Project Description

159. Nacht

Meine Reise war glücklich, und ich langte in Kairo ohne
Unfall an. Dort fand ich meine Oheime, die sehr erstaunt waren, mich zu sehen.
Ich sagte ihnen zu meiner Entschuldigung, dass ich mich gelangweilt hätte, sie
zu erwarten, und dass ich, da ich keine Nachrichten von ihnen erhalten, durch
meine Unruhe zu dieser Reise angetrieben wäre. Sie nahmen mich sehr freundlich
auf, und versprachen mir, es zu bewirken, dass mein Vater über meine, ohne
seine Erlaubnis unternommene Abreise von Damask nicht zürnte. Ich wohnte mit
ihnen in demselben Khan, und sah alles, was es in Kairo Schönes zu sehen gab.

Weil sie ihre Waren verkauft hatten, beschlossen sie nach
Mussul zurückzukehren, und fingen schon an, die nötigen Vorbereitungen zu
ihrer Rückreise zu treffen. Da ich jedoch nicht alles gesehen hatte, was ich in
ägypten zu sehen wünschte, so nahm ich mir eine Wohnung in einem von ihrem
Khan sehr entfernten Viertel, und ließ mich nicht eher sehen, als bis sie
abgereist waren. Sie suchten mich lange durch die ganze Stadt, da sie mich aber
nicht fanden, so vermuteten sie, dass die Reue, gegen den Willen meines Vaters
nach ägypten gekommen zu sein, mich bewogen hätte, nach Damask
zurückzukehren, ohne ihnen etwas davon zu sagen; und so reisten sie in der
Hoffnung ab, mich dort zu finden und mich bei ihrer Durchreise mitzunehmen.

Ich blieb also nach ihrer Abreise in Kairo, wo ich drei
Jahre verweilte, um meine Neugier, alle Wunder ägyptens zu sehen, völlig zu
befriedigen. Während dieser Zeit versäumte ich nicht, dem Juwelenhändler Gold
zu schicken und ihn zu ersuchen, dass er mir sein Haus bewahrte, denn ich hatte
die Absicht, nach Damask zurückzukehren, und mich dort noch einige Jahre
aufzuhalten. Es begegnete mir in Kairo nichts, was des Erzählens wert wäre,
aber ihr werdet ohne Zweifel über das, was sich nach meiner Rückkehr in Damask
mit mir zutrug, sehr erstaunt sein.

Ich stieg bei meiner Ankunft in dieser Stadt bei dem
Juwelenhändler ab, der mich sehr freundlich aufnahm, und der mich selbst in
mein Haus begleitete, um mir zu beweisen, dass während meiner Abwesenheit
niemand hinein gekommen wäre. In der Tat fand ich das Siegel noch unverletzt
auf dem Schloss. Ich ging in das Haus und fand alles in dem Zustand, in welchem
ich es verlassen hatte.

Beim Reinigen und Auskehren des Saales, in welchem ich mit
den Frauen gegessen hatte, fand einer meiner Leute ein goldenes Halsband, an
welchem sich zehn sehr große und vollkommene Perlen befanden. Er brachte es
mir, und ich erkannte es für das, welches ich an dem Halse der jungen
vergifteten Frau gesehen hatte. Es musste sich losgemacht haben und
heruntergefallen sein, ohne dass ich es bemerkte. Ich konnte es nicht ohne
Tränen betrachten, indem ich eines so liebenswürdigen Wesens und ihres so
traurigen Todes gedachte. Ich hüllte es ein und verbarg es sorglich an meiner
Brust.

Ich brachte einige Tage damit zu, mich von den Beschwerden
meiner Reise zu erholen, und begann hierauf die Leute zu besuchen, mit denen ich
früher Bekanntschaft gemacht hatte. Ich überließ mich allen Arten von
Vergnügungen und gab unmerklich mein ganzes Geld aus. Ich beschloss in dieser
Lage, statt meines Hausgerätes, das Halsband zu verkaufen, aber ich verstand
mich so schlecht auf Perlen, dass ich mich, wie ihr hören werdet, sehr
ungeschickt bei der Sache benahm.

Ich begab mich auf den Besasthan, wo ich einen Ausrufer
bei Seite zog, ihm das Halsband zeigte, ihm sagte, dass ich es verkaufen wollte,
und ihn bat, es den vorzüglichsten Juwelieren zu zeigen. Der Ausrufer geriet
über das Halsband in Erstaunen. „Wie schön das ist!“, rief er aus,
nachdem er es eine lange Weile mit Bewunderung betrachtet hatte. „Niemals
haben unsere Kaufleute etwas so kostbares gesehen! Ich werde ihnen damit ein
großes Vergnügen machen, und ihr dürft nicht zweifeln, dass sie um die Wette
einen hohen Preis darauf setzen werden.“

Er führte mich an einen Laden, und es traf sich, dass es
der meines Hausherrn war. „Erwartet mich hier,“ sagte der Ausrufer zu
mir, „ich werde euch bald Antwort sagen.“

Während er auf sehr geheimnisvolle Weise von Kaufmann zu
Kaufmann ging, um das Halsband vorzuweisen, setzte ich mich zu dem
Juwelenhändler, der sehr erfreut war, mich zu sehen, und wir fingen an, uns von
gleichgültigen Dingen zu unterhalten. Der Ausrufer kam zurück, nahm mich bei
Seite, und anstatt mir zu sagen, dass man das Halsband mindestens auf
zweitausend Scherifs schätzte, versicherte er mich, dass man nur fünfzig
dafür geben wollte. „Das kommt daher,“ fügte er hinzu, „dass,
wie man mir gesagt hat, die Perlen falsch sind. überlegt’s euch, ob ihr es für
diesen Preis lassen wollt.“ Da ich ihm auf sein Wort glaubte, und sehr
notwendig Geld brauchte, sagte ich zu ihm: „Geht, ich verlasse mich auf
das, was ihr mir sagt, und auf diejenigen, die sich besser darauf verstehen, als
ich: Liefert es ab, und bringt mir sogleich das Geld.“

Der Ausrufer hatte mir die fünfzig Scherifs im Namen des
reichsten Juwelenhändlers im ganzen Besasthan geboten, welcher dieses Gebot nur
gemacht hatte, um mich zu prüfen und zu erfahren, ob ich den Wert des
Halsbandes wohl kenne. Er hatte also kaum meine Antwort vernommen, als er den
Ausrufer vor den Polizeimeister führte und zu diesem, ihm das Halsband
vorweisend, sagte: „Herr, dies ist ein Halsband, welches man mir gestohlen
hat. Der als Kaufmann verkleidete Dieb hat die Dreistigkeit gehabt, es zum
Verkauf ausbieten zu lassen, und er ist jetzt im Besasthan. Er begnügt sich mit
fünfzig Scherifs für ein Kleinod, welches zweitausend wert ist. Nichts kann
besser beweisen, dass er ein Dieb ist.“

Der Polizeimeister ließ mich auf der Stelle festnehmen,
und als ich vor ihm stand, fragte er mich, ob das Halsband, das er in der Hand
hatte, nicht dasselbe wäre, welches ich auf dem Besasthan zum Verkauf
ausgeboten hätte? Ich antwortete ihm mit ja. „Ist es war,“ versetzte
er, „dass ihr es für fünfzig Scherifs lassen wollt?“ Ich gab das zu.
„Nun wohlan,“ sagte er mit einem spöttischen Tone, „man gebe ihm
die Bastonade! Er wird bald bekennen, dass er mit seinem schönen
Kaufmannskleide doch nur ein Erzdieb ist. Man schlage ihn, bis er das
eingesteht.“ Die Heftigkeit der Stockschläge machte mich zum Lügner. Ich
bekannte, gegen die Wahrheit, dass ich das Halsband gestohlen hätte, und der
Polizeimeister ließ mir sogleich die Hand abhauen.

Dies verursachte in dem Besasthan einen großen Lärm, und ich war kaum zu
Hause, als ich den Hausherrn kommen sah. „Mein Sohn,“ sagte er zu mir,
„ihr scheint ein so anständiger und wohlerzogener junger Mann zu sein, wie
ist es möglich, dass ihr eine so unwürdige Handlung, als die, wovon ich reden
gehört habe, begangen habt? Ihr selbst habt mich von eurem Vermögen
unterrichtet, und ich zweifle nicht, dass es sich damit so verhält, wie ihr mir
gesagt habt. Warum habt ihr mich nicht um Geld angesprochen? ich würde euch
welches geliehen haben, aber nach dem Vorgefallenen kann ich euch nicht länger
in meinem Hause dulden. Nehmt eure Maßregeln, und sucht euch eine andere
Wohnung.“

Ich fühlte mich durch seine Worte sehr bekümmert, und
bat ihn, mir zu erlauben, dass ich noch drei Tage in seinem Hause bleiben
dürfte, was er mir auch gestattete.

„Ach!“, rief ich aus, „welch ein Unglück,
und welch eine Schmach! Soll ich es wagen, nach Mussul zurückzukehren? Und wird
alles, was ich meinem Vater zu sagen vermag, ihn von meiner Unschuld
überzeugen?“