Hedwig Conrad-Martius (1888 – 1966)

Die deutsche Phänomenologin wurde als Kind einer Medizinerrfamilie in Berlin geboren.

An der Universität München besuchte sie Seminare von Moritz Geiger und wurde so in den Kreis der Schüer von Theodor Lipps eingeführt. Dieser Kreis war unter dem Eindruck von Edmund Husserls Logischen Untersuchungen geschlossen zur Phänomenologie übergetreten.

1910 wechselte sie nach Göttingen. Dort hatte Husserls Lehrtätigkeit einen stetigen Zustrom von Studierenden herorgerufen, die sich als Philosophische Gesellschaft organisierten und zu informellen Zusammenkünften und Diskussionen trafen.

Hedwig Conrad-Martius wurde bald nach ihrem Eintreffen Vorsitzende dieser Gesellschaft.

1912 wurde ihre Arbeit Über die erkenntnistheoretischen Grundlagen des Positivismus von der Philosophischen Fakultät Göttingen preisgekrönt und von Alexander Pfänder in München als Dissertation angenommen.

Im selben Jahr heiratete sie ihren Studienkollegen Theodor Conrad.

1920 lernte sie ihre Kollegin Edith Stein kennen, mit der sie fortan eine tiefe Freundschaft verband.

Ihre Obstplantage in Bergzabern war inzwischen ein Phänomenologen-Treffpunkt mit einer gut ausgestatteten Bibliothek geworden. So hielt sich Edith Stein mehrere Monate auf diees Plantage auf.

Aus wirtschaftlichen Gründen konnte sie erst ab 1930 wieder kontinuierlich philosophisch arbeiten. Ihr Versuch zur Habilitation schlug jedoch aufgrund eines jüdischen Großelternteils fehl.

1949 wurde sie Dozentin für Naturphilosophie an der Universität München. 1955 erhielt sie eine Honorarprofessur für Philosophie. Im Zentrum ihres Denkens stand das Realitätsproblem. Schon in ihren Arbeiten Die erkenntnistheoretischen Grundlagen des Positivismus (1912) und Zur Ontologie und Erscheinungslehre der realen Außenwelt (1916) leiten in die Problematik einm die in ihren Arbeiten Realontologie (1923) und Das Sein (1932) weitgeführt wird.

Sowohl die von Hedwig Conrad-Martius als transzendental-idealistisch bezeichnete Phänomenologie Husserls als auch der in ihren Augen existentialistische Zugriff Heidegger werden nach ihrer Ansicht dem Phänomen des Realen nicht gerecht.

Conrad-Martius entwickelt daher eine eigene Theorie phänomenologischer Forschung, die sie als ontologische oder realistische Phänomenologie verstand.

Husserls transzendentale Reduktion ist in ihren Augen zwar als methodisches Hilfsmittel, um den Zugang zu einer zweifelsfreien Region reinen Bewußtseins zu gewinnen, erkenntnistheoretisch sinnvoll und legitim, ontologisch jedoch unfruchtbarer Standort.

Wird transzendentale Reduktion als einzige Zugang zum Sein überhaupt verstanden, so wird Sein zu einseitig vom Sein des Bewußtseins her bestimmt.

Anstatt in der transzendentalen Reduktion die im Bewußtsein liegende Wirklichkeitsbejahung einzuklammern, fordert sie den umgekehrten Weg zu gehen: das wirkliche Sein der Welt soll nicht hypothetische eingeklammert, sondern hypothetische als wirklich gesetzt werden.

Ein in bezug auf seine Wirklichkeitsbejahung untersuchtes reines Bewußtsein weist, nach Conrad-Martius, von sich selbst aus über sich hinaus und eröffnet die Erkenntnisa, dass Bewußtsein nicht als Maß alles Seienden und allen Seins dienen kann.

Nach ihrer Ansicht haben Gegenstände der realen Welt, einschließlich der Naturgegenstände, in zweifacher Weise am Sein teil: Zum einen besitzen sie kategoriales Sein, welches sich durch ihre Zugehörigkeit zum endlichen Sein in Raum und Zeit ergibt, und auch der allgemeinen phänomenologischen Einstellung zugänglich ist. Zum anderen sind Naturgegenstände in einer Weise in sich selbst hineingesetzt und gewurzelt, die keine Analogie mehr mit den Existenz- und Seinsweisen idealer und kategorial-realer Gegebenheiten besitzt.

Auf der Grundlage ihrer Ontologie entwickelte sie ihre Naturphilosophie.

Für die Natur werden immanente transphysische Potenzgrundlagen ausgewiesen. Diese sind auch die reale Begründung der neuen z. T. paradox erscheinenden Ergebnisse der Naturwissenschaften.

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