Tommaso Campanella (1568 – 1639)

Der italienische Philosoph und Sozialutopist Tommaso Campanella (auch: Thomas Campanella) wurde von der spanischen Herrschaft in großen Teilen Süditaliens beeinflußt. Mit 15 Jahren trat er dem Dominikanerordern bei und studierte Theologie sowie Philosophie.

Den Ausschlag für seine Verurteilung zu lebenslänglischer Haft gab wohl die Anklage wegen seiner führenden Rolle bei der Verschwörung gegen die spanische Fremdherrschaft während des Kalabresischen Aufstandes 1598/1599. Ab 1603 verbrachte Campanella viele Jahre im Kerker. Erst 1634 konnte der inzwischen 60jährige auf Verwendung von dem mit Frankreich gegen Spanien paktierenden Papst Urban VIII. die Freiheit erlangen und ging nach Paris ins Asyl.

Schon in seiner Jugend entstanden Texte, in denen Campanella an die senualistische Erkenntnistheorie von Telesio anknüpfte.

Alles Denken, logische Schließen, Vorstellen und Erinnern ist lediglich variiertes Empfinden. Nur aus der unmittelbaren Erfahrung, aus der Befindlichkeit des Subjektes, bestimmt sich die fundamentale Wahrheit, die Selbstgewißheit.

Camapanella unterscheidet drei Wesenskräfte (Primalitäten) bzw. Verhaltensstrukturen: Können, Wissen und Wollen. Diesen entsprechen Macht, Weisheit und Liebe.

Solange die Primalitäten im Endlichen befangen sind, wird ihr jeweiliges Gegenteil (Ohnmacht, Torheit, Haß) ebenfalls wirksam.

In der gewöhnlich und begrenzt erfahrenen Wirklichkeit wohnt demnach dem Seienden das Nichtseiende bei. Erst bei ihrem Vordringen ins Unendliche schwinden die negativen Seiten von Können, Wissen und Liebe. Der elementare Dualismus wird aufgehoben.

Auf höherer Bestimmungsebene entsprechen den drei Primalitäten die drei Kategorien Kausalität (necessitas), die den Vorgängen in der Welt notwendig zugrunde liegt, das gute Geschick (fatum), das zur Liebe führt, und die gefügte Ordnung (harmonia), die aus der Liebe entsteht.

Den Kausalitäten wird der Zufall (contingentia) gegenübergestellt, dem Geschick der Einzelfall (casus) und der Ordnung der unverdiente Glücksfall (fortuna). All dies sind Einwirkungen des Nichts.

Die unbedingt auf Empfindung gründende Erkenntnis steigt in fünf Stufen auf. Zuerst erfährt der Mensch den mundus situalis, d. h. die Welt in ihren unmittelbaren Situationsbedingungen. Dann erfährt er den mundus temporalis et corporalis, d. h. die Welt in den Koordinaten von Raum und Zeit.

Es folgt der mundus sempiternus, die ewiggütige Welt der Mathematik und Geometrie. Dann folgt der mundus mentalis, die Welt der Kategorien. Und schließlich kommt der mundus archetypus, die Welt der Urbilder, die zugleich die Späre der unendlichen Vielfalt möglicher Welten und der Ursprung der Offenbarung ist.

Symbol für das Ein-und-Alles, für Gott-und-Welt ist die Sonne.

In seinem Werk Civitas solis entwirft Campanella ein Gesellschaftssystem, das Abglanz einer solargöttlichen Ordnung sein soll und Züge einer aktuellen Vorstellung von einer Universalmonarchie nach spanischem Herkunftsmuster trägt.

Campanelas Sonnenstaat ist ein Gemeinwesen ohne Privateigentum. Es gilt die Arbeitspflicht für alle.Das Gemeinwesen soll der vollen Entfaltung menschlicher Fähigkeiten insbesondere zum Zwecke neuer Erfindungen und Anwendungen auf technischem Gebiet dienen. Er will mit der aus Platons Staat entlehnten Weibergemeinschaft ernst machen, die sich gegen die Besitzideologie richtet, Geschlechtsbeziehungen und den Zeitpunkt von Zeugung und Geburt nach astronomischen Berechnungen regelt.

Das Prinzip für alle Vorgänge ist die Ordnung (harmonia). Das Leben wird nach Maßgabe der drei Primalitäten geregelt. Es gibt zahlreiche Einrichtungen zur Vermeidung von Zufall, Ausnahmefall und Glücksfall, um die Anmaßund und die Privilegien abzuwehren.

Die störenden Einflüsse des Nichts sollen im Sonnenstaat keinen Platz mehr haben.