In einem geselligen Kreis bei Gelegenheit einer verlorenen Wette

Joseph Freiherr von Eichendorff

Mandelkerngedicht

In einem geselligen Kreis bei Gelegenheit einer verlorenen Wette

Zwischen Akten, dunklen Wänden

bannt mich Freiheitbegehrenden

nun des Lebens strenge Pflicht,

und aus Schränken, Aktenschichten

lachen mir die beleidigten

Musen in das Amtsgesicht.

Als an Lenz und Morgenröte

noch das Herz sich erlabete,

o du stilles heitres Glück!

Wie ich auch nun heiß mich sehne.

Ach, aus dieser Sandebene

führt kein Weg dahin zurück

Als der letzte Balkentreter

steh‘ ich armer Enterbeter

in des Staates Symphonie,

ach, in diesem Schwall von Tönen

wo fänd ich da des eigenen

Herzens süße Melodie?

Ein Gedicht soll ich euch spenden:

Nun, so geht mit dem Leidenden

nicht so strenge ins Gericht!

Nehmt den Willen für Gewährung.,

kühnen Reim für Begeisterung,

diesen Unsinn als Gedicht !

Der irre Spielmann

Joseph von Eichendorff

Aus stiller Kindheit unschuldiger Hut
Trieb mich der tolle, frevelnde Mut.
Seit ich da draußen so frei nun bin,
Find ich nicht wieder nach Hause mich hin.

Durchs Leben jag ich manch trügrisch Bild,
Wer ist der Jäger da? Wer ist das Wild?
Es pfeift der Wind mir schneidend durchs Haar,
Ach Welt, wie bist du so kalt und klar!

Du frommes Kindlein im stillen Haus,
Schau nicht so lüstern zum Fenster hinaus!
Frag mich nicht, Kindlein, woher und wohin?
Weiß ich doch selber nicht, wo ich bin!

Von Sünde und Reue zerrissen die Brust,
Wie rasend in verzweifelter Lust,
Brech ich im Fluge mir Blumen zum Strauß,
Wird doch kein fröhlicher Kranz daraus! –

Ich möcht in den tiefsten Wald wohl hinein,
Recht aus der Brust den Jammer zu schrein,
Ich möchte reiten ans Ende der Welt,
Wo der Mond und die Sonne hinunterfällt.

Wo schwindelnd beginnt die Ewigkeit,
Wie ein Meer, so erschrecklich still und weit,
Da sinken all Ström und Segel hinein,
Da wird es wohl endlich auch ruhig sein.

Möcht wissen, was sie schlagen

Möcht wissen, was sie schlagen
So schön bei der Nacht,
’s ist in der Welt ja doch niemand,
Der mit ihnen wacht.

Und die Wolken, die reisen,
Und das Land ist so blaß,
Und die Nacht wandelt leise
Durch den Wald übers Gras.

Nacht, Wolken, wohin sie gehen,
Ich weiß es recht gut,
Liegt ein Grund hinter den Höhen,
Wo meine Liebste jetzt ruht.

Zieht der Einsiedel sein Glöcklein,
Sie höret es nicht,
Es fallen ihre Löcklein
Übers ganze Gesicht.

Und daß sie niemand erschrecket,
Der liebe Gott hat sie hier
Ganz mit Mondschein bedecket,
Da träumt sie von mir.