Kapitel 10

 

10

 

Die Presse brachte nichts über den Mord in Wapping. Colesberg hatte man nach langem Verhör mehr tot als lebendig um halb drei nachts schließlich nach Hause geschickt. Man ließ ihn aber nicht im unklaren darüber, daß er jeden Augenblick wieder verhaftet werden konnte wegen Einbruchs, Aneignung fremden Eigentums, Hehlerei, unrechtmäßigen Besitzes und tätlicher Beleidigung eines Beamten.

 

Hohläugig und mit eingefallenen Wangen verbrachte er den Rest der Nacht in Mr. Attermans Arbeitszimmer, der ihn immer wieder durch die Versicherung tröstete, daß die Stunden Barbara Storrs gezählt seien.

 

»Diese Londoner Polizeibeamten haben eine merkwürdige Art, ihre Untersuchungen zu führen«, meinte er, »aber wenn man sie erst einmal auf die richtige Spur einer Bluttat gesetzt hat, geben sie sich auch nicht eher zufrieden, als bis sie den Täter hinter Schloß und Riegel haben.«

 

Julius zitterte.

 

»Sie müssen dafür sorgen, daß ich aus dieser unangenehmen Situation herauskomme!« sagte er vorwurfsvoll. »Sie wissen sehr gut, daß ich diesen verdammten Koffer nur auf Ihre Veranlassung hin gestohlen habe. Ihnen und Ihrem Minkey habe ich es zu verdanken, wenn ich nächstens ins Gefängnis wandern muß.«

 

»Beruhigen Sie sich doch, mein Junge«, redete ihm Atterman freundlich zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wenn Sie Ihre Strafe abgesessen haben, sollen Sie auch eine Anstellung in meiner Firma erhalten. Ich vergesse niemand, der mir einen Dienst erwiesen hat. Maudie sagte gestern abend auch …«

 

»Wer ist denn Maudie?« brummte Julius.

 

Ein Lächeln verklärte plötzlich die sonst so abstoßenden Züge Mr. Attermans.

 

»Ein prachtvolles Mädel. Wenn nicht diese verdammte Maber-Affäre dazwischengekommen wäre, könnte ich heute abend der glücklichste Mann von der Welt sein. Morgen spielt sie wieder in meiner Damenkapelle. Ein süßes Mädel, eine Solotrompeterin, die nicht einen Augenblick bei Maber geblieben ist, als sie erfahren hat, daß ihr Atty sie wieder braucht.«

 

Julius sah ihn mit großen Augen an. Noch niemals hatte er Mr. Atterman so zärtlich sprechen hören.

 

*

 

Um zehn Uhr morgens stürzte Mr. Lark aufgeregt in Barbaras Büro und fuchtelte wild mit einem Scheck vor ihren Augen umher.

 

»Was hat das zu bedeuten, Miß Storr? Wer ist denn Hammett?«

 

Sie nahm ihm den Scheck aus der Hand und war einer Ohnmacht nahe, als sie die Höhe des Betrages gelesen hatte.

 

»Ein Rechtsanwalt«, erwiderte sie schwach.

 

Mr. Lark war im Moment wieder beruhigt. Es kam ihm vollständig begreiflich vor, daß Rechtsanwälte derartig hohe Summen erhielten. Selbst wenn der Scheck auf zehntausend Pfund gelautet hätte, würde sich Mr. Lark in einem solchen Fall nicht aufgeregt haben.

 

»Gott sei Dank, dann ist die Sache ja in Ordnung«, meinte er. »Der Name war mir nur vollständig unbekannt. Aber wenn es ein Rechtsanwalt ist …«

 

Sie schüttelte verzweifelt und niedergeschlagen den Kopf.

 

»Es ist ein Betrug«, sagte sie tonlos. »Ich habe den Scheck nicht ausgestellt. Er stammt auch nicht aus unseren Heften.«

 

Er starrte entsetzt auf das kleine Blatt.

 

»Das habe ich auch gesehen — ich sagte zu meiner Stenotypistin vorhin schon — soll ich die Bank anrufen?«

 

»Nein, noch nicht. Ich muß erst einmal ein paar Minuten nachdenken. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit für mich, Mr. Lark.«

 

Eigentlich wollte sie sagen, daß es eine sehr ernste Angelegenheit für Mr. Maber wäre. Wenn sie Anzeige bei Scotland Yard erstattete, kam es sicher heraus, daß er im Gefängnis saß. Und wenn sie nichts unternahm, machte sie sich an dem Betrug mitschuldig.

 

In diesem kritischen Augenblick erschien Alan Stewart im Büro.

 

»Sie haben schon wieder einmal Glück«, begann er ahnungslos, unterbrach sich aber sofort, als er ihr verstörtes Gesicht sah. »Um Himmels willen, was ist denn los?«

 

»Es ist ein Scheck gefälscht worden«, erwiderte sie verzweifelt.

 

»Zeigen Sie die Sache doch an! Wissen Sie denn, wer es getan hat?«

 

Sie nickte.

 

»Ich kann ihn aber nicht anzeigen, weil er dann — etwas veröffentlicht, was ich unter allen Umständen geheimhalten will.«

 

Alans Gesicht wurde plötzlich sehr ernst.

 

»Sie sind also einem Erpresser in die Hände gefallen?« fragte er unsicher.

 

»Ja.«

 

Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen.

 

»Das tut mir sehr leid.« Er nahm ihre Hand und drückte sie teilnehmend. Sie fühlte sich zu unglücklich und zu verlassen, um ihm Widerstand zu leisten. »Um wen handelt es sich?«

 

»Um einen gewissen Hammett. Sie werden ihn nicht kennen, es ist ein kleiner Winkeladvokat.«

 

»Oh, jeder Mensch in London kennt Hammett! Er ist die letzte Zuflucht aller Diebe und Verbrecher. Sagen Sie mir doch bitte alles.«

 

Sie schüttelte den Kopf.

 

»Handelt es sich –« es fiel ihm schwer, die Frage zu stellen — »um einen Mann?«

 

Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und starrte zum Fenster hinaus.

 

»Ja«, flüsterte sie kaum hörbar.

 

Alan biß die Zähne aufeinander.

 

»Ist es jemand, den Sie sehr gern haben?« Seine Stimme klang jetzt heiser und unnatürlich.

 

Sie sah schnell zu ihm hinüber.

 

»Wissen Sie denn, wer es ist?«

 

»Ich kann es vermuten«, erwiderte er bitter. »Sie versuchen, ihn zu beschützen, und Hammett, der von Ihrer Zuneigung erfahren hat, fälschte den Scheck in der Erwartung, daß Sie ihn nicht anzeigen würden.«

 

»Was soll ich denn tun?« Sie schaute wieder zum Fenster hinaus. »Wenn ich ihn verhaften lasse, kommt die ganze Geschichte heraus, und das wäre entsetzlich — katastrophal!«

 

Er mußte plötzlich daran denken, was wohl Mr. Maber mit seiner altmodischen Abneigung gegen Skandal und Öffentlichkeit dazu sagen würde. Barbara nahm eine sehr verantwortungsvolle Stellung ein. Sie hatte nicht nur die eigene Ehre zu verteidigen, sondern auch die ihres Chefs.

 

»Mr. Maber hat natürlich keine Ahnung davon?«

 

»Nein, und er soll auch nichts davon erfahren. Er traut mir und verläßt sich auf mich. Ich muß einen Weg finden, um seinen Namen zu retten.«

 

So schlimm stand es also! Alan erstarrte, und nach einer Weile nieste er sogar. Diese etwas unfreiwillige Lebensäußerung wirkte mitten in der tragischen Situation geradezu grotesk. Barbara sah ihn ängstlich an. Diese jungen Leute, die in den Schützengräben gewesen waren, gingen doch zu leichtsinnig mit ihrer Gesundheit um. Um Unterzeug und dergleichen kümmerten sie sich überhaupt nicht. Vielleicht hatte der Ärmste auch eine Wirtin, die sich der Trunksucht ergeben hatte und vergaß, seine Hemden zu flicken. Solche Frauen gehörten eigentlich von Rechts wegen bestraft!

 

»Vielleicht kämen wir doch weiter, wenn Sie mir etwas mehr erzählen wollten«, unterbrach er ihre Gedankenreihe. »Ich will Sie nicht verletzen und will Sie auch nicht zwingen, mir Ihr Vertrauen vollständig zu schenken — ich kann sehr gut zwischen den Zeilen lesen. Hammett könnte Sie nicht erpressen, wenn er nicht etwas ungewöhnlich Schlimmes über Ihren — Freund wüßte. Ich verstehe vollkommen, daß Sie ihn beschützen wollen. Bei Ihrem Charakter werden Sie einen Mann, dem Sie zugetan sind, niemals im Stich lassen.«

 

»Ja, ich habe ihn sehr gern«, antwortete sie schlicht. »Sehen Sie, ich kenne ihn seit meiner frühesten Jugend. Er kam oft in das Haus meiner Tante zum Tee, und einmal war er auch am Weihnachtsabend da. Der Mistelzweig hing in der Tür, und da — küßte er mich.«

 

»Sind Sie mit ihm verheiratet?« stieß er mühsam hervor. Er wagte nicht, sie anzusehen, als sie sich ihm zuwandte.

 

»Verheiratet? Wie lächerlich! Wie kommen Sie nur auf eine solche Idee!«

 

Alan seufzte schwer. Natürlich war sie nicht mit ihm verheiratet. Solche Männer heiraten doch nicht!

 

»Ich liebe ihn, und er liebt mich, aber es ist niemals die Frage aufgetaucht … nein, wie albern doch dieses ganze Thema ist!«

 

»Vielleicht gelingt es Ihnen, den Mann zu reformieren!«

 

»Das ist gar nicht nötig«»sagte sie begeistert. »Er ist der beste, liebste und netteste Mann, den es überhaupt gibt!«

 

Also liebte sie ihn, und es war nutzlos, ihren Glauben an diesen Menschen zu erschüttern, der wahrscheinlich ein herzloser Halunke war.

 

»Ich weiß nicht, was ich mit Mr. Hammett machen soll. Es hat ja sowieso wenig Zweck, ihn zu verfolgen, da er sich wahrscheinlich jetzt längst auf hoher See befindet. Aber hoffentlich kommt er in einen Sturm und wird fürchterlich seekrank!«

 

Sie lächelte ihn tapfer an, aber er hatte das ungewisse Gefühl, daß sich Ängstlichkeit und Unsicherheit hinter diesem Lächeln verbargen.

 

»Vielleicht ist das die beste Lösung«, entgegnete er müde. »Sie müssen nur das eine bedenken. Wenn Sie heute die Bank nicht benachrichtigen, können Sie das Geld nicht mehr zurückbekommen. Aber wenn ich mir Ihre Lage vergegenwärtige, dann würde ich wahrscheinlich auch nicht anders gehandelt haben.« Er nahm einige Papiere aus seiner Aktentasche. »Wollen wir jetzt über die Annoncen sprechen?« fragte er dann höflich.

 

Sie war enttäuscht von ihm. Daß er all Ihre Schwierigkeiten so schnell beiseiteschieben und zur Tagesordnung übergehen konnte, kränkte sie. Sie glaubte, daß er alles wußte. Das konnte sie ihm nicht verzeihen, und der Abschied der beiden war daher ziemlich kühl. Alan war wie jeder andere Mann schwer verletzt, als er entdeckte, daß das Mädchen seiner Wahl einen anderen liebte. Und sie war empört über die kalte, geschäftsmäßige Art, mit der er das Leben betrachtete. Aber trotzdem sorgte sie sich um ihn und seine Gesundheit. Er hatte so heiser gesprochen — wahrscheinlich rauchte er zuviel.

 

Erst als er wieder in sein eigenes Büro kam, erinnerte er sich daran, daß er ihr das Ergebnis der Erkundungen hatte mitteilen wollen, die er auf Ihren Wunsch hin über Maudies Vater eingezogen hatte. Sie hätte nämlich gerne gewußt, inwiefern Maudies Tätigkeit bei Maber die Pension des alten Mannes beeinträchtigen könnte. Seine düstere Stimmung besserte sich etwas, als ihm einfiel, daß er nun einen Grund hatte, sie anzurufen.

 

»Ja, was wünschen Sie?« fragte sie, nachdem er sich gemeldet hatte. Ihre Stimme klang abweisend und kalt.

 

»Ach, Barbara, Sie hatten mich doch gebeten, mich um die Verhältnisse Maudie Deanes etwas zu kümmern.«

 

»Ja — haben Sie etwas herausgebracht?« Ihre natürliche Neugierde gewann die Oberhand über ihre Zurückhaltung.

 

»Ihr Vater ist Oberaufseher im Gefängnis von Pentonville. Das kam damals bei dem Prozeß gegen Atterman heraus.«

 

Er erhielt keine Antwort.

 

»Haben Sie gehört, was ich sagte, Barbara?«

 

»Ja, Mr. Stewart«, erwiderte sie mit so scharfem Ton, daß er zusammenfuhr.

 

»Das war alles, was ich Ihnen sagen wollte. Auf Wiedersehen.« Wütend legte er den Hörer in die Gabel.

 

Barbara aber lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und hielt den Kopf in ihren Händen. Maudie kannte also den ganzen Zusammenhang! Ihr Vater mußte entdeckt haben, daß Maber in Pentonville gefangensaß. Und dieses Mädchen liebte Atterman! Sie hatte zwar geschrieben, daß sie nichts ausplaudern wollte, aber würde sie auch diesem Mann gegenüber schweigen können? Wenn sie etwas verriet, würde Atterman natürlich sofort diese sensationelle Tatsache in gewaltigen Buchstaben an der Fassade seines Warenhauses verkünden.

 

Entsetzliche Bilder stiegen vor ihrer Phantasie auf. Was sollte sie tun?

 

Albuera störte sie in ihren düsteren Gedanken.

 

»Inspektor Finney möchte Sie sprechen. Wollen Sie ihn empfangen?« fragte er leise.

 

Die verschiedensten Vermutungen durchkreuzten ihr Gehirn. Kam er wegen des Schecks? — Hatte die Bank etwas entdeckt? — War Hammett verhaftet worden?

 

Schließlich nickte sie dem Polizisten zu.

 

»Guten Morgen, Miß Storr«, begrüßte Mr. Finney das junge Mädchen und strahlte sie mit zufriedenen Augen an. »Ich habe in der vergangenen Nacht Mr. Atterman aufgesucht, und ich glaube, es gibt eine sehr einfache Erklärung für die beschmutzten und zerrissenen Kleider Mr. Mabers.«

 

Barbara nickte und erzählte ihm den wahren Sachverhalt.

 

Als sie geendet hatte, sah der Inspektor sie erstaunt an.

 

»Was, er sitzt im Gefängnis?« fragte er und brach dann in lautes Lachen aus.

 

Als er sich ein wenig beruhigt hatte, berichtete er über die Festnahme von Julius. Barbara freute sich nicht darüber, im Gegenteil, sie befürchtete das Schlimmste.

 

»Er hatte tatsächlich ein Recht, in das Geschäftshaus zu kommen, denn obgleich ich seine Partnerschaft aufgelöst hatte, gab ich ihm doch nachträglich die Erlaubnis, wieder zurückzukommen. Sie dürfen die Anklage gegen ihn unmöglich durchführen.«

 

»Wegen des Einbruchs kann ich allerdings nicht gegen ihn vorgehen, aber es bleibt immer noch die böse Tatsache bestehen, daß er einen Beamten tätlich angegriffen hat. Er hat einen Polizisten ins Gesicht geschlagen, und dergleichen können wir nicht übersehen.«

 

»Welche Strafe wird er denn dafür bekommen?«

 

Der Inspektor zuckte die Schultern.

 

»Vier bis sechs Wochen«, bemerkte er gleichgültig.

 

»Kommt er etwa auch nach Pentonville?« fragte Barbara atemlos.

 

Finney schaute nachdenklich zur Decke hinauf.

 

»Ja, er kommt nach Pentonville.«

 

»Dann dürfen Sie auf keinen Fall die Anklage gegen ihn erheben«, erklärte Barbara entschieden. »Unter keinen Umständen kann ich Mr. Colesberg gestatten, daß er nach Pentonville geht. Können Sie ihn denn nicht in ein anderes Gefängnis stecken?«

 

Der Inspektor überlegte aufs neue.

 

»Ja, wir könnten ihn auch nach Wandsworth schicken.« Er sprach so, als ob er ein Grundstücksagent wäre und Barbara verschiedene Anwesen zum Kauf anböte. »Ich glaube aber doch, daß er nach Pentonville kommt.«

 

Er erzählte ihr dann, daß Leute, die nördlich der Themse ein Verbrechen begingen, nach Pentonville geschickt wurden. Wer sich südlich der Themse etwas zuschulden kommen ließ, kam nach Wandsworth.

 

»Aber das darf doch nicht geschehen. Ich bitte Sie, Mr. Finney, tun Sie doch alles, was in Ihren Kräften steht, um diese Katastrophe zu verhüten. Der unglückliche Polizist muß eben entschädigt werden, wenn Mr. Colesberg ihn ins Gesicht geschlagen hat. Aber das lassen Sie nur meine Sorge sein!«

 

Er machte ein ernstes Gesicht und wollte anscheinend nichts davon wissen, aber Barbara sah ihn mit ihren schönen Augen bittend an.

 

»Verstehen Sie denn nicht, Mr. Finney? Ich habe mir die größte Mühe gegeben, das Geheimnis Mr. Mabers zu wahren; wenn nun Mr. Colesberg nach Pentonville kommt, müssen sie sich doch dort treffen!«

 

»Das stimmt allerdings. Die Gefangenen sehen einander in Pentonville, trotzdem es ein sehr großes Gefängnis ist. Nur wenn einer von ihnen gehängt werden sollte, wird er von den anderen abgetrennt. Na, ich will einmal sehen, was sich machen läßt.«

 

Er erhob sich und reichte ihr die Hand.

 

»Mr. Atterman werde ich unter keinen Umständen etwas davon sagen«, tröstete er sie. »Es schwebt da noch eine andere ernste Angelegenheit, die dringend der Aufklärung bedarf.«

 

Er gab keine nähere Erklärung darüber, und sie fragte auch nicht danach.

 

Barbara war nun ein wenig beruhigt, aber dieser Zustand sollte nicht lange dauern. Gegen halb drei spitzte sich die Lage im Hause Maber & Maber bedenklich zu. Die Krise begann mit einem telefonischen Anruf der Bank, deren Direktor Miß Storr um eine persönliche Unterredung bat.

 

Er kam, begrüßte Barbara kurz und erklärte dann sofort den Zweck seines Besuchs.

 

»Sie haben Ihr Konto um dreitausend Pfund überzogen, Miß Storr. Gerade wurde der Scheck von Mr. Colesberg über siebentausend Pfund vorgelegt, und ich habe schon andere große Zahlungen geleistet.«

 

Barbara hielt sich an der Kante des Schreibtisches fest.

 

»Was kann ich denn tun?« fragte sie verzweifelt.

 

»Können Sie sich nicht irgendwie zehntausend Pfund leihen?«

 

»Sie meinen, ich sollte eine Hypothek aufnehmen?« erwiderte sie und faßte wieder Mut.

 

Der Bankdirektor schüttelte den Kopf.

 

»Nein, das würde ich nicht raten, denn das wird allgemein bekannt. Können Sie nicht einen Geschäftsfreund aufsuchen, der größere Summen zur Verfügung hat? Zum Beispiel Mr. Atterman?«

 

»Atterman!« wiederholte sie atemlos. »Der würde mir doch keinen Cent geben!«

 

Er lächelte, als ob er es besser wüßte.

 

»Vielleicht würde sich ein Versuch doch lohnen.«

 

Ohne einen Augenblick zu zögern, setzte Barbara den Hut auf und eilte zu Atterman hinüber. Der erste, dem sie dort begegnete, war Mr. Minkey. Er sah sie so wütend an, als ob er sie verschlingen wollte, denn Mr. Atterman stellte ihn seit seinem erfolgreichen Debüt im Schaufenster fremden Besuchern mit ganz besonderem Stolz vor, etwa wie ein Bauer seinen Preisbullen herzeigt.

 

»Guten Tag, Mr. Minkey«, wandte sich Barbara trotzdem liebenswürdig an ihn. »Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich Mr. Atterman finde?«

 

Er wies nur schweigend mit dem Daumen über die Schulter nach dem Fahrstuhl, denn selbstverständlich hielt er es für unter seiner Würde, mit ihr zu sprechen.

 

Sie wurde angemeldet, und gleich darauf ließ man sie eintreten.

 

Atterman stand hinter seinem Schreibtisch. Ein triumphierendes Lächeln spielte um seine Lippen. Auch Maudie war zugegen und erwiderte Barbaras Gruß etwas kühl und zerstreut.

 

»Nun, meine liebe Miß Storr, Sie kommen gerade zur rechten Zeit, um meine neueste Attraktion zu sehen.«

 

Er zeigte auf die Wand hinter ihr, wo ein großes, noch feuchtes Plakat hing. Die roten Buchstaben führten einen diabolischen Tanz vor Barbaras Augen auf. Erst nach einiger Zeit hatte sie sich wieder soweit gefaßt, daß der Sinn der Worte zu ihrem Bewußtsein durchdrang.

 

»Maber sitzt im Loch!

Verkaufen tut er doch.

Kaufet nur bei Atterman,

Dort ist ehrlich jedermann!«

 

Kapitel 11

 

11

 

Mr. Mabers Mißgeschick war also kein Geheimnis mehr! Bald würde es in der breitesten Öffentlichkeit bekannt sein.

 

Barbara sah zu Maudie hinüber, die den Blick abwandte.

 

»Ganz hübsch gemacht«, sagte sie dann, ohne äußerlich Erregung zu zeigen. »Aber Sie wollen das doch nicht etwa an Ihrer Fassade ausstellen?«

 

»O ja, das will ich tun. In einer Stunde können Sie es auch von der Straße aus bewundern.«

 

Barbara schüttelte den Kopf.

 

»Ich glaube, daß Sie das unterlassen werden«, erklärte sie ruhig und bestimmt. »Erstens wird Ihnen der Schadenersatz zu hoch sein …«

 

»Sitzt er denn nicht im Gefängnis?« unterbrach sie Atterman.

 

»Er war tot, als ich das letztemal von ihm hörte. Wahrscheinlich ermordet von einer rachsüchtigen Frau. Soviel ich weiß, haben Sie ja seine blutbefleckten Kleider gesehen. Mr. Colesberg hat sie doch gestohlen. Ich lasse ihn sofort verhaften, wenn das Plakat an der Fassade Ihrer Firma erscheint. Solange habe ich ihn geschont, nicht etwa, weil er mir sympathisch ist, sondern weil ich ihn nicht vor Gericht anklagen konnte, ohne das Unglück Mr. Mabers der Öffentlichkeit preiszugeben.«

 

Sie sah ihn forschend von der Seite an.

 

»Sie werden dann wohl auch ins Gefängnis wandern, weil Sie sich der Hehlerei schuldig gemacht haben. Inspektor Finney und ich hatten eben eine kleine Beratung darüber.«

 

»Die Wahrheit kann man immer sagen«, erwiderte er unangenehm berührt. »Das Plakat enthält keine Verleumdung.«

 

»Es enthält insofern eine Verleumdung, als es dem Publikum suggeriert, daß Mr. Maber unehrlich gehandelt hat und handelt. Und sein ganzes Verschulden besteht nur darin, daß er einen Polizisten ins Ohr gebissen haben soll. Das werden Sie wohl nicht als eine ehrenrührige Handlung erklären können! Wahrscheinlich konnte er den Polizisten nicht leiden und hat sich eben zu diesem vollständig ehrlichen Bekenntnis seiner Gefühle hinreißen lassen!«

 

Atterman betrachtete sein Plakat plötzlich nicht mehr triumphierend.

 

»Außerdem gibt es eine bestimmte Verordnung — selbst der einfache Polizist Albuera, den ich engagiert habe, kennt sie. Wenn Gefängniswärter über amtliche Dinge sprechen, die in der Anstalt vorgehen, werden sie sofort entlassen und verlieren den Anspruch auf Pension.«

 

Maudie wurde jetzt lebendig.

 

»Wenn Sie glauben, ich hätte Mr. Atterman irgendwelche Geschichten erzählt, dann irren Sie sich, Miß Storr. Sie dürfen sich auch nicht einbilden, daß Sie mich mit solchen Behauptungen erschrecken können –«

 

»Es handelt sich um folgendes, Mr. Atterman«, unterbrach Barbara den Redeschwall der jungen Dame. Sie hatte keine Zeit, sich mit Maudie aufzuhalten. »Ich kam zu Ihnen, um Geld von Ihnen zu leihen. Ich habe unser Konto überzogen, und der Direktor der Bank gab mir den Rat, mich an Sie zu wenden.«

 

Atterman war starr vor Staunen.

 

»Ja, glauben Sie denn auch nur eine Sekunde, daß ich Ihnen Geld leihen würde? — Wieviel wollen Sie denn übrigens haben?«

 

»Zehntausend Pfund«, erwiderte Barbara kurz.

 

Mr. Atterman war so verblüfft, daß er im Augenblick nicht sprechen konnte. Maudie benutzte daher die Gelegenheit, ihre Rede fortzusetzen.

 

»Mein Vater hat tatsächlich Mr. Maber gesehen — das will ich nicht abstreiten. Er sah ihn an dem Tag, an dem er eingeliefert wurde –«

 

Barbara brachte sie durch eine abwehrende Handbewegung wieder zum Schweigen.

 

»Ich wollte mit Ihnen ein Geschäft abschließen, Mr. Atterman«, begann sie wieder. Er lachte spöttisch. »Aber es ist ganz ausgeschlossen, weiter mit Ihnen zu verhandeln, solange Sie die persönliche Ehre Ihres Konkurrenten angreifen. Das ist nicht nur gemein, das ist auch dumm.«

 

»Sie können meinetwegen schwätzen, soviel Sie wollen. Das Plakat wird draußen aufgehängt!« sagte er mit Nachdruck und warf sich in die Brust.

 

»Schön, dann werde ich dafür sorgen, daß Sie ins Gefängnis wandern.«

 

Mit dieser Drohung verabschiedete sie sich.

 

Aber als sie wieder in ihrem eigenen Büro ankam, war sie sehr bedrückt und niedergeschlagen. Mr. Lark trat gleich darauf bei ihr ein.

 

»Kennen Sie einen Mr. Elbury?« erkundigte er sich.

 

»Marcus Elbury — ja. Mr. Maber hat mir oft von seinem treuen Jugend- und Studienfreund erzählt. Warum fragen Sie denn danach?«

 

»Er ist hier und möchte Sie gern sprechen.«

 

Sie eilte hinaus. Vielleicht konnte ihr dieser geheimnisvolle Mann aus ihrer entsetzlichen Verlegenheit helfen.

 

Sie sah einen stattlichen, breitschulterigen Mann vor sich. Er war zwar kein Amerikaner von Geburt, aber die langen Jahre, die er in seiner zweiten Heimat verbracht hatte, machten sich in seiner Sprache und seinem Benehmen deutlich geltend.

 

»Ich bin eben von Paris angekommen«, sagte er und drückte ihr herzlich die Hand. »Es tut mir unendlich leid, daß Sie all diese Schwierigkeiten hatten, Miß Storr.«

 

Er schien über etwas beunruhigt zu sein, denn er sah sich nervös um.

 

»Ich habe von Ihrer ›Billigen Woche‹ gehört und war schon gespannt, ob alles klappen würde.«

 

»Ich bin allerdings in eine sehr unangenehme Lage geraten.« Sie sah ihn mit einem traurigen Lächeln an. »Leider habe ich Mr. Mabers Bankkonto überziehen müssen.«

 

»Ach, das ist alles?« Er atmete erleichtert auf und zog zu ihrem größten Erstaunen sofort sein Scheckbuch heraus. »Wieviel brauchen Sie?«

 

»Im Augenblick dreitausend Pfund, vielleicht später im ganzen zehntausend. Der Direktor meiner Bank gab mir den Rat, mir zehntausend zu beschaffen.«

 

»Der Mann hat ganz recht«, sagte Mr. Elbury und schrieb einen Scheck über die größere Summe aus.

 

Barbara war fassungslos vor Freude.

 

»Haben Sie — etwas von Mr. Maber gehört?« fragte sie, als sie sich etwas beruhigt hatte.

 

»Ja.«

 

Sein Ton verriet ihr, daß er nicht weiter danach gefragt werden wollte.

 

»Wenn das Herz jung ist«, fügte er geheimnisvoll hinzu, »tun die Menschen merkwürdige Dinge. — Sind Sie auch sicher, daß Sie mit diesem Betrag auskommen? Ich würde Ihnen sonst noch einen größeren Scheck geben.«

 

»Oh, es reicht. Ich danke Ihnen vielmals, Mr. Elbury. Und wenn Sie Mr. Maber eine Nachricht zukommen lassen können, so bestellen Sie ihm doch, daß das Geschäft großartig geht. Ich weiß allerdings nicht, was er später dazu sagen wird«, meinte sie lachend.

 

»Er ist begeistert von Ihnen, Miß Storr«, erwiderte Mr. Elbury feierlich. »Er ist davon überzeugt, daß Sie die klügste und smarteste junge Dame sind, die es gibt. Wie ich schon sagte, wenn das Herz jung ist … Er hätte sicher nicht so gehandelt, wenn ich dabei gewesen wäre.«

 

»Waren Sie denn nicht mit ihm im Empire-Theater?«

 

»Aber gewiß«, entgegnete Mr. Elbury erstaunt. »Sie meinen, als man ihn gefangennahm? Natürlich war ich dabei. Ich dachte, sie würden ihn wieder freilassen, und hatte keine Ahnung davon, daß man seine Verhaftung aufrechterhielt. Erst später erfuhr ich, daß er zu einem Monat Gefängnis verurteilt wurde. Ich habe ja dem Minister des Innern gesagt, daß so kleine Mißverständnisse immer einmal passieren können. Es war nämlich gar nicht Mr. Maber, sondern Big Bill Langstead, mein alter Freund aus Cincinnati, der den Polizisten ins Ohr gebissen hat. Mr. Maber wurde in die Rauferei verwickelt, als er Bill helfen wollte, und nachher hat ihn der Polizist festgenommen.«

 

»Ich bin sehr froh, daß Mr. Maber das nicht getan hat«, sagte sie erleichtert. »Dann sitzt er ja aber jetzt unschuldig im Gefängnis?«

 

Mr. Elbury rieb sein Kinn.

 

»Ja«, sagte er dann und schaute verlegen nach der Tür. »Ich kann nicht länger bleiben, Miß Storr. Nur das eine möchte ich Ihnen noch sagen: Wenn das Herz jung ist –«

 

»Das haben Sie mir aber schon mehrmals gesagt«, unterbrach sie ihn lächelnd.

 

»Ich muß auch noch hinzufügen«, erklärte er etwas verwirrt, »daß Mr. Maber mit all Ihren Anordnungen hier durchaus einverstanden ist. Er ist damit zufrieden, daß Sie diesen faulen Partner auf die Straße gesetzt haben, und er sagte auch, daß Sie es sich sehr überlegen sollten, die Firma zu verkaufen.«

 

»Wirklich?« Eine Zentnerlast fiel von ihrem Herzen. »Das ist ja herrlich! Haben Sie ihn denn im Gefängnis besucht, daß Sie das alles wissen?«

 

»Ich … Was nun diesen Atterman betrifft«, fuhr er schnell fort, »so möchte ich vor allem feststellen, daß er kein Amerikaner ist. Ich will nicht haben, daß man schlecht von Amerika denkt. Er hat zwar eine verheiratete Schwester drüben –« er machte eine Pause und sah sie ängstlich an, als ob er erwartete, daß sie ihm ins Wort fallen würde. Als sie schwieg, sprach er weiter. »Atterman ist ein gewandter, pfiffiger Mensch, der durch Zufall sein Glück gemacht hat. Mr. Maber will in etwa sechs Monaten zurückkommen, und dann wird er –«

 

»Was, erst in sechs Monaten? Aber er hat doch nur einen Monat Gefängnis bekommen!«

 

Er nickte ihr freundlich zu.

 

»Ganz recht. Er hat nur einen Monat abzusitzen, aber er geht mit mir nach Amerika, und ich soll Ihnen bestellen –« endlich brachte er an, was er schon längst hätte sagen sollen, »daß er — daß sie — kurz, Sie sollen ihr alles geben, soweit es eben vernünftig ist!« Er holte tief Atem.

 

Barbara sah ihn an, als ob sie ihren Ohren nicht trauen dürfte.

 

»Wem soll ich alles geben?«

 

Er wurde aufs neue verlegen.

 

»Wenn das Herz jung ist –« begann er wieder. Er mußte wohl glauben, daß diese Phrase ein Ersatz für jede nötige Aufklärung war.

 

»Ja, das weiß ich nun schon auswendig — aber wem soll ich denn alles geben?«

 

»Die Angelegenheit ist leider sehr verwickelt.« Mr. Elbury drehte den Hut in den Händen wie ein Schuljunge, der etwas verbrochen hat. »Die Information, die wir nach dieser schrecklichen Geschichte bekommen haben –«

 

»Welche schreckliche Geschichte?« forschte sie hartnäckig.

 

Er schaute sie an wie ein verwundeter Stier.

 

»Sie sind sehr liebenswürdig, Miß Storr«, sagte er dann langsam. »Ich weiß das zu schätzen, und ebenso wird es Mr. Maber zu schätzen wissen. Fahren Sie nur so fort und handeln Sie, als ob Sie nichts davon wissen. Meine Adresse ist Hotel Majestic, Paris — ich fliege heute abend zurück. Meine Bank ist die Guaranty Paris Branch, und ich habe Anweisung gegeben, daß Sie soviel Geld dort abheben können, als Sie brauchen. Meine Telegrammadresse ist ›Tippitty, New York‹. Also, wenden Sie sich an mich, falls Sie etwas brauchen.«

 

Unvermittelt ergriff er ihre Hand.

 

»Ich danke Ihnen im Namen meines Freundes Maber!«

 

Und bevor sie noch recht wußte, wie ihr geschah, war er verschwunden.

 

Was mochte das nur alles zu bedeuten haben?

 

Sofort ging sie zum Telefon, rief den Bankdirektor an und teilte ihm mit, daß ein Scheck über zehntausend Pfund durch besonderen Boten an ihn abgeschickt worden sei. Sie klingelte auch Alan Stewart an, der ihrem Beispiel folgte und nun seinerseits eisig und zugeknöpft war.

 

»Kommen Sie sofort zu mir«, befahl sie kurz und hängte wieder ein.

 

Die Autofahrt zu dem Hause Maber & Maber dauerte ihm viel zu lange.

 

Als er erschien, teilte sie ihm in wenigen Worten mit, was geschehen war, und je länger sie von Mr. Maber erzählte, desto mehr hellten sich seine Züge auf.

 

»Er sitzt im Gefängnis?« fragte er leise.

 

»Ja, aber er ist ungerecht verurteilt worden. Ich wußte sofort, daß er den Polizisten nicht gebissen hatte. Er hatte immer ein zartes Gemüt.«

 

»Ich dachte vorher, Sie hätten von einem Mann gesprochen — ich meine von einem Mann, den Sie — liebten — und der Sie küßte. Sie sprachen doch von einem Mistelzweig, wissen Sie noch?«

 

Er versuchte verzweifelt, aus diesem widerspruchsvollen Chaos herauszufinden, in das er geraten war.

 

Aber dieses letzte Bekenntnis kränkte Barbara wieder tief.

 

»Ach so! Jetzt verstehe ich. Sie dachten, ich hätte Ihnen die Geschichte meiner Vergangenheit gebeichtet! Ich danke Ihnen!«

 

»Natürlich habe ich niemals geglaubt –«

 

»Danke«, erwiderte sie scharf. »Ich glaube, es hat keinen Zweck, weiter über die Sache zu sprechen. Ich möchte Sie nur noch eins fragen. Was hat Elbury gemeint, als er sagte, daß ich ihr alles geben sollte, was sie brauchte? Er kann doch unmöglich Mrs. Hammett gemeint haben, denn er wußte ja überhaupt nichts von ihrer Existenz. Auch Maudie kann es unmöglich sein.« Sie brach plötzlich ab und runzelte die Stirne. Die Geschichte erschien ihr immer unerklärlicher, je länger sie darüber nachdachte.

 

»Ich wollte Sie eigentlich in einer ganz anderen Angelegenheit sprechen, Mr. Stewart«, sagte sie dann sprunghaft. »Mr. Atterman hat die Absicht, ein ganz abscheuliches Plakat auszustellen.« Sie schaute mit düsteren Blicken zu dem Konkurrenzhaus hinüber.

 

Die beiden oberen Fenster standen offen, und es waren gerade Leute damit beschäftigt, lange Taue herauszuhängen. Nur noch wenige Minuten, dann mußte das entsetzliche Plakat erscheinen!

 

Aber merkwürdigerweise geschah das nicht. Barbara beobachtete sogar, daß die Taue wieder eingezogen und die Fenster geschlossen wurden. Wahrscheinlich hatte sich Mr. Atterman die Sache doch anders überlegt, und die Drohung, daß sie ihn wegen Verleumdung anklagen würde, hatte ihre Wirkung getan.

 

In Wirklichkeit war jedoch der Grund für die Änderung seiner Meinung ganz anderer Art. Seine Mutter hatte ihn angerufen und ihn zum Abendessen eingeladen. Er war darüber so erfreut, daß er gegen seine sonstige Gewohnheit mit ihr von seinem Geschäft sprach und ihr die Geschichte von dem Mißgeschick seines Rivalen Maber erzählte.

 

»Wenn du dich im geringsten unterstehst, etwas gegen den Mann zu unternehmen, sollst du etwas erleben! Willst du vielleicht deine Schwester Rachel ins Gefängnis bringen? Du Idiot!«

 

Mr. Atterman fuhr sofort nach Hampstead, um mit seiner Mutter zu sprechen. Er hatte das ungewisse Gefühl, daß er den Verstand verloren hatte.