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404. Nacht

Die Frage veranlasste den Prinzen, dem Sultan, seinem
Vater, die Verlegenheit und Gefahr, worin er sich befunden, als ihn das Pferd in
die Lüfte geführt hatte, zu erzählen, ferner, wie er sich aus derselben
gezogen, und sodann in das Schloss der Prinzessin von Bengalen gelangt sei,
welche gute Aufnahme er dort gefunden, aus welchem Grund er sich länger, als
ihm geziemte, bei ihr aufgehalten, wie gefällig sie sich gegen ihn bewiesen und
wie sie sich zuletzt sogar von ihm bewegen gelassen, ihn nach Persien zu
begleiten, nachdem sie ihm ihre Hand versprochen.

„Und Herr,“ so schloss der Prinz seinen Bericht,
„nachdem ich ihr ebenfalls versprochen, dass ihr mir eure Einwilligung
nicht versagen würdet, habe ich sie auf dem Pferd des Inders mit hierher
gebracht. Sie wartet in einem der Lustschlösser Euer Majestät, wo ich sie
gelassen habe, bloß auf die Nachricht, dass mein ihr gegebenes Versprechen kein
leeres gewesen.“

Bei diesen Worten warf sich der Prinz vor dem Sultan,
seinem Vater, nieder, um ihn zu erweichen. Doch dieser hielt ihn davon zurück,
umarmte ihn nochmals und sagte:

„Mein Sohn, ich genehmige nicht bloß deine
Vermählung mit der Prinzessin von Bengalen, sondern ich will ihr auch sogar
persönlich meinen Besuch abstatten, ihr für das, was ich ihr schuldig bin,
meinen Dank abstatten, sie in meinen Palast hierher führen und noch heute die
Hochzeit feiern.“

Nachdem der Sultan wegen seines Besuchs, den er der
Prinzessin von Bengalen abstatten wollte, die nötigen Befehle erlassen, befahl
er sofort, dass man die Trauerkleider ablegen und die öffentlichen
Lustbarkeiten durch den Klang von Pauken, Trompeten und Trommeln und anderer
kriegerischer Musik beginnen sollte, zugleich befahl er, den Inder aus dem
Gefängnis herauszulassen und vor ihn zu führen.

Der Inder wurde herbeigeführt und ihm vorgestellt. Der
Sultan sagte zu ihm:

„Ich hatte mich deiner Person versichern lassen,
damit dein Leben, obwohl dies Opfer weder meinem Zorn noch meiner Betrübnis
genügt haben würde, mir für das Leben meines Sohnes Bürgschaft leisten
möchte. Danke Gott dafür, dass ich ihn jetzt wieder gefunden habe. Geh, nimm
dein Pferd wieder, und als dich nie mehr vor mir blicken.“

Als der Inder sich von dem Angesicht des Sultans entfernt
und von denen, die ihn aus dem Gefängnis gelassen, erfahren hatte, dass der
Prinz Firus Schach zurückgekehrt und die Prinzessin auf seinem Zauberpferd
mitgebracht habe, ferner an welchem Ort er abgestiegen und sie zurückgelassen,
und dass der Sultan bereits Anstalten träfe, sie abzuholen und sie nach seinem
Palast zu führen, säumte er nicht , ihm und dem Prinzen zuvorzukommen. Er
begab sich eiligst und ohne Zeit zu verlieren nach dem Lustschloss, wendete sich
an den Kastellan und sagte ihm, er käme im Namen des Sultans und des Prinzen
von Persien, um die Prinzessin von Bengalen hinter sich aufs Pferd zu nehmen und
sie durch die Luft zu dem Sultan zu führen, der – wie er versicherte – auf dem
Platz vor seinem Palast sie erwartete, um sie zu empfangen und seinem Hof und
der Stadt Schiras dies Schauspiel zu geben.

Der Inder war dem Kastellan nicht unbekannt, welcher
wusste, dass der Sultan ihn hatte verhaften lassen, und der Kastellan machte um
so weniger Schwierigkeit, seinen Worten Glauben beizumessen, da er ihn in
Freiheit sah. Er stellte sich nun der Prinzessin von Bengalen vor, und diese
hatte kaum vernommen, dass er insbesondere im Namen des Prinzen käme, als sie
auch schon einwilligte, den Wunsch des Prinzen – wie sie glaubte – zu erfüllen.

Der Inder freute sich innerlich über die Leichtigkeit,
womit ihm die Ausführung seines boshaften Planes gelang, stieg aufs Pferd, hob
die Prinzessin mit Hilfe des Kastellans hinter sich auf dasselbe, drehte den
Wirbel und sogleich führte das Pferd ihn und die Prinzessin hoch in die Lüfte
empor.