Dreistadiengesetz

Nach Comte entwickelt sich der menschliche Geist in drei aufeinanderfolgenden Stadien.

Das erste, theologische Stadium, ist das Stadium der Priester- und Kriegsherrschaft. Der Mensch erklärt die Naturerscheinungen aus einem besonderen Willen der Dinge selbst oder übernatürlicher Wesen,

Im zweiten, metaphysischen Stadium, dem der Philosophen und Juristen, erklärt der Mensch die Naturerscheinungen aus abstrakten Ursachen (Ideen, Kräften).

Im dritten, positivstischen Stadium, dem der Vereinigung von Theorie und Praxis, begnügt sich der Mensch damit, durch Beobachtung und Experiment die Zusammenhänge der Erscheinungen aufzuspüren und die sich als konstant erweisenden Zusammenhänge als Gesetze auszusprechen.

Ein sehr ähnliches Modell gibt es ungefähr gleichzeitig von Sophie Germain, wobei unklar ist, wem die Priorität zukommt.

Es könnte sein, dass der jüngere Comte bei einem Zusammentreffen mit Sophie Germain in Paris ihre Ideen kennengelernt hat.

Im theologischen oder fiktiven Zustand werden die Erscheinungen der Welt als Entäußerung übernatürlicher Wesen und göttlichen Willens angesehen.

Der metaphysische oder abstrakte Zustand gewinnt die Erklärung der Welt aus abstrakten Ursachen und Prinzipien.

Erst im wissenschaftlichen oder positiven Stadium des menschlichen Wissens lassen sich die wahren Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten per Experiment und wissenschaftlicher Beobachtung erkennen.

Den Stadien des menschlichen Geistes entspricht eine parallel verlaufende soziokulturelle Entwicklung, die von der Priesterherrschaft über die Herrschaft der Philosophen schließlich zu einer Herrschaft der positivistischen Wissenschaften als rationaler Grundlage des gesellschaftlichen Lebens führt.