Mariä Sehnsucht

                Es ging Maria in den Morgen hinein,
Tat die Erd einen lichten Liebesschein,
Und über die fröhlichen, grünen Höhn
Sah sie den bläulichen Himmel stehn.
»Ach, hätt ich ein Brautkleid von Himmelsschein,
Zwei goldene Flüglein – wie flög ich hinein!« –

Es ging Maria in stiller Nacht,
Die Erde schlief, der Himmel wacht‘,
Und durchs Herze, wie sie ging und sann und dacht,
Zogen die Sterne mit goldener Pracht.
»Ach, hätt ich das Brautkleid von Himmelsschein,
Und goldene Sterne gewoben drein!«

Es ging Maria im Garten allein,
Da sangen so lockend bunt Vögelein,
Und Rosen sah sie im Grünen stehn,
Viel rote und weiße so wunderschön.
»Ach hätt ich ein Knäblein, so weiß und rot,
Wie wollt ichs lieb haben bis in den Tod!«

Nun ist wohl das Brautkleid gewoben gar,
Und goldene Sterne im dunkelen Haar,
Und im Arme die Jungfrau das Knäblein hält,
Hoch über der dunkelerbrausenden Welt,
Und vom Kindlein gehet ein Glänzen aus,
Das ruft uns nur ewig: nach Haus, nach Haus!

Joseph Freiherr von Eichendorff

So oder so

Die handeln und die dichten –

Das ist der Lebenslauf,

der eine macht Geschichten,

der andre schreibt sie auf,

und der will beide richten;

so schreibt und treibt sich’s fort,

der Herr wird alles schlichten,

verloren ist kein Wort.