Ein Punkt muß bei diesen schönen und ehrbaren Damen, die der Liebe pflegen, wohl beachtet werden: sie mögen noch so sehr ihrer Lust frönen, so wollen sie doch nicht von dem Gerede der Leute beleidigt und in Verruf gebracht werden; und wer das tut, an dem wissen sie sich früher oder später schon zu rächen. Kurz, sie wollen es wohl machen, aber man darf nicht davon reden. Und gewiß ist es auch nicht schön, eine ehrbare Dame ins Ärgernis zu bringen oder über sie zu reden; denn was geht das andere Leute an, wenn sie nur zufrieden sind und ihre Liebhaber auch?

An einigen unserer Höfe in Frankreich und besonders an den letzten waren jene ehrbaren Damen argen Verleumdungen ausgesetzt; ich erlebte die Zeit, in der es keinen feinen Mann gab, der nicht irgendeine Verleumdung gegen diese Damen erfand oder etwas Wahres von ihnen ausplauderte. Das verdiente den stärksten Tadel; denn man darf die Ehre der Damen, und besonders der Großen, niemals verletzen. Ich rede ebenso von denen, die ihren Genuß hatten, wie von denen, die ans Wildbret nicht heran können und es daher verleumden.

Wie gesagt, an den Höfen unserer letzten Könige waren solche Verleumdungen und Schmähungen arg im Schwange; sehr zum Unterschied von den Höfen ihrer königlichen Vorgänger, mit Ausnahme des Hofs König Ludwig XI., dieses tüchtigen Praktikus, von dem man sagte, er speise seine meiste Zeit gemeinschaftlich an offener Tafel im Saal mit einer Menge seiner vertrautesten Edelleute und andern mehr; und wer ihm die beste und schlüpfrigste Geschichte von einer Freudendame erzähle, würde von ihm am meisten gefeiert: und er selbst versage es sich nicht, solche Geschichten zum besten zu geben; denn er erkundigte sich eifrig danach und wolle oft welche wissen, dann teilte er sie in aller Öffentlichkeit den andern mit.95 Das war in der Tat ein großer Skandal. Von den Frauen hatte er eine sehr üble Meinung und hielt nur wenige für keusch. Als er den König von England nach Paris einlud, damit er sich hier vergnügt mache, und als er beim Wort genommen wurde, bereute er es sofort und machte ein Alibi ausfindig, um die Verabredung zu brechen. »Ach! heilige Güte,« sagte er, »ich will nicht, daß er kommt; da könnte er hier einen kleinen Zieraffen und Zuckerbengel finden, in den er sich verliebte; und sie könnte ihm den Geschmack dazu beibringen, länger zu bleiben und häufiger wiederzukommen, als mir lieb wäre.«

Von seiner Frau, die züchtig und tugendhaft war, hatte er trotzdem eine sehr gute Meinung: sie hatte aber auch Grund dazu; denn als ein Herrscher, der mißtrauisch und argwöhnisch war wie nur einer, hätte er sie wohl bald ebenso wie andre umbringen lassen. Als er starb, befahl er seinem Sohn, seine Mutter sehr zu lieben und hoch zu ehren, er solle sich nur nicht von ihr beherrschen lassen: »nicht, weil sie nicht sehr sittsam und keusch ist,« sagte er, »sondern weil sie mehr Burgundin ist wie Französin.« Er liebte sie auch nur, weil er Nachkommenschaft von ihr haben wollte; als er welche hatte, kümmerte er sich nicht weiter um sie. Er hielt sie auf dem Schloß von Amboise wie eine einfache Dame; hier führte sie einen sehr unbeträchtlichen Haushalt und war ebenso schlicht gekleidet, wie ein simples Edelfräulein; hier verlieh er ihr einen kleinen Hofstaat, und ließ sie ihre Gebete verrichten, während er anderswo herumspazierte und sich’s gute Zeit sein ließ. Es kann sich jeder vorstellen, wie die Damen durch alle Mäuler am Hof geschleift wurden, da der König selbst eine so schlechte Meinung von ihnen hatte und sich an Lästerreden freute; nicht, daß er ihnen sonstwie an den Kragen wollte, daß er sie in ihren Belustigungen oder irgendwie in ihren Spielen behindern wollte, wie ich von manchen erlebte: aber sein größtes Vergnügen war eben, sich über sie lustig zu machen; unter dem Druck einer solchen Last von Verleumdungen konnten sich diese armen Frauen nicht sehr häufig so gehn lassen, wie sie gewollt hätten. Trotz alledem war zu seiner Zeit die Liederlichkeit sehr im Schwange; denn der König half selbst sehr dazu und unterstützte die Edelleute seines Hofes darin; und dann kam’s darauf an, wer am besten darüber spöttelte, sei es öffentlich oder geheim, und wer die besten Geschichten über ihre Geilheiten und ihre Windungen (so nannt‘ er’s) und über ihre Ausgelassenheiten brachte. Freilich verschwieg man die Namen der vornehmen Damen und beurteilte sie nur nach Wahrscheinlichkeiten und Mutmaßungen, ich glaube, sie hatten es besser, wie manche Damen während der Regierung des hochseligen Königs, der sie schalt und tadelte und in strenger Zucht hielt. Das habe ich von ein paar ältern Leuten über diesen guten König erzählen hören.

Nun, König Karl VIII., sein Sohn und Nachfolger, hatte eine andre Verfassung; denn man sagte von ihm, er sei der zurückhaltendste und ehrbarste König gewesen, den man je sah, und niemals habe er einen Mann oder eine Frau mit dem geringsten Wort von der Welt verletzt. Es kann sich also jeder denken, wie gut es während seiner Regierung den schönen Damen, die ihre Ergötzung suchten, ging. Er liebte sie auch sehr und huldigte ihnen sehr, ja sogar zuviel; denn als er von seiner Fahrt nach Neapel siegreich und ruhmbedeckt zurückkehrte, vergnügte er sich so sehr darin, sie zu Lyon zu feiern, ja aus Liebe zu ihnen sie mit schönen Kampfspielen und Turnieren so zu belustigen, daß er sich nicht der Seinen erinnerte, die er in jenem Reiche gelassen, und sie und das Reich samt den Städten und Schlössern, die sich noch hielten und aus denen sich ihm die Arme nach Hilfe entgegenstreckten, umkommen ließ. Man sagt auch, die Damen seien an seinem Tode schuld gewesen; schon an sich gebrechlicher Natur, hatte er sich ihnen allzusehr hingegeben, und das entnervte und schwächte ihn so, daß es seinen Tod beschleunigte.

König Ludwig XII. erwies sich gegen die Damen sehr achtungsvoll; denn er ließ, wie ich anderswo sagte, alle Komödianten seines Reiches, alle Scholaren und Schloßkanzlisten an den Parlamenten reden, von wem sie wollten, ausgenommen, sie sprachen von der Königin, seiner Gemahlin, von ihren Damen und Fräuleins; wiewohl er seinerzeit ein lustiger Bruder gewesen war, und die Damen ebensosehr wie die andern liebte, das tat er allerdings mit schlimmer Zunge und hatte dabei auch nicht die große Dünkelhaftigkeit und Prahlerei des Herzogs Ludwig von Orleans, seines Großvaters; denn dem kostete es auch das Leben; einst rühmte er sich nämlich auf einem Bankett, dem der Herzog Johann von Burgund, sein Vetter, beiwohnte, er hätte in seinem Kabinett die Bildnisse der schönsten Damen, die er genossen hätte; da trat nun eines Tages zufällig der Herzog Johann hinein; die erste Dame, die er porträtiert sieht und die sich dem ersten Blick seiner Augen darbietet, war seine edle Frau Gemahlin, die man damals für sehr schön hielt: sie hieß Margarete und war eine Tochter Albrechts von Bayern, Grafen von Hennegau und Seeland. Wer war nun erstaunt? Der gute Herr Gemahl; er wird dann wohl ganz leise zu sich gesagt haben: »Ah! da hab‘ ich’s.« Er ließ sich den Floh nicht anmerken, der ihn stach, verheimlichte vielmehr alles, brütete Rache und stritt mit ihm um die Regentschaft und klagte ihn wegen der Verwaltung des Königreiches an; damit schob er sein Übel in den Hintergrund und ließ ihn, ohne seine Frau ins Spiel zu bringen, zu Paris am Tor Barbette ermorden, und als seine erste Frau gestorben war (man kann dabei an Gift denken), und als die Kuh tot war, heiratete er in zweiter Ehe die Tochter Ludwigs, des dritten Herzogs von Bourbon. Möglicherweise verschlimmerte er damit nur seinen Handel; denn dergleichen Leute, die nun einmal zur Hahnreischaft bestimmt sind, haben mit der Wohnung und Höhle gut wechseln, Hörner bekommen sie doch immer wieder. Damit verschaffte sich der Herzog für den Ehebruch eine sehr weise Rache, ohne daß er weder sich noch seine Frau in einen schlimmen Ruf brachte; es war eine sehr kluge Verstellung von ihm. Von einem sehr großen Feldherrn habe ich auch sagen hören, es gäbe drei Dinge, die der kluge Mann niemals öffentlich werden lassen dürfe, wenn er davon betroffen würde, deren Grund er verschweigen müsse, wenn er nicht lieber einen neuen erfinden wolle, damit er kämpfen und sich rächen kann, es sei denn, die Ursache sei so augenscheinlich und klar, daß er sie nicht in Abrede stellen könne.

Das eine ist: wenn jemand vorgeworfen wird, er sei ein Hahnrei und seine Frau ein öffentliches Weib; das andre: wenn jemand des Umgangs mit Kerlen und der Sodomie beschuldigt wird, das dritte: wenn ihm zu erkennen gegeben wird, er sei ein Feigling, und er sei aus einem Gefecht oder aus einer Schlacht gemein geflohen. Diese drei Dinge, sagte jener große Feldherr; sind sehr skandalös, wenn man die Veranlassung öffentlich kundmacht; man schlägt sich deswegen, und manchmal meint man sich zu reinigen, und beschmutzt sich doch nur gemein damit; und ist die Veranlassung öffentlich geworden, so erregt sie groß Ärgernis, und je mehr man sie hin und her wendet, desto schlechter riecht sie, genau wie ein großer Gestank, wenn man ihn umeinander schüttelt. Wer also seine Ehre aufs trockne bringen, wer einen neuen Grund aussinnen und versuchen kann, damit er recht über den alten bekommt, tut am besten daran; und solche Beleidigungen dürfen sich niemals, so spät es auch ist, in Prozesse, Streitereien und Zweikämpfe umsetzen. Ich könnte dazu eine Menge Beispiele beibringen; es wäre mir aber nicht bequem und würde mein Gespräch zu sehr in die Länge ziehn.

Daher war es vom Herzog Johann sehr klug, daß er seine Hörner verhehlte und versteckte, und daß er sich in andrer Weise an seinem Vetter rächte, der ihn beschimpft hatte; der machte sich noch dazu über ihn lustig und ließ es ihn merken: unzweifelhaft rührten ihm also sein Spott und Skandal ebenso ans Herz, wie seine Anmaßung; das ließ ihn jenen Streich sehr geschickt und weltklug führen.

Nun aber endlich wieder zur Sache: der König Franz liebte die Damen sehr, und obwohl er der Meinung war, daß sie sehr unbeständig und veränderlich seien, wie ich anderswo sagte, wollte er nicht, daß man sie an seinem Hofe schmähe; er wünschte, daß man ihnen große Ehre und Achtung entgegenbrächte. Ich hörte erzählen: als er einst seine Fastenzeit in Meudon bei Paris zubrachte, wurde er von einem seiner Edelleute bedient, der von Buzambourg hieß, aus Saintonge; er reichte dem König das Fleisch, wofür er Dispens hatte, und der König befahl ihm, den Rest, wie man es zuweilen am Hofe sieht, zu den Damen der kleinen Bande96 zu tragen, die ich nicht nennen will, weil ich Angst vor einem Skandal habe. Unter seinen Genossen und andern vom Hofe sagte der Edelmann dann: die Damen wären nicht damit zufrieden, während der Fastenzeit das Fleisch roh zu essen, sondern sie wollten nur gekochtes, und zwar ihren Schmerbauch voll. Die Damen erfuhren es, beklagten sich darüber sofort beim König, der in so großen Zorn geriet, daß er augenblicklich den Schützen seiner Palastwache befahl, ihn zu holen und ohne Verzug aufzuhängen. Zufällig bekam der arme Edelmann durch einen seiner Freunde Wind davon, er entrann und rettete sich tapfer. Wäre er erwischt worden, hätte man ihn sicherlich gehängt, obwohl er ein Edelmann von gutem Herkommen war, so zornig war diesmal der König, so viel Schwüre hörte man von ihm. Ich habe diese Geschichte von einer ehrenwerten Persönlichkeit, die dabei war; damals sagte der König ganz laut, wer nur immer an die Ehre der Damen rühre, der würde ohne Gnade gehangen.

Kurz vorher war der Papst Farnese nach Nizza gekommen, und als ihn der König mit seinem ganzen Hofe, mit Herren und Damen, besuchte, befanden sich auch einige darunter, die nicht zu den häßlichsten gehörten, die ihm den Fuß küßten. Darauf fing ein Edelmann an, sie wären nur gekommen, um von seiner Heiligkeit Dispens zu erbitten, ohne Ärgernis rohes Fleisch zu essen, wieviel und wann immer sie wollten. Der König erfuhr es, und der Edelmann tat gut daran, daß er sich in Sicherheit brachte; denn er wäre gehangen worden, weil er sowohl die Ehrfurcht vor dem Papste, wie den Respekt vor den Damen verletzt hatte.

Diese Edelleute waren in ihren Einfällen und Plaudereien nicht so glücklich, wie der verstorbene Herr d’Albanie. Als der Papst Clemens nach Marseille kam, um die Hochzeit seiner Nichte mit Herrn von Orleans zu feiern, waren dort drei ehrbare und schöne verwitwete Damen, die wegen der Schmerzen, der Langeweile und der Trauer, die sie über den Verlust ihrer Gatten und über die entschwundenen Freuden empfanden, so herunterkamen und so abgemagert, schwach und kränklich wurden, daß sie Herrn von Albanien, seinen Verwandten, dem die Gnade des Papstes leuchtete, baten, er möge für alle drei Dispens verlangen, daß sie an den verbotenen Tagen Fleisch essen durften. Der Herzog von Albanien sagte es ihnen zu und ließ sie eines Tages höchst vertraulich in die Wohnung des Papstes kommen; er setzte auch den König in Kenntnis, es gäbe einen Zeitvertreib für ihn; damit enthüllte er ihm einen Possenstreich; als dann alle drei vor seiner Heiligkeit auf den Knien lagen, begann der Herzog zuerst, und redete und sagte ziemlich leise auf italienisch, so daß ihn die Damen nicht verstanden: »Heiliger Vater, hier sind drei schöne und sehr ehrbare verwitwete Damen, wie Ihr seht; aus Verehrung für ihre abgeschiedenen Gatten und aus Liebe zu ihren Kindern, die sie von ihnen haben, wollen sie sich um nichts in der Welt wieder verehelichen, um ihren Gatten und Kindern kein Unrecht anzutun; weil sie nun aber manchmal vom Stachel des Fleisches versucht werden, bitten sie in Demut Eure Heiligkeit, außerhalb der Ehe mit den Männern Umgang haben zu dürfen, wann und wie viele Male diese Versuchung über sie käme.« »Wie!« sagte der Papst; »lieber Vetter, das wäre gegen die Gebote Gottes, davon kann ich nicht dispensieren.« – »Hier sind sie, heiliger Vater, wenn Ihr sie anhören wollt.« Da ergriff eine von den dreien das Wort und sagte: »Heiliger Vater, wir haben den Herrn Herzog gebeten, Euch eine sehr demütige Bitte für uns drei vorzutragen, und Euch unsre gebrechliche und schwache Natur vorstellig zu machen.« – »Meine Kinder,« sagte der Papst, »die Bitte ist ganz und gar unvernünftig, das wäre ja gegen die Gebote Gottes.« Die Witwen, die nicht wußten, was ihm der Herzog von Albanien gesagt hatte, gaben ihm zurück: »Heiliger Vater, wollet uns wenigstens dreimal in der Woche Erlaubnis geben, und zwar ohne Ärgernis.« – »Wie!« sagte der Papst, »ich soll euch il peccato di lussuria erlauben? Da würd‘ ich mich verdammen; außerdem kann ich es auch nicht tun.« Da erkannten die Damen, daß hier eine Schelmerei und ein Schabernack dahinter steckte, und daß der Herzog von Albanien sich einen Spaß mit ihnen erlaubt hatte: »Nicht davon reden wir, heiliger Vater; sondern wir bitten um Erlaubnis, an den verbotenen Tagen Fleisch zu essen.« Darauf sagte der Herzog von Albanien zu ihnen: »Ich dachte, meine Damen, Sie wollten lebendes Fleisch!« Der Papst verstand den Witz sofort, ein Lächeln faßt‘ ihn an, und er sagte: »Mein Vetter, Ihr habt diese ehrbaren Damen rot werden lassen; die Königin wird böse darüber sein, wenn sie es erfahren wird.« Sie erfuhr es auch, machte aber kein Wesen daraus, sondern fand die Geschichte gut; und nachher lachte auch der König mit dem Papste sehr darüber, der ihnen, nachdem er seinen Segen gespendet, die Erlaubnis gewährte, um die sie baten, worauf sie sehr zufrieden weggingen.

Man hat mir die drei Damen genannt: Frau von Chateaubriand oder Frau von Canaples, Frau von Chatillon und die Frau Amtmännin von Caen, sehr ehrbare Damen. Die Geschichte habe ich von den ältern Leuten am Hofe.97

Frau von Uzès machte es noch besser, zur Zeit, als der Papst Paul III. nach Nizza kam, um den König Franz zu besuchen, damals hieß sie noch Frau du Bellay und hatte seit ihrer Jugend lustige Streiche verübt und gute Witze gemacht. Eines Tages warf sie sich vor seiner Heiligkeit nieder und bat ihn um dreierlei: das eine, er solle ihr Absolution erteilen, weil sie als kleine Range, als Mädchen bei der Frau Regentin, wo sie Tallard hieß, während ihrer Arbeit ihre Schere verloren und dem Heiligen Allivergot gelobt, die Arbeit für ihn fertig zu machen, wenn sie die Schere fände; das geschah, aber sie machte sie nicht fertig, weil sie nicht wußte, wo sein heiliger Leib lag. Das andre, er solle ihr verzeihen: als der Papst Clemens nach Marseille kam und sie noch das Tallard-Mädchen war, nahm sie eines seiner Betkissen aus seinem Alkoven und wischte sich vorn und hinten damit, und nachher legte Seine Heiligkeit sein würdiges Haupt und Gesicht und die Küsse seines Mundes darauf. Das dritte: er solle den Herrn von Tays exkommunizieren, weil sie ihn liebe, während er sie nicht liebe; denn der müsse verflucht und exkommuniziert sein, der nicht wiederliebt, wenn er geliebt wird.

Erstaunt über diese Bitten erkundigte sich der Papst beim König, wer sie wäre, erfuhr ihre Scherze und lachte nach Herzenslust darüber. Es wundert mich nicht, wenn sie später Hugenottin geworden ist und sich über die Päpste sehr lustig gemacht hat, da sie so früh anfing: zu damaliger Zeit wurde indessen alles an ihr hübsch gefunden, so anmutig und witzig war sie.

Man meine nun nicht, daß jener große König bezüglich der den Damen schuldigen Achtung so engherzig und so streng war, daß er nicht auch gern eine gute Geschichte liebte, die man ihm über sie brachte, wenn es nur ohne Skandal und Geschrei geschah, und er nahm selbst gern Gelegenheit, welche zu erzählen; aber als großer König und mit hohen Vorrechten ausgestatteter Mann wollte er nicht, daß ein jeder, oder gar ein Gemeiner, sich seine Privilegien anmaßte.

Von manchen hörte ich erzählen, daß er sehr wünschte, jeder von den ehrbaren Edelleuten seines Hofes hätte seine Geliebte; wer keine hatte, der war in seinen Augen ein Dummkopf und ein Tropf, und sehr häufig fragte er die einen und andern um ihre Namen, versprach sie zu fördern und ihnen Gutes auszuwirken; so gütig und vertraut war er! Sehr häufig machte er sich auch, wenn er sie mit ihren Geliebten in lebhafter Unterredung begriffen sah, an sie heran und fragte sie, was für schöne Gespräche sie mit ihnen führten, und wenn er sie nicht gut fand, korrigierte er sie und lernte ihnen andre. Gegenüber seinen Vertrautesten geizte und sparte er nicht damit, daß er mit ihnen redete und ihnen seine Geschichten mitteilte; eine lustige darunter, die ihm passierte und die er später berichtete, ließ ich mir erzählen; sie handelte von einer schönen jungen Dame, die an den Hof kam und, weil sie noch recht unerfahren war, sich den Überredungen der großen Herren, und besonders denen des großen Königs, liebevoll hingab; eines Tages wollte er nun seine Standarte in ihr Fort pflanzen; sie sah sie zum ersten Male; da hatte sie nun sagen hören, wenn man etwas dem König übergebe, oder wenn man etwas von ihm empfange und es berühre, müsse man es erst küssen, oder man müsse die Hand küssen, wenn man es nimmt und anrührt, das tat sie denn ohne alle Umstände, küßte dem König voller Hingebung die Hand, ergriff seine Standarte und pflanzte sie in größter Demut ins Fort; dann fragte sie ihn kaltblütig, wie er bedient sein wolle, von einer anständigen und keuschen Frau oder von einer geilen. Er verlangte natürlich die geile von ihr; denn in dieser Hinsicht war sie angenehmer als die sittsame; dabei fand er, daß sie ihre Zeit nicht verloren hatte, sowohl vor dem Angriff, wie nach dem Angriff und im ganzen; dann bezeigte sie ihm hohe Ehrerbietung, dankte ihm demütig für die ihr erwiesene Ehre, deren sie nicht würdig wäre, und empfahl ihm dabei nur wiederholt irgendeine Beförderung für ihren Gemahl. Ich hörte den Namen der Dame, die später nicht mehr so dumm war wie damals, sondern sehr geschickt und schlau. Der König versagte sich die Erzählung durchaus nicht, und sie lief von Ohr zu Ohr. Er war sehr begierig danach, von den Liebschaften des einen und andern zu erfahren, besonders von den Liebeskämpfen wollte er wissen, und was für Mienen die Damen zeigten, wenn sie in der Reitbahn wären, was für Haltungen und Stellungen sie hätten, und was für Worte sie gebrauchten: dann lachte er aus vollem Halse darüber, und nachher verbot er, daß man es verbreite und Skandal mache, und empfahl Geheimhaltung und Aufrechterhaltung der Ehre.

Eine ordentliche Unterstützung hatte er an jenem bedeutenden, großartigen und höchst freigebigen Kardinal von Lothringen; höchst freigebig kann ich ihn nennen, weil er zu seiner Zeit nicht seinesgleichen hatte; seine Ausgaben, seine Gefälligkeiten und Geschenke legen davon Zeugnis ab, besonders seine Mildtätigkeit gegen die Armen. Gewöhnlich trug er eine große Geldkatze, die sein Kammerdiener, der ihm das Geld für seine kleinen Ausgaben besorgte, alle Morgen unweigerlich mit drei- oder vierhundert Talern füllte; so oft er nun einen Armen traf, steckte er die Hand in die Tasche, und was er, ohne Erwägung, herauszog, das gab er ohne Wahl. Von ihm sagte ein armer Blinder, an dem er in Rom vorüberschritt und dem er auf dessen Bitte nach seiner Gewohnheit eine große Handvoll Geld zuwarf, mit einem lauten Aufschrei auf italienisch: »O tu sei Christo, o veramente le cardinal di Lorrena«; »Entweder bist du Christus oder der Kardinal von Lothringen.« Gab er Almosen und war er mildtätig, so war er auch gegen andre Leute freigebig, besonders Damen gegenüber, die er mit diesem Köder leicht zu fassen bekam; denn das Geld war damals nicht in solchem Überfluß vorhanden wie heute, und deshalb schleckerten sie mehr danach, wie auch nach Schmausereien und Schmucksachen.

Ich hörte erzählen: Wenn ein schönes Mädchen oder eine neue Dame, die schön war, an den Hof kam, machte er sich alsbald an sie heran, redete sie an und sagte, er wolle sie mit seiner Hand dressieren. Was für ein Dresseur! Ich glaube, die Mühe war nicht so groß, wie wenn er ein wildes Füllen zu dressieren gehabt hätte. Auch sagte man damals, es habe schwerlich eine am Hof wohnende, oder neu hinzugekommene Dame oder ein Mädchen gegeben, die von ihrer Habsucht und von der Freigebigkeit des Herrn Kardinals nicht verführt oder gefangen worden wäre; und anständige Frauen und Mädchen hätte es wenige oder gar keine an diesem Hof gegeben. Damals sah man auch ihre Koffer und großen Garderoben voller an Kleidern, an Röcken aus Gold, Silber und Seide, wie heute die unsrer Königinnen und Prinzessinnen. Ich habe die Erfahrung gemacht, weil ich zwei oder drei davon sah, die alles das mit ihrem Vorderteil erworben hatten; denn ihre Väter, Mütter und Gatten hätten es ihnen nicht in solcher Menge geben können.

Ich hätte es wohl bleiben lassen können, wird jemand einwenden, daß ich das von dem großen Kardinal sagte, in Anbetracht seines ehrenwerten Kleides und seines verehrungswürdigen Standes; aber sein König wollte ihn so und hatte sein Vergnügen daran; seinem König zu Gefallen ist man von allem dispensiert, wenn es nur nicht böse ist, kann man lieben und andre Dinge treiben; man kann in den Krieg ziehn, auf die Jagd gehn, zum Tanze gehn, zu Mummereien und andern Veranstaltungen; auch war er ein Mensch mit Fleisch wie ein anderer, und er besaß mehrere große Tugenden und Vollkommenheiten, die diesen kleinen Fehler in den Schatten stellten, wenn man Lieben überhaupt einen Fehler nennen darf.

Bezüglich des Respekts, den man den Damen schuldig ist, hörte ich auch eine Geschichte von ihm. Er brachte ihnen von Natur hohe Achtung entgegen, aber gegenüber der Frau Herzogin von Savoyen, Donna Beatrix von Portugal, vergaß er sie einmal, und zwar nicht ohne Grund. Als er nämlich einmal im Dienste seines königlichen Herrn nach Rom ging und durch Piemont kam, besuchte er den Herzog und die Herzogin. Nachdem er sich mit dem Herzog genug unterhalten hatte, suchte er die Frau Herzogin in ihrem Zimmer auf, um sie zu begrüßen; und als er sich ihr näherte, bot diese, die an Anmaßung noch jeden übertraf, ihm die Hand, damit er sie küsse. Unwillig über diese Beleidigung ging der Kardinal heran, um sie auf den Mund zu küssen, da wich sie zurück. Er verlor die Geduld, kam noch näher zu ihr, faßte sie am Kopf und küßte sie zum Trotz zwei- oder dreimal. Und obgleich sie rief und auf portugiesisch und spanisch schrie, mußte sie es doch ertragen. »Was!« sagte er, »mir gegenüber ein solches Verhalten und Gebaren? Ich küsse die Königin, meine Herrin, die größte Königin von der Welt, und Euch, eine kleine dreckige Herzogin, Euch sollte ich nicht küssen? Ihr sollt wissen, daß ich bei Damen geschlafen habe, die aus einem ebenso guten oder noch größeren Hause stammten, wie Ihr.« Vielleicht sprach er die Wahrheit. Die Herzogin hatte Unrecht, gegenüber einem Fürsten aus einem so großen Hause, und sogar einem Kardinal, diesen Hochmut zu zeigen; denn in Anbetracht des hohen kirchlichen Ranges, den sie innehaben, gibt es keinen Kardinal, der sich nicht den größten Fürsten der Christenheit an die Seite stellen kann. Ebenso hatte aber auch der Herr Kardinal unrecht, zu einer so harten Rache zu schreiten; aber für ein vornehmes und edles Herz, gleichviel welchen Standes, ist es immer ärgerlich, einen Schimpf erfahren zu müssen.

Der Kardinal Granvella ließ es dem Grafen Egmont und andern tüchtig merken, aber das lasse ich unerörtert; denn ich würde meine Gespräche zu sehr verwirren, auf die ich zurückkommen muß; und ich knüpfe wieder an beim hochseligen König Heinrich dem Großen, der gegen die Damen sehr achtungsvoll war, und ihnen hohen Respekt entgegenbrachte, die Ehrabschneider und Verleumder der Damen verabscheute er. Und wenn ein König von solchem Gewicht und solcher Verfassung dergleichen Damen huldigt, dann wagt das höfische Gefolge schwerlich den Mund aufzutun, um übel von ihnen zu reden. Überdies hatte es die Königin-Mutter sehr in der Hand, ihren Mädchen und Frauen zu helfen und es jenen Verleumdern und Pasquillanten tüchtig zu besorgen, wenn sie einmal entdeckt waren, obwohl sie selbst nicht mehr wie ihre Damen geschont wurde; aber sie kümmerte sich nicht so sehr um sich, wie um die andern, weil sie, sagte sie, ihre Seele und ihr Gewissen klar und rein fühle, was genug für sich spräche; aber ihre meiste Zeit lachte sie über die Schmähschreiber und Pasquillanten und machte sich über sie lustig. »Laßt sie sich abquälen,« sagte sie, »und sich um nichts mühen;« wenn sie sie aber entdeckte, besorgte sie es ihnen tüchtig.

Der ältesten Limeuil kam es im Anfang, als sie an den Hof kam, bei, über den ganzen Hof ein Pasquill zu machen (denn sie redete und schrieb brillant), es war aber gar nicht skandalös, bloß lustig; ich versichre euch, die Königin prügelte sie ordentlich durch, und mit ihr zwei ihrer Gefährtinnen, die im Einverständnis waren; und hätte sie nicht die Ehre genossen, wegen des Bündnisses des Hauses Turenne mit dem Hause Bologna ihrem Gefolge anzugehören, sie hätte sie schmählich gezüchtigt, auf ausdrücklichen Befehl des Königs, der solche Schriften aufs ärgste verabscheute.

Ich erinnere mich, einmal war etwas mit dem Herrn von Matha, einem tapferen und mutigen Edelmann, den der König liebte, einem Verwandten der Madame von Valentinois; gewöhnlich hatte er irgendeinen lustigen Streit mit den Damen und Fräulein, so närrisch war er. Eines Tages hatte er sich an eine Dame der Königin gemacht, da wollte eine, die man die große Meray hieß, für ihre Gefährtin ins Mittel treten; er antwortete aber bloß: »Ach! Euch greif ich nicht an, Meray; denn Ihr seid mir ein zu großes lastbares Streitroß.« In der Tat war sie das größte weibliche Wesen, das ich jemals sah. Sie beklagte sich bei der Königin darüber, daß der andere sie eine Stute und ein lastbares Streitroß genannt hatte. Die Königin geriet darüber in solchen Zorn, daß Matha sich ein paar Tage lang unsichtbar machen mußte, in so hoher Gunst er auch bei Madame von Valentinois, seiner Verwandten, stand; und nach seiner Wiederkehr kam er einen Monat lang nicht in das Zimmer der Königin und der Fräulein.

Der Herr von Gersay tat einem der Fräulein der Königin, dem er zürnte, noch Schlimmeres an, er tat es aus Rache, wiewohl er an verleumderischen Worten durchaus keinen Mangel hatte; denn er redete und replizierte aufs beste, besonders aber wenn er klatschte und schmähte, worin er ein Meister war; die Medisance war aber damals streng verboten. Als das Fräulein sich einmal am Nachmittag mit ihren Gefährtinnen und Edelleuten in der Kammer der Königin befand (damals bestand der Brauch, daß man sich in Anwesenheit der Königin nur an die Erde setzen durfte), besorgte sich der genannte Herr aus den Händen der Pagen und Lakaien einen Widderschweif, mit dem die Leute im Wirtschaftshof ihre Scherze trieben (er war sehr dick und ganz hübsch angeschwollen), legte sich in ihrer Nähe hin und schob ihn jenem Fräulein so behutsam unter den Rock, daß sie es in keinem Augenblick bemerkte, und erst dann, als die Königin sich von ihrem Stuhl erhob, um in ihr Kabinett zu gehen. Da erhob sich auch das Fräulein, das ich nicht nennen will, und wie sie gerade vor der Königin aufstand, stieß sie den haarigen wolligen Widderball so stark an, daß er sechs oder sieben lustige Sprünge machte, als ob sie auf eigne Kosten und aus eignem Antrieb der Gesellschaft einen Zeitvertreib bieten wolle. Wer war überrascht? Das Fräulein und ebenso die Königin; denn es geschah ganz offen und war für alle sichtbar. »Heilige Mutter Gottes!« rief die Königin aus, »was ist das, Liebste, und was wollt Ihr damit machen?« Errötend und halb weinend sagte das arme Mädchen, daß sie nicht wisse, was es wäre; den bösen Streich hätte ihr einer gespielt, der ihr übel wolle, und sie meine, es sei kein anderer als Gersay. Der hatte sich aber, als er den Scherz und die Sprünge hatte anfangen sehen, zur Tür hinausgemacht. Man ließ ihn holen; aber er wollte durchaus nicht wieder hereinkommen, da er die Königin so zornig sah, indessen leugnete er alles dreist ab. Ein paar Tage lang mußte er dennoch ihren Zorn und den des Königs fliehen: und hätte er nicht mit Fontaine-Guérin beim Dauphin in der höchsten Gunst gestanden, so hätte er es schlecht gehabt, wenn sich auch nichts gegen ihn ergab als nur mutmaßlicherweise; ungeachtet dessen konnte sich der König mit seinen Höflingen und verschiedenen Damen nicht enthalten, darüber zu lachen, vor dem Zorn der Königin durften sie es aber nicht merken lassen; denn diese Dame verstand ihre Leute gehörig abzukanzeln und anzuschnauzen.

Ein ehrbarer Edelmann und ein Hoffräulein gerieten einmal, als es mit der Freundschaft, die sie füreinander gehegt, vorbei war, in Zank und Streit, und das Edelfräulein sagte ihm im Zimmer der Königin, als sie sich stritten, ganz laut: »Laßt mich, sonst werd‘ ich sagen, was ihr mir gesagt habt.« Der Edelmann, der ihr von einer sehr großen Dame etwas im Vertrauen mitgeteilt hatte und fürchtete, es möchte ihm etwas Übles daraus zustoßen, und er möchte mindestens vom Hofe verbannt werden, antwortete ohne zu stutzen (denn er konnte brillant reden): »Wenn Ihr sagt, was ich Euch gesagt habe, so werde ich sagen, was ich Euch gemacht habe.« Wer war nun überrascht? Das Fräulein; dennoch antwortete sie ihm: »Was habt Ihr mir gemacht?« Der andere erwiderte: »Was habe ich Euch gesagt?« Darauf replizierte das Fräulein: »Ich weiß wohl, was Ihr mir gesagt habt.« Der andere: »Ich weiß wohl, was ich Euch gemacht habe.« Das Fräulein gibt wiederum zurück: »Ich werde klar beweisen, was Ihr mir gesagt habt.« Der andere antwortete: »Ich werde noch besser beweisen, was ich Euch gemacht habe.« Nachdem sie sich endlich lange genug mit dem Hin- und Widerreden solcher und ähnlicher Worte gestritten hatten, trennten sie sich von den Anwesenden, die aber ihr Vergnügen daran hatten.

Der Streit kam der Königin zu Ohren, die darüber sehr erzürnt war und sofort wissen wollte, was der eine gesagt und der andere getan habe, und sie holen ließ. Als sie aber beide sahen, daß es Folgen haben möchte, versöhnten sie sich sofort, und als sie vor der Königin erschienen, sagten sie, sie hätten sich nur im Scherze so gestritten, der Edelmann hätte ihr nichts gesagt und ihr auch nichts getan. So speisten sie die Königin ab, die indessen schalt und den Edelmann sehr tadelte, weil seine Worte zu skandalös wären. Der Edelmann schwur mir zwanzigmal: hätten sie sich nicht ausgesöhnt und wieder geeinigt, und hätte das Fräulein die Worte verraten, die er ihr gesagt hatte, was von bedeutenden Folgen für ihn gewesen wäre, er hätte entschlossen seine Rede zu ihr aufrecht erhalten, darauf gedrungen, daß sie untersucht würde, sie könne nicht mehr als Jungfer befunden werden, und er wär‘ es gewesen, der sie entjungfert habe. »Ja,« antwortete ich ihm, »wenn man sie aber nun untersucht hätte, und sie hätte sich als Jungfer erwiesen; denn sie war Mädchen, dann wärt Ihr verloren gewesen, und es wäre Euch an den Kragen gegangen.« »Ja, Mort-Dieu!« antwortete er mir, » das war ja mein höchster Wunsch, daß man sie untersucht hätte: ich hatte keine Angst, daß es ums Leben ging; ich war meiner Sache ganz sicher; denn ich wußte wohl, wer sie entjungfert hatte, und daß ein andrer darüber gekommen war, nicht aber ich, der ich sehr betrübt darüber bin; wenn man sie angeschnitten und gerissen fand, war sie verloren und ich gerächt; und sie hätte die Schande davon gehabt. Ich hätte sie nicht heiraten brauchen und hätte mich ihrer entledigen können.« Man sieht, was für Gefahr die armen Mädchen und Frauen laufen, sei es nun zu Recht oder zu Unrecht.

Ich habe eine Dame von sehr hoher Herkunft gekannt, die war wirklich im Begriff, von einem sehr tapfern und feinen Prinzen schwanger zu werden.98 Man sagte indessen, es geschah der Ehe halber, aber später erfuhr man das Gegenteil. Der König Heinrich erfuhr es zuerst und war darüber aufs äußerste erzürnt; denn sie war etwas verwandt mit ihm. Ohne indessen größeren Lärm zu schlagen, führte er sie abends beim Balle zum Fackeltanz; dann ließ er sie mit einem andern die Gaillarde und die andern Reigen tanzen, und da zeigte sie ihre Verfassung und Geschicklichkeit besser denn je, mit ihrem ausgezeichneten Wuchs, dem sie für diesen Tag eine solche Form gegeben hatte, daß sie durchaus nicht nach Schwangerschaft aussah: derart, daß der König, der seine Augen stets fest auf sie gerichtet hielt, nicht mehr bemerkte, als wäre sie nicht schwanger gewesen; zu einem sehr Großen unter seinen Vertrautesten sagte er dann: »Unselige und schlechte Leute sind das doch, daß sie aussprengen, das arme Mädchen sei schwanger, niemals habe ich sie anmutiger gesehen. Diese bösen Verleumder, die über sie redeten, haben gelogen und sind im Unrecht.« So entschuldigte dieser gute Fürst das Mädchen und ehrbare Fräulein und sagte das gleiche zu der Königin, als er sich am Abend zu ihr gelegt hatte. Die Königin jedoch, die kein Vertrauen dazu hatte, ließ sie am andern Morgen in ihrer Gegenwart untersuchen, wobei sich herausstellte, daß sie schon im sechsten Monat schwanger war; sie gestand und beichtete ihr alles, wobei sie vorschützte, sie wollten sich ja verheiraten. Trotzdem ließ der durchaus gütige König das Geheimnis so streng bewahren, als er nur konnte, und wollte das Mädchen nicht ins Ärgernis bringen, obwohl die Königin darüber sehr in Zorn geriet. Sie schickten sie indessen ganz still zu ihren nächsten Verwandten, wo sie mit einem schönen Sohne niederkam, der aber so unglücklich war, von dem angeblichen Vater niemals anerkannt zu werden; die Sache zog sich lange hin, die Mutter konnte aber nie etwas erreichen.

Nun liebte König Heinrich die guten Geschichten ebensosehr wie seine königlichen Vorgänger, er wollte nur nicht, daß die Damen damit in einen Skandal oder an die Öffentlichkeit kämen; ziemlich verliebter Natur beachtete er es so, wenn er die Damen besuchte, daß er so geheim und versteckt zu ihnen ging, als er nur konnte, damit kein Verdacht und keine Verleumdung sich an sie heftete. Und wenn einmal eine endeckt wurde, so war es nicht seine Schuld und geschah nicht mit seinem Willen, sondern vielmehr mit dem der Dame, wie bei einer der Fall war, von der ich hörte. Sie stammte aus gutem Hause und hieß Frau Flamin, aus Schottland; als sie in der Tat vom König schwanger geworden war, machte sie durchaus kein Hehl daraus, sondern sagte in ihrem schottischen Französisch voller Frechheit: »Ich habe mein möglichstes getan, und Gott sei Dank bin ich auch vom König schwanger, worüber ich mich sehr geehrt und glücklich fühle; und ich möchte sagen, das königliche Blut ist doch ein ganz ausnehmend süßer und leckerer Saft im Vergleich mit dem andern, und ich befinde mich höchst wohl dabei, ohne die guten Bissen an Geschenken zu zählen, die man dabei gewinnt.«

Der Sohn, den sie damals bekam, war der hochselige Großprior von Frankreich, der jüngst in Marseille getötet wurde, was sehr zu beklagen ist; denn er war ein sehr ehrbarer, tapferer und mutiger Herr: das bewies er bei seinem Tod. Er war auch ein anständiger Mann und der am wenigsten tyrannische Gouverneur, den es seinerzeit oder seither gab, die Provence könnte viel davon erzählen, wie auch, daß er ein sehr freigebiger Herr war, der großen Aufwand trieb; aber er war ein anständiger Mann und begnügte sich mit dem Rechten.

Jene Dame war mit andern, von denen ich hörte, der Meinung, es sei keine Schande dabei, wenn man bei seinem König schlafe; eine Hure sei nur, wer sich den Niedrigen, nicht aber, wer sich den großen Königen und feinen Edelleuten hingebe; wie jene Amazonenkönigin, von der ich redete, die 300 Meilen weit herkam, um sich von Alexander schwängern zu lassen und Rasse von ihm zu bekommen: trotzdem sagt man, eins ist soviel wert wie das andere.

Dem König Heinrich folgte König Franz II. nach, dessen Regierung so kurz war, daß die Lästerer keine Zeit hatten, sich zur Verleumdung der Damen hinzusetzen: und auch wenn er lange regiert hätte, darf man nicht meinen, daß er sie an seinem Hofe zugelassen hätte; denn er war ein König von sehr gütigem und freimütigem Naturell, der an Lästerreden gar keine Lust hatte und überdies auch gegen die Damen sehr achtungsvoll war und sie sehr ehrte: auch waren noch seine königliche Gemahlin, die Königin-Mutter und seine Herren Onkel da, die diesen Schwätzern und Zungenstechern tüchtig das Handwerk legten. Ich erinnere mich: als er einmal im August oder September in Saint-Germain en Laye war, faßte ihn die Lust an, am Abend zu den Hirschen in dem schönen Wald von Saint-Germain zu gehen, um sie in ihrer Brunst zu sehn, wobei er seine vertrautesten Prinzen und ein paar große Damen und Fräulein mitnahm, die ich wohl nennen könnte. Da wollte nun einer darüber schwatzen und sagen, das deute durchaus nicht auf eine anständige und keusche Frau, solche tierische Liebschaften und Brünste zu betrachten, weil der Anblick die Begierde der Venus nur zu sehr aufreize, und wenn sie diese überwinden wollten, ränne ihnen das Wasser oder der Speichel in ihrem Munde zusammen, wogegen es nachher kein andres Mittel gebe als Samenspeichel. Der König erfuhr es und mit ihm die Prinzen und Damen, die ihn begleitet hatten. Man kann sicher sein, wäre der Edelmann nicht sofort ausgerissen, so wäre es ihm schlecht gegangen; er kam auch erst nach dem Tode des Königs und nach seiner Regierung wieder an den Hof. Die damals das Reich regierten, bekamen eine Menge Schmähschriften, aber keine stach und verletzte mehr wie ein Pasquill mit dem Titel Le tigre99 (eine Nachahmung der ersten Anklagerede Ciceros gegen Catilina), weil sie sich gegen die Liebschaften einer sehr großen Dame mit ihrem Verwandten, einem Großen, richtete. Wäre der galante Autor gefaßt worden, so hätte er alle hunderttausend Leben verloren, wenn er so viel besessen hätte; denn die beiden Großen waren darüber so aufgebracht, daß sie verzweifeln zu müssen glaubten.100

Dieser König Franz lag keineswegs in den Banden der Liebe wie seine Vorfahren, er hätte auch sehr unrecht damit gehabt; denn er hatte die schönste und liebenswürdigste Frau von der Welt zur Gemahlin; und wer eine solche hat, läuft keinen andern nach, sonst ist er ein ganz elender Kerl; und wer ihnen nicht nachläuft, der macht sich auch nichts daraus, von den Damen übel oder gut oder überhaupt zu reden, sondern er spricht nur von der seinen. Dies ist eine Maxime, die ich eine ehrenwehrte Persönlichkeit habe aufstellen hören. Trotzdem erlebte ich mehrmals, wie ihr zuwidergehandelt wurde.

Dann kam König Karl, der sich seines zarten Alters halber im Anfang nicht um die Damen kümmerte, sondern sich eher seine Zeit mit jugendlichen Übungen zu vertreiben suchte. Indessen lernte der jetzt verstorbene Herr von Sipierre, sein Erzieher, nach meiner und nach jedermanns Meinung der ehrenwerteste und feinste Kavalier seiner Zeit, den Damen gegenüber der höflichste und verehrungsvollste Mann, dem König, seinem Herrn und Schüler, die Lektion so gut, daß er sich ebenso gegen die Damen benahm wie manche seiner königlichen Vorgänger; denn wenn er je eine Dame sah, mochte sie gering oder groß sein, stellten sich ihm die größten Hindernisse von der Welt entgegen, stand oder ging er, war er zu Pferd oder zu Fuß, sofort grüßte er sie und zog voller Verehrung seinen Hut vor ihr herunter. Als er zur Liebe reif wurde, huldigte er ein paar ehrbaren Damen und Fräulein, die ich kenne, aber mit solcher Ehre und Achtung wie jeder Edelmann an seinem Hofe.

Indessen fingen während seiner Regierung die großen Pasquillanten an, sich auszubreiten, besonders kamen ein paar sehr galante Edelleute vom Hofe in Schwang, die ich nicht nennen will; sie hatten an den Damen herbe Ausstellungen zu machen, im allgemeinen und im besonderen, vor allem an den größten; manche hatten sehr offne Streitigkeiten darüber und befanden sich sehr schlimm dabei: nicht deshalb, daß sie ihre Tat gestanden; denn sie leugneten alles; auch wären sie mit bei der Zeche gewesen, wenn sie gestanden hätten, und der König hätte es ihnen heimgezahlt; denn sie vergriffen sich an zu Großen. Andre machten gute Miene dazu und steckten tausend Beschuldigungen ein, die man bedingungsweise und in die Luft sagte, und tausend Beleidigungen, die ihnen süß wie Milch durch die Kehle liefen, und wagten keine Widerrede, sonst wäre es ihnen ans Leben gegangen. In dieser Hinsicht habe ich mich häufig über solche Leute gewundert, die sich derartig damit befaßten, andre zu verleumden, und gestatteten, daß man um ihre eigne Nase und um sie selbst herumlästerte. Trotzdem standen sie im Rufe tapfer zu sein; aber in dieser Beziehung steckten sie galant den Schimpf ein und ließen nichts davon verlauten.

Ich erinnere mich an ein Pasquill, das gegen eine sehr große Dame, eine schöne und sehr ehrbare Witwe gemacht wurde, die mit einem sehr vornehmen jungen und schönen Prinzen eine zweite Ehe eingehen wollte. Einige nun, die ich sehr gut kenne, und die diese Heirat nicht wollten, machten ein Pasquill über sie, um ihr den Prinzen abwendig zu machen; es war das skandalöseste, das mir je vorkam, sie verglichen sie darin mit fünf oder sechs großen berühmten und sehr geilen Huren des Altertums, so aber, daß sie alle andern übertraf. Die das Pasquill gemacht hatten, zeigten es ihr, wobei sie indessen sagten, es rühre von andern her, und man hätte es ihnen zugesteckt. Nachdem es der Prinz gesehen, strafte er sie Lügen und stieß tausend Beleidigungen gegen die Urheber aus; sie ließen alles stillschweigend über sich ergehen, wiewohl sie tapfer und mutig waren. Es gab aber dem Prinzen doch zu denken; denn das Pasquill wies mit Fingern auf verschiedene Eigentümlichkeiten hin; nach Ablauf von zwei Jahren wurde jedoch die Ehe trotzdem vollzogen.

Der König war so edel und gütig, derartige Leute durchaus nicht zu begünstigen; ein paar lustige Worte beiseite mit ihnen auszutauschen, das liebte er schon, es sollte nur nicht dem Pöbel zu Ohren kommen, er sagte, sein Hof sei der vornehmste und in bezug auf große und schöne Damen der berühmteste der ganzen Welt, und da er in solchem Ruf stünde, wollte er nicht, daß er durch den Mund solcher Schwätzer und Galane heruntergerissen und mißachtet würde; so könne man von den Kurtisanen von Rom, Venedig und andern Orten reden, nicht aber von dem Hofe von Frankreich; und wenn es erlaubt wäre, es zu tun, so wäre es nicht erlaubt, es zu sagen.

Solche Achtung bezeigte der König den Damen, ja ich weiß sogar, in seinen letzten Tagen wollte man ihm über ein paar sehr große, sehr schöne und ehrbare Damen eine schlechte Meinung beibringen, weil sie sich in einige bedeutende Angelegenheiten, die ihn angingen, hineingemengt hatten; er wollte aber keinen Augenblick etwas davon glauben; er war auch ebenso liebenswürdig gegen sie denn je, und er starb mit ihrer Liebe, und sie vergossen die heftigsten Tränen über seinem Leib. Und dann redeten sie gut über ihn, als ihm König Heinrich III. nachfolgte, der infolge schlechter Berichte, die man ihm über sie nach Polen geschickt hatte, nach seiner Rückkehr nicht mehr so große Stücke auf sie hielt wie vorher; ihnen und anderen, die ich kenne, erwies er sich als ein sehr strenger Zensor, was ihm auch nicht mehr Liebe einbrachte; ich glaube aber auch, daß sie ihn nicht sehr geschädigt und auch nicht zu seinem Mißgeschick und Ruin beigetragen haben. Ich könnte schon ein paar Besonderheiten darüber bringen, aber ich lass‘ es wohl bleiben: abgesehen davon, daß man stark in Erwägung ziehen muß, daß die Frau sehr zur Rache geneigt ist; denn wenn sie auch zögert, sie führt sie aus; im Gegensatz zu der Art der Rache von manchen, die im Anfang sehr heiß und feurig ist und sich brüstet, aber das Zaudern und das lange Hinausziehn kühlt sie ab, und es kommt zu nichts. Daher muß man sich von Anfang an in acht nehmen und mit der Zeit den Schlägen wehren; bei der Frau jedoch dauern Wut, Ansturm und Zaudern bis ans Ende; ich sage bei manchen, nicht vielen.

Manche wollten den König wegen der Vorwürfe, die er den Damen machte, indem er sie in Verruf brachte, entschuldigen; es geschähe, um ihre Laster zu zügeln und sie zu bessern, als ob die Besserung etwas dazu nütze; denn das Weib ist ja so geartet, daß es um so begieriger darnach wird, je mehr man ihm verbietet, und es zu bewachen hat auch keinen Zweck. Ich sah auch aus Erfahrung, daß man sich um seinetwillen nicht im geringsten von dem Weg, den man im Auge hatte, ablenken ließ.

Verschiedene Damen, die ich kenne, hat er mit großer Ehrfurcht geliebt und ihnen mit großer Ehre gedient, besonders eine sehr große und schöne Prinzessin, in die er sich, bevor er nach Polen ging, so sehr verliebte, daß er, nachdem er König geworden war, sich entschloß, sie zu heiraten, wiewohl sie eines großen und tapfern Prinzen Frau war, dieser empörte sich gegen ihn und flüchtete ins Ausland, um Truppen zu sammeln und Krieg gegen ihn zu führen; bei seiner Rückkehr nach Frankreich jedoch starb die Dame im Wochenbett. Der Tod allein verhinderte diese Heirat; denn sie war beschlossen; mit der Gunst und dem Dispens des Papstes hätte er sie geehelicht, und sie hätte es ihm nicht verweigert, da er ein so großer König war, und aus verschiedenen andern Gründen, die man sich denken kann.

Mit andern hatte er auch geliebelt, verschrie sie aber. Ich kenne eine Große, die er in Gegenwart von mehreren in Verruf brachte; ihr Gemahl hatte ihm Verdrießlichkeiten bereitet, und er konnte ihn nicht erwischen, und da rächte er sich an seiner Frau; diese Rache war auch sehr milde; denn anstatt, daß er sie umbrachte, ließ er sie leben.

Eine andre Dame kenne ich, die allzusehr die Galante spielte, und mit der er eines Verdrusses halber, den sie ihm machte, nachdrücklich liebelte; es kostete keine große Anstrengung, sie zu überreden, sie gewährte ihm ein Rendezvous in einem Garten, wo er sich auch einfand: sonstwie wollte er sie nicht berühren (sagen einige, aber er rührte sie schon sehr an), sondern er wollte sie bloß auf dem Kaufplatz zeigen und dann mit Schimpf und Schande vom Hof wegjagen.

Er wünschte aus dem Leben der einen und andern zu erfahren und war sehr begierig danach, ihren Willen zu ergründen. Man sagte, manchmal ließ er ein paar seiner Vertrautesten an seinem Glücke mit teilnehmen. Diese waren dann glücklich; denn was diese großen Könige übriglassen, kann nur ganz ausgezeichnet schmecken.

Die Damen fürchteten ihn sehr, wie ich bemerkte: er gab ihnen selbst Verweise, oder er bat die Königin, seine Mutter, darum, die an sich ziemlich heftig darin war, wenn sie auch die Verleumder gerade nicht liebte, wie ich es oben mit den paar Beispielen, die ich anführte, bewies; diese geboten sich Einhalt und änderten sich, was aber gegen die andern ausrichten, wenn sie den wunden Punkt trafen und an die Ehre der Damen rührten?

Von jungen Jahren an war der König, wie ich sah, sehr daran gewöhnt, Geschichten von Damen zu erfahren, auch ich sogar habe ihm diese oder jene erzählt, und er berichtete ebenfalls welche, aber sehr heimlich, weil er Angst hatte, die Königin, seine Mutter, könnte es erfahren; denn sie wollte nicht, daß er sie andern erzählte, als ihr, damit sie sie korrigieren konnte, und wenn er älter und frei wurde, ihre Macht über ihn behielt. Daher wußte er ebenso, wie sie an seinem Hofe und in seinem Reiche lebten, wenigstens manche, und besonders die Großen, als wenn er mit allen Umgang gehabt hätte. Und wenn welche neu an den Hof kamen, so machte er sich sehr höflich und ehrbar an sie heran, erzählte ihnen aber derartige Sachen, daß sie in ihrer Seele baß erstaunten, woher er alle diese Neuigkeiten gelernt hätte, dabei verneinten und leugneten sie ihm alles ab. Und wenn er sich darüber belustigte, verlegte er in anderen und größeren Dingen seinen Geist so stolz darauf, daß man ihn für den größten König hielt, den es seit hundert Jahren in Frankreich gab, wie ich anderswo in einem ihm eigens gewidmeten Kapitel beschrieb.

Ich spreche also nicht mehr über ihn, obwohl man mir sagen könnte, daß ich nicht genug Beispiele in dieser Hinsicht zur Verfügung hätte, und daß ich mehr davon sagen würde, wenn ich könnte. Ja, ich weiß genug, und zwar die feinsten Dinge; aber ich will die Geschichten vom Hof und von der übrigen Welt nicht auf einmal erzählen; auch konnte ich meine Geschichten nicht so gut verdecken und bemänteln, daß man die Leute nicht ohne Skandal herausbrächte.

Nun von solchen Verleumdern der Damen gibt es verschiedene Gattungen. Die einen lästern welche, weil sie ihnen einen Verdruß bereitet haben, obwohl sie zu den keuschesten der Welt gehören; aus einem schönen und reinen Engel, der sie sind, machen sie einen vor Schlechtigkeit geradezu stinkenden Teufel; so brachte ein ehrbarer Edelmann, den ich sah und kannte, eine sehr ehrbare und sittsame Dame eines leichten Verdrusses, den sie ihm bereitet hatte, auf höchst gemeine Weise in Verruf, er bekam deshalb tüchtige Streitigkeiten. Er sagte: »Ich weiß wohl, daß ich unrecht habe, und ich leugne gar nicht, daß diese Dame sehr keusch und sehr tugendhaft ist; aber wenn mich eine Frau nur im geringsten von der Welt beleidigt, und wäre sie ebenso sittsam und keusch, wie die Jungfrau Maria, wenn es mir sonst nicht erlaubt ist, recht über sie zu bekommen, wie über einen Mann, so will ich kein gutes Haar an ihr lassen.« Gottes Zorn kann sich aber dennoch auf ihn stürzen.

Andre Verleumder liebten Damen und konnten ihrer Keuschheit nichts abgewinnen, aus Ärger reden sie über sie wie über Huren; sie sagen und verkünden sogar, sie hätten schon erreicht, was sie gewollt, hätten sie aber verlassen, weil ihnen ihre Unkeuschheit zu viel gewesen wäre. Ich habe eine Menge Edelleute an unsern Höfen gekannt, die solche Sachen machten; da sind Frauen so leichtsinnig und unbeständig, ihre Stutzer und Bettgünstlinge aufzugeben, weil sie ihrer überdrüssig sind, und nehmen an ihrer Stelle andere: darauf hecheln diese Stutzer voll Ärger und Verzweiflung diese armen Frauen durch und bringen sie in Verruf, wie, braucht nicht gesagt zu werden, ja sie erzählen besonders noch ihre Unzucht und Hurereien, die sie zusammen getrieben, und machen die Male, die sie auf ihrem nackten Leibe tragen, publik, damit man’s ihnen eher glaubt.

Andre wiederum, die ärgerlich darüber sind, daß es die andern kriegen und nicht sie, verleumden die Frauen bis aufs äußerste und lassen ihnen auflauern, nachspionieren und sie bewachen, damit sie ihre Angaben der Welt wahrscheinlicher machen können.

Wieder andre reden nur von ordentlicher Eifersucht gepackt, ohne weitern Grund als diesen, übel über die Frauen, von denen sie am meisten geliebt werden, und die sie selbst so lieben, daß sie sie nicht zur Hälfte kennen. Hier liegt eine der großen Wirkungen der Eifersucht. Solche Verleumder sind auch nicht so sehr zu tadeln, als man wohl meinte; denn man muß es der Liebe und Eifersucht anrechnen, zwei Geschwistern vom selben Stamme.

Wieder andre Verleumder sind so dazu geboren und an Lästerungen gewöhnt, daß sie sogar sich selbst verleumden, wenn sie nicht irgend jemand anders verleumden können. Meint ihr denn, die Ehre der Damen wird im Mund solcher Leute geschont? Von mehreren an unsern Höfen wurde mir bekannt, daß sie sich fürchteten, von den Männern zu reden, weil sie Angst hatten, mit ihnen zusammenzustoßen, daher setzten sie sich dann den armen Damen auf die Schleppen, die sich nicht anders rächen können, als mit Tränen, Klagen und Beteuerungen. Dennoch kannte ich auch verschiedene, denen es sehr übel bekommen ist; denn da hatten Damen Verwandte, Brüder, Freunde, Liebhaber, ja sogar Schutz von den Gatten, die manchen Reue einbläuten und sie ihre Redereien wiederkäuen und verschlucken ließen. Wenn ich schließlich alle Varietäten von Verleumdern der Damen aufzählen wollte, die es gibt, ich käme niemals zu Ende.

Wie mir bekannt wurde, hegten manche diese Ansicht über die Liebe: eine heimliche Liebe ist nichts wert, wenn sie sich nicht ein wenig sichtbar macht; wenn es auch nicht alle sind, seien es doch wenigstens die vertrautesten Freunde, die davon wissen; und wenn nicht alle davon wissen dürfen, dann muß es sich doch in Äußerlichkeiten und Liebeszeichen, in Bändern oder Farben kundgeben, oder es muß sich in ritterlichen Taten, wie in Ringelrennen, Turnieren, Maskeraden, Kämpfen in den Schranken, ja erst recht in den Kämpfen zeigen, die man im Krieg besteht. Sicherlich zieht man daraus eine sehr hohe Befriedigung. In der Tat, was könnte es einem großen Feldherrn nützen, eine schöne und ausgezeichnete Waffentat begangen zu haben, wenn er dabei getötet wurde, und es weiß niemand davon? Ich glaube, es hätte ihn bis zum Tode verdrossen. Ebenso muß es den Liebhabern sein, die standesgemäß verliebt sind, sagen manche. Dieser Ansicht war auch der Oberbefehlshaber, Herr von Nemours, das Muster aller Ritterschaft; denn wenn je ein Prinz, ein Herr oder Edelmann Glück in der Liebe hatte, so hatte er es. Es machte ihm kein Vergnügen, es seinen vertrautesten Freunden zu verhehlen; freilich hielt er seine Liebschaften auch oft vor manchen so geheim, daß man sie nur schwer erriet.

Dabei ist für die verheirateten Damen die Entdeckung gewiß sehr gefährlich; was aber die Mädchen und Witwen anlangt, die man heiraten kann, da macht es gar nichts, die Vorgabe einer späteren Ehe deckt alles zu.

Ich kannte bei Hofe einen sehr ehrbaren Edelmann, der einer sehr großen Dame diente; als er sich eines Tages unter seinen Kameraden befand, und sie über ihre Geliebten plauderten, und alle sich verschworen, einander ihre Gunst zu enthüllen, wollte dieser Edelmann doch nie seine verraten, sondern er erfand sich gleich eine andere, womit er sie irreführte; gleichzeitig befand sich auch ein großer Prinz in der Gesellschaft, der ihn beschwor, die Wahrheit zu sagen, weil er seine Vermutung über diese geheime Liebe hatte: aber sie brachten doch weiter nichts aus ihm heraus; und dabei verfluchte er hundertmal sein Schicksal, das ihn zwang, nicht gleich den andern sein Glück zu erzählen, was sich schöner anhört, als wenn man von seinem Unglück berichten muß.

Einen andern kannte ich, der war ein sehr feiner Kavalier, er war aber zu dünkelhaft, und da gab er seine Geliebte durch Zeichen, Worte und Handlungen kund, während er sie doch verschweigen mußte, infolgedessen wäre er beinahe durch einen Mordanschlag gefallen, entging ihm aber noch: bei einer andern Veranlassung aber entkam er einem zweiten nicht, und diesmal mußte er ins Gras beißen.

Ich war zur Zeit König Franz‘ II. am Hofe, als der Graf von Saint-Aignan in Fontainebleau die junge Bourdezière heiratete. Als der Neuvermählte am andern Morgen in die Kammer des Königs gekommen war, begann ihn ein jeder zu necken, wie es der Brauch ist; daran beteiligte sich auch ein sehr tapferer großer Herr, der ihn fragte, wieviel Posten er geritten hätte. Der junge Mann antwortete: fünf. Zufälligerweise war auch ein ehrbarer Edelmann, ein Sekretär, anwesend, der bei einer sehr großen Prinzessin, die ich nicht nennen will, in sehr hoher Gunst stand; der sagte: das sei noch gar nichts, wenn man den guten Weg und das schöne Wetter in Betracht zöge; denn es war im Sommer. Jener große Herr sagte zu ihm: »Na! Mort-Dieu! Ihr müßt wohl Rebhühner101 haben, Ihr!« – »Warum nicht?« replizierte der Sekretär. »Bei Gott! Ich schoß wohl ein Dutzend in vierundzwanzig Stunden auf dem schönsten Hügel, der hier herum liegt und den es möglicherweise in Frankreich gibt.« Wer war nun starr? Jener Herr; denn dadurch erfuhr er, was er schon lange geahnt hatte; und da er in jene Prinzessin sehr verliebt war, wurde er sehr betrübt, daß er da so lange gejagt und nie etwas geschossen hätte, während der andre so glücklich war, sie zu treffen und zu erobern. Für diesmal ließ sich der Edelmann nichts merken; er zügelte seine Unruhe auf später, und ohne eine Erwägung, die ich nicht hersetzen will, hätte er es ihm scharf und verdeckt heimgeleuchtet; indessen trug er ihm immer einen geheimen Haß nach. Und hätte sich der Sekretär besonnen, so hätte er sich mit seiner Jagd nicht so sehr gebrüstet, sondern er hätte sie höchst geheim gehalten, und besonders bei einem so glücklichen Abenteuer, aus dem leicht Streit und Skandal entstehen konnte.

Was soll man von jenem Edelmann von da und da sagen, dem seine Geliebte irgendeinen Ärger bereitet hatte, und der daher so unverschämt war, ihrem Gemahl ihr Bild zu zeigen, das sie ihm gegeben und das er am Halse trug; darüber war der Gatte höchst verblüfft und liebte seine Frau weniger, die die Sache zu beschönigen wußte, so gut sie konnte.

Ein noch größeres Unrecht tat ein großer Herr, den ich kenne; er war verdrossen über irgendeinen Streich, den ihm seine Geliebte gespielt hatte, und da ging er hin und würfelte mit einem seiner Soldaten (er nahm nämlich bei den Fußtruppen eine hohe Stellung ein) um ihr Bild und verlor es; das erfuhr sie und platzte darüber beinahe vor Ärger und erzürnte sich sehr. Die Königin-Mutter erfuhr es und erteilte ihm dafür einen Verweis; denn es läge eine zu große Verachtung darin, dermaßen das Bild einer schönen und ehrbaren Dame dem Fall der Würfel preiszugeben. Der Herr aber beschönigte die Sache, indem er sagte, wie er’s hinlegte, habe er das darin enthaltene Pergament herausgetan und nur das einschließende Kapsel-Medaillon gesetzt, das aus Gold und mit Edelsteinen verziert war. Ich habe oft gesehen, wie über der Geschichte zwischen der Dame und dem Herrn sehr lustig hinüber und herüber geeifert wurde, und habe früher oft nach Herzenslust darüber gelacht.

Noch etwas will ich sagen: es gibt Damen, und deren sah ich manche, die wollen bei ihren Liebschaften schlecht behandelt, bedroht, ja hart angefahren werden, mit solcher Art bekommt man sie mehr, als wenn man sie mit Süßigkeiten füttert; genau wie bei manchen Festungen, denen man mit Gewalt beikommt, den andern mit Milde; trotzdem wollen sie aber nicht beleidigt und als Dirnen verschrien sein; denn sehr oft beleidigen die Worte mehr wie die Taten.

Sulla wollte der Stadt Athen niemals verzeihen und sie von oben bis unten zerstören, und zwar nicht der Hartnäckigkeit halber, mit der sie sich gegen ihn wehrte, sondern nur, weil die im Innern ihn über die Mauer herüber schmähten und Metella, seiner Frau, sehr scharf an die Ehre rührten.102 An diesen und jenen Orten, die ich nicht nennen will, reizten sich die Soldaten bei Scharmützeln und Belagerungen einander dadurch auf, daß sie gegenseitig die Ehre von zweien ihrer regierenden Prinzessinnen lästerten, ja sie gingen so weit, daß sie einander sagten: »Die Deine spielt tüchtig Kegel.« »Und Deine bolzt auch tüchtig zurück.« Infolge dieser Sticheleien und Spöttereien befeuerten die Prinzessinnen ihre Leute ebensosehr zu Untaten und Grausamkeiten, wie aus andern Gründen, die ich erlebte.

Ich hörte erzählen: Die Hauptursache, von der die Königin von Ungarn am meisten befeuert wurde, in der Picardie und in andern Teilen Frankreichs diese tüchtigen Brände anzuzünden, lag darin, daß sie hinter ein paar frechen Lästerern und Schwätzern her war, die ordentlich von ihren Liebschaften schwatzten und ganz laut überall sangen:

Au, au Barbanson Et la reine d’Ongrie,

ein rohes Lied fürwahr, aus dem man auf hundert Schritt den Abenteurer und Bauern heraushört.

Cato konnte seit folgendem Vorfall Cäsar nie mehr lieben; sie waren im Senat, und man beriet gegen Catilina und seine Verschwörung, und als man Verdacht schöpfte, Cäsar stecke mit unter der Decke, wurde ihm verstohlen ein kleines Billett oder, besser gesagt, ein Liebesbriefchen zugesteckt, das ihm Catos Schwester Servilla schickte und das ein Rendezvous oder eine Einladung enthielt, miteinander zu schlafen. Cato ahnte das nicht, sondern vermutete ein Einverständnis Cäsars mit Catilina, er schrie laut auf, der Senat solle Cäsar befehlen, das fragliche Billett auszuliefern. Gezwungen dazu zeigte Cäsar es vor, und da kam nun die Ehre der Schwester Catos in Schimpf und Schande. Es kann sich also jeder denken, ob Cato ihn in Betracht dieses skandalösen Streiches lieben konnte, wie sehr er sich auch stellte, als hasse er Cäsar der Republik halber. Das war aber nicht Cäsars Schuld; denn er mußte den Brief unbedingt vorzeigen; sonst ging es ihm ans Leben. Und ich glaube, Servilla zürnte ihm nicht einmal darüber: in der Tat setzten sie ja ihre Liebschaft stets fort, der Brutus entstammte, für dessen Vater Cäsar gehalten wurde. Brutus dankte es ihm jedoch übel, daß ihn Cäsar in die Welt gesetzt hatte.

Um sich den Großen hinzugeben, wagen nun die Damen viel, und wenn sie Gunsterweisungen, Würden und Reichtümer daraus ziehen, zahlen sie einen teueren Preis dafür.

Ich hörte von einer schönen und ehrbaren Dame, die aus gutem Hause stammte, und in die ein vornehmer Herr, der aus einem noch größeren stammte, verliebt war; als er sie eines Tages in ihrer Kammer allein gelassen auf dem Bett liegend fand, fing der Herr nach einigem Geplauder und Gespräch über die Liebe an, sie zu umarmen, und legte sie mit sanfter Gewalt auf den Pfühl; dann schritt er zum großen Ansturm, sie hielt ihn mit nur geringem und freundlichem Widerstand aus und sagte zu ihm: »Es ist doch eine große Sache, daß ihr großen Herren euch nicht enthalten könnt, eure Macht und eure Freiheit uns Niedrigeren gegenüber zu gebrauchen. Wenn ihr nun wenigstens eben still schweigen könntet, wie ihr euch die Freiheit zu reden herausnehmt, so wäret ihr noch viel begehrenswerter und entschuldbarer. Ich bitte Euch also, mein Herr, haltet geheim, was ihr tut, und hütet meine Ehre.«

Das sind die gewöhnlichen Reden, deren sich untergebene Damen Höheren gegenüber bedienen: »Ha! Mein Herr!« sagen sie, »denkt wenigstens an meine Ehre.« Andere sagen: »Ach, mein Herr, wenn Ihr das sagt, bin ich verloren; nehmt um Gotteswillen mein‘ Ehr‘ in acht!« Andere sagen: »Mein Herr, wenn Ihr nur nichts davon sagt und meine Ehre bewahrt, kümmere ich mich nichts darum«; als wollten sie damit dartun, daß man im geheimen so viel machen kann, als man will; wenn nur die Welt nichts davon erfährt, dann meinen sie nicht entehrt zu sein.

Die größten und stolzesten Damen sagen ihren untergebenen Galanen: »Nehmt Euch nur in acht, ein Wort davon zu sagen, und wenn es nur ein einziges ist; sonst geht’s Euch an den Kragen; ich laß Euch in einen Sack tun und ins Wasser werfen; oder ich laß Euch umbringen, oder ich laß Euch die Hechsen durchschneiden;« und stoßen noch andere derartige und ähnliche Reden aus; denn keine Dame, welchen Standes sie auch sei, will in Verruf kommen, oder durch den Mund der Männer gezogen werden. Manche jedoch sind so unbesonnen, besessen oder liebesverzückt, daß sie sich von selbst, ohne daß die Männer sie anklagten in Verruf bringen: wie vor nicht langer Zeit eine sehr schöne und ehrbare Dame von gutem Herkommen, in die ein großer Herr sich arg verliebt hatte, und die er dann genoß; er hatte ihr ein sehr schönes und kostbares Armband geschenkt, auf dem sie zusammen vorzüglich abgebildet waren, und da hatte sie so wenig Überlegung, daß sie es gewöhnlich auf ihrem völlig nackten Arm über dem Ellenbogen trug; als sich aber eines Tages ihr Gatte mit ihr hingelegt hatte, fand er es zufällig und untersuchte es, und das gab ihm Veranlassung, sich ihrer mit gewaltsamem Tode zu entledigen. Welch übelberatene Frau!

Ich kannte einst einen sehr hohen königlichen Prinzen, der eine der schönsten Damen am Hofe drei Jahre hindurch zur Geliebten gehabt hatte, nach deren Ablauf mußte er sich irgendeines Kriegszuges halber wegbegeben; bevor er aber abreiste, wurde er in eine sehr schöne und ehrbare Prinzessin, wie es nur eine gab, sehr verliebt: und um ihr zu beweisen, daß er ihretwegen seine alte Geliebte verlassen hatte und sie überaus ehren und behuldigen wollte, ohne sich mehr um die andere zu bekümmern, schenkte er ihr vor dem Abschied alle Liebespfänder, Juwelen, Ringe, Bildnisse, Armbänder und alle Aufmerksamkeiten, die er von der ersten hatte; diese sah einige und platzte bei der Wahrnehmung beinahe vor Ärger, sie schwieg auch nicht darüber; indem sie sich aber öffentlich ins Ärgernis brachte, war es ihr zugleich eine Genugtuung, der andern einen Skandal aufzurühren. Ich glaube, wäre jene Prinzessin nicht bald nachher gestorben, nach der Rückkehr von seiner Fahrt hätte der Prinz sie geheiratet.

Ich kannte einen andern, aber nicht so vornehmen Prinzen,103 der sich während seiner ersten Ehe und seiner Witwerschaft in ein sehr schönes und ehrbares Fräulein von da und da verliebte, der er während ihrer Liebschaft und Ergötzung sehr schöne Geschenke an Halsketten, Ringen, Edelsteinen und einer Menge andrer schöner Sachen machte, worunter sich unter anderen ein sehr schöner und köstlicher Spiegel befand, auf dem sein Bild angebracht war. Nun heiratete der Prinz eine sehr schöne und sehr ehrbare Prinzessin von da und da, die ihm den Geschmack an seiner ersten Geliebten verdarb, obwohl sie beide an Schönheit einander nichts nachgaben. Jene Prinzessin überredete und bedrängte ihren Herrn Gemahl so sehr, daß er seiner ersten Geliebten alles wieder abfordern ließ, was er ihr je Schönes und Köstliches geschenkt hatte. Die Dame hatte ein großes Leid darum; trotzdem war ihr Herz so groß und stolz, daß sie, obwohl sie keine Prinzessin war, gleichwohl aber aus einem der ersten Häuser aus Frankreich stammte, ihm alles aufs schönste und köstlichste zurückschickte, worunter auch den schönen Spiegel mit dem Bildnis des Fürsten; vorher aber nahm sie, um ihn besser auszuzieren, Feder und Tinte und malte ihm große Hörner mitten in die Stirn hinein; das Ganze übergab sie dem Edelmann mit den Worten:

»Hier, mein Freund, bringt das Eurem Herrn, ich sende ihm alles wieder, genau wie er mir’s gab, ich habe nichts davon weggenommen oder hinzugefügt, höchstens hat er selbst seitdem etwas hinzugetan; und sagt jener schönen Prinzessin, seiner Gemahlin, die ihn dazu gedrängt hat, von mir wiederzufordern, was er mir gab, wenn der Herr so und so (sie nannte ihn beim Namen, wie ich weiß) ebenso gegen ihre Mutter gehandelt und ihr alles wieder abverlangt und abgenommen hätte, was er ihr zum Geschenk für Liebeleien und Ergötzlichkeiten gegeben hat, weil er so oft bei ihr geschlafen, dann wäre sie so arm an Schmucksachen und Edelsteinen wie irgendein Edelfräulein; jetzt könne sie sich auf Kosten jenes Herrn und des Vorderteils ihrer Mutter damit schmücken, sonst ginge sie alle Morgen in den Garten, um Blumen zu pflücken und sich anstatt mit ihren Edelsteinen damit zu zieren: nun, da er sein Hirschgeweih hat, lasse ich es ihr.« Wer das Fräulein kannte, traute ihr wohl einen solchen Streich zu; sie hat es mir auch selbst erzählt, wie sie denn in ihren Worten sehr frei war; trotzdem aber wäre es ihr beinahe übel bekommen, sowohl von seiten des Gatten wie von seiten der Frau, weil sie sich so in Verruf gebracht sahen; darob tadelte man ihn und sagte, es sei seine Schuld, weil er die arme Dame so erzürnt und in Verzweiflung gebracht hätte; denn diese Geschenke hätte sie sich im Schweiß ihres Angesichts verdient.

Als eines der schönsten und angenehmsten Fräuleins ihrer Zeit wurde sie unerachtet ihrer leiblichen Hingabe an jenen Prinzen alsbald von einem sehr reichen Manne geheiratet, der ihr jedoch an Abstammung nicht ebenbürtig war; als sie sich nun eines Tages die Ehre vorwarfen, die sie einer dem andern erwiesen, daß sie sich heirateten, wobei sie ihre hohe Herkunft ins Feld führte, mit der sie ihn geheiratet, bekam sie die Antwort: »Und ich, ich habe mehr für Euch getan als Ihr für mich; denn ich habe mich entehrt, um Euch Eure Ehre wiederzugeben;« damit wollte er sagen, da sie als Mädchen ihre Ehre verloren, hätte er sie ihr wieder verliehen, indem er sie zu seiner Frau nahm.

Von hoher Stelle hört‘ ich folgendes erzählen: König Franz I. hatte Frau von Chateaubriand, seine Favoritdame, verlassen, um dafür Frau von Etampes zu nehmen, die als Mädchen Helly hieß und von der Frau Regentin als eines ihrer Fräuleins mitgenommen worden war; sie führte sie dem König Franz bei seiner Rückkehr aus Spanien in Bordeaux vor, er nahm sie als seine Geliebte und ließ jene Frau von Chateaubriand; so treibt ein Nagel den andern aus; da bat nun Frau von Etampes den König, von jener Frau von Chateaubriand alle köstlichsten Kleinodien, die er ihr gegeben, zurückzufordern, nicht wegen des Preises und des Wertes; denn damals hatten die Perlen und Edelsteine nicht den Preis, den sie seitdem bekommen haben, sondern weil sie die schönen Devisen liebte, die hineingegraben und hineingeprägt waren, die seine Schwester, die Königin von Navarra, verfaßt und gedichtet hatte. Der König Franz gewährte ihr die Bitte und versprach ihr’s; er tat es auch: wie er nun einen Edelmann hinschickte, um sie ihr abzufordern, stellte sie sich sofort krank und erwirkte sich damit einen Aufschub, daß sie dem Edelmann sagte, er solle in drei Tagen kommen, dann bekäme er, was er verlange. Indessen ließ sie in hohem Ärger einen Goldschmied kommen und ließ ihn alle Juwelen einschmelzen ohne jede Rücksicht auf die schönen eingravierten Devisen: als dann der Edelmann wiederkam, gab sie ihm alle Juwelen, in Goldbarren umgewandelt, und sagte: »Geht, bringt das dem König und sagt ihm, da es ihm gefiel, mir wieder abzuverlangen, was er mir so freigebig verliehen, übergebe ich’s ihm wieder und erstatte es in Goldbarren. Was die Devisen anlangt, so habe ich sie meinen Gedanken so sehr eingeprägt und eingeordnet, und sie sind mir so teuer, daß ich nicht erlauben konnte, daß jemand darüber verfügte, sich daran erfreute und Vergnügen hätte als nur ich.«

Als dem König alles überbracht wurde, die Barren und die Reden jener Dame, sagte er nichts als: »Bringt ihr alles wieder hin. Weshalb ich es wollte, war nicht wegen des Wertes (denn ich hätte ihr das Doppelte wiedererstattet), sondern wegen der Sinnsprüche: da sie diese nun aber vernichtet hat, will ich das Gold nicht und schick‘ es ihr wieder: sie hat damit einen adligeren Mut bewiesen, als ich einer Frau zugetraut hätte.« Wenn einmal das Herz einer edlen Frau erzürnt ist und so verschmäht worden ist, dann ist es großer Dinge fähig.

Anders als die Fürsten, die solche Abforderungen von Geschenken ergehen lassen, handelte einmal Madame von Nevers aus dem Hause Bourbon, die Tochter des Herrn von Montpensier, die zu ihrer Zeit eine sehr sittsame, tugendhafte und schöne Prinzessin war; als solche galt sie in Frankreich und Spanien, wo sie einige Zeit mit der Königin Elisabeth von Frankreich genährt worden war, als deren Gespielin, der sie zu trinken gab; die Königin wurde nämlich von ihren Damen und Fräuleins bedient, und eine jede hatte ihren Hofstaat, wie wir Edelleute in der Umgebung unserer Könige. Diese Prinzessin war mit dem Grafen d’Eu verheiratet, dem ältesten Sohn des Herrn von Nevers, sie waren beide einander würdig; denn er war einer der schönsten und angenehmsten Prinzen seiner Zeit; daher liebten ihn die schönen und ehrbaren Damen am Hofe und suchten ihn zu gewinnen, unter anderm eine, die dazu noch besonders gewandt und geschickt war. Es ereignete sich, daß er eines Tages seiner Frau einen sehr schönen Ring vom Finger nahm mit einem Diamanten im Wert von fünfzehnhundert bis zweitausend Talern, den die Königin von Spanien ihr bei ihrer Abreise geschenkt hatte. Als der Prinz sah, daß seine Geliebte den Ring sehr an ihm rühmte und Begierde nach ihm zeigte, schenkte er als großmütiger und freigebiger Mann ihr offen den Ring, indem er ihr weismachte, er habe ihn beim Ballspiel gewonnen: sie wies ihn nicht zurück, sondern nahm ihn heimlich und trug ihn aus Liebe zu ihm stets am Finger; so daß Frau von Nevers, der ihr Herr Gemahl glauben gemacht, er habe ihn beim Ballspiel verloren oder er sei verpfändet, den Ring in den Händen des Fräuleins sah, von der sie wohl wußte, daß es die Geliebte ihres Gemahls war. Sie besaß so viel Klugheit und Selbstbeherrschung, daß sie nur die Farbe wechselte und, in aller Stille an ihrem Kummer würgend, ohne sich etwas merken zu lassen, den Kopf auf die andere Seite wendete und weder ihrem Gatten noch seiner Geliebten gegenüber jemals etwas davon verlauten ließ. Dafür verdiente sie hohes Lob, daß sie nicht die Störrische spielte, in Wut geriet und dem Fräulein einen Skandal bescherte wie verschiedene andre, die ich kenne, die der Gesellschaft ein Vergnügen gemacht und ihr die Gelegenheit bereitet haben, darüber zu schwatzen und zu lästern.

Man sieht, bei solchen Geschichten ist die Mäßigung sehr nützlich und gut, und man sieht ferner, daß es da Glück und Unglück gibt wie anderswo; denn manche Damen, die nicht im geringsten auf ihre Ehre treten oder darüber stolpern und nur mit einer kleinen Fingerspitze daran rühren, werden sofort verschrien, verrufen und überall geschmäht.

Andre wieder segeln mit vollen Segeln aufs Meer und in die süßen Wasser der Venus, nackten Leibes und ausgestreckt schwimmen sie mit langen Stößen, scherzen und schäkern und fahren nach Cypern zum Tempel der Venus und zu ihren Gärten, wo sie sich nach Lust ergötzen; der Teufel hol’s, wenn man von ihnen redet, genau, als wären sie gar nicht auf der Welt. So ist das Glück den einen günstig, von den andern wendet sich’s ab und verleumdet sie; wie ich zu meiner Zeit verschiedene sah, und wie sie es noch welche gibt.

Zur Zeit König Karls wurde in Fontainebleau ein sehr gemeines und skandalöses Pasquill verfaßt, in dem die Prinzessinnen, die vornehmsten Damen und andere nicht geschont waren. Hätte man den wirklichen Urheber erfahren, es wäre ihm sehr schlecht ergangen.

Auch in Blois, als die Hochzeit der Königin von Navarra mit ihrem königlichen Gemahl geschlossen wurde, entstand eines, ein sehr skandalöses, das gegen eine sehr hohe Dame gerichtet war und dessen Urheber man nicht in Erfahrung bringen konnte; es traten aber sehr viele tapfre und kühne Edelleute auf, die mit dazu gehörten und mit ihren Entgegnungen das Machwerk Lügen straften. Es entstanden noch viele andre und drangen während dieser Regierung und während der König Heinrichs III. ans Licht, unter anderm wurde ein sehr skandalöses in Form eines Lieds verfaßt, nach der Melodie eines Coranto, der damals am Hof getanzt wurde, die Pagen und Lakaien sangen es in hohen und tiefen Tönen.

Zur Zeit König Heinrichs III. geschah noch was viel Schlimmeres; denn ein Edelmann, den ich nennen hörte und kannte, schenkte eines Tages seiner Geliebten ein Buch mit Bildern, worin zweiunddreißig große und mittlere Damen vom Hofe ganz nach der Natur gemalt waren, wie sie bei ihren Liebhabern lagen und sich mit ihnen ergötzten, die ebenso und naturgetreu dargestellt waren. Eine war darunter, die hatte zwei oder drei Liebhaber, andre mehr, andre weniger; und diese zweiunddreißig Damen stellten mehr als siebenundzwanzig Figuren des Aretino dar, die alle verschieden waren. Die Personen waren so gut und natürlich veranschaulicht, daß es schien, als redeten und handelten sie; die einen entkleidet und nackt, die andern mit denselben Gewändern, Haartrachten, Schmucksachen und Kleidern angetan, die sie sonst trugen, und in denen man sie häufig sah. Ganz ebenso die Männer. Kurz, das Buch war so sorgfältig gemalt und hergestellt, daß es nichts daran auszusetzen gab: es hatte auch acht- bis neunhundert Taler gekostet und war ganz koloriert und illuminiert.

Die Dame zeigte und lieh es eines Tages einer großen Freundin und Gefährtin, die von einer vornehmen Dame, die mit im Buche war, und zwar in einer der vorgeschrittensten und schlimmsten Situationen, sehr geliebt und sehr vertraut behandelt wurde; da sie sehr zu ihr hielt, machte sie ihr Mitteilung davon. Nach allem begierig, wollte sie das Buch mit einer andern großen Dame, ihrer Cousine, betrachten, die sie sehr liebte, auch diese war mit abgebildet, die lud sie also zur Feier dieser Augenweide mit ein.

Sie widmeten der Betrachtung die größte Aufmerksamkeit, mit großem Eifer waren sie dabei, von Blatt zu Blatt, ohne daß sie eins oberflächlich übergingen, so daß sie zwei gute Stunden des Nachmittags damit zubrachten. Anstatt daß sie sich ärgerten und erzürnten, lachten sie darüber, bewunderten die Bilder, betrachteten sie genau und gerieten in ihrer Sinnlichkeit und Geilheit in solche Verzückungen, daß sie dazu übergingen, miteinander zu schnäbeln, sich zu umarmen und noch weiter gingen; denn sie waren miteinander ordentlich an dieses Spiel gewöhnt.

Diese beiden Damen waren verwegener, kühner und standhafter als eine andere, von der man mir erzählte: Als sie eines Tages mit zweien ihrer Freundinnen dasselbe Buch durchsah, wurde sie dermaßen hingerissen, geriet in eine solche Liebesbrunst und heftige Begierde, die lasziven Bilder nachzumachen, daß sie nur bis zum vierten Blatt mit ansehn konnte, beim fünften fiel sie ohnmächtig um. Eine schreckliche Ohnmacht das! Sehr im Gegensatz zu der Ohnmacht der Oktavia, der Schwester des Cäsar Augustus, die sofort in Ohnmacht verfiel, als sie eines Tages Virgil die drei Verse vortragen hörte, die er über ihren toten Sohn Marcellus gemacht (wofür sie ihm schon für die drei dreitausend Taler gegeben). Das ist die Liebe, aber eine andre Art!

Ich hörte einmal (damals war ich am Hofe), daß ein großer Prinz von da und da, der alt und sehr bejahrt war, und der seit dem Verlust seiner ersten Frau während seiner Witwerschaft sehr enthaltsam dahingelebt hatte, wie es sein hoher frommer Beruf mit sich brachte, sich in zweiter Ehe mit einer sehr schönen, tugendhaften und jungen Prinzessin verehelichen wollte. Und weil er seit zehn Jahren, seit er Witwer war, keine Frau angerührt hatte und fürchtete, den Gebrauch verlernt zu haben (als ob es eine Kunst sei, deren man vergessen könne) und sich in der ersten Nacht seiner Ehe Schande zu bereiten und nichts Bedeutendes auszurichten, wollte er einen Versuch mit sich anstellen; für Geld gewann er ein schönes junges Mädchen, eine Jungfer, genau wie seine zukünftige Gemahlin, man sagt auch, er traf seine Wahl so, daß sie in den Gesichtszügen ein wenig seiner zukünftigen Frau ähnelte. Das Glück war ihm so hold, daß er zeigte, daß er noch nichts von seinen alten Lektionen verlernt hatte; und sein Versuch geriet ihm so glücklich, daß er sich kühn und fröhlich an die Bestürmung des Forts seiner Frau machte, über die er einen schönen Sieg und hohe Ehre davontrug.

Jener Versuch war glücklicher als der eines Edelmanns, der mir auch genannt wurde, den sein Vater, obwohl er ein junger Bursche und einfältiger Pinsel war, trotzdem verheiraten wollte. Er wollte zuerst den Versuch machen, um in Erfahrung zu bringen, ob er seiner Frau ein artiger Kamerad sein könnte; daher besorgte er sich ein paar Monate vorher ein schönes Freudenmädchen, die er jeden Nachmittag in das Wäldchen seines Vaters kommen ließ; denn es war im Sommer; in der Frische eines Brunnens und unter grünen Bäumen ergötzte er sich da und lustierte sich mit seinem Fräulein, daß es toll war; dergestalt, daß er in betreff dieser Verflixtheit vor keinem Menschen bange hatte. Das Schlimmste war aber, daß er an seinem Hochzeitsabend, als er sich zu seiner Frau gesellte, nichts machen konnte. Wer war starr? Er! Und er verwünschte seinen verfluchten verräterischen Knecht, der ihm versagte, zusamt dem Ort, an dem er war; dann faßte er Mut und sagte zu seiner Frau: »Liebste, ich weiß nicht, was das heißen soll; denn ich habe in allen diesen Tagen im Wäldchen meines Vaters wütig sein können;« und berichtete ihr seine Heldentaten. »Laßt uns schlafen; ich bin der Ansicht, daß ich Euch morgen nachmittag hinführe, und Ihr sollt ein ander Spiel sehn.« Das machte er, und seine Frau befand sich sehr wohl dabei; daher kam später am Hofe das Wort in Schwang: »Hätt‘ ich Euch im Wäldchen von meinem Vater, dann solltet Ihr sehn, was ich machen könnte.« Man stelle sich vor, daß da der Gott der Gärten, Messer Priap, und die verhurten Frauen und Satyrn, die in den Wäldern herrschen, den guten Kameraden Beistand leisten und ihren Werken und Exekutionen ihre Gunst schenken.

Solche Versuche treffen indessen nicht immer zu und machen auch nicht immer Eindruck; denn was die Liebe anlangt, so sah und hörte ich von verschiedenen guten Kämpen, daß sie sich ihre Lektionen wieder einstudieren und ihre Zeugenschaft wieder befestigen mußten, wenn sie auf die hohe Schule kamen; denn die einen sind zu heiß und zu kalt, da sie solche Hitze- und Kältestimmung ganz plötzlich erfaßt; die andern geraten über das herrliche Wesen, das sie in den Armen halten, in Verzückungen; die dritten werden furchtsam; die vierten werden augenblicklich schlaff, ohne zu wissen warum; andere wieder kriegen wahrhaftig das Nestelknüpfen. Kurz, es gibt so viel unvermutete Unzuträglichkeiten, die sich unversehentlich dabei einstellen, daß ich lange nicht fertig würde, wollte ich sie aufzählen. Ich berufe mich hierin auf verschiedene verheiratete Leute und andere Liebesabenteurer, die hundertmal mehr darüber sagen könnten als ich. Solche Proben sind gut für die Männer, nicht aber für die Frauen; so hörte ich von einer Mutter, einer Dame von hohem Rang, erzählen, die ihre Tochter sehr lieb hatte; sie hatte sie einem ehrbaren Edelmann zur Ehe versprochen, vor deren Eingehung aber ließ sie sie aus Furcht, ihre Tochter möchte jene erste und harte Anstrengung nicht ertragen können (wofür man den Edelmann als sehr roh und mächtig ausgestattet schilderte), es zuerst ein dutzendmal mit einem ihrer jungen Pagen versuchen, einem ziemlich großen Burschen, indem sie sagte, nur die erste Öffnung sei schwierig, wenn sie sich im Anfang etwas sanft und mild vollziehe, ertrüge sie die große leichter; das kommt vor und kann sich auch so zutragen. Diese Probe ist noch weit ehrbarer und weniger skandalös als eine, die mir einmal in Italien erzählt wurde, die Probe eines Vaters, der seinen Sohn, einen jungen Dummkopf noch, mit einem sehr schönen Mädchen verheiratet hatte, der er weder in der ersten noch in der zweiten Nacht nach der Hochzeit etwas machen konnte, ein solcher Tropf war er; und als er den Sohn und die Schwiegertochter fragte, wie es ihnen in der Ehe ginge, und ob sie triumphiert hätten, antworteten beide: »Niente.« – »Woran hat’s denn gelegen?« fragte er seinen Sohn. Er antwortete ganz töricht, er wisse es nicht, wie man’s machen müsse. Da ergriff der Vater seinen Sohn mit der einen und die Schwiegertochter mit der andern Hand, führte beide in eine Kammer und sagte zu ihnen: »Ich will euch also zeigen, wie man’s machen muß.« Damit ließ er seine Schwiegertochter auf ein Bettende legen und sie die Beine ausspreizen; dann sagte er zu seinem Sohn: »Nun paß auf, wie ich’s mache,« und zu seiner Schwiegertochter: »Rühr‘ dich nicht; es macht nichts; es tut nicht weh.« Dann steckte er seinen Meister hinein und sagte: »Merke ordentlich auf, wie ich’s mache und wie ich sage dentro fuero dentro fuero.« Diese beiden Worte wiederholte er oftmals, indem er sich hineinschob und wieder rückwärts bewegte, ohne indessen ganz herauszugehen. Nach diesen beständigen Bewegungen und Wiederholungen dentro und fuero, schrie er, als er zur Vollendung kam, heftig und schnell: Dentro, dentro, dentro, dentro, bis er fertig war, und kümmerte sich einen Teufel um das Wort fuero. Damit trieb er, in der Meinung, den Lehrmeister zu spielen, durchaus Ehebruch mit seiner Schwiegertochter, die sich entweder einfältig stellte oder, besser gesagt, schlau war und sich vorzüglich bei dem Stoß befand, wie auch bei andern, die ihr der Sohn und der Vater und alle versetzten; vielleicht wollte er ihr eben die gründlichste Lektion erteilen, die er ihr nicht halb und bis zur Hälfte, sondern bis zur Vollendung lernen wollte. Sonst ist auch keine Lektion was wert.

Von verschiedenen Liebesabenteurern und argen Glückspilzen hörte ich erzählen, daß sie mehrere Damen bei dieser süßen Lust in Ohnmacht und Krämpfe fallen sahen; sie kamen indes ziemlich leicht wieder zu sich; verschiedene rufen, wenn sie da sind, aus: »Ach! – ich sterbe!« Ich glaube, dieser Tod wäre ihnen ein sehr süßer. Andre wieder rollen um solchen Entzückens halber ihre Augen im Kopf herum, als ob sie des Todes sterben sollten, und verhalten sich ganz unbeweglich und regungslos. Von andern hörte ich, daß sie ihre Nerven, Adern und Glieder so heftig anspannen und versteifen, daß sie den Krampf bekommen; so hörte ich von einer, die dem so ausgesetzt war, daß sie nichts dagegen machen konnte. Andre lassen ihr Innerstes furzen, als ob man ihnen einen Bruch wiedereinrichtete.

Bezüglich dieser Ohnmachtsanfälle hörte ich von einer Dame folgendes: Während ihr Liebhaber sie auf einer Truhe in Gebrauch hatte, wurde sie beim süßen Ende dermaßen ohnmächtig, daß sie sich hinter die Lade fallen ließ, über die dann ihre Beine unzüchtig emporstarrten, dergestalt verwickelte sie sich zwischen die Truhe und die Tapisserie an der Wand, und während sie sich anstrengte, sich daraus zu befreien, wobei ihr Freund ihr half, kam eine Gesellschaft herein, die sie überraschte, wie sie die Baumgabel machte; diese betrachtete eine Weile ihre Dessous, was indes alles vorzüglich war; es war nun ihre Aufgabe, das Faktum zu verdecken, indem sie sagte, der Herr hätte sie beim Scherzen hinter die Truhe gestoßen, und sie hatte sich zu stellen, als liebte sie ihn gar nicht.

Diese Dame lief viel größere Gefahr als eine, von der ich hörte: ihr Freund hielt sie umarmt und berannte sie auf dem Bettrand, und wie’s zum süßen Ende kam, wie er fertig war und wie er sich ausstreckte (zufällig hatte er neue Schuhe mit glitscherigen Sohlen an), stemmte er sich auf die bleifarbenen Fliesen, mit denen die Kammer bedeckt war und auf denen man leicht ausgleiten kann, und rollte und glitschte, ohne anhalten zu können, so tüchtig, daß er mit seinem ganz und gar beflitterten und betreßten Wams den Bauch, den Hügel, die S… und die Schenkel seiner Geliebten derartig zerschrammte, daß man meinte, die Krallen einer Katze wären darüber gekommen; es tat der Dame so weh, daß sie unwillkürlich einen starken Schrei ausstieß. Das Beste war jedoch, daß sich die Dame, weil es im Sommer und sehr heiß war, ein wenig geiler hergerichtet hatte als die andern Male; denn sie hatte nur ihr weißes Hemd und einen Mantel von weißem Atlas darüber an, ohne Unterhosen; so daß der Edelmann nach seinem Ausgleiten mit der Nase, dem Mund und dem Kinn gerade auf den Schoß seiner Geliebten hinrutschte, der soeben mit seiner Kraftbrühe angestrichen worden war, die er ihr schon zweimal hineingegossen und mit der er sie so angefüllt hatte, daß sie über die Ränder herausgelaufen und übergeflossen war; damit besudelte er sich also den Mund, die Nase und den Schnurrbart dermaßen, daß man meinte, er hätte sich soeben seinen Bart eingeseift; darüber vergaß die Dame ihren Schmerz und ihre Schrammen und brach in ein solches Gelächter aus, daß sie ihm sagte: »Ihr seid ein tüchtiger Junge, Ihr habt ja Euern Bart ordentlich eingeseift und barbiert, aber mit etwas anderm als mit neapolitanischer Seife.« Die Dame erzählte die Geschichte einer ihrer Freundinnen, der Edelmann einem seiner Freunde. So erfuhr man sie, weil es ja andern wiedererzählt wurde; denn die Geschichte war sehr gut und reizte ordentlich zum Lachen.

Unzweifelhaft erzählen sich die Damen, wenn sie allein unter ihren vertrautesten Freunden sind, ebenso gute Geschichten wie wir, berichten einander ihre Liebschaften und verborgensten Streiche, und dann lachen sie aus vollem Halse darüber und machen sich über ihre Galane lustig, wenn sie einen Fehler begehen oder etwas Lächerliches und Verspottbares machen.

Ja, sie machen es noch besser; denn sie machen einander ihre Liebhaber abspenstig, was sie manchmal nicht aus Liebe tun, sondern um alle Geheimnisse, Umtriebe, Narrheiten, die jene zusammengetrieben, aus ihnen herauszulocken; daraus ziehen sie dann ihren Nutzen, sei es, daß sie ihre Brünste mehr schüren, sei es der Rache halber, sei es, daß sie miteinander in ihren vertrauten Gesprächen, wenn sie beisammen sind, streiten.

Zur Zeit jenes Königs Heinrich III. entstand jenes stumme Pasquillbuch, in dem, wie ich oben erzählte, verschiedene Damen in ihren Stellungen und Beilagern mit ihrem Herrn abgebildet waren. Das war sehr skandalös. Man sehe oben die Stelle nach, wo ich darüber redete.

Nun ist über diesen Gegenstand genug gesagt. Ich möchte herzlich gern, manche Zungen in unserm Frankreich entwöhnten sich dieser Lästerreden und betrügen sich wie spanische: dort würden sie um keinen Preis an die Ehre der Damen zu rühren wagen; sie ehren sie sogar so, daß man ihnen, an welchem Ort es auch immer sei, begegnen kann, und es wird nur im geringsten gerufen lugar à las damas, es verbeugt sich jedermann und erweist ihnen alle Ehre und Ehrerbietung; in ihrer Gegenwart ist jede Frechheit bei Todesstrafe verboten.

Als die Kaiserin, die Gemahlin Kaiser Karls, in Toledo einzog, wäre beinahe, hörte ich, der Marquis von Villana, einer der Granden von Spanien, hoher Strafe verfallen, weil er einen Scharwächter, der ihn dringend zum Weitergehen aufgefordert, bedroht hatte, weil diese Bedrohung in Gegenwart der erwähnten Kaiserin stattfand; wäre es in der des Kaisers geschehen, hätte es keinen so großen Lärm gegeben. Als der Herzog von Feria in Flandern mit den Königinnen Eleonore und Marie durchs Land reiste, gefolgt von ihren Damen und Fräuleins, ritt er in der Nähe seiner Herrin und bekam mit einem andern spanischen Kavalier Händel, da verloren beide beinahe ihr Leben, mehr weil sie den Skandal in Gegenwart der Königinnen und der Kaiserin verursacht hatten, als aus irgendeinem andern Grunde.

Ebenso wäre es Don Carlos d’Avalos in Madrid ergangen, als die Königin Isabella von Frankreich durch die Stadt zog; hätte er sich nicht sofort in eine Kirche geflüchtet, die den armen Schelmen dort als Zufluchtsort dient, so wäre er alsbald zum Tode verurteilt worden. Er mußte sich verkleidet in Sicherheit bringen und aus Spanien flüchten; darob war er sein ganzes Leben auf die elendeste Insel von ganz Italien verbannt, nämlich Lipari.

Sogar die Hofpossenreißer, die sonst das Privilegium haben, zu schwatzen, haben zu leiden, wenn sie an Damen rühren; so passierte es einmal einem namens Legat, den ich kannte. Als eines Tages unsere Königin Elisabeth von Frankreich über den Aufenthalt in Madrid und Valladolid redete und plauderte, wie lustig und ergötzlich er wäre, sagte sie, sie möchte gerne, die beiden Orte wären sich so nahe, daß sie den einen mit dem einen Fuß, den andern mit dem andern berühren könne; das sagte sie, indem sie die Beine weit auseinanderspreizte. Jener Narr, der’s hörte, sagte: »Und ich möchte in der schönen Mitte sein, con un carrajo de borrico, para encarguar y plantar la raya.« Dafür wurde er in der Küche tüchtig geprügelt; indessen hatte er nicht unrecht, diesen Wunsch zu äußern; denn die Königin war eine der schönsten, angenehmsten und ehrbarsten Frauen, die es je in Spanien gab, und sie verdiente wohl auf diese Weise begehrt zu werden, freilich nicht von ihm, sondern von hunderttausendmal ehrenwerteren Leuten.

Ich meine, diese Herren Verleumder und Damenschwätzer möchten gern das Privilegium und die Freiheiten der Winzer in der Campagna von Neapel zur Zeit der Weinlese genießen, denen es, solange sie lesen, erlaubt ist, jedem, der vorübergeht, der auf den Wegen kommt und geht, was sie wollen, Beleidigungen und Sticheleien zuzurufen; dermaßen, daß man sieht, wie sie schreien, ihnen nachheulen, sie ankläffen, ohne jemanden zu schonen, große, mittlere und geringe, welchen Standes sie auch seien. Und das ist das Lustige dabei, sie verschonen auch die Damen nicht, Prinzessinnen und Große, wer sie auch seien: zu meiner Zeit hörte ich sogar und sah es auch, daß verschiedene Damen Geschäfte vorspiegelten, um sich das Vergnügen zu verschaffen, und absichtlich auf die Felder gingen und die Wege passierten, um sie schwatzen zu hören und tausend Sauereien und Geilheiten von ihnen zu vernehmen, die sie gegen die Spaziergängerinnen ausstießen, indem man ihnen ihre Hurereien und Unzucht vorwarf, die sie mit ihren Gatten und Liebhabern übten, ja man warf ihnen ihre Liebschaften und Beischläfe mit ihren Kutschern, Pagen, Lakaien und Botenreitern vor, die sie bei sich hätten. Ja noch mehr, sie verlangten ganz offen die Freundlichkeit ihres Umgangs von ihnen, sie würden sie weit besser bespringen und traktieren als alle andern. Das sagten sie mit ganz naturwahren und echten Ausdrücken, ohne die Worte irgendwie zu entstellen. Die Damen begnügten sich damit, sich den Buckel voll zu lachen, und hatten ihre Muße dabei und ließen ihnen von ihren Begleitern antworten, wie es denn auch erlaubt ist, ihnen ordentlich heimzuzahlen. Mit dem Schluß der Weinlese wird über solche Schimpfereien bis zum andern Jahr ein Waffenstillstand verhangen, sonst würden sie zur Rechenschaft gezogen und tüchtig gestraft.

Man sagte mir, der Brauch sei heute noch im Schwange, und es möchten in Frankreich viele Leute gern, daß er in irgendeiner Jahreszeit beobachtet würde, damit sie das Vergnügen der bei ihnen so geliebten Verleumdungen in aller Sicherheit genießen könnten.

Um nun Schluß zu machen: die Damen sollten von jedermann respektiert, ihre Liebschaften und ihre Gunstbezeigungen geheim gehalten werden. Daher sagte Aretino: wenn man bei diesem Punkte wäre, würden die Worte, die die Liebhaber und Liebhaberinnen miteinander tauschen, nicht so sehr der Ergötzung, auch nicht der gegenseitigen Lust gewidmet sein, sondern mit ihrer Verknüpfung geben sie sich das Zeichen, das Geheimnis ihrer Liebesübungen geheimzuhalten; manche geile und hurerische unverschämte Gatten benehmen sich so frei und ausschweifend mit ihren Worten, daß sie, ohne Genüge an den Schamlosigkeiten und Laszivitäten zu finden, die sie mit ihren Frauen treiben, sie ihren Genossen auseinandersetzen und ausführlich schildern; ich habe manche Frauen gekannt, die deswegen gegen ihre Gatten tödlichen Haß hegten und ihnen daher sehr oft die Freuden verweigerten, die sie ihnen geben konnten; sie wollten nicht in einen Skandal gezogen sein, obwohl sie sich sonst unterordnen müssen.

Der Dichter Herr du Bellay hat in sehr schönen lateinischen »Tumbeaux«, die er gedichtet hat, eine über einen Hund gemacht, die mir wert scheint, hierher gesetzt zu werden; denn sie berührt unser Thema und lautet:

Latratu fures excepi,
mutus amantes
Sic placui domino, sic placuis dominae.

Diebe scheucht‘ ich mit Bellen,
Mit Stummheit grüßt‘ ich die Freunde,
So gefiel ich dem Herrn und so der Herrin.

Wenn man also schon die Tiere lieben muß, weil sie verschwiegen sind, was muß man dann erst mit den Männern machen, wenn sie stille sind? In dieser Beziehung muß man die Ansicht einer Kurtisane hören, die zu den berühmtesten des Altertums gehört hat, eine große Priesterin in ihrem Metier, nämlich Lamia (man kann es); die sagte, insofern sei die Frau am zufriedensten mit ihrem Liebhaber, wenn er in seinen Reden verschwiegen wäre und das geheimhielte, was er täte; dagegen hasse sie vor allem einen Prahler, der sich mit dem brüste, was er nicht leiste, und nicht fertig brächte, was er verspräche. Das letztere will in doppelter Hinsicht verstanden sein. Dazu sagte sie noch: Auch wenn die Frau es mache, wolle sie niemals eine Hure genannt werden oder dafür gelten. Auch sagte man von ihr, daß sie sich selbst niemals über einen Mann lustig mache, oder umgekehrt ein Mann über sie und sie verleumde. Eine solche Dame, eine Gelehrte in der Liebe, kann den andern darin wohl Lehren erteilen.

Nun ist genug über diese Sache geredet; ein besserer Redner als ich hätte sie mehr ausschmücken und weiter ausdehnen können; vor ihm strecke ich Waffen und Feder.

  1. Ludwig XI. soll aber auch für die Sammlung und Veröffentlichung dieser Geschichten Sorge getragen haben. Die Cent Nouvelles Nouvelles stammen größtenteils von ihm, aus der Zeit, da er noch Dauphin war.
  2. d. h. kleiner vertrauter Damenzirkel am Hofe.
  3. Diese Geschichte findet sich Wort für Wort in den Annales d’Aquitaine von J. Bouchet, Ausgabe von 1644. Derlei Geschichten mußten im Hofkreis traditionell sein, denn beide, Brantôme und Bouchet, hatten als Hauptquelle die Hofgespräche.
  4. Nach Bayle könnte dies Franziska von Rohan, Dame de la Garnache, gewesen sein. Ganz sicher weiß man es nicht.
  5. de Thou spricht von diesem gegen 1560 erschienenen Libell und sagt, der Titel rühre davon her, daß darin den Herren von Guise ihre Gewalttaten vorgeworfen wurden.
  6. Franz Baudouin bezichtigt Franz Hofmann der Verfasserschaft des Pamphlets, Bayle bemerkte, daß man ihn wirklich dafür hielt.
  7. »il vous faudrait des perdriaux à vous!« Eine der Quellen für das Toujours perdrix!
  8. Sulla war auch aus dem Grunde so unerbittlich grausam, weil die Athener von den Mauern herunter über sein rotgeflecktes Gesicht spotteten. »Sulla sieht aus wie eine mit Mehl besprenkelte Maulbeere.«
  9. Bayle stellt hier die Vermutung auf, es handle sich um eine Liebschaft zwischen dem Prinzen Condé und der schönen Limeuil.