Gute Nacht

Gute Nacht

        Die Höhn und Wälder schon steigen
Immer tiefer ins Abendgold,
Ein Vöglein fragt in den Zweigen:
Ob es Liebchen grüßen sollt?

O Vöglein, du hast dich betrogen,
Sie wohnet nicht mehr im Tal,
Schwing auf dich zum Himmelsbogen,
Grüß sie droben zum letztenmal!

Die Hochzeitsänger

Die Hochzeitsänger

        Fernher ziehn wir durch die Gassen,
Stehn im Regen und im Wind,
Wohl von aller Welt verlassen
Arme Musikanten sind.
Aus den Fenstern Geigen klingen,
Schleift und dreht sichs bunt und laut,
Und wir Musikanten singen
Draußen da der reichen Braut.

Wollt sie doch keinen andern haben,
Ging mit mir durch Wald und Feld,
Prächtig in den blauen Tagen
Schien die Sonne auf die Welt.
Heisa: lustig Drehn und Ringen,
Jeder hält sein Liebchen warm,
Und wir Musikanten singen
Lustig so, daß Gott erbarm.

Lachend reicht man uns die Neigen,
Auf ihr Wohlsein trinken wir;
Wollt sie sich am Fenster zeigen,
’s wäre doch recht fein von ihr.
Und wir fiedeln und wir singen
Manche schöne Melodei,
Daß die besten Saiten springen,
’s war, als spräng mirs Herz entzwei.

Jetzt ist Schmaus und Tanz zerstoben,
Immer stiller wirds im Haus,
Und die Mägde putzen oben
Alle lustgen Kerzen aus.
Doch wir blasen recht mit Rasen
Jeder in sein Instrument,
Möcht in meinem Grimm ausblasen
Alle Stern‘ am Firmament!

Und am Hause seine Runde
Tritt der Wächter gähnend an,
Rufet aus die Schlafensstunde,
Und sieht ganz erbost uns an.
Doch nach ihrem Kabinette
Schwing ich noch mein Tamburin,
Fahr wohl in dein Himmelbette,
Weil wir müssen weiter ziehn!

Der Glücksritter

Der Glücksritter

              Wenn Fortuna spröde tut,
Laß ich sie in Ruh,
Singe recht und trinke gut,
Und Fortuna kriegt auch Mut,
Setzt sich mit dazu.

Doch ich geb mir keine Müh:
»He, noch eine her!«
Kehr den Rücken gegen sie,
Laß hoch leben die und die –
Das verdrießt sie sehr.

Und bald rückt sie sacht zu mir:
»Hast du deren mehr?«
Wie Sie sehn. – »Drei Kannen schier,
Und das lauter Klebebier!« –
’s wird mir gar nicht schwer.

Drauf sie zu mir lächelt fein:
»Bist ein ganzer Kerl!«
Ruft den Kellner, schreit nach Wein,
Trinkt mir zu und schenkt mir ein,
Echte Blum und Perl.

Sie bezahlet Wein und Bier,
Und ich, wieder gut,
Führe sie am Arm mit mir
Aus dem Haus, wie ’n Kavalier,
Alles zieht den Hut.

Zur Hochzeit

Joseph von Eichendorff

Was das für ein Gezwitscher ist!
Durchs Blau die Schwalben zucken
Und schrein: »Sie haben sich geküßt!«
Vom Baum Rotkehlchen gucken.

Der Storch stolziert von Bein zu Bein;
»Da muß ich fischen gehen -«
Der Abend wie im Traum darein
Schaut von den stillen Höhen.

Und wie im Traume von den Höhen
Seh ich nachts meiner Liebsten Haus,
Die Wolken darüber gehen
Und löschen die Sterne aus.

Liebe, wunderschönes Leben

Liebe, wunderschönes Leben

    Liebe, wunderschönes Leben,
Willst du wieder mich verführen,
Soll ich wieder Abschied geben
Fleißig ruhigem Studieren?

Offen stehen Fenster, Türen,
Draußen Frühlingsboten schweben,
Lerchen schwirrend sich erheben,
Echo will im Wald sich rühren.

Wohl, da hilft kein Widerstreben,
Tief im Herzen muß ichs spüren:
Liebe, wunderschönes Leben,
Wieder wirst du mich verführen!

VERSCHWIEGENE LIEBE

VERSCHWIEGENE LIEBE

Über Wipfel und Saaten
In den Glanz hinein –
Wer mag sie erraten,
Wer holte sie ein?
Gedanken sich wiegen,
Die Nacht ist verschwiegen,
Gedanken sind frei.

Errät‘ es nur eine,
Wer an sie gedacht,
Beim Rauschen der Haine,
Wenn niemand mehr wacht,
Als die Wolken, die fliegen –
Mein Lieb ist verschwiegen
Und schön wie die Nacht.

(Joseph von Eichendorff)

Im Alter

Im Alter

          Wie wird nun alles so stille wieder!
So war mirs oft in der Kinderzeit,
Die Bäche gehen rauschend nieder
Durch die dämmernde Einsamkeit,
Kaum noch hört man einen Hirten singen,
Aus allen Dörfern, Schluchten, weit
Die Abendglocken herüberklingen,
Versunken nun mit Lust und Leid
Die Täler, die noch einmal blitzen,
Nur hinter dem stillen Walde weit
Noch Abendröte an den Bergesspitzen,
Wie Morgenrot der Ewigkeit.

Verlorene Liebe

VERLORENE LIEBE

Lieder schweigen jetzt und Klagen,
Nun will ich erst fröhlich sein,
All mein Leid will ich zerschlagen
Und Erinnern – gebt mir Wein!
Wie er mir verlockend spiegelt
Sterne und der Erde Lust,
Stillgeschäftig dann entriegelt
All die Teufel in der Brust,
Erst der Knecht und dann der Meister,
Bricht er durch die Nacht herein,
Wildester der Lügengeister,
Ring mit mir, ich lache dein!
Und den Becher voll Entsetzen
Werf ich in des Stromes Grund,
Daß sich nimmer dran soll letzen
Wer noch fröhlich und gesund!

Lauten hör ich ferne klingen,
Lustge Bursche ziehn vom Schmaus,
Ständchen sie den Liebsten bringen,
Und das lockt mich mit hinaus.
Mädchen hinterm blühnden Baume
Winkt und macht das Fenster auf,
Und ich steige wie im Traume
Durch das kleine Haus hinauf.
Schüttle nur die dunklen Locken
Aus dem schönen Angesicht!
Sieh, ich stehe ganz erschrocken:
Das sind ihre Augen licht,

Locken hatte sie wie deine,
Bleiche Wangen, Lippen rot –
Ach, du bist ja doch nicht meine,
Und mein Lieb ist lange tot!
Hättest du nur nicht gesprochen
Und so frech geblickt nach mir,
Das hat ganz den Traum zerbrochen
Und nun grauet mir vor dir.
Da nimm Geld, kauf Putz und Flimmern,
Fort und lache nicht so wild!
O ich möchte dich zertrümmern,
Schönes, lügenhaftes Bild!

Spät von dem verlornen Kinde
Kam ich durch die Nacht daher,
Fahnen drehten sich im Winde,
Alle Gassen waren leer.
Oben lag noch meine Laute
Und mein Fenster stand noch auf,
Aus dem stillen Grunde graute
Wunderbar die Stadt herauf.
Draußen aber blitzts vom weiten,
Alter Zeiten ich gedacht´,
Schaudernd reiß ich in den Saiten
Und ich sing die halbe Nacht.
Die verschlafnen Nachbarn sprechen,
Daß ich nächtlich trunken sei –
O du mein Gott! und mir brechen
Herz und Saitenspiel entzwei!

(Joseph von Eichendorff)

An die Freunde

An die Freunde

                  Der Jugend Glanz, der Sehnsucht irre Weisen,
Die tausend Ströme durch das duftge Land,
Es zieht uns all zu seinen Zauberkreisen. –
Wem Gottesdienst in tiefster Brust entbrannt,
Der sieht mit Wehmut ein unendlich Reisen
Zu ferner Heimat, die er fromm erkannt:
Und was sich spielend wob als irdsche Blume,
Wölbt still den Kelch zum ernsten Heiligtume.

So schauet denn das buntbewegte Leben
Ringsum von meines Gartens heitrer Zinn,
Daß hoch die Bilder, die noch dämmernd schweben –
Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn –
An eurem Blick erwachsen und sich heben.
Verwüstend rauscht die Zeit darüber hin;
In euren treuen Herzen neu geboren,
Sind sie im wilden Strome unverloren.

Parole

Sie stand wohl am Fensterbogen
Und flocht sich traurig das Haar,
Der Jäger war fortgezogen,
Der Jäger ihr Liebster war.

Und als der Frühling gekommen,
Die Welt war von Blüten verschneit,
Da hat sie ein Herz sich genommen
Und ging in die grüne Heid‘.

Sie legt das Ohr an den Rasen,
Hört ferner Hufe Klang –
Das sind die Rehe, die grasen
Am schattigen Bergeshang.

Und abends die Wälder rauschen,
Von fern nur fällt noch ein Schuß,
Da steht sie stille zu lauschen:
»Das war meines Liebsten Gruß!«

Da sprangen vom Fels die Quellen,
Da flohen die Vöglein ins Tal.
»Und wo ihr ihn trefft, ihr Gesellen,
O, grüßt mir ihn tausendmal!«

Joseph Freiherr von Eichendorff

Die Nachtigallen

Möchte‘ wissen, was sie schlagen

So schön bei der Nacht,

‚s ist in der Welt ja doch niemand,

Der mit ihnen wacht.

Und die Wolken, die reisen,

Und das Land ist so blaß,

Und die Nacht wandert leise

Durch den Wald übers Gras.

Nacht, Wolken, wohin sie gehen,

Ich weiß es recht gut,

Liegt ein Grund hinter den Höhen,

Wo meine Liebste jetzt ruht.

Zieht der Einsiedel sein Glöcklein,

Sie höret es nicht,

Es fallen ihr die Löcklein

Übers ganze Gesicht.

Und daß sie niemand erschrecket,

Der liebe Gott hat sie hier

Ganz mit Mondschein bedecket,

Da träumt sie von mir.

Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorff

Drüben von dem sel’gen Lande
kommt ein seltsam Grüßen her,
warum zagst du noch am Strande?
Graut dir, weil im falschen Meer
draußen auf verlornem Schiffe
mancher frische Segler sinkt
und von halbversunknem Riffe
Meerfey nachts verwirrend singt?
Wagst du’s nicht draufhin zu stranden,
wirst du nimmer drüben landen!

An Luise

AN LUISE

Ich wollt in Liedern oft dich preisen,
Die wunderstille Güte,
Wie du ein halbverwildertes Gemüte
Dir liebend hegst und heilst auf tausend süße Weisen,
Des Mannes Unruh und verworrnem Leben
Durch Tränen lächelnd bis zum Tod ergeben.

Doch wie den Blick ich dichtend wende,
So schön still in stillem Harme
Sitzt du vor mir, das Kindlein auf dem Arme,
Im blauen Auge Treu und Frieden ohne Ende,
Und alles lass ich, wenn ich dich so schaue –
Ach, wen Gott lieb hat, gab er solche Fraue!

(Joseph von Eichendorff)