De drei schwatten Prinzessinnen

Gebrüder Grimm

De drei schwatten Prinzessinnen

Ostindien was von den Fiend belagert, he wull de Stadt nig verloeten, he wull ersten seshundert Dahler hebben. Do leiten se dat ut trummen, well de schaffen könne, de soll Börgemester weren. Do was der en armen Fisker, de fiskede up de See mit sinen Sohn, do kam de Fiend un nam den Sohn gefangen und gav em daför seshundert Dahler. Do genk de Vader hen und gav dat de Heerens in de Stadt, und de Fiend trock av und de Fisker wurde Börgemester. Do word utropen, wer nig ‚Heer Börgermester, segde, de soll an de Galge richtet weren.

De Sohn, de kam de Fiend wier ut de Hände un kam in en grauten Wold up en haujen Berg. De Berg, de dei sick up, do kam he in en graut verwünsket Schloß, woin Stohle, Diske un Bänke alle schwatt behangen wören. Do queimen drei Prinzessinnen, de gans schwatt antrocken wören, de men en lück (wenig) witt in’t Gesicht hädden, de segden to em, he soll men nig bange sien, se wullen em nix dohn, he könn eer erlösen. Do seg he je, dat wull he gern dohn, wann he men wüste, wo he dat macken söll. Do segget se, he söll en gans Johr nig met en kühren (sprechen) un söll se auck nig anseihen; wat he gern hebben wull, dat söll he men seggen, wann se Antwort giewen dörften (geben dürften), wullen se et dohn. As he ,ne Tied lang der west was, sede he, he wull asse gern noh sin Vader gohn, da segget se, dat söll he men dohn, düssen Buel (Beutel) met Geld söll he met niermen, düsse Klöder soll he antrecken, un in acht Dage möst he der wier sin.

Do werd he upnurmen (aufgehoben), un is glick in Ostindien. Do kann he sin Vader in de Fiskhütte nig mer finden un frög de Luide, wo doh de arme Fisker blierwen wöre, do segget se, dat möst he nig seggen, dann queim he an de Galge. Do kümmet he bi sin Vader, do seg he ‚Fisker, wo sin ji do to kummen?‘ Do seg de ‚dat möt ji nig seggen, wann dat de Heerens van de Stadt gewahr weeret, kümme ji an de Galge.‘ He willt ober gar nig loten, he werd noh de Galge bracht. Es he do is, seg he ‚o mine Heerens, gierwet mie doh Verlöv, dat ick noh de olle Fiskhütte gohn mag.‘ Do tüt he sinen ollen Kiel an, do kümmet he wier noh de Heerens un seg ’seih ji et nu wull, sin ick nig en armen Fisker sinen Sohn? in düt Tueg heve ick minen Vader und Moder dat Braud gewunnen.‘ Do erkennet se en un badden üm Vergiebnüs un niermt en met noh sin Hues, do verteld he alle, wü et em gohn hev, dat he wöre in en Wold kummen up en haujen Berg, do hädde sick de Berg updohn, do wöre he in en verwünsket Schloß kummen, wo alles schwatt west wöre, un drei Prinzessinnen wören der an kummen, de wören schwatt west, men en lück witt in’t Gesicht. De hädden em segd, he söll nig bange sien, he könn eer erlösen. Do seg sine Moder, dat mög wull nig guet sien, he soll ,ne gewiehte Wasskeefze met niermen un drüppen (tropfen) eer gleinig (glühend) Wass in’t Gesicht.

He geit wier hen, und do gruelte (graute) em so, un he drüppde er Wass in’t Gesicht, asse se sleipen, un se wören all halv witt. Do sprüngen alle de drei Prinzessinnen up un segden ‚de verfluchte Hund, usse Bloet soll örfer die Rache schreien, nu is kin Mensk up de Welt geboren un werd geboren, de us erlösen kann, wie hevet noh drei Bröders, de sind in siewen Ketten anschloeten, de söllt die terreiten.‘ Do givt et en Gekriesk in’t ganse Schloß, un he sprank noh ue dat Fenster un terbrack dat Been, un dat Schloß sunk wier in de Grunde, de Berg was wier to, un nümmes wust, wo et west was.

De beiden Künigeskinner

Gebrüder Grimm

De beiden Künigeskinner

Et was mol en Künig west, de hadde en kleinen Jungen kregen, in den sin Teiken (Zeichen) hadde stahn, he sull von einen Hirsch ümmebracht weren, wenn he sestein Johr alt wäre. Ase he nu so wit anewassen was, do giengen de Jägers mol mit ünne up de Jagd. In den Holte, do kümmt de Künigssohn bie de anneren denne (von den andern weg), up einmol süht he do ein grooten Hirsch, den wull he scheiten, he kunn en awerst nig dreppen; up’t lest is de Hirsch so lange für ünne herut laupen, bis gans ut den Holte‘ do steiht do up einmol so ein grot lank Mann stad des Hirsches, de segd ’nu dat is gut, dat ik dik hewe; ik hewe schon sess paar gleserne Schlitschau hinner die kaput jaget un hewe dik nig kriegen könnt.‘ Do nümmet he ün mit sik un schlippet em dur ein grot Water bis für en grot Künigschlott‘ da mut he mit an,n Disk un eten wat. Ase set tosammen wat geeten hed, segd de Künig ‚ik hewe drei Döchter, bie der ölesten mußt du en Nacht waken, von des Obends niegen Uhr bis Morgen sesse, un ik kumme jedesmol, wenn de Klocke schlätt, sülwens un rope, un wenn du mie dann kine Antwort givst, so werst du morgen ümmebracht, wenn du awerst mie immer Antwort givst, so salst du se tor Frugge hewen.‘ Ase do die jungen Lude up de Schlopkammer kämen, do stund der en steineren Christoffel, do segd de Künigsdochter to emme ‚um niegen Uhr kummet min Teite (Vater), alle Stunne, bis et dreie schlätt, wenn he froget, so giwet gi em Antwort statt des Künigssuhns.‘ Do nickede de steinerne Christoffel mit den Koppe gans schwinne un dann jümmer lanksamer, bis he to leste wier stille stand. Den anneren Morgen, da segd de Künig to emme ‚du hest dine Sacken gut macket, awerst mine Dochter kann ik nig hergiewen, du möstest dann en Nacht bie de tweiden Dochter wacken, dann will ik mie mal drup bedenken, ob du mine ölleste Dochter tor Frugge hewen kannst; awerst ik kumme olle Stunne sülwenst, un wenn ik die rope, so antworte mie, un wenn ik die rope un du antwortest nig, so soll fleiten din Blaud für mie.‘ Un do gengen de beiden up de Schlopkammer, do stand do noch en gröteren steineren Christoffel, dato seg de Künigsdochter ‚wenn min Teite frögt, so antworte du.‘ Do nickede de grote steinerne Christoffel wier mit den Koppe gans schwinne un dann jümmer lanksamer, bis he to leste wier stille stand. Und de Künigssuhn legte sik up den Dörsüll (Türschwelle), legte de Hand unner den Kopp und schläp inne. Den anneren Morgen seh de Künig to ünne ‚du hast dine Sacken twaren gut macket, awerst mine Dochter kann ik nig hergiewen, du möstest süs bie der jungesten Künigsdochter en Nacht wacken, dann will ik mie bedenken, ob du mine tweide Dochter tor Frugge hewen kannst; awerst ik komme olle Stunne sülwenst, un wenn ik die rope, so antworte mie, un wenn ik die rope un du antwortest nig, so soll fleiten din Blaud für mie.‘ Do giengen se wier tohope (zusammen) up ehre Schlopkammer, do was do noch en viel grötern un viel längern Christoffel ase bie de twei ersten. Dato segte de Künigsdochter ‚wenn min Teite röpet, so antworte du,‘ do nickede de grote lange steinerne Christoffel wohl ene halwe Stunne mit den Koppe, bis de Kopp tolest wier stille stand. Und de Künigssuhn legte sik up de Dörsüll un schläp inne. Den annern Morgen, do segd de Künig ‚du hast twaren gut wacket, awerst ik kann die nau mine Dochter nig giewen, ik hewe so en groten Wall, wenn du mie den von hüte morgen sesse bis obends sesse afhoggest, so will ik mie drup bedenken.‘ Do dehe (tat, d. i. gab) he ünne en gleserne Exe, en glesernen Kiel un en gleserne Holthacke midde.

Wie he in dat Holt kummen is, do hoggete he einmal to, do was de Exe entwei: do nam he den Kiel un schlett einmal mit de Holthacke daruppe, do ist et so kurt un so klein ase Grutt (Sand). Do was he so bedröwet un glövte, nu möste he sterwen, un he geit sitten un grient (weint). Asset nu Middag is, do segd de Künig ‚eine von juck Mäken mott ünne wat to etten bringen.‘ ‚Nee,‘ segged de beiden öllesten, ‚wie willt ün nicks bringen, wo he dat leste bie wacket het, de kann ün auck wat bringen.‘ Do mutt de jungeste weg un bringen ünne wat to etten. Ase in den Walle kummet, do frägt se ün, wie et ünne ginge. ‚O,‘ sehe he, ‚et ginge ün gans schlechte.‘ Do sehe se, he sull herkommen un etten eest en bitken; ‚ene,‘ sehe he, ‚dat künne he nig, he möste jo doch sterwen, etten wull he nig mehr.‘ Do gav se ünne so viel gute Woore, he möchte et doch versöken: do kümmt he un ett wat. Ase he wat getten hete, do sehe se ‚ik will die eest en bitken lusen, dann werst du annerst to Sinnen.‘ Do se ün luset, do werd he so möhe un schlöppet in, und do nümmet se ehren Doock un binnet en Knupp do in, un schlätt ün dreimol up de Eere un segd ‚Arweggers, herut!‘ Do würen gliek so viele Eerdmännekens herfur kummen un hadden froget, wat de Künigsdochter befelde. Do seh se ‚in Tied von drei Stunnen mutt de grote Wall afhoggen un olle dat Holt in Höpen settet sien.‘ Do giengen de Eerdmännekens herum un boen ehre ganse Verwanschap up, da se ehnen an de Arweit helpen sullen. Do fiengen se gliek an, un ase de drei Stunne ümme würen, do is olles to Enne (zu Ende) west: un do keimen se wier to der Künigsdochter un sehent ehr. Do nümmet se wier ehren witten Doock un segd ‚Arweggers, nah Hus!‘ Do siet se olle wier wege west. Do de Künigssuhn upwacket, so werd he so frau, do segd se ‚wenn et nu sesse schloen het, so kumme nah Hus.‘ Dat het he auck bevolget, un do frägt de Künig ‚hest du den Wall aawe (ab)?‘ ‚Jo,‘ segd de Künigssuhn. Ase se do an een Diske sittet, do seh de Künig ‚ik kann di nau mine Dochter nie tor Frugge giewen, he möste eest nau wat umme se dohen.‘ Don frägt he, wat dat denn sien sulle. ‚Ik hewe so en grot Dieck,‘ seh de Künig, ‚do most du den annern Morgen hünne un most en utschloen, dat he so blank is ase en Spegel, un et müttet von ollerhand Fiske dorinne sien.‘ Den anneren Morgen, do gav ünne de Künig ene gleserne Schute (Schüppe) un segd ‚umme sess Uhr mot de Dieck ferrig sien.‘ Do geit he weg, ase he bie den Dieck kummet, do stecket he mit de Schute in de Muhe (Moor, Sumpf), do brack se af: do stecket he mit de Hacken in de Muhe, un et was wier kaput. Do werd he gans bedröwet. Den Middag brachte de jungeste Dochter ünne wat to etten, do frägt se, wo et ünne gienge. Do seh de Künigssuhn, et gienge ünne gans schlechte, he sull sienen Kopp wohl mißen mutten: ‚dat Geschirr is mie wir klein gohen.‘ ‚O,‘ seh se, ‚he sull kummen un etten eest wat, dann werst du anneren Sinnes.‘ ‚Nee,‘ segte he, ‚etten kunn he nig, he wer gar to bedröwet.‘ Do givt se ünne viel gude Woore, bis he kummet un ett watt. Do luset se ünn wier, un he schloppet in: se nümmet von niggen en Doock, schlett en Knupp do inne und kloppet mit den Knuppe dreimol up de Eere un segt ‚Arweggers, herut!‘ Do kummt gliek so viele Eerdmännekens un froget olle, wat ehr Begeren wür. In Tied von drei Stunne mosten se den Dieck gans utschloen hewen, un he möste so blank sien, dann man sik inne speigelen künne, un von ollerhand Fiske mosten dorinne sien. Do giengen de Eerdmännekens hünn un boen ehre Verwanschap up, dat se ünnen helpen sullen; un et is auck in twei Stunnen ferrig west. Do kummet se wier un seged ‚wie hät dohen, so us befolen is.‘ Do nümmet de Künigsdochter den Dook un schlett wier dreimol up de Eere un segd ‚Arweggers, to Hus!‘ Do siet se olle wier weg. Ase do de Künigssuhn upwacket, do is de Dieck ferrig. Do geit de Künigsdochter auck weg un segd, wenn et sesse wäre, dann sull he nah Hus kummen. Ase he do nah Hus kummet, do frägt de Künig ‚hes du den Dieck ferrig?‘ ‚Jo,‘ seh de Künigssuhn. Dat wür schöne. Do se do wier to Diske sittet, do seh de Künig ‚du hast den Dieck twaren ferrig, awerst ik kann die mine Dochter noch nie giewen, du most eest nau eins dohen.‘ ‚Wat is dat denn?‘ frögte de Künigssohn. He hedde so en grot Berg, do würen lauter Dorenbuske anne, de mosten alle afhoggen weren, un bowen up moste he en grot Schlott buggen, da moste so wacker sien ase,t nu en Menske denken kunne, un olle Ingedömse, de in den Schlott gehorden, de mösten der olle inne sien. Do he nu den anneren Morgen up steit, do gav ünne de Künig en glesernen Exen un en glesernen Boren mie: et mott awerst um sess Uhr ferrig sien. Do he an den eersten Dorenbuske mit de Exen anhogget, do gieng se so kurt un so klein, dat de Stücker rund um ünne herfloen, un de Boren kunn he auck nig brucken. Do war he gans bedröwet un toffte (wartete) up sine Leiweste, op de nie keime un ünn ut de Naut hülpe. Ase’t do Middag is, do kummet se un bringet wat to etten: do geit he ehr in de Möte (entgegen) un vertellt ehr olles un ett wat, un lett sik von ehr lusen un schloppet in. Do nümmet se wier den Knupp un schlett domit up de Eere un segd ‚Arweggers, herut!‘ Do kummet wier so viel Eerdmännekens un froget, wat ehr Begeren wür. Do seh se ‚in Tied von drei Stunnen müttet ju den gansen Busk afhoggen, un bowen uppe den Berge, do mot en Schlott stohen, dat mot so wacker sien, ase’t nur ener denken kann, un olle Ingedömse muttet do inne sien.‘ Do gienge se hünne un boen ehre Verwanschap up, dat se helpen sullen, un ase de Tied umme was, do was alles ferrig. Do kümmet se to der Künigsdochter un segget dat, un de Künigsdochter nümmet den Doock und schlett dreimol domit up de Eere un segd ‚Arweggers, to Hus!‘ Do siet se gliek olle wier weg west. Do nu de Künigssuhn upwacket, un olles soh, do was he so frau ase en Vugel in der Luft. Do et do sesse schloen hadde, do giengen se tohaupe nah Hus. Do segd de Künig ‚is dat Schlott auck ferrig?‘ ‚Jo,‘ seh de Künigssuhn. Ase do to Diske sittet, do segd de Künig ‚mine jungeste Dochter kann ik nie giewen, befur de twei öllesten frigget het.‘ Do wor de Künigssuhn un de Künigsdochter gans bedröwet, un de Künigssuhn wuste sik gar nig to bergen (helfen). Do kummet he mol bie Nachte to der Künigsdochter un löppet dermit furt. Ase do en bitken wegsiet, do kicket sik de Dochter mol umme un süht ehren Vader hinner sik. ‚O,‘ seh se, ‚wo sull wie dat macken? min Vader is hinner us un will us ummeholen: ik will die grade to,n Dörenbusk macken un mie tor Rose, un ik will mie ümmer midden in den Busk waaren (schützen).‘ Ase do de Vader an de Stelle kummet, do steit do en Dörenbusk un ene Rose do anne: do will he de Rose afbrecken, do kummet de Dören un stecket ün in de Finger, dat he wier nah Hus gehen mut. Do frägt sine Frugge, worumme he se nig hädde middebrocht. Do seh he, he wür der balt bie west, awerst he hedde se uppen mol ut den Gcsichte verloren, un do hädde do en Dörenbusk un ene Rose stohen. Do seh de Künigin ‚heddest du ment (nur) de Rose afbrocken, de Busk hedde sullen wohl kummen.‘ Do geit he wier weg un will de Rose herholen. Unnerdes waren awerst de beiden schon wiet öwer Feld, un de Künig löppet der hinner her. Do kicket sik de Dochter wier umme un süht ehren Vader kummen: do seh se ‚o‘ wo sull wie et nu macken? ik will die grade tor Kerke macken un mie tom Pastoer: do will ik up de Kanzel stohn un predigen.‘ Ase do de Künig an de Stelle kummet, do steiht do ene Kerke‘ un up de Kanzel is en Pastoer un priediget: do hort he de Priedig to un geit wier n ah Hus. Do frägt de Küniginne‘ worumme he se nig midde brocht hedde, da segd he ’nee, ik hewe se so lange nachlaupen, un as ik glovte, ik wer der bold bie, do steit do en Kerke un up de Kanzel en Pastoer, de priedigte.‘ ‚Du häddest sullen ment den Pastoer bringen,‘ seh de Fru‘ ‚de Kerke hädde sullen wohl kummen: dat ik die auck (wenn ich dich auch) schicke, dat kann nig mer helpen, ik mut sülwenst hünne gohen.‘ Ase se do ene Wiele wege is un de beiden von fern süht, do kicket sik de Künigsdochter umme un süht
ehre Moder kummen un segd ’nu sie wie unglücksk, nu kummet miene Moder sülwenst: ik will die grade tom Dieck machen un mie tom Fisk.‘ Do de Moder up de Stelle kummet, do is do en grot Dieck, un in de Midde sprank en Fisk herumme un kickete mit den Kopp ut den Water un was gans lustig. Do wull se geren den Fisk krigen, awerst se kunn ünn gar nig fangen. Do werd se gans böse un drinket den gansen Dieck ut, dat se den Fisk kriegen will, awerst do werd se so üwel, dat se sick spiggen mott un spigget den gansen Dieck wier ut. Do seh se ‚ik sehe do wohl, dat et olle nig mer helpen kann:, sei mogten nu wier to ehr kummen. Do gohet se dann auck wier hünne, un de Küniginne givt der Dochter drei Wallnütte und segd ‚do kannst du die mit helpen, wenn du in dine högste Naud bist.‘ Un do giengen de jungen Lüde wier tohaupe weg.

De se do wohl tein Stunne gohen hadden, do kummet se an dat Schlott, wovon de Künigssuhn was, un dobie was en Dorp. Ase se do anne keimen, do segd de Künigssuhn ‚blief hie, mine Leiweste, ik will eest up dat Schlott gohen, un dann will ik mit den Wagen un Bedeinten kummen un will die afholen.‘ Ase he do up dat Schlott kummet, do werd se olle so frau, dat se den Künigssuhn nu wier hett: do vertellt he, he hedde ene Brut, un de wür jetzt in den Dorpe, se wullen mit den Wagen hintrecken un se holen. Do spannt se auck gliek an, un viele Bedeinten setten sich up den Wagen. Ase do de Künigssuhn instiegen wull, do gav ün sine Moder en Kus, do hadde he alles vergeten, wat schehen was, un auck wat he dohen will. Do befal de Moder, se sullen wier utspannen, un do giengen se olle wier in,t Hus. Dat Mäken awerst sitt im Dorpe un luert un luert un meint, he sull se afholen, et kummet awerst keiner. Do vermaiet (vermietet) sik de Künigsdochter in de Muhle, de hoerde bie dat Schlott, do moste se olle Nohmiddage bie den Watter sitten un Stunze schüren (Gefäße reinigen). Do kummet de Küniginne mol von den Schlotte gegohen, un gohet an den Water spatzeiern, un seihet dat wackere Mäken do sitten, do segd se ‚wat is dat für en wacker Mäken! wat geföllt mie dat gut!‘ Do kicket se et olle an, awerst keen Menske hadde et kand. Do geit wohl ene lange Tied vorbie, dat dat Mäken eerlick un getrugge bie den Müller deint. Unnerdes hadde de Küniginne ene Frugge für ehren Suhn socht, de is gans feren ut der Weld west. Ase do de Brut ankümmet, do söllt se gliek tohaupe giewen weren. Et laupet so viele Lüde tosamen, de dat olle seihen willt, do segd dat Mäken to den Müller, he mögte ehr doch auck Verlöv giewen. Do seh de Müller ‚goh menten hünne.‘ Ase,t do weg will, do macket et ene van den drei Wallnütten up, do legt do so en wacker Kleid inne, dat trecket et an un gienk domie in de Kerke gigen den Altor stohen. Up enmol kummt de Brut un de Brüme (Bräutigam), un settet sik für den Altor, un ase de Pastoer se do insegnen wull, do kicket sik de Brut van der Halwe (seitwärts), un süht et do stohen, do steit se wier up, un segd, se wull sik nie giewen loten, bis se auck so en wacker Kleid hädde ase de Dame. Do giengen se wier nah Hus un läten de Dame froen, ob se dat Kleid wohl verkofte. Nee, verkaupen dau seit nig, awerst verdeinen, dat mögte wohl sien. Do fragten se ehr, wat se denn dohen sullen. Do segd se, wenn se van Nachte fur dat Dohr van den Künigssuhn schlapen döffte, dann wull se et wohl dohen. Do seget se jo, dat sul se menten dohen. Do muttet de Bedeinten den Künigssuhn en Schlopdrunk ingiewen, un do legt se sik up den Süll un günselt (winselt) de heile Nacht, se hädde den Wall für ün afhoggen loten, se hädde de Dieck für ün utschloen, se hädde dat Schlott für ün bugget, se hädde ünne ton Dörenbusk macket, dann wier tor Kerke un tolest tom Dieck, un he hädde se so geschwinne vergeten. De Künigssuhn hadde nicks davon hört, de Bedeinten awerst würen upwacket un hadden tolustert un hadden nie wust, wat et sull bedüen. Den anneren Morgen, ase se upstohen würen, do trock de Brut dat Kleid an, un fort mit den Brümen nah der Kerke. Unnerdes macket dat wackere Mäken de tweide Wallnutt up, un do is nau en schöner Kleid inne, dat tüt et wier an un geit domie in de Kerke gigen den Altor stohen, do geit et dann ewen wie dat vürge Mol. Un dat Mäken liegt wier en Nacht für den Süll, de nah des Künigssuhns Stobe geit, un de Bedeinten süllt ün wier en Schlopdrunk ingiewen; de Bedeinten kummet awerst un giewet ünne wat to wacken, domie legt he sik to Bedde: un de Müllersmaged fur den Dörsüll günselt wier so viel un segd, wat se dohen hädde. Dat hört olle de Künigss uhn un werd gans bedröwet, un et föllt ünne olle wier bie, wat vergangen was. Do will he nah ehr gohen, awerst sine Moder hadde de Dör toschlotten. Den annern Morgen awerst gieng he gliek to siner Leiwesten un vertellte ehr olles, wie et mit ünne togangen wür, un se mögte ünne doch nig beuse sin, dat he se so lange vergetten hädde. Do macket de Künigsdochter de dridde Wallnut up, do is nau en viel wackerer Kleid inne: dat trecket sie an un fört mit ehrem Brümen nah de Kerke, un do keimen so viele Kinner, de geiwen ünne Blomen un hellen ünne bunte Bänner fur de Föte, un se leiten sik insegnen un hellen ene lustige Hochtied; awerst de falske Moder und Brut mosten weg. Un we dat lest vertellt het, den is de Mund noch wärm.

Daumesdick

Gebrüder Grimm

Daumesdick

Es war ein armer Bauersmann, der saß abends beim Herd und schürte das Feuer, und die Frau saß und spann. Da sprach er: »Wie ists so traurig, daß wir keine Kinder haben! Es ist so still bei uns, und in den andern Häusern ists so laut und lustig.« »Ja,« antwortete die Frau und seufzte, »wenns nur ein einziges wäre, und wenns auch ganz klein wäre, nur Daumens groß, so wollte ich schon zufrieden sein; wir hättens doch von Herzen lieb.« Nun geschah es, daß die Frau kränklich ward und nach sieben Monaten ein Kind gebar, das zwar an allen Gliedern vollkommen, aber nicht länger als ein Daumen war. Da sprachen sie: »Es ist, wie wir es gewünscht haben, und es soll unser liebes Kind sein,« und nannten es nach seiner Gestalt Daumesdick. Sie ließens nicht an Nahrung fehlen, aber das Kind ward nicht größer, sondern blieb, wie es in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es verständig aus den Augen und zeigte sich bald als ein kluges und behendes Ding, dem alles glückte, was es anfing.

Der Bauer machte sich eines Tages fertig, in den Wald zu gehen und Holz zu fällen, da sprach er so vor sich hin: »Nun wollt ich, daß einer da wäre, der mir den Wagen nachbrächte.« »O Vater,« rief Daumesdick, »den Wagen will ich schon bringen, verlaßt Euch drauf, er soll zur bestimmten Zeit im Walde sein.« Da lachte der Mann und sprach: »Wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein, um das Pferd mit dem Zügel zu leiten.« »Das tut nichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich dem Pferd ins Ohr und rufe ihm zu, wie es gehen soll.« »Nun,« antwortete der Vater, »einmal wollen wirs versuchen.«

Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzte Daumesdick ins Ohr des Pferdes, und dann rief der Kleine, wie das Pferd gehen sollte: »Jüh und joh! hott und har!« Da ging es ganz ordentlich als wie bei einem Meister, und der Wagen fuhr den rechten Weg nach dem Walde. Es trug sich zu, als er eben um eine Ecke bog und der Kleine: »Har, har!« rief, daß zwei fremde Männer daherkamen. »Mein,« sprach der eine, »was ist das? Da fährt ein Wagen, und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zu, und ist doch nicht zu sehen.« »Das geht nicht mit rechten Dingen zu,« sagte der andere, »wir wollen dem Karren folgen und sehen, wo er anhält.« Der Wagen aber fuhr vollends in den Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauen ward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu: »Siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol mich runter.« Der Vater faßte das Pferd mit der Linken und holte mit der Rechten sein Söhnlein aus dem Ohr, das sich ganz lustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremden Männer den Daumesdick erblickten, wußten sie nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den andern beiseit und sprach: »Hör, der kleine Kerl könnte unser Glück machen, wenn wir ihn in einer großen Stadt für Geld sehen ließen, wir wollen ihn kaufen.« Sie gingen zu dein Bauer und sprachen: »Verkauft uns den kleinen Mann, er solls gut bei uns haben.« »Nein,« antwortete der Vater, »es ist mein Herzblatt, und ist mir für alles Gold in der Welt nicht feil!« Daumesdick aber, als er von dem Handel gehört, war an den Rockfalten seines Vaters hinaufgekrochen, stellte sich ihm auf die Schulter und wisperte ihm ins Ohr: »Vater, gib mich nur hin, ich will schon wieder zurückkommen.« Da gab ihn der Vater für ein schönes Stück Geld den beiden Männern hin. »Wo willst du sitzen?« sprachen sie zu ihm. »Ach, setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und ab spazieren und die Gegend betrachten, und falle doch nicht herunter.« Sie taten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschied von seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. So gingen sie, bis es dämmrig ward, da sprach der Kleine: »Hebt mich einmal herunter, es ist nötig.« »Bleib nur droben« sprach der Mann, auf dessen Kopf er saß, »ich will mir nichts draus machen, die Vögel lassen mir auch manchmal was drauf fallen.« »Nein,« sprach Daumesdick, »ich weiß auch, was sich schickt, hebt mich nur geschwind herab.« Der Mann nahm den Hut ab und setzte den Kleinen auf einen Acker am Weg, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollen hin und her, dann schlüpfte er pIötzlich in ein Mausloch, das er sich ausgesucht hatte. »Guten Abend, ihr Herren, geht nur ohne mich heim,« rief er ihnen zu, und lachte sie aus. Sie liefen herbei und stachen mit Stöcken in das Mausloch, aber das war vergebliche Mühe, Daumesdick kroch immer weiter zurück, und da es bald ganz dunkel ward, so mußten sie mit Ärger und mit leerem Beutel wieder heim wandern.

Als Daumesdick merkte, daß sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gang wieder hervor. »Es ist auf dem Acker in der Finsternis so gefährlich gehen,« sprach er, »wie leicht bricht einer Hals und Bein.« Zum Glück stieß er an ein leeres Schneckenhaus. »Gottlob,« sagte er, »da kann ich die Nacht sicher zubringen,« und setzte sich hinein. Nicht lang, als er eben einschlafen wollte, so hörte er zwei Männer vorübergehen, davon sprach der eine: »Wie wirs nur anfangen, um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen? »Das könnt ich dir sagen,« rief Daumesdick dazwischen. »Was war das?« sprach der eine Dieb erschrocken, »ich hörte jemand sprechen.« Sie blieben stehen und horchten, da sprach Daumesdick wieder: »Nehmt mich mit, so will ich euch helfen.« »Wo bist du denn?« »Sucht nur auf der Erde und merkt, wo die Stimme herkommt,« antwortete er. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in die Höhe. »Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!« sprachen sie. »Seht,« antwortete er, »ich krieche zwischen den Eisenstäben in die Kammer des Pfarrers und reiche euch heraus, was ihr haben wollt.« »Wohlan,« sagten sie, »wir wollen sehen, was du kannst.« Als sie bei dem Pfarrhaus kamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie aber gleich aus Leibeskräften: »Wollt ihr alles haben, was hier ist?« Die Diebe erschraken und sagten: »So sprich doch leise, damit niemand aufwacht.« Aber Daumesdick tat, als hätte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem: »Was wollt ihr? Wollt ihr alles haben, was hier ist?« Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurückgelaufen, endlich faßten sie wieder Mut und dachten: »Der kleine Kerl will uns necken.« Sie kamen zurück und flüsterten ihm zu: »Nun mach Ernst und reich uns etwas heraus.« Da schrie Daumesdick noch einmal, so laut er konnte: »Ich will euch ja alles geben, reicht nur die Hände herein.« Das hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett und stolperte zur Tür herein. Die Diebe liefen fort und rannten, als wäre der wilde Jäger hinter ihnen; die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, ging ein Licht anzünden. Wie sie damit herbeikam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune, die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett und glaubte, sie hätte mit offenen Augen und Ohren doch nur geträumt.

Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden, da wollte er sich ausruhen, bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heimgehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es gibt viel Trübsal und Not auf der Welt! Die Magd stieg, als der Tag graute, schon aus dem Bett, um das Vieh zu füttern. Ihr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so fest, daß er nichts gewahr ward, und nicht eher aufwachte, als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. »Ach Gott,« rief er, »wie bin ich in die Walkmühle geraten!« – merkte aber bald, wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zermalmt ward, und hernach mußte er doch mit in den Magen hinabrutschen. »In dem Stübchen sind die Fenster vergessen,« sprach er, »und scheint keine Sonne hinein, ein Licht wird auch nicht gebracht.« Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das Schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Türe hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte: »Bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.« Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte, ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn und rief: »Ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.« »Du bist verrückt,« antwortete der Pfarrer, ging aber doch selbst in den Stall und wollte nachsehen, was es da gäbe. Kaum aber hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick aufs neue: »Bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.« Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte, es wäre ein böser Geist in die Kuh gefahren, und hieß sie töten. Sie ward geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, auf den Mist geworfen. Daumesdick hatte große Mühe, sich hindurchzuarbeiten, und hatte große Mühe damit, doch brachte ers so weit, daß er Platz bekam, aber als er eben sein Haupt herausstrecken wollte, kam ein neues Unglück. Ein hungriger Wolf lief heran und verschlang den ganzen Magen mit einem Schluck. Daumesdick verlor den Mut nicht: »Vielleicht,« dachte er, »läßt der Wolf mit sich reden,« und rief ihm aus dem Wanste zu: »Lieber Wolf, ich weiß dir einen herrlichen Fraß.« »Wo ist der zu holen?« sprach der Wolf. »In dem und dem Haus, da mußt du durch die Gosse hineinkriechen, und wirst Kuchen, Speck und Wurst finden, so viel du essen willst,« und beschrieb ihm genau seines Vaters Haus. Der Wolf ließ sich das nicht zweimal sagen, drängte sich in der Nacht zur Gosse hinein und fraß in der Vorratskammer nach Herzenslust. Als er sich gesättigt hatte, wollte er wieder fort, aber er war so dick geworden, daß er denselben Weg nicht wieder hinaus konnte. Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fing nun an, in dem Leib des Wolfes einen gewaltigen Lärmen zu machen, tobte und schrie, was er konnte. »Willst du stille sein,« sprach der Wolf, »du weckst die Leute auf.« »Ei was,« antwortete der Kleine, »du hast dich satt gefressen, ich will mich auch lustig machen,« und fing von neuem an, aus allen Kräften zu schreien. Davon erwachte endlich sein Vater und seine Mutter, liefen an die Kammer und schauten durch die Spalte hinein. Wie sie sahen, daß ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holte eine Axt, und die Frau die Sense. »Bleib dahinten,« sprach der Mann, als sie in die Kammer traten, »wenn ich ihm einen Schlag gegeben habe, und er davon noch nicht tot ist, so mußt du auf ihn einhauen, und ihm den Leib zerschneiden.« Da hörte Daumesdick die Stimme seines Vaters und rief: »Lieber Vater, ich bin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs.« Sprach der Vater voll Freuden: »Gottlob, unser liebes Kind hat sich wiedergefunden,« und hieß die Frau die Sense wegtun, damit Daumesdick nicht beschädigt würde. Danach holte er aus, und schlug dem Wolf einen Schlag auf den Kopf, daß er tot niederstürzte, dann suchten sie Messer und Schere, schnitten ihm den Leib auf und zogen den Kleinen wieder hervor. »Ach,« sprach der Vater, »was haben wir für Sorge um dich ausgestanden!« »Ja, Vater, ich bin viel in der Welt herumgekommen; gottlob, daß ich wieder frische Luft schöpfe!« »Wo bist du denn all gewesen?« »Ach, Vater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in eines Wolfes Wanst: nun bleib ich bei euch.« »Und wir verkaufen dich um alle Reichtümer der Welt nicht wieder,« sprachen die Eltern, herzten und küßten ihren lieben Daumesdick. Sie gaben ihm zu essen und trinken, und ließen ihm neue Kleider machen, denn die seinigen waren ihm auf der Reise verdorben.

Daumerlings Wanderschaft

Gebrüder Grimm

Daumerlings Wanderschaft

Ein Schneider hatte einen Sohn, der war klein geraten und nicht größer als ein Daumen, darum hieß er auch der Daumerling. Er hatte aber Courage im Leibe und sagte zu seinem Vater ‚Vater, ich soll und muß in die Welt hinaus.‘ ‚Recht, mein Sohn,‘ sprach der Alte, nahm eine lange Stopfnadel und machte am Licht einen Knoten von Siegellack daran, ‚da hast du auch einen Degen mit auf den Weg.‘ Nun wollte das Schneiderlein noch einmal mitessen und hüpfte in die Küche, um zu sehen, was die Frau Mutter zu guter Letzt gekocht hätte. Es war aber eben angerichtet, und die Schüssel stand auf dem Herd. Da sprach es ‚Frau Mutter, was gibts heute zu essen?‘ ‚Sieh du selbst zu“ sagte die Mutter. Da sprang Daumerling auf den Herd und guckte in die Schüssel: weil er aber den Hals zu weit hineinstreckte, faßte ihn der Dampf von der Speise und trieb ihn zum Schornstein hinaus. Eine Weile ritt er auf dem Dampf in der Luft herum, bis er endlich wieder auf die Erde herabsank. Nun war das Schneiderlein draußen in der weiten Welt, zog umher, ging auch bei einem Meister in die Arbeit, aber das Essen war ihm nicht gut genug. ‚Frau Meisterin, wenn sie uns kein besser Essen gibt,‘ sagte Daumerling, ’so gehe ich fort und schreibe morgen früh mit Kreide an ihre Haustüre: Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, adies, Herr Kartoffelkönig.‘ ‚Was willst du wohl, Grashüpfer?‘ sagte die Meisterin, ward bös, ergriff einen Lappen und wollte nach ihm schlagen: mein Schneiderlein kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie hob den Fingerhut auf und wollte ihn packen, aber der kleine Daumerling hüpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinanderwarf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. ‚He, he, Frau Meisterin,‘ rief er und steckte den Kopf in die Höhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch und jagte ihn zu m Haus hinaus.

Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald, da begegnete ihm ein Haufen Räuber, die hatten vor, des Königs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie ’so ein kleiner Kerl kann durch ein Schlüsselloch kriechen und uns als Dietrich dienen.‘ ‚Heda,‘ rief einer, ‚du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen und das Geld herauswerfen.‘ Der Daumerling besann sich, endlich sagte er ‚ja, und ging mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Türe oben und unten, ob kein Ritz darin wäre. Nicht lange, so entdeckte er einen, der breit genug war, um ihn einzulassen. Er wollte auch gleich hindurch, aber eine von den beiden Schildwachen, die vor der Tür standen, bemerkte ihn und sprach zu der andern ‚was kriecht da für eine häßliche Spinne? ich will sie tottreten.‘ ‚Laß das arme Tier gehen,‘ sagte die andere, ‚es hat dir ja nichts getan.‘ Nun kam der Daumerling durch den Ritz glücklich in die Schatzkammer, öffnete das Fenster, unter welchem die Räuber standen, und warf ihnen einen Taler nach dem andern hinaus. Als das Schneiderlein in der besten Arbeit war, hörte es den König kommen, der seine Schatzkammer besehen wollte, und verkroch sich eilig. Der König merkte, daß viele harte Taler fehlten, konnte aber nicht begreifen, wer sie sollte gestohlen haben, da Schlösser und Riegel in gutem Zustand waren, und alles wohl verwahrt schien. Da ging er wieder fort und sprach zu den zwei Wachen ‚habt acht, es ist einer hinter dem Geld.‘ Als der Daumerling nun seine Arbeit von neuem anfing, hörten sie das Geld drinnen sich regen und klingen klipp, klapp, klipp, klapp. Sie sprangen geschwind hinein und wollten den Dieb greifen. Aber das Schneiderlein, das sie kommen hörte, war noch geschwinder, sprang in eine Ecke und deckte einen Taler über sich, so daß nichts von ihm zu sehen war, dabei neckte es noch die Wachen und rief ‚hier bin ich.‘ Die Wach en liefen dahin, wie sie aber ankamen, war es schon in eine andere Ecke unter einen Taler gehüpft und rief ‚he, hier bin ich.‘ Die Wachen sprangen eilends herbei, Daumerling war aber längst in einer dritten Ecke und rief ‚he, hier bin ich.‘ Und so hatte es sie zu Narren und trieb sie so lange in der Schatzkammer herum, bis sie müde waren und davongingen. Nun warf es die Taler nach und nach alle hinaus: den letzten schnellte es mit aller Macht‘ hüpfte dann selber noch behendiglich darauf und flog mit ihm durchs Fenster hinab. Die Räuber machten ihm große Lobsprüche, ‚du bist ein gewaltiger Held,‘ sagten sie, ‚willst du unser Hauptmann werden?‘ Daumerling bedankte sich aber und sagte, er wollte erst die Welt sehen. Sie teilten nun die Beute, das Schneiderlein aber verlangte nur einen Kreuzer, weil es nicht mehr tragen konnte.

Darauf schnallte es seinen Degen wieder um den Leib, sagte den Räubern guten Tag und nahm den Weg zwischen die Beine. Es ging bei einigen Meistern in Arbeit, aber sie wollte ihm nicht schmecken, endlich verdingte es sich als Hausknecht in einem Gasthof. Die Mägde aber konnten es nicht leiden, denn ohne daß sie ihn sehen konnten, sah er alles, was sie heimlich taten, und gab bei der Herrschaft an, was sie sich von den Tellern genommen und aus dem Keller für sich weggeholt hatten. Da sprachen sie ‚wart, wir wollen dirs eintränken,‘ und verabredeten untereinander, ihm einen Schabernack anzutun. Als die eine Magd bald hernach im Garten mähte, und den Daumerling da herumspringen und an den Kräutern auf- und abkriechen sah, mähte sie ihn mit dem Gras schnell zusammen, band alles in ein großes Tuch und warf es heimlich den Kühen vor. Nun war eine große schwarze darunter, die schluckte ihn mit hinab, ohne ihm weh zu tun. Unten gefiels ihm aber schlecht, denn es war da ganz finster und brannte auch kein Licht. Als die Kuh gemelkt wurde, da rief er ’strip, strap, stroll, ist der Eimer bald voll?‘

Doch bei dem Geräusch des Melkens wurde er nicht verstanden. Hernach trat der Hausherr in den Stall und sprach ‚morgen soll die Kuh da geschlachtet werden.‘ Da war dem Daumerling angst, daß er mit heller Stimme rief ‚laßt mich erst heraus, ich sitze ja drin.‘ Der Herr hörte das wohl, wußte aber nicht, wo die Stimme herkam. ‚Wo bist du?‘ fragte er. ‚In der schwarzen,‘ antwortete er, aber der Herr verstand nicht, was das heißen sollte, und ging fort.

Am andern Morgen ward die Kuh geschlachtet. Glücklicherweise traf bei dem Zerhacken und Zerlegen den Daumerling kein Hieb, aber er geriet unter das Wurstfleisch. Wie nun der Metzger herbeitrat und seine Arbeit anfing, schrie er aus Leibeskräften ‚hackt nicht zu tief, hackt nicht zu tief, ich stecke ja drunter.‘ Von dem Lärmen der Hackmesser hörte das kein Mensch. Nun hatte der arme Daumerling seine Not‘ aber die Not macht Beine, und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keins anrührte und er mit heiler Haut davonkam. Aber entspringen konnte er auch nicht: es war keine andere Auskunft, er mußte sich mit den Speckbrocken in eine Blutwurst hinunterstopfen lassen. Da war das Quartier etwas enge, und dazu ward er noch in den Schornstein zum Räuchern aufgehängt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er heruntergeholt. weil die Wurst einem Gast sollte vorgesetzt werden. Als nun die Frau Wirtin die Wurst in Scheiben schnitt, nahm er sich in acht, daß er den Kopf nicht zu weit vorstreckte, damit ihm nicht etwa der Hals mit abgeschnitten würde: endlich ersah er seinen Vorteil, machte sich Luft und sprang heraus.

In dem Hause aber, wo es ihm so übel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht Iänger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch seine Freiheit dauerte nicht lange. Auf dem offenen Feld kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. ‚Ei, Herr Fuchs,‘ riefs Schneiderlein, ‚ich bins ja, der in Eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.‘ ‚Du hast recht,‘ antwortete der Fuchs‘ ‚an dir habe ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Hühner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.‘ ‚Von Herzen gern,‘ antwortete der Daumerling, ‚die Hühner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.‘ Da ließ ihn der Fuchs wieder los und trug ihn selber heim. Als der Vater sein liebes Söhnlein wiedersah, gab er dem Fuchs gern alle die Hühner, die er hatte. ‚Dafür bring ich dir auch ein schön Stück Geld mit,‘ sprach der Daumerling und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte.

‚Warum hat aber der Fuchs die armen Piephühner zu fressen kriegt?‘ ‚Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber sein als die Hühner auf dem Hof.‘

Dat Mäken von Brakel

Gebrüder Grimm

Dat Mäken von Brakel

Et gien mal ’n Mäken von Brakel na de sünt Annen Kapellen uner de Hinnenborg, un weil et gierne ,n Mann heven wulle un ock meinde, et wäre süs neimes in de Kapellen‘ sau sank et

‚o hilge sünte Anne,

help mie doch bald tom Manne.

Du kennst ’n ja wull:

he wuhnt var’m Suttmerdore‘

hed gele Hore.

du kennsc ’n ja wull.‘

De Köster stand awerst hünner de Altare un höre dat, da rep he mit ,ner gans schrögerigen Stimme ‚du kriggst ,n nig, du kriggst ,n nig.‘ Dat Mäken awerst meinde, dat Marienkinneken, dat bie de Mudder Anne steiht, hedde üm dat to ropen, da wor et beuse un reip’pepperlepep, dumme Blae, halt de Schnuten un lat de Möhme kühren (die Mutter reden).‘

Dat Erdmänneken

Gebrüder Grimm

Dat Erdmänneken

Et was mal en rik Künig west, de hadde drei Döchter had, de wören alle Dage in den Schlottgoren spazeren gaen, un de Künig, dat was so en Leivhawer von allerhand wackeren Bömen west: un einen, den hadde he so leiv had, dat he denjenigen, de ümme en Appel dervon plückede, hunnerd Klafter unner de Eere verwünschede. As et nu Hervest war, da worden de Appel an den einen Baume so raut ase Blaud. De drei Döchter gungen alle Dage unner den Baum un seihen to, ov nig de Wind ,n Appel herunner schlagen hädde, awerst se fannen ir Levedage kienen, un de Baum, de satt so vull, dat he breken wull, un de Telgen (Zweige) hungen bis up de Eere. Da gelustede den jungesten Künigskinne gewaldig, un et segde to sinen Süstern ,use Teite (Vater), det hett us viel to leiv, ase dat he us verwünschen deihe: ik glöve, dat he dat nur wegen de frümden Lude dahen hat., Un indes plücked dat Kind en gans dicken Appel af un sprunk fur sinen Süstern un segde ‚a, nu schmecket mal, mine lewen Süsterkes, nu hew ik doch min Levedage so wat Schones no nig schmecket., Da beeten de beiden annern Künigsdöchter auch mal in den Appel, un da versünken se alle drei deip unner de Eere, dat kien Haan mer danach krähete.

As et da Middag is, da wull se de Künig do Diske roopen, do sind se nirgends to finnen: he söket se so viel im Schlott un in Goren, awerst he kun se nig finnen. Da werd he so bedröwet un let dat ganse Land upbeien (aufbieten), un wer ünne sine Döchter wier brechte, de sull ene davon tor Fruen hewen. Da gahet so viele junge Lude uwer Feld un söket, dat is gans ut der Wiese (über alle Maßen), denn jeder hadde de drei Kinner geren had, wiil se wören gegen jedermann so fründlig un so schön von Angesichte west. Un et togen auck drei Jägerburschen ut, un ase da wol en acht Dage rieset hadden, da kummet se up en grot Schlott, da woren so hübsche Stoben inne west, un in einen Zimmer is en Disch decket, darup wören so söte Spisen, de sied noch so warme, dat se dampet, awerst in den ganzen Schlott ist kien Minsk to hören noch to seihen. Do wartet se noch en halwen Dag, un de Spisen bliewet immer warme un dampet, bis up et lest, da weret se so hungerig, dat se sik derbie settet und ettet, un macket mit en anner ut, se wüllen up den Schlotte wuhnen bliewen, un wüllen darümme loosen, dat eine in Huse blev un de beiden annern de Döchter söketen; dat doet se auck, un dat Loos dreppet den ölesten. Den annern Dag, da gaet de twei jüngesten söken, un de öleste mot to Huse bliewen. Am Middage kümmt der so en klein klein Männeken un hölt um ,n Stückesken Braud ane, da nümmt he von dem Braude, wat he da funnen hädde, un schnitt en Stücke rund umme den Braud weg un will ünne dat giewen, indes dat he et ünne reiket, lett et dat kleine Männeken fallen un segd, he sulle dok so gut sin un giewen ün dat Stücke wier. Da will he dat auck doen und bucket sik, mit des nümmt dat Männeken en Stock un päckt ünne bie den Haaren un giwt ünne düete Schläge. Den anneren Dag, da is de tweide to Hus bliewen, den geit et nicks better. Ase de beiden annern da den Awend nah Hus kümmet, da segt de öleste ’no, wie hätt et die dann gaen?, ‚O, et geit mie gans schlechte., Da klaget se sik enanner ere Naud, awerst den jungesten hadden se nicks davonne sagd, den hadden se gar nig lien (leiden) mogt un hadden ünne jummer den duinmen Hans heiten, weil he nig recht van de Weld was. Den dritten Dag, da blivt de jungeste to Hus, da kümmet dat kleine Männeken wier und hölt um en Stücksken Braud an; da he ünne dat giewen hätt, let he et wier fallen un segt, he mügte dock so gut sien un reicken ünne dat Stücksken wier. Da segd he to den kleinen Männeken ‚wat! kannst du dat Stücke nig sulwens wier up nümmen, wenn du die de Möhe nig mal um dine dägliche Narunge giewen wust, so bist du auck nich wert, dat du et etest., Da word dat Männeken so bös un segde, he möst et doen: he awerst nig fuhl, nam min lewe Männeken un drosch et duet dör (tüchtig durch). Da schriege dat Männeken so viel un rep ‚hör up, hör up, un lat mie geweren, dann will ik die auck seggen, wo de Künigsdöchter sied., Wie he dat hörde, häll hei up to slaen, un dat Männeken vertelde, he wör en Erdmänneken, un sulke wären mehr ase dusend, he mögte man mit ünne gaen, dann wul1 he ünne wiesen, wo de Künigsdöchter weren. Da wist he ünne en deipen Born, da is awerst kien Water inne west. Da segt dat Männeken, he wuste wohl, dat et sine Gesellen nig ehrlich mit ünne meinten wenn he de Künigskinner erlösen wulle, dann möste he et alleine doen. De beiden annern Broer wullen wohl auck geren die Künigsdöchter wier hewen, awerst se wullen der kiene Möge un Gefahr umme doen, he möste so en grauten Korv nümmen, un möste sik mit sinen Hirschfänger un en Schelle darinne setten un sik herunterwinnen laten: unnen, da wören drei Zimmer, in jeden set te ein Künigskind un hädde en Drachen mit villen Köppen to lusen, den möste he de Köppe afschlagen. Ase dat Erdmänneken nu dat alle sagd hadde, verschwand et. Ase’t Awend is, da kümmet de beiden annern un fraget, wie et ün gaen hädde, da segd he ‚o, so wit gut,‘ un hädde keinen Minsken sehen ase des Middags‘ da wer so ein klein Männeken kummen, de hädde ün umme en Stücksken Braud biddit, do he et ünne giewen hädde, hädde dat Männeken et fallen laten un hädde segd, he mögtet ünne doch wier up nümmen, wie he dat nig hadde doen wullt, da hädde et anfangen to puchen, dat hädde he awerst unrecht verstan un hädde dat Männeken prügelt, un da hädde et ünne vertellt, wo de Künigsdöchter wären. Da ärgerten sik de beiden so viel, dat se gehl un grön wören. Den annern Morgen, da gungen se to haupe an den Born un mackten Loose, wer sik dat erste in den Korv setten sulle, da feel dat Loos wier den öllesten to, he mot sik darin setten un de Klingel mitnümmen. Da segd he ‚wenn ik klingele, so mutt gi mik nur geschwinne wier herupwinnen., Ase he en bitken herunner is, da klingelte wat, da winnen se ünne wier heruper: da sett sik de tweide herinne, de maket ewen sau: nu kümmet dann auck de Riege an den jungesten, de lät sik awerst gans drinne runner winnen. Ase he ut den Korve stiegen is, da nümmet he sienen Hirschfänger un geit vor der ersten Doer staen un lustert, da hort he den Drachen gans lute schnarchen. He macket langsam de Döre oppen, da sitt da de eine Künigsdochter un häd op eren Schot niegene (neun) Drachenköppe liegen un luset de. Da nümmet he sinen Hirschfänger und hogget to, da siet de niegne Koppe awe. De Künigsdochter sprank up un fäl ünne um den Hals un drucket un piepete (küßte) ünn so viel, un nümmet ihr Bruststücke, dat wor von rauen Golle west, un henget ünne dat umme. Da geit he auck nach der tweiden Künigsdochter, de häd en Drachen mit sieven Köppe to lusen, un erlöset de auck, so de jungeste, de hadde en Drachen mit viere Köppen to lusen had, da geit he auck hinne. Do froget se sich alle so viel, un drucketen un piepeten ohne uphören. Da klingelte he sau harde, bis dat se owen hört. Da set he de Künigsdöchter ein nach der annern in den Korv un let se alle drei heruptrecken, wie nu an ünne de Riege kümmt, da fallet ün de Woore (Worte) von den Erdmänneken wier bie, dat et sine Gesellen mit ünne nig gut meinden. Da nümmet he en groten Stein, de da ligt, un legt ün in den Korv, ase de Korv da ungefähr bis in de Midde herup is, schnien de falsken Broer owen dat Strick af, dat de Korv mit den Stein up den Grund füll, un meinten, he wöre nu daude, un laupet mit de drei Künigsdöchter wege un latet sik dervan verspreken, dat se an ehren Vater seggen willt, dat se beiden se erlöset hädden; da kümmet se tom Künig un begert se tor Frugen. Unnerdies geit de jungeste Jägerbursche gans bedröwet in den drei Kammern herummer un denket, dat he nu wull sterwen möste, da süht he an der Wand ’n Fleutenpipe hangen‘ da segd he ‚worümme hengest du da wull, hier kann ja doch keiner lustig sin., He bekucket auck de Drachenköppe un segd ‚ju künnt mie nu auck nig helpen., He geit so mannigmal up un af spatzeren, dat de Erdboden davon glatt werd. Un et lest, da kriegt he annere Gedanken, da nümmet he de Fleutenpipen van der Wand un blest en Stücksken, up eenmahl kummet da so viele Erdmännekens, bie jeden Don, den he däht, kummt eint mehr: da blest he so lange dat Stücksken, bis det Zimmer stopte vull is. De fraget alle, wat sin Begeren wöre, da segd he, he wull geren wier up de Eere an Dages Licht, da fatten se ünne alle an, an jeden Spir (Faden) Haar, wat he up sinen K oppe hadde, un sau fleiget se mit ünne herupper bis up de Eere. Wie he owen is, geit he glick nach den Künigsschlott, wo grade de Hochtit mit der einen Künigsdochter sin sulle, un geit up den Zimmer, wo de Künig mit sinen drei Döchtern is. Wie ünne da de Kinner seihet, da wered se gans beschwämt (ohnmächtig). Da werd de Künig so böse und let ünne glick in een Gefängnisse setten, weil he meint, he hädde den Kinnern en Leid anne daen. Ase awer de Künigsdöchter wier to sik kummt, da biddet se so viel, he mogte ünne doch wier lose laten. Der Künig fraget se, worümme, da segd se, dat se dat nig vertellen dorften, awerst de Vaer, de segd, se sullen et den Owen (Ofen) vertellen. Da geit he herut un lustert an de Döre un hört alles. Da 1ät he de beiden an
en Galgen hängen, un den einen givt he de jungeste Dochter: un da trok ik en Paar gläserne Schohe an, un da stott ik an en Stein, da segd et ‚klink!, da wören se kaput.

Das Wasser des Lebens

Das Wasser des Lebens

Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte, daß er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schloßgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte: „Ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.“ Der älteste sagte: „Ich will es schon finden !“, ging zum kranken König und bat ihn, er möchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, denn das könnte ihn allein heilen. „Nein“, sprach der König, die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.“ Er bat aber so lange, bis der König einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen: Bringe ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste und erbe das Reich.

Also machte er sich auf, und als er eine Zeitlang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an und sprach: „Wo hinaus so geschwind ?“ „Dummer Knirps“, sagte der Prinz ganz stolz, „das brauchst du nicht zu wissen“, und ritt weiter. Das kleine Männchen aber war zornig geworden und hatte einen bösen Wunsch getan. Der Prinz geriet bald hernach in eine Bergschlucht, und je weiter er ritt, je enger taten sich die Berge zusammen, und endlich ward der Weg so eng, daß er keinen Schritt weiterkonnte; es war nicht möglich, das Pferd zu wenden oder aus dem Sattel zu steigen, und er saß da wie eingesperrt. Der kranke König wartete lange auf ihn, aber er kam nicht. Da sagte der zweite Sohn: „Vater, laßt mich ausziehen und das Wasser suchen !“ und dachte bei sich: Ist mein Bruder tot, so fällt das Reich mir zu. Der König wollte ihn anfangs auch nicht ziehen lassen, endlich gab er nach. Der Prinz zog also auf demselben Weg fort, den sein Bruder eingeschlagen hatte, und begegnete auch dem Zwerg, der ihn anhielt und fragte wohin er so eilig wollte. „Kleiner Knirps“, sagte der Prinz, „das brauchst du nicht zu wissen“, und ritt fort, ohne sich weiter umzusehen. Aber der Zwerg verwünschte ihn, und er geriet wie der andere in eine Bergschlucht und konnte nicht vorwärts und rückwärts. So geht’s aber den Hochmütigen. Als auch der zweite Sohn ausblieb, so erbot sich der jüngste, auszuziehen und das Wasser zu holen, und der König mußte ihn endlich ziehen lassen. Als er dem Zwerg begegnete und dieser fragte, wohin er so eilig wolle, so hielt er an, gab ihm Rede und Antwort und sagte: „Ich suche das Wasser des Lebens, denn mein Vater ist sterbenskrank.“ „Weißt du auch, wo das zu finden ist ?“ „Nein“, sagte der Prinz. „Weil du dich betragen hast, wie sich’s geziemt, nicht übermütig wie deine falschen Brüder, so will ich dir Auskunft geben und dir sagen, wie du zu dem Wasser des Lebens gelangst. Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses, aber du dringst nicht hinein, wenn ich dir nicht eine eiserne Rute gebe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Rute schlag dreimal an das eiserne Tor des Schlosses, so wird es aufspringen; inwendig liegen zwei Löwen, die den Rachen aufsperren, wenn du aber jedem ein Brot hinwirfst, so werden sie still, und dann eile dich und hol von dem Wasser des Lebens, bevor es zwölf schlägt, sonst schlägt das Tor wieder zu und du bist eingesperrt.“

Der Prinz dankte ihm, nahm die Rute und das Brot und machte sich auf den Weg. Und als er anlangte, war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Tor sprang beim dritten Rutenschlag auf, und als er die Löwen mit dem Brot besänftigt hatte, trat er in das Schloß und kam in einen großen, schönen Saal. Darin saßen verwünschte Prinzen, denen zog er die Ringe vom Finger, dann lag da ein Schwert und ein Brot, das nahm er weg. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin stand eine schöne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, küßte ihn und sagte, er hätte sie erlöst und sollte ihr ganzes Reich haben, und wenn er in einem Jahre wiederkäme, so sollte ihre Hochzeit gefeiert werden. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen wär‘ mit dem Lebenswasser; er müßte sich aber eilen und daraus schöpfen, eh‘ es zwölf schlüge. Da ging er weiter und kam endlich in ein Zimmer, wo ein schönes, frischgedecktes Bett stand, und weil er müde war? wollt‘ er erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich und schlief ein. Als er erwachte, schlug es drei Viertel auf zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem Brunnen, schöpfte daraus mit einem Becher, der daneben stand, und eilte, daß er fortkam. Wie er eben zum eisernen Tor hinausging, da schlug’s zwölf, und das Tor schlug so heftig zu, daß es ihm noch ein Stück von der Ferse wegnahm. Er aber war froh, daß er das Wasser des Lebens erlangt hatte, ging heimwärts und kam wieder an dem Zwerg vorbei. Als dieser das Schwert und das Brot sah, sprach er: „Damit hast du großes Gut gewonnen: mit dem Schwert kannst du ganze Heere schlagen, das Brot aber wird niemals all !“ Der Prinz wollte ohne seine Brüder nicht zu dem Vater nach Haus kommen und sprach: „Lieber Zwerg, kannst du mir nicht sagen, wo meine Brüder sind ? Sie sind früher als ich nach dem Wasser des Lebens ausgezogen und sind nicht wiedergekommen.“ „Zwischen zwei Bergen stecken sie eingeschlossen“, sprach der Zwerg, „dahin habe ich sie verwünscht, weil sie so übermütig waren.“ Da bat der Prinz so lange, bis der Zwerg sie wieder losließ; aber er warnte ihn und sprach: „Hüte dich vor ihnen, sie haben ein böses Herz !“ Als seine Brüder kamen, freute er sich und erzählte ihnen, wie es ihm ergangen wäre, daß er das Wasser des Lebens gefunden und einen Becher voll mitgenommen und eine schöne Prinzessin erlöst hätte, die wollte ein Jahr lang auf ihn warten, dann sollte Hochzeit gehalten werden, und er bekäme ein großes Reich. Danach ritten sie zusammen fort und gerieten in ein Land, wo Hunger und Krieg war, und der König glaubte schon, er müßte verderben, so groß war die Not. Da ging der Prinz zu ihm und gab ihm das Brot, womit er sein ganzes Reich speiste und sättigte; und dann gab ihm der Prinz auch das Schwert, damit schlug er die Heere seiner Feinde und konnte nun in Ruhe und Frieden leben. Da nahm der Prinz sein Brot und Schwert wieder zurück, und die drei Brüder ritten weiter. Sie kamen aber noch in zwei Länder, wo Hunger und Krieg herrschten, und da gab der Prinz den Königen jedesmal sein Brot und Schwert und hatte nun drei Reiche gerettet. Und danach setzten sie sich auf ein Schiff und fuhren übers Meer. Während der Fahrt, da sprachen die beiden ältesten unter sich: „Der jüngste hat das Wasser des Lebens gefunden und wir nicht, dafür wird ihm unser Vater das Reich geben, das uns gebührt, und er wird unser Glück wegnehmen.“ Da wurden sie rachsüchtig und verabredeten miteinander, daß sie ihn verderben wollten. Sie warteten, bis er einmal fest eingeschlafen war, da gossen sie das Wasser des Lebens aus dem Becher und nahmen es für sich, ihm aber gossen sie bitteres Meerwasser hinein.

Als sie nun daheim ankamen, brachte der jüngste dem kranken König seinen Becher, damit er daraus trinken und gesund werden sollte. Kaum aber hatte er ein wenig von dem bitteren Meerwasser getrunken, so ward er noch kränker als zuvor. Und wie er darüber jammerte, kamen die beiden ältesten Söhne und klagten den jüngsten an, er hätte ihn vergiften wollen, sie brächten ihm das rechte Wasser des Lebens, und reichten es ihm. Kaum hatte er davon getrunken so fühlte er seine Krankheit verschwinden und war stark und gesund wie in seinen jungen Tagen. Danach gingen die beiden zu dem jüngsten, verspotteten ihn und sagten: „Du hast zwar das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dir’s genommen, während du auf dem Meere eingeschlafen warst und übers Jahr, da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich, daß du nichts davon verrätst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dir’s geschenkt sein.“

Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte, er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urteil über ihn sprechen, daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermutete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm : „Lieber Jäger, was fehlt dir?“ Der Jäger sprach: „Ich kann’s nicht sagen und soll es doch.“ Da sprach der Prinz: „Sage heraus, was es ist, ich will dir’s verzeihen !“ „Ach !“ sagte der Jäger „ich soll Euch totschießen, der König hat mir’s befohlen.“ Da erschrak der Prinz und sprach: „Lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes !“ Der Jäger sagte: „Das will ich gerne tun, ich hätte doch nicht nach Euch schießen können.“ Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger ging heim, der Prinz aber ging weiter in den Wald hinein.

Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn; sie waren aber von den drei Königen geschickt, die mit des Prinzen Schwert die Feinde geschlagen und mit seinem Brot ihr Land ernährt hatten und die sich dankbar bezeigen wollten. Da dachte der alte König: Sollte mein Sohn unschuldig gewesen sein? und sprach zu seinen Leuten: „Wäre er noch am Leben, wie tut mir’s so leid, daß ich ihn habe töten lassen !“ „Er lebt noch“, sprach der Jäger, „ich konnte es nicht übers Herz bringen, Euren Befehl auszuführen“, und sagte dem König, wie es zugegangen war. Da fiel dem König ein Stein vom Herzen, und er ließ in allen Reichen verkündigen, sein Sohn dürfte wiederkommen und sollte in Gnaden aufgenommen werden.

Die Königstochter aber ließ eine Straße vor ihrem Schloß machen, die war ganz golden und glänzend, und sagte ihren Leuten, wer darauf geradewegs zu ihr geritten käme, das wäre der Rechte und den sollten sie einlassen, wer aber daneben käme, der wäre der Rechte nicht und den sollten sie auch nicht einlassen. Als nun die Zeit bald herum war, dachte der älteste, er wollte sich eilen, zur Königstochter gehen und sich für ihren Erlöser ausgeben, da bekäme er sie zur Gemahlin und das Reich daneben. Also ritt er fort, und als er vor das Schloß kam und die schöne goldene Straße sah, dachte er: Das wäre jammerschade, wenn du darauf rittest, lenkte ab und ritt rechts nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute zu ihm, er wäre der Rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Bald darauf machte sich der zweite Prinz auf, und wie der zur goldenen Straße kam und das Pferd den einen Fuß darauf gesetzt hatte, dachte er: Es wäre jammerschade, das könnte etwas abtreten, lenkte ab und ritt links nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute, er wäre der Rechte nicht, er sollte wieder fortgehen.

Als nun das Jahr ganz herum war, wollte der dritte aus dem Walde fort zu seiner Liebsten reiten und bei ihr sein Leid vergessen. Also machte er sich auf und dachte immer an sie und wäre gerne schon bei ihr gewesen und sah die goldene Straße gar nicht. Da schritt sein Pferd mitten darüber hin, und als er vor das Tor kam, ward es aufgetan, und die Königstochter empfing ihn mit Freuden und sagte, er wäre ihr Erlöser und der Herr des Königreichs, und ward die Hochzeit gehalten mit großer Glückseligkeit. Und als sie vorbei war, erzählte sie ihm, daß sein Vater ihn zu sich entboten und ihm verziehen hätte. Da ritt er hin und sagte ihm alles, wie seine Brüder ihn betrogen und er doch dazu geschwiegen hätte. Der alte König wollte sie strafen, aber sie hatten sich aufs Meer gesetzt und waren fortgeschifft und kamen ihr Lebtag nicht wieder.

Das Waldhaus

Das Waldhaus

Ein armer Holzhauer lebte mit seiner Frau und drei Töchtern in einer kleinen Hütte an dem Rande eines einsamen Waldes. Eines Morgens, als er wieder an seine Arbeit wollte, sagte er zu seiner Frau: „Laß mir ein Mittagsbrot von dem ältesten Mädchen hinaus in den Wald bringen, ich werde sonst nicht fertig. Und damit es sich nicht verirrt“, setzte er hinzu, „so will ich einen Beutel mit Hirse mitnehmen und die Körner auf den Weg streuen.“

Als nun die Sonne mitten über dem Walde stand, machte sich das Mädchen mit einem Topf voll Suppe auf den Weg. Aber die Feld- und Waldsperlinge, die Lerchen und Finken, Amseln und Zeisige hatten die Hirse schon längst aufgepickt, und das Mädchen konnte die Spur nicht finden. Da ging es auf gut Glück immer fort, bis die Sonne sank und die Nacht einbrach. Die Bäume rauschten in der Dunkelheit, die Eulen schnarrten, und es fing an, ihm angst zu werden. Da erblickte es in der Ferne ein Licht, das zwischen den Bäumen blinkte. Dort sollten wohl Leute wohnen, dachte es, die mich über Nacht behalten, und ging auf das Licht zu. Nicht lange, so kam es an ein Haus, dessen Fenster erleuchtet waren. Es klopfte an, und eine rauhe Stimme rief von innen: „Herein !“ Das Mädchen trat auf die dunkle Diele und pochte an die Stubentür. „Nur herein“, rief die Stimme, und als es öffnete, saß da ein alter, eisgrauer Mann an dem Tisch, hatte das Gesicht auf die beiden Hände gestützt, und sein weißer Bart floß über den Tisch herab fast bis auf die Erde. Am Ofen aber lagen drei Tiere, ein Hühnchen, ein Hähnchen und eine buntgescheckte Kuh. Das Mädchen erzählte dem Alten sein Schicksal und bat um ein Nachtlager. Der Mann sprach:

„Schön Hühnchen,

Schön Hähnchen

Und du schöne bunte Kuh,

Was sagst du dazu ?“

„Duks !“ antworteten die Tiere, und das mußte wohl heißen „wir sind es zufrieden«, denn der Alte sprach weiter: „Hier ist Hülle und Fülle, geh hinaus an den Herd und koch uns ein Abendessen. Das Mädchen fand in der Küche Überfluß an allem und kochte eine gute Speise, aber an die Tiere dachte es nicht. Es trug die volle Schüssel auf den Tisch, setzte sich zu dem grauen Mann, aß und stillte seinen Hunger. Als es satt war, sprach es: „Aber jetzt bin ich müde, wo ist ein Bett, in das ich mich legen und schlafen kann ?“ Die Tiere antworteten:

„Du hast mit ihm gegessen,

Du hast mit ihm getrunken,

Du hast an uns gar nicht gedacht,

Nun sieh auch. wo du bleibst die Nacht.“

Da sprach der Alte: „Steig nur die Treppe hinauf, so wirst du eine Kammer mit zwei Betten finden, schüttle sie auf und decke sie mit weißem Linnen, so will ich auch kommen und mich schlafen legen.“ Das Mädchen stieg hinauf, und als es die Betten geschüttelt und frisch gedeckt hatte, da legte es sich in das eine, ohne weiter auf den Alten zu warten. Nach einiger Zeit aber kam der graue Mann, beleuchtete das Mädchen mit dem Licht und schüttelte den Kopf. Und als er sah, daß es fest eingeschlafen war, öffnete er eine Falltüre und ließ es in den Keller sinken.

Der Holzhauer kam am späten Abend nach Haus und machte seiner Frau Vorwürfe, daß sie ihn den ganzen Tag habe hungern lassen. „Ich habe keine Schuld“, antwortete sie, „das Mädchen ist mit dem Mittagessen hinausgegangen, es muß sich verirrt haben; morgen wird es schon wiederkommen.“ Vor Tag aber stand der Holzhauer auf, wollte in den Wald, verlangte, die zweite Tochter solle ihm diesmal das Essen bringen. „Ich will einen Beutel mit Linsen mitnehmen“, sagte er, „die Körner sind größer als Hirse, das Mädchen wird sie besser sehen und kann den Weg nicht verfehlen.“ Zur Mittagszeit trug auch das Mädchen die Speise hinaus, aber die Linsen waren verschwunden: die Waldvögel hatten sie, wie am vorigen Tag, aufgepickt und keine übriggelassen. Das Mädchen irrte im Walde umher, bis es Nacht ward, da kam es ebenfalls zu dem Haus des Alten, ward hereingerufen und bat um Speise und Nachtlager. Der Mann mit dem weißen Barte fragte wieder die Tiere :

„Schön Hühnchen,

schön Hähnchen

Und du schöne bunte Kuh,

Was sagst du dazu ?“

Die Tiere antworteten abermals: „Duks !“, und es geschah alles wie am vorigen Tag. Das Mädchen kochte eine gute Speise, aß und trank mit dem Alten und kümmerte sich nicht um die Tiere. Und als es sich nach seinem Nachtlager erkundigte, antworteten sie:

„Du hast, mit ihm gegessen,

Du hast mit ihm getrunken,

Du hast an uns gar nicht gedacht,

Nun sieh auch, wo du bleibst die Nacht.“

Als es eingeschlafen war, kam der Alte, betrachtete es mit Kopfschütteln und ließ es in den Keller hinab. Am dritten Morgen sprach der Holzhacker zu seiner Frau: „Schick unser jüngstes Kind mit dem Essen hinaus, das ist immer gut und gehorsam gewesen, das wird auf dem rechten Weg bleiben und nicht wie seine Schwestern, die wilden Hummeln, herumschwärmen.“ Die Mutter wollte nicht und sprach: „Soll ich mein liebstes Kind auch noch verlieren ?“ „Sei ohne Sorge“, antwortete er, „das Mädchen verirrt sich nicht, es ist zu klug und verständig; zum Überfluß will ich Erbsen mitnehmen und ausstreuen, die sind noch größer als Linsen und werden ihm den Weg zeigen.“ Aber als das Mädchen mit dem Korb am Arm hinauskam, so hatten die Waldtauben die Erbsen schon im Kropf, und es wußte nicht, wohin es sich wenden sollte. Es war voll Sorgen und dachte beständig daran, wie der arme Vater hungern und die gute Mutter jammern würde, wenn es ausblieb. Endlich, als es finster ward, erblickte es das Lichtchen und kam an das Waldhaus. Es bat ganz freundlich, sie möchten es über Nacht beherbergen, und der Mann mit dem weißen Bart fragte wieder seine Tiere:

„Schön Hühnchen,

Schön Hähnchen

Und du schöne bunte Kuh,

Was sagst du dazu?“

„Duks !“ sagten sie. Da trat das Mädchen an den Ofen, wo die Tiere lagen, und liebkoste Hühnchen und Hähnchen, indem es mit der Hand über die glatten Federn hinstrich, und die bunte Kuh kraute es zwischen den Hörnern. Und als es auf Geheiß des Alten eine gute Suppe bereitet hatte und die Schüssel auf dem Tisch stand, so sprach es: „Soll ich mich sättigen, und die guten Tiere sollen nichts haben? Draußen ist die Hülle und Fülle, erst will ich für sie sorgen.“ Da ging es, holte Gerste und streute sie dem Hühnchen und Hähnchen vor und brachte der Kuh wohlriechendes Heu, einen ganzen Arm voll. „Laßt’s euch schmecken, ihr lieben Tiere“, sagte es, „und wenn ihr durstig seid, sollt ihr auch einen frischen Trunk haben.“ Dann trug es einen Eimer voll Wasser herein, und Hühnchen und Hähnchen sprangen auf den Rand, steckten den Schnabel hinein und hielten den Kopf dann in die Höhe, wie die Vögel trinken, und die bunte Kuh tat auch einen herzhaften Zug. Als die Tiere gefüttert waren, setzte sich das Mädchen zu dem Alten an den Tisch und aß, was er ihm übriggelassen hatte. Nicht lange, so fing das Hühnchen und Hähnchen an, das Köpfchen zwischen die Flügel zu stecken, und die bunte Kuh blinzelte mit den Augen. Da sprach das Mädchen: „Sollen wir uns nicht zur Ruhe begeben?“

„Schön Hühnchen,

Schön Hähnchen

Und du schöne, bunte Kuh,

Was sagst du dazu ?“

Die Tiere antworteten: „Duks,
Du hast mit uns gegessen,

Du hast mit uns getrunken,

Du hast uns alle wohlbedacht,

Wir wünschen dir eine gute Nacht.“

Da ging das Mädchen die Treppe hinauf, schüttelte die Federkissen und deckte frisches Linnen auf, und als es fertig war, kam der Alte und legte sich in das eine Bett, und sein weißer Bart reichte ihm bis an die Füße. Das Mädchen legte sich in das andere, tat sein Gebet und schlief ein.Es schlief ruhig bis Mitternacht, da ward es so unruhig in dem Hause, daß das Mädchen erwachte. Da fing es an, in den Ecken zu knittern und zu knattern, und die Türe sprang auf und schlug an die Wand; die Balken dröhnten, als wenn sie aus ihren Fugen gerissen würden, und es war, als wenn die Treppe herabstürzte, und endlich krachte es, als wenn das ganze Dach zusammenfiele. Da es aber wieder still ward und dem Mädchen nichts zuleid geschah, so blieb es ruhig liegen und schlief wieder ein.Als es aber am Morgen bei hellem Sonnenschein aufwachte, was erblickten seine Augen ? Es lag in einem großen Saal, und ringsumher glänzte alles in königlicher Pracht: An den Wänden wuchsen auf grünseidenem Grund goldene Blumen in die Höhe, das Bett war von Elfenbein und die Decke darauf von rotem Samt, und auf einem Stuhl daneben stand ein Paar mit Perlen gestickte Pantoffeln.Das Mädchen glaubte, es wäre ein Traum, aber es traten drei reichgekleidete Diener herein und fragten, was es zu befehlen hätte. „Geht nur“, antwortete das Mädchen „ich will gleich aufstehen und dem Alten eine Suppe kochen und dann auch schön Hühnchen, schön Hähnchen und die schöne bunte Kuh füttern.“ Es dachte, der Alte wäre schon aufgestanden, und sah sich nach seinem Bette um, aber er lag nicht darin, sondern ein fremder Mann. Und als es ihn betrachtete und sah, daß er jung und schön war, erwachte er, richtete sich auf und sprach: „Ich bin ein Königssohn und war von einer bösen Hexe verwünscht worden, als ein alter, eisgrauer Mann in dem Wald zu leben, niemand durfte um mich sein als meine drei Diener in der Gestalt eines Hühnchens, eines Hähnchens und einer bunten Kuh. Und nicht eher sollte die Verwünschung aufhören, als bis ein Mädchen zu uns käme, so gut von Herzen, daß es nicht nur gegen die Menschen allein, sondern auch gegen die Tiere sich liebreich bezeigte, und das bist du gewesen, und heute um Mitternacht sind wir durch dich erlöst und das alte Waldhaus ist wieder in meinen königlichen Palast verwandelt worden.“ Und als sie aufgestanden waren, sagte der Königssohn den drei Dienern, sie sollten hinausfahren und Vater und Mutter des Mädchens zur Hochzeit herbeiholen. „Aber wo sind meine zei Schwestern ?“ Fragte das Midchen. „Die habe ich in den Keller gesperrt, und morgen sollen sie in den Wald geführt werden und sollen be; dem Köhler so lange aIs Mägde dienen, bis sie sich gebessert haben und auch die armen Tiere nicht hungern lassen. „

Das Unglück

Das Unglück

Wen das Unglück aufsucht, der mag sich aus einer Ecke in die andere verkriechen, oder ins weite Feld fliehen, es weiß ihn dennoch zu finden. Es war einmal ein Mann so arm geworden, daß er kein Scheit Holz mehr hatte, um das Feuer auf seinem Herde zu erhalten. Da gieng er hinaus in den Wald, und wollte einen Baum fällen, aber sie waren alle zu groß und stark : er gieng immer tiefer hinein, endlich fand er einen, den er wohl bezwingen konnte. Als er eben die Axt aufgehoben hatte, sah er aus dem Dickicht eine Schar Wölfe hervorbrechen, und mit Geheul auf ihn eindringen. Er warf die Axt hin, floh und erreichte eine Brücke. Das tiefe Wasser aber hatte die Brücke unterwühlt, und in dem Augenblick, wo er darauf treten wollte, krachte sie, und fiel zusammen. Was sollte er thun ? Blieb er stehen, und erwartete die Wölfe, so zerrissen sie ihn. Er wagte in der Noth einen Sprung in das Wasser, aber da er nicht schwimmen konnte, sank er hinab. Ein paar Fischer, die an dem jenseitigen Ufer saßen, sahen den Mann ins Wasser stürzen, schwammen herbei, und brachten ihn ans Land. Sie lehnten ihn an eine alte Mauer, damit er sich in der Sonne erwärmen und wieder zu Kräften kommen sollte. Als er aber aus der Ohnmacht erwachte, den Fischern danken und ihnen sein Schicksal erzählen wollte, fiel das Gemäuer über ihn zusammen, und erschlug ihn.

Das Totenhemdchen

Das Totenhemdchen

Es hatte eine Mutter ein Büblein von sieben Jahren, das war so schön und lieblich, daß es niemand ansehen konnte, ohne mit ihm gut zu sein, und sie hatte es auch lieber als alles auf der Welt. Nun geschah es, daß es plötzlich krank ward, und der liebe Gott es zu sich nahm; darüber konnte sich die Mutter nicht trösten und weinte Tag und Nacht. Bald darauf aber, nachdem es begraben war, zeigte sich das Kind nachts an den Plätzen, wo es sonst im Leben gesessen und gespielt hatte; weinte die Mutter, so weinte es auch, und wenn der Morgen kam, war es verschwunden. Als aber die Mutter gar nicht aufhören wollte zu weinen, kam es in einer Nacht mit seinem weißen Totenhemdchen, in welchem es in den Sarg gelegt war, und mit dem Kränzchen auf dem Kopf, setzte sich zu ihren Füßen auf das Bett und sprach ‚ach Mutter, höre doch auf zu weinen, sonst kann ich in meinem Sarge nicht einschlafen, denn mein Totenhemdchen wird nicht trocken von deinen Tränen, die alle darauf fallen.‘ Da erschrak die Mutter, als sie das hörte, und weinte nicht mehr. Und in der andern Nacht kam das Kindchen wieder, hielt in der Hand ein Lichtchen und sagte ’siehst du, nun ist mein Hemdchen bald trocken, und ich habe Ruhe in meinem Grab.‘ Da befahl die Mutter dem lieben Gott ihr Leid und ertrug es still und geduldig, und das Kind kam nicht wieder, sondern schlief in seinem unterirdischen Bettchen.