Project Description

592. Nacht

Die Frau des Kadis war, dem Befehl des Kalifen gehorsam,
nach Bagdad gekommen. Sie wurde vor ihn geführt und küssten den Boden vor ihm.
Er befahl ihr hierauf, die Abenteuer ihres Mannes zu erzählen, und fragte sie,
ob es wirklich wahr wäre, dass er ein Kind zu Welt gebracht hätte. Sie senkte
ihr Haupt, weil die Würde des Kalifen eine Ehrfurcht erzeugte, die sich ihrer
bemächtigte. Der Beherrscher der Gläubigen richtete sie jedoch, als er ihre
Bestürzung sah, durch gütige Reden auf und sagte ihr: „Sage mir die
Wahrheit, und ich sichere Dir meine Vergebung zu, was Du auch getan haben
magst.“ Sie fing hierauf an, ihre Geschichte zu erzählen, und erzählte
sie, da sie nach und nach Vertrauen gewann, auf so geistreiche und launige
Weise, indem sie durch Gebärden die Todesangst und die Qualen des fetten Kadis
in seinen vorgeblichen Geburtswehen darstellte, dass der Kalif in seinen
vorgeblichen Geburtswehen darstellte, dass der Kalif sich vor Lachen
ausschütten wollte und sich eine lange Zeit nicht erholen konnte.

Eben als der Kalif sich wieder gesammelt hatte, wer trat
ein? – Der unglückliche, als Derwisch verkleidete Kadi. Seien Frau war
verschleiert, erkannte jedoch ihren Mann, so verändert er auch war, und
flüsterte dem Kalifen zu, es wäre der Kadi. Der Kalif machte ein so
ernsthaftes Gesicht, als er es irgend vermochte, und sagte: „Willkommen,
ehrwürdiger Derwisch; aber wo ist der Sohn, den Du in Tripolis zur Welt
gebracht hast?“ Der arme Kadi war höchst bestürzt, fasste sich aber ein
wenig und sagte: „Beherrscher der Gläubigen, ein Mann kann keine Kinder
gebären.“ – „Es ist uns berichtet worden,“ sagte Harun,
„dass der Kadi von Tripolis mit einem Sohn niedergekommen ist: Und ich
weiß trotz Deiner Derwischtracht, dass Du dieser Kadi bist; denn dies hier ist
die Frau, welche Dich entbunden hat.“ Der erstaunte Kadi senkte bestürzt
sein Haupt und sagte: „Mir ist die Sache unbekannt,“ worauf seine Frau
ausrief: „Elender! Wage es nicht, ohne Furcht vor Allah, ohne Achtung vor
unserem Oberherrn, noch länger die Wahrheit zu leugnen.“

Der Kadi fiel, als er die Stimme seiner Frau erkannte, dem
Sultan zu Füßen und sagte: „Ich habe gesündigt und bekenne meine
Missetaten. Aber, o Beherrscher der Gläubigen, wir sind nun beide vor Dir, lass
Deine Güte meinen Missetaten Verzeihung gewähren und versöhne mich mit meiner
Frau. Von diesem Augenblick an gelobe ich Allah Reue und Besserung. Ich werde
nie wieder geizig und ein Unterdrücker sein und meiner Frau die Leitung der
häuslichen Angelegenheiten allein überlassen.“