Argonauten

Argonauten nennt man in der griechischen Sage die Teilnehmer der Fahrt nach Kolchis am Schwarzen Meer. Sie sollten das von Phrixos nach Kolchis gebrachte Goldene Vlies wieder nach Griechenland holen.

Eine Schar von Heroen, die göttlicher Abstammung waren, eilte nach Iolkos in Thessalien, um an dem Unternehmen von Iason teilzunehmen. Orpheus kam als erster und übernahm die Aufgabe, mit seinem Gesang den Ruderern den Takt anzugeben. Ihm folgten unter anderem Peleus und Herakles, die Dioskuren Kastor und Polydeukes, Admetos, Kalais, Orpheus, Zetes, Theseus, Meleagros und Telamon.

Der Schiffsbauer war Argos. Nach ihm wurde das Schiff benannt. Athena half beim Bauen. Das Schiff erhielt von Athena ein Stück Holz von der heiligen Eiche in Dodona eingefügt, das sprechen konnte.

Ein Donner aus heiterem Himmel, sicheres Zeichen der göttlichen Billigung, gab den dreiundfünfzig Helden aus ganz Griechenland das Abfahrtszeichen.

Nach einigen Tagen Küstenschiffahrt kamen die Helden in Lemnos an. Dort herrschte die Königin Hypsipyle über ein ausschließlich weibliches Volk, da ein Jahr davor alle Männer wegen ihrer ständigen Untreue getötet worden waren. Die Argonauten wurden mit Gastfreundschaft auf der Insel aufgenommen. Hypsipyle bot Iason ihre Liebe und den Thron an. Herakles erinnerte aber die Gefährten an ihre Aufgabe und zwang sie zur Abfahrt.

Das Schiff kam zu den Kabiren nach Samothrake und fuhr dann durch den Hellespontos. Jenseits der Meerenge an der Propontis (später Marmarameer genannt) erhob sich die unwegsame Bäreninsel, die mit Phrygien durch einen waldigen Isthmus verbunden war. Dort wurden die Argonauten von Kyzikos, mit Gastfreundschaft aufgenommen. Als sie sich wieder auf den Weg machten, wurden sie durch eine heimtückische Strömung zur anderen Seite der Landenge zurückgetrieben. Sie landeten in der Dunkelheit und bemerkten nicht, daß sie sich wieder auf derselben Insel befanden. Auch die Dolionen erkannten die Argonauten nicht. Sie befürchteten eine Falle und rüsteten zum Krieg. Kyzikos fiel durch die Hand des Iason.

Nach einem Wettrudern kamen die erschöpften Argonauten in Chios (Mysien) an, wo die Najaden den Helden Hylas, von dessen Schönheit gebannt, entführten. Nach langem Suchen machten sich die Argonauten wieder auf den Weg. Herakles, der den Knaben Hylas liebte, blieb, um weiter nach ihm zu suchen. Dies entsprach dem Willen von Zeus, um die Fahrt des Helden zu unterbrechen, der zu seinen Arbeiten zurückkehren mußte, bevor er unter die Unsterblichen im Olymp aufgenommen werden konnte.

Die Argonauten kamen nach Bithynien, das Land der von Amykos beherrschten Bebryker. Fremde, die an seiner Küste landeten, durften sich nicht auf den Weg machen, ohne sich vorher mit dem König im Faustkampf zu messen. Im Namen aller nahm Pollux die Herausforderung an. Der besiegte Amykos wurde an einem Baum gebunden und getötet.

In Thrakien befreiten Iason, Kalais und Zetes, den alten König Phineus, den blinden Seher, von der Verfolgung der Harpyien, die ihm bei jeder Mahlzeit das Essen aus dem Mund stahlen und die Reste beschmutzten, weil er den Argonauten den Weg nach Kolchis zeigte. Die Harpyien waren von Zeus geschickt, weil Phineus die Geheimnisse der Götter verraten hatte.

An der Bosporosmündung am Schwarzen Meer hörten die Argonauten das Getöse der Symplegaden, zwei bewegte Felsen, die unaufhörlich zusammenprallten und den Schiffen die Durchfahrt unmöglich machten. Athena verlieh der Argos den notwendigen Antrieb, um das Felsentor zu durchfahren. Von da an stellten die in Erstaunen geratenen Symplegaden ihre tödlichen Bewegungen ein.

In der Nähe der Südküste des Schwarzen Meeres, erreichten die Argonauten zunächst die Insel Thynias, wo sie Apollon zum Land der Hyperboreer fahren sahen. Nachdem sie das Acherontische Vorgebirge umfahren hatten, wo Idmon von einem Wildschwein getötet wurde, kamen sie zum Grab des Sthenelos. Als die Argonauten vorbeifuhren, erhob sich Sthenelos aus seinem Grab und Orpheus weihte ihm seine Lyra, um ihm Ehre zu erweisen. Seitdem wurde der Ort nach seiner Lyra benannt. Sie segelten weiter über den Fluß Halys und legten in Themiskyra an. Der Aufenthalt war jedoch nur kurz, weil die Gefahr einer Auseinandersetzung mit den Amazonen drohte und jenseits des Landes der Mossyner (die in der Öffentlichkeit all das tun, was andere Völker heimlich machen) die Ares-Insel schon zu sehen war.

Die Argonauten wurden schon vor ihrer Ankunft auf der Ares-Insel von einen Hagel von scharfen, pfeilähnlichen Federn der unheilvollen Vögel gefährdet, die Herakles vom Stymphalos-See verscheucht hatte. Die Argonauten schützten sich bei der Landung vor den Federn mit Helmen und Schildern.

Als die Argonauten wieder auf See waren und Kolchis schon in Sicht war, sahen sie hoch über dem Schiff den Adler von Zeus und kurz danach kam ihnen aus dem Kaukasus das Jammern des Prometheus zu Ohren, dessen Leber gefressen wurde.

Als die Argonauten in Kolchis, der von Aietes, dem Wächter des Goldenen Vlieses, beherrschten Stadt, ankamen, wurden sie vom König sowie von seinen Kindern Apsyrtos und Medeia empfangen. Iason überwand dank eines von Medeia zubereiteten Zaubertrankes die schrecklichen ihm von Aietes auferlegten Aufgaben. Zunächst spannte er die feuerspeienden Stiere von Hephaistos an und pflügte mit ihnen ein Feld. Dann streute er in die Furchen Drachenzähne, aus denen bewaffnete Krieger erwuchsen, die der Held, wie der Mäher auf dem Acker, mit dem Schwert niedermähte. Nachdem das Gemetzel beendet war, schwor Iason vor den Göttern, Medeia als seine Gattin zu ehren, und ergriff mit ihr die Flucht, als er dem wachsamen Drachen das kostbare Vlies entzogen hatte.

Der von der Tochter begangene Verrat erweckte den Zorn von Aietes. Er schickte seinen Sohn Apsyrtos mit mehreren Schiffen zu den Meeresstraßen, um sie zu sperren. Die in Themiskyra angekommenen Flüchtlinge aber wendeten sich dem weiten Isterdelta zu an der westlichen Küste des Schwarzen Meeres zu. Apsyrtos ahnte ihr Vorhaben und erreichte den Fluß noch vor dem Schiff von Iason, so daß er stromaufwärts fuhr und nicht wußte, daß Iason ihm folgte. In diesen Ländern hatte bis dahin niemand je ein Schiff gesehen, und keiner wußte, wie man die Ruder handhabe.

In einem Artemis geweihten Tempel stellte Medeia ihrem Bruder Apsyrtos eine Falle. Er wurde von Iason mit List ermordet. Deshalb erlaubte Zeus nicht, daß die Argos über die Höhe der geweihten Stätte von Dodona hinausfuhr. Iason und Medeia mußten sich vorher von der Zauberin Kirke entsühnen lassen, die sie über den Eridanos im Mittelmeer erreichen konnten. Das Schiff Argos, vom tragischen Tod des Phaethon in Dunst gehüllt, drang in den Fluß ein und gelangte von dort in den zum Meer führenden Strom Rhone. In der Gegend erstreckte sich die sogenannte Straße des Herakles.

Die Argonauten stießen ins Tyrrhenische Meer vor und erreichten die Höhlen und die Häuser der Kirke. Die Zauberin brachte den Erinnyen das reinigende Opfer dar, erlaubte aber den Argonauten nicht, bei ihr zu rasten.

Das Schiff stach wieder in See, entging den Sirenen und widerstand, mit Hilfe der Nereiden, der Gefahr von Skylla und Charybdis. Nach dem Willen von Hera wurde das Steuer von Thetis geführt, die nur von ihrem über dem Ruder gebeugten Mann Peleus gesehen wurde.

Die Argonauten kamen nach Drepanos, der schönen von Alkinoos und seiner Frau Arete beherrschten Stadt der Phaiaken. Hier heirateten Iason und Medeia und lagen auf dem vom Goldenen Vlies bedeckten Bett.

Als die griechische Küste in Sicht war, trieb sie ein Sturm von Boreas nach Libyen, in die von Algen verschlammte, für die Schiffahrt gefährliche Syrtis. Auf Poseidons Befehl kam das Ungeheuer Triton den Argonauten zu Hilfe und brachte sie wieder auf den Kurs nach Kreta.

Iason hoffte, ein gastfreundliches Land vorzufinden, aber Talos warf nach den Fremden, die an Land gehen wollten, mit riesigen Steinblöcken. Medeia gelang es, seinem grausigen Tun ein Ende zu bereiten. Mit Hilfe von Phoibos wurde die tiefe Finsternis erhellt und das Schiff konnte in die vertrauten, Attika von Euboia trennenden Gewässer einlaufen, wo sie in der Ferne den Hafen von Iolkos erkennen konnten.