätigkeit umzubringen, trifft ihn an, ohne ihn zu kennen, und erfährt von ihm selbst, wie er ihm am leichtesten beikommen kann. Demzufolge findet er ihn in einem Wäldchen, wird beschämt, indem er ihn erkennt und wird sein Freund.

Wenn man den Versicherungen einiger Genuesen und anderer Reisenden, die in Kitay gewesen sind, Glauben beimessen kann, so lebte in jener Gegend ein sehr vornehmer und überaus reicher Mann namens Nathan. Dieser besaß ein Landgut an einer Heerstraße, die ein jeder notwendig ziehen mußte, der entweder vom Morgenlande nach dem Abendlande oder vom Abend- nach dem Morgenlande reisen wollte. Da er nun ein wohltätiger, gastfreier Mann war und seine Gesinnung gern durch die Tat an den Tag legte, so ließ er von Meistern die in seinem Dienst standen, in kurzer Zeit einen von den größten, prächtigsten und schönsten Palästen, die man jemals gesehen hat, erbauen und alles in reichlicher Menge anschaffen, was nötig war, um jeden Biedermann nach Stand und Würden aufzunehmen und zu bewirten, und seine zahlreiche Dienerschaft mußte einen jeden, der ging und kam, mit Fröhlichkeit empfangen und ihm aufwarten. Und so lange übte er diese löbliche Sitte, daß der Ruf davon nicht nur im Orient, sondern auch im Okzident sich überall verbreitete.

Als er schon alt und betagt wurde und dennoch in seiner Gastfreiheit nicht ermüdete, kam von ungefähr das Gerücht von ihm zu den Ohren eines Jünglings namens Mithridanes, der in einem nicht weit entfernten Lande wohnte. Da er sich bewußt war, ebenso reich zu sein wie Nathan, so ward er eifersüchtig auf seine Tugenden und auf seinen Ruhm und beschloß, ihn durch eine noch größere Freigebigkeit zunichte zu machen oder zu verfinstern. Er ließ einen ebenso geräumigen Palast bauen wie der des Nathan und fing an, einen jeden Vorüberreisenden mit dem größten und unerhörtesten Aufwande zu bewirten, so daß er sich wirklich in kurzer Zeit keinen geringen Namen erwarb. Es traf sich jedoch einmal, indem der junge Mann allein im Hofe seines Palastes lustwandelte, daß ein armes Weiblein durch eine der vielen Pforten zu ihm hereinkam und ihn um ein Almosen bat, das er ihr auch gab. Sie kam durch eine andere Pforte wieder herein und bat ihn um ein zweites Almosen, das sie gleichfalls empfing, und so fuhr sie zwölfmal nacheinander fort. Als sie endlich auch noch das dreizehnte Mal wiederkam, sagte Mithridanes: »Gute Frau, du wiederholst deine Bitte ein wenig oft.« Doch gab er ihr wieder ein Almosen. Auf diese Worte hin rief die Alte: »Oh, wie bewunderungswürdig ist die Wohltätigkeit des Nathan! Ich bin zu ihm durch die zweiunddreißig Pforten eingegangen, die sein Palast ebenso wie dieser hat, und habe ihn um ein Almosen gebeten, und jedesmal hat er es mir gegeben, ohne sich auch nur einmal merken zu lassen, daß er mich wiedererkannt hätte; und hier erkennt man mich schon das dreizehnte Mal und macht mir Vorwürfe.«

Mit diesen Worten ging die Alte davon und kam nicht wieder. Als Mithridanes hörte, was sie sagte, und das Lob des Nathan als eine Schmälerung seines eigenen Ruhmes betrachtete, geriet er in Wut und dachte: »Wehe mir! Wann werde ich die Freigebigkeit des Nathan, die ich zu übertreffen gedachte, in großen Dingen auch nur erreichen, da ich es ihm im kleinen nicht einmal gleichtun kann? Wahrlich, alle meine Mühe ist vergebens, wenn ich ihn nicht selbst aus dem Wege räume, und da ihn seine Jahre nicht unter die Erde bringen, so muß ich es mit eigenen Händen tun.« In dieser Anwandlung von Jähzorn machte er sich auf und stieg, ohne sich mit jemand über seinen Plan zu besprechen, mit einigen wenigen Begleitern zu Pferde und gelangte am dritten Tage an den Ort, wo Nathan wohnte. Er befahl seinen Begleitern, sich nicht merken zu lassen, daß sie zu ihm gehörten, sondern sich selbst Herberge zu suchen und zu warten, bis sie weitere Befehle von ihm empfingen.

Er kam gegen Abend ganz allein an. Von ungefähr begegnete er Nathan, der ohne alle Begleitung, nicht weit von seinem schönen Palaste, in ganz schlichter Kleidung spazierend ging. Er kannte ihn nicht und fragte ihn, ob er ihm nicht sagen könne, wo Nathan wohne.

»Mein Sohn,« antwortete ihm Nathan freundlich, »das kann dir in dieser ganzen Gegend niemand besser sagen als ich; und wenn du willst, so bin ich bereit, dich selbst hinzuführen.«

Der Jüngling erwiderte, daß ihm dieses sehr lieb sein würde; allein, wenn es möglich wäre, so müßte es so geschehen, daß er von Nathan weder erkannt noch gesehen würde.

»Auch dies will ich dir zu Gefallen tun, weil du es wünschest«, sprach Nathan.

Mithridanes stieg also vom Pferd und ging mit Nathan, der ihn mit allerlei angenehmen Gesprächen unterhielt, bis an seinen Palast, wo Nathan einem von seinen Dienern befahl, das Pferd des Fremdlings in acht zu nehmen, und ihm zugleich heimlich ins Ohr sagte, er möge eiligst alle Leute im Hause warnen, sich gegen den Jüngling merken zu lassen, daß er Nathan wäre. Als sie in den Palast traten, führte er Mithridanes in ein schönes Zimmer, wo ihn niemand sah außer denen, die er selbst zu seiner Aufwartung bestellte; und hier ließ er ihn aufs beste verpflegen und leistete ihm selbst Gesellschaft.

Mithridanes lernte ihn bei näherer Bekanntschaft wie einen Vater verehren. Doch konnte er nicht umhin, ihn eines Tages zu fragen, wer er sei.

»Ich bin«, gab er ihm zur Antwort, »nur einer der geringsten Diener des Nathan. Von meiner Jugend an bin ich mit ihm aufgewachsen und bin mit ihm alt geworden; ich bin aber bei ihm nie weitergekommen, als du siehst; denn obgleich ihn sonst jeder in allen Tonarten preist, so kann ich mich seiner doch nicht sehr rühmen.«

Aus diesen Worten schöpfte Mithridanes Hoffnung, seinen schnöden Anschlag leicht und mit weniger Gefahr ausführen zu können. Nathan fragte ihn darauf höflich, wer er sei und welche Absicht ihn hergeführt hätte, und erbot sich, ihm in allem nach seinen Kräften mit Rat und Tat beizustehen. Mithridanes zögerte ein wenig, was er ihm antworten solle, entschloß sich aber am Ende, sich ihm völlig anzuvertrauen, und nachdem er in einer langen Vorrede ihn um Treue und Verschwiegenheit gebeten hatte, forderte er Rat und Beistand von ihm, indem er ihm zugleich seinen Namen und seine Absicht ohne Rückhalt entdeckte.

Nathan konnte zwar die Rede und den heimtückischen Vorsatz des Mithridanes nicht ohne innerliche Erschütterung mit anhören; doch faßte er sich und antwortete ihm ruhig und gefaßt, ohne sich lange zu bedenken: »Mithridanes, dein Vater war ein edler Mann und du willst ihm nicht nachstehen und hast deswegen das große Werk unternommen, dich gegen alle Menschen freigebig und wohltätig zu beweisen. Ich tadle dich auch nicht, daß du auf Nathans Tugenden eifersüchtig bist, denn wenn dir viele nacheiferten, so würde die Welt, die voll Elend ist, bald gut und glücklich werden. Dein Vorhaben, das du mir eröffnet hast, soll gewiß verschwiegen bleiben; darin kann ich dir jedoch besser mit gutem Rat als mit tätiger Hilfe beistehen.

Mein Rat ist dieser: Du siehst von hier aus in einer Entfernung von ungefähr einer halben Meile ein kleines Gehölz, in dem Nathan jeden Morgen ganz allein eine geraume Zeit zu seinem Vergnügen umherwandelt. Dort kannst du ihn ohne Mühe finden und mit ihm verfahren, wie du es für gut findest. Wenn du ihn getötet hast, so geh, um sicher wieder nach Hause zu gelangen, nicht denselben Weg, den du hergekommen bist, sondern folge dem, der dich, wie du sehen wirst, linker Hand aus dem Gehölz führt. Er ist zwar etwas verwildert, allein er führt dich näher und sicherer nach Hause.«

Als Mithridanes diese Weisung erhalten und Nathan sich entfernt hatte, gab er seinen Leuten, die auch dorthin gekommen waren, Nachricht, wo sie ihn am folgenden Tag erwarten sollten. Sobald der neue Tag anbrach, ging Nathan, dem Ratschlage gemäß, den er Mithridanes gegeben hatte und der völlig seiner Gesinnung entsprach, ganz allein in das Wäldchen, um dort zu sterben. Mithridanes stand gleichfalls auf, nahm seinen Bogen und sein Schwert, die einzigen Waffen, die er hatte, stieg zu Pferde und ritt dem Wäldchen zu, wo er von ferne Nathan, ganz allein wandelnd, gewahr ward. Da er wünschte, ihn erst zu sehen und reden zu hören, ehe er ihn erschlug, so sprengte er auf ihn zu, ergriff ihn bei dem Turban, den er um das Haupt trug, und sprach: »Alter, du bist des Todes!«

»Dann habe ich ihn verdient«, antwortete Nathan.

Als Mithridanes seine Stimme hörte und sein Angesicht erblickte, erkannte er ihn augenblicklich als den, der ihn so gütig aufgenommen, so vertraulich begleitet und ihm so aufrichtig geraten hatte. Sein Haß verließ ihn, sein Zorn verwandelte sich in Schamröte, er warf sein Schwert, das er schon zum Mordstreich gezückt hatte, von sich, sprang vom Pferde, warf sich dem Greis mit Tränen zu Füßen und sagte: »Jetzt, teurer Vater, erkenne ich in der Tat Eure Freigebigkeit, indem ich sehe, mit welcher Gelassenheit Ihr hierhergekommen seid, mir Euer Leben zu schenken, dem ich ohne Ursache nachgestellt und es Euch selbst offenbart habe. Aber Gott, der im entscheidenden Augenblick besser über mich und über meine Pflicht wachte als ich selbst, hat mir die Augen des Geistes geöffnet, die mein schändlicher Neid mir verschlossen hatte; und je mehr Ihr bereit gewesen seid, mir zu willfahren, um desto mehr ist es meine Pflicht, mein Verbrechen zu sühnen. Rächt Euch demnach an mir, so wie Ihr glaubt, daß mein Vergehen es verdient.« Nathan hieß ihn aufstehen, umarmte ihn zärtlich, küßte ihn und sagte: »Mein Sohn, du magst deinen Vorsatz böse nennen oder nicht, so brauchst du deswegen nicht um Verzeihung zu bitten, und ich habe nicht nötig, dir zu verzeihen; denn du faßtest ihn nicht aus Haß, sondern um für besser gehalten zu werden. Sei demnach unbesorgt vor mir und sei versichert, daß kein Mensch in der Welt dich mehr liebt als ich, indem ich deinen hochstrebenden Geist erwäge, der dich antreibt, nicht Reichtümer anzuhäufen, wie die Geizigen tun, sondern deine gesammelten Schätze wohl anzuwenden. Schäme dich auch nicht, daß du mir nach dem Leben getrachtet hast, um berühmt zu werden, und glaube ja nicht, daß ich mich darüber wundere. Die erlauchtesten Kaiser und die größten Könige haben fast durch keine andere Kunst ihre Grenzen erweitert und folglich ihren Ruhm vermehrt als durch Totschlag, und zwar haben sie nicht, wie du tun wolltest, nur einen Menschen, sondern viele Tausende hingeopfert, Länder verheert und versengt und Städte dem Erdboden gleichgemacht. Wenn du demnach, um deinen Ruhm heller erstrahlen zu lassen, mich einzelnen Mann aus dem Wege räumen wolltest, so tatest du nichts Außerordentliches, sondern etwas sehr Gewöhnliches.«

Mithridanes suchte sein verkehrtes Vorhaben nicht zu bemänteln, sondern wußte es Nathan Dank, daß er selbst es so glimpflich entschuldigte. Indem er das Gespräch fortsetzte, bezeigte er ihm sein Erstaunen darüber, daß Nathan sich hätte entschließen können, seine Absicht zu befördern und ihm selbst dazu noch seinen Rat gegeben habe.

Nathan antwortete: »Mithridanes, du mußt dich über meinen Rat und meinen Entschluß nicht wundern; denn seitdem ich mein eigener Herr und Herr meiner selbst bin, habe ich gesucht, das zu tun, was du gleichfalls unternommen hast, und niemand ist in mein Haus gekommen, dem ich nicht nach meinem besten Vermögen alles gewährt hätte, was er von mir verlangte. Du kamst und trachtetest nach meinem Leben, und als ich dich deinen Wunsch äußern hörte, wollte ich nicht, daß du der einzige sein solltest, der mich unbefriedigt verließe; darum entschloß ich mich unbedenklich, dir mein Leben aufzuopfern, und damit es dir nicht fehlte, so zeigte ich dir selbst den Weg, wie du mir mein Leben rauben könntest, ohne das deinige in Gefahr zu setzen. Und darum sage ich dir noch einmal und bitte dich, nimm es mir, wenn es dir behagt, und erfülle deinen Wunsch, ich wüßte nicht, wie ich es besser verlieren könnte. Ich habe es nun achtzig Jahre genossen und es nach meinem Wohlgefallen und meiner Freude angewandt, und ich weiß, daß mir nach dem Naturgesetz, wie es das Beispiel des Menschen und aller übrigen Geschöpfe beweist, nur noch eine kleine Frist übrig bleibt. Diese zu verschenken, wie ich bisher meine Schätze verschenkt und dahingegeben habe, scheint mir besser, als mein Leben so lange behalten zu wollen, bis die Natur es mir wider meinen Willen nimmt. Hundert Jahre sind nur ein kleines Geschenk, wieviel mehr denn sechs oder acht, die ich noch erleben könnte? Nimm es also, wenn es dir gefällt, ich bitte dich darum, denn in meinem ganzen Leben habe ich noch niemand gefunden, der es begehrt hätte, und wenn du, der du danach trachtest, es nicht nimmst, so weiß ich nicht, wann sich ein Liebhaber dazu finden wird. Und gesetzt, es fände sich auch ein anderer, so weiß ich doch, daß es mit den Jahren immer mehr von seinem Wert verliert. Nimm es denn, ich bitte dich, ehe es noch mehr in seinem Werte sinkt.«

Mithridanes entgegnete tief beschämt: »Gott bewahre, daß ich ein so teures Gut wie Euer Leben rauben oder länger danach trachten sollte, wie ich einst getan habe! Ehe ich seine Jahre verkürzen wollte, wünsche ich lieber, wenn es möglich wäre, sie mit den meinigen zu verlängern.«

»Und wenn du das könntest, wolltest du es dann wirklich auch tun?« fragte Nathan hastig. »Wolltest du mir erlauben, das zu tun, was ich noch niemand getan habe: von deinem Eigentum etwas anzunehmen, der ich noch niemals fremdes Eigentum angenommen habe?«

»Ja!« antwortete Mithridanes, ohne sich zu besinnen.

»Wohlan, so tue, wie ich dir sage,« sprach Nathan, »du bleibst, jung wie du bist, unter dem Namen Nathan in diesem Hause, und ich beziehe das deinige und lasse mich künftig Mithridanes nennen.«

Mithridanes antwortete: »Wenn ich so löblich zu handeln verstände, wie Ihr es versteht und verstanden habt, so würde ich ohne langes Bedenken Euer Anerbieten annehmen; allein, da ich gewiß weiß, daß mein Betragen den Ruhm des Nathan nur vermindern würde, und da ich einem andern das nicht verderben mag, was ich an mir selbst nicht zur Vollkommenheit zu bringen verstehe, so muß ich es ausschlagen.«

So führten Mithridanes und Nathan noch manche angenehmen Gespräche miteinander und gingen auf den Wunsch Nathans zusammen zurück in den Palast, wo Nathan Mithridanes noch einige Tage aufs gastfreieste bewirtete und ihn mit aller Sorgfalt und Weisheit in seinem edlen und löblichen Bestreben bestärkte. Als endlich Mithridanes den Wunsch äußerte, mit seiner Gefolgschaft wieder nach Hause zu reisen, entließ ihn Nathan, nachdem er ihn völlig überzeugt hatte, daß er ihn an Freigebigkeit nimmermehr würde übertreffen können.

30. Novelle

Der siegreiche König Karl der Ältere verliebt sich in ein junges Mädchen, schämt sich aber seiner törichten Leidenschaft und vermählt sie und ihre Schwester mit würdigen Männern.

Jeder hat wohl schon von König Karl dem Älteren oder dem Ersten gehört, durch dessen tapferes Unternehmen und seinen darauffolgenden glorreichen Sieg über König Manfredi die Ghibellinen aus Florenz vertrieben und die Welfen wieder in den Besitz desselben versetzt wurden. Bei diesen Umständen war ein gewisser Ritter, namens Messer Neri degli Uberti, mit all den Seinigen und mit einem großen Vermögen von dort ausgewandert, wollte sich aber nirgends anders als unter dem Schutze des Königs Karl niederlassen; und um in ruhiger Einsamkeit zu leben und seine übrigen Tage in Ruhe zuzubringen, zog er nach Castellamare d‘ Italia und kaufte sich ungefähr einen Bogenschuß von der Stadt ein Gut, mitten unter Ölbäumen, Nußbäumen und Kastanien, die in der Gegend häufig wachsen, ließ sich daselbst ein hübsches, bequemes Landhaus bauen, neben dem Hause einen schönen Garten anlegen und mitten in demselben, weil er an fließendem Wasser keinen Mangel hatte, einen großen klaren Fischteich, den er mit allerlei schmackhaften Fischen besetzen ließ. Indem er sich hier die Verschönerung seines Gartens zum einzigen Geschäft machte, traf es sich, daß König Karl in der heißen Jahreszeit sich nach Castellamare begab, um sich eine Zeitlang zu erholen. Weil er nun von dem schönen Garten Messer Neris hörte, bekam er Lust, ihn zu sehen, und da man ihm gesagt hatte, wer er war, so glaubte er, weil er von der gegnerischen Partei war, mit ihm desto weniger Umstände machen zu können und ließ ihm sagen, er wolle am folgenden Abend nebst vier Kavalieren in seinem Garten mit ihm zu Nacht essen.

Messer Neri war dies sehr lieb; er ließ alles aufs herrlichste zubereiten und traf mit den Seinigen alle Anstalten. Dann empfing er den König in seinem schönen Garten so freundlich, wie er nur mußte und konnte. Nachdem der König den ganzen Garten und das Haus besehen und alles sehr schön gefunden hatte, fand er die Tafel neben dem Fischteiche gedeckt und setzte sich nach dem Händewaschen nieder. Dem Grafen Guido von Montfort, einem der Kavaliere, die mit ihm gekommen waren, befahl er, sich an die eine Seite neben ihn zu setzen, und an der andern mußte Messer Neri Platz nehmen. Die übrigen drei Herren mußten auf seinen Befehl nach der Anweisung des Messer Neri bei der Tafel aufwarten. Die besten Speisen wurden aufgetragen, die Weine waren von den besten und köstlichsten, und alles ging mit der schönsten und löblichsten Ordnung zu, ohne Geräusch und Verwirrung, was dem König ungemein gefiel. Indem er nun an der Tafel saß und sich der Stille und Einsamkeit des Ortes erfreute, traten zwei junge Mädchen von ungefähr fünfzehn Jahren in den Garten, deren goldene Locken in feinen Ringeln ihre Schultern umflossen und mit leichten ländlichen Kränzen von Immergrün gekrönt waren. Ihre Angesichter glichen an Zartheit und Schönheit mehr Engeln als Menschen, und ihre schneeweißen Kleider von spinnewebenfeiner Leinwand lagen auf der bloßen Haut vom Gürtel aufwärts fest an, indes sie sich nach unten wie ein Zelt erweiterten und bis auf die Füße hinabwallten. Die eine trug ein paar Fischernetze auf der Schulter, die sie mit der Linken faßte, und in der Rechten hielt sie eine lange Stange. Die andere, die ihr nachfolgte, hatte auf der linken Schulter eine Pfanne, unter dem Arm ein Reisigbündel, in der Hand einen Dreifuß und in der Rechten einen Ölkrug und eine kleine brennende Fackel.

Der König verwunderte sich, als er die Mädchen kommen sah, und war begierig zu sehen, was das zu bedeuten hätte. Indem die Mädchen sich näherten, beugten sie ehrerbietig und schüchtern die Knie vor dem König und gingen nach der Treppe, wo man in den Teich hinabstieg. Die, welche die Pfanne trug, setzte sie nebst den übrigen Sachen nieder, nahm die Stange von der andern, und beide stiegen hinab, in das Wasser, das ihnen bis an die Brust reichte. Einer von den Dienern Messer Neris zündete eiligst Feuer an, setzte die Pfanne auf den Dreifuß, tat Öl hinein und wartete, daß die Mädchen ihm Fische zuwarfen. Die eine jagte mit ihrer Stange Fische aus ihren Schlupfwinkeln ihrer Schwester zu, und diese fing sie zur nicht geringen Ergötzung des Königs, der aufmerksam zusah, in ihrem Netz auf, und so erhielten sie in der Geschwindigkeit eine große Menge Fische, die sie dem Diener zuwarfen, der sie noch fast lebendig in die Bratpfanne legte. Dann begannen sie, wie ihnen angegeben worden war, noch schönere zu fangen und warfen sie dem König, dem Grafen Guido und ihrem Vater auf den Tisch. Der König belustigte sich, die Fische auf der Tafel herumspringen zu sehen und sie freundlich scherzend den Mädchen wieder zuzuwerfen, und dieser Scherz ward so lange fortgesetzt, bis der Diener alle die gebraten hatte, die ihm gegeben worden waren. Diese wurden jedoch mehr als ein Zwischengericht aufgetragen, als daß sie eine köstliche, richtige Hauptschüssel hätten vorstellen sollen. Als die Mädchen fanden, daß die Fische gebraten waren und sie genug gefischt hatten, stiegen sie wieder aus dem Wasser, in dem ihr feines, leichtes Gewand sich so fest an ihre schönen, zarten Glieder angelegt hatte, daß es fast keine einzige ihrer Schönheiten mehr verhüllte. Jede von ihnen hob die Geräte wieder auf, die sie mitgebracht hatte, ging züchtig errötend an dem König vorüber und begab sich wieder in das Haus.

Der König, der Graf und die dienenden Kavaliere hatten die liebenswürdigen Mädchen aufmerksam betrachtet und ihre Schönheit und reizende Gestalt, und nicht weniger ihre Anmut und Artigkeit, heimlich bewundert; vorzüglich aber war der König von ihnen ganz entzückt worden. Er hatte in dem Augenblick, da sie aus dem Wasser stiegen, einen jeden ihrer Reize so genau gemustert, daß er in diesem Augenblick nichts würde gefühlt haben, wenn man ihn auch mit Nadeln gestochen hätte, und je mehr er an sie dachte, ohne jedoch zu wissen, wer und was sie wären, desto lebhafter erwachte in seinem Herzen die Begierde, ihnen zu gefallen, und ließ ihn deutlich genug merken, daß er Ursache hätte, sich in acht zu nehmen, um nicht verliebt zu werden; inzwischen wußte er selbst nicht, welcher von beiden er den Vorzug geben solle, so sehr waren sie in allen Dingen einander ähnlich. Nachdem er eine Zeitlang darüber hin und her gedacht hatte, fragte er endlich Messer Neri, wer die beiden Jungfrauen wären.

»Sire,« antwortete Messer Neri, »es sind meine Töchter und Zwillingsgeschwister. Die eine nennt man Ginevra die Schöne, und die andre heißt Isotta die Goldlockige.« Der König rühmte sie sehr und ermahnte ihn, sie zu verheiraten, worauf aber Messer Neri sich mit seinem geringen Vermögen entschuldigte. Indem nun die Mahlzeit bis auf den Nachtisch vorbei war, kamen die beiden Jungfrauen wieder, in schönen seidenen Gewändern, mit zwei großen silbernen Schüsseln, gefüllt mit allerlei Früchten, welche die Jahreszeit darbot, und stellten sie vor den König auf die Tafel. Darauf traten sie einige Schritte zurück und sangen ein Lied, welches mit den Worten anfing:

Wie sehr du, Amor, mich gequält,
Das ist mit wenig Worten nicht erzählt,

mit so vieler Anmut und Lieblichkeit, daß der König, der sie mit Wonne betrachtete und zuhörte, glaubte, alle Scharen der Engel wären vom Himmel herabgekommen, um ihm vorzusingen. Als sie gesungen hatten, neigten sie ehrerbietig das Knie und baten den König um Urlaub, den er ihnen auch mit freundlicher Miene erteilte, obwohl es ihm innerlich leid war, daß sie sich entfernten. Nach beendigtem Gastmahl stieg der König mit seinen Begleitern zu Pferde, verabschiedete sich von Messer Neri und kehrte mit ihnen unter allerlei Gesprächen nach seinem Hoflager zurück. Er verschwieg seine Empfindungen; da er aber, ungeachtet der wichtigen Staatsangelegenheiten, die ihn beschäftigten, die Anmut und die Reize der schönen Ginevra nicht vergessen konnte, um derentwillen er auch ihre Schwester, die ihr so sehr ähnlich war, mitliebte, verwickelte er sich dergestalt ins Netz der Liebe, daß er fast an nichts anderes denken konnte und deswegen unter allerlei Vorwand einen beständigen Umgang mit Messer Neri unterhielt und ihn fleißig in seinem schönen Garten besuchte, um Ginevra zu sehen.

Als er es endlich nicht länger aushalten konnte, und weil er kein anderes Mittel wußte, kam er auf den Einfall, nicht nur Ginevra, sondern auch zugleich ihre Schwester dem Vater zu entführen, er entdeckte dem Grafen Guido sowohl seine Liebe als auch seine Absicht. Da der Graf aber ein rechtschaffener Mann war, so gab er ihm zur Antwort: »Sire, ich wundere mich über das, was Ihr mir sagt, und ich verwunderte mich darüber mehr als ein anderer, je genauer ich glaube, Eure Gesinnungen von Jugend auf gekannt und aufmerksamer als irgendein anderer beobachtet zu haben. Da ich nun in Euren Jugendjahren, in denen sich die Liebe am leichtesten ihrer Beute bemächtigt, nie bemerkt habe, daß Ihr mit dieser Leidenschaft bekannt wäret, so kommt es mir jetzt, da Ihr dem Alter entgegengeht, so fremd und sonderbar vor, Euch sagen zu hören, daß Ihr verliebt seid, daß ich es fast für ein Wunder halten muß; und wenn es mir zukäme, Euch darüber Vorstellungen zu machen, so wüßte ich wohl, was ich Euch sagen würde, wenn ich bedenke, daß Ihr Euch noch mit den Waffen in der Hand in einem neueroberten Reich befindet, mitten unter einem fremden Volke voll List, überhaupt mit Sorgen und Unruhen und mit den wichtigsten Staatsgeschäften, daß Ihr nicht einmal einen bleibenden Wohnsitz habt wählen können, und daß Ihr bei dem allem dem Reiz der verführerischen Liebe Raum gegeben habt. Das heißt nicht handeln, wie ein hochherziger König, sondern wie ein schwacher Jüngling. Ja, was noch mehr ist, Ihr sagt, Ihr habt Euch vorgenommen, diesem armem Ritter seine beiden Töchter zu rauben, nachdem er Euch in seinem Hause gastfrei bewirtet und, um Euch recht hoch zu ehren, Euch seine Kinder fast nackt gezeigt hat, um Euch sein völliges Vertrauen zu beweisen, und daß er Euch wie einen König und nicht wie einen raubgierigen Wolf betrachtet. Habt Ihr denn schon so bald vergessen, daß die Gewalttätigkeiten, welche Manfredi gegen die Weiber ausgeübt hat, Euch zuerst den Weg zum Thron dieses Reiches gebahnt haben? Könnt Ihr Euch eines Verbrechens schuldig machen, welches der ewigen Strafe mehr wert ist, als wenn Ihr demjenigen, der Euch ehret, seine Ehre, seine Hoffnungen und seinen Trost zu rauben trachtet? Was würde man von Euch sagen, wenn Ihr so handeln wolltet? Ihr glaubt vielleicht, es sei genug zu Eurer Entschuldigung, wenn Ihr sagt: Ich tat dieses, weil er ein Ghibelline ist. Aber ziemt es denn einem gerechten Könige, diejenigen, die sich ihm selbst in die Arme werfen, auf solche Art zu behandeln, sie mögen sein, wer sie wollen? Ich gebe es Euch zu bedenken, Sire, daß es Euch zwar zum großen Ruhm gereicht, den Manfredi überwunden zu haben, daß es aber noch weit rühmlicher ist, sich selbst zu überwinden, und da Ihr andere zur Ordnung anhalten sollt, so beherrschet Euch selbst, zähmt Eure Begierden und verdunkelt nicht mit einem solchen Makel den glänzenden Ruhm, den Ihr Euch erworben habt.«

Diese Worte drangen dem König durchs Herz, und er fühlte sich um desto tiefer, je heller ihm ihre Wahrheit in die Augen leuchtete. Mit einem schweren Seufzer gab er zur Antwort: »Graf, es ist wahr, daß es dem wohlgeübten Helden weit leichter ist, einen jeden andern Feind, er sei so mächtig, wie er wolle, zu überwinden als seine eigenen Begierden. Allein so schwer auch der Kampf und so unerschwinglich auch die dazu erforderlichen Kräfte sein mögen, so habt Ihr mich doch durch Eure Worte dergestalt angespornt, daß ich nicht säumen darf, Euch in wenigen Tagen durch die Tat zu überzeugen, daß ich ebensowohl mich beherrschen als andere überwinden kann.«

Es verstrichen auch wirklich nur wenige Tage, so ging der König nach Neapel zurück, und teils um den Ritter für die ihm bewiesene Ehrerbietung zu belohnen, teils um sich selbst die Veranlassung zu irgendeiner unedlen Handlung zu benehmen, entschloß er sich, so schwer es ihm auch wurde, andere in den Besitz desjenigen zu setzen, was er selbst so sehnlich begehrt hatte: die beiden Jungfrauen zu verheiraten, und zwar nicht wie die Töchter des Messer Neri, sondern als ob sie seine eigenen Töchter wären. Er stattete sie mit Genehmigung ihres Vaters königlich aus und gab Ginevra die Schöne dem Herrn Maffeo da Palizzi und Isotta die Goldlockige dem Herrn Guiglielmo della Magna, zwei edlen Rittern und angesehenen Baronen, zu Gemahlinnen, und nachdem er sie ihnen überantwortet hatte, ging er mit schwerem Herzen nach Apulien und bändigte durch unablässige Anstrengungen seine Begierden dergestalt, daß er die Fesseln der Liebe gänzlich zerbrach und hernach zeitlebens frei von dieser Leidenschaft blieb.

Manche werden vielleicht sagen, daß es für einen König nur eine Kleinigkeit war, ein Paar Mädchen zu verheiraten; dieses will ich gern einräumen; allein ich behaupte daß es edel, sehr edel gehandelt war, wenn wir bedenken, daß ein liebender König seine Geliebte vermählte, ohne von seiner Liebe Blatt, Blüte oder Frucht gepflückt zu haben oder zu pflücken. Und so handelte dieser großmütige König, indem er den edlen Ritter fürstlich belohnte, die geliebten Mädchen zu großen Ehren erhob und sich selbst mannhaft überwand.

4. Novelle

Landofo Rufolo verarmt und wird Seeräuber. Die Genueser nehmen ihn gefangen; er erleidet Schiffbruch und rettet sich auf einem Kasten voll Juwelen, wird in Corfu von einer armen Frau beherbergt und kehrt reich nach Hause zurück.

Man hält das Meerufer zwischen Reggio und Gaeta für eine der lieblichsten Gegenden Italiens. An diesem Ufer befindet sich in der Nähe von Salerno eine bergige Küstenstrecke, die über das weite Meer hinaussieht und von den Eingeborenen die Küste von Amalfi genannt wird. Sie ist mit einer Menge kleiner Städte und von Quellen bewässerter Gärten bedeckt, die von den reichsten und tätigsten Handelsleuten der Welt bewohnt werden. Unter diesen kleinen Städten ist eine namens Ravello, woselbst es zwar noch heutigestags an reichen Leuten nicht fehlt; doch zählte sie einst unter ihren Bürgern einen gewissen Landolfo Rufolo, der über alle Maßen reich war, dem aber seine Reichtümer dennoch nicht genügten, so daß er sie noch zu verdoppeln suchte und darüber in Gefahr geriet, nicht nur sie, sondern auch mit ihnen das Leben zu verlieren.

Nachdem er nach Art der Kaufleute seine Kalkulationen gemacht hatte, kaufte er ein großes Schiff, befrachtete es für seine eigene Rechnung mit Waren und segelte damit nach Cypern. Wie er aber ankam, fand er bereits eine große Anzahl Schiffe vor, die mit eben den Waren beladen waren, so daß er die seinigen, wenn er sie loswerden wollte, nicht nur sehr wohlfeil verkaufen, sondern sie fast umsonst verschenken mußte, worüber er aus der Haut fahren wollte. Als er nun vor lauter Verzweiflung nicht wußte, was er anfangen sollte, da er aus einem sehr reichen Mann in kurzem beinahe zum Bettler geworden war, so beschloß er, entweder in den Tod zu gehen oder sich durch Kaperei von seinem Verlust zu erholen, um nicht arm dahin zurückzukehren, von wo er als ein reicher Mann ausgefahren war. Er verkaufte sein großes Schiff, und mit dem Gelde, das er daraus löste, und mit demjenigen, das er für seine Waren empfangen hatte, kaufte er ein leichtes Fahrzeug zum Kreuzen, das er aufs beste ausrüstete und mit allem Nötigen versah, das zu einem Piratenzuge nötig war, worauf er anfing, auf alles Jagd zu machen, vorzüglich aber auf die Türken. Das Glück war ihm bei diesem Gewerbe viel günstiger als ehemals bei seinen Handelsunternehmungen, und er nahm in Jahresfrist so viele türkische Fahrzeuge weg, daß er nicht nur alles wiedergewann, was er bei seinen Waren verloren hatte, sondern wohl noch einmal soviel dazu. Weil ihn nun sein erster Verlust gewitzigt hatte, und er sah, daß er reich genug war, so glaubte er, um nicht zum zweitenmal in die Schlinge zu fallen, müsse er sich begnügen. Er entschloß sich also, nach Hause zurückzukehren, und da er von Spekulationen genug hatte, so bekam er keine Lust, sein bares Geld noch einmal in Waren anzulegen, sondern er stach mit demselben Schiff, womit er es gewonnen hatte, in See. Wie er sich schon im Archipel befand, erhob sich ein Südoststurm, der ihm nicht nur entgegen war, sondern auch das Meer so unruhig machte, daß er sich nicht getraute, mit seinem kleinen Schiff die offene See zu halten, sondern in einer Bucht unter dem Schutz einer kleinen Insel vor Anker ging, um besseres Wetter abzuwarten. Wie er hier noch nicht lange gelegen hatte, warfen zwei große genuesische Kauffahrer, die von Konstantinopel kamen und sich mit Mühe gleichfalls dahin retteten, nach ihm Anker. Als diese seine Nußschale gewahr wurden und erfuhren, daß es Landolfo war, von dessen Reichtümern sie schon gehört hatten, gedachten sie als geldgierige, räuberische Leute, es in ihre Hände zu bekommen. Den Weg nach der See hatten sie ihm bereits verlegt. Sie schickten also noch einen Teil ihrer Mannschaft mit Armbrüsten und anderen Waffen ans Land, um zu verhindern, daß sich jemand lebend von dem Schiffe dahin retten möchte, worauf sie mit ihren Booten, wobei ihnen die Meeresströmung zustatten kam, sich an die Seite des Schiffes bugsieren ließen und es nach einem schwachen Widerstande samt der ganzen Mannschaft wegnahmen, ohne einen einzigen Mann zu verlieren. Landolfo, dem sie nichts als eine armselige Jacke übriggelassen hatten, ließen sie an Bord einer ihrer Brigantinen bringen. Sein Schiff plünderten sie völlig aus und bohrten es dann in Grund. Als am folgenden Tage der Wind günstiger ward, lichteten sie die Anker und segelten nach Westen. Der Wind blieb ihnen auch den ganzen Tag günstig. Allein gegen Abend erhob sich ein Sturm, die See ging hoch, die beiden Schiffe wurden durch den Sturm getrennt, und das Unglück wollte, daß das, auf dem sich Landolfo befand, mit fürchterlicher Gewalt auf einer Sandbank oberhalb der Insel Cefalonia auf den Grund stieß und wie ein gegen eine Mauer geworfenes Glas klirrend und krachend zersprang. Die armen Schiffbrüchigen suchten sich in der finstern Nacht zu retten, so gut sie konnten, auf Waren, Kisten und Brettern, die umhertrieben. Wer schwimmen konnte, schwamm, und die übrigen klammerten sich an das erste, was ihnen in den Weg trieb. Unter diesen befand sich auch der arme Landolfo, der am vorigen Tage den Tod oft angerufen hatte, weil er lieber sterben, als wie ein Bettler nach Hause zurückkehren wollte. Wie er aber den Tod vor Augen sah, fürchtete er sich doch vor ihm, so gut wie die andern, und verschmähte es nicht, eine Planke zu ergreifen, in der Hoffnung, daß ihm der Himmel, wenn er sich vor dem Ertrinken retten könnte, doch wohl wieder Hilfe senden möchte. Er klammerte sich demnach mit Armen und Beinen an das Brett und erhielt sich auf ihm bis an den lichten Morgen, indes ihn Sturm und Wellen bald hierhin, bald dorthin schleuderten. Bei Tagesanbruch sah er rings um sich her nichts als Luft und Wasser und eine auf den Wellen treibende Kiste, die ihm oft zu seinem großen Schrecken sehr nahe kam. Denn er fürchtete, sie möchte ihm einen Prellstoß geben, der ihm gefährlich würde. So oft sie ihm zu nahe kam, suchte er sie mit den wenigen Kräften, die ihm übriggeblieben waren, von sich zu stoßen. Allein plötzlich erhob sich ein gefährlicher Windstoß und warf die Kiste mit solcher Gewalt gegen das Brett, daß Landolfo es mußte fahren lassen und in den Wellen versank. Wie er wieder auftauchte und ihm die Angst mehr als seine Kräfte half, sich über Wasser zu halten, fand er, daß das Brett zu weit von ihm entfernt war, deswegen er die Arme nach der Kiste streckte, die ihm eben nahe genug trieb, um sie zu erreichen. Er stemmte sich mit der Brust auf den Deckel und steuerte sie mit den Armen, so gut er konnte, und so trieb er den Tag und die ganze Nacht bald hierhin, bald dorthin auf den Wogen umher, ohne zu essen, weil er nichts hatte, dagegen er öfter zu trinken bekam, als ihn lüstete, und nichts als offenes Meer um sich sah, ohne zu wissen, wo er sich befand.

Am folgenden Tage erbarmte sich der Himmel seiner oder die Windrichtung. Er war schon porös geworden wie ein Schwamm und klammerte sich an die Seiten der Kiste verzweifelt fest, wie ein Ertrinkender in Todesangst. Da trieb er an das Ufer der Insel Korfu, wo von ungefähr ein armes Weib ihre Töpfe mit Sand und Seewasser scheuerte. Wie sie ihn und seine Arche schwimmen sah und keine deutliche Gestalt unterscheiden konnte, fürchtete sie sich und lief schreiend davon. Er selbst hatte nicht die Kraft zu sprechen oder auch nur zu sehen so daß er ihr nichts sagen konnte. Doch wie ihn die Wogen ans Ufer spülten, ward das Weib erstlich die Kiste gewahr, dann die Arme, die sie umschlangen, hernach das Menschengesicht, und erriet nun endlich das Ganze. Vom Mitleid bewogen, watete sie ein wenig ins Meer hinaus, das sich schon beruhigt hatte, und zog ihn bei den Haaren samt der Kiste ans Land, wo sie mit Mühe seine Arme von ihr losmachte. Die Kiste ließ sie von ihrer Tochter, die bei ihr war, auf dem Kopfe tragen. Sie selbst trug Landolfo wie ein Kind auf ihren Armen nach Hause und brachte ihn in eine Badestube, wo sie ihn so lange rieb und mit warmem Wasser wusch, bis die erloschene Farbe sich auf seinen Wangen wieder einstellte und die verlorenen Kräfte allmählich wiederkamen. Wie sie glaubte, daß es Zeit wäre, nahm sie ihn aus dem Bad und erquickte ihn mit etwas gutem Wein und Backwerk und bewirtete ihn, so gut sie konnte, einige Tage, bis er wieder zu Kräften und völliger Besinnung kam, worauf sie es für Pflicht hielt, ihm seine Kiste, die sie geborgen hatte, wieder zuzustellen und ihm zu sagen, daß er nun wieder für sich selbst sorgen könne. Er wußte zwar von keiner Kiste, doch nahm er sie gern an, wie die gute Frau sie ihm darbot, weil er dachte, sie müßte wenig wert sein, wenn sie ihm nicht einmal auf einen Tag zu seiner Zehrung verhelfe. Wie er sie aufhob und sehr leicht fand, verging ihm beinahe die Hoffnung. Doch einst, wie die gute Frau nicht zu Hause war, erbrach er sie, um zu sehen, was darin wäre, und fand, daß sie eine Menge köstlicher Steine, gefaßte und ungefaßte, enthielt, von denen er einigermaßen ein Kenner war, und fand, daß sie von großem Werte waren. Er dankte dem Himmel, der ihn noch nicht verlassen hatte, und ward recht guten Muts. Weil ihn aber das Glück nun schon zweimal genasführt hatte, so traute er ihm das drittemal nicht, sondern hielt für nötig, es sehr vorsichtig anzufangen, diese Kostbarkeiten nach Hause zu bringen. Er wickelte sie in alte Lumpen und sagte zu seiner Wirtin, er könnte die Kiste nicht mehr brauchen: sondern bäte sie, ihm lieber einen Sack dafür zu geben, was die gute Frau herzlich gerne tat. Er dankte ihr darauf innig für die Wohltat, die sie ihm erwiesen hatte, nahm seinen Sack auf den Buckel, fuhr in einem Boot hinüber nach Brindisi und wanderte längs der Küste fort bis nach Trani, wo er einige Tuchhändler fand, die seine Landsleute waren, die ihn aus Barmherzigkeit kleideten, nachdem er ihnen alle seine Begebenheiten, die mit der Kiste ausgenommen, erzählt hatte, ihm außerdem ein Pferd liehen und ihn bis nach Ravello geleiteten, wohin er zurückzukehren wünschte. Als er nun hier in Sicherheit zu sein glaubte, dankte er Gott, der ihn zurückgeführt hatte, öffnete sein Bündel und fand bei genauer Untersuchung, daß er so viele und köstliche Steine besaß, daß er, wenn er sie auch unter ihrem Wert verkaufte, doppelt so reich war als damals, da er ausreiste.

Nachdem er Mittel gefunden hatte, seine Schätze zu Geld zu machen, schickte er eine schöne Summe nach Korfu, um der guten Frau ihre Dienste zu belohnen, die ihn aus dem Wasser gezogen hatte, und auch nach Trani an diejenigen, die ihn gekleidet hatten. Den Rest behielt er, ohne sich fürder um Geschäfte zu bekümmern, und lebte hochangesehen und im Wohlstand bis an sein Ende.

5. Novelle

Masetto von Lamporecchio stellt sich stumm, wird Gärtner in einem Nonnenkloster, wo die Nönnchen eine nach der andern bei ihm liegen.

Es stand einmal und steht noch heute in unserer Gegend im Geruch der Heiligkeit ein Nonnenkloster, das ich aber, um seinem guten Leumund keinen Abbruch zu tun, nicht nennen will, woselbst vor nicht gar langer Zeit, als in ihm nicht mehr als acht Nonnen nebst ihrer Äbtissin, lauter junge Geschöpfe, sich befanden, ein braver Mann als Gärtner in Diensten stand, dem sein geringer Lohn nicht genügte; daher er mit dem Kastellan des Klosters abrechnete und nach Lamporecchio, wo er zu Hause war, zurückkehrte. Hier befand sich unter mehreren, die ihn bewillkommten, ein junger, starker, rüstiger Bauer, und zugleich ein recht hübscher Bursche für einen Bauersmann, namens Masetto, der ihn fragte, wo er so lange sich umhergetrieben hätte. Der gute Gärtner, der Nuto hieß, sagte es ihm, und Masetto fragte ihn darauf, was sein Amt im Kloster gewesen wäre.

Nuto antwortete: »Ich hatte den schönen, großen Garten zu bestellen, und überdies ging ich zuweilen in den Wald, um Holz zu holen, trug Wasser und verrichtete allerhand andere kleine Geschäfte; allein die Weiber bezahlten mich so schlecht, daß ich mir kaum die Schuhe konnte flicken lassen. Überdies sind’s lauter junge Dinger, die, wie ich glaube, den Teufel im Leibe haben. Denn man kann ihnen nichts recht machen. Wenn ich bisweilen im Garten zu tun hatte, so kam die eine und sprach: ‚Setzt das dorthin‘, die andere: ‚Setzt das dorthin‘; wieder eine andere nahm mir die Hacke aus der Hand und fand bald dieses, bald jenes nicht recht gemacht. So schoren sie mich so lange, bis ich die Arbeit liegen ließ und davonging. Um dieser und anderer Ursachen willen wollte ich nicht bleiben, sondern nahm meinen Abschied. Der Kastellan bat mich zwar, als ich wegging, ich möcht‘ ihm doch einen andern Arbeiter verschaffen, wenn es sich so treffe, und ich hab‘ es ihm auch zugesagt; aber er kann lange warten, bis ich ihm jemand auftreibe und schicke.«

Als Masetto den Nuto so reden hörte, wandelte ihn eine große Lust an, bei den Nonnen zu dienen, weil er aus seinen Worten schloß, daß er wohl mit ihnen zurechtkommen würde. Weil er aber fürchtete, sein Plan möge scheitern, wenn er sich davon gegen Nuto etwas merken ließe, so sprach er zu ihm: »Ach, du hast recht getan, daß du weggegangen; denn was hat man davon, bei Weibern zu dienen? Lieber bei Teufeln. Sechsmal von sieben wissen sie selbst nicht, was sie wollen.« Sobald aber die Unterredung vorbei war, sann Masetto gleich auf ein Mittel, zu den Nonnen zu kommen. Da er sich tüchtig fühlte, alles zu verrichten, was Nuto getan hatte, so blieb ihm nur der einzige Zweifel übrig, daß man ihn vielleicht deswegen nicht annehmen würde, weil er zu jung und zu hübsch wäre. Nach langem Hin- und Hersinnen dachte er endlich: Das Kloster ist ziemlich weit von hier, und niemand kennt mich da; wenn ich mich stelle, als wenn ich stumm wäre, so nimmt man mich sicherlich. In dieser Hoffnung warf er seine Axt auf die Schulter und wanderte, ohne jemand ein Wort zu sagen, in ärmlicher Kleidung nach dem Kloster, ging hinein und fand zufälligerweise den Kastellan im Hofe, den er nach der Art der Stummen durch Gebärden um etwas zu essen bat und ihm zu verstehen gab, daß er dafür, wenn es verlangt würde, Holz hacken wolle. Der Kastellan gab ihm gerne zu essen und wies ihm darauf einige Klötze an, mit denen Nuto nicht fertiggeworden war, die aber Masetto, als ein kraftvoller Bursche, in kurzer Zeit klein kriegte. Der Kastellan nahm ihn darauf mit sich in den Wald, ließ ihn Holz fällen und machte ihm durch Gebärden verständlich, einen Esel, den er ihm vorführte, damit zu beladen und nach dem Kloster zu treiben. Masetto richtete alles gehörig aus, und weil im Kloster noch manches zu erledigen war, so behielt der Kastellan ihn noch einige Tage bei sich im Hause, wo ihn eines Tages von ungefähr die Äbtissin bemerkte und den Kastellan fragte, wer der Mensch wäre.

»Madonna,« sprach der Kastellan, »es ist ein armer Taubstummer, der hier vor einigen Tagen um Almosen bettelte. Ich habe ihn verpflegt und ihn dafür allerhand notwendige Arbeit verrichten lassen. Wenn er es verstände, im Garten zu arbeiten, und er wollte hier bleiben, so glaube ich, wir würden gut mit ihm bedient sein, denn wir brauchen einen Gärtner; der Bursch ist rüstig, und man könnte mit ihm machen, was man wollte, ohne zu besorgen, daß er mit Euren Nonnen scharmuziere.«

»Du hast wahrlich nicht unrecht«, sprach die Äbtissin. »Sieh zu, ob er sich zu der Arbeit schickt, und gib dir Mühe, ihn hierzubehalten. Schenk ihm ein Paar Schuhe und einen alten Rock, schmier ihm Honig um den Bart und gib ihm gut zu essen.«

Der Kastellan versprach es, und Masetto, der nicht weit von ihnen war und sich stellte, als ob er den Hof kehrte, hörte die Unterredung mit an und dachte: »Wenn ihr mich nur ins Haus nehmt, so will ich euch euren Garten bearbeiten, wie er in eurem Leben nicht ist bearbeitet worden.« Da ihn nun der Kastellan zur Arbeit tüchtig fand und durch Zeichen und Gebärden von ihm verstanden hatte, daß er bereit wäre, alles zu tun, was man von ihm verlangte, nahm er ihn an, zeigte ihm, daß er den Garten bestellen und was er dabei machen sollte, und ließ ihn darauf bei seiner Arbeit, um seine eigenen Geschäfte im Kloster zu besorgen.

Als Masetto nun täglich im Kloster arbeitete, fingen die Nönnchen bald an, ihn bei seiner Arbeit zu necken, ihm allerhand kleine Streiche zu spielen, wie die Leute den Stummen wohl zu tun pflegen, und ihm die leichtfertigsten Worte von der Welt zu sagen, weil sie glaubten, er verstände sie nicht. Die Äbtissin bekümmerte sich wenig oder nicht darum, denn sie glaubte vielleicht, ihm fehle etwas anderes geradeso als die Sprache.

Wie er nun eines Tages sich abgerackert und sich niedergelegt hatte, um auszuruhen, nahten sich zwei junge Nonnen, und weil er sich stellte, als wenn er schliefe, fingen sie an, ihn zu betrachten, und die eine, die etwas dreister war als die andere, sprach zur anderen: »Wenn ich mich auf dich verlassen könnte, so wollte ich dir einen Gedanken anvertrauen, der mir schon oft eingefallen ist, und der vielleicht dir selbst mit zustatten kommen könnte.«

»Sag’s nur getrost,« sprach die andere, »von mir soll keine Seele etwas erfahren.«

»Ich weiß nicht,« versetzte jene, »ob du schon darüber nachgesonnen hast, wie strenge man uns hier hält. Kein männliches Wesen darf zu uns hereinkommen, außer unserem Klosterverwalter, der ein Greis ist, und diesem Stummen. Und ich habe doch von manchen Frauen, die uns besuchen, gehört, daß alle Wonnen der Welt nichts sind gegen die, die das Weib beim Manne genießt. Weil ich das nun sonst nirgends erfahren kann, so ist mir schon oft eingefallen, mit diesem Stummen zu probieren, ob es wirklich wahr sei. Er eignet sich besser als jeder andere Mann dazu, denn er muß verschwiegen sein wie das Grab, ob er nun will oder nicht. Du siehst, er ist ein großer einfältiger Bengel, der länger ist als sein Verstand. Nun möchte ich gern hören, was du davon hältst?« »Herrjemine, was sprichst du!« sagte die andere. »Weißt du denn nicht, daß wir unsere Jungfräulichkeit dem lieben Herrgott gelobt haben?«

»Ei was!« versetzte jene. »Wie viele Dinge werden ihm nicht alle Tage gelobt, die niemand hält? Wenn wir sie ihm gelobt haben, so wird sich schon die eine oder andere finden, von der er sie als Ersatz der unseren erhält.«

»Aber wenn die Sache nun Folgen hätte?«

»Du denkst an die Folgen, ehe sie da sind«, sprach die erste wieder. »Kommt Zeit, kommt Rat, und es gibt tausend Mittel, es zu verheimlichen, wenn wir uns selbst nicht verplappern.«

Die andere, die ohnehin schon mehr als ihre Gespielin begierig war, zu erfahren, was der Mann für ein Tier wäre, fragte jene, wie sie’s denn anfangen wollten.

»Du siehst,« sprach jene, »es geht gegen drei Uhr nachmittags, und ich glaube, daß außer uns schon alle Schwestern schlafen. Laß uns indessen wohl zusehen, ob noch jemand im Garten ist, und wenn wir niemand finden, was haben wir dann weiter zu tun, als daß wir den Burschen bei der Hand nehmen und mit ihm hier in die Hütte gehen, wo man vor dem Regen untertritt? Solange die eine mit ihm drinnen ist, muß die andere Schildwache halten. Er ist so einfältig, daß wir mit ihm machen können, was wir wollen.«

Masetto hörte ihre ganze Verabredung, und mit dem besten Willen zu gehorchen, wartete er, daß ihn eine von den beiden abholte. Als sie sich aufmerksam umgesehen hatten und fanden, daß niemand sie belauschen könnte, nahte sich ihm diejenige, welche zuerst den Vorschlag gemacht hatte, und weckte ihn. Er stand auf; sie nahm ihn liebkosend bei der Hand, und einfältig lachend ließ er sich nach der Hütte führen, wo er sich nicht lange bitten ließ, zu tun, was man von ihm begehrte. Sobald er die Wünsche der einen befriedigt hatte, machte sie als treue Schwester ihrer Gespielin Platz, und Masetto stellte auch diese zufrieden und spielte dabei immer die Rolle des Blödsinnigen. Die Nönnchen ließen es nicht bei diesem ersten Versuche, die Reitkunst des Stummen zu erproben, bewenden und gestanden einander im Vertrauen, man habe ihnen nicht zuviel davon gerühmt. Sie wußten sich demnach günstige Stunden auch ferner zunutze zu machen, um sich mit dem Stummen die Zeit lüstern und lustig zu vertreiben.

Einmal begab es sich, daß eine von den anderen Nonnen aus dem Fenster ihrer Zelle den Handel gewahr ward und noch zwei anderen zeigte, was vorging. Sie dachten zuerst daran, der Äbtissin alles zu verraten. Doch besannen sie sich eines Bessern und beackerten mit ihren beiden Gespielinnen gemeinsam Masettos Acker. Durch Zufall wurden auch die drei übrigen Nonnen Teilnehmerinnen an dem Geheimnis, so daß nur noch die Äbtissin die einzige war, die nichts davon wußte. Indem nun diese einmal, wie es schwül war, allein im Garten wandelte, fand sie Masetto, den die Reitübungen der Nacht mehr als die Arbeiten des Tages ermüdet hatten, unter einem Mandelbaume liegen. Der Wind hatte ihm die leichten Kleider vorne ganz zurückgeweht, so daß er bloß dalag und die Äbtissin, die sich allein befand, einiges sehen ließ, das in ihr die gleichen Begierden weckte, die ihre Nonnen überfallen hatten. Sie weckte den Schläfer, nahm ihn mit in ihre Zelle und ließ ihn in einigen Tagen nicht von sich; zum nicht geringen Verdruß der Nonnen, die sich sehr beklagten, daß der Gärtner nicht kam und ihren Garten begoß. Die Äbtissin überließ sich unterdessen dem Vergnügen, welches sie vielleicht oft an anderen getadelt hatte. Endlich beurlaubte sie den Gärtner, und er ging wieder nach seiner Hütte. Weil sie ihn jedoch oft und oft zu ihrer Lust wiederkommen hieß und mehr als ihren billigen Anteil von ihm verlangte, besorgte Masetto, dem es auf die Dauer unmöglich war, so viele Frauen gleichzeitig zu befriedigen, sein Verstummen möchte ihm in der Länge teuer zu stehen kommen. Er fand demnach für gut, wie er an einem Abend bei der Äbtissin lag, sich den Zungenriemen zu lösen, und sagte: »Madonna, man pflegt zu sagen, ein Hahn sei genug für zehn Hühner, aber zehn Männer kaum für ein Weib; wie soll ich es denn aushalten, da ich hier neunen dienen muß? Ich bin durch das, was ich bisher geleistet habe, ganz heruntergekommen. Ich kann weder wenig noch viel mehr leisten. Haltet Maß, setzt der Sache ein Ziel oder laßt mich in Gottes Namen ziehen.«

Die Äbtissin erstaunte, da sie den vermeinten Taubstummen reden hörte. »Was ist das?« rief sie. »Ich dachte, du wärest stumm?«

»Das war ich auch,« sprach Masetto, »aber nicht von Natur, sondern eine Krankheit hatte mich der Sprache beraubt; und erst heute habe ich, dem Himmel sei Dank, sie wiedererhalten.«

Sie glaubte ihm und fragte, was er damit sagen wolle, daß er neunen dienen müßte. Masetto erzählte ihr alles und nun ward die Äbtissin gewahr, daß sie keine Nonne in ihrem Kloster hatte, die nicht viel gescheiter war als sie selbst. Sie faßte demnach den klugen Entschluß, sich mit ihren Nonnen und mit Masetto so abzufinden, daß dem Kloster kein Schimpf daraus erwüchse. Weil um dieselbe Zeit ihr alter Kastellan gestorben war, kamen sie überein, nachdem sie einander alles, was sich unter ihnen zugetragen, gebeichtet hatten, ihr Einverständnis mit Masetto den Leuten der Umgegend vorzureden, durch ihr Gebet und die Hilfe der Heiligen, nach dem das Kloster benannt war, hätte der taubstumme Masetto Gehör und Sprache wiedergewonnen. Sie machten ihn zu ihrem Kastellan und führten seine Pflichten auf ein erträgliches Maß zurück. Obwohl er auf diese Art manchen kleinen Mönch erzeugte, so hatte doch die Sache im stillen ihren Fortgang, bis erst nach dem Tode der Äbtissin etwas davon ruchbar wurde. Damals war Masetto schon alt, und es wandelte ihn die Lust des Alters an, mit dem erworbenen Reichtum in die Heimat zurückzukehren. Sein Wunsch wurde ihm gewährt. So kehrte Masetto betagt und reich und Vater von Kindern, mit denen er weder Mühe noch Kosten gehabt hatte, in die Heimat zurück, von der er, ein Beil auf dem Buckel, ausgegangen war, und erzählte jedem, der es hören oder nicht hören wollte, so verfahre Christus mit denen, die ihm Hörner aufsetzen.

6. Novelle

Man gibt dem Ferondo ein Pulver ein und trägt ihn für tot zu Grabe. Ein Abt, der sich inzwischen mit seiner Frau die Zeit vertreibt, nimmt ihn aus dem Sarge und sperrt ihn in einen Kerker, wo man ihm weismacht, daß er sich im Fegefeuer befinde. Nach seiner Wiederauferstehung beschenkt ihn seine Frau durch den Segen des geistlichen Herrn mit einem Sohne, den er ohne Umstände für den seinigen erkennt.

Es war einmal im Toskanischen ein Kloster, welches in einer sehr einsamen Gegend lag. In diesem Kloster ward ein Geistlicher zum Abt erwählt, der in allen Stücken einen unsträflichen Wandel führte, die Weiber ausgenommen. Mit diesen wußte er sich aber so klug zu benehmen, daß niemand etwas davon gewahr ward oder ihn wegen des großen Geruches seiner Frömmigkeit auch nur in Verdacht hatte. Es fügte sich einst, daß dieser Abt mit einem reichen Landmann, namens Ferondo, bekannt ward, der ein plumper, einfältiger Mensch war, und an dessen Umgang er weiter keinen Gefallen fand, als daß er sich bisweilen mit seiner Einfalt einen Spaß machte. Er ward aber bei dieser Gelegenheit gewahr, daß Ferondo ein allerliebstes Weibchen zur Frau hatte, welches dem Abte so sehr gefiel, daß er Tag und Nacht an nichts anderes denken konnte. Weil er aber merkte, daß Ferondo bei all seiner Einfalt und Dummheit doch klug genug war, sein hübsches Weib mit aller Sorgfalt zu bewachen, so verging ihm fast alle Hoffnung. Doch gelang es ihm, Ferondo dahinzubringen, daß er nebst seiner Frau bisweilen im Klostergarten mit ihm spazieren ging, und dann pflegte er ihnen mit so vieler Salbung von der Seligkeit des ewigen Lebens zu erzählen und von den heiligen Werken der frommen Männer und Frauen der Vorzeit, daß endlich das Weibchen Lust bekam, bei ihm zu beichten und auch Erlaubnis dazu von ihrem Manne erhielt.

Als sie nun zum Beichtstuhle kam und vor dem Abte niederkniete, fing sie an, ehe sie von anderen Dingen redete: »Hochwürdiger Herr, wenn mir unser Herrgott einen rechten Mann gegeben hätte oder auch gar keinen, so könnte ich vielleicht unter Eurer Leitung ohne Mühe auf den Weg gelangen, von welchem Ihr uns gesagt habt, daß er zum ewigen Leben führe; aber wenn ich meinen Ferondo und seine Torheiten betrachte, so muß ich mich wie eine Witwe ansehen und bin doch keine, indem ich bei seiner Lebenszeit keinen anderen Mann nehmen kann, und er ist so toll und töricht, daß er mich über alle Maßen mit seiner Eifersucht quält, so daß ich mit ihm in beständiger Not und Verdruß lebe. Darum bitte ich, ehe ich beichte, Euch demütigst um Euren guten Rat; denn wenn ich nicht durch Abhilfe dieses Übels in den Stand gesetzt werde, mein Heil zu befördern, so kann mir das Beichten und jede andere gute Handlung nicht frommen.«

Diese Erklärung war dem Abte Wasser auf seine Mühle, und er freute sich, daß das Glück ihm die Bahn brach, um seine heißesten Wünsche zu befriedigen.

»Liebste Tochter,« sprach er, »ich kann wohl denken, daß es einer so hübschen und liebenswürdigen Frau, wie Ihr seid, schwer ankommen muß, einen Narren, und noch viel schwerer, einen Eifersüchtigen zum Manne zu haben; und da beides Euer Los ist, so glaube ich gerne, was Ihr mir von Eurem Leiden und Verdruß erzählt. Da ist Euch aber, kurz und gut gesagt, nicht anders zu raten und zu helfen, als daß man Euren Mann von seiner Eifersucht heilen muß; und dazu weiß ich ein recht gutes Mittel, wenn Ihr Euch nur entschließen könnt, alles geheimzuhalten, was ich Euch sagen werde.«

»Daran dürft Ihr nicht zweifeln, mein Vater«, sprach die Frau. »Ich wollte lieber in den Tod gehen als etwas offenbaren, was Ihr mir befehlt, geheimzuhalten. Wie ist aber die Sache anzufangen?«

»Wenn wir ihn heilen wollen,« sprach der Abt, »so muß er ins Fegefeuer.«

»Kann man denn bei lebendigem Leibe ins Fegefeuer kommen?«

»Das nicht«, sprach der Abt. »Euer Mann muß sterben, und wenn er so lange gebüßt hat, daß ihm seine Eifersucht vergangen ist, so wollen wir Gott durch unsere Gebete bitten, ihn wieder ins Leben zurückzubringen, und er wird wieder auferstehen.«

»Muß ich denn Witwe werden?« fragte das Weibchen. »Jawohl,« sprach der Abt, »für eine gewisse Zeit. Ihr dürft Euch unterdessen beileibe nicht wieder verheiraten; denn das würde dem Himmel nicht gefallen, und wenn Ferondo zurückkäme und Euch wiederforderte, so würde er noch eifersüchtiger werden als vorher.«

»Wenn er nun von diesem bösen Laster geheilt wird,« sprach die Frau, »daß ich nicht immer wie im Kerker bei ihm sitzen muß, so bin ich’s zufrieden; macht’s, wie es Euch gefällt.«

»Das will ich tun,« sprach der Abt, »aber welchen Lohn gebt Ihr mir für den wichtigen Dienst, den ich Euch leiste?«

»Lieber Vater,« sprach das gute Weib, »alles, was Ihr wollt, wenn es nur in meinem Vermögen steht; aber was vermag ein armes Weib wie ich zu tun für einen solchen Mann wie Ihr seid?«

»Madonna,« versetzte der Abt, »Ihr könnt ebensoviel für mich tun als ich für Euch; denn so wie ich das zustande bringen will, was Euch nützlich und angenehm ist, so könnt Ihr das tun, was mir Glück und Leben gibt.«

»Wenn ich das kann,« sprach das hübsche Weibchen, »bin ich willig und bereit.«

»Wohlan,« sprach der Abt, »so schenkt mir Eure Liebe und Euren Leib, für den ich von der feurigsten Leidenschaft entbrannt bin.«

Die gute Frau erstaunte über diesen Antrag.

»Hilf, Himmel, Vater!« rief sie. »Was fordert Ihr von mir! Ich hielt Euch für einen so heiligen Mann; ziemt es sich denn für fromme Leute, dergleichen Dinge von Weibern zu begehren, die sich bei ihnen Rats erholen?«

»Mein liebster Engel,« erwiderte der Abt, »Ihr müßt Euch darüber nicht wundern; denn die Frömmigkeit ist Tugend der Seele und wird durch dasjenige nicht verletzt, was ich von Euch begehre und was nur eine Schwachheit des Fleisches ist. Doch dem sei wie ihm wolle, genug, Eure Schönheit hat mich dergestalt eingenommen, daß die Liebe mich zwingt, so zu handeln. Und ich versichere Euch, Ihr könnt Euch auf Eure Reize weit mehr einbilden als jede andere Frau, wenn Ihr bedenkt, daß sie den Frommen gefällt, welche gewohnt sind, die Schönheiten des Himmels von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Überdies bin ich zwar ein Abt, aber doch auch ein Mann, und wie Ihr seht, kein alter Mann. Laßt Euch also das nicht schwer ankommen, was Euch vielmehr lieb sein sollte. Solange Ferondo im Fegefeuer bleibt, will ich Euch des Nachts Gesellschaft leisten und Euch das Vergnügen bereiten, das er Euch zu bereiten hätte, ohne daß jemand etwas davon gewahr werden soll, weil jedermann von mir dieselbe und noch eine höhere Meinung hat als wie die, die Ihr noch vor wenigen Minuten hattet. Verschmähet nicht die Gabe, die Euch der Himmel darbietet, die so manche sich wünschen und die Ihr erlangen könnt und erlangen werdet, wenn Ihr meinem Rate folgt. Überdies habe ich eine Menge schöner und köstlicher Kleinode, die ich niemand anders als Euch zugedacht habe. Beweist Euch demnach ebenso gefällig gegen mich, meine Teuerste, wie ich willig bin, Euch zu dienen.«

Die Frau schlug die Augen nieder; sie konnte sich nicht entschließen, nein zu sagen, und sie glaubte doch auch nicht recht zu tun, wenn sie ihre Einwilligung gäbe. Als nun der Abt sah, daß sie seinen Antrag bei sich erwog und unschlüssig war, was sie ihm darauf antworten sollte merkte er, daß er halb gewonnen hatte, und fuhr fort mit so verführerischen Worten in sie zu dringen, daß er sie endlich glauben machte, es wäre alles gut und wohlgetan. Sie sagte demnach mit verschämtem Blicke, sie wäre zu allen seinen Befehlen bereit, doch könnte sie sich eher zu nichts verstehen, bis Ferondo sich im Fegefeuer befände.

»Dahin wollen wir ihn bald schicken«, sprach der Abt. »Macht nur, daß er morgen oder übermorgen zu mir kommt.«

Mit diesen Worten steckte er ihr einen kostbaren Ring an den Finger und entließ sie. Vergnügt über das schöne Geschenk und begierig nach weiteren rühmte das Weibchen ihren Begleiterinnen die Frömmigkeit des Abts und ging mit ihnen nach Hause.

Ein paar Tage nachher kam Ferondo aus eigenem Antrieb zu dem Abte, der sich vornahm, wie er ihn kommen sah, ihn sogleich ins Fegefeuer zu schicken. Er besaß ein Pulver, das ihm einst ein Fürst im Morgenlande geschenkt und ihm versichert hatte, daß der Alte vom Berge sich dessen zu bedienen pflege, wenn er jemand im Schlafe auf eine Zeitlang in sein Paradies schicken oder ihn daraus wieder holen wolle, und daß es, ohne zu schaden, den, dem man es eingäbe, auf eine kürzere oder längere Zeit, nachdem es in größerer oder kleinerer Gabe genommen würde, so fest einschläfere, daß er einem Toten völlig ähnlich wäre, solange die Wirkung dauere. Von diesem Pulver gab er auf seiner Zelle ihm so viel in einem Glase Most zu trinken, als er für nötig hielt, ihn auf drei Tage einzuschläfern. Darauf ging er mit ihm zu den anderen Mönchen im Kreuzgang und belustigte sich mit ihnen an seinem einfältigen Geschwätz. Es dauerte nicht lange, so wirkte das Pulver, und es überfiel ihn ein so jäher und wütender Schlaf, daß Ferondo stehend einschlief und zur Erde niedersank. Der Abt stellte sich, als ob er über diesen Zufall äußerst bestürzt wäre; er ließ Ferondo auskleiden, mit Wasser bespritzen und allerhand mit ihm vornehmen, als wenn er glaube, daß Blähungen aus Magen oder Darm ihm diese Ohnmacht zugezogen hätten und er ihn wieder zur Besinnung bringen wolle. Als er sich aber bei alledem nicht wieder erholte und weder Pulsschlag noch irgendein anderes Zeichen des Lebens an ihm zu spüren war, hielten sie ihn insgesamt für tot. Es wurde also nach seiner Frau und nach seinen Verwandten geschickt, welche sich eiligst einstellten, und wie sie ihn eine Zeitlang beweint und beklagt hatten, ließ ihn der Abt in seiner Kleidung in eine Gruft legen. Die Frau ging nach Hause und tat ein Gelübde, nicht von ihrem Kinde zu weichen, das sie von Ferondo hatte, und nicht aus dem Hause zu gehen. Sie blieb demnach bei ihrem Kinde und verwaltete den Nachlaß ihres Mannes. Als es Nacht ward, stand der Abt auf, und mit Hilfe eines Bologneser Mönchs, auf den er sich verlassen konnte — er war am gleichen Tage erst aus Bologna eingetroffen –, holte er Ferondo aus der Gruft und brachte ihn in ein finsteres Gewölbe, welches Mönchen, die etwas verbrochen hatten, zum Kerker diente. Hier zogen sie ihm seine Kleider aus, taten ihm eine Mönchskutte an und legten ihn auf ein Bund Stroh, wo sie ihn liegen ließen, bis er wieder zu sich kam. Dem Bologneser Mönch trug der Abt alles auf, was er mit ihm vornehmen sollte, sobald er wieder aufwachte, und außer diesem wußte kein Mensch im Kloster um die Sache. Am folgenden Tage ging der Abt mit einigen seiner Mönche unter dem Vorwande eines Trauerbesuchs nach dem Hause der Frau. Er fand sie in tiefer Trauer und mit betrübter Miene, worauf er ihr einige Trostworte zusprach und sie zugleich heimlich an ihr Versprechen erinnerte. Die Frau, die jetzt weder Ferondo noch jemand anders zu scheuen hatte und einen zweiten schönen Ring am Finger des Abtes blitzen sah, gab ihm zu verstehen, daß sie bereit wäre, und verabredete sich mit ihm, daß er sie noch denselben Abend besuchen solle. Der Abt zog also Ferondos Kleider an und ging in Begleitung seines Mönches zu seiner Geliebten, bei der er die Nacht zu seinem größten Vergnügen bis zur Mette lag und des Morgens wieder nach seinem Kloster zurückkehrte. Diesen Weg nahm er zum gleichen Zwecke in der Folge ziemlich oft. Wer ihm bisweilen beim Kommen oder Gehen von ungefähr begegnete, der hielt ihn für Ferondos Gespenst, der seiner Sünden wegen umginge; und bald erzählte das leichtgläubige Landvolk sich von ihm manches Geschichtchen, das denn auch oft seiner Frau wiedererzählt ward, welche am besten wußte, wie es damit zuging.

Als Ferondo im Gewölbe erwachte und nicht wußte, wo er war, ging der Bologneser mit einem Bündel Ruten in der Hand zu ihm hinein, redete ihn mit einer fürchterlichen Stimme an und gab ihm eine derbe Züchtigung. Ferondo schrie und heulte und fragte beständig, wo er wäre.

»Du bist im Fegefeuer«, sprach der Mönch.

»Was, bin ich denn tot?« fragte Ferondo.

»Allerdings«, versetzte der Mönch.

Nun fing Ferondo an, sich selbst, seine Frau und sein Kind zu bejammern und das albernste Zeug von der Welt zu schwatzen. Der Mönch brachte ihm darauf etwas Speise und Trank.

»Essen denn auch die Toten?« fragte Ferondo, als er das sah.

»Jawohl,« sprach der Mönch, »und was ich dir bringe, hat deine ehemalige Frau diesen Morgen dem Kloster geopfert, um für deine Seele Messen zu lesen, und unser Herrgott hat befohlen, es dir zu reichen.«

»Nun, Gott lohne es ihr!« sprach Ferondo. »Ich bin ihr in meinem Leben recht gut gewesen, so gut, daß ich sie die ganze Nacht im Arm hielt und sie küßte und auch wohl etwas anderes mit ihr tat, wenn mir’s in den Sinn kam.«

Da er sehr hungrig und durstig geworden war, fiel er begierig über das Essen und Trinken her; weil aber der Wein ihm eben nicht vom besten zu sein dünkte, rief er auf einmal: »Daß sie der Henker, warum hat sie dem Kloster nicht aus dem Fasse geschickt, das an der Kellerwand liegt?«

Wie er gegessen hatte, nahm der Mönch die Ruten wieder zur Hand und gab ihm eine zweite Geißelung. Ferondo schrie mörderisch und rief: »Warum tust du mir das?« »Weil unser Herrgott befohlen hat, daß es zweimal des Tages geschehen soll«, sprach der Mönch.

»Und warum denn?« fragte Ferondo.

»Weil du eifersüchtig gewesen bist, da du doch das beste Weib in der ganzen Gegend zur Frau hattest.«

»O weh! Du sprichst wohl wahr«, sagte Ferondo. »Sie war süßer als Honigkuchen; aber ich wußte es nicht, daß unser Herrgott es übelnehme, wenn man eifersüchtig ist, sonst wäre es nicht geschehen.«

»Daran hättest du denken und dich bessern sollen, wie du noch in der Welt warst,« sprach der Mönch, »und wenn du jemals wieder dahinkommst, so schreibe dir fein ins Gedächtnis, was ich dir jetzt tue, damit du nie wieder eifersüchtig werdest.«

»Kommen denn die Toten wieder zurück?« fragte Ferondo.

»O ja, wenn Gott will«, versetzte der Mönch.

»Wenn ich jemals wiederkehre,« sprach Ferondo, »so will ich gewiß der beste Ehemann von der Welt werden, will meine Frau nie wieder schlagen und ihr nie ein Wort im Bösen sagen, außer wegen des Weins, den sie heute morgen geschickt hat, und daß sie mir auch nicht einmal ein Licht schickt und läßt mich so im Finstern essen.«

»Sie hat Lichte geschickt,« sprach der Mönch, »allein sie sind heute früh bei der Messe verbrannt.«

»Ei ja, es wird wohl wahr sein«, antwortete Ferondo. »Wenn ich also wieder zu ihr komme, will ich sie auch tun lassen, was sie will. Aber sage mir, wer bist denn du, der du mit mir so übel umgehst?«

»Ich bin auch tot«, sprach der Mönch. »Ich bin aus Sardinien, und weil ich meines Herrn Eifersucht noch gepriesen habe, bin ich zu der Buße verurteilt, daß ich dich füttern und dich geißeln muß, bis über uns beide anderes verhängt wird.«

»Sind wir beide denn ganz allein hier?« fragte Ferondo. »Nein,« sprach der Mönch, »hier gibt’s viele Tausende, aber du kannst sie so wenig sehen und hören als sie dich.«

»So sage mir doch,« sprach Ferondo, »wie weit sind wir denn hier von meinem Dorfe?«

»Noch viele Meilen weiter als die Kackelackei«, sprach der Mönch.

»Das mag wohl wahrhaftig weit genug sein,« sprach Ferondo, »und ich glaube gar, wenn’s so weit ist, so sind wir schon aus der Welt heraus.«

Mit solchen und anderen dergleichen Reden, mit Essen und Trinken und mit Geißelhieben ward Ferondo fast zehn Monate hingehalten, indes der Abt sich die Zeit desto angenehmer mit seiner schönen Frau vertrieb und sie häufig mit vielem Glück besuchte. Wie denn aber der Krug so lange zu Wasser geht, bis er voll wird, so befand sich endlich das Weibchen in solchen Umständen, was sie alsbald bemerkte, daß sie und der Abt meinten, es wäre nun hohe Zeit, Ferondo aus seinem Fegefeuer auferstehen zu lassen, damit er zu seiner Frau käme und sie ihm begreiflich machte, wenn sie wieder bei ihm gelegen hätte, daß er es wäre, der sie in diese Schwangerschaft versetzt hätte. Der Abt ließ ihm demnach in der folgenden Nacht in seinem Gefängnis durch eine verstellte Stimme zurufen: »Ferondo, sei getrost, es ist des Himmels Wille, daß du in die Welt zurückkehrst, wo dir deine Frau nach deiner Ankunft ein Kind gebären wird, dem du den Namen Benedikt geben sollst, weil dir diese Gnade durch das Gebot des heiligen Benedikts und seines frommen Abtes und deiner Frau widerfährt.«

»Das freut mich von Herzen«, sprach Ferondo. »Gott gebe dem lieben Gott einen guten Tag dafür und auch dem Abte und dem heiligen Benedikt und meinem wie Honig süßen, wie Lebkuchen schmackhaften, wie Käse duftenden Weibchen.«

Hierauf ließ ihm der Abt wieder so viel von dem Pulver in seinen Wein mischen, daß es ihn ungefähr vier Stunden einschläferte. Unterdessen ließ er ihm seine eigenen Kleider wieder anziehen, und er und der Bologneser Mönch trugen ihn heimlich in die Gruft zurück, worin man ihn beigesetzt hatte. Gegen Tagesanbruch kam Ferondo zu sich selbst und ward durch ein Loch in dem Deckel ein wenig Licht gewahr, welches er zehn Monate lang nicht gesehen hatte. Weil er daraus schloß, daß er wieder lebendig geworden wäre, so fing er an aus vollem Halse zu schreien: »Macht auf, macht mir auf!« Zugleich arbeitete er gegen den Deckel, den er auch, weil er nicht schwer war, bald aufhob und anfing wegzuschieben. Die Mönche, die eben die Frühmette gesungen hatten, liefen hinzu und erkannten Ferondo, der schon aus seinem Grabe hervorkroch, an der Stimme. Erschrocken über den unerhörten Vorfall, liefen sie davon und sagten es ihrem Abte. Dieser stellte sich, als ob er eben von seinem Gebete aufstünde, und sprach: »Fürchtet euch nicht, meine Söhne, nehmt das heilige Kreuz und das Weihwasser und folget mir nach; wir wollen sehen, was Gottes Allmacht uns zeigen will.«

Ferondo, der in so langer Zeit das Tageslicht nicht gesehen hatte, kam blaß und bleich aus seinem Grabe, warf sich dem Abte, sobald er ihn gewahr ward, zu Füßen und sagte: »Mein Vater, Euer Gebet, wie mir ist offenbart worden, und die Fürbitte des heiligen Benedikts und meiner Frau haben mich aus der Qual des Fegefeuers erlöst und mich wieder lebendig gemacht; drum wünsche ich, daß der liebe Gott Euch allewege ein gutes Jahr und guten Tag geben wolle.«

»Gelobt sei die Allmacht des Herrn!« sprach der Abt. »So gehe denn hin, mein Sohn, da dich der Himmel wieder hergesandt hat, und erfreue deine Frau, die sich seit deinem Hinscheiden beständig in Tränen gebadet hat, und betrage dich künftig immer wie ein Freund und Knecht Gottes.«

»Das hat man mir auch gesagt, Hochwürdiger Herr«, sprach Ferondo. »Laß mich nur machen, ich will sie schon herzen, wenn ich sie wiedersehe, denn ich habe sie lieb.«

Der Abt stellte sich gegen seine Mönche höchst verwundert über diese Begebenheit und ließ ein andächtiges Miserere singen. Ferondo wanderte nach seinem Dorfe, wo ein jeder, der ihn sah, ihm aus dem Wege ging wie einem gespenstischen Wesen, vor welchem man sich fürchtet. Er gab sich aber Mühe, die Leute zurückzurufen und ihnen zu sagen, daß er wieder auferstanden wäre. Selbst seine Frau war ein wenig bange vor ihm. Wie aber die Leute sich nach und nach seinetwegen beruhigten und sahen, daß er wirklich lebte, und anfingen, ihn allerlei zu fragen, gab er ihnen solche Antworten, als wenn er klüger wiedergekommen wäre. Er erzählte ihnen viel Neues von den Seelen ihrer Verwandten und schwatzte ihnen von sich und von dem Zustande im Fegefeuer die schönsten Märchen von der Welt vor. Auch erzählte er ihnen in voller Versammlung die Offenbarung, die ihm durch den Mund des Erzbengels Lafferel war gegeben worden. Wie er nun wieder von seinem Weibchen und von seinem Hause Besitz nahm, ward sie seiner Meinung nach von ihm schwanger, und es geschah, daß sie ihm zur gehörigen Zeit einen Knaben gebar — das heißt was die Toren gehörige Zeit heißen, die glauben, daß die Frauen gerade neun Monate die Kinder unterm Herzen tragen. Der Knabe wurde Benedetto Ferondi getauft. Ferondos Wiederkunft und seine Reden, die jedermann überzeugten, daß er vom Tode auferstanden wäre, vermehrten ungemein den Ruf der Frömmigkeit des Abtes. Da er für seine Eifersucht tüchtige Geißelhiebe bekommen hatte, so nahm er sich sehr vor einem Rückfall in acht und ward von seinem Fehler geheilt, wie der Abt seiner Frau versprochen hatte. Deswegen lebte sein Weibchen auch nachher mit ihm so züchtig und ehrbar wie zuvor; doch vergönnte sie, wenn es mit Schicklichkeit geschehen konnte, dem Abte, dem sie so vieles zu danken hatte, bisweilen eine angenehme Unterhaltung.

7. Novelle

Alibek wird Einsiedlerin. Der Klausner Rustico lehrt sie, den Teufel in die Hölle zu schicken. Als sie zurückkehrt, wird sie die Frau des Neerbal.

In der Stadt Capsa in der Berberei lebte einmal ein steinreicher Mann, der verschiedene Kinder hatte und unter andern eine sehr schöne, anmutige Tochter, namens Alibek. Diese, die keine Christin war, hörte oft von den Christen, die in ihrer Stadt wohnten, den christlichen Glauben und den Gottesdienst der Christen so sehr rühmen, daß sie einst einen von ihnen fragte, wie man denn am besten und ungestörtesten Gott dienen könnte. Man sagte ihr, diejenigen dienten Gott am besten, die den Lockungen dieser Welt am weitesten entfliehen, zum Beispiel die Einsiedler, die sich in die thebaische Wüste zurückgezogen hätten. Alibek, ein unschuldiges vierzehnjähriges Mädchen, nicht von einem vernünftigen Antrieb, sondern von einer gewissen kindischen Lust getrieben, machte sich sogleich am folgenden Tage heimlich, ohne einem Menschen ein Wort zu sagen, auf den Weg nach der thebaischen Wüste, wo sie auch, nachdem sie in ihrem ersten Eifer alle Beschwerden mutig überstanden hatte, glücklich ankam. Hier ward sie in der Ferne eine kleine Hütte gewahr und näherte sich ihr. Ein frommer Klausner stand an der Pforte, der sich verwunderte, sie zu sehen, und fragte, was sie suche.

Sie antwortete: sie fühle sich von Gott berufen und wünsche sich seinem Dienste zu weihen und jemand zu finden, der sie darin unterrichte.

Der ehrwürdige Einsiedler, der das Mädchen so jung und hübsch fand, fürchtete, der Teufel möchte ihm einen Streich spielen, wenn er sie bei sich behielte. Er lobte ihr frommes Vorhaben, bewirtete sie mit Wurzeln, wilden Baumfrüchten, Datteln und mit einem Trunk Wasser und sagte: »Meine Tochter, nicht weit von hier wohnt ein heiliger Mann, welcher in demjenigen, was du suchst, ein weit größerer Meister ist, als ich es bin. Zu ihm rate ich dir zu gehen.«

Er zeigte ihr auch den Weg zur nächsten Klause. Hier erhielt sie denselben Bescheid, und auf diese Weise ward sie von einem zum andern weiter gesandt, bis sie endlich zu der Zelle eines frommen, andächtigen, aber jungen Einsiedlers namens Rustico kam, dem sie ebenso wie den anderen ihr Anliegen vortrug.

Rustico glaubte eine Gelegenheit gefunden zu haben, seine Selbstverleugnung auf eine große Probe zu stellen. Er schickte also nicht, wie die anderen getan hatten, das schöne Mädchen weiter, sondern behielt sie bei sich in seiner Zelle. Als der Abend herankam, bereitete er ihr in einem Winkel ein Lager von Palmblättern. Kaum war dies geschehen und sie hatten sich niedergelegt, so fing der Geist der Versuchung an, seiner Standhaftigkeit eine Schlacht anzubieten. Da er ihn lange Zeit in Ruhe gelassen hatte, so ließ sich Rustico jetzt bei einem so plötzlichen Überfall von ihm desto leichter überwinden; er vergaß alle seine frommen Gedanken, Gebete und Bußübungen und beschäftigte seine Einbildung nur mit der Jugend und Schönheit des Mädchens und mit Anschlägen, wie er es beginnen wollte, seinen Zweck bei ihr zu erreichen, ohne sich der Unkeuschheit verdächtig zu machen. Er legte ihr demnach zuerst einige Fragen vor und überzeugte sich bald durch ihre Antworten, daß sie in den Geheimnissen der Liebe völlig neu und unerfahren und so unschuldig war, wie sie aussah. Daher kam er auf den Einfall, sie unter dem Scheine eines verdienstlichen Werkes seiner Absicht willig zu machen. Er fing also an, ihr weitläufig zu erklären, welch ein geschworener Feind Gottes der Teufel wäre, und ihr hernach zu bedeuten, daß man dem lieben Gott keinen größeren Dienst leisten könne als wenn man den Teufel in die Hölle schicke, die er ihm zum Verdammungsort bestimmt hätte. »Wie geschieht denn das?« fragte das Mädchen.

»Das sollst du bald erfahren«, sprach Rustico. »Tu nur, was du mich tun siehst.«

Er warf die wenigen Kleidungsstücke, die er trug, ab und warf sich völlig nackt auf die Knie, als wolle er beten. Das Mädchen ahmte ihm in allem nach. Er befahl, daß sie ihm gegenüber knie. Als er sie so verlockend schön sah, ward seine Begierde immer brünstiger, und schließlich zeigte sich die Auferstehung des Fleisches, welches Alibek gewahr ward und fragte: »Was ist das, Rustico, was Ihr da vorne habt und ich nicht?«

»Ach, meine Tochter,« sprach Rustico, »das ist eben der Teufel, von dem ich dir gesagt habe, und wie du siehst, so beunruhigt er mich so sehr, daß ich es fast nicht aushalten kann.«

»Nun, gottlob«, sprach Alibek. »Mir geht es besser als dir, denn ich habe keinen solchen Teufel wie du.«

»Da ist wahr«, sprach Rustico. »Dafür hast du aber etwas, das ich nicht habe, und das ist ebenso schlimm.«

»Was wäre denn das?« fragte Alibek.

»Du hast die Hölle,« sprach Rustico, »und ich glaube, Gott hat dich zum Heile meiner Seele zu mir gesandt. Wenn du so viel Barmherzigkeit mit mir hättest, daß du mir vergönntest, den Teufel jedesmal, wenn er mir arg zusetzt, in die Hölle zu schicken, so könntest du mir eine Wohltat und dem Himmel einen großen Dienst tun, wenn das wirklich die Absicht ist, in der du hergekommen bist wie du mir sagtest.«

Das Mädchen antwortete ihm treuherzig: »Ehrwürdiger Vater, wenn ich die Hölle habe, so mögt Ihr den Teufel nur hineinschicken, sobald Ihr wollt.«

»Gott segne dich, meine Tochter!« sprach Rustico. »Laß uns nicht säumen, den Teufel in die Hölle zu schicken, daß er mich hernach in Ruhe läßt.«

Damit führte er sie zu einem ihrer Palmblätterbetten und lehrte sie, diesen hartnäckigen Feind Gottes einzukerkern. Und da sie den Teufel sonst noch nie gekannt hatte, konnte sie sich nicht enthalten zu sagen: »Vater, der Teufel ist doch wohl ein rechter Bösewicht und Gottesfeind, daß er sogar der Hölle weh tut, von anderem zu schweigen, wenn er hineinkommt.«

»Das tut er aber nicht immer«, sprach Rustico, und um es dahinzubringen, schickten sie, bevor sie vom Bett aufstanden, ihn noch sechsmal in die Hölle, so daß der Hochmütige am Ende den Kamm sinken ließ und Ruhe gab. Er erhob sich allerdings hochmütig in der Folgezeit des öfteren wieder, und stets war Alibek willig, ihm den Hochmut auszutreiben. Nach und nach fand sie an dem Spiel Gefallen und sagte öfter zu Rustico: »Die guten Christen in Capsa hatten doch wohl recht, als sie sagten, Gott zu dienen sei süß. Ich kann mich nicht entsinnen, je etwas getan zu haben, was mir so viel Freude und Vergnügen bereitete, als den Teufel in die Hölle zu schicken. Jeder, der sich nicht nach Kräften bemüht, Gott zu dienen, ist weiß Gott ein Esel.« Sie kam also oft zu Rustico und drängte ihn: »Ehrwürdiger Vater, ich bin hierher gekommen, Gott zu dienen, nicht aber müßig zu gehen. Kommt, wir wollen den Teufel in die Hölle schicken.« Bei dieser Beschäftigung meinte sie zuweilen: »Rustico, ich begreife nicht, warum der Teufel aus der Hölle wieder herausgeht. Wäre er so gern darin, als die Hölle ihn gern einläßt und festhält, er ginge nie wieder heraus.« Sie ermunterte auf diese Weise den jungen Rustico, und lud ihn zum Dienste Gottes ein. Schließlich hatte sie ihm die Wolle derart von der Jacke gezupft, daß er fror, wo ein anderer geschwitzt hätte. Deshalb ermahnte er denn das Mädchen, man dürfe den Teufel nur dann geißeln und in die Hölle schicken, wenn er voll Hochmut sein Haupt erhöbe. Durch Gottes Gnade hätten sie ihm seine Hoffart genommen, und er wäre nun so zerknirscht, daß er Gott bitte, in Frieden gelassen zu werden. Das verstummte eine Weile. Als sie aber sah, daß Rustico keine Anstalten machte, den Teufel wieder in die Hölle zu schicken, sagte sie eines Tages zu ihm: »Rustico, dein Teufel mag gezüchtigt sein und dir nichts mehr zu schaffen machen. Jetzt läßt mir meine Hölle aber keine Ruh. Du wirst ein gutes Werk verrichten, wenn du mit deinem Teufel mir die Glut meiner Hölle löschen willst, so wie ich dir mit meiner Hölle geholfen habe, den Stolz deines Teufels zu demütigen.« Rustico, der von Kräuterwurzeln und Wasser lebte, konnte dieser Aufforderung nicht mehr Folge leisten. Er sagte, daß viele Teufel dazu gehörten, die Hölle zu beschwichtigen. Doch wolle er tun, was er irgend könne, und befriedigte sie noch dann und wann, aber so selten, daß es nicht mehr besagte, als wenn man einem Löwen eine Bohne in den Rachen wirft. Hierüber maulte das Mädchen, das Gott zu dienen bestrebt war. Der Streit zwischen Rusticos Teufel und Alibeks Hölle dauerte wegen übermäßigen Verlangens einerseits und allzu geringen Vermögens andererseits noch an, als in Capsa ein Feuer ausbrach und Alibeks Vater samt seinen Kindern und sonstigen Angehörigen in den Flammen seines brennenden Hauses umkam und Alibek die Erbin des ganzen Gutes wurde.

Wie ein gewisser junger Mann namens Neerbal, der das seinige vertan hatte, hörte, daß sie noch am Leben sei, machte er sich auf, sie zu suchen, und war eben zu rechter Zeit glücklich genug, sie zu finden, ehe der Hof die Erbschaft wegen Mangel rechtmäßiger Erben an sich nahm. Er führte sie wider ihren Willen zur hellen Freude Rusticos nach Capsa, heiratete sie und ward Besitzer ihres Vermögens. Ehe er bei ihr lag, ward sie von den anderen Frauen gefragt, womit sie Gott in der Wüste gedient hätte. Sie antwortete, sie hätte den Teufel in die Hölle geschickt, und Neerbal hätte nicht wohl getan, sie von diesem Dienste abwendig zu machen. Als die Frauen darauf fragten, wie man den Teufel in die Hölle schicke, und sie es ihnen erklärte, halb mit Worten, halb mit Zeichen, mußten sie herzlich lachen und lachen wohl noch heute, und versicherten ihr: »Liebes Kind, sorge dich nicht, das kann man hier auch. Neerbal wird schon fleißig auf die gleiche Weise mit dir dem lieben Gott dienen.« — Eine erzählte es der andern in der Stadt, und es wurde zum Sprichwort: Der lustigste Gottesdienst sei, den Teufel in die Hölle zu schicken. Dieses Sprichwort ist übers Meer gekommen und noch heute im Schwange. Darum, ihr hübschen Mädchen, die ihr der Gnade Gottes bedürftig seid, lernt den Teufel in die Hölle schicken, denn das heißt Gott wohlgetan; die Beteiligten haben lebhaftes Vergnügen davon, und viel Gutes kann daraus erwachsen und auf die Welt kommen.

24. Novelle

Spinelloccio schläft bei der Frau seines Nachbarn und Freundes Zeppa. Dieser merkt es und macht, daß seine Frau ihn in eine Kiste einsperren muß, auf welcher er an der Frau des Spinelloccio das Vergeltungsrecht ausübt.

In Siena sollen einmal ein paar ziemlich wohlhabende junge Männer aus guter Bürgerfamilie gewesen sein, von denen der eine Spinelloccio Tanena und der andere Zeppa di Mino hieß. Sie wohnten Wand an Wand im Viertel Camollia. Diese beiden waren unzertrennliche Gesellschafter und schienen einander fast noch mehr als Brüder zu lieben. Beide hatten recht hübsche Frauen. Da nun Spinelloccio täglich in dem Hause des Zeppa aus und ein ging, dieser mochte zu Hause sein oder nicht, so ward er nach und nach mit seiner Frau so vertraut, daß er bei ihr lag. Dieses Verhältnis dauerte eine geraume Zeit, ohne daß irgend jemand davon erfuhr. Endlich aber traf es sich einmal, daß Zeppa zu Hause war, als Spinelloccio nach ihm fragte. Seine Frau wußte es nicht und sagte, er wäre ausgegangen. Spinelloccio kam deswegen sogleich zu ihr hinauf, und als er sie allein im Saale fand, umarmte er sie mit einem tüchtigen Kuß. Zeppa sah es, verhielt sich ganz still und wartete, wie das Spiel weiter ablaufen würde. Kurz, er sah, daß seine Frau und Spinelloccio Arm in Arm in die Kammer gingen und sich einschlossen, was ihn heftig wurmte. Er bedachte indessen, daß er durch Lärm und Gepolter die Beleidigung nicht abwaschen, sondern nur seinen Schimpf dadurch vermehren würde, und er sann deswegen auf Mittel, sich Genugtuung zu verschaffen, die sein Herz befriedige, ohne die Sache ruchbar werden zu lassen. Nach einigem Besinnen glaubte er dieses Mittel gefunden zu haben. Er hielt sich demnach so lange verborgen, bis Spinelloccio sich entfernte. Als dieser wegging, trat Zeppa den Augenblick in die Kammer seiner Frau, die noch beschäftigt war, ihren Kopfputz wieder in Ordnung zu bringen, den Spinelloccio ein wenig zerstört hatte. »Was machst du, Frau?« fragte Zeppa.

»Siehst du es nicht?« erwiderte sie.

»Jawohl, sehe ich’s,« sprach Zeppa, »und ich wünschte, ich hätte nicht noch manches mehr gesehen.« Er ließ sich hierauf deutlicher aus über alles, was vorgefallen war, und nach einigem Wortwechsel gestand sie ihm unter Angst und Furcht ihren vertrauten Umgang mit Spinelloccio, den sie nicht leugnen konnte, und bat ihren Mann unter Tränen um Vergebung.

»Höre, Frau,« sprach Zeppa, »du hast böse Streiche begangen, und wenn ich dir verzeihen soll, so mußt du mir alles treulich ausrichten, was ich dir befehlen will. Und das ist folgendes: Sage Spinelloccio, daß er sich morgen vormittag um die dritte Stunde, wenn wir beisammen sind, unter irgendeinem Vorwande von mir losmachen und zu dir kommen soll. Wenn er bei dir ist, werde ich plötzlich nach Hause kommen, und dann mußt du ihn, sobald du mich hörst, in diesen Kasten kriechen lassen und ihn darin einschließen. Was du weiter tun sollst, das will ich dir hernach sagen; du kannst es getrost tun und versichert sein, daß ihm nichts Böses geschehen soll.« Die Frau versprach alles, um ihren Mann wieder zu besänftigen, und hielt auch Wort.

Als Spinelloccio und Zeppa am anderen Vormittag um die dritte Stunde beisammen waren, sagte Spinelloccio, der der Frau versprochen hatte, um diese Zeit bei ihr zu sein, zu Zeppa: »Ich soll heute mittag bei einem Freunde essen und mag ihn nicht warten lassen. Gott befohlen!«

»Es ist ja noch lange hin bis zur Mittagszeit«, erwiderte Zeppa.

»Wohl wahr,« sprach Spinelloccio; »aber ich habe mit ihm noch über eines und das andere zu sprechen und will deswegen ein wenig früher zu ihm gehen.« Damit verließ er ihn, nahm einen kleinen Umweg und ging zu der Frau Zeppas, die ihn sogleich in ihre Kammer führte; doch waren sie noch nicht lange darin, als Zeppa nach Hause kam. Sobald seine Frau ihn hörte, stellte sie sich ganz erschrocken, hieß ihren Nachbar sich in die Kiste verstecken, schloß ihn ein und ging aus der Kammer. Zeppa kam hinauf und sagte: »Frau, ist es schon Zeit zum Essen?«

»Ja, es wird bald Zeit sein«, gab sie ihm zur Antwort. »Spinelloccio ist heute bei einem Freunde zu Gast,« sprach Zeppa, »und seine Frau ist allein. Gehe ans Fenster und bitte sie, herumzukommen, um mit uns zu essen.«

Die Frau, die für sich selber fürchtete und darum peinlich gehorchte, tat, was er befahl, und als ihre Nachbarin hörte, daß ihr Mann nicht nach Hause käme, ging sie nach einigem Bitten und Nötigen zu ihr hinüber. Zeppa empfing sie sehr freundlich, nahm sie vertraulich bei der Hand und gab seiner Frau einen Wink, sich in der Küche etwas zu schaffen zu machen. Unterdessen führte er seine Nachbarin in die Kammer und schloß plötzlich die Tür hinter sich zu.

»Himmel!« rief sie. »Was soll das bedeuten Zeppa? Habt Ihr mich darum in diese Kammer geführt? Ist das die Frucht Eurer Freundschaft für Spinelloccio und Eures vertraulichen Umganges mit ihm?«

Zeppa ging mit ihr näher zu der Kiste, in der ihr Mann verborgen war, und sagte zu ihr, indem er sie fest in seinen Armen hielt: »Weibchen, ehe du mir zürnst, so höre, was ich zu sagen habe: Ich habe Spinelloccio wie meinen Bruder geliebt und liebe ihn noch; aber gestern, als er sich’s nicht versah, habe ich entdeckt, daß meine große Vertraulichkeit mit ihm ihn dahin gebracht hat, daß er bei meiner Frau liegt wie bei dir. Weil ich ihn aber lieb habe, so will ich mich nicht strenger an ihm rächen, als er mich beleidigt hat. Er hat meine Frau gehabt, und ich will die seine haben. Gefällt dir das nicht, so ertappe ich ihn wohl einmal, und da ich nicht willens bin, das ungerächt hingehen zu lassen, so werde ich ihm dergestalt mitspielen, daß es dich und ihn auf immer gereuen soll.«

Die Frau sträubte sich lange, es zu glauben; als Zeppa es ihr aber so nahelegte, daß sie seine Worte nicht länger bezweifeln konnte, sagte sie: »Lieber Zeppa, wenn ich denn für meinen Mann büßen soll, so muß ich mich darein ergeben; doch mußt du mir versprechen, daß du deine Frau bewegen willst, mir deswegen ebensowenig böse zu werden, wie ich ihr das übelnehmen will, was sie an mir getan hat, und daß wir nach wie vor gute Freundinnen bleiben.«

»Das nehme ich auf mich,« sprach Zeppa, »und ich will dir noch überdies ein so hübsches und kostbares Kleinod verehren, wie dir wohl noch niemand eins geschenkt hat.« Mit diesen Worten schloß er sie noch fester und feuriger in seine Arme und warf sie unter Küssen über die Kiste, in der ihr Mann steckte, und vergnügte sich mit ihr und sie mit ihm, solange es ihm gefiel.

Spinelloccio in der Kiste, der jedes Wort Zeppas und die Antwort seiner Frau gehört hatte, und den Walzer, den sie ihm hernach über dem Kopfe tanzten, wollte anfänglich vor Qual schier sterben, und nur seine Furcht vor Zeppa konnte ihn abhalten, seine Frau mit Scheltworten aus seinem Gefängnis anzudonnern. Als er aber bedachte, daß er selbst den ersten Anlaß zu dem Schimpf gegeben hatte, daß Zeppa ein Recht hatte, zu tun, was er tat, und daß er menschlich und brüderlich mit ihm verfuhr, ließ er seinen Zorn fahren und wünschte nichts, als ferner noch mehr als zuvor in Freundschaft mit ihm zu leben, wenn der es wolle.

Als Zeppa seine Rache genügend befriedigt hatte, stieg er von der Kiste herab. Seine hübsche Nachbarin erinnerte ihn an das versprochene Kleinod. Er öffnete die Tür und rief seine Frau, welche lächelnd hereintrat und nichts weiter sagte als: »Madonna, Ihr habt mir Gleiches mit Gleichem bezahlt.«

»Öffne jetzt diese Kiste«, sprach Zeppa zu seiner Frau. Sie tat es, und Zeppa zeigte seiner Nachbarin ihren Mann, der darin lag. Viel wäre nötig zu sagen, wer von den beiden sich mehr schämte, ob Spinelloccio, als er Zeppa sah und nun wußte, daß jener wisse, was er getan, oder die Frau, als sie ihren Mann sah und erkannte, daß er alles, was sie über seinem Kopf getan hatten, gehört und gemerkt hatte. Zeppa aber sagte zu ihr: »Hier ist das Kleinod, womit ich dich beschenke.« Spinelloccio kroch aus der Kiste und sagte, ohne viel Redens weiter zu machen: »Zeppa, wir sind quitt. Und darum wird’s am besten sein, wir bleiben Freunde, wie du vorhin zu meiner Frau sagtest. Und weil wir bisher alles gemeinsam hatten, nur unsere Frauen nicht, so wollen wir von jetzt ab auch unsere Frauen gemeinsam haben.« Zeppa war damit zufrieden. Sie aßen alle vier zusammen in schönster Eintracht zu Mittag. Und von nun an hatte jede der zwei Frauen zwei Männer und jeder von den Männern zwei Frauen, ohne daß deshalb je Zank oder Zwietracht zwischen ihnen entstanden wäre.