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13. Nacht

Gegen das Ende der dreizehnten Nacht setzte
Scheherasade, um die Neugier ihrer Schwester Dinarsade zu befriedigen, mit
Erlaubnis des Sultans, ihres Herrn, die Geschichte des griechischen Königs und
des Arztes Duban fort.

„Der griechische König,“ fuhr der
Fischer fort, „begnügte sich nicht, den Arzt Duban an seine Tafel zu
ziehen, sondern gegen Ende des Tages, als er die Versammlung entlassen wollte,
ließ er ihn noch mit einem langen, sehr reichen Rocke bekleiden, gleich denen,
welche seine Hofleute gewöhnlich in seiner Gegenwart trugen; den nächsten
Morgen und die folgenden Tage hörte er nicht auf, ihm sein Wohlwollen zu
bezeigen. Kurz, dieser Fürst glaubte die Verpflichtungen, welche er diesem
geschickten Arzte hatte, nicht genugsam erkennen zu können, und überhäufte
ihn täglich mit neuen Wohltaten.

Nun hatte dieser König einen Großwesir, der
war geizig und neidisch und von Natur fähig zu Verbrechen aller Art. Nicht ohne
ärger hatte er die Geschenke ansehen können, welche dem Arzte gemacht wurden,
dessen Verdienste ihn überdies in den Schatten zu stellen anfingen; er beschloss
also, ihn in der Gunst des Königs zu stürzen.

In dieser Absicht ging er zu diesem Fürsten,
und sagte ihm insgeheim, dass er ihm eine Entdeckung von der äußersten
Wichtigkeit mitzuteilen hätte. Auf die Frage des Königs, worin dies bestände,
antwortete er: „Herr, es ist sehr gefährlich für einen König, sein
Vertrauen einem Manne zu schenken, dessen Treue er noch nicht geprüft hat. Euer
Majestät überhäuft den Arzt Duban mit Wohltaten und verschwendet alle
Liebkosungen an ihn, und weiß nicht, dass er ein Verräter ist, welcher sich an
Euren Hof eingeschlichen hat, um Euch zu ermorden.“

„Von wem hast du, was du mir zu sagen
wagst?“ fragte der König. „Bedenke wohl, dass du zu deinem Herrn
sprichst, und hier eine Sache vorbringst, welche ich nicht so leichthin glauben
werde.“ – „Herr,“ erwiderte der Wesir, „Ich bin vollkommen
unterrichtet von dem, was ich die Ehre habe euch vorzutragen. überlasset euch
nicht einem gefährlichen Zutrauen. Wenn Euer Majestät schläft, so möge sie
erwachen; denn kurz, ich wiederhole es, der Arzt Duban ist tief aus
Griechenland, seinem Vaterland, nur deshalb an euren Hof gekommen, um sein
schreckliches Vorhaben zu vollbringen, wovon ich Euch gesagt habe.“

„Nein, nein, Wesir,“ unterbrach ihn
der König, „ich bin sicher, dass dieser Mann, den Du einen Treulosen und Verräter
schiltst, der tugendhafteste und beste aller Menschen ist; es gibt keinen
Menschen auf der Welt, den ich so sehr liebe, als ihn. Du weißt, durch welches
Mittel, oder vielmehr durch welches Wunder, er mich von dem Aussatze geheilt
hat: wenn er mir nach dem Leben trachtete, warum hat er es denn gerettet? Er
durfte mich ja nur meinem übel überlassen; ich konnte ihm nicht entgehen; mein
Leben war schon halb verzehrt. Höre also auf, mir ungerechten Argwohn
einflößen zu wollen; anstatt darauf zu achten, kündige ich dir an, dass ich
von heut an diesem großen Manne für sein ganzes Leben ein Gehalt von tausend
Zeckinen monatlich gebe. Wenn ich alle meine Reichtümer, ja selbst mein Reich,
mit ihm teilte, so würde ich ihn noch nicht genug belohnen für das, was er an
mir getan hat. Ich sehe wohl, dass seine Tugend deinen Neid erregt; aber glaube
nicht, dass ich mich ungerechterweise wider ihn einnehmen lasse; ich erinnere
mich zu wohl dessen, was die Wesire dem König Sindbad, ihrem Herrn, sagten, um
ihn daran zu verhindern, den Prinzen, seinen Sohn, töten zu lassen …“

„Aber Herr,“ fügte Scheherasade
hinzu, „der anbrechende Tag verbietet mir fort zu fahren.“ – „Es
gefällt mir sehr an dem griechischen Könige,“ sagte Dinarsade, „dass
er die Festigkeit hat, die falsche Anklage seines Wesirs abzuweisen.“ –
„Wenn du heute die Festigkeit dieses Fürsten lobst,“ unterbrach sie
Scheherasade, „so wirst du morgen seine Schwachheit tadeln, wenn der Sultan
vergönnt, dass ich diese Geschichte zu Ende erzähle.“ –

Der Sultan, neugierig, worin der griechische
König diese Schwäche zeigte, schob abermals den Tod der Sultanin auf.