Zu Köln saß auf dem geistlichen Herrscherstuhle Erzbischof Engelbert; der hatte viel Streitens mit der Bürgerschaft, das bis zum blutigen Kampf gedieh. Der Erzbischof hatte einen Löwen, den hatten ihm zwei Domherren aufgezogen. Gegen den Erzbischof stand in stetem Streite der Bürgermeister der Stadt, Herr Hermann Gryn, und hielt zur Gemeinde und verteidigte deren Rechte; doch war er mit den Domherren gleichwohl persönlich nicht verfeindet.

So luden die zwei, welche des Erzbischofs enge Freunde waren, eines Tages – es soll im Jahre 1266 sich zugetragen haben – den Bürgermeister zu sich ein zu einem Gastmahl. Sie brachten das Gespräch auf den Löwen, den sie heimlich hatten fasten und sehr hungrig werden lassen, und erboten sich, vor dem Essen ihn den Löwen sehen zu lassen. Sie führten Hermann Gryn an die Pforte des Löwenzwingers, öffneten diese und stießen ihn unversehens hinein, worauf sie die Türe zuschlugen und vermeinten, der Löwe werde ihn alsobald zerreißen.

Als der Löwe den Mann sah, riß er den Rachen mit den scharfen Zähnen weit auf, schlug einen Schweifring und legte sich nach Katzenart zum Sprunge. Herr Hermann Gryn aber, wie er sah, was ihm drohte, schlang rasch seinen Mantel um den linken Arm und zog sein Schwert und wartete nicht, bis der Löwe sprang, sondern stürzte sich auf ihn mit gezücktem Schwerte, fuhr ihm mit dem linken Arm in den Rachen hinein und durchstieß ihm das Herz mit dem Schwerte. Dann gewann er einen Ausgang und eilte, ohne gegessen zu haben, seinem Hause zu.

Dieses Mittagessen bekam aber den beiden Domherren gar übel; denn der Bürgermeister sandte seine Häscher unversehens und ließ sie greifen und aufhenken an einen Balken gleich am Tore des Chorherrenhauses neben dem Dom, das nannte man seitdem das Pfaffentor. Darauf wurde zum Andenken solchen Mutes das Bild Gryns mit noch drei andern Löwenbändigern in Gesellschaft in Stein ausgeführt und zur Zier über dem Pfeilerbogengang am Rathaus angebracht. Da sieht man die Mär von Herzog Heinrich dem Löwen, Simsons Löwenkampf und Daniel in der Löwengrube dem Kölner Löwensieger beigesellt. –