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984. Nacht
Am anderen Tag begab sich der zweite Wesir zum König, bat
um Gnade für seinen Sohn, und warf sich zu den Füßen des Königs: „Steh
auf,“ sprach dieser, „nur vor Gott darfst Du Dich auf Dein Angesicht
werfen.“ Hier stand der Wesir auf, und bat ihn, die Geschichte des
Kaufmanns und der alten Frau anzuhören. „Was ist das für eine
Geschichte?“, sagte der König, und der Wesir hob folgendermaßen an:
Geschichte
des Kaufmanns und der alten Frau
Ein Kaufmann, der sehr oft Reisen zu machen hatte, begab
sich einst in eine Stadt, und während er in selbiger die Straßen und Plätze
besuchte, begegnete ihm eine alte Frau, die ihm zwei Brote anbot, welche sehr
schön aussahen, und künstlich gestaltet waren. Da er sie sehr wohlfeil fand,
so kaufte er sie, nahm sie mit sich nach Hause, und aß sie. Am anderen Tag
begab er sich an denselben Ort, und fand die nämliche Frau mit ähnlichen zwei
Broten, und kaufte sie wieder. Dies geschah fünfundzwanzig Tage hintereinander
fort, nach welchen er die Frau nicht mehr antraf. Nach einer langen Zeit fand er
sie auf einem anderen Platz der Stadt. Er fragte sie sogleich, woher es komme,
dass er sie nicht mehr angetroffen habe, und erkundigte sich nach den Broten.
Sie wollte ihm darauf nicht antworten. Da bat er sie, und drang so lange in sie,
bis sie ihm endlich sagte: „Mein Herr, Gott möge Dich gesund erhalten! Ich
diente dazumal einem Menschen, der ein Geschwür auf dem Rücken hatte. Da
befahl denn der Arzt, einen Brei aus Mehl zu machen, etwas Fett hinein zu
mischen, und dieses auf der bösen Stelle des Mannes die Nacht über liegen zu
lassen. Am anderen Morgen nahmen wir es dann ab, und machten ein neues Pflaster.
Ich nahm es dann jedes Mal, knetete es, gestaltete es in Kuchenform, buk es, und
verkaufte es bald Dir, bald einem anderen. Nun aber ist der arme Mann gestorben,
und ich kann Dir leider keine Brote mehr anbieten.“ Da sprach der Kaufmann:
„Wir gehören Gott an, und müssen einst zu ihm zurückkehren. “ Auch
fügte er folgenden Spruch aus dem erhabenen Koran hinzu: „Was Dir Gutes
begegnet, das hat Dir Gott gesandt. Was Dir Böses widerfährt, hast Du Dir
selbst zugezogen.“ Hierauf fing er an auszuspucken, wurde krank, und
bereute zu spät seine Naschhaftigkeit. „Ich kann Dir noch eine andere
Geschichte erzählen,“ fügte der Wesir hinzu. „Es ist nämlich die
Geschichte des Schwertträgers und des jungen Mädchens.
Der
Schwertträger und das junge Mädchen
Der Schwertträger eines Königs liebte eine Frau aus dem
Volke. Das eine Mal schickte ihr Geliebter einen Knaben zu ihr, durch welchen er
ihr irgend etwas anzeigen ließ. Als dieser seinen Auftrag ausgerichtet hatte,
ließ sie ihn setzen, unterhielt sich mit ihm eine Zeit lang und erklärte ihm,
dass sie ihn weit mehr liebe, als ihren Geliebten, der ihn geschickt habe.