Der Schatzgräber
Der Schatzgräber
Wenn alle Wälder schliefen, Er an zu graben hub, Rastlos in Berges Tiefen Nach einem Schatz er grub. Die Engel Gottes sangen »Und wirst doch mein!« und grimmer Hohnlachen wild erschallte |
Wenn alle Wälder schliefen, Er an zu graben hub, Rastlos in Berges Tiefen Nach einem Schatz er grub. Die Engel Gottes sangen »Und wirst doch mein!« und grimmer Hohnlachen wild erschallte |
Wenn ins Land die Wetter hängen Und der Mensch erschrocken steht, Wendet, wie mit Glockenklängen, Die Gewitter Dein Gebet, Und wo aus den grauen Wogen Weinend auftaucht das Gefild, Segnest Du’s vom Regenbogen – Mutter, ach, wie bist Du mild! Wenns einst dunkelt auf den Gipfeln |
Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängts schon an zu blühn.
Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mirs doch, als könnts nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagens,
Und in Träumen rauschts der Hain,
Und die Nachtigallen schlagens:
Sie ist Deine, sie ist dein!
(Joseph von Eichendorff)
Joseph von Eichendorff
Mich brennts an meinen Reiseschuhn,
Fort mit der Zeit zu schreiten –
Was wollen wir agieren nun
Vor so viel klugen Leuten?
Es hebt das Dach sich von dem Haus
Und die Kulissen rühren
Und strecken sich zum Himmel ‚raus,
Strom, Wälder musizieren!
Und aus den Wolken langt es sacht,
Stellt alles durcheinander,
Wie sichs kein Autor hat gedacht:
Volk, Fürsten und Dryander.
Da gehn die einen müde fort,
Die andern nahn behende,
Das alte Stück, man spielts so fort
Und kriegt es nie zu Ende.
Und keiner kennt den letzten Akt
Von allen, die da spielen,
Nur der da droben schlägt den Takt,
Weiß, wo das hin will zielen.
Du liebe, treue Laute,
Wie manche Sommernacht,
Bis daß der Morgen graute,
Hab‘ ich mit dir durchwacht!
Die Täler, wieder nachten,
Schon sinkt das Abendrot,
Doch die sonst mit uns wachten,
Die liegen lange tot.
Was wollen wir nun singen
Hier in der Einsamkeit,
Wenn alle von uns gingen,
Die unser Lied erfreut‘?
Wir wollen dennoch singen!
So still ist’s auf der Welt;
Wer weiß, die Lieder dringen
Vielleicht zum Sternezelt.
Wer weiß, die da gestorben,
Sie hören droben mich
Und öffnen leis‘ die Pforten
Und nehmen uns zu sich.
Von kühnen Wunderbildern Ein großer Trümmerhauf, In reizendem Verwildern Ein blühnder Garten drauf; Versunknes Reich zu Füßen, Wenn Frühlingslüfte wehen Da will sichs unten rühren Verwirrend in den Bäumen Und unterm duftgen Schleier, Frau Venus hört das Locken, Sie sucht die alten Stellen, Doch öd sind nun die Stellen, Wo sind nun die Gespielen? Zuweilen nur Sirenen Sie selbst muß sinnend stehen Denn über Land und Wogen Ein Kindlein in den Armen Da in den lichten Räumen Und, wie die Lerche singend, |
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
Wie steigst du von den Bergen sacht,
Die Lüfte alle schlafen,
Ein Schiffer nur noch, wandermüd‘,
Singt übers Meer sein Abendlied
Zu Gottes Lob im Hafen.
Die Jahre wie die Wolken gehn
Und lassen mich hier einsam stehn,
Die Welt hat mich vergessen,
Da tratst du wunderbar zu mir,
Wenn ich beim Waldesrauschen hier
Gedankenvoll gesessen.
O Trost der Welt, du stille Nacht!
Der Tag hat mich so müd‘ gemacht,
Das weite Meer schon dunkelt,
Laß ausruhn mich von Lust und Not,
Bis daß das ew’ge Morgenrot
Den stillen Wald durchfunkelt.
Gar oft schon fühlt ichs tief, des Mädchens Seele Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren. Da irrt sie nun verstoßen und verloren, Schickt heimlich Blicke schön als Boten aus, Daß sie auf Erden suchen ihr ein Haus. Sie schlummert in der Schwüle, leicht bedeckt, Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise, Doch die Gedanken sind fern auf der Reise, Und auf den Wangen flattert träumrisch Feuer, Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier. Der Mann, der da zum erstenmal sie weckt, Zuerst hinunterlangt in diese Stille, Dem fällt sie um den Hals vor Freude bang Und läßt ihn nicht mehr all ihr Lebelang. |
1 | ||
Was wollen mir vertraun die blauen Weiten, Des Landes Glanz, die Wirrung süßer Lieder, Mir ist so wohl, so bang! Seid ihr es wieder Der frommen Kindheit stille Blumenzeiten? Wohl weiß ichs – dieser Farben heimlich Spreiten Mir ist in solchen linden, blauen Tagen, So wart ich still, schau in den Frühling milde, |
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2 |
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Wenn du am Felsenhange standst alleine, Unten im Walde Vögel seltsam sangen Und Hörner aus der Ferne irrend klangen, Als ob die Heimat drüben nach dir weine, Wars niemals da, als rief die Eine, Deine? Gebirge dunkelblau steigt aus der Ferne, Geheimnisvoll gehn oben goldne Sterne, |
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2 |
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Durchs Leben schleichen feindlich fremde Stunden, Wo Ängsten aus der Brust hinunterlauschen, Verworrne Worte mit dem Abgrund tauschen, Drin bodenlose Nacht nur ward erfunden. Wohl ist des Dichters Seele stumm verbunden O Herr! du kennst allein den treuen Willen, Und wie ich schreibe hier, den Schmerz zu stillen, |
1 | |
Was ist mir denn so wehe? Es liegt ja wie im Traum Der Grund schon, wo ich stehe, Die Wälder säuseln kaum Noch von der dunklen Höhe. |
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2 |
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Das ists, was mich ganz verstöret: Daß die Nacht nicht Ruhe hält, Wenn zu atmen aufgehöret Lange schon die müde Welt. Daß die Glocken, die da schlagen, Daß mein Herz nicht konnte brechen |
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3 |
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Von fern die Uhren schlagen, Es ist schon tiefe Nacht, Die Lampe brennt so düster, Dein Bettlein ist gemacht. Die Winde nur noch gehen Es ist, als müßtest leise Wir armen, armen Toren! |
Hoch mit den Wolken geht der Vögel Reise, Die Erde schläfert, kaum noch Astern prangen, Verstummt die Lieder, die so fröhlich klangen, Und trüber Winter deckt die weiten Kreise. Die Wanduhr pickt, im Zimmer singet leise So mild ist oft das Alter mir erschienen: Ans Fenster klopft ein Bot‘ mit frohen Mienen, |
Wär’s dunkel, ich läg‘ im Walde,
Im Walde rauscht’s so sacht,
Mit ihrem Sternenmantel
Bedeckt mich da die Nacht.
Da kommen die Bächlein gegangen,
ob ich schon schlafen tu?
Ich schlaf nicht, ich hör noch lang
Den Nachtigallen zu.
Wenn die Wipfel über mir schwanken,
Das klingt die ganze Nacht.
Das sind im Herzen die Gedanken,
Die singen, wenn niemand mehr wacht.
Joseph von Eichendorff
Es zog eine Hochzeit den Berg entlang,
Ich hörte die Vögel schlagen,
Da blitzten viel Reiter, das Waldhorn klang,
Das war ein lustiges Jagen!
Und eh ichs gedacht, war alles verhallt,
Die Nacht bedecket die Runde,
Nur von den Bergen noch rauschet der Wald
Und mich schauert im Herzensgrunde.
Joseph von Eichendorff
Da fahr ich still im Wagen,
Du bist so weit von mir,
Wohin er mich mag tragen,
Ich bleibe doch bei dir.
Da fliegen Wälder, Klüfte
Und schöne Täler tief,
Und Lerchen hoch in den Lüften,
Als ob dein Stimme rief‘.
Die Sonne lustig scheinet
Weit über das Revier,
Ich bin so froh verweinet
Und singe still in mir.
Vom Berge gehts hinunter,
Das Posthorn schallt im Grund,
Mein Seel wird mir so munter,
Grüß dich aus Herzensgrund.
Ich geh durch die dunklen Gassen
Und wandre von Haus zu Haus,
Ich kann mich noch immer nicht fassen,
Sieht alles so trübe aus.
Da gehen viel Männer und Frauen,
Die alle so lustig sehn,
Die fahren und lachen und bauen,
Daß mir die Sinne vergehn.
Oft wenn ich bläuliche Streifen
Seh über die Dächer fliehn,
Sonnenschein draußen schweifen,
Wolken am Himmel ziehn:
Da treten mitten im Scherze
Die Tränen ins Auge mir,
Denn die mich lieben von Herzen
Sind alle so weit von hier.
Lied, mit Tränen halb geschrieben,
Dorthin über Berg und Kluft,
Wo die Liebste mein geblieben,
Schwing dich durch die blaue Luft!
Ist sie rot und lustig, sage:
Ich sei krank von Herzensgrund;
Weint sie nachts, sinnt still bei Tage,
Ja, dann sag: ich sei gesund!
Ist vorbei ihr treues Lieben,
Nun, so end auch Lust und Not,
Und zu allen, die mich lieben,
Flieg und sage: ich sei tot!
Ach Liebchen, dich ließ ich zurücke,
Mein liebes, herziges Kind,
Da lauern viel Menschen voll Tücke,
Die sind dir so feindlich gesinnt.
Die möchten so gerne zerstören
Auf Erden das schöne Fest,
Ach, könnte das Lieben aufhören,
So mögen sie nehmen den Rest.
Und alle die grünen Orte,
Wo wir gegangen im Wald,
Die sind nun wohl anders geworden,
Da ists nun so still und kalt.
Da sind nun am kalten Himmel
Viel tausend Sterne gestellt,
Es scheint ihr goldnes Gewimmel
Weit übers beschneite Feld.
Mein‘ Seele ist so beklommen,
Die Gassen sind leer und tot,
Da hab ich die Laute genommen
Und singe in meiner Not.
Ach, wär ich im stillen Hafen!
Kalte Winde am Fenster gehn,
Schlaf ruhig, mein Liebchen, schlafe,
Treu‘ Liebe wird ewig bestehn!
Grün war die Weide,
Der Himmel blau,
Wir saßen beide
Auf glänzender Au.
Sinds Nachtigallen
Wieder, was ruft,
Lerchen, die schallen
Aus warmer Luft?
Ich hör die Lieder,
Fern, ohne dich,
Lenz ists wohl wieder,
Doch nicht für mich.
Wolken, wälderwärts gegangen,
Wolken, fliegend übers Haus,
Könnt ich an euch fest mich hangen,
Mit euch fliegen weit hinaus!
Tag’lang durch die Wälder schweif ich,
Voll Gedanken sitz ich still,
In die Saiten flüchtig greif ich,
Wieder dann auf einmal still.
Schöne, rührende Geschichten
Fallen ein mir, wo ich steh,
Lustig muß ich schreiben, dichten,
Ist mir selber gleich so weh.
Manches Lied, das ich geschrieben
Wohl vor manchem langen Jahr,
Da die Welt vom treuen Lieben
Schön mir überglänzet war;
Find ichs wieder jetzt voll Bangen:
Werd ich wunderbar gerührt,
Denn so lang ist das vergangen,
Was mich zu dem Lied verführt.
Diese Wolken ziehen weiter,
Alle Vögel sind erweckt,
Und die Gegend glänzet heiter,
Weit und fröhlich aufgedeckt.
Regen flüchtig abwärts gehen,
Scheint die Sonne zwischendrein,
Und dein Haus, dein Garten stehen
Überm Wald im stillen Schein.
Und du harrst nicht mehr mit Schmerzen,
Wo so lang dein Liebster sei –
Und mich tötet noch im Herzen
Dieser Schmerzen Zauberei.
Joseph von Eichendorff
Sinds die Häuser, sinds die Gassen?
Ach, ich weiß nicht wo ich bin!
Hab ein Liebchen hier gelassen,
Und manch Jahr ging seitdem hin.
Aus den Fenstern schöne Frauen
Sehn mir freundlich ins Gesicht,
Keine kann so frischlich schauen,
Als mein liebes Liebchen sicht.
An dem Hause poch ich bange –
Doch die Fenster stehen leer,
Ausgezogen ist sie lange,
Und es kennt mich keiner mehr.
Und ringsum ein Rufen, Handeln,
Schmucke Waren, bunter Schein,
Herrn und Damen gehn und wandeln
Zwischendurch in bunten Reihn.
Zierlich Bücken, freundlich Blicken,
Manches flüchtge Liebeswort,
Händedrücken, heimlich Nicken –
Nimmt sie all der Strom mit fort.
Und mein Liebchen sah ich eben
Traurig in dem lustgen Schwarm,
Und ein schöner Herr daneben
Führt‘ sie stolz und ernst am Arm.
Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltsam schaut‘ sie stumm und lange,
Lange noch auf mich zurück. –
Und es endet Tag und Scherzen,
Durch die Gassen pfeift der Wind –
Keiner weiß, wie unsre Herzen
Tief von Schmerz zerrissen sind.
Es ist ein Land, wo die Philister thronen, Die Krämer fahren und das Grün verstauben, Die Liebe selber altklug feilscht mit Hauben – Herr Gott, wie lang willst du die Brut verschonen! Es ist ein Wald, der rauscht mit grünen Kronen, Dort will ich nächtlich auf die Krämer lauern Hoch soll sie stehn auf grünen Felsenmauern, |
Dein Bildnis wunderselig
Hab ich im Herzensgrund,
Das sieht so frisch und fröhlich
Mich an zu jeder Stund.
Mein Herz still in sich singet
Ein altes schönes Lied,
Das in die Luft sich schwinget
Und zu dir eilig zieht.