XI. Charakter


XI. Charakter

Sinnesart und Neigungen der Elfen zeigen eine eigentümliche Mischung von gut und böse, List und Aufrichtigkeit, die sich vollkommen aus der Mischung zweier ursprünglich entgegengesetzter Eigenschaften erklärt. So entschieden sie auch manchmal nach einer von beiden Richtungen hingetrieben werden und sich edel und hilfreich oder im höchsten Grad boshaft betragen, so halten sie sich doch im ganzen so bestimmt in einer zweifelhaften Mitte, daß man diese als das charakteristische ihrer Natur angeben muß.

1. Sie necken gerne, höhnen und spotten die Menschen, ohne ihnen eigentlichen Schaden damit tun zu wollen und eine gewisse Gutmütigkeit bricht neben dieser Neigung hervor. Der Hausgeist in der Deutschen Sage (Nr. 75.) hatte seine größte Freude daran, die Leute aneinander zu hetzen, trug aber vorher alle tödlichen Waffen fort, damit sie sich kein Leid antun konnten. Sonst narrte und neckte er die Leute, wo er konnte, hatte seine Kurzweil mit einem Narren und machte Spottlieder auf die, welche in seine Falle gegangen waren. Elberich zeigt dieselbe Natur:

Otnit Str. 451:

er wolde die heiden irren, Elberich was kluoc,
der beiden abgöte er in die burc truoc
dâ mite wolt‘ er sie effen unde trîben sînen spot.

XII. Verhältnis zu den Menschen


XII. Verhältnis zu den Menschen

1. Die Unterirdischen lieben ein verborgenes, heimliches Leben, können Lärm und Geräusch nicht vertragen und heißen in dieser Beziehung das stille Volk. »Daheim soll man nicht die Ruhe nehmen (stören)!« sagt ein eddischer Zwerg (Alvîsmâl I.). Bei Tag halten sie sich ruhig, erst wenn die Menschen schlafen, in der Nacht, werden sie tätig und munter. Sie haben es ungern, wenn ein menschliches Auge sie erblickt; begehen sie ein Fest, feiern sie eine Hochzeit, so vergönnen sie wohl dem Hausherrn zuzusehen, (Deutsche S. Nr. 31.), aber wenn ein anderes Auge nur durch die kleinste Öffnung neugierig schaut, entfliehen sie plötzlich und ihre Lust ist gestört. In Tipperary entfernen sie sich, wenn Menschen sich ihren alten Tanzplätzen nahen und das Gebrüll der Herden klingt ihren Ohren unerträglich. Kommt ein Geistlicher des Wegs („Die Mahlzeit des Geistlichen“), so verstecken sie sich eilig. Die erzgebirgischen Zwerge wurden durch Errichtung der Hämmer und Pochwerke (Deutsche S. Nr. 36.) verjagt, andere durch das Glockengeläut in nahgebauten Kirchen. Als ein Bauer im Wald Bäume fällt und Balken haut, verdrießt es den Berggeist, er ruft klagend: »Wer lärmt hier so stark?« »Ein Christ«, antwortet ihm sein Gesell, »ist gekommen, haut uns den Wald und unsere Schlupfwinkel weg und tut uns großes Leid an.« (Danske Viser I. 175. 176. 178.). Thiele (Danske Folkesagn I. 42. 43. 122. 174. 175.) hat ähnliche Sagen gesammelt, nach welchen die Trolde vor dem Glockengeläut das Land verlassen oder an einzelnen Orten wegbleiben. Eine Stelle im Angelsächsischen Gedicht von Beovulf zeigt das hohe Alter dieser Überlieferungen, der König hatte eine Burg unfern dem Aufenthalt des Geistes Grendel bauen lassen, fröhlich hausten darin die Helden, aber (S. 9.)

se ellengäst earfodlîce
thrage getholode, se the in thystrum bâd,
thät he dôgora gehvam dreám gehyrde
hlûdne in healle; thär väs hearpan svêg
svutol sang scôpes.

but now can no man see non elves mo;
for now the grete charitee and prayerers
of limitoures (Bettelmönchen) and other holy freres,
that serchen every land and every streme,
as thicke as motes in the sonne beme,
blissing halles, chambres, kichenes and boures,
citees and burghes, castles highe and toures,
thorpes and bernes, shepenes and dairies,
this maketh, that ther ben no fairies.
For ther as wont to walken was an elf,
ther walketh now the limitour himself
in undermeles and in morweninges,
and sayth his matines and his holy thinges,
as he goth in his limitatioun.
Women may now go safely up and doun
in every bush, and under every tree,
ther is non other incubus but he,
and he ne will don hem no dishonour.11

  1. Goblinus Persona, der gegen das Ende des 15ten Jahrh. bis in das 16te hinein lebte, erzählte von dem König Goldemer, einem Hausgeist, der sich drei Jahre bei einem Neveling von Hardenberg aufhielt, alle Eigentümlichkeiten eines solchen zeigte und wahrscheinlich derselbe Goldemar ist, dessen im Reinfried von Braunschweig f. 194e wo er »daz riche keiserliche getwerc« genannt wird, und im Anhang vom Heldenbuch Erwähnung geschieht. (Vgl. Altdeutsche Wälder 1.297.298.)

XIII. Feindliche Gesinnung


XIII. Feindliche Gesinnung

Die Elfen zeigten sich bei aller Lust zu Neckereien als gutgesinnte Wesen, den Menschen geneigt und wenn auch manchmal in die Stille sich zurückziehend, doch im ganzen gern mit ihnen verkehrend. Völlig entgegengesetzt ist eine andere Ansicht, wovon gleichwohl die Sagen aller Völker durchdrungen sind und welche die feindlichste Stellung der Elfen gegen die Menschen behauptet.

1. Schon ihr bloßer Anblick töte, glaubt man in Wales, oder sei im höchsten Grad gefährlich. Krankheit, heftiges Fieber, Verlust des Verstandes erfolgt daraus nach Thomas Bourkes Bekenntnissen (s. „Die Bekenntisse des Thomas Bourke“). Ein Jüngling erblickte einen braunen Zwerg, fiel in eine langwierige Krankheit und starb in Jahresfrist (Walter Scott Lady of the Lake, p. 386.). Überall wird geraten, sich zu entfernen oder nicht aufzublicken, wenn der nächtliche Zug der Elfen kommt. Wer durch ein Astloch nach den Elfen sieht, verliert das Auge. Eine Wehmutter erzählt, was sie im Berg bei den Unterirdischen gesehen hat und erblindet (Thiele I. 36.).

2. Sie haben ein Geschoß, einen Pfeil, wodurch Menschen und Tiere unfehlbar getötet werden; die bloße Berührung reicht schon hin (s. die schottischen Sagen). Die Elfenjungfrauen drohen dem Olof mit Krankheit und geben ihm einen Schlag zwischen die Schultern, und am andern Morgen liegt er tot auf der Bahre (Danske Viser I. 238. Schwed. Lieder III. 163.). Ein Jüngling auf der Insel Man entzog sich den Liebkosungen einer Nixe und erzürnt warf sie nach ihm; ob er sich gleich nur leicht vom Kiesel getroffen fühlte, so empfand er doch von dem Augenblick eine qualvolle Angst und starb nach sieben Tagen. Elberich übt noch die gewohnte Rache; als Otnit ihn berührt und forttragen will, heißt es:

Str. 108:

im wart zuo dem herzen ein grôzer slac getân.

XIV. Alte Zeugnisse


XIV. Alte Zeugnisse

Ein hohes Alter des Elfenwesens ergibt sich aus dem frühen Dasein verschiedener dabei vorkommender Benennungen, welche wir an den passenden Orten nachgewiesen haben. Aber es fehlt auch nicht an (bisher noch von niemand aufgesuchten) Zeugnissen, die sich auf den Inhalt der Sagen selbst beziehen und insoweit ein noch größeres Gewicht haben, als ihre Beweiskraft mehr in die Sinne fällt. Zwar hätten sie sich gleichfalls einfügen lassen, doch schien es teils vorteilhafter, sie der Reihe nach zu übersehen, teils war es nicht gut möglich, sie anders als hier, vorzüglich nachdem das Wesen des Hausgeistes dargestellt ist, vollständig zu erläutern.

1. Cassianus (im 5ten Jahrh. Geistlicher zu Marseille) collationes patrum VII. c. 32.

Nonnullos (immundos spiritus), quos faunos vulgus appellat, ita seductores et joculatores esse manifestum est, ut certa quaeque loca seu vias jugiter obsidentes nequaquam tormentis eorum, quos praetereuntes potuerint decipere, delectentur, sed derisu tantummodo et illusione contenti fatigare eos potius studeant, quam nocere; quosdam solummodo innocuis incubationibus hominum pernoctare.

Er beschreibt die Kleinen, welche das Volk Waldgeister nennt, die sich an Spielen vergnügen und die Menschen anlocken. Sie haben ihre Lieblingsplätze, wollen den Vorübergehenden nicht schaden, nur sie necken und auslachen, wie alles die Elfen zu treiben gewohnt sind. Zuletzt gedenkt er des Alps, der nächtlich die Menschen drückt.

2. Isidorus hispal. (Anfang des 7ten Jahrh.) Etym. Lib. VIII. c. ult.

Pilosi, qui graece panitae, latine incubi appellantur – hos daemones Galli Dusios nuncupant. Quem autem vulgo Incubonem vocant, hunc Romani Faunum dicunt.

Die pilosi sind die haarigen Erdelfen, wie der schottische Brownie noch jetzt zottig und im Wolfdieterich die rauche Els ausdrücklich dargestellt wird. Der gallische Name Dusii findet sich schon ein paar Jahrhunderte früher bei dem heil. Augustin de civ. Dei c. 23. daemones, quos Dusios Galli nuncupant, von dem vielleicht Isidor diese Bemerkung entlehnt hat, so wie aus einem von beiden nachher Hincmar de divortio Lotharii p. 654. und Gervasius I. 989. Sämtlich führen sie an, daß Frauen unerlaubten Umgang mit diesen Geistern gepflogen hätten. Die Erklärung von Incubo durch Faunus, welche gleichfalls aus dem Augustin genommen ist, zeigt, wie wir Faunus in der Stelle bei Cassian verstehen müssen; vgl. incubo in der oben angeführten Stelle des Petronius.

3. Eine Stelle bei Dücange (v. aquaticus) aus dem cod. reg. 5600, welcher um das Jahr 800 geschrieben ist:

Sunt aliqui rustici homines, qui credunt aliquas mulieres, quod vulgum dicitur, strias esse debeant et ad infantes vel pecora nocere possint, vel dusiolus vel aquaticus vel geniscus esse debeat.

Die Dusii werden also auch als kleine Geister gedacht und es bestätigt sich durch den Gegensatz zu den andern angeführten, daß sie Wald- oder Hausgeister sind, denn unter aquaticus wird ohne Zweifel ein Nix, unter geniscus aber (von genius, Alp) ein eigentlicher Elfe oder Lichtgeist verstanden; beide Worte enthalten wörtliche Übersetzungen. (Hincmarus remensis, opp. Paris 1645. T. I. p. 654. nennt lamiae, sive geniciales feminae). Sie schaden den Kindern, indem sie Wechselbälge an ihre Stelle legen und daß sie das auch bei den Tieren tun, sagt die schottische Sage ausdrücklich.

4. Monachus Sangallens. (starb 885.) de Carolo M. (Bouquet V. p. 116.).

Daemon, qui dicitur larva, cui curae est ludicris hominum illusionibus vacare, fecit consuetudinem ad cujusdam fabri ferrarii domum (in Francia quae dicitur antiqua) venire et per noctes malleis et incudibus ludere. Cumque pater ille familias signo salutiferae crucis se suaque munire conaretur, respondit pilosus: »mi compater, si non impedieris me in officina tua jocari, appone hic potiunculam tuam et quotidie plenam invenies illam. Tum miser ille plus penuriam metuens corporalem, quam aeternam animae perditionem, fecit juxta suasionem adversarii. Qui adsumpto praegrandi flascone cellarium bromii vel ditis illius (eines habsüchtigen Erzbischofs) irrumpens, rapina perpetrata, reliqua in pavimentum fluere permisit. Cumque jam tali modo plurimae cubae exinanitae fuissent, animadvertens episcopus quia daemonum fraude periissent, benedicta aqua cellam adspersit et invecto crucis signaculo tutavit. Nocte autem facta furis antiqui callidus satelles cum vasculo suo venit et cum vinaria vasa propter impressionem sanctae crucis non anderet attingere, nec tamen ei liceret exire, in humana specie repertus et a custode domus alligatus, pro fure ad supplicium productus et ad palum caesus, inter caedendum hoc solum proclamavit: »vae mihi! vae mihi! quia potiunculam compatris mei perdidi!«

Deutlich wird hier der Hausgeist beschrieben und die ganze leicht tausendjährige Sage ist so sehr in dem Geist der noch heute umgehenden, daß man glauben könnte, sie sei daraus entnommen. Man nennt ihn larva, das heißt, Wicht, Schrat, wie die oben angeführten alten Glossen übersetzen; dann auch wie bei Isidor: Pilosus; er zeigt gleich den Wichtlein menschliche Gestalt. Er kommt nachts, und hat sein Spiel mit den Werkzeugen des Schmieds, so wie der Cluricaun klopft und man die Unterirdischen nächtlich hämmern hört. Er ist ihm dafür gewogen, macht ein Geschenk mit einer nie versiegenden Weinkanne, um nach Art des Kobolds für den Vorteil des Hauses zu sorgen. Er macht sich kein Gewissen daraus den Wein anderwärts zu stehlen, wie der irische Cluricaun nächtlich in die angefüllten Keller schlüpft, und um nach seiner Art Gerechtigkeit zu üben und den Geizigen zu bestrafen, läßt er den Wein aus den Fässern fließen.

5. Odericus Vidalis (geb. in England im Jahr 1075, lebte in der Normandie) hist. eccl. V. p. 556.

Deinde Taurinus fanum Dianae intravit Zabulonque coram popub visibilem adstare coegit, quo viso ethnica plebs valde timuit. Nam manifeste apparuit eis aethiops niger et fuligo, barbam habens prolixam et scintillas igneas ex ore mittens. Deinde angelus Dei splendidus ut sol advenit cunctisque cernentibus ligatis a dorso manibus daemonem adduxit. Daemon adhuc in eadem urbe degit et in variis frequenter formis apparens, neminem laedit. Hunc vulgus Gobelinum appellat et per merita S. Taurini ab humana laesione coercitum usque hoc affirmat.

6. Poenitentiale in einer Wiener Handschr. aus dem 12ten Jahrh. (Cod. univ. 633.); wahrscheinlich ist das Werk älter.

fol. 12. Fecisti pueriles arcus parvulos et puerorum sutularia et projecisti eos in cellarium sive in horreum ut satyri vel pilosi cum eis ibi jocarentur et tibi aliorum bona comportarent et inde ditior fieres.

Den Hauswichtlein werden, da sie klein sind, Kinderspielsachen, in den Keller oder die Scheune, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort, hingelegt: ein Bogen, um kleine Pfeile auf die Menschen abzuschießen und sie damit, wie sonst mit Steinchen zu necken, denn der gefährliche Elfenpfeil der schottischen Sage hat gewiß sein Gegenstück in einem unschädlichen. Ein paar Kinderschuhe, das sind die sutularia (bei Notker, Capella 16. 37. suftelâre, petasus, subtalare, was man unter den Fuß bindet, sie wurden nur bei Nacht und im Sommer getragen, s. Dü Cange), denn die Wichte lieben Kleidungsstücke über alles. Das tut der Hausherr, damit der listige Kobold andern heimlich etwas (meist Nahrungsmittel) stehle und es ihm bringe, denn wo er haust, da ist Zufluß von allen Dingen.

7. Radevicus (im 12ten Jahrh.) de gestis Frid. I. L. II. c. 13. bemerkt die Vorzeichen, ehe die Kirche zu Freisingen abbrannte, darunter:

Pilosi, quos Satyros vocant, in domibus plerumque auditi.

Man hört nämlich die Kobolde in den Häusern klopfen und pochen, als Warnung, wie die Wichte dem Bergmann den Tod anklopfen (Deutsche Sagen Nr. 47.) und die Hausgeister Unglück voraus verkündigen.

8. Hieran schließen sich die in den vorigen Abschnitten angeführten Stellen aus dem Gervasius Tilburensis, dessen Otia imperialia in das 13te Jahrh. gehören, worin der Glaube von dem Brownie, Wechselbalg und Nachtmahr übereinstimmend mit den heutigen Sagen dargestellt wird.

9. Endlich führen wir ein Märchen von einem Hausgeist an, das in einem Heidelberger Codex (Nr.341. f. 371. 372.) sich befindet und dessen mit der heutigen Sage völlig übereinstimmender Inhalt ebenso merkwürdig, als seine Darstellung artig ist. Die Handschrift gehört in das 14te Jahrhundert, das Gedicht selbst aller Wahrscheinlichkeit nach ist älter und noch in dem 13ten Jahrhundert abgefaßt. Was die Quelle dieser Erzählung betrifft, so scheint am natürlichsten anzunehmen, daß ein Deutscher im Norden die Sage gehört, oder ein reisender Norwege sie in Deutschland erzählt habe.

Der König von Norwegen will dem König von Dänemark einen zahmen, weißen Bären zum Geschenk machen. Der Normann, der ihn dahin führt, kehrt unterwegs in einem Dorfe ein und bittet einen Dänen um Nachtherberge. Dieser schlägt es nicht ab, klagt aber dem Fremden, daß er seines Hauses und Hofes nicht Herr sei, weil ihn ein Geist darin quäle:

mit niht‘ ich daz ervarn kann
swaz creatiuren ez sî.
sìn hant ist swär‘ alsam ein blî:
wen ez erreichet mit dem slage –
ez slät in, daz er vellet nider.
sîn gestalt unt sînin gelider
diu moht ich leider nie gesehen,
wan daz ich des vürwâr muoz jehen
unde sage ez iu ze wunder,
daz ich gevriesch nie kunder
sô stark noch sô gelenke:
tische, stuele unde benke
die sint im ringe alsam ein bal;
ez wirfet ûf unde ze tal
die schüzzeln unde die töpfe gar,
ez rumpelt stäte vür sich dar,
ovenbrete unt ovensteine,
körbe, kisten algemeine,
die wirfet ez hin unde her.
ez gêt ot allez daz entwer
waz ist in dem hove mîn.

dô nû der guote man gelac
unde slâfes nâch der muede pslac
unt ouch der muede ber entslief,
hoeret, wie ein schretel dort her lief,
daz was kûme drîer spannen lanc,
gein dem viure ez vaste spranc.
ez was gar eislich getàn,
unde hät ein rôtez keppel an.
daz ir die wàrheit wizzet,
ez hät ein vleisch gespizzet
an einen spiz îsenîn,
den truoc ez in der hende sin.
daz schretel ungehiure
sich sazte zuo dem viure
unde briet sîn vleisch durch lîpnar,
unz ez des bern wart gewar
ez dâhte in sìnem sinne:
waz tuot diz kunder hinne?
ez ist so griulîche getân!
unde sol ez bî dir hie bestân,
dû muost sin lîhte schaden nemen;
nein, blîbens darf ez niht gezemen.
ich hân die andern gar verjaget,
unde bin ouch noch niht sô verzaget,
ez muoz mir rûmen diz gemach.
nîtlich‘ ez ûf den bern sach,
ez sach ot dar unt allez dar,
zelest erwac ez sich sin gar
unde gap dem bern einen slac
mit dem spizze ûf den nac.
er rampf sich unde grein ez an,
daz schretel spranc von im hindan
unde briet sin vleischel vürbaz,
unz daz ez wart von smalze naz,
dem bern ez aber einez sluoc,
der ber im aber daz vertruoc,
ez briet sin vleisc vür sich dar
unz daz ez rehte wart gewar,
daz nû der brâte sûsete,
unt in der hitze brûsete,
den spiz ez mit dem brâten zôch
vaste ûf über daz houbet hôch,
daz boese tuster (oder custer?) ungeslaht
sluoc ûz aller sîner maht
den mueden bern über daz mûl.
nû was der ber doch niht sô vûl,
er vuor ûf unde lief ez an.

nû bîzâ bîz, nû limmâ lim!
nû kratzâ kraz, nû krimmâ krim!
sie bizzen unde lummen,
sie krazten unde krummen.

ze acker er damite gienc,
er mente sîn ohsen, hin treip er,
nû lief daz schretel dorther
unde trat ob im ûf einen stein,
mit bluote wâren sîniu bein
berunnen ûf unt ze tal,
sîn lîbel daz was überal
zekratzet unde zebizzen,
zezerret unde zerrizzen
was sîn kepel daz ez truoc.
ez rief eislîch‘ unt lûte genuoc
unde sprach dem bûmanne zuo,
ez rief wol drîstunt: »hörest dûz dû?
hörest dûz dû? hörest dûz iedoch?
lebet dîn grôze katze noch?«
er luoget ûf unde sach ez an,
sus antwurt‘ im der bûman:
»jâ, jâ, min grôze katze,
dir ze trutze unt ze tratze
lebet sie, dû bösez wihtel, noch:
sam mir daz öhsel unde daz joch!
vümf jungen sie mir hînt gewan,
die sint schoene unde wolgetân
lancsîtic, wîz unde herlich,
der alten katzen alle gelich.«
»vümf jungen?« sprach daz schretelin.
»ja, sprach er, ûf die triuwe mîn,
louf hin unde schöuwe sie,
dû ne gesaehe sô schöner katzen nie,
besich doch, ob ez wâr sî.«
»pfì dich! sprach daz schretel, pfì!
sol ich sie schouwen, wê mir wart,
nein, nein, ich kom niht ûf die vart,
sint ir nû sehse worden,
sie begunden mich ermorden.
diu eine tät mir ê sô wê,
in dînen hof ich niemer mê
kom, die wîle ich hân mîn leben.«
diu rede kam dem bûman eben,
daz schretel sâ vor im verswant,
der bûman kêrte heim zehant,
in sînen hof zôch er sich wider
unde was dâ mit gemache sider,
er unde sîn wîp unt siniu kint,
diu lebeten dâ mit vröuden sint.

XV. Elfische Tiere


XV. Elfische Tiere

Auf den Färöer glaubt man, daß große und fette Kühe und Schafe der Elfen unsichtbar unter dem übrigen Vieh weiden und daß manchmal ein Stück davon, oder einer ihrer Hunde, gesehen werde. Derselbe Glaube herrscht auf Island, man hält ihre Herden nicht für zahlreich, aber für sehr fruchtbar, sie zeigen sich nur, wenn es ihnen gefällt. In Norwegen treiben die Huldre Vieh vor sich her, das blau ist, wie sie selbst. Auch in Deutschland erzählt man von einer elfischen blauen Kuh, die voraus wußte, wenn Feinde sich näherten und den Menschen sichere Zufluchtsorte zeigte (Strack Beschr. von Eilsen. S. 7.). In Schweden treibt die Meerfrau schneeweißes Vieh auf Inseln und auf den Strand, da zu weiden (Schwed. Volksl. III. 148.) und die Elfenjungfrauen versprechen in einem Lied (das. III. 171. u. 173.) zwölf weiße Stiere.

Ausführlich ist die schottische Sage von dem Elfstier, gleichwohl schon sehr alt, denn bereits im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts muß sie in Island bekannt gewesen sein, wie aus der, in jene Zeit fallende Eyrbyggia-Saga (Cap. 63.) erhellt. Eine Kuh kam abhanden, man wollte sie auf der Weide mit einem Stier, der die Farbe eines Grauschimmels hatte (apalgrâr) und der offenbar dem mäusefarbigen Stier der schottischen Sage entspricht, gesehen haben. Im Winter findet sie sich auf einmal wieder vor dem Stall ein, ist trächtig und wirft gegen den Sommer ein Stierkalb, das so groß ist, daß sie beim Kalben umkommt. Eine alte blinde Frau, die in ihrer Jugend hellsehend gewesen war, ruft, als sie das Kalb brüllen hört:

»Das ist das Gebrüll eines Elfen und nicht eines lebendigen Wesens, ihr werdet wohl tun, es sogleich zu töten!«

Sie wiederholt ihren Ausspruch, dem aber wegen der Schönheit des Tiers nicht Folge geleistet wird. Es wächst gewaltig heran, brüllt zum Entsetzen und durchbohrt mit den Hörnern im vierten Jahr seinen eigenen Herrn.

Auch in Deutschland scheint der Elfstier nicht unbekannt gewesen zu sein. Im Simplicissimus (Buch V. Cap. 10.) wird erzählt, daß aus dem Mummelsee, (d.h. dem See der Wassernixen, denn sie heißen auch Muhmen, Mummeln, so wie die Landelfinnen Roggenmuhmen vgl. Nr. 89.) als Hirten ihr Vieh dabei gehütet, ein brauner Stier herausgestiegen sei und sich zu dem andern Vieh gesellt habe; doch ein Wassernixe sei ihm sogleich nachgefolgt, um ihn wieder zurückzutreiben, dem er aber nicht gehorchen wollen, bis ihm dieser gewünscht, es solle ihm sonst aller Menschen Leid ankommen, worauf beide sich wieder in den See begeben hätten. Man muß hiermit die irische Sage von der Kuh mit den sieben Färsen und die Schweizersage von dem gespenstischen Tier, das die Alpen verheerte und nur durch einen besonders dazu auferzogenen Stier gebändigt werden konnte (Deutsche Sagen Num. 142.), vergleichen.

Die Elfen in Irland


Die Elfen in Irland

Die Elfen, die in ihrer wahren Gestalt kaum einige Zoll hoch sind, haben einen luftigen, fast durchsichtigen Körper, der so zart ist, daß ein Tautropfen, wenn sie darauf springen, zwar zittert, aber nicht auseinanderrinnt. Dabei sind sie von wunderbarer Schönheit, Elfen sowohl als Elfinnen, und sterbliche Menschen können mit ihnen keinen Vergleich aushalten.

Sie leben nicht einsam oder paarweise, sondern allzeit in großen Gesellschaften. Den Menschen sind sie unsichtbar, zumal am Tage, und da sie zugegen sein und mit anhören könnten, was man spricht, so drückt man sich nur vorsichtig und mit Ehrerbietung über sie aus, und nennt sie nicht anders, als das gute Volk, die Freunde; ein anderer Name würde sie beleidigen. Sieht man auf der Landstraße große Wirbel von Staub aufsteigen, so weiß man, daß sie im Begriffe sind, ihre Wohnsitze zu verändern und nach einem andern Ort zu ziehen und man unterläßt nicht, die unsichtbaren Reisenden durch ehrfurchtsvolles Neigen zu grüßen. Ihre Häuser aber haben sie in Steinklüften, Felsenhöhlen und alten Riesenhügeln. Innen ist alles aufs glänzendste und prächtigste eingerichtet und die liebliche Musik, die zuweilen nächtlich daraus hervordringt, hat noch jeden entzückt, der so glücklich gewesen ist, sie zu hören.

In den Sommernächten, wenn der Mond scheint, am liebsten in der Erntezeit, kommen die Elfen aus ihren geheimen Wohnungen hervor und versammeln sich zum Tanz auf gewissen Lieblingsplätzen, gleichfalls heimliche und verborgene Orte, wie Bergtäler, Wiesengründe bei Bächen und Flüssen, Kirchhöfe, wohin selten Menschen kommen. Oft feiern sie ihre Feste unter geräumigen Pilzen oder ruhen unter ihrem Schirmdach. Bei dem ersten Strahl der Morgensonne verschwinden sie wieder und es ist, als rausche ein Schwarm Bienen oder Mücken dahin.

Ihre Kleidung ist schneeweiß, manchmal silberglänzend, notwendig gehört dazu ein Hut oder ein Käppchen, wozu sie meist die roten Blütenglocken des Fingerhuts wählen und wodurch sich Parteien auszeichnen.

Die geheimen Kräfte der Elfen, ihre Zaubermacht, ist so groß, daß sie kaum Grenzen kennt. Nicht bloß die menschliche, jede andere Gestalt, selbst die abschreckendste, können sie augenblicklich annehmen und es ist ihnen ein leichtes, in einer Sekunde über eine Entfernung von fünf Stunden hinwegzuspringen. Vor ihrem Anhauch schwindet jede menschliche Kraft. Manchmal teilen sie den Menschen etwas von der Wissenschaft übernatürlicher Dinge mit und erblickt man einen, der wie in halbem Wahnsinn mit Bewegung der Lippen einsam auf und abgeht, so ist ein Elfe unsichtbar bei ihm und belehrt ihn.

Die Elfen lieben über alles die Musik. Wer sie angehört hat, kann nicht beschreiben, mit welcher Gewalt sie die Seele erfülle und entzücke: gleich einem Strom dringe sie mächtig entgegen; und doch scheinen die Laute einfach, selbst eintönig und überhaupt Naturlauten ähnlich zu sein.

Zu ihren Belustigungen gehört das Ballspiel, das sie mit großem Eifer treiben und worüber sie oft bis zum Streit uneins werden können.

Im kunstreichen Tanz übertreffen sie weit alles, was Menschen leisten können, und ihre Lust daran ist unermüdlich.

Sie tanzen ununterbrochen, bis der Sonnenstrahl an den Bergen sich zeigt, und machen die kühnsten Sprünge ohne die mindeste Anstrengung.

Nahrung scheinen sie nicht zu bedürfen. Sie laben sich an Tautropfen, die sie von den Blättern sammeln.

Menschen, die vorwitzig sich nähern oder gar sie necken, bestrafen sie hart, sonst pflegen sie gegen Wohlgesinnte, die ihnen vertrauen, freundlich und hilfreich zu sein. Sie nehmen einen Höcker von der Schulter, schenken neue Kleidungsstücke, versprechen einen Wunsch zu erfüllen, obgleich auch hier gute Laune von ihrer Seite nötig zu sein scheint. Sie lassen sich auch wohl in menschlicher Gestalt sehen, oder jemand, der Nachts zufällig unter sie geraten ist, Teil an ihren Tänzen nehmen; aber etwas gefährliches liegt allzeit in dieser Berührung: der Mensch erkrankt darnach und fällt von der unnatürlichen Anstrengung, da sie ihm etwas von ihren Kräften zu verleihen scheinen, in ein heftiges Fieber. Vergißt er sich und küßt der Sitte gemäß seine Tänzerin, so schwindet in dem Augenblick, wo seine Lippen sie berühren, die ganze Erscheinung.

Die Elfen stehen aber noch in einer besonderen und näheren Beziehung zu den Menschen. Es ist, als teilten sie sich in die Seelen der Menschen und betrachteten sie nun als ihre Angehörigen. Daher haben gewisse Familien ihre eigenen Elfen, denen sie ergeben sind, wofür sie aber von diesen Hilfe und Beistand in bedenklichen Augenblicken, oft Genesung von tödlicher Krankheit, erhalten. Weil sie aber ihren Elfen nach dem Tode zufallen, so ist der Tod des Menschen für jene ein Fest, wo einer der Ihrigen in ihre Gesellschaft eintritt. Daher verlangen sie von den Menschen, daß sie bei Leichenzügen sich einfinden und sie ehren; sie selbst feiern die Bestattung des Toten wie ein Hochzeitsfest, tanzen über seinem Grabe und ebendeshalb wählen sie auch Kirchhöfe zu ihren Lieblingsplätzen. Oft entspinnt sich heftiger Streit, wem ein Kind zugehöre, den Elfen des Vaters oder der Mutter, und auf welchem Kirchhof es solle begraben werden. Die verschiedenen Parteien der Unterirdischen hassen und bekriegen sich dann ebenso feindselig wie Stämme der Menschen, ihre Kämpfe finden in der Nacht, an Kreuzwegen statt, und oft trennt sie nur der einbrechende Tag. Diese Verbindung der Menschen mit einem stillen, aber guten Geistervolk würde an sich nichts abschreckendes, eher etwas beglückendes haben, aber die Elfen erscheinen in einem gewissen Zwielicht; beides das Böse wie das Gute hat zugleich Teil an ihnen und sie zeigen ebenso wohl eine schwarze als eine weiße Seite. Es sind vom Himmel gestoßene Engel, die nicht bis in die Hölle gesunken sind, die aber selbst in Angst und Ungewißheit über ihre Zukunft zweifeln, ob sie am jüngsten Tage Begnadigung erhalten werden. Dieses nächtliche, teuflische bricht sichtbar in ihren Neigungen und Handlungen hervor. Wenn sie in Erinnerung des ursprünglichen Lichtes wohlwollend und freundlich gegen die Menschen scheinen, so treibt sie das böse Element ihrer Natur zu heimtückischen und verderblichen Streichen an. Ihre Schönheit, die wunderbare Pracht ihrer Wohnungen, ihre Fröhlichkeit ist dann nichts als ein falscher Schein, und ihre wahre Gestalt von abschreckender Häßlichkeit erregt Grausen. Erblickt man sie in seltenen Fällen bei Tag, so zeigen sie ein von Alter eingefallenes oder, wie man sich ausdrückt, welkem Blumenkohl ähnliches Gesicht, eine kleine Nase, rote Augen und das weiße Haar eines steinalten Greises.

Eins ihrer boshaften Gelüste besteht darin, gesunde und schöne Kinder den Müttern zu stehlen und einen Wechselbalg dafür hinzulegen, der einige Ähnlichkeit mit dem gestohlenen hat, aber nichts als ein häßlicher, krankhafter Elfe ist. Er zeigt alle böse Eigenschaften, ist heimtückisch, schadenfroh und, obgleich unersättlich, will doch nichts an ihm gedeihen. Wird Gott erwähnt, so lacht er, sonst aber spricht er nicht, bis er auf eine besondere Weise genötigt, die Stimme eines uralten Mannes ertönen läßt und sein Alter wohl selbst verrät. Die Neigung zur Musik offenbart sich auch hier, so wie ungewöhnliche Fertigkeit dazu, übernatürliche Kräfte äußern sich in der Macht, womit er alles, selbst unbelebte Dinge, zum Tanz zu nötigen weiß. Wo er ist, bringt er Verderben: ein Unglück auf das andere erfolgt, das Vieh erkrankt, das Haus stürzt ein und jede Unternehmung schlägt fehl. Wird er erkannt und bedroht, so macht er sich unsichtbar oder entflieht, er scheut das fließende Wasser und bringt man ihn über eine Brücke, so springt er hinab und, auf den Wellen sitzend, spielt er sein Instrument und kehrt zu den seinigen zurück. Er heißt irisch »Leprechan«.2

Zu gewissen Zeiten, wie am Maiabend, scheinen die bösen Elfen besonders tätig und mächtig; denen, welchen sie feind sind, geben sie unsichtbar einen Schlag, der Lähmung zur Folge hat, oder sie richten ihren Atem gegen sie, und auf der Stelle, wo dieser Anhauch den Menschen berührt, erzeugen sich alsbald Beulen und Geschwüre. Die in besonderer Gunst bei den Elfen zu stehen vorgeben, unternehmen die Heilung solcher Krankheiten durch Zaubermittel und geheimnisvolle Reisen.

In dieser Eigenschaft unterscheidet sich der Elfe wesentlich von dem Shefro durch sein einsames und täppisches Wesen; man findet den Cluricaun niemals in Gesellschaft, sondern immer für sich allein. Er ist viel körperlicher und zeigt sich am Tag als ein kleines, altes Männchen mit verschrumpftem Gesicht in altmodischer Tracht. Auf seinem erbsenfarbigen Rock sind große Knöpfe, so wie er an großen Metallschnallen auf seinen Schuhen besonders Wohlgefallen zu haben scheint. Einen Hut trägt er auch, aber einen dreieckigen, altfränkisch aufgekrämpten.

Man haßt ihn seines boshaften Wesens wegen und sein Name wird als Ausdruck der Verachtung gebraucht. Man bemüht sich seiner Herr zu werden und droht ihm gern; manchmal gelingt es ihn zu überlisten, manchmal ist er verschmitzter und betrügt den Menschen. Er beschäftigt sich mit der Verfertigung von Schuhen und pfeift ein Lied dazu. Wenn ihn der Mensch dabei überrascht, so ist er zwar voll Furcht vor dessen überlegener Stärke, aber mit der Kraft begabt zu verschwinden, wenn es ihm durch List gelingt es dahin zu bringen, daß der Mensch auch nur auf einen Blick die Augen von ihm abwendet.

Der Cluricaun besitzt Kenntnis (»während der Unruhen«) vergrabener Schätze, entdeckt sie aber nicht eher, als bis er sich aufs höchste gedrängt sieht. Oft hilft er sich noch, wenn der Mensch schon glaubt, ihn ganz in der Gewalt zu haben. Eine gewöhnliche List besteht darin, daß er das Merkmal, wo der Schatz liegt, sei es Strauch, Distel, Stein, Zweig, unendlich vervielfältigt, damit es dem Menschen, der ein Werkzeug herbeigeholt hat, die Erde aufzugraben, nicht weiter als Unterscheidungszeichen dienen kann. Der Cluricaun hat einen kleinen ledernen Beutel mit einem Schilling, welchen er, so oft er auch damit zahlt, immer wieder findet und welcher der Glücksschilling (Sprè na Skillenagh) heißt. Manchmal hat er zwei Beutel bei sich, der eine enthält den Wunderpfennig, der andere eine Kupfermünze, und wird er gezwungen, herauszurücken, so reicht er hinterlistig den letztern, dessen Gewicht befriedigend ist, während er bei Untersuchung des Inhalts, wenn das menschliche Auge sich von ihm abwendet, verschwindet.

Sein Vergnügen besteht im Rauchen und Trinken. Er kennt das Geheimnis, das die Dänen sollen nach Irland gebracht haben, Bier aus Heide zu brauen. Kleine Tabakspfeifen von alter Form, die man beim Graben oder Pflügen häufig in Irland findet, besonders in der Nähe jener runden Verschanzungen, dänische Festungen genannt, glaubt man, gehörten den Cluricaunen; und findet man sie zerbrochen oder sonst auf eine Art verstümmelt, so betrachtet man das als eine Art Vergeltung für die Streiche, die ihre angeblichen Eigentümer sollen gespielt haben.4

Der Cluricaun zeigt sich aber auch in Verbindung mit den Menschen und gehört dann einer Familie an, mit der er aushält, so lange ein Glied davon lebt, die aber gleichfalls seiner nicht los werden kann. Bei aller Neigung zu boshaften Streichen und Neckereien pflegt er vor dem Hausherrn eine gewisse Achtung zu hegen und ihn mit Rücksicht zu behandeln. Er leistet hilfreiche Hand, verhütet heimliche Unglücksfälle, wird aber im höchsten Grade zornig und aufgebracht, wenn man ihn vergessen und die ihm gebührende Speise nicht an den bestimmten Ort gesetzt hat.

Das Wort wird verschiedentlich erklärt als Haupt der Elfen oder als weiße Frau. Es ist ein weiblicher Geist, der gewissen Familien, doch meist nur von altem oder edlem Stamm angehört und sich bloß zeigt, um den Tod von einem Glied derselben anzukündigen. Die Banshi erscheint dann in der Nähe des Hauses oder bei dem Fenster, wo der Kranke liegt, schlägt die Hände zusammen und klagt in den jammervollsten Tönen. Sie hat einen weißen weiten Mantel um und einen Schleier auf dem Kopf.

Es ist schwer, von diesem Geist einen deutlichen Begriff zu geben.5

Es liegt etwas unbestimmtes, immer aber etwas dunkeles und nächtliches in seinem Wesen. Man erinnert sich seiner unvollständig, wie eines Traums, ob man gleich den heftigsten Eindruck empfunden hat; gleichwohl kann die Phuka mit Händen berührt werden. Sie zeigt sich als schwarzes Roß, Adler, Fledermaus, und läßt den Menschen, dessen sie sich bemächtigt hat und der unfähig ist, den geringsten Widerstand zu leisten, in kurzer Zeit vieles erleben. Sie jagt mit ihm über Abgründe, führt ihn hinauf in den Mond und hinab in die Tiefe des Meers. Wenn etwas einstürzt, wird es ihr vom Volk zur Last gelegt. Nicht wenige Abgründe und Höhlen in den Felsen heißen Phukahöhlen (Poula Phuka), selbst ein Wasserfall, den der Liffey in der Grafschaft Wicklow bildet, hat von ihr seinen Namen. Das Volk verbietet den Kindern nach Michaelis noch Brombeeren zu essen und schreibt die Abnahme derselben, welche nach dieser Zeit beginnt, der Phuka zu.

Unter dem Wasser liegt ein Land, so gut wie oben, wo die Sonne scheint, Wiesen grünen, Bäume blühen, Felder und Wälder abwechseln, Städte und Paläste nur viel prächtiger und glänzender sich erheben und das von glücklichen Elfen bewohnt wird. Hat man in dem rechten Augenblick an den Ufern des Sees die rechte Stelle gefunden, so kann man alle diese Herrlichkeiten mit Augen sehen. Einige, die ins Wasser gefallen und ohne Schaden zu nehmen dort angelangt sind, haben bei ihrer Heimkehr Bericht abgestattet. Diese Unterwelt heißt das Land der Jugend, weil die Zeit dort keine Macht hat, niemand altert und wer viele Jahre da unten gewesen ist, den hat es nur ein Augenblick gedeucht. An gewissen Tagen bei aufgehender Sonne erscheinen diese Elfen auf der Oberfläche des Wassers, in größter Pracht und in allen Farben des Regenbogens schillernd. Mit Musik und Tanz, in ungezügelter Lust, ziehen sie einen bestimmten Weg auf dem Wasser dahin, das unter ihren Füßen so wenig weicht, als die feste Erde unter den Tritten der Menschen, bis sie endlich im Nebel wieder verschwinden.

  1. Wörtlich: das gute Volk (the good people). Der irische Ausdruck für Elfe in dieser Beziehung ist Shefro und diesen Namen führt auch im Original die erste Abteilung, ohne daß er sonst vorkäme oder erklärt wäre. She oder Shi heißt ohne Zweifel Elfe, vgl. hernach Ban-shi und das schottische Doane-shi und Shian.
  2. Das Wort, genau Preachän oder Priachan geschrieben, soll einen Raben bedeuten.
  3. Ein irisches Wort, das der Verfasser S. 162 durch die Vermutung erklärt, es sei eine Entstellung von Luacharma’n, Zwerg.
  4. Abbildung einer solchen Pfeife in der Anthologia Hibernica (Dublin 1793.) S.352 und in dem Original dieser Märchen S.176.
  5. Der Sammler bemerkt S.275. daß das walisische Gwyll, welches Dunkelheit, Nacht, Schatten, Berggeist bedeute, dem irischen Phuka vollkommen entspreche. Es ist der deutsche Alp.

XVI. Hexen und Unholde


XVI. Hexen und Unholde

Wir schließen diese Betrachtungen mit folgender aus ihnen zugleich hervorgehender. Der Glaube an Elfen und Geister hat in ganz Europa dem Christentum lange voraus bestanden. Die Lehrer des neuen Glaubens suchten die tiefgewurzelten heidnischen Ideen und Gebräuche des Volks dadurch zu bekämpfen und zu vertilgen, daß sie solche als sündlich und im Zusammenhang mit dem Teufel darstellten. Dadurch nahmen allmählich viele ursprünglich heitere Mythen und Volkslustbarkeiten eine finstere, gemischte und zweideutige Farbe an. Nicht als hätte der Gegensatz des Bösen dem heidnischen Glauben gemangelt; die nordische Fabel weiß von Wesen, die nicht geheuer sind, zumal weiblichen, die nachts auf Schaden ausreiten, Sturm und Unwetter stiften; in Deutschland waren sie nicht unbekannt.12

Auch hat das Volk die unschuldige Ansicht seiner alten Meinungen sich nie völlig abgewinnen lassen, es sind selbst, wie wir darzutun bemüht waren, in den Legenden, Gebräuchen und Festen der christlichen Kirche einzelne Züge und Bilder aus dem Heidentum unvermerkt aufgenommen worden. Doch im ganzen hat sich der Gesichtspunkt und die Beurteilung jener uralten Überlieferungen im Sinne des gemeinen Manns getrübt. Zu der Scheu des Geisterhaften ist auch die des Sündlichen und Teuflischen getreten. Er meidet das stille Volk, wie man etwa einem Ketzer aus dem Wege geht, vielleicht ist manches von dem, was die Ketzer auszeichnet, darum auch den Elfen zugeschrieben worden, namentlich die Enthaltsamkeit von Fluchen und Schwören. Die Reihen auf dem Brocken, die Tänze um das Johannisfeuer waren sicher nichts anders, als Feste der Lichtelfen, sie haben sich in greuliche, teuflische Hexentänze verkehrt, und die Spuren im Wiesentau, vorher den leichten Fußtritten der Geister beigelegt, wurden aus jener Ursache hergeleitet. Auch die vormals hold und gnädig geglaubten Wesen sind gehässige und feindliche geworden, Unholde aus Holden, wenn schon der alte, milde Name noch hin und wieder fortdauert (in Hessen und Thüringen Frau Holle, woraus man die abgöttischere Frau Venus gemacht hat).13

Alle Hexengeschichten haben etwas Dürres, Einförmiges; es ist bloß die Hefe der alten Phantasie darin zurückgeblieben. Sie sind unfruchtbar und freudenlos, wie die Hexerei selbst, die den Ausübenden arm und dürftig läßt, ohne weltlichen Ersatz für den Verlust der Seele; Cervantes sagt (Persiles II, 8.), die Hexen tun nichts, das zu einem Zweck führt. Aber man sieht dennoch durch, wie genau, was die gemarterte Einbildungskraft der Unglücklichen zu bekennen weiß, in so trübem Fluß, auf die Quelle der Geistersage führt.14

Die Hexen tanzen in nächtlicher Stille auf Kreuzwegen, entlegenen Bergen, auf Wiesen im Wald. Naht sich ein Ungeweihter, ruft er einen heiligen Namen aus, so zerstiebt alles Blendwerk. Auch Hahnenkrat (der Anbruch des Tages) unterbricht die Zusammenkunft (Remigius Daemonolatria, deutsche Übers. Frankf 1598. 8. S. 121.); Salz und Brot fehlt bei ihren Mahlzeiten (das. S. 126. Actenmäßige Hexenprocesse, Eichstädt 1811. S. 32) wie bei denen der Elfen. Der Drudenschuß ist der Elfenpfeil; freitags hört die Drud am schärfsten. In der Dunkelheit reiten die Hexen auf Tieren schnell durch die Lüfte, oder auf leblosen mit Zaubersalbe gekräftigten Stöcken und Gabeln, wie jener irische Cluricaun auf Binsen; wer, ihnen unbemerkt, mit dahin gefahren, hat Tage und Wochen lang zur Heimreise nötig. Sie brauen Wetter in Töpfen, daß ein Hagelschlag aufsteigt und »das liebe Getraide« trifft, wie das französ. Volksbuch vom Oberon berichtet, daß er Sturm, Hagel und Regen machte oder die serbische

Vile Wolken sammelt (bei Wuk I. Nr. 323.). Ihr Blick, ihr Händedruck tut es dem Vieh an, seltner dem Menschen, zumeist kleinen Kindern. Fast jedes Bekenntnis solcher Handlungen mußte auf ein wirkliches Ereignis gerecht sein, dessen tausendfältige natürliche Veranlassungen übersehen wurden. Aber weniger das Volk als die Richter haben gegen die Hexen gewütet, ein Prozeß zeugte den andern und warum soll in einem kleinen Landstrich, in einem Städtchen, wo man früher so wenig von Zauberern hörte, wie jetzt in unsern Tagen, im 16., 17ten bis in die Hälfte des 18ten Jahrhunderts, die entsetzliche Menge von Hexen gehaust haben? Der Umgang mit dem bösen Feinde,15 dessen man sie zieh, ist nichts als was die früheren Überlieferungen von Verbindungen der Elfen und Elfinnen mit den Sterblichen erzählen.

Die peinlichen Gesetze jener Zeit (bestärkt und hervorgerufen durch Innocenz des VIII. Bulle von 1484.) nach Karls V. Halsgerichtsordnung (ccc. 109.), sprachen grausame Wasserprobe, Folter und Feuertod dagegen aus und Tausende wurden hingerichtet. Der angeklagten, unmöglichen Verbrechen alle unschuldig; den unbarmherzigen Irrtum mag, wenn es kann, entschuldigen, daß die meisten Verurteilungen Weiber von unreinem, auch sonst zur Strafe reifem Lebenswandel getroffen zu haben scheinen. Nicht in allen Ländern hat ein unscheinbarer Aberglaube des Volks so schreckliche Macht ausgeübt; es war eine schauderhafte Parodie des baren Lebens auf das in der alten Poesie gegründete Geisterwesen.

  1. Folgende Glossen gehören hierher: gl. vindob. lamia: holzmuwa und holzmove. gl. trev. 70a holzmvia, lamia. – gl. lindenbrog. 996b lamia: holzmuwo gl. flor. 988b holzruna, lamia. gl. doc. 210b holzmuoja, wildaz wîp, lamia. muoja scheint die schreiende, brüllende, muhende zu bedeuten. – Tradit fuldens. II. p. 544. domus wildero wibo, ein Ort. – Ein solches wildes Waldweib scheint die rauche Elfe, die den Wolfdietrich an sich zu locken sucht und Zauber über ihn wirft.
  2. Die ältesten Verordnungen gegen die Hexen sind lex salica tit. 67. lex langob. L. I. tit. XI. cap. 9. Caroli M. Capitul. de partibus Saxoniae. cap. 5. s. eine besonders merkwürdige Stelle bei Regino eecl. discipl. lib. 2. §. 364. Vgl. Mone, Heidenthum 2, 128, der die Sache richtig ansieht.
  3. Die alte Benennung kommt hier und da noch vor: im niederdeutschen Roman von Malagis (Heidelberg. Handschr. f. 118b) heißt das Zauberweib ausdrücklich die Elfin.
  4. Er heißt Meister Hemmerlein (Remigius a.a.O.S. 181. 240. 280. 298. 359. 387. 408. 448) grade wie der Berggeist (Deutsche Sagen I ,3); hängt das mit dem Zürcher Hämmerlin (geb. 1389) zusammen? vgl. Joh. Müller 3, 164. 4, 290 und Kirchhofers Sprichwörter S. 79. Oder ist Hammer ein viel älterer Mann für Teufel und Hexenmeister? vgl. Frisch unter Hämmerlein: Poltergeist, Erdschmidlein, Klopfer.

Das stille Volk


Das stille Volk

(Siehe auch die Anmerkungen)

In Tipperary liegt ein Berg so seltsam gestaltet, wie einer auf der Welt. Seine Spitze besteht aus einer kegelförmigen Kuppe, auf der ein kleines Haus zur Erlustigung in den Sommertagen aufgebaut war, das jetzt auch verödet sein mag. Bevor man aber jenes Haus baute oder einen Acker besäte, war dort ein geräumiger Weideplatz eingehegt, wo ein Hirte Tag und Nacht seine Herde hütete. Grund und Boden gehörte von Alters her den Elfen und die verdroß es, daß der Rasen, auf dem sie sonst behend und luftig umher gesprungen waren, von den schweren Klauen der Ochsen und Kühe zertreten wurde. Das Gebrüll der Herde klang ihren Ohren unerträglich und die Königin des Volkes entschloß sich endlich selbst, die Ankömmlinge wieder zu vertreiben. Als die Erntenächte kamen, der Mond über den Berg sein Licht ausgoß, das Vieh still und gesättigt auf dem Boden lag und der Hirte, in seinen Mantel eingewickelt, hin und her sinnend sich der Gesellschaft der Sterne erfreute, die über ihm flimmerten, da zeigte sie sich in verschiedenen, aber immer häßlichen und furchtbaren Gestalten vor ihm tanzend. Einmal erschien sie als ein mächtiges Roß mit Adlerflügeln und einem Drachenschweif, laut zischend und Feuer ausatmend. Plötzlich verwandelte sie sich in ein kleines Männchen, lahm an einem Bein, mit einem Ochsenkopf und von einer lodernden Flamme umkreist. Dann war sie ein großer Affe mit Entenfüßen und schlug ein Rad dazu, wie ein welscher Hahn. Aber ich könnte tagelang erzählen, wenn ich sagen sollte, was für Gestalten sie noch annahm. Sie brüllte, oder wieherte, oder blöckte, oder heulte, oder krächzte, wie bisher noch niemand auf der Welt hatte brüllen, wiehern, blöcken, heulen oder krächzen hören. Der arme Hirte bedeckte sein Gesicht, aber was half ihm das! Sie hauchte ihn nur einmal an und das Stück Mantel, das er mit aller Kraft vor die Augen drückte, war weggeblasen; nun stand er da, ohne sich zu rühren; nicht einmal seine Augen konnte er zuschließen; von unbekannter Macht gefesselt, mußte er diese schrecklichen Gesichte anstarren, bis sich sein Haar aufrecht erhob und die Zähne im Munde klapperten. Das Vieh aber riß wütend aus, als wäre es von Bremsen gestochen und der Spuk dauerte, bis die Sonne über den Hügel schien.

Die armen Tiere magerten aus Mangel an Ruhe ganz ab, auch wollte das Futter bei ihnen nicht anschlagen; dazu kam ein Unfall auf den andern. Keine Nacht verging, daß nicht einige Stücke in einen Sumpf fielen, lahm wurden und gar umkamen; oder sie gerieten in den Fluß und ertranken. Kurz die Unfälle nahmen kein Ende und was die Sache noch schlimmer machte, es war kein Hirte mehr zu finden, der nachts bei dem Vieh bleiben wollte. Eine einzige Erscheinung des Geistes reichte hin, auch dem Unverzagtesten die Besinnung zu rauben. Der Eigentümer des Weideplatzes wußte nicht, was er anfangen sollte. Er bot doppelten, dreifachen, ja vierfachen Sold, aber kein Geld konnte jemand bewegen, dem Grausen sich auszusetzen, das der Anblick des Geistes erregte. Sie selbst freute sich über den glücklichen Erfolg ihres Unternehmens und ließ mit ihren Quälereien nicht nach. Da die Herde immer kleiner wurde und kein Mensch mehr wagte, in dem Bereich der Geister zu verweilen, so kam das stille Volk in großer Anzahl zurück. Jetzt sprangen sie wieder so lustig, wie sonst umher, berauschten sich an den Tautropfen der Eicheln und feierten ihre Feste unter den geräumigen Schirmen der Pilze.

Der arme, verwirrte Landmann wußte um sein Leben keinen Rat. Sein Vermögen nahm von Tag zu Tag ab, seine Leute waren in Furcht gejagt und der Termin, wo er die Pacht bezahlen sollte, rückte herbei. Was Wunder, daß er ganz trübselig aussah und sorgenvoll auf der Landstraße dahin wandelte.

Nun lebte in der Gegend ein Mann, namens Lorenz Hulahan, der blies die Pfeife besser als irgend einer in funfzehen Kirchensprengeln. Ein toller Rauschenblatt war Lorenz, aber sich fürchten, das hatte er noch nicht gelernt. Reichte ihm jemand eine gute Herzstärkung, so nahm er es mit dem Teufel selber auf. Er hätte sich einem wütenden Ochsen entgegengestellt und allein gegen einen ganzen Jahrmarkt geschlagen. Diesem Lorenz begegnete der Pächter einmal auf seinen sorgvollen Gängen, und auf die Frage was denn die Ursache seines Kummer sei, erzählte er ihm sein Mißgeschick.

»Wenns weiter nichts ist«, rief Lorenz, »so gebt euerm Herzeleid den Abschied! Wären noch mehr Elfen auf dem Berg, als Kartoffelblüten in Eliogurty, sie sollten mich nicht in Furcht jagen. Ich müßte ja ein rechter Bärenhäuter sein, ich, der ich keinen Menschen mit Fleisch und Bein fürchte, wollte ich vor einem solchen Balg von Gespenst nur daumensbreit zurückweichen.«

»Rede nicht so frech, Lorenz«, erwiderte der andere, »du weißt nicht, wers mit anhört, doch wenn du deine Worte wahr machst und meine Herde eine Woche auf dem Rücken des Bergs hütest, so soll deine Hand in meine Schüssel tauchen, so lange bis die Sonne zu einem dünnen Lichtchen herabgebrannt ist.«

Der Handel ward abgeschlossen und als der Mond hinter dem Felsen hervorkam, stieg Lorenz auf den Berg. Der Pächter hatte ihm erst vorgestellt, was das Haus vermochte, auch mit einem frischen Trunk sein Herz gestärkt. Lorenz nahm oben seinen Sitz auf einem großen Stein unter einer Höhle, den Rücken gegen den Wind und holte seine Pfeifen hervor. Er hatte noch nicht lange darauf geblasen, als sich die Stimme der Elfen hören ließ, tönend wie ein leiser Strom von Musik. Nun aber brachen sie in lautes Gelächter aus und Lorenz konnte deutlich einen sagen hören: »Was, wieder ein Mensch in dem Elfenkreis! geh hin, Königin, und laß ihn seine Verwegenheit fühlen!«

Sie flogen fort und Lorenz fühlte, wie sie gleich einem Mückenschwarm vorbeizogen; als er aufblickte, sah er zwischen sich und dem Mond eine große, schwarze Katze, die auf den Spitzen ihrer Pfoten stand, einen krummen Buckel machte und miaute, daß es klang, wie das Geräusch einer Wassermühle. Dann schwoll sie auf bis zu den Wolken und auf ihrem linken Hinterbein sich herumdrehend wirbelte sie so lange, bis sie auf den Boden fiel, von welchem sie in der Gestalt eines Lachses aufsprang, der eine weiße Binde um den Hals hatte und ein paar Stulp-Stiefel an.

»Nur zu, mein Schatz«, sagte Lorenz, »willst du tanzen, so will ich pfeifen!« und setzte an.

So verwandelte sie sich bald in dieses, bald in jenes Ungeheuer, aber Lorenz blies immer zu, ohne sich irre machen zu lassen. Zuletzt verlor sie die Geduld, wie Frauen pflegen, auf deren Schelten man nicht achtet, und verwandelte sich in ein Kälbchen, so weiß wie Milch und mit Augen so sanft, wie die meiner Liebsten. Sie kam spielend und schmeichelnd herbei und dachte ihn in der Güte von seinem Geschäft abzubringen und ihm dann einen Streich zu spielen; aber Lorenz war nicht zu überlisten und als sie herankam, setzte er seine Pfeifen ab und sprang auf ihren Rücken.

Wenn du von dem Gipfel des Elfenberges westwärts nach dem Weltmeer schaust, so erblickst du den königlichen Fluß Shannon, wie er, gleich einer See sich ausbreitend, in stolzem Lauf durch die Stadt Limerick fließt, um sich endlich mit dem Ozean zu vermischen. Der Mond schien hell und glänzend über das ferne Gebirg. Fünfzig Boote schwammen hin und her auf dem lieblichen Strom und der Gesang der Fischer stieg fröhlich von den Ufern in die Höhe.

Lorenz saß, wie ich schon erzählt habe, auf dem Rücken des weißen Kalbs und die Elfin wollte ihren Vorteil nutzen. Von der Spitze des Bergs sprang sie in einem Satz über den Fluß Shannon hinweg, durchflog in einer Sekunde drei volle Stunden und sich auf einem entlegnen Damm niederlassend, schlug sie aus und warf den Lorenz auf den weichen Rasen.

Aber wie er da lag, sah er ihr gerade in das Gesicht, strich sich über die Haare und rief: »Wahrhaftig gut gemacht! das war kein schlechter Sprung für ein Kalb!«

Sie betrachtete ihn einen Augenblick, dann nahm sie ihre wahre Gestalt wieder an und sprach: »Lorenz, du bist ein tüchtiger Bursche, willst du den Weg auch wieder zurück machen?«

»Freilich«, antwortete er, »wenn Ihr es zufrieden seid.«

Sie verwandelte sich wieder, Lorenz setzte sich auf den Rücken des weißen Kalbs und mit einem zweiten Sprunge waren sie auf der Bergspitze zurück.

Da sprach die Elfin in ihrer natürlichen Gestalt: »Du hast dich so unerschrocken gezeigt, Lorenz, daß, solange du die Herden hier auf diesem Berg hütest, du weder von mir noch einem der meinigen sollst gestört werden. Der Tag dämmert, geh hinab zu deinem Herrn und sage ihm das; und wenn du noch sonst einen Wunsch hast, will ich ihn erfüllen.«

Darauf verschwand sie.

Die Elfe hielt Wort. Solange Lorenz lebte, zeigte sie sich nicht auf dem Berg. Aber er ward ihr auch nicht durch Bitten lästig. Er blies seine Pfeifen, trank auf seines Herrn Kosten, ruhte sich hinter dem Ofen aus und sah dann und wann nach der Herde. Er starb endlich und ward in einem grünen Tal der schönen Landschaft Tipperary begraben. Ob das stille Volk nach seinem Tode wieder auf den Berg gezogen ist, kann ich nicht sagen.

Vorrede


Vorrede

Obgleich der Verfasser dieses Buchs, das unter dem Titel »Fairy legends and traditions of the South of Ireland«, London 1823, erschien, sich nicht genannt hat, so darf man doch voraussetzen, daß er ein geborener Irländer ist oder lang in Irland gelebt hat. Er zeigt genaue Kenntnis von Örtlichkeiten, Sitten und Denkweise und ist vertraut mit eigentümlichen Ausdrücken, Gleichnissen, sprichwörtlichen Reden und andern Kleinigkeiten dieser Art, die nicht wenig dazu beitragen, seine Darstellung zu beleben und in der Ferne oder aus einem Buch sich nicht erlernen lassen. Daher bedarf es kaum der Versicherung, welche er in ein paar als Einleitung vorangehenden Zeilen gibt, daß er alles aus dem Munde des Volks und in dem Stil, in welchem es gewöhnlich vorgetragen werde, aufgenommen habe. Abgesehen von dem eigentlichen Inhalt verleiht diese Treue und Wahrheit der Ausführung seiner Sammlung noch einen besonderen Wert, denn sie gewahrt eine Reihe kleiner, mit richtigen Farben und in allen Nebendingen sorgfältig ausgemalter Bilder, die als irische Idyllen gelten könnten. Man muß nachsichtig urteilen, wenn manchmal etwas zu viel sollte getan sein; dieser Fehler des zu sorgsamen Ausmalens, der immer nützlich und wobei Fleiß und Bestreben an sich achtungswert ist, erklärt sich am natürlichsten aus dem Einfluß, den Walter Scotts Darstellungsart gegenwärtig in England ausübt, welche ihrer Natur zufolge bei Nachahmern, selbst bei talentvollen, leicht die rechte und feine Linie überschreiten kann. Wer noch Sinn hat für schuldlose und einfache Poesie wird sich von diesen Märchen angezogen fühlen, sie haben einen eigentümlichen Beigeschmack, der nicht ohne Reiz ist, und kommen aus einem Lande, an das wir gewöhnlich nur in wenigen und gerade nicht erfreulichen Beziehungen erinnert werden. Gleichwohl wird es von einem Volke bewohnt, dessen Altertum und frühe Bildung die Geschichte bezeugt und das, wie es zum Teil noch in der eigenen Sprache redet, auch lebendige Spuren seiner Vorzeit wird aufzuweisen haben, wovon der hier dargestellte Glaube an überirdische Wesen vielleicht eins der besten Beispiele abgibt.

Den einzelnen Erzählungen unmittelbar zugefügte Anmerkungen des Sammlers sind nach englischer Sitte so weitläufig als möglich und oft gar nicht auf die Sache, sondern einen nebenbei erwähnten, unwesentlichen Umstand gerichtet. Nichts was zur Erläuterung der Überlieferung selbst diente, ist von uns ausgelassen, wohl aber was ungehörig schien, darunter auch manche gerade nicht glückliche allgemeine Sprachbemerkung oder etymologische Ausführung. Von uns herrührende Zusätze sind jedesmal mit einem Stern bezeichnet worden. Einiges wenige, was sich auf das Wesen der Elfen bezog, haben wir für die einleitende Abhandlung verwendet, die wir hinzuzufügen für zweckmäßig hielten.

Kassel, 10. Juli 1823

VI. Wohnung


VI. Wohnung

1. Die Lichtelfen wohnen nach der Edda bei dem Sonnengott Freir, die schwarzen aber in der Erde und in Steinen. Die heutigen Sagen weisen ihnen sämtlich ein ausgedehntes Reich in Bergen, wilden und unzugänglichen Schluchten, Riesen-hügeln und Felsklüften an. Sie haben darin oftmals ordentliche Wohnungen, die mit Gold und Silber angefüllt sind, und sehr prächtig werden die schottischen Shians beschrieben, dem Frau Venusberg der deutschen Sage (Nr. 170.) ähnlich. In Schweden glaubt man, sie säßen in kleinen, zirkelrund ausgehöhlten Steinen, die man Elfenmühlen (alfquarnar) heißt, dergleichen elfmills auch die schottische Sage kennt und womit die isländ. âlfavakir, kleine Höhlen in dem Eis, übereinkommen. Wolfram redet im Wilhelm dem heiligen S. 26b von Bergen: daz den wilden getwergen wäre ze stîgenne dà genuoc. Hug von Langenstein in der heil. Martina f. 128d:

sie loufent ûf die berge
als die wilden twerge.

von wilden getwergen hân ich gehoeret sagen
sie sin in holn bergen.

ich gibe wol swem mich lustet silber oder golt
ich mahte einen man wol rîche, dem ich wäre holt.

unde hâst dû ûf der erden des landes alsò vil,
sô hân ich darunder klâres goldes swaz ich wil.