Der Vogel Greif

Gebrüder Grimm

Der Vogel Greif

S isch einisch e Chönig gsi, woner gregiert hat und wiener gheisse hat, weiß i nümme. De het kei Sohn gha, nummene einzige Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het se chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde, si Tochter werd se an Öpfle gsund esse. Do lot er dur sis ganz Land bchant mache, wer siner Tochter Öpfel bringe, daß se se gsund dar chönn esse, de müesse zur Frau ha und Chönig wärde. Das het au ne Pur verno, de drei Söhn gha het. Do säit er zum

elste ‚gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Handkorb) voll vo dene schöne Öpfle mit rote Bagge und träg se a Hof; villicht cha se d, Chönigstochter gsund dra esse und de darfsche hürote und wirsch Chönig.‘ De Kärle hets e so gmacht und der Weg under d, Füeß gno. Woner e Zitlang gange gsi isch, begegnet es chlis isigs Manndle, das frogt ne, was er do e dem Chratte häig, do seit der tJle, denn so het er gheisse, ‚Fröschebäi.‘ Das Manndle säit druf ’no es sölle si und blibe,‘ und isch witer gange. Ändle chunt der Üle fürs Schloß un lot se anmelde, er hob Öpfel, die d, Tochter gsund mache, wenn so dervo ässe tue. Das het der Chönig grüsele gfreut und lot der tJle vor se cho, aber, o häie! woner ufdeckt, so heter anstatt Öpfel Fröschebäi e dem Chratte, die no zapled händ. Drob isch der Chönig bös worde, und lot ne zum Hus us jage. Woner häi cho isch, so verzelter dem Ätte, wies em gange isch. Do schickt der Ätte der noelst Son, de Säme gheisse het; aber dem isch es ganz glich gange wie im tJle. Es isch em halt au es chlis isigs Manndle begegnet, und das het ne gfrogt, was er do e dem Chratte häig, der Säme säit ‚Seüborst,‘ und das isigs Manndle säit ’no es söll si und blibe.‘ Woner do vor es Chönigsschloß cho isch, und säit, er heb Öpfel, a dene se d, Chönigstochter gsund chönn esse, so händ se ne nid welle ine lo, und händ gsäit, es sig scho eine do gsi und heb se füre Nare gha. Der Säme het aber aghalte, er heb gwüß dere Öpfel, se solle ne nume ine lo. Ändle hend sem glaubt, un füre ne vor der Chönig. Aber woner er si Chratte ufdeckt, so het er halt Seüborst. Das het der Chönig gar schröckele erzürnt, so daß er der Säme us em Hus het lo peütsche. Woner häi cho isch, so het er gsäit, wies em ga nge isch. Do chunt der jüngst Bueb, dem händse nume der dumm Hans gsäit, und frogt der Ätte, ob er au mit Öpfel goh dörf. ‚Jo,‘ säit do der Ätte, ‚du wärst der rächt Kerle derzue, wenn die gschite nüt usrichte, was wettest denn du usrichte.‘ Der Bueb het aber nit no glo ‚e woll, Ätte, i will au goh.‘ ‚Gang mer doch ewäg, du dumme Kerle, du muest warte, bis gschiter wirsch,‘ säit druf der Pitte und chert em der Rügge. Der Hans aber zupft ne hinde am Chittel, ‚e woll, Ätte, i will au goh.‘ ‚No minetwäge, so gang, de wirsch woll wieder ome cho,‘ gitt der Ätte zur Antwort eme nidige Ton. Der Bueb hat se aber grüsele gfreut und isch ufgumpee. ‚Jo‘ tue jetz no wiene Nar, du wirsch vo äim Tag zum andere no dümmer,‘ säie der Pitte wieder. Das het aber im Hans nüt gmacht und het se e siner Freud nid lo störe. Wils aber gli Nacht gsi isch, so het er dänkt, er well warte bis am Morge, er möcht hüt doch nümme na Hof gcho. Z, Nacht im Bett het er nid chönne schloffe, und wenn er au ne ihli igschlummert isch, so hets em traumt vo schöne Jumpfere, vo Schlößern, Gold und Silber und allerhand dere Sache meh. Am Morge früe macht er se up der Wäg, und gli drufe bchuntem es chlis mutzigs Manndle, eme isige Chläidle, un frogt ne, was er do e dem Chratte häig. Der Hans gitt em zur Antwort, er heb Öpfel, a dene d, Chönigstochter se gsund äße sött. ‚No,‘ säit das Manndle, ‚es sölle söttige (solche) si und blibe.‘ Aber am Hof händ se der Hans partu nit welle ine lo, denn es sige scho zwee do gsi und hebe gsäit, se bringe Öpfel, und do heb äine Fröschebäi und der ander Seüborst gha. Der Hans het aber gar grüsele aghalte, er heb gwöß kene Fröschebäi, sondern von de schönste Öpfle, die im ganze Chönigreich wachse. Woner de so ordele gredt het, so dänke d‘ Törhüeter, de chönn nid lüge, und lönde ine, und se händ au rächt gha, denn wo der Hans si Chratte vor em Chönig abdeckt, so sind goldgäle Öpfel füre cho. De Chönig het se gfreut, und lot gli der Tochter dervo bringe, und wartet jetzt e banger Erwartig, bis menem der Bericht bringt, was se für Würkig to hebe. Aber nid lange Zit vergot, so bringt em öpper Bricht: aber was meineder, wer isch das gsi? d‘ Tochter selber isch es gsi. So bald se vo dene Öpfel ggäße gha het, isch e gsund us em Bett gsprunge. Wie der Chönig e Freud gha het, chame nid beschribe. Aber jetz het er d‘ Tochter dem Hans nid welle zur Frau ge un säit, er müeß em zerst none Wäidlig (Nachen) mache, de ufem drochne Land wäidliger geu as im Wasser. Der Hans nimint de Betingig a und got häi und verzelts, wies eme gangen seig. Do schickt der Ätte der Üle is Holz, um se söttige Wäidlig z‘ mache. Er hat flißig gewärret (gearbeitet) und derzue gpfiffe. Z‘ Mittag, wo d‘ Sunne am höchste gstande isch, chunt es chlis isigs Manndle und frogt, was er do mach. Der Üle gitt em zur Antwort ‚Chelle (hölzernes Gerät).‘ Das isig Manndle säit ’no es sölle si und blibe.‘

Z‘ Obe meint der Üle, er heb jetz e Wäidlig ginacht, aber woner het welle isitze, so sinds alles Chelle gsi. Der anner Tag got der Säme e Wald, aber s‘ isch em ganz gliche gange wie im Üle. Ain dritte Tag got der dumm Hans. Er schafft rächt flißig, daß es im ganze Wald tönt vo sine chräftige Schläge, derzue singt er und pfift er rächt lustig. Da chunt wieder das chli Manndle z‘ Mittag, wos am heißeste gsi isch, und frogt, was er do mach. ‚E Wäidlig, de uf em drochne Land wäidliger got as uf em Wasser,‘ und wenn er dermit fertig seig, so chom er d, Chönigstochter zur Frau über. ‚No,‘ säit das Manndle, ‚es söll e so äine ge und bliebe.‘ Z, Obe, wo d, Sunne aber z, Gold gange isch, isch der Hans au fertig gsi mit sim Wäidlig und Schiff und Gscher. Er sitzt i und ruederet der Residenz zue. Der Wäidlig isch aber so gschwind gange wie der Wind. Der Chönig hets von witen gseh, will aber im Hans si Tochter nonig ge und säit, er müeß zerst no hundert Haase hüete vom Morge früeh bis z, Obe spot, und wenn em äaine furt chömm, so chömm er d, Tochter nit über. Der Hans isch e des z‘ friede gsi, und gli am andre Tag got er mit siner Herd auf d, Wäid und paßt verwändt uf, daß em keine dervo laufe. Nid mänge Stund isch vergange, so chunt e Magd vom Schloß und säit zum Hans, er söll ere gschwind e Haas ge, so hebe Wisite über cho. Der Hans hett aber woll gmerkt, wo das use will, und säit, er gäb e keine, der Chönig chön denn morn siner Wisite mit Haasepfäffer ufwarte. D, Magd het aber nid no glo und am 2ind fot so no a resniere. Do säit der Hans, wenn d‘ Chönigstochter selber chömm, so woll er ene Haas ge. Dat het d, Magd im Schloß gsäit, und d‘ Tochter isch selber gange. Underdesse isch aber zum Hans das chli Manndle wieder cho und frogt der Hans, was er do tüej. ‚He, d o müeß er hundert Haase hüete, daß em käine dervo lauf, und denn dörf er d‘ Chönigstochter hürote und wäre Chönig.‘ ‚Guet,‘ säit das Manndle, ‚do hesch e Pfifle, und wenn der äine furtlauft, so pfiff nume, denn chunt er wieder ume.‘ Wo do d‘ Tochter cho isch, so gitt ere der Hans e Haas is Fürtüchle. Aber wo se öppe hundert Schritt wit gsi isch, so pfift der Hans, und der Haas springt ere us em Schäubele use und, was gisch was hesch, wieder zu der Herd. Wo’s Obe gsi isch, so pfift de Haasehirt no emol und luegt, ob alle do sige, und treibt se do zum Schloß. Der Chönig het se verwunderet, wie au der Hans im Stand gsi seig, hundert Haase z, hüete, daß em käine dervo glofe isch; er will em aber d, Tochter äine weg nonig ge, und säit, er müeß em no ne Fädere us d, Vogelgrife Stehl bringe. Der Hans macht se grad uf der Wäg und marschiert rächt handle vorwärts. Z, Obe chunt er zu neme Schloß, do frogt er umenes Nachtlager, denn sälbesmol het me no käine Wirtshüser gha, das säit em der Herr vom Schloß mit vele Freude zue und frogt ne, woner he well. Der Hans git druf zur Antwort ‚zum Vogelgrif.‘ ‚So, zum Vogelgrif, me säit ame, er wuß alles, und i hane Schlössel zue nere isige Gäldchiste verlore: ehr chöntet doch so guet si und ne froge, woner seig.‘ ‚Jo frile,‘ säit der Hans, ‚das wili scho tue.‘ Am Morgen früe isch er do witer gange, und chunt unterwägs zue mene andere Schloß, i dem er wieder übernacht blibt. Wo d, Lüt drus verno händ, daß er zum Vogelgrif well, so säge se, es sig im Hus ne Tochter chrank, und se hebe scho alle Mittel brucht, aber es well kais aschlo, er söll doch so guet si und der Vogelgrif froge, was die Tochter wieder chön gsund mache. Der Hans säit, das weller gärn tue, und goht witer. Do chunt er zue emne Wasser, und anstatt eme Feer isch e große große Ma do gsi, de alle Lüte het müesse übere träge. De Ma het der Hans gfrogt, wo sie Räis ane geu. ‚Zum Vogelgrif,‘ säit der Hans. ‚No, wenn er zue ume chömt,‘ säit do de Ma, ’sö froget ne an, worum i all Lüt müeß über das Wasser träge.‘ Do säit der Hans ‚jo, min Gott jo, das wili scho tue.‘ De Ma het ne do uf d, Achsle gno und übere träit. Ändle chunt do der Hans zum Hus vom Vogelgrif, aber do isch nume d‘ Frau dehäime gsi und der Vogelgrif sälber nid. Do frogt ne d, Frau, was er well. Do het ere der Hans alles verzelt, daß ere Fädere sölt ha us s, Vogelgrife Stehl, und denn hebe se emene Schloß der SchIüssel zue nere Gäldchiste verlore, und er sött der Vogelgrif froge, wo der Schlüssel seig; denn seig eme andere Schloß e Tochter chrank, und er söt wüße, was die Tochter chönt gsund mache; denn seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, de d, Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse, worum de Mall all Lüt mueß übere träge. Do säit di Frau ‚ja lueget, mi guete Fründ, s, cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber

wänd, so chönneder under sis Bett undere ligge, und z,Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chönneder denn use länge und em e Fädere usem Stehl riße; und wäge dene Sache, die ner wüße söttet, will i ne sälber froge.‘ Der Hans isch e das alles z, friede gsi und lit unders Bett undere. Z, Obe chunt der Vogelgrif häi, und wiener i d, Stube chunt, so säit er ‚Frau, i schmöke ne Christ.‘ ‚Jo,‘ säit do d, Frau, ’s‘ isch hüt äine do gsi, aber er isch wieder furt;‘ und mit dem het der Vogelgrif nüt me gsäit. Z, mitzt e der Nacht, wo der Vogelgrif rächt geschnarchlet het, so längt der Hans ufe und rißt em e Fädere usem Stehl. Do isch der Vogelgrif plötzle ufgjuckt und säit ‚Frau, i schmöke ne Christ, und s‘ isch mer, s‘ heb me öpper am Stehl zehrt.‘ Do säit d‘ Frau ‚de hesch gwüß traumet, und i ho der jo hüt scho gsäit, s‘ isch e Christ do gsi, aber isch wieder furt. Do het mer allerhand Sache verzellt. Si hebe ime Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore und chönnene numme finde.‘ ‚O die Nare,‘ säit der Vogelgrif, ‚de Schlüssel lit im Holzhus hinder der Tör undere Holzbig.‘ ‚Und denn het er au gsäit, imene Schloß seig e Tochter chrank und se wüße kais Mittel für se gsund z‘ mache.‘ ‚O die Nare,‘ säit der Vogelgrif, ‚under der Chällerstäge het e Chrot es Näscht gmacht von ere Hoore, und wenn se die Hoor wieder het, so wers se gsund.‘ ‚Und denn het er au no gsäit s, sig amene Ort es Wasser un e Ma derbi, der müeß all Lüt drüber träge.‘ ‚O de Nar,‘ säit de Vogelgrif, ‚täter nome emol äine z, mitzt dri stelle, er müeßt denn käine me übere träge.‘ Am Morgen frue isch der Vogelgrif uf gstande und isch furt gange. Do chunt der Hans underem Bette füre und het e schöne Fädere gha; au het er ghört, was der Vogelgrif gsäit het wäge dem Schlüssel und der Tochter und dem Ma. D, Frau vom Vogelgrif het em do alles no nemol verzellt, daß er nüt vergäße, und denn isch er wieder häi zue gange. Zerst chunt er zum Ma bim Wasser, de frogt ne gli, was der Vogelgrif gsäit heb, do säit der Hans, er söll ne zerst übere träge, es well em,s denn däne säge. Do träit ne der Ma übere. Woner däne gsi isch, so säit em der Hans, er söllt nume äinisch äine z, mitzt dri stelle, er müeß denn käine me übere träge. Do het se de Ma grüsele gfreut und säit zum Hans, er well ne zum Dank none mol ume und äne trage. Do säit der Hans näi, er well em die Müeh erspare, er seig sust mit em z’friede, und isch witer gange. Do chunt er zue dem Schloß, wo die Tochter chrank gsi isch, die nimmt er do uf d, Achsle, denn se het nit chönne laufe, und träit se d, Chellerstäge ab und nimmt das Chrotenäscht under dem underste Tritt füre und gits der Tochter i d, Händ, und die springt em ab der Achsle abe und vor im d, Stäge uf, und isch ganz gsund gsi. Jetz händ der Vater und d, Mueter e grüsliche Freud gha und händ dem Hans Gschänke gmacht vo Gold und Silber: und was er nume het welle, das händ sem gge. Wo do der Hans is ander Schloß cho isch, isch er gli is Holzhus gange, und het hinder der Tör under der Holzbige de Schlüssel richtig gfunde, und het ne do dem Herr brocht. De het se au nid wenig gfreut und het dem Hans zur Belohnig vill vo dem Gold gge, das e der Chiste gsi isch, und sust no aller derhand für Sache, so Chüe und Schoof und Gäiße. Wo der Hans zum Chönig cho isch mit deme Sache alle, mit dem Gäld und dem Gold und Silber und dene Chüene, Schoofe und Gäiße, so frogt ne der Chönig, woner au das alles übercho heb. Do säit der Hans, der Vogelgrif gäb äin, so vill me well. Do dänkt der Chönig, er chönt das au bruche und macht se au uf der Wäg zum Vogelgrif, aber woner zue dem Wasser cho isch, so isch er halt der erst gsi, der sid em Hans cho isch, und de Ma stellt e z, mitzt ab und goht furt, und der Chönig isch ertrunke. Der Hans het do d, Tochter ghürotet und isch Chönig worde.

Der Vogel Greif

Gebrüder Grimm

Der Vogel Greif

(Schwyzerdütsch/ Aargau Dialekt)

Sisch einisch e Chönig gsi, woner gregiert hat und wiener gheisse hat, weiß i nümme. De het kei Son gha, nummene einzige Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het se chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde, si Tochter werd se an Öpfle gsund esse. Do lot er dur sis ganz Land bchant mache, wer siner Tochter Öpfel bringe, daß se se gsund dra chönn esse, de müesse zur Frau ha und Chönig wärde.

Das het au ne Pur verno, de drei Sön gha het. Do säit er zum elste »gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Handkorb) voll vo dene schöne Öpfle mit rote Bagge, und träg se a Hof; villicht cha se d´ Chönigstochter gsund dra esse, und de darfsche hürote und wirsch Chönig.« De Kärle hets e so gmacht, und der Weg under d´ Füeß gno. Woner e Zitlang gange gsi isch, begegnet em es chlis isigs Manndle, das frogt ne was er do e dem Chratte häig, do seit der Uele, denn so het er gheisse, »Fröschebäi.« Das Manndle säit druf »no es sölle si und blibe«, und isch witer gange. Ändle chunt der Uele fürs Schloß, un lot se amelde, er heb Öpfel, die d´ Tochter gsund mache, wenn so dervo ässe tue. Das het der Chönig grüsele gfreut und lot der Uele vor se cho, aber, o häie! woner ufdeckt, so het er anstatt Öpfel Fröschebäi e dem Chratte, die no zapled händ. Drob isch der Chönig bös worde, und lot ne zum Hus us jage.

Woner häi cho isch, so verzelter dem Ätte wies em gange isch. Do schickt der Ätte der noelst Son, de Säme gheisse het; aber dem isch es ganz glich gange wie im Uele. Es isch em halt an es chlis isigs Manndle begegnet, und das het ne gfrogt was er do e dem Chratte häig, der Säme säit »Seüborst«, und das isigs Manndle säit »no es söll si und blibe«. Woner do vor es Chönigsschloß cho isch, und säit, er heb Öpfel, a dene se d´ Chönigstochter gsund chönn esse, so händ se ne nid welle ine lo, und händ gsäit es sig scho eine do gsi, und heb se füre Nare gha. Der Säme het aber aghalte, er heb gwüß dere Öpfel, se solle ne nume ine lo. Ändle hend sem glaubt, un füre ne vor der Chönig. Aber woner si Chratte ufdeckt, so het er halt Seüborst. Das het der Chönig gar schröckele erzürnt, so daß er der Säme us em Hus het lo peütsche.

Woner häi cho isch, so het er gsäit wies em gange isch. Do chunt der jüngst Bueb, dem händse nume der dumm Hans gsäit, und frogt der Ätte ob er au mit Öpfel goh dörf. »Jo,« säit do der Ätte, »du wärst der rächt Kerle derzue, wenn die gschite nüt usrichte, was wettest denn du usrichte«. Der Bueb het aber nit no glo »e woll, Ätte, i will au goh.« »Gang mer doch ewäg; du dumme Kärle, du muest warte, bis gschiter wirsch« säit druf der Ätte, und chert em der Rügge. Der Hans aber zupft ne hinde am Chittel, »e woll, Ätte, i will au goh«. »No minetwäge, so gang, de wirsch woll wieder ome cho«, gitt der Ätte zur Antwort eme nidige Ton. Der Bueb hat se aber grüsele gfreut, und isch ufgumpee. »Jo, tue jetz no wiene Nar, du wirsch vo äim Tag zum andere no dümmer«, säit der Ätte wieder.

Das het aber im Hans nüt gmacht, und het se e siner Freud nid lo störe. Wils aber gli Nacht gsi isch, so het er dänkt, er well warte bis am Morge, er möcht hüt doch nümme na Hof gcho. Z´ Nacht im Bett het er nid chönne schloffe, und wenn er au ne ihli igschlummert isch, so hets em traumt vo schöne Jumpfere, vo Schlößern, Gold und Silber, und allerhand dere Sache meh.

Am Morge früe macht er se uf der Wäg, und gli drufe bchuntem es chlis mutzigs Manndle, eme isige Chläidle, un frogt ne was er do e dem Chratte häig. Der Hans gitt em zur Antwort, er heb Öpfel, a dene d´ Chönigstochter se gsund äße sött. »No«, säit das Manndle, »es sölle söttige (solche) si und blibe«. Aber am Hof händ se der Hans partu nit welle ine lo, denn es sige scho zwee do gsi, und hebe gsäit se bringe Öpfel, und do heb äine Fröschebäi und der ander Seüborst gha. Der Hans het aber gar grüsele aghalte, er heb gwöß kene Fröschebäi, sondern von de schönste Öpfel, die im ganze Chönigrich wachse. Woner de so ordele gredt het, so dänke d´ Törhüeter de chönn nid lüge, und lönde ine, und se händ au rächt gha, denn wo der Hans si Chratte vor em Chönig abdeckt, so sind goldgäle Öpfel füre cho. De Chönig het se gfreut, und lot gli der Tochter dervo bringe, und wartet jetzt e banger Erwartig, bis menem der Bricht bringt, was se für Würkig tho hebe. Aber nid lange Zit vergot, so bringt em öpper Bricht: aber was meineder wer isch das gsi? d´ Tochter sälber isch es gsi. So bald se vo dene Öpfel ggäße gha het, isch e gsund us em Bett gsprunge. Wie der Chönig e Freud gha het, chame nid bschribe.

Aber jetz het er d´ Tochter dem Hans nid welle zur Frau ge, und säit er müeß em zerst none Wäidlig (Nachen) mache, de ufem drochne Land wäidliger geu as im Wasser. Der Hans nimint de Betingig a, und got häi, und verzelts wies em gangen seig.

Do schickt der Ätte der Uele is Holz um se söttige Wäidlig z´ mache. Er hat flißig gewärret (gearbeitet), und derzue gpfiffe. Z´ Mittag, wo d´ Sunne am höchste gstande isch, chunt es chlis isigs Manndle, und frogt was er do mach. Der Uele gitt em zur Antwort »Chelle (hölzernes Gerät)«. Das isig Manndle säit »no es sölle si und blibe«. Z‘ Obe meint der Uele er heb jetz e Wäidlig gmacht, aber woner het welle isitze, so sinds alles Chelle gsi.

Der anner Tag got der Säme e Wald, aber s‘ isch em ganz gliche gange wie im Uele.

Ain dritte Tag got der dumm Hans. Er schafft rächt flißig, daß es im ganze Wald tönt vo sine chräftige Schläge, derzue singt er und pfift er rächt lustig. Da chunt wieder das glich Manndle z´ Mittag, wos am heißeste gsi isch, und frogt was er do mach. »E Wäidlig, de uf em drochne Land wäidliger got as uf em Wasser«, und wenn er dermit fertig seig, so chom er d´ Chönigstochter zur Frau über. »No«, säit das Manndle, »es söll e so äine ge und blibe«.

Z´ Obe, wo d´ Sunne aber z´ Gold gange isch, isch der Hans au fertig gsi mit sim Wäidlig und Schiff und Gscher. Er sitzt i, und ruederet der Residenz zue. Der Wäidlig isch aber so gschwind gange wie der Wind. Der Chönig hets vo witen gseh, will aber im Hans si Tochter nonig ge, und säit er müeß zerst no hundert Hase hüete vom Morge früeh bis z´ Obe spot, und wenn em äine furt chömm, so chömm er d´ Tochter nit über. Der Hans isch e des z‘ friede gsi, und gli am andre Tag got er mit siner Heerd auf d´ Wäid und paßt verwändt uf daß em keine dervo lauf. Nid mänge Stund isch vergange, so chunt e Magd vom Schloß, und säit zum Hans er söll ere gschwind e Has ge, se hebe Wisite über cho. Der Hans hett aber woll gmerkt wo das use will, und säit er gäb e keine, der Chönig chön denn morn siner Wisite mit Hasepfäffer ufwarte. D´ Magd het aber nid no glo, und am Änd fot so no a resniere. Do säit der Hans wenn d´ Chönigstochter sälber chömm, so well er ene Has ge. Dat het d´ Magd im Schloß gsäit, und d´ Tochter isch sälber gange.

Underdesse isch aber zum Hans das chli Manndle wieder cho, und frogt der Hans was er do tüej. He, do müeß er hundert Hase hüete, daß em käine dervo lauf, und denn dörf er d´ Chönigstochter hürote und wäre Chönig. »Guet«, säit das Manndle, »do hesch es Pfifle, und wenn der äine furtlauft, so pfiff nume, denn chunt er wieder ume.« Wo do d´ Tochter cho isch, so gitt ere der Hans e Has is Fürtüchle. Aber wo se öppe hundert Schritt wit gsi isch, so pfift der Hans, und der Has springt ere us em Schäubele use, und, was gisch was hesch, wieder zu der Heerd. Wo´s Obe gsi isch, so pfift de Hasehirt no emol, und luegt ob alle do sige, und treibt se do zum Schloß. Der Chönig het se verwunderet wie au der Hans im Stand gsi seig hundert Hase z´ hüete, daß em käine dervo glofe isch; er will em aber d´ Tochter äine weg nonig ge, und säit er müeß em no ne Fädere us d´ Vogelgrife Stehl bringe.

Der Hans macht se grad uf der Wäg und marschiert rächt handle vorwärts. Z´ Obe chunt er zu neme Schloß, do frogt er umenes Nachtlager, denn sälbesmol het me no käine Wirtshüser gha, das säit em der Herr vom Schloß mit vele Freude zue und frogt ne woner he well. Der Hans git druf zur Antwort »zum Vogelgrif«. »So, zum Vogelgrif, me säit ame er wuß alles, und i hane Schlössel zue nere isige Gäldchiste verlore; ehr chöntet doch so guet si, und ne froge woner seig.« »Jo frile«, säit der Hans, »das wili scho tue.«

Am Morge früe isch er do witer gange, und chunt unterwägs zue mene andere Schloß, i dem er wieder übernacht blibt. Wo d´ Lüt drus verno händ daß er zum Vogelgrif well, so säge se es sig im Hus ne Tochter chrank, und se hebe scho alle Mittel brucht, aber es well kais aschlo, er söll doch so guet si, und der Vogelgrif froge was die Tochter wieder chön gsund mache. Der Hans säit, das weller gärn tue, und goht witer.

Do chunt er zue emne Wasser, und anstatt eme Feer isch e große große Ma do gsi, de alle Lüt het müesse übere träge. De Ma het der Hans gfrogt wo sie Räis ane geu. »Zum Vogelgrif«, säit der Hans. »No, wenn er zue ume chömet,« säit do de Ma, »sö froget ne an, worum i all Lüt müeß über das Wasser träge.« Do säit der Hans »jo, min Gott jo, das wili scho tue.« De Ma het ne do uf d´ Achsle gno und übere träit.

Ändle chunt do der Hans zum Hus vom Vogelgrif, aber do isch nume d´ Frau dehäime gsi, und der Vogelgrif sälber nid. Do frogt ne d´ Frau, was er well. Do het ere der Hans alles verzelt, daß ere Fädere sött ha us s´ Vogelgrife Stehl, und denn hebe se emene Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore, und er sött der Vogelgrif froge, wo der Schlüssel seig; denn seig eme andere Schloß e Tochter chrank, und er söt wüße was die Tochter chönt gsund mache; denn seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, de d´ Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse worum de Ma all Lüt müeß übere träge. Do säit di Frau »ja lueget, mi guete Fründ, s´ cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber wänd, so chönneder under sis Bett undere ligge, und z´ Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chönneder denn ufe länge und em e Fädere usem Stehl riße, und wäge dene Sache die ner wüße söttet, will i ne sälber froge«. Der Hans isch e das alles z´ friede gsi, und lit unders Bett undere.

Z´ Obe chunt der Vogelgrif häi, und wiener i d´ Stube chunt, so säit er »Frau, i schmöke ne Christ«. »Jo,« säit do d´ Frau, »s´ isch hüt äine do gsi, aber er isch wieder furt«; und mit dem het der Vogelgrif nüt me gsäit. Z´ mitzt e der Nacht, wo der Vogelgrif rächt geschnarchlet het, so längt der Hans ufe, und rißt em e Fädere usem Stehl. Do isch der Vogelgrif plötzle ufgjuckt und säit »Frau, i schmöke ne Christ, und s´ isch mer, s´ heb me öpper am Stehl zehrt«. Do säit d´ Frau »de hesch gwüß traumet, und i ho der jo hüt scho gsäit, s´ isch e Christ do gsi, aber er isch wieder furt. Do het mer allerhand Sache verzellt. Si hebe ime Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore und chönnene numme finde.« »O die Nare«, säit der Vogelgrif, »de Schlüssel lit im Holzhus hinder der Tör undere Holzbig.» «Und denn het er au gsäit, i me ne Schloß seig e Tochter chrank, und se wüße kais Mittel für se gsund z´ mache.» «O die Nare«, säit der Vogelgrif, »under der Chällerstäge het e Chrot es Näscht gmacht von ere Hoore, und wenn se die Hoor wieder het, so wers se gsund.« »Und denn het er au no gsäit s´ sig amene Ort es Wasser un e Ma derbi, der müeß all Lüt drüber träge.« »O de Nar«, säit de Vogelgrif, »täter nome emol äine z´ mitzt dri stelle, er müeßt denn käine me übere träge.«

Am Morgen frue isch der Vogelgrif uf gstande, und isch furt gange. Do chunt der Hans underem Bette füre, und het e schöne Fädere gha; au het er ghört was der Vogelgrif gsäit het wäge dem Schlüssel und der Tochter und dem Ma. D´ Frau vom Vogelgrif het em do alles no nemol verzellt, daß er nüt vergäße, und denn isch er wieder häi zue gange.

Zerst chunt er zum Ma bim Wasser, de frogt ne gli, was der Vogelgrif gsäit heb, do säit der Hans, er söll ne zerst übere träge, es well em´s denn däne säge. Do träit ne der Ma übere. Woner däne gsi isch, so säit em der Hans er söllt nume äinisch äine z´ mitzt dri stelle, er müeß denn käine me übere träge. Do het se de Ma grüsele gfreut, und säit zum Hans er well ne zum Dank none mol ume und äne trage. Do säit der Hans näi, er well em die Müeh erspare, er seig sust mit em z’friede, und isch witer gange.

Do chunt er zue dem Schloß, wo die Tochter chrank gsi isch, die nimmt er do uf d´ Achsle, denn se het nit chönne laufe, und träit se d´ Chellerstäge ab und nimmt das Chrotenäst under dem underste Tritt füre, und gits der Tochter i d´ Händ, und die springt em ab der Achsle abe und vor im d´ Stäge uf, und isch ganz gsund gsi. Jetz händ der Vater und d´ Mueter e grüsliche Freud gha und händ dem Hans Gschänke gmacht vo Gold und Silber, und was er nume het welle, das händ sem gge.

Wo do der Hans is ander Schloß cho isch, isch er gli is Holzhus gange, und het hinder der Tör under der Holzbige de Schlüssel richtig gfunde, und het ne do dem Herr brocht. De het se au nid wenig gfreut und het dem Hans zur Belohnig vill vo dem Gold gge, das e der Chiste gsi isch, und sust no aller derhand für Sache, so Chüe und Schoof und Gäiße. Wo der Hans zum Chönig cho isch mit dene Sache alle, mit dem Gäld und dem Gold und Silber, und dene Chüene, Schoofe und Gäiße, so frogt ne der Chönig woner au das alles übercho heb. Do säit der Hans, der Vogelgrif gäb äin so vill me well. Do dänkt der Chönig er chönt das au bruche, und macht se au uf der Wäg zum Vogelgrif, aber woner zue dem Wasser cho isch, so isch er halt der erst gsi, der sid em Hans cho isch, und de Ma stellt e z´ mitzt ab, und goht furt, und der Chönig isch ertrunke. Der Hans het do d´ Tochter ghürotet und isch Chönig worde.

Der undankbare Sohn

Gebrüder Grimm

Der undankbare Sohn

Es saß einmal ein Mann mit seiner Frau vor der Haustür, und sie hatten ein gebraten Huhn vor sich stehen und wollten das zusammen verzehren. Da sah der Mann, wie sein alter Vater daherkam, geschwind nahm er das Huhn und versteckte es, weil er ihm nichts davon gönnte. Der Alte kam, tat einen Trunk und ging fort. Nun wollte der Sohn das gebratene Huhn wieder auf den Tisch tragen, aber als er danach griff, war es eine große Kröte geworden, die sprang ihm ins Angesicht und saß da, und ging nicht wieder weg; und wenn sie jemand wegtun wollte, sah sie ihn giftig an, als wollte sie ihm ins Angesicht springen, so daß keiner sie anzurühren getraute. Und die Kröte mußte der undankbare Sohn alle Tage füttern, sonst fraß sie ihm aus seinem Angesicht; und also ging er ohne Ruhe in der Welt hin und her.

Der Trommler

Gebrüder Grimm

Der Trommler

Eines Abends ging ein junger Trommler ganz allein auf dem Feld und kam an einen See, da sah er an dem Ufer drei Stückchen weiße Leinewand liegen. »Was für feines Leinen,« sprach er und steckte eins davon in die Tasche. Er ging heim, dachte nicht weiter an seinen Fund und legte sich zu Bett. Als er eben einschlafen wollte, war es ihm, als nennte jemand seinen Namen. Er horchte und vernahm eine leise Stimme, die ihm zurief: »Trommeler, Trommeler, wach auf.« Er konnte, da es finstere Nacht war, niemand sehen, aber es kam ihm vor, als schwebte eine Gestalt vor seinem Bett auf und ab. »Was willst du?« fragte er. »Gib mir mein Hemdchen zurück,« antwortete die Stimme, »das du mir gestern abend am See weggenommen hast.« »Du sollst es wiederhaben« sprach der Trommler, »wenn du mir sagst, wer du bist.« »Ach,« erwiderte die Stimme, »ich bin die Tochter eines mächtigen Königs, aber ich bin in die Gewalt einer Hexe geraten und bin auf den Glasberg gebannt. Jeden Tag muß ich mit meinen zwei Schwestern im See baden, aber ohne mein Hemdchen kann ich nicht wieder fortfliegen. Meine Schwestern haben sich fortgemacht, ich aber habe zurückbleiben müssen. Ich bitte dich, gib mir mein Hemdchen wieder.« »Sei ruhig, armes Kind,« sprach der Trommler, »ich will dirs gerne zurückgeben.« Er holte es aus seiner Tasche und reichte es ihr in der Dunkelheit hin. Sie erfaßte es hastig und wollte damit fort. »Weile einen Augenblick,« sagte er, »vielleicht kann ich dir helfen.« »Helfen kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kommst du nicht hinauf.« »Was ich will, das kann ich,« sagte der Trommler, »ich habe Mitleid mit dir, und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberg führt.« »Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,« antwortete sie, »mehr darf ich dir nicht sagen.« Darauf hörte er, wie sie fortschwirrte.

Bei Anbruch des Tages machte sich der Trommler auf, hing seine Trommel um und ging ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. Als er ein Weilchen gegangen war und keinen Riesen erblickte, so dachte er: »Ich muß die Langschläfer aufwecken,« hing die Trommel vor und schlug einen Wirbel, daß die Vögel aus den Bäumen mit Geschrei aufflogen. Nicht lange, so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. »Du Wicht,« rief er ihm zu, »was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?« »Ich trommle,« antwortete er, »weil viele Tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.« »Was wollen die hier in meinem Wald?« fragte der Riese. »Sie wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungetüm, wie du bist, säubern.« »Oho,« sagte der Riese, »ich trete euch wie Ameisen tot.« »Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?« sprach der Trommler, »wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich, wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.« Der Riese ward verdrießlich und dachte: »Wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und Bären drücke ich die Gurgel zusammen, aber vor den Erdwürmern kann ich mich nicht schützen.« »Hör, kleiner Kerl,« sprach er, »zieh wieder ab, ich verspreche dir, daß ich dich und deine Gesellen in Zukunft in Ruhe lassen will, und hast du noch einen Wunsch, so sags mir, ich will dir wohl etwas zu Gefallen tun.« »Du hast lange Beine,« sprach der Trommler, »und kannst schneller laufen als ich, trag mich zum Glasberge, so will ich den Meinigen ein Zeichen zum Rückzug geben, und sie sollen dich diesmal in Ruhe lassen.« »Komm her, Wurm,« sprach der Riese, »setz dich auf meine Schulter, ich will dich tragen, wohin du verlangst.« Der Riese hob ihn hinauf, und der Trommler fing oben an nach Herzenslust auf der Trommel zu wirbeln. Der Riese dachte: »Das wird das Zeichen sein, daß das andere Volk zurückgehen soll.« Nach einer Weile stand ein zweiter Riese am Weg, der nahm den Trommler dem ersten ab und steckte ihn in sein Knopfloch. Der Trommler faßte den Knopf, der wie eine Schüssel groß war, hielt sich daran und schaute ganz lustig umher. Dann kamen sie zu einem dritten, der nahm ihn aus dem Knopfloch und setzte ihn auf den Rand seines Hutes; da ging der Trommler oben auf und ab und sah über die Bäume hinaus, und als er in blauer Ferne einen Berg erblickte, so dachte er, »das ist gewiß der Glasberg,« und er war es auch. Der Riese tat noch ein paar Schritte, so waren sie an dem Fuß des Berges angelangt, wo ihn der Riese absetzte. Der Trommler verlangte, er sollte ihn auch auf die Spitze des Glasberges tragen, aber der Riese schüttelte mit dem Kopf, brummte etwas in den Bart und ging in den Wald zurück.

Nun stand der arme Trommler vor dem Berg, der so hoch war, als wenn drei Berge aufeinandergesetzt wären, und dabei so glatt wie ein Spiegel, und wußte keinen Rat, um hinaufzukommen. Er fing an zu klettern, aber vergeblich, er rutschte immer wieder herab. »Wer jetzt ein Vogel wäre,« dachte er, aber was half das Wünschen, es wuchsen ihm keine Flügel. Indem er so stand und sich nicht zu helfen wußte, erblickte er nicht weit von sich zwei Männer, die heftig miteinander stritten. Er ging auf sie zu und sah, daß sie wegen eines Sattels uneins waren, der vor ihnen auf der Erde lag, und den jeder von ihnen haben wollte. »Was seid ihr für Narren,« sprach er, »zankt euch um einen Sattel und habt kein Pferd dazu.« »Der Sattel ist wert, daß man darum streitet,« antwortete der eine von den Männern, »wer darauf sitzt und wünscht sich irgendwohin, und wärs am Ende der Welt, der ist im Augenblick angelangt, wie er den Wunsch ausgesprochen hat. Der Sattel gehört uns gemeinschaftlich, die Reihe, darauf zu reiten, ist an mir, aber der andere will es nicht zulassen.« »Den Streit will ich bald austragen,« sagte der Trommler, ging eine Strecke weit und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach: »Jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.« Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte, war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebene, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Tiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Türe und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und roten Augen die Türe; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase und sah ihn scharf an, dann fragte sie, was sein Begehren wäre. »Einlaß, Kost und Nachtlager,« antwortete der Trommler. »Das sollst du haben,« sagte die Alte, »wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.« »Warum nicht?« antwortete er, »ich scheue keine Arbeit, und wenn sie noch so schwer ist.« Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und abends ein gutes Bett. Am Morgen, als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin und sagte: »Jetzt geh an die Arbeit und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus, aber ehe es Nacht wird, mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht und nebeneinandergelegt sein.« »Das ist eine seltsame Arbeit,« sagte der Trommler, ging aber zu dem Teich und fing an zu schöpfen. Er schöpfte den ganzen Morgen, aber was kann man mit einem Fingerhut bei einem großen Wasser ausrichten, und wenn man tausend Jahre schöpft? Als es Mittag war, dachte er: »Es ist alles umsonst, und ist einerlei, ob ich arbeite oder nicht,« hielt ein und setzte sich nieder. Da kam ein Mädchen aus dem Haus gegangen, stellte ihm ein Körbchen mit Essen hin und sprach: »Du sitzest da so traurig, was fehlt dir?« Er blickte es an und sah, daß es wunderschön war. »Ach,« sagte er, »ich kann die erste Arbeit nicht vollbringen, wie wird es mit den andern werden? Ich bin ausgegangen, eine Königstochter zu suchen, die hier wohnen soll, aber ich habe sie nicht gefunden; ich will weitergehen.« »Bleib hier,« sagte das Mädchen, »ich will dir aus deiner Not helfen. Du bist müde, lege deinen Kopf in meinen Schoß und schlaf. Wenn du wieder aufwachst, so ist die Arbeit getan.« Der Trommler ließ sich das nicht zweimal sagen. Sobald ihm die Augen zufielen, drehte sie einen Wunschring und sprach »Wasser herauf, Fische heraus.« Alsbald stieg das Wasser wie ein weißer Nebel in die Höhe und zog mit den andern Wolken fort, und die Fische schnalzten, sprangen ans Ufer und legten sich nebeneinander, jeder nach seiner Größe und Art. Als der Trommler erwachte, sah er mit Erstaunen, daß alles vollbracht war. Aber das Mädchen sprach: »Einer von den Fischen liegt nicht bei seinesgleichen, sondern ganz allein. Wenn die Alte heute abend kommt und sieht, daß alles geschehen ist, was sie verlangt hat, so wird sie fragen: »Was soll dieser Fisch allein?« Dann wirf ihr den Fisch ins Angesicht und sprich: ‚er soll für dich sein, alte Hexe.‘ Abends kam die Alte, und als sie die Frage getan hatte, so warf er ihr den Fisch ins Gesicht. Sie stellte sich, als merkte sie es nicht, und schwieg still, aber sie blickte ihn mit boshaften Augen an. Am andern Morgen sprach sie: »Gestern hast du es zu leicht gehabt, ich muß dir schwerere Arbeit geben. Heute mußt du den ganzen Wald umhauen, das Holz in Scheite spalten und in Klaftern legen, und am Abend muß alles fertig sein.« Sie gab ihm eine Axt, einen Schläger und zwei Keile. Aber die Axt war von Blei, der Schläger und die Keile waren von Blech. Als er anfing zu hauen, so legte sich die Axt um, und SchIäger und Keile drückten sich zusammen. Er wußte sich nicht zu helfen, aber mittags kam das Mädchen wieder mit dem Essen und tröstete ihn. »Lege deinen Kopf in meinen Schoß,« sagte sie, »und schlaf, wenn du aufwachst, so ist die Arbeit getan.« Sie drehte ihren Wunschring, in dem Augenblick sank der ganze Wald mit Krachen zusammen, das Holz spaltete sich von selbst und legte sich in Klaftern zusammen; es war als ob unsichtbare Riesen die Arbeit vollbrächten. Als er aufwachte, sagte das Mädchen: »Siehst du, das Holz ist geklaftert und gelegt; nur ein einziger Ast ist übrig, aber wenn die Alte heute abend kommt und fragt, was der Ast solle, so gib ihr damit einen Schlag und sprich: ‚der soll für dich sein, du Hexe.‘ Die Alte kam, »siehst du,« sprach sie, »wie leicht die Arbeit war, aber für wen liegt der Ast noch da?« »Für dich, du Hexe,« antwortete er und gab ihr einen Schlag damit. Aber sie tat, als fühlte sie es nicht, lachte höhnisch und sprach: »Morgen früh sollst du alles Holz auf einen Haufen legen, es anzünden und verbrennen.« Er stand mit Anbruch des Tages auf und fing an das Holz herbeizuholen, aber wie kann ein einziger Mensch einen ganzen Wald zusammentragen? Die Arbeit rückte nicht fort. Doch das Mädchen verließ ihn nicht in der Not, es brachte ihm mittags seine Speise, und als er gegessen hatte, legte er seinen Kopf in den Schoß und schlief ein. Bei seinem Erwachen brannte der ganze Holzstoß in einer ungeheuern Flamme, die ihre Zungen bis in den Himmel ausstreckte. »Hör mich an,« sprach das Mädchen, »wenn die Hexe kommt, wird sie dir allerlei auftragen, tust du ohne Furcht, was sie verlangt, so kann sie dir nichts anhaben, fürchtest du dich aber, so packt dich das Feuer und verzehrt dich. Zuletzt, wenn du alles getan hast, so packe sie mit beiden Händen und wirf sie mitten in die Glut.« Das Mädchen ging fort, und die Alte kam herangeschlichen, »hu! mich friert,« sagte sie »aber das ist ein Feuer, das brennt, das wärmt mir die alten Knochen, da wird mir wohl. Aber dort liegt ein Klotz, der will nicht brennen, den hol mir heraus. Hast du das noch getan, so bist du frei und kannst ziehen, wohin du willst. Nur munter hinein.« Der Trommler besann sich nicht lange, sprang mitten in die Flammen, aber sie taten ihm nichts, nicht einmal die Haare konnten sie ihm versengen. Er trug den Klotz heraus und legte ihn hin. Kaum aber hatte das Holz die Erde berührt, so verwandelte es sich, und das schöne Mädchen stand vor ihm, das ihm in der Not geholfen hatte, und an den seidenen, goldglänzenden Kleidern, die es anhatte, merkte er wohl, daß es die Königstochter war. Aber die Alte lachte giftig und sprach: »Du meinst, du hättest sie, aber du hast sie noch nicht.« Eben wollte sie auf das Mädchen losgehen und es fortziehen, da packte er die Alte mit beiden Händen, hob sie in die Höhe und warf sie den Flammen in den Rachen, die über ihr zusammenschlugen, als freuten sie sich, daß sie eine Hexe verzehren sollten.

Die Königstochter blickte darauf den Trommler an, und als sie sah, daß es ein schöner Jüngling war, und bedachte, daß er sein Leben daran gesetzt hatte, um sie zu erlösen, so reichte sie ihm die Hand und sprach: »Du hast alles für mich gewagt, aber ich will auch für dich alles tun. Versprichst du mir deine Treue, so sollst du mein Gemahl werden. An Reichtümern fehlt es uns nicht, wir haben genug an dem, was die Hexe hier zusammengetragen hat.« Sie führte ihn in das Haus, da standen Kisten und Kasten, die mit ihren Schätzen angefüllt waren. Sie ließen Gold und Silber liegen und nahmen nur die Edelsteine. Sie wollte nicht länger auf dem Glasberg bleiben, da sprach er zu ihr: »Setze dich zu mir auf meinen Sattel, so fliegen wir hinab wie Vögel.« »Der alte Sattel gefällt mir nicht,« sagte sie, »ich brauche nur an meinem Wunschring zu drehen, so sind wir zu Haus.« »Wohlan,« antwortete der Trommler, »so wünsch uns vor das Stadttor.« Im Nu waren sie dort, der Trommler aber sprach: »Ich will erst zu meinen Eltern gehen und ihnen Nachricht geben, harre mein hier auf dem Feld, ich will bald zurück sein.« »Ach,« sagte die Königstochter, »ich bitte dich, nimm dich in acht, küsse deine Eltern bei deiner Ankunft nicht auf die rechte Wange, denn sonst wirst du alles vergessen, und ich bleibe hier allein und verlassen auf dem Feld zurück.« »Wie kann ich dich vergessen?« sagte er und versprach ihr in die Hand, recht bald wiederzukommen. Als er in sein väterliches Haus trat, wußte niemand, wer er war, so hatte er sich verändert, denn die drei Tage, die er auf dem Glasberg zugebracht hatte, waren drei lange Jahre gewesen. Da gab er sich zu erkennen, und seine Eltern fielen ihm vor Freude um den Hals, und er war so bewegt in seinem Herzen, daß er sie auf beide Wangen küßte und an die Worte des Mädchens nicht dachte. Wie er ihnen aber den Kuß auf die rechte Wange gegeben hatte, verschwand ihm jeder Gedanke an die Königstochter. Er leerte seine Taschen aus und legte Hände voll der größten Edelsteine auf den Tisch. Die Eltern wußten gar nicht, was sie mit dem Reichtum anfangen sollten. Da baute der Vater ein prächtiges Schloß, von Gärten, Wäldern und Wiesen umgeben, als wenn ein Fürst darin wohnen sollte. Und als es fertig war, sagte die Mutter: »Ich habe ein Mädchen für dich ausgesucht, in drei Tagen soll die Hochzeit sein.« Der Sohn war mit allem zufrieden, was die Eltern wollten.

Die arme Königstochter hatte lange vor der Stadt gestanden und auf die Rückkehr des Jünglings gewartet. Als es Abend ward, sprach sie: »Gewiß hat er seine Eltern auf die rechte Wange geküßt und hat mich vergessen.« Ihr Herz war voll Trauer, sie wünschte sich in ein einsames Waldhäuschen und wollte nicht wieder an den Hof ihres Vaters zurück. Jeden Abend ging sie in die Stadt und ging an seinem Haus vorüber: er sah sie manchmal, aber er kannte sie nicht mehr. Endlich hörte sie, wie die Leute sagten: »Morgen wird seine Hochzeit gefeiert.« Da sprach sie: »Ich will versuchen, ob ich sein Herz wiedergewinne.« Als der erste Hochzeitstag gefeiert ward, da drehte sie ihren Wunschring und sprach: »Ein Kleid so glänzend wie die Sonne.« Alsbald lag das Kleid vor ihr und war so glänzend, als wenn es aus lauter Sonnenstrahlen gewebt wäre. Als alle Gäste sich versammelt hatten, so trat sie in den Saal. Jedermann wunderte sich über das schöne Kleid, am meisten die Braut, und da schöne Kleider ihre größte Lust waren, so ging sie zu der Fremden und fragte, ob sie es ihr verkaufen wollte. »Für Geld nicht,« antwortete sie, »aber wenn ich die erste Nacht vor der Türe verweilen darf, wo der Bräutigam schläft, so will ich es hingeben.« Die Braut konnte ihr Verlangen nicht bezwingen und willigte ein, aber sie mischte dem Bräutigam einen Schlaftrunk in seinen Nachtwein, wovon er in tiefen Schlaf verfiel. Als nun alles still geworden war, so kauerte sich die Königstochter vor die Türe der Schlafkammer, öffnete sie ein wenig und rief hinein:

»Trommler, Trommler, hör mich an«

hast du mich denn ganz vergessen?

hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen?

habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben?

hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben?

Trommler, Trommler, hör mich an.«

Aber es war alles vergeblich, der Trommler wachte nicht auf, und als der Morgen anbrach, mußte die Königstochter unverrichteter Dinge wieder fortgehen. Am zweiten Abend drehte sie ihren Wunschring und sprach: »Ein Kleid so silbern als der Mond.« Als sie mit dem Kleid, das so zart war wie der Mondschein, bei dem Fest erschien, erregte sie wieder das Verlangen der Braut und gab es ihr für die Erlaubnis, auch die zweite Nacht vor der Türe der Schlafkammer zubringen zu dürfen. Da rief sie in nächtlicher Stille

»Trommler, Trommler, hör mich an«

hast du mich denn ganz vergessen?

hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen?

habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben?

hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben?

Trommler, Trommler, hör mich an.«

Aber der Trommler, von dem Schlaftrunk betäubt, war nicht zu erwecken. Traurig ging sie den Morgen wieder zurück in ihr Waldbaus. Aber die Leute im Haus hatten die Klage des fremden Mädchens gehört und erzählten dem Bräutigam davon; sie sagten ihm auch, daß es ihm nicht möglich gewesen wäre, etwas davon zu vernehmen, weil sie ihm einen Schlaftrunk in den Wein geschüttet hätten. Am dritten Abend drehte die Königstochter den Wunschring und sprach: »Ein Kleid flimmernd wie Sterne.« Als sie sich darin auf dem Fest zeigte, war die Braut über die Pracht des Kleides, das die andern weit übertraf, ganz außer sich und sprach: »Ich soll und muß es haben.« Das Mädchen gab es, wie die andern, für die Erlaubnis, die Nacht vor der Türe des Bräutigams zuzubringen. Der Bräutigam aber trank den Wein nicht, der ihm vor dem Schlafengehen gereicht wurde, sondern goß ihn hinter das Bett. Und als alles im Haus still geworden war, so hörte er eine sanfte Stimme, die ihn anrief

»Trommler, Trommler, hör mich an«

hast du mich denn ganz vergessen?

hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen?

habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben?

hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben?

Trommler, Trommler, hör mich an.«

Plötzlich kam ihm das Gedächtnis wieder. »Ach,« rief er, »wie habe ich so treulos handeln können, aber der Kuß, den ich meinen Eltern in der Freude meines Herzens auf die rechte Wange gegeben habe, der ist schuld daran, der hat mich betäubt.« Er sprang auf, nahm die Königstochter bei der Hand und führte sie zu dem Bett seiner Eltern. »Das ist meine rechte Braut,« sprach er, »wenn ich die andere heirate, so tue ich großes Unrecht.« Die Eltern, als sie hörten, wie alles sich zugetragen hatte, willigten ein. Da wurden die Lichter im Saal wieder angezündet, Pauken und Trompeten herbeigeholt, die Freunde und Verwandten eingeladen wiederzukommen, und die wahre Hochzeit ward mit großer Freude gefeiert. Die erste Braut behielt die schönen Kleider zur Entschädigung und gab sich zufrieden.

Der treue Johannes

Gebrüder Grimm

Der treue Johannes

Es war einmal ein alter König, der war krank und dachte es wird wohl das Totenbett sein, auf dem ich liege. Da sprach er: „Laßt mir den getreuen Johannes kommen !“ Der getreue Johannes war sein liebster Diener und hieß so, weil er ihm sein Leben lang so treu gewesen war. Als er nun vor das Bett kam, sprach der König zu ihm: „Getreuester Johannes, ich fühle, daß mein Ende herannaht, und da habe ich keine andere Sorge als um meinen Sohn. Er ist noch in jungen Jahren, wo er sich nicht immer zu raten weiß. Und wenn du mir nicht versprichst, ihn zu unterrichten in allem, was er wissen muß, und sein Pflegevater zu sein, so kann ich meine Augen nicht in Ruhe schließen.“ Da antwortete der getreue Johannes: „Ich will ihn nicht verlassen und will ihm mit Treue dienen, wenn’s auch mein Leben kostet.“ Da sagte der alte König: „So sterb ich getrost und in Frieden.“ Und sprach dann weiter: „Nach meinem Tode sollst du ihm das ganze Schloß zeigen, alle Kammern, Säle und Gewölbe und alle Schätze, die darin liegen. Aber die letzte Kammer in dem langen Gange sollst du ihm nicht zeigen, worin das Bild der Königstochter vom goldenen Dache verborgen steht. Wenn er das Bild erblickt, wird er eine heftige Liebe zu ihr empfinden und wird in Ohnmacht niederfallen und wird ihretwegen in große Gefahren geraten; davor sollst du ihn hüten.“ Und als der treue Johannes nochmals dem alten König die Hand darauf gegeben hatte, ward dieser still, legte sein Haupt auf das Kissen und starb.

Als der alte König zu Grabe getragen war, da erzählte der treue Johannes dem jungen König, was er seinem Vater auf dem Sterbelager versprochen hatte, und sagte: „Das will ich gewißlich halten und will dir treu sein, wie ich ihm gewesen bin, und sollte es mein Leben kosten.“ Die Trauer ging vorüber. Da sprach der treue Johannes zu ihm: „Es ist nun Zeit, daß du dein Erbe siehst, ich will dir dein väterliches Schloß zeigen.“ Da führte er ihn überall herum, auf und ab, und ließ ihn alle die Reichtümer und prächtigen Kammern sehen, nur die eine Kammer öffnete er nicht, worin das gefährliche Bild stand. Das Bild war aber so gestellt, daß, wenn die Türe aufging, man gerade darauf sah, und war so herrlich gemacht, daß man meinte, es leibte und lebte und es gäbe nichts Lieblicheres und Schöneres auf der ganzen Welt. Der junge König aber merkte wohl, daß der getreue Johannes immer an einer Tür vorüberging, und sprach: „Warum schließest du mir diese niemals auf ?“ „Es ist etwas darin“, antwortete er, „vor dem du erschrickst.“ Aber der König antwortete: „Ich habe das ganze Schloß gesehen, so will ich auch wissen, was darin ist“, ging und wollte die Türe mit Gewalt öffnen. Da hielt ihn der getreue Johannes zurück und sagte: „Ich habe es deinem Vater vor seinem Tode versprochen, daß du nicht sehen sollst, was in der Kammer steht; es könnte dir und mir zu großem Unglück ausschlagen.“ „Ach nein“, antwortete der junge König, „wenn ich nicht hineinkomme, so ist’s mein sicheres Verderben. Ich würde Tag und Nacht keine Ruhe haben, bis ich’s mit meinen Augen gesehen hätte. Nun gehe ich nicht von der Stelle, bis du aufgeschlossen hast.“

Da sah der getreue Johannes, daß es nicht mehr zu ändern war, und suchte mit schwerem Herzen und vielem Seufzen aus dem großen Bund den Schlüssel heraus. Als er die Tür geöffnet hatte, trat er zuerst hinein und dachte, er wolle das Bildnis bedecken, daß es der König vor ihm nicht sähe. Aber was half das ? Der König stellte sich auf die Fußspitzen und sah ihm über die Schulter. Und als er das Bildnis der Jungfrau erblickte, das so herrlich war und von Gold und Edelsteinen glänzte, da fiel er ohnmächtig zur Erde nieder. Der getreue Johannes hob ihn auf, trug ihn in sein Bett und dachte voll Sorgen: Das Unglück ist geschehen, Herr Gott, was will daraus werden ? Dann stärkte er ihn mit Wein, bis er wieder zu sich selbst kam. Das erste Wort, das er sprach, war: „Ach, wer ist das schöne Bild ?“ „Das ist die Königstochter von goldenen Dache“, antwortete der treue Johannes. Da sprach der König weiter: „Meine Liebe zu ihr ist so groß, wenn alle Blätter an den Bäumen Zungen wären, sie könnten’s nicht aussagen; mein Leben setze ich daran, daß ich sie erlange. Du bist mein getreuester Johannes, du mußt mir beistehen.“ Der treue Diener besann sich lange, wie die Sache anzufangen wäre, denn es hielt schwer, nur vor das Angesicht der Königstochter zu kommen. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht und sprach zu dem König: „Alles, was sie um sich hat, ist von Gold, Tische, Stühle, Schüsseln, Becher, Näpfe und alles Hausgerät. In deinem Schatze liegen fünf Tonnen Goldes, laß eine von den Goldschmieden des Reiches verarbeiten zu allerhand Gefäßen und Gerätschaften, zu allerhand Vögeln, Gewild und wunderbaren Tieren, das wird ihr gefallen, wir wollen damit hinfahren und unser Glück versuchen.“ Der König hieß alle Goldschmiede herbeiholen, die mußten Tag und Nacht arbeiten, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Als alles auf ein Schiff geladen war, zog der getreue Johannes Kaufmannskleider an, und der König mußte ein Gleiches tun, um sich ganz unkenntlich zu machen. Dann fuhren sie über das Meer und fuhren so lange, bis sie zu der Stadt kamen, worin die Königstochter vom goldenen Dache wohnte.

Der treue Johannes hieß den König auf dem Schiffe zurückbleiben und auf ihn warten. „Vielleicht“, sprach er, „bring ich die Königstochter mit, darum sorgt, daß alles in Ordnung ist, laßt die Goldgefäße aufstellen und das ganze Schiff ausschmücken.“ Darauf suchte er sich in sein Schürzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land und ging gerade nach dem königlichen Schloß. Als er in den Schloßhof kam, stand da beim Brunnen ein schönes Mädchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand und schöpfte damit. Und als es das blinkende Wasser forttragen wollte und sich umdrehte, sah es den fremden Mann und fragte, wer er wäre. Da antwortete er: „Ich bin ein Kaufmann“, und öffnete sein Schürzchen und ließ sie hineinschauen. Da rief sie: „Ei, was für schönes Goldzeug !“ setzte die Eimer nieder und betrachtete eins nach dem anderen. Da sprach das Mädchen: „Das muß die Königstochter sehen, die hat so große Freude an den Goldsachen, daß sie Euch alles abkauft.“ Es nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinauf, denn es war die Kammerjungfer. Als die Königstochter die Ware sah, war sie ganz vergnügt und sprach: .,Es ist so schön gearbeitet, daß ich dir alles abkaufen will.“ Aber der getreue Johannes sprach: „Ich bin nur der Diener von einem reichen Kaufmann. Was ich hier habe, ist nichts gegen das, was mein Herr auf seinem Schiff stehen hat, und das ist das Künstlichste und Köstlichste, was je in Gold gearbeitet worden ist.“ Sie wollte alles heraufgebracht haben, aber er sprach: „Dazu gehören viele Tage, so groß ist die Menge, und so viele Säle, um es aufzustellen, daß Euer Haus nicht Raum dafür hat.“ Da ward ihre Neugierde und Lust immer mehr angeregt, so daß sie endlich sagte: „Führe mich hin zu dem Schiff, ich will selbst hingehen und deines Herrn Schätze betrachten.“

Da führte sie der treue Johannes zu dem Schiffe hin und war ganz freudig, und der König, als er sie erblickte, sah, daß ihre Schönheit noch größer war, als das Bild sie dargestellt hatte, und meinte nicht anders, als das Herz wollte ihm zerspringen. Nun stieg sie in das Schiff, und der König führte sie hinein; der getreue Johannes aber blieb zurück bei dem Steuermann und hieß das Schiff abstoßen: „Spannt alle Segel auf, daß es fliegt wie ein Vogel in der Luft.“ Der König aber zeigte ihr drinnen das goldene Geschirr, jedes einzeln, die Schüsseln, Becher, Näpfe, die Vögel, das Gewild und die wunderbaren Tiere. Viele Stunden gingen herum, während sie alles besah, und in ihrer Freude merkte sie nicht, daß das Schiff dahinfuhr Nachdem sie das letzte betrachtet hatte, dankte sie dem Kaufmann und wollte heim, als sie aber an des Schiffes Rand kam sah sie, daß es fern vom Land auf hohem Meere ging und mit vollen Segeln forteilte. „Ach“, rief sie erschrocken, „ich bin betrogen, ich bin entführt und in die Gewalt eines Kaufmannes geraten; lieber wollt ich sterben !“ Der König aber faßte sie bei der Hand und sprach: „Ein Kaufmann bin ich nicht ich bin ein König und nicht geringer an Geburt als du bist. Aber daß ich dich mit List entführt habe, das ist aus übergroßer Liebe geschehen. Das erstemal, als ich dein Bildnis gesehen habe, bin ich ohnmächtig zur Erde gefallen.“ Als die Königstochter vom goldenen Dache das hörte, ward sie getröstet, und ihr Herz ward ihm geneigt, so daß sie gerne einwilligte, seine Gemahlin zu werden.

Es trug sich aber zu, während sie auf dem hohen Meere dahinfuhren, daß der treue Johannes, als er vorn auf dem Schiffe saß und Musik machte, in der Luft drei Raben erblickte, die dahergeflogen kamen. Da hörte er auf zu spielen und horchte, was sie miteinander sprachen, denn er verstand das wohl. Der eine rief: „Ei, da führt er die Königstochter vom goldenen Dache heim.“ „Ja“, antwortete der zweite, „er hat sie noch nicht.“ Sprach der dritte: „Er hat sie doch, sie sitzt bei ihm im Schiffe.“ Da fing der erste wieder an und rief: „Was hilft ihm das ! Wenn sie ans Land kommen, wird ihm ein fuchsrotes Pferd entgegenspringen, da wird er sich aufschwingen wollen, und tut er das, so sprengt es mit ihm fort und in die Luft hinein daß er nimmer mehr seine Jungfrau wiedersieht.“ Sprach der zweite: „Ist gar keine Rettung?“ „O ja, wenn ein anderer schnell aufsitzt, das Feuergewehr, das in den Halftern stecken muß, herausnimmt und das Pferd damit totschießt, so ist der junge König gerettet. Aber wer weiß das ! Und wer’s weiß und sagt’s ihm, der wird zu Stein von den Fußzehen bis zum Knie.“ Da sprach der zweite: „Ich weiß noch mehr, wenn das Pferd auch getötet wird, so behält der junge König doch nicht seine Braut. Wenn sie zusammen ins Schloß kommen, so liegt dort ein gemachtes Brauthemd in einer Schüssel und sieht aus, als wär’s von Gold und Silber gewebt, ist aber nichts als Schwefel und Pech. Wenn er’s antut, verbrennt es ihn bis auf Mark und Knochen.“ Sprach der dritte: „Ist da gar keine Rettung ?“ „0 ja“, antwortete der zweite, „wenn einer mit Handschuhen das Hemd packt und wirft es ins Feuer, daß es verbrennt, so ist der junge König gerettet. Aber was hilft’s ! Wer’s weiß und es ihm sagt, der wird halben Leibes Stein vom Knie bis zum Herzen.“ Da sprach der dritte: „Ich weiß noch mehr, wird das Brauthemd auch verbrannt, so hat der junge König seine Braut doch noch nicht. Wenn nach der Hochzeit der Tanz anhebt und die junge Königin tanzt, wird sie plötzlich erbleichen und wie tot hinfallen, und hebt sie nicht einer auf und zieht aus ihrer rechten Brust drei Tropfen Blut und speit sie wieder aus, so stirbt sie. Aber verrät das einer, der es weiß, so wird er ganzen Leibes zu Stein vom Wirbel bis zur Fußzehe.“ Als die Raben das miteinander gesprochen hatten, flogen sie weiter, und der getreue Johannes hatte alles wohl verstanden, aber von der Zeit an war er still und traurig. Denn verschwieg er seinem Herrn, was er gehört hatte, so war dieser unglücklich; entdeckte er es ihm, so mußte er selbst sein Leben hingeben. Endlich aber sprach er bei sich: „Meinen Herrn will ich retten, und sollte ich selbst darüber zugrunde gehen.“

Als sie nun ans Land kamen, da geschah es, wie der Rabe vorher gesagt hatte, und es sprengte ein prächtiger fuchsroter Gaul daher. „Wohlan“, sprach der König, „der soll mich in mein Schloß tragen“, und wollte sich aufsetzen, doch der treue Johannes kam ihm zuvor, schwang sich schnell darauf, zog das Gewehr aus den Halftern und schoß den Gaul nieder. Da riefen die anderen Diener des Königs, die dem treuen Johannes doch nicht gut waren: „Wie schändlich, das schöne Tier zu töten, das den König in sein Schloß tragen sollte ! “ Aber der König sprach: „Schweigt und laßt ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes, wer weiß, wozu das gut ist !“ Nun gingen sie ins Schloß, und da stand im Saal eine Schüssel, und das gemachte Brauthemd lag darin und sah nicht anders aus, als wäre es von Gold und Silber. Der junge König ging darauf zu und wollte es ergreifen, aber der Johannes schob ihn weg, packte es mit Handschuhen an, trug es schnell ins Feuer und ließ es verbrennen. Die anderen Diener fingen wieder an zu murren und sagten: „Seht, nun verbrennt er gar des Königs Brauthemd.“ Aber der junge König sprach: „Wer weiß, wozu es gut ist laßt ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes !“ Nun ward die Hochzeit gefeiert. Der Tanz hub an, und die Braut trat auch hinein, da harte der treue Johannes acht und schaute ihr ins Antlitz. Auf einmal erbleichte sie und fiel wie tot zur Erde. Da sprang er eilends hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Als bald atmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen und wußte nicht, warum es der getreue Johannes getan hatte, ward zornig darüber und rief: „Werft ihn ins Gefängnis !“ Am anderen Morgen ward der getreue Johannes verurteilt und zum Galgen geführt und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er: „Jeder, der sterben soll darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben ?“ „Ja“, antwortete der König „es soll! dir vergönnt sein.“ Da sprach der treue Johannes: „Ich bin mit Unrecht verurteilt und bin dir immer treu gewesen, und erzählte, wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte tun müssen. Da rief der König: „Oh, mein treuester Johannes Gnade ! Gnade ! Führt ihn herunter !‘ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte, leblos herabfallen und war ein Stein.

Darüber trugen nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach: „Ach, was hab ich große Treue so übel belohnt !“ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. Sooft er es ansah, weinte er und sprach: „Ach, könnt‘ ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes !“ Es ging eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief: „Ach, könnt‘ ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes !“ Da fing der Stein an zu reden und sprach: „Ja, du kannst mich wider lebendig machen, wenn du dein Liebstes daran wenden willst‘ Da rief der König: „Alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben !“ Sprach der Stein weiter: „Wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.“ Der König erschrak, als er hörte, daß er seine liebsten Kinder selbst töten sollte, doch dachte er an die große Treue und daß der getreue Johannes für ihn gestorben war, zog sein Schwert und hieb mit eigner Hand den Kindern den Kopf ab. Und als er mit ihrem Blute den Stein bestrichen hatte, so kehrte das Leben zurück, und der getreue Johannes stand wieder frisch und gesund vor ihm. Er sprach zum König: „Deine Treue soll nicht unbelohnt bleiben“, und nahm die Häupter der Kinder, setzte sie auf und bestrich die Wunde mit ihrem Blut, davon wurden sie im Augenblick wieder heil, sprangen herum und spielten fort, als war ihnen nichts geschehen.

Nun war der König voll Freude, und als er die Königin kommen sah, versteckte er den getreuen Johannes und die beiden Kinder in einen großen Schrank. Wie sie hereintrat, sprach er zu ihr: „Hast du gebetet in der Kirche ?“ „Ja“, antwortete sie, „aber ich habe beständig an den getreuen Johannes gedacht, daß er so unglücklich durch uns geworden ist.“ Da sprach er: „Liebe Frau, wir können ihm das Leben wiedergeben. aber es kostet uns unsere beiden Söhnlein, die müssen wir opfern.“ Die Königin ward bleich und erschrak im Herzen, doch sprach sie: „Wir sind’s ihm schuldig wegen seiner großen Treue.“ Da freute er sich, daß sie dachte, wie er gedacht hatte, ging hin und schloß den Schrank auf, holte die Kinder und den treuen Johannes heraus und sprach: „Gott sei gelobt, er ist erlöst, und unsere Söhnlein haben wir auch wieder !“ und erzählte ihr, wie sich alles zugetragen hatte. Da lebten sie zusammen in Glückseligkeit bis an ihr Ende.

Der Teufel und seine Großmutter

Gebrüder Grimm

Der Teufel und seine Großmutter

Es war ein großer Krieg, und der König hatte viel Soldaten, gab ihnen aber wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da taten sich drei zusammen und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern: »Wenn wir erwischt werden, so hängt man uns an den Galgenbaum: wie wollen wir’s machen?« Sprach der andere: »Seht dort das große Kornfeld, wenn wir uns da verstecken, so findet uns kein Mensch: das Heer darf nicht hinein und muß morgen weiterziehen. « Sie krochen in das Korn, aber das Heer zog nicht weiter, sondern blieb rundherum liegen. Sie saßen zwei Tage und zwei Nächte im Korn und hatten so großen Hunger, daß sie beinah gestorben wären; gingen sie aber heraus, so war ihnen der Tod gewiß. Da sprachen sie: »Was hilft uns unser Ausreißen, wir müssen hier elendig sterben. « Indem kam ein feuriger Drache durch die Luft geflogen, der senkte sich zu ihnen herab und fragte sie, warum sie sich da versteckt hätten. Sie antworteten: »Wir sind drei Soldaten und sind ausgerissen, weil unser Sold gering war; nun müssen wir hier Hungers sterben, wenn wir liegenbleiben, oder wir müssen am Galgen baumeln, wenn wir herausgehen. « »Wollt ihr mir sieben Jahre dienen«, sagte der Drache, »so will ich euch mitten durchs Heer führen, daß euch niemand erwischen soll. « »Wir haben keine Wahl und müssen’s annehmen«, antworteten sie. Da packte sie der Drache in seine Klauen, führte sie durch die Luft über das Heer hinweg und setzte sie weit davon wieder auf die Erde; der Drache war aber niemand als der Teufel. Er gab ihnen ein kleines Peitschchen und sprach: »Peitscht und knallt ihr damit, so wird so viel Geld vor euch herumspringen, als ihr verlangt: ihr könnt dann wie große Herrn leben, Pferde halten und in Wagen fahren; nach Verlauf der sieben Jahre aber seid ihr mein eigen. Dann hielt er ihnen ein Buch vor, in das mußten sie sich alle drei unterschreiben. »Doch will ich euch«, sprach er, »erst noch ein Rätsel aufgeben, könnt ihr das raten, sollt ihr frei sein und aus meiner Gewalt entlassen. Da flog der Drache von ihnen weg, und sie reisten fort mit ihren Peitschchen, hatten Geld die Fülle, ließen sich Herrenkleider machen und zogen in der Welt herum. Wo sie waren, lebten sie in Freuden und Herrlichkeit, fuhren mit Pferden und Wagen, aßen und tranken, taten aber nichts Böses. Die Zeit verstrich ihnen schnell, und als es mit den sieben Jahren zu Ende ging, ward zweien gewaltig angst und bang, der dritte aber nahm’s auf die leichte Schulter und sprach: »Brüder, fürchtet nichts, ich bin nicht auf den Kopf gefallen, ich errate das Rätsel.« Sie gingen hinaus aufs Feld, saßen da, und die zwei machten betrübte Gesichter. Da kam eine alte Frau daher, die fragte, warum sie so traurig wären. »Ach, was liegt Euch daran, Ihr könnt uns doch nicht helfen. « »Wer weiß«, antwortete sie, »vertraut mir nur euern Kummer.« Da erzählten sie ihr, sie wären des Teufels Diener gewesen, fast sieben Jahre lang, der hätte ihnen Geld wie Heu geschafft, sie hätten sich ihm aber verschrieben und wären ihm verfallen, wenn sie nach den sieben Jahren nicht ein Rätsel auflösen könnten. Die Alte sprach: »Soll euch geholfen werden, so muß einer von euch in den Wald gehen, da wird er an eine eingestürzte Felsenwand kommen, die aussieht wie ein Häuschen, in das muß er eintreten, dann wird er Hilfe finden.« Die zwei traurigen dachten: »Das wird uns doch nicht retten«, und blieben sitzen, der dritte aber, der lustige, machte sich auf und ging so weit in den Wald, bis er die Felsenhütte fand. In dem Häuschen aber saß eine steinalte Frau, die war des Teufels Großmutter und fragte ihn, woher er käme und was er hier wollte. Er erzählte ihr alles, was geschehen war, und weil er ihr wohl gefiel, hatte sie Erbarmen und sagte, sie wollte ihm helfen. Sie hob einen großen Stein auf, der über einem Keller lag, und sagte: »Da verstecke dich, du kannst alles hören, was hier gesprochen wird, sitz nur still und rege dich nicht; wann der Drache kommt, will ich ihn wegen der Rätsel befragen: mir sagt er alles; und dann achte auf das, was er antwortet.« Um zwölf Uhr nachts kam der Drache angeflogen und verlangte sein Essen. Die Großmutter deckte den Tisch und trug Trank und Speise auf, daß er vergnügt war, und sie aßen und tranken zusammen. Da fragte sie ihn im Gespräch, wie’s den Tag ergangen wäre und wieviel Seelen er kriegt hätte. »Es wollte mir heute nicht recht glücken«, antwortete er, »aber ich habe drei Soldaten gepackt, die sind mir sicher.« »Ja, drei Soldaten«, sagte sie, »die haben etwas an sich, die können dir noch entkommen.« Sprach der Teufel höhnisch: »Die sind mein, denen gebe ich noch ein Rätsel auf, das sie nimmermehr raten können. « »Was ist das für ein Rätsel?« fragte sie. »Das will ich dir sagen: In der großen Nordsee liegt eine tote Meerkatze, das soll ihr Braten sein; und von einem Walfisch die Rippe, das soll ihr silberner Löffel sein; und ein alter hohler Pferdefuß, das soll ihr Weinglas sein. « Als der Teufel zu Bett gegangen war, hob die alte Großmutter den Stein auf und ließ den Soldaten heraus. »Hast du auch alles wohl in acht genommen?« »Ja«, sprach er, »ich weiß genug und will mir schon helfen.« Darauf mußte er auf einem andern Weg durchs Fenster heimlich und in aller Eile zu seinen Gesellen zurückgehen. Er erzählte ihnen, wie der Teufel von der alten Großmutter wäre überlistet worden und wie er die Auflösung des Rätsels von ihm vernommen hätte. Da waren sie alle fröhlich und guter Dinge, nahmen die Peitsche und schlugen sich so viel Geld, daß es auf der Erde herumsprang. Als die sieben Jahre völlig herum waren, kam der Teufel mit dem Buche, zeigte die Unterschriften und sprach: »Ich will euch mit in die Hölle nehmen, da sollt ihr eine Mahlzeit haben; könnt ihr mir raten, was ihr für einen Braten werdet zu essen kriegen, so sollt ihr frei und los sein und dürft auch das Peitschchen behalten. « Da fing der erste Soldat an: »In der großen Nordsee liegt eine tote Meerkatze, das wird wohl der Braten sein.« Der Teufel ärgerte sich, machte »hm! hm! hm!« und fragte den zweiten: » Was soll aber euer Löffel sein?« »Von einem Walfisch die Rippe, das soll unser silberner Löffel sein.« Der Teufel schnitt ein Gesicht, knurrte wieder dreimal »hm! hm! hm!« und sprach zum dritten: »Wißt ihr auch, was euer Weinglas sein soll?« »Ein alter Pferdefuß, das soll unser Weinglas sein.« Da flog der Teufel mit einem lauten Schrei fort und hatte keine Gewalt mehr über sie; aber die drei behielten das Peitschchen, schlugen Geld hervor, soviel sie wollten, und lebten vergnügt bis an ihr Ende.

Der süße Brei

Gebrüder Grimm

Der süße Brei

Es war einmal ein armes frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen ‚Töpfchen, koche,‘ so kochte es guten süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte ‚Töpfchen, steh,‘ so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, sooft sie wollten. Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter ‚Töpfchen, koche,‘ da kocht es, und sie ißt sich satt; nun will sie, daß das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollts die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim, und spricht nur ‚Töpfchen, steh,‘ da steht es und hört auf zu kochen; und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen.

Der starke Hans

Gebrüder Grimm

Der starke Hans

Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind und lebten in einem abseits gelegenen Tale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz ging, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so ging sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein.

Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo jahraus, jahrein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig, sie mit ihrem Kinde freizulassen, aber das Herz der Räuber war von Stein; sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen und trieben sie mit Gewalt an weiterzugehen.

Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Türe war, an welche die Räuber klopften und die sich alsbald öffnete. Sie mußten durch einen langen, dunkelen Gang und kamen endlich in eine große Höhle, die von einem Feuer, das auf dem Herd brannte, erleuchtet war. An der Wand hingen Schwerter, Säbel und andere Mordgewehre, die in dem Lichte blinkten, und in der Mitte stand ein schwarzer Tisch, an dem vier andere Räuber saßen und spielten, und obenan saß der Hauptmann. Dieser kam, als er die Frau sah, herbei, redete sie an und sagte, sie sollte nur ruhig und ohne Angst sein, sie täten ihr nichts zuleid, aber sie müßte das Hauswesen besorgen, und wenn sie alles in Ordnung hielte, so sollte sie es nicht schlimm bei ihnen haben. Darauf gaben sie ihr etwas zu essen und zeigten ihr ein Bett, wo sie mit ihrem Kinde schlafen könnte.

Die Frau blieb viele Jahre bei den Räubern, und Hans ward groß und stark. Die Mutter erzählte ihm Geschichten und lehrte ihn in einem alten Ritterbuch, das sie in der Höhle fand, lesen. Als Hans neun Jahre alt war, machte er sich aus einem Tannenast einen starken Knüttel und versteckte ihn hinter das Bett; dann ging er zu seiner Mutter und sprach: »Liebe Mutter, sage mir jetzt einmal, wer mein Vater ist, ich will und muß es wissen.« Die Mutter schwieg still und wollte es ihm nicht sagen, damit er nicht das Heimweh bekäme; sie wußte auch, daß die gottlosen Räuber den Hans doch nicht fortlassen würden; aber es hätte ihr fast das Herz zersprengt, daß Hans nicht sollte zu seinem Vater kommen.

In der Nacht, als die Räuber von ihrem Raubzug heimkehrten, holte Hans seinen Knüttel hervor, stellte sich vor den Hauptmann und sagte: »Jetzt will ich wissen, wer mein Vater ist, und wenn du mir’s nicht gleich sagst, so schlag ich dich nieder.« Da lachte der Hauptmann und gab dem Hans eine Ohrfeige, daß er unter den Tisch kugelte. Hans machte sich wieder auf, schwieg und dachte: Ich will noch ein Jahr warten und es dann noch einmal versuchen, vielleicht geht’s besser.

Als das Jahr herum war, holte er seinen Knüttel wieder hervor, wischte den Staub ab, betrachtete ihn und sprach: »Es ist ein tüchtiger, wackerer Knüttel.« Nachts kamen die Räuber heim, tranken Wein, einen Krug nach dem anderen, und fingen an die Köpfe zu hängen. Da holte der Hans seinen Knüttel herbei, stellte sich wieder vor den Hauptmann und fragte ihn, wer sein Vater wäre. Der Hauptmann gab ihm abermals eine so kräftige Ohrfeige, daß Hans unter den Tisch rollte, aber es dauerte nicht lange, so war er wieder oben und schlug mit seinem Knüttel auf den Hauptmann und die Räuber, daß sie Arme und Beine nicht mehr regen konnten. Die Mutter stand in einer Ecke und war voll Verwunderung über seine Tapferkeit und Stärke. Als Hans mit seiner Arbeit fertig war, ging er zu seiner Mutter und sagte: »Jetzt ist mir’s Ernst gewesen, aber jetzt muß ich auch wissen, wer mein Vater ist.«

»Lieber Hans«, antwortete die Mutter, »komm, wir wollen gehen und ihn suchen, bis wir ihn finden.« Sie nahm dem Hauptmann den Schlüssel zu der Eingangstüre ab, und Hans holte einen großen Mehlsack, packte Gold, Silber, und was er sonst noch für schöne Sachen fand, zusammen, bis er voll war, und nahm ihn dann auf den Rücken. Sie verließen die Höhle, aber was tat Hans die Augen auf, als er aus der Finsternis heraus in das Tageslicht kam und den grünen Wald, Blumen und Vögel und die Morgensonne am Himmel erblickte. Er stand da und staunte alles an, als wenn er nicht recht gescheit wäre. Die Mutter suchte den Weg nach Haus, und als sie ein paar Stunden gegangen waren, so kamen sie glücklich in ihr einsames Tal und zu ihrem Häuschen.

Der Vater saß unter der Türe, er weinte vor Freude, als er seine Frau erkannte und hörte, daß Hans sein Sohn war, die er beide längst für tot gehalten hatte. Aber Hans, obgleich erst zwölf Jahr alt, war doch einen Kopf größer als sein Vater. Sie gingen zusammen in das Stübchen, aber kaum hatte Hans seinen Sack auf die Ofenbank gesetzt, so fing das ganze Haus an zu krachen, die Bank brach ein und dann auch der Fußboden, und der schwere Sack sank in den Keller hinab.

»Gott behüte uns«, rief der Vater, »was ist das? Jetzt hast du unser Häuschen zerbrochen.«

»Laßt Euch keine graue Haare darüber wachsen, lieber Vater«, antwortete Hans, »da in dem Sack steckt mehr, als für ein neues Haus nötig ist.« Der Vater und Hans fingen auch gleich an, ein neues Haus zu bauen, Vieh zu erhandeln und Land zu kaufen und zu wirtschaften. Hans ackerte die Felder, und wenn er hinter dem Pflug ging und ihn in die Erde hineinschob, so hatten die Stiere fast nicht nötig zu ziehen.

Den nächsten Frühling sagte Hans: »Vater, behaltet alles Geld, und laßt mir einen zentnerschweren Spazierstab machen, damit ich in die Fremde gehen kann.« Als der verlangte Stab fertig war, verließ er seines Vaters Haus, zog fort und kam in einen tiefen und finstern Wald. Da hörte er etwas knistern und knastern, schaute um sich und sah eine Tanne, die von unten bis oben wie ein Seil gewunden war; und wie er die Augen in die Höhe richtete, so erblickte er einen großen Kerl, der den Baum gepackt hatte und ihn wie eine Weidenrute umdrehte. »He!« rief Hans, »was machst du da droben?« Der Kerl antwortete: »Ich habe gestern Reiswellen zusammengetragen und will mir ein Seil dazu drehen.« – Das laß ich mir gefallen, dachte Hans, der hat Kräfte, und rief ihm zu: »Laß du das gut sein, und komm mit mir.« Der Kerl kletterte von oben herab und war einen ganzen Kopf größer als Hans, und der war doch auch nicht klein. »Du heißest jetzt Tannendreher«, sagte Hans zu ihm.

Sie gingen darauf weiter und hörten etwas klopfen und hämmern, so stark, daß bei jedem Schlag der Erdboden zitterte. Bald darauf kamen sie zu einem mächtigen Felsen, vor dem stand ein Riese und schlug mit der Faust große Stücke davon ab. Als Hans fragte, was er da vorhätte, antwortete er: »Wenn ich nachts schlafen will, so kommen Bären, Wölfe und anderes Ungeziefer der Art, die schnuppern und schnuffeln an mir herum und lassen mich nicht schlafen, da will ich mir ein Haus bauen und mich hineinlegen, damit ich Ruhe habe.« – Ei ja wohl, dachte Hans, den kannst du auch noch brauchen, und sprach zu ihm: »Laß das Hausbauen gut sein, und geh mit mir, du sollst der Felsenklipperer heißen.« Er willigte ein, und sie strichen alle drei durch den Wald hin, und wo sie hinkamen, da wurden die wilden Tiere aufgeschreckt und liefen vor ihnen weg.

Abends kamen sie in ein altes, verlassenes Schloß, stiegen hinauf und legten sich in den Saal schlafen. Am andern Morgen ging Hans hinab in den Garten, der war ganz verwildert und stand voll Dörner und Gebüsch. Und wie er so herumging, sprang ein Wildschwein auf ihn los; er gab ihm aber mit seinem Stab einen Schlag, daß es gleich niederfiel. Dann nahm er es auf die Schulter und brachte es hinauf; da steckten sie es an einen Spieß, machten sich einen Braten zurecht und waren guter Dinge. Nun verabredeten sie, daß jeden Tag, der Reihe nach, zwei auf die Jagd gehen sollten und einer daheim bleiben und kochen, für jeden neun Pfund Fleisch.

Den ersten Tag blieb der Tannendreher daheim, und Hans und der Felsenklipperer gingen auf die Jagd. Als der Tannendreher beim Kochen beschäftigt war, kam ein kleines, altes, zusammengeschrumpeltes Männchen zu ihm auf das Schloß und forderte Fleisch.

»Pack dich, Duckmäuser«, antwortete er, »du brauchst kein Fleisch.« Aber wie verwunderte sich der Tannendreher, als das kleine, unscheinbare Männlein an ihm hinaufsprang und mit Fäusten so auf ihn losschlug, daß er sich nicht wehren konnte, zur Erde fiel und nach Atem schnappte. Das Männlein ging nicht eher fort, als bis es seinen Zorn völlig an ihm ausgelassen hatte. Als die zwei andern von der Jagd heimkamen, sagte ihnen der Tannendreher nichts von dem alten Männchen und den Schlägen, die er bekommen hatte, und dachte: Wenn sie daheim bleiben, so können sie’s auch einmal mit der kleinen Kratzbürste versuchen, und der bloße Gedanke machte ihm schon Vergnügen.

Den folgenden Tag blieb der Steinklipperer daheim, und dem ging es geradeso wie dem Tannendreher, er ward von dem Männlein übel zugerichtet, weil er ihm kein Fleisch hatte geben wollen. Als die andern abends nach Haus kamen, sah es ihm der Tannendreher wohl an, was er erfahren hatte, aber beide schwiegen still und dachten: Der Hans muß auch von der Suppe kosten.

Der Hans, der den nächsten Tag daheim bleiben mußte, tat seine Arbeit in der Küche, wie sich’s gebührte, und als er oben stand und den Kessel abschaumte, kam das Männchen und forderte ohne weiteres ein Stück Fleisch. Da dachte Hans: Es ist ein armer Wicht, ich will ihm von meinem Anteil geben, damit die andern nicht zu kurz kommen, und reichte ihm ein Stück Fleisch. Als es der Zwerg verzehrt hatte, verlangte er nochmals Fleisch, und der gutmütige Hans gab es ihm und sagte, da wäre noch ein schönes Stück, damit sollte er zufrieden sein. Der Zwerg forderte aber zum drittenmal.

»Du wirst unverschämt«, sagte Hans und gab ihm nichts. Da wollte der boshafte Zwerg an ihm hinaufspringen und ihn wie den Tannendreher und Felsenklipperer behandeln, aber er kam an den Unrechten. Hans gab ihm, ohne sich anzustrengen, ein paar Hiebe, daß er die Schloßtreppe hinabsprang. Hans wollte ihm nachlaufen, fiel aber, so lang er war, über ihn hin. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, war ihm der Zwerg voraus. Hans eilte ihm bis in den Wald nach und sah, wie er in eine Felsenhöhle schlüpfte. Hans kehrte nun heim, hatte sich aber die Stelle gemerkt.

Die beiden andern, als sie nach Haus kamen, wunderten sich, daß Hans so wohlauf war. Er erzählte ihnen, was sich zugetragen hatte, und da verschwiegen sie nicht länger, wie es ihnen ergangen war. Hans lachte und sagte: »Es ist euch ganz recht, warum seid ihr so geizig mit eurem Fleisch gewesen, aber es ist eine Schande, ihr seid so groß und habt euch von dem Zwerge Schläge geben lassen.«

Sie nahmen darauf Korb und Seil und gingen alle drei zu der Felsenhöhle, in welche der Zwerg geschlüpft war, und ließen den Hans mit seinem Stab im Korb hinab. Als Hans auf dem Grund angelangt war, fand er eine Türe, und als er sie öffnete, saß da eine bildschöne Jungfrau, nein, so schön, daß es nicht zu sagen ist, und neben ihr saß der Zwerg und grinste den Hans an wie eine Meerkatze. Sie aber war mit Ketten gebunden und blickte ihn so traurig an, daß Hans großes Mitleid empfand und dachte: Du mußt sie aus der Gewalt des bösen Zwerges erlösen, und gab ihm einen Streich mit seinem Stab, daß er tot niedersank.

Alsbald fielen die Ketten von der Jungfrau ab, und Hans war wie verzückt über ihre Schönheit. Sie erzählte ihm, sie wäre eine Königstochter, die ein wilder Graf aus ihrer Heimat geraubt und hier in den Felsen eingesperrt hätte, weil sie nichts von ihm hätte wissen wollen; den Zwerg aber hätte der Graf zum Wächter gesetzt, und er hätte ihr Leid und Drangsal genug angetan.

Darauf setzte Hans die Jungfrau in den Korb und ließ sie hinaufziehen. Der Korb kam wieder herab, aber Hans traute den beiden Gesellen nicht und dachte: Sie haben sich schon falsch gezeigt und dir nichts von dem Zwerg gesagt, wer weiß, was sie gegen dich im Schild führen. Da legte er seinen Stab in den Korb, und das war sein Glück, denn als der Korb halb in der Höhe war, ließen sie ihn fallen, und hätte Hans wirklich darin gesessen, so wäre es sein Tod gewesen. Aber nun wußte er nicht, wie er sich aus der Tiefe herausarbeiten sollte, und wie er hin und her dachte, er fand keinen Rat.

»Es ist doch traurig«, sagte er, »daß du da unten verschmachten sollst.« Und als er so auf und ab ging, kam er wieder zu dem Kämmerchen, wo die Jungfrau gesessen hatte, und sah, daß der Zwerg einen Ring am Finger hatte, der glänzte und schimmerte. Da zog er ihn ab und steckte ihn an, und als er ihn am Finger umdrehte, so hörte er plötzlich etwas über seinem Kopf rauschen. Er blickte in die Höhe und sah da Luftgeister schweben, die sagten, er wäre ihr Herr, und fragten, was sein Begehren wäre.

Hans war anfangs ganz verstummt, dann aber sagte er, sie sollten ihn hinauftragen. Augenblicklich gehorchten sie, und es war nicht anders, als flöge er hinauf. Als er aber oben war, so war kein Mensch mehr zu sehen, und als er in das Schloß ging, so fand er auch dort niemand. Der Tannendreher und der Felsenklipperer waren fortgeeilt und hatten die schöne Jungfrau mitgeführt. Aber Hans drehte den Ring, da kamen die Luftgeister und sagten ihm, die zwei wären auf dem Meer. Hans lief und lief in einem fort, bis er zu dem Meeresstrand kam, da erblickte er weit, weit auf dem Wasser ein Schiffchen, in welchem seine treulosen Gefährten saßen. Und im heftigen Zorn sprang er, ohne sich zu besinnen, mitsamt seinem Stab ins Wasser und fing an zu schwimmen, aber der zentnerschwere Stab zog ihn tief hinab, daß er fast ertrunken wäre.

Da drehte er noch zu rechter Zeit den Ring, alsbald kamen die Luftgeister und trugen ihn, so schnell wie der Blitz, in das Schiffchen. Da schwang er seinen Stab und gab den bösen Gesellen den verdienten Lohn und warf sie hinab ins Wasser; dann aber ruderte er mit der schönen Jungfrau, die in den größten Ängsten gewesen war und die er zum zweiten Male befreit hatte, heim zu ihrem Vater und ihrer Mutter und ward mit ihr verheiratet, und haben alle sich gewaltig gefreut.

Der Sperling und seine vier Kinder

Gebrüder Grimm

Der Sperling und seine vier Kinder

Ein Sperling hatte vier Junge in einem Schwalbennest. Wie sie nun flügge sind, stoßen böse Buben das Nest ein, sie kommen aber alle glücklich in Windbraus davon. Nun ist dem Alten leid, weil seine Söhne in die Welt kommen, daß er sie nicht vor allerlei Gefahr erst verwarnet und ihnen gute Lehren fürgesagt habe.

Aufn Herbst kommen in einem Weizenacker viel Sperlinge zusammen, allda trifft der Alte seine vier Jungen an, die führe er voll Freuden mit sich heim. ‚Ach, meine lieben Söhne, was habe ihr mir den Sommer über Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine Lehre in Winde kamet; höret meine Worte und folget eurem Vater und sehet euch wohl vor: kleine Vöglein haben große Gefährlichkeit auszustehen!‘ Darauf fragte er den ältern, wo er sich den Sommer über aufgehalten und wie er sich ernähret hätte. ‚Ich habe mich in den Gärten gehalten, Räuplein und Würmlein gesucht, bis die Kirschen reif wurden.‘ ‚Ach, mein Sohn,‘ sagte der Vater, ‚die Schnabelweid ist nicht bös, aber es ist große Gefahr dabei, darum habe fortan deiner wohl acht, und sonderlich, wenn Leut in Gärten umhergehen, die lange grüne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Löchlein haben.‘ ‚Ja, mein Vater, wenn dann ein grün Blättlein aufs Löchlein mit Wachs geklebt wäre?‘ spricht der Sohn. ‚Wo hast du das gesehen?‘ ‚In eines Kaufmanns Garten,‘ sagt der Junge. ‚O mein Sohn,‘ spricht der Vater, ‚Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl und trau dir nicht zuviel.‘

Darauf befragt er den andern ‚wo hast du dein Wesen gehabt?‘ ‚Zu Hofe,‘ spricht der Sohn. ‚Sperling und alberne Vöglein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kauzen und Blaufüß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Glück mit gutem Fried auch dein täglich Körnlein bescheren.‘ ‚Ja, Vater,‘ sagte dieser Sohn, ‚wenn aber die Stalljungen Hebritzen machen und ihre Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken.‘ ‚Wo hast du das gesehen?‘ sagte der Alte. ‚Zu Hof, beim Roßbuben.‘ ‚O, mein Sohn, Hofbuben, böse Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernt und wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf: die Wölfe fressen auch oft die gescheiten Hündlein.‘

Der Vater nimmt den dritten auch vor sich ‚wo hast du dein Heil versuche?‘ ‚Auf den Fahrwegen und Landstraßen hab ich Kübel und Seil eingeworfen und da bisweilen ein Körnlein oder Gräuplein angetroffen.‘ ‚Dies ist ja,‘ sage der Vater, ‚eine feine Nahrung, aber merk gleichwohl auf die Schanz und siehe fleißig auf, sonderlich wenn sich einer bücket und einen Stein aufheben will, da ist dir nicht lang zu bleiben.‘ ‚Wahr ists,‘ sage der Sohn, ‚wenn aber einer zuvor einen Wand- oder Handstein im Busen oder Tasche trüge?‘ ‚Wo hast du dies gesehen?‘ ‚Bei den Bergleuten, lieber Vater, wenn sie ausfahren, führen sie gemeinlich Handsteine bei sich.‘ ‚Bergleut, Werkleut, anschlägige Leut! bist du um Bergburschen gewesen, so hast du etwas gesehen und erfahren.

Fahr hin und nimm deiner Sachen gleichwohl gut acht, Bergbuben haben manchen Sperling mit Kobold umbracht.‘

Endlich komme der Vater an jüngsten Sohn ‚du mein liebes Gackennestle, du warst allzeit der alberst und schwächest, bleib du bei mir, die Welt hat viel grober und böser Vögel, die krumme Schnäbel und lange Krallen haben und nur auf arme Vöglein lauern und sie verschlucken: halt dich zu deinesgleichen und lies die Spinnlein und Räuplein von den Bäumen oder Häuslein, so bIeibst du lang zufrieden.‘ ‚Du, mein lieber Vater, wer sich nährt ohn andrer Leut Schaden, der kommt lang hin, und kein Sperber, Habicht, Aar oder Weih wird ihm nicht schaden, wenn er zumal sich und seine ehrliche Nahrung dem lieben Gott all Abend und Morgen treulich befiehlt, welcher aller Wald- und Dorfvöglein Schöpfer und Erhalter ist, der auch der jungen Räblein Geschrei und Gebet höret, denn ohne seinen Willen fällt auch kein Sperling oder Schneekünglein auf die Erde.‘ ‚Wo hast du dies gelernt?‘ Antwortet der Sohn ‚wie mich der große Windbraus von dir wegriß, kam ich in eine Kirche, da las ich den Sommer die Fliegen und Spinnen von den Fenstern ab und hörte diese Sprüch predigen, da hat mich der Vater aller Sperlinge den Sommer über ernährt und behütet vor allem Unglück und grimmigen Vögeln.‘ ‚Traun! mein lieber Sohn, fleuchst du in die Kirchen und hilfest Spinnen und die sumsenden Fliegen aufräumen und zirpst zu Gott wie die jungen Räblein und befiehlst dich dem ewigen Schöpfer, so wirst du wohl bleiben, und wenn die ganze Welt voll wilder tückischer Vögel wäre.

Denn wer dem Herrn befiehlt seine Sach,

schweigt, leidet, wartet, betet, brauche Glimpf, tut gemach,

bewahrt Glaub und gut Gewissen rein,

dem will Gore Schutz und Helfer sein.‘

Der singende Knochen

Gebrüder Grimm

Der singende Knochen

Es war einmal in einem Lande große Klage über ein Wildschwein, das den Bauern die Äcker umwühlte, das Vieh tötete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriß. Der König versprach einem jeden, der das Land von dieser Plage befreien würde, eine große Belohnung: aber das Tier war so groß und stark, daß sich niemand in die Nähe des Waldes wagte, worin es hauste. Endlich ließ der König bekanntmachen, wer das Wildschwein einfange oder töte, solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben.

Nun lebten zwei Brüder in dem Lande, Söhne eines armen Mannes, die meldeten sich und wollten das Wagnis übernehmen. Der älteste, der listig und klug war, tat es aus Hochmut, der jüngste, der unschuldig und dumm war, aus gutem Herzen. Der König sagte ‚damit ihr desto sicherer das Tier findet, so sollt ihr von entgegengesetzten Seiten in den Wald gehen.‘ Da ging der älteste von Abend und der jüngste von Morgen hinein. Und als der jüngste ein Weilchen gegangen war, so trat ein kleines Männlein zu ihm, das hielt einen schwarzen Spieß in der Hand und sprach ‚diesen Spieß gebe ich dir, weil dein Herz unschuldig und gut ist: damit kannst du getrost auf das wilde Schwein eingehen, es wird dir keinen Schaden zufügen.‘ Er dankte dem Männlein, nahm den Spieß auf die Schultern und ging ohne Furcht weiter. Nicht lange, so erblickte er das Tier, das auf ihn losrannte, er hielt ihm aber den Spieß entgegen, und in seiner blinden Wut rannte es so gewaltig hinein, daß ihm das Herz entzweigeschnitten ward. Da nahm er das Ungetüm auf die Schulter, ging heimwärts und wollte es dem Könige bringen.

Als er auf der andern Seite des Waldes herauskam, stand da am Eingang ein Haus, wo die Leute sich mit Tanz und Wein lustig machten. Sein äItester Bruder war da eingetreten und hatte gedacht, das Schwein liefe ihm doch nicht fort, erst wollte er sich einen rechten Mut trinken. Als er nun den jüngsten erblickte, der mit seiner Beute beladen aus dem Wald kam, so ließ ihm sein neidisches und boshaftes Herz keine Ruhe. Er rief ihm zu ‚komm doch herein, lieber Bruder, ruhe dich aus und stärke dich mit einem Becher Wein.‘ Der jüngste, der nichts Arges dahinter vermutete, ging hinein und erzählte ihm von dem guten Männlein, das ihm einen Spieß gegeben, womit er das Schwein getötet hätte. Der äIteste hielt ihn bis zum Abend zurück, da gingen sie zusammen fort. Als sie aber in der Dunkelheit zu der Brücke über einen Bach kamen, ließ der älteste den jüngsten vorangehen, und als er mitten über dem Wasser war, gab er ihm von hinten einen Schlag, daß er tot hinab stürzte. Er begrub ihn unter der Brücke, nahm dann das Schwein und brachte es dem König mit dem Vorgeben, er hätte es getötet; worauf er die Tochter des Königs zur Gemahlin erhielt. Als der jüngste Bruder nicht wiederkommen wollte, sagte er ‚das Schwein wird ihm den Leib aufgerissen haben,‘ und das glaubte jedermann.

Weil aber vor Gott nichts verborgen bleibt, sollte auch diese schwarze Tat ans Licht kommen. Nach langen Jahren trieb ein Hirt einmal seine Herde über die Brücke und sah unten im Sande ein schneeweißes Knöchlein liegen und dachte, das gäbe ein gutes Mundstück. Da stieg er herab, hob es auf und schnitzte ein Mundstück daraus für sein Horn. Als er zum erstenmal darauf geblasen hatte, so fing das Knöchlein zu großer Verwunderung des Hirten von selbst an zu singen

‚Ach, du liebes Hirtelein,

du bläst auf meinem Knöchelein,

mein Bruder hat mich erschlagen,

unter der Brücke begraben,

um das wilde Schwein,

für des Königs Töchterlein.‘

‚Was für ein wunderliches Hörnchen,‘ sagte der Hirt, ‚das von selber singt, das muß ich dem Herrn König bringen.‘ Als er damit vor den König kam, fing das Hörnchen abermals an sein Liedchen zu singen. Der König verstand es wohl, und ließ die Erde unter der Brücke aufgraben, da kam das ganze Gerippe des Erschlagenen zum Vorschein. Der böse Bruder konnte die Tat nicht leugnen, ward in einen Sack genäht und lebendig ersäuft, die Gebeine des Gemordeten aber wurden auf den Kirchhof in ein schönes Grab zur Ruhe gelegt.