Project Description

667. Nacht

Sogleich wandte er sein Pferd und führte uns gerade in
das königliche Zelt. Unser Führer war einer der vornehmsten Hofbeamten. Er
trat in das Zelt und sagte: „Herr, ich bringe Euch hier zwei Fremde von
edlem Ansehen. Sie scheinen sehr ermüdet, aber ihre Gesellschaft könnte Euch
vielleicht unterhalten.“

„Man lasse sie herein treten,“ sagte der König,
„vielleicht können sie mir Nachrichten von meiner unglücklichen Tochter
geben.“

Wir wurden vor den Monarchen geführt, vor welchem wir uns
auf ein Knie niederließen und den Teppich küssten. Nach der gewöhnlichen
Begrüßung blieben wir stehen; aber wir erhielten den Befehl, uns auf seidene
Kissen zu setzen. Der große König von Hamah hatte ein trauriges und
nachdenkliches Ansehen, er betrachtete uns beide sehr aufmerksam, und die
Tränen traten ihm in die Augen.

„Ach,“ rief er aus, indem er einen tiefen
Seufzer ausstieß, „ohne die männliche Kleidung, welcher dieser Fremde
trägt, würde ich ihn für meine Tochter gehalten haben, für meine zärtliche
mir geraubte Tochter. Solltet ihr auf Euren Reisen nichts von ihr gehört
haben?“

Wir gaben ihm zu erkennen, wie leid es uns täte, ihm in
diesem Augenblick keine Nachricht von einer ihm so teuren Person geben zu
können. Aber wir versprachen ihm, auf unserer ferneren Riese die
sorgfältigsten Erkundigungen einzuziehen.

„Habt ihr noch einen weiten Weg zu machen,“
fragte der König, „und darf man Euer Ziel wissen?“

„Wir haben keines, und wir reisen zum
Vergnügen,“ erwiderte meine Gefährtin.

„Aber warum wollt ihr da noch weiter reisen?“,
fuhr der König fort, „bleibt hier in meinen Diensten. Ihr verdient wohl,
an dem Hof eines Monarchen angestellt zu sein.“

Eine tiefere Verbeugung war unsere Antwort, und die
Unterhaltung wandte sich auf andere Gegenstände.

Die Betrübnis des Prinzen schien sich zu zerstreuen, und
er fühlte sich gleichsam durch ein Geheimnis der Natur getröstet. Während er
mich über die Wissenschaften, die Künste und Gebräuche mehrerer Völker
befragte, die ich kennen gelernt hatte, blieben seine Augen fest auf meine
Gefährtin gerichtet.

Bei der Mahlzeit mussten wir uns neben ihn setzen, die
eine rechts und die andere links. Er schenkte uns selbst zu trinken ein und
unterhielt sich ohne Zwang mit uns. Die Unterhaltung schien ihn nicht zu
langweilen.

„Ich möchte glauben,“ sagte er zu uns,
„dass ihr verkleidete Prinzen seid, denn ihr habt eine mehr als
gewöhnliche Erziehung erhalten.“

Wir erwiderten ihm ehrfurchtsvoll: „Herr, wir sind
nur die unwürdigsten Eurer Diener.“

Zur Stunde der Ruhe führte uns ein Beamter in ein
prächtiges Zelt, in welchem wir Kleider und Wäsche für uns fanden. ehe ich
mich zu Bett legte, fragte ich meine Gefährtin, warum sie sich ihrem Vater noch
nicht zu erkennen gegeben hätte.

„Ich fürchte,“ sagte sie zu mir, „dass das
übermaß allzu plötzlicher Freude seine durch die Jahre geschwächten Organe
zu sehr angreifen möchte.“

„Tut, was Ihr für angemessen haltet,“ sagte ich
zu ihr.